Eduard Zeller

PHILOSOPHIE DER GRIECHEN GESCHICHTLICHEN ENTWICKLUNG

이윤진이카루스 2016. 6. 2. 23:54

 

Full text of "Die Philosophie der Griechen"

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PHILOSOPHIE DER GRIECHEN 
GESCHICHTLICHEN ENTWICKLUNG 
DARGESTELLT 
De. EDUABD ZELLER. 
ZWEITER TBEIL, 
ZWEITE ABTHEUUie. 
ARISTOTELES UND DIB ALTEN PEHIPATETIKER. 
ZWEITE AUFLAGE. 
TÜBINGEN, 
VEHLAfl UND DRUCK VON L. FR. FHES. 
I ' DiqilzedaV G00gk 
JigilizBdby GoOgle 
Vorwort. 
Alle neueren Bearbeiter der griechischen Philosophie haben 
die Erfahrung gemacht, dass keines ihrer Systeme eine so umfang- 
reiche Behandlung erfordert, wie das aristotelische. Dieses System 
liegt uns nicht allein in der sorgfältigsten Ausführung vor, sondern 
es lassen sich auch bei ihm noch weniger, als bei jedem andern, 
die leitenden Gedanken von dem Besondern ihrer Anwendung auf 
den gegebenen Stoff trennen; denn sein eigentümlicher Geist und 
Charakter besteht gerade in dieser umfassenden wissenschaftlichen 
Betrachtung alles Wirklichen, und lässt sich nur an ihr vollständig 
zur Anschauung bringen. Auch bei der gegenwartigen Darstellung 
machte sieb diese Forderung geltend: um dem Leser ein treues 
und Tollständiges Bild der aristotelischen Lehre zu geben, glaubte 
ich sie in alle ihre Verzweigungen verfolgen und so genau als 
möglich in's Einzelne eingehen zu sollen. Ich benützte hiefür, wie 
sich von selbst versteht, neben den umfassenderen Werken, von 
denen statt aller andern nur Brandis' werthvolle Darstellung hier 
genannt sei, auch alle die Einzeluntersuchungen, welche der wie- 
dererwachte Eifer für aristotelische Studien in so erfreulicher An- 
zahl und Tüchtigkeit hervorgerufen hat. Habe icb aber in dieser 
Beziehung meinen Mitarbeitern auf diesem Gebiete für die vielfach- 
ste Förderung und Unterstützung zu danken, so fand ich auch 
andererseits in meinem Theil Anlass zu mancher weiteren Erör- 
terung, welche sich nicht immer so ganz kurz abthun liess. Da 
mir nun überdiess auch die peripatetische Schule wichtig genug 
schien, um eine vollständige Zusammenstellung alles dessen zu ver- 
suchen, was uns über sie und von ihr bekannt ist, so bat sich die 
Vollendung dieses Bandes länger verzögert, und sein Umfang ist 
A2 
sy Google 
grösser geworden, als ich Anfangs gedacht hatte. Eine Folge da- 
von war es, dass mir noch während des Drucks einzelne Nachträge 
zn den früheren Abschnitten aufstiessen, welche ich theils in spä- 
teren, wenn sich hier eine Gelegenheit bot, theils am Schluss des 
Ganzen beigefügt habe. Im Uebrigen wird ein Blick anf das Werk 
selbst alle weiteren Vorbemerkungen aber das Verfahren, welches 
es einschlägt, und über das Verhältniss dieser neuen Auflage zu 
der ersten entbehrlich machen. 
Marburg, den 31. October 1861. 
i „Google 
Inhaltsverzeichniss. 
Dritter Abschnitt. 
Aristoteles und dl« alten Perlpatetlker. 
1. Aristoteles' Leben 
Geburtsjahr, Familie, Knabenjahre — 2. Eintritt in die platoni- 
sche Schule, Verhältniss zu l'lato , wissenschaftliche Entwich- 
lang — 5. Ariat. in Atamens — 16; in Macedonien — 18. 
Rückkehr naoh Athen, LehrthBtigkeit, wissenschaftliche Arbei- 
ten — 23. Spannung mit Alexander — 28. Flucht aus Athen, 
Tod — 31, Charakter — 35. 
2. Aristoteles' Schriften 
Die Schriftrerzeichnisse; Hauptklassen von Schriften — 42. Ein- 
leitende, historisch-kritische, logische, rhetorische Schriften — 
47. Metaphysische — 56. Naturwissenschaftliche: allgemeine 
und Über die unorganische Natur — 57; über die lebenden 
Wesen — 64. Ethische und politische — 71. Zur Kunsttheorie 
und Kunstgeschichte — 75. Aecbtheit and Integrität der ari- 
stotelischen Werke — 79. Schicksal derselben — SO. Esote- 
rische und esoterische Schriften — 95. Reihenfolge nnd Abfas- 
sungszeit der ächten Schriften — 104. 
3. Standpunkt, Methode und Theile der aristotelischen Philosophie . 
Aristoteles und Plato — 108; ihre Uebereinstimmung — 109; ihr 
Gegensatz — 112. Methode: Dialektik — 115; Empirismus — 
117; logischer Formalismus — 120. Eintheilung: Tbeoretisohe, 
praktische, poetische Wissenschaft und ihre Theile — 122. Lo- 
gik, Metaphysik, Physik, Ethik, Kunstlehre — 123. 
4. Die Logik 
Aufgabe und Bedeutung der Logik — 130. Entstehung des Wis- 
sens', seine Quellen >— 133; seine Entwicklung — 138. Auf- 
gabe der Wissens chafts lehre — 141. 
Die allgemeinen Elemente des Denkens: der Begriff — 142: Zu- 
fälliges nnd Wesentliches, das Allgemeine, die Gattung, der 
Begriff — 142; Identität, Gegensatz, Arten der Entgegense- 
tzung — 151. Das Drtheil — 156; Bejahung und Verneinung 
— 157; Quantität und Modalität der Urtbeile — 159; Umkeh- 
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Inhaltsverzeichnis! 
rang dar Urtheile — 162. Der Bohluss — 162; ßcblnisägurcn 
— 164; syllogistisohe Technik — 166. 
Die Beweisführung: ihre Aufgabe und ihre Bedingungen — 166; 
ihre Grenzen, das unmittelbare Wissen — 170. Die Axiome, der 
Bstx des Widerspruch.! — 173. Die Induktion — 175. Der 
WahrsclieiDlicbkeitahetFeia and die Dialektik — 176. .Die Be- 
griffs b es ti mm ung — 179. Die Unter- und Ueberordnnng der 
Begriffe — 183. Die höchsten Gattungsbegriffe — 184. 
5. Die Metaphysik. A. Einleitende Unteren chttngen .... 
1. Die Kategorieen: die zehn Kategorieen, ihre Abzweoknng — 
186. Ob sie nach einem bestimmten Princtp abgeleitet sind? — 
189. Die einzelnen Kategorieen — 192. Bedeutarg der Eate- 
gorieen lehre — 196. 
2. Die erste Philosophie als Wissenschaft des Seienden: ihre Auf- 
gabe — 197; ihre Möglichkeit — 199. 
3. Die metaphysischen Grandfragen und ihre Behandlung bei den 
früheren Philosophen: die Hauptprobleme der damaligen Meta- 
physik, und ihre Darstellung bei Arist. — 202. Kritik der fro- 
heren Lösnngsversuche: die vorsokratischen Philosophen — 207. 
Sophisten, Sokrates, kleinere sokratische Schulen — 215. Plato: 
die Ideen — 216; die Ideen als Zahlen — 220; die Urgründe, 
das Eins und die Materie — 222. Beurtheilung dieser Kritik 
Plato'a — 225. 
6. Fortsetzung. B. Die metaphysische Hauptuntersuchung 
1. Daa Einzelne und das Allgemeine. Nur das Einzelwesen ist 
Substanz — 227. Schwierigkeiten dieser Bestimmung — 231. 
2. Die Form und der Stoff, das Wirkliche und das Mögliche. Ab- 
leitung des Gegensatzes von Form und Stoff — 234. NShere 
Bestimmung desselben: das Wirkliche nnd das Mögliche — 238. 
Bedeutung desselben bei Aristoteles — 243. Die dreifache Ur- 
sächlichkeit der Form — 246. Die Wirkungen der materialen 
Ursache: Leiden, Naturnotwendigkeit, Zufall — 249. Wesent- 
lichere Bedeutung des Stoffes — 25ö. Das Einzeldasein und die 
Snbstantialität in ihrem VerhaMtniss zu Form und Stoff — 257. 
Wechselbeziehung von Form und Stoff — 262. 
3. Die Bewegung und das erste Bewegende: die Bewegung — 265. 
Bewegendes nnd Bewegtes — 267. Ewigkeit der Bewegung — 
270. Das erste Bewegende: seine Noth wendigkeit — 271; sein 
Begriff — 274; seine Wirksamkeit auf die Welt — 279. 
7. Die Physik. A. Der Begriff der Natur und die allgemeinen Gründe 
des natürlichen Daseins . . . . . . ... 
Die Natur als Grund der Bewegung — 286. Arten der Bewegung 
— 290. Die räumliche Bewegung und ihre Bedingungen: das 
Unbegrenzte — 294; Baum und Zeit — 298; weitere Untersu- 
chungen Ober die räumliche Bewegung — 303. — Die qasJi- 
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Inhaltsverzeichnis«. VII 
MI* 
tative Veränderung. Widersprach gegen die mechanische Phy- 
sik — 306; der qualitative Unterschied der Stoffe — SOS; die 
Staffverwandlung — 314; die Mischung — 319. — Die Zweck- 
thatigkeit der Natur — 321; Widerstand der Materie — 320; 
ßtnfenreihe des natürlichen Daseins — S26. 
8. Fortsetzung. B. Das Weltgehiiu.de und die Elemente . . .929 
Die irdische und die himmlische Welt, der Aethor und die Ele- 
mente — 329. Die vier Elemente — 382. Einheit der Welt 
— 340. Gestalt der Welt — 341. 
DasWeltgeljäude. Sphären theoric — 344. ZnhWer Sphären, rück- 
läufige Sphären — 352. Der Fixstern himmol — 355. Die Pla- 
nste neph Urea — 357. Diesseits nnd Jenseits — 358. 
Die elementarische Kegion, der Wechsel von Entstehen nnd Ver- 
gehen — 359. Meteorologie — 363. 
9. Fortsetzung. C. Die lebenden Wesen 370 
1. Die Seele nnd das Leben: die Seele — 370; ihr Verh<nüs 
Bnm Körper — 372. Der Leib als organisches Ganzes, die 
Zweckbeziehung der organischen Natur — 377. Stufen des See- 
lenlebens — 385; stetige Entwicklung des Organischen, das 
Gesetz der Analogie — 338. Andeutungen des Lebens in der 
unorganischen Natur — 393. 
2. Die Pflanzen — 394. 
3. Die Thiere — 398. Ihr Leib: die gl ei eh th eiligen Stoffe — 399. 
Die Organe und ihre Verrichtungen — 401. Entstehung der 
Thiere, Geschlechts unterschied — 408. Die sinnliche Wahr- 
nehmung — 416; die fünf Sinne — 418; der Gemeinsinn — 420. 
Einbildung und Gedäehtniss — 421. Lust, Unlust, Begierde 
— 422. Schlaf und Wachen, Traum — 423. Tod — 424. — 
Werthnnt erschiede unter den Thieren — 425. Eintheilnng der 
Thierwelt — 431. 
10. Fortsetzung. Der Mensch 485 
Sein Leib — 435. Seine Seele: die Vernunft — 437. Tbatige und 
' leidende Vernunft — 439. Unmittelbare und vermittelte, reine 
und gemischte Verona fttbatigkeit — 442. Begehren und Wollen 
— 4*6; die praktische Vernunft nnd der vernünftige Wille — 
44B; Willensfreiheit, Freiwilligkeit, Vorsatz — 451. — Die 
Frage über die Einheit des Seelenlebens — 454: tlio Entstehung 
der Seele — 456; das Znsammensein ihrer Theile — 457; die 
Fortdauer nach dem Tode — 462; die Persönlichkeit — 467. 
11. Die praktische Philosophie. A. Die Ethik 468 
1. Das Ziel der menschlichen Thatigkeit, die Glückseligkeit — 
470. Ihre wesentlichen Bestandteile — 471; die äusseren Gü- 
ter — «76; die Lust — 477. WerthverhSltniss derselben — 478. 
2. Die ethische Tugend. Die Tugend als Willens!) es ch Offenheit — 
482; im Unterschied von den natürlichen Trieben (— 484) und 
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Inhal tsvorz eich niss. 
der Einsicht {— 486). Entstehung der Tagend — 4B8. Der Inhalt 
de« tugendhaften Wolle™, die richtige Mitte — 489. — Die Ta- 
genden — 491. Tapferkeit, Selbstbeherrschung u. s.w. — 492. Ge- 
rechtigkeit — 495; austheilende und ausgleichende — 496; voll- 
kommenes und Hn vollkommenes , natürliches und gesetzliches 
Recht o. s. w. — 499. Die dianoStiseben Tugenden, die Einsicht 
— 602. Das richtige Terhslten zu den Affekten — 508. 
8. Die Freundschaft. Ihre ethische Bedeutung — 511. Dir Begriff 
und ihre Arten — 512. Weitere Erörterungen — 51G. 
12. Fortsetzung. B. Die Politik 
Die aristotelische Politik — 520. 
1. Noth wendigkeit, Begriff und Aufgabe des Staats. — Der Staat 
in seiner sittlichen Bedeutung — 520. Sein Zweck — 526. 
2. Das Hauswesen als Bestandteil des Staates — 534. Mann und 
Weib — 534. Eltern und Kinder — 535. Herr nnd Knecht — 
536. Ueber Erwerb und Besitz — 539. Gegen Weiber- Kinder- 
und Gütergemeinschaft — 542. 
3. Der Staat und die Staatsbürger: ihr Begriff — 546; die Unter- 
schiede unter den Bürgern — 547; ihre Bedeutung für die 
Verfassung — 549. 
4. Die Staatsverfassungen — 551. Haupt Verfassung» formen — 554. 
Werth nnd Berechtigung derselben 559. Das Königthum, Mon- 
archie nnd Republik — 663. 
6. Der beste Staat Natürliche Bedingungen desselben — 570. 
Volkswirtschaftliche Einrichtungen — 572. Bildung der Bür- 
ger, Erzeugung, Erziehung — 573; die Musik — 577. Dieser 
Theil der Politik unvollendet: die Verstau des Bildung, die Strafe 
u. A. — 579. Die Verfassung — 582. 
6. Die unvollkommenen Staaten — 583. Demokratie — 584. Olig- 
archie — 686. Aristokratie nnd Politie — 587. Tyrannis — 
690. Die politischen Gewalten nnd ihre Vertbeilnng, die Ver- 
fassungsänderungen u. b. w. — 591. 
13. Die Rhetorik .' 
Aufgabe der Rhetorik — 595. Die Beweismittel — 698: die Be- 
weisführung — 599; die Bedegattnngen in ihrer Bedeutung für 
die Beweisführung — 600; die übrigen Beweismittel — 602. 
Ausdruck und Anordnung — 603. 
14. Die Kunsttheorie 
Das Schöne — 605. Die Kunst als Nachahmung — 606. Wir- 
kung der Kunst, Katharsis — 609. Die Künste — 617. Die 
tragische Poesie — 618. 
16. Du VerhBItniss der aristotelischen Philosophie zur Religion. 
Religiöser Standpunkt des Aristoteles — 622. Philosophischer 
Monotheismus — 624. Bedeutung nnd Ursprang der Volksreli- 
gion — 626. 
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IE. ROekMick auf du aristotelische System 631 
Sein Standpunkt — 631. Seine Entwicklung — 633. Seine Lücken 
und Widersprüche — 63S. Die Richtung der peripatetischen 
Schale — 639. 
IT. Die puripatetische Schule. Theopurast . . . .610 
Sein Leben — 640. Schrillen — 644. — Wiiaenichiftliclier Stand- 
punkt — 646. Logik — 648. — Metaphysik: Aporieen — 664. 
Positives, Theologie — 658. — Physik: allgemeine und an- 
organische Physik — 661. Päanxenlehre — 668; Natu der 
Pflanze — 669; Theile — 670; Entstehung — 671; Eintei- 
lung — 674. Zoologisches — 674. Anthropologie: die Seele 
bewegt — 676; die Vernunft, thatige nnd leidende Vernunft 
— 677; höhere and niedere Seelentheile — 680; die Sinne — 
681; Willensfreiheit — 683. — Ethik — 68S; die Glückselig- 
keit — 685; sonstige Bestimmungen — 689. Politik — 694. 
Religionslos ich t — 695. Rhetorik und Kunsttheorie 696. 
IB. Fortsetzung-. Eudemus, Aristoxenus, DicSarcbus und Andere . 69S 
EudemiiH — 69S. Logik; Physik — 699. Metaphysik — 703. Ethik: 
die Tagend als Qabe der Gottheit — 704; Gottes erkenn tniss 
— 706; Rechts chaffenheit — 707 ; sonstige Eigentümlichkeiten 
der endemischen Ethik — 710. 
Aristoxenus — 711, Seine Sittenlehre — 713. Theorie der Matik 
— 714. Seelenlehre — 717. 
Dic&arcbus: seine Anthropologie — 718; das theoretische und 
das praktische Lehen — 720; Politik — 721.' 
Phauias, Klearchus n. s. w. — 722. 
19. Thsophrast's Schale; Strato 725 
Theophrastiscbe Schüler, Demetrius Pbaleres u. A. — 725. Strato 
— 728. Logik und ontotogie — 731. Die Natur und die Gott- 
heit — 732. Physikalische Prinoipieu, Warme und Kalte — 733. 
Die Schwere, das Leere, die Zeit, die Bewegung — 735. Kos- 
mologie und Meteorologie — 739. Anthropologie — 741. 
10. Die peripate tische Schule nach Strato, bis gegen das Ende des 
■weiten Jahrhunderts 747 
Lyko — 748. Hieronymus — 749. Aristo 750. Kritolaos — 752. 
Phormio, 8otion,n. A. — 755. Diodor u. Ä. — 758. . 
Die pseado aristotelische Literatur. Logische, metaphysische, phy- 
sische Schriften — 760. Die grosse Moral — 766. Oekonomik, 
Rhetorik an Alex. — 768. Schluss — 769. 
A3 
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Druckfehler. 
5 Zeile 13 ist hinter „damals" mindestens beizufügen. 
5 — 12 Ton unten statt: leicht lies vielleicht. 
5 — 6 von unten statt: 118 lies 115. 
8 — 15 ist hinter „aufgeführte" das Fnnktnm zu streichen. 
5 — 10 von unten statt: 37, 1 lies 39, 1. 
4 — 11 statt Stelle lies: Stellen. 
8 — 1 von nnten statt: reWasij lies xivijaet;. 
9 — ?und 17 statt: 3) lies 1). 
9—11 statt: 1 lies 10. 
1 — 14 ist „wirklich" zu streichen. 
— 8 von unten statt:. 42, 1 lies 44, 1. 
* — 7 von nnten statt: [j.aflj|(j.aTijrijC IieH u,aQt]|t4Tlit?jc 
'i — 9 von nuten statt de» zweiten: Politik lies Poetik. 
2 — 7 von unten statt: 36, b, 15 ff. lies 36, b, 35 ff. 
0—10 von unten statt: zweiten lies dritten. 
7 — 3 ist hinter „würde" beizufügen 1), 
9—2 statt: demselben lies denselben, 
muten statt: 1S4 lies 124. 
hinter „Baumes" beizufügen 3). 
.9 statt: denjenigen lies demjenigen. 
4 ist statt 3) zu setzen 1) und Z. 22 1) zu streichen. 
8 von unten ist hinter Sehnen beizufügen: und Nar> 
6 von unten ist hinter „1 335" beizufügen: 1552 f. 
2 von nnten statt: c. 10 lies I, 10. 
4 statt: 491, 3 lies 491, 1. 
9 statt: Bd. VI lies B. VI. 
statt: und lies unt 
^Google 
Zweite Periode. 
Dritter Abschnitt. 
Aristoteles und die alten Peripatetiker. 
1. Aristoteles' Leben. 
Zwischen den drei grossen Philosophen unserer Periode findet 
schon in den äusseren Umständen ihres Lebens ein Verhältnis» statt, 
welches mit dem Charakter und dem Umfang ihrer Leistungen in 
gewisser Beziehung gleichen Schritt halt. Wie sich die attische 
Philosophie anfangs ganz in das Innere des Menschen vertieft, um 
sich sodann von diesem Kern aus in zunehmendem Haasse aber die 
gesammte Wirklichkeit auszubreiten, so erscheint auch das Leben 
ihrer hauptsächlichsten Vertreter zuerst in der engsten Örtlichen 
Beschränktheit, welche es in der Folge mehr und mehr abstreift. 
Sokrates ist nicht blos ein Bürger Athens, sondern er empfindet 
auch gar kein Bedürfniss, über den Umkreis seiner Vaterstadt hinaus- 
zugehen. Plato ist gleichfalls Athener, aber sein Wissenstrieb führt 
ihn in die Ferne, und mannigfach eingreifende persönliche Verbin- 
dungen erhalten ihn fortwährend mit auswärtigen Städten im Zusam- 
menhang. Aristoteles hat zwar seine wissenschaftliche Ausbildung 
und seinen eigentlichen Wirkungskreis Athen zu verdanken, durch 
Geburt und Abstammung jedoch gehört er einem andern Theil Grie- 
chenlands an, seine erste Jugend und einen beträchtlichen Abschnitt 
seines männlichen Alters hat er ausserhalb Athens, meist in dem 
neuaufstrebenden macedoniscb.cn Reiche, zugebracht, und in Athen 
selbst lebte er als Fremder, in das athenische Staatswesen nicht 
verflöchte«, und durch keine persönlichen Verhältnisse gehindert, 
neiaex Philosophie jage rein theoretische, allen Gegenständen des 
2 Aristoteles. 
Wissens gleichmassig zugewandte Haltung zu geben, welche sie 
auszeichnet '). 
Die Geburt unseres Philosophen fällt nach der wahrschein- 
lichsten Berechnung in das erste Jahr der 99. Olympiade*), 384 
v. Chr. *). Seine Vaterstadt Stagira lag in der thracischen Land- 
1) Die alten Lebensbeschreibungen des Aristoteles, welche wir noch be- 
sitzen, von Bohle Arist. Opp. I, 1 — 79 zusammengestellt, sind folgende: 
1) Diogenes V, 1 — 35, weitaus der reichhaltigste Zeuge. 2) Dioars von Ha- 
likarnsss epist. ad Ammsenm I, 5. S. 727 f. 3) Der Anonymus des HtNAeios 
vita Arist. 4} (Pseudo-) Amhosius vita Aristotelis, wie es scheint ein Auszug 
aus einer etwas ausführlicheren, nur noch in einer mittelalterlichen Ueber- 
Rctzung erhaltenen Biographie (Amnion, Ist.), deren Verfasser Rote De Arist. 
libr. ordine 243 ff. in Olympiodor vermuthet. 5) Hbstchius von Milct und 
6) SiujiAs u. d. W. Nr. 3. 4 finden sieb auch in Westebsubhb Anhang zum 
CuBKT'schen Diogenes und desselben Vitarum Scriptorea S. 397 ff. Unter den 
Neueren vgl. m. Buhle a. a. 0. S. 80 — 104, namentlich aber Staub Aristo- 
telia I, 1 — 188. Der Letztere nennt auch 8. 5 ff. die verlorenen Werke von 
Heraiippus, Timotheus, Demetrius Magnes, Aristippus (bei welchem Staub 
noch irrigerweise an den Stifter der cyrenaiachen Schale dachte), Apollo- 
dorns, Etunelns, Farorinus, Theokrit von Chioi, Aristoxenns, Apellikon, 
Hotion, Aristokle», DamasciuB, welche, meist in umfassenderem Zusammen- 
hang, über unseren Gegenstand gehandelt hatten. Roses Behauptung (a. a. O. 
115 f.), data alle diese Schriftsteller ihre Nachrichten nur unterschobenen 
Briefen und willkührlicher Combination verdanken, dass wir von A.a Leben 
so gut wie nichts wissen, müsste erst bewiesen werden, ehe man sie wider- 
legen kannte. 
9) So Avollüdqr bei Dioq. 9 wohl auf Grund der Naohrißht (ebd. 10. 
Dicirs, Avhov. Amman. Ist), welche wir für die sicherste Zeitbestimmung 
im Leben des Arist. halten dürfen, dass er unter dem Archon Philokles (Ol. 
114, 3) etwa G3jHhrig (hüv TpiSv nou *al Igifcovra, bestimmter Dionys: Tpia 
5tfö; Tolf ÜJjjxovti pinW; eii;) gestorben sei. Ebenso Diohts, welcher nur 
darin irrt, dass er («. a. 0. and ebd. o, 4) Demostfaenes drei Jahre Jünger, als 
Arist., nennt, wahrend er vielmehr in dem gleichen Jahre mit ihm, oder höch- 
itens ein Jahr früher (Ol. 99, 1 Anfang, oder 98, 4 Ende) geboren ist (s. Stihb. 
1, 30 f.). Damit stimmt Qbi.i.ics' Angabe (N. A. XVII, 21, 26), dass Arist. im 
7 ten Jahr nach der Befreiung Roms von den Galliern geboren sei, ziemlich 
überein, da jene» Ereigniss in's Jahr Roma 364, 890 v. Chr., gesetzt wird. 
Die Aussage des Eübelub b. Dioq. 6, daaa Arist. 70 Jahre alt geworden sei, 
and mithin schon 89'/j t. Chr. geboren sein müsste, kann bei dem Gawiebt 
und Jer Einstimmigkeit der übrigen Zeugen, und bei der Unglaub Würdigkeit 
der weiteren Behauptungen, welche dort aus Emelus angeführt werden, nicht 
in Betracht kommen. 
3) Dass er in der ersten Hälfte der Olympiade, also noch 384 v. Chr. ge- 
boren ist, folgt aas den Angaben Hfeer sein Todesjahr (§. n.), mad würdsaic* 
Knabenj »kr«. 3 
schaft Chakädice 1 }» welche damals ein durchaus griechisches Land, 
von blühenden Städten bedeckt, und daher ohne Zweifel auch in 
vollen Besitz griechischer Bildung war. Sein Vater Nikomachus 
vir Leibarzt und Freund des macedonischen Königs Amyntas s ); 
und die Vermnthung liegt nahe, dass die ärztliche Kunst des Vaters, 
welche ein altes Erbtheil seines Geschlechts war, auf die Geistes- 
richtung und den Bildungsgang des Sohnes wesentlich eingewirkt, 
dass auch seine Verbindung mit dem macedonischen Hofe zu der 
spateren Berufung des Philosophen an denselben den Anstoss ge- 
geben habe. Indessen ist uns über keinen von beiden Punktes 
etwas überliefert. Lägst sich auch annehmen , dass durch Nikoma- 
chus dessen Familie mit in die Nähe des Königs gexogen wurde '}> 
ineJi ans denen über Beinen athenischen Aufenthalt (a. tt. S, 6, 3) ergeben, 
wenn sie streng zu nehmen wären. Denn wenn er 1 7jdhcig nach Athen kam und 
20 Jahr« lang mit Plato zusammen war, so müeste er bei Plato'a Tod 37 Jahre 
alt gewesen sein, und wollen wir statt dessen auch nur S6*/g J. setien, und 
Plito'a Tod bis in die Mitte des Jahrs 347 v. Chr. heranrücken, so kirnen wir 
immer noch iu die zweite Hälfte des Jahrs 384 v. Chr. Indessen ist es auch 
möglich , dass der Aufenthalt in Athen nicht volle 20 Jahre gedauert hat. 
1) So genannt , weil die meisten jener Städte Kolonieen des euböischen 
Chalcis waren; Btagira selbst war ursprünglich von Annras ans bevölkert, 
bat aber vielleicht (nach Dionts. a, a. 0.) spSter gleich falle aus Chalcis einen 
Nachschub von Pflanzern erhalten. 348 v. Chr. wurde ea mit 31 andern 
Städten jener Gegend von Philipp zerstört, später (s. u.) auf Aristoteles' Ver- 
wendung wieder aufgebaut. M. s. hierüber, sowie Aber die Form des Namens 
[EtAfetpos oder — a als neatr. plur.) Staub 23 f. Ob A.s väterliches Haus, 
dessen sein Testament b. Dioo. 14 erwtthnt, von der Zerstörung verschont 
blieb, oder wiederhergestellt wurde, wissen wir nicht. 
3) Dmo. 1 nach Hbkhifpds. Diohvs. Ahmoh. Sdid. Die Familie des Ni- 
komachus leitete sich nach diesen Zeugen, wie so viele ärstliahe Familien, 
von Auklepios her, und Tzete. Chil. X, 727. XII, G3S giebt kein Recht, diese 
i» bezweifeln, wogegen Akiuov. die Angabe wohl mit Unrecht auf A.s 
Mutter, PhSstis, ausdehnt; nach Dioo. «rar diese ans Stagira gebürtig, und 
nach Diobvs. stammte sie von einem der Kolonisten aus Chalcis. Damit 
konnte zusammenhangen, dass im Testament b. Dioa. 14 ein Garten und 
Landhang in Chalcis vorkommt. Dass Nikomachus 6 Bücher 'Icrtputa und 1 fi. 
♦uou« geschrieben habe, sagt Suis. NuiSja.. nach unserem Text nicht (wie 
Buhle 8. 83. Stahh 9. S4 angeben) vom Vater des Philosophen, sondern von 
dessen gleichnamigem Ahnherrn, allerdings geht aber die Angabe ursprüng- 
lich wohl anf jenen. Einen Bruder und eine Schwester des Arial, nennt Anon. 
Heuag. 
3) Denn Dioa. 1 sagt, «pch Hkuuppc», ausdrücklich : euwßiu [Nixfr- 
, Google 
4 Aristoteles. 
so wissen wir doch nicht, wie alt Aristoles in jener Zeit war, wie 
lange dieses Verhaltniss gedauert, nnd welche persönlichen Be- 
ziehungen es für ihn herbeigeführt hat. Ebensowenig ist uns Über 
die erste Entwicklung seines Geistes, über die Umstünde, unter 
denen sie vor sich gieng, und den Unterricht, welchen er erhielt, 
etwas Näheres bekannt. Das Einzige, was aus diesem Abschnitt 
seines Lebens berichtet wird, besteht in der Angabe des bischen 
Ammonius *) , nach dem Tode seiner beiden Eltern *) habe ein ge- 
wisser Proxenus aus Atarneus *) seine Erziehung übernommen, 
dessen Sohn Nikanor der dankbare Zögling in der Folge den glei- 
chen Dienst geleistet, ihn an Kindesstatt angenommen und ihm seine 
Tochter zur Frau gegeben habe. Ist aber auch diese Nachricht, 
trotz der Unzuverlässigkeit des Zeugen 4 ), wie es scheint, rich- 
tig *)i so verschafft sie uns doch über das, woran uns am Meisten 
!±«Xo?] 'A^i'jvtt :iä MauSJviov ßaaiXfi iiipoü xsi fO,av jjulit. Er muss ilso sei- 
nen bleibenden Aufenthalt in Pell*, genommen, nnd wird dura die Seinigen 
Dient in Stagira zurück gel aasen haben. , 
1) S. 43 f. B. 8. 10 W. 
2) Von diesen gedenkt er selbst im Testament (Dioa. 16) feiner Matter, 
indem er eine Bildsäule derselben als Weihgeschenk aufzustellen verordnet. 
Eines Bildes von ihr, das er von Frotogenes malen Uran, erwähnt Plir. H. nat. 
XXXV, 10, 106. Daas der Vater im Testament rieht genannt wird, kann so 
viele natürliche Gründe haben, dass nichts Auffallendes daran ist. 
3) Wie es scheint, ein Verwandter des Arist., der nach fitagira ausge- 
wandert war, denn sein Sohn Nikanor heisst bei Seit. Math. I, 258 Srnr«- 
piT5]( Und olxitof 'ApWTorfXoUf. 
4) Denn welchen Glauben verdient ein Schriftsteller, der unter Anderem 
erzahlt iß. 44. 50. 48), Arist. sei drei Jahre lang Schüler des Sokrates gewe- 
sen , nnd spater habe er Alexander bis nach Indien begleitet? 
6) Aristoteles bestimmt nBmlicb in seinem Testament (Dioo. 12 ff.), Nika- 
nor solle seine Tochter, wenn sie herangewachsen sei, zur Frau erhalten; er 
fibertragt ihm, für sie nnd ihren Bruder sn sorgen, o>; *«\ xn-ri]p &v xoet ä8«X<p6t; 
er verordnet, dass die von ihm selbst schon beabsichtigten Bilder von Nikanor, 
Proxenus nnd Nikanor's Mutter angefertigt, nnd wenn Nikanor glücklich 
durchkomme, das von ihm gelobte Weihgesehenk in Stagira aufgestellt werde. 
Diese Anordnungen beweisen, dass Nikanor von Arist. an Kiudestatt ange- 
nommen war, nnd dass A. gegen dessen Mutter sowie gegen Proxenus beson- 
dere Verpflichtungen hatte, welche, wie es scheint, denen gegen seine eigene 
Mutter, deren Bild gleichfalls bestellt wird, ähnlich waren. Da sich nun 
unter Voraussetzung des von Paeudo- Ammonius berichteten Sachverhalts 
Alles aufs Beste erklärt, so empfehlen sich dessen Angaben in hohem Grade. 
Dass Nikomachus nicht mehr am Leben war, als A. an Plato kam, sagt auch 
Erster Aufenthalt in Athen. 5 
liegen musste, die Bildungsgesdiichte des Philosophen, keine wei- 
tere Anfklärung •> 
Erst mit seinem Eintritt in die platonische Schale *) gewinnen 
wir hiefür einen festeren Boden. In seinem achtzehnten Lebens- 
jahre kam Aristoteles nach Athen 3 ), und trat sofort in den plato- 
nischen Schülerkreis ein 4 ), dem er bis zum Tode des Heisters, 
Diorybius. Nun konnte es freilich scheinen, da Aristoteles C3jnhrig starb, so 
hätte der Sohn seiner Pflegeeltern für seine damals noch unerwachsene Tochter 
zu alt sein müssen. Diess ist jedoch nicht nothwendig. Wenn Arial, heim 
Tod seines Vaters schon in den Knabenjahren stand und Proxenns damals 
noch ein jüngerer Mann war, konnte dieser leicht einen Sohn hinterlassen, 
welcher 20 — 25 Jahre jünger, als Aristoteles, und noch um 5 — 10 Jahre 
jünger, als der damals 47jBhrige Theophrast war, dem Pythias für den Fall, 
dass Nikanor vor der Zeit sterben würde, zur Gattin bestimmt wird (Dioa. 
13). — Vielleicht ist unser Nikanor jener Btagirite Nikanor, welchen Alexander 
ron Asien ans nach Griechenland sandte, am bei den olympischen Spielen 
i. J. 334 v. Ch. seinen Erlass über die Rückkehr der Verbannten zu verkün- 
digen (Dikuch »<tv. Demostb. 81 f. 103. Diodor. XVill, 8), und das Gelübde 
seines Adoptivvaters bezieht sieb auf eine Heise an das Hoflager des Königs, 
dem er über den Erfolg seiner Sendnng berichtet und der ihn in seinen Diensten 
larüekbehalten hatte. Vgl. S. 4, 3. 
1) Erfahren wir doch weder über das Alter, in welchem Aristoteles in 
Proxenns kam, noch über den Ort, an welchem er von diesem erzogen wurde 
(denn dass diess Atarneus war, ist zwar möglich, aber kaum wahrscheinlich, 
und keinenfalls erweislich), noch Über die Art seiner Erziehung das Geringste. 
3) Zn dem ihn nach Ahhosiub' unwahrscheinlicher Angabe ein Befehl des 
delphischen Orakels bestimmt hatte. 
3) AroLLoiioa b. Dioo. 9: jcapotpoXelv Sc IlXatitm, x«i Suxrpiijic! itap' aüriij 
eIxooev e*Tn, Sjrri xal 3«o sröiv nnoTovro. Auf dieses Zengniss scheint sich so- 
wohl die Aussage des Diomyb (ep. ad Amm. I, 6. 8. 728) zu gründen, dass sr 
in seinem 18ten Jahr, als die des Dioqkbes 6, dass er EjrtanaiSn^njf , and des 
Ahmoricb, dass er EJtxaaalBtKairSy vsvijuvos nach Athen gekommen sei; ebenso 
die Berechnung des Diomtsiüb, welcher diese Ankunft anter den Archon Poly- 
seme (37/6 t. Chr. Ol. 108, 2) setzt, wogegen die Angabe (Amnion. Ist.), er 
sei anter dem Archon Nausigenes (Ol. 103, 1) dorthin gekommen, statt des 
vollendeten das laufende 17te Lebensjahr zum Ausgangspunkt nimmt. Kubbb 
im Cbronikon weiss zwar, dass er 1 7 jährig nacb Athen kam, vsrlegt aber 
dieses Ereignis* irrig in Ol. 104, 1. lieber die Behauptung des Eukelos-' 
b. Dioa. 6, dass er erst in seinem SOsten Jahr zu Plato gekommen sei , s. m. 
btad«, S. 41 u. oben 2, 2. 
4) Plato selbst war vielleicht damals anf seiner zweiten sicilisoben Reise 
abwesend (s. erste Abtb. 8. 309, 8), und möglich, dass (wie Staub 8. 43 
vermuthet) aus einer missverstandenen Erwähnung dieses Umstands die vorhin 
berührte Angabe (Akmom. o. sein Uebersetzer an zwei Stellen, OumriOD. in 
6 Aristoteles. 
zwanzig Jahre lang, angehörte ')■ Es wäre vom höchsten Werth, 
über diesen Zeitraum, die langen Lehrjahre des Philosophen, in 
denen zu seiner ausserordentlichen Gelehrsamkeit und seinem ei- 
gentümlichen System der Grund gelegt wurde, etwas Genaueres 
zu wissen. Leider gehen aber unsere Nachrichten an der Haupt- 
sache, dem Gang und den näheren Umständen seiner wissenschaft- 
lichen Entwicklung, mit tiefen) Stillschweigen vorüber, um uns dafür 
mit allerlei Übeln Nachreden über sein Leben und seinen Charakter 
zu unterhalten. Der Eine hat gehört, dass er sich in Athen erst 
als Quacksalber sein Brod verdient habe *); ein Anderer will gar 
wissen, er habe zuerst sein Erbe verprasst, dann sei er in der Noth 
in Kriegsdienste getreten, als es ihm damit auch nicht glückte, habe 
er es mit dem ärztlichen Gewerbe versucht, und schliesslich zu 
Plato's Schule seine Zuflucht genommen '). Doch diesen Klatsch 
hat schon AnrsTOKi.ES mit Recht zurückgewiesen 4 }. Grössere Be- 
Gorg. 43) entstanden ist, er habe Kon&chst drei Jahre laug Bokrates, and erat 
nach dessen Tod Plato gehurt. 
1) S. 8. 5, 3 Dioars. a. a. 0. : owtoM; niitwvi xpovov Eboonrij Wtpti^e 
oiiv natu. Ammon. rou-.ij (Plato) oüveoiiv eti) eIkmi. Kosk 's Zweifel gegen diese 
Angabe (De Arist, libr. ord. 112 f.) stützen sich anf Machtsprüohe, nicht auf 
Gründe. 
2) Abihtosl. b. Eos. praep. ev, XV, 2, li n&c «v ti; JbtoStftttro Ti(*«ov toü 
TaupoptviTou XeyovTO; ev Tat: laxoflaii, äBiEou 6iipo( «Jtov Impeiou xai Tis TUXaiSoat 
(hier scbeinen einige Worte za fehlen) öil Tfjs JjXixian xXeIooi. Das Gleiche 
theitt Buic. 'ApurcoT. noch etwa» ausführlicher ans Timftus mit. 
3) Abiiioil a. a. O. : i;üj yip oläv te, xiBAntp (pijdto 'Enixoupof ev tij mpt 
T<Öv iiriTYjSEUjtiiTejv EmoroÄTJ, ve'ov [IEv Övra xaTaoayEiv oüröv d]v Tiirpiiiav oüaincv, 
fttEiTot 3i fa\ td trrp»T£!i:a6ai auveSnOai, xaxfi; Et jcoAttovt« Ev toüioij lii\ Tb <pccp- 
[iKXOHtjXilV £X6e?V, t*JCE!Ta ävK7[E7rtt<|MVOU TOÜ IIXaTuivo^ xepixarou jrioi, rcapaiapciv 
«inSv (nach Athen, ist zn lesen: KopaßaXtTv «firöv seil, ei; tov JKpInerrov). Das 
Gleiche ans derselben Schrift, meist mit denselben Worten, b. Atiies. VIII, 
354, b. Dioo. X, 8, nnd offenbar ans der gleichen Quelle b. Aeliah V. H. V, 9. 
4) Die Unwahrheit der angefahrten Angaben erhellt, auch abgesehen von 
ihrer inneren Unwahrscheinlichkeit , aus awei Umstunden. Einmal etefaen aio 
mit den beglaubigtsten Zeugnissen in einem unauflöslichen Widerspruch, da 
diese ohne Ausnahme behaupten, Arist. sei gleich bei seiner Ankunft in Athen, 
als 17jührigei- Jüngling, also nicht erst naoh durch echwelgter Jugend and 
mancherlei unwürdigen Beschäftigungen, in die platonische Schale eingetre- 
ten; und sodann verdienen ihre Urheber nicht den mindesten Glauben. Ti- 
mfttia' gewissenlose Schmfthsucht ist bekannt; gegen Aristoteles hatten ihn na- 
mentlich dessen (geschichtlich richtige) Angaben Aber den niedrigen Ursprung 
der liOkrer erbittert Ebenso wissen wir von Epiknr, dass er kaum Irgend 
Erster Aufenthalt in Athen. 7 
achtung verdient die Erzählung von dem Zerwürfniss, welches ei- 
nige Zeit vor Plato's Tod zwischen ihm und seinem Schuler ausge- 
brochen sein soll. Schon der Dialektiker Eobclides hatte unsern 
Philosophen des Undanks gegen seinen Lehrer bezüchtigt ')• An- 
dere werfen ihm vor, dass er diesem wegen seiner stutzerhaften 
Kleidung, seines vorlauten Wesens und seiner Spottsucht zuwider 
gewesen sei 1 ), dass er noch bei Plato's Lebzeiten die Ansichten 
desselben angegriffen und seine eigene Schule der platonischen ent- 
gegengestellt f), ja dass er einmal die Abwesenheit des Xenokrates 
einen seiner philosophischen Vorgänger and Zeitgenossen, sogar Demokrit nnd 
Nausipbanes, denen er selbst Allee verdankt, nicht, mit seinen VerltomdangeW 
nnd herabsetzenden Urtheilen verschonte, {M. s. über TimKus Poltb. XII, 
7 f. 10. Plijt. Dio 36. Diodob V, 1, über Epiknr Dioö. X, 8. 18. 8kxt. Math. 
I, 3 f. Cic. N. D. I, 88, 93. 26, 78 und unsern 1. Tb. 8. 733 f.) Uebet Epiknr 
bemerkt selbst Athsnaecb a. a. 0-, dass er mit seiner Darstellung allein stehe, 
nnd dass diese Vorwürfe auch von den I eidensohaftl ich sten Gegnern unseres Phi- 
losophen keiner ausser ihm vorbringe. Ich mächte daher ans den angeführten 
Zeugnissen auch nicht einmal so viel ableiten, als Stahb 8. 88 f. nnd Hkknath 
Abh. d. Bresl. Hiet.-phii. Gesellach. I, 193 f. wahrscheinlich finden, dass Ari- 
stoteles in Athen von seinen naturwisflensehaft liehen Kenntnissen wohl auch 
Intliohen Gebrauch gemacht haben möge, denn weder Aristokles nooh sonst 
ein glaubhafter Zeuge weiss von dieser Sittlichen Thfttigkeit, die umgekehrt, 
welche ihrer erwähnen, thnn es so, dass die ganae Sache nur verdächtig wird. 
Arist. selbst rechnet sich Divin. p. s. 1. 463, a, 6 sichtlich zu den Laien (fri) 
ttyviTai) in der Heilkunde. 
1) Abistoel. b. Eibeb. pr. ev. XV, 3, 8 : x«\ EüBouXiSn« St npo«i|X(ix h tö> 
aar* oultoö fätßXua ']i£iiEirai ... ^4othuv ... teXeutcüv-i IHttam p.J| Raps^iWaOn ra 
tc BtßXioE (rj-coü 8iaip8ffp«i. Keine von beiden Anschuldigungen hat freilich viel 
auf sieh. Die Abwesenheit bei Plato's Tod kann, wenn die Sache Hberhsupt 
wahr ist, ihre gerechtfertigten Gründe gehabt haben: Philo soll ja gani nn- 
vennnthet gestorben sein (s. erste Abth. 8. 312). Das Verderben der Bücher 
ist, wenn damit eine Verfälschung ihres Textes gemeint ist, eine ebenso 
handgreifliche als ungereimte Verleumdung; bezieht es sich andererseits, was 
auch möglich wäre, auf die von A. an den platonischen Schriften geübte Kri- 
tik, so werden wir apSter noch sehen, dass diese swar scharf nnd nicht immer 
hilligist, aber auf ein persönliches Missvurh<nist kann man ans dieser auf 
dem Standpunkt und bei der Geistes rieh tung des A. vollkommen erklärlichen, 
rein sachlichen Polemik nicht sohliessen. Als verlHnmderisch bezeichnet 
aasser Aristokles auch Dies. II, 108 die Vorwürfe des Enbulides. 
2) Aklian V. H. III, 19, welcher im Einseinen beschreibt, wie sieh A. 
gepntct habe. 
3) Dio». S: Aicfori) Öi LD.itrtavo; fci JHptoVtos" Sott yooW c'xttvov liittlv 'Asi- 
oionlTit i]u.w ixskä/.xiaz xaflaJTtps't iä jtiüXipts -fivVTjOsVn t)jv |U}TEpa. Das Gleiche 
Google 
g Aristoteles. 
benfitzt habe, utn den hochbejahrten Meister nur eh» empörende 
Weise aus den gewohnten Räumen in der Akademie zu verdrin- 
gen *). Auf Aristoteles wurde endlich schon im Alterthum von 
Haneben die Angabe des Aristoxentjs bezogen: während Plato's 
sicilischer Reise sei im Gegensatz gegen seine Schule von Fremden 
eine andere errichtet worden *)■ Alle diese Angaben sind aber sehr 
unsicher und das Meiste darin verdient keinen Glauben *). Die Aus- 
sage des Aristoxenns könnte , wenn sie auf Aristoteles gehen soll, 
keinenfalls wahr sein: nicht blos aus chronologischen Gründen 4 ), 
sondern auch desshalb, weil wir von Aristoteles unzweideutige 
•bei Ailiah V. Ii. IV, 9. Hhllasius b. Phot. Cod. 279. 8. 533, b, Auch Tueo- 
dobbt cur. gr. äff. V, 46. B. 77 sagt, A. habe Plato noch bei. Lebseiten offen 
angegriffen, und Philo r. Anal. post. 64, a, o. Scbol. in Arist. 228, b, 16, er 
habe ihm schon damals, wie erzählt werde, wegen der Ideanl ehre auf ■ Stärkste 
1) Dieser Vorfall wird von Aei.iin (V. H. III, 19 vgl. IV, 9, Suhl.), wel- 
cher unser einziger Gewährsmann dafür ist, so ers&hlt: Als Plato bereits 
SOjfthrig und desshalb schwachen Gedächtnisses gewesen sei, habe A. einmal, 
da Xenokratea eben abwesend nnd Speusipptu krank war, von einem Haufen 
seiner Anhänger umgeben, mit Plato eine Streitunterredung angefangen nnd 
den Greis dabei in böswilliger Weise so in die Enge getrieben, das* sich dieser 
ans den Hallen der Akademie in seinen Garten zurückgezogen habe. Erat 
nach drei Monaten, als Xenokrates zurückkam, habe dieser dem öpeusinpus 
seine Feigheit ernstlich vorgehalten und Aristoteles geuöthigt, den streitigen 
Baum Plato wieder zu überlassen. 
2) Aiihtokl. b. Ecs. pr. ev. XV, 2, 2: ii; 5* Sv nttotib) tote «*' 'Apio-re- 
(jrvou toO jioueiXBÜ Irf Ofi&ois ev im ßiiu TOÜ IlXaTruvo; ; iv v&p -rij TtXivTj na! Tj] äso- 
£i)[iif pTjo'tv ä'naviarnaBai xa\ JvxQUtoBouitv aiTcji uvi( ntpiicacov £eWuf ovtas. buvtbl 
dSv eVloi raüta 7tspi 'AfioTorftuui Xi-jnv aürbv, 'ApiaTo^ou Sia navrb« tift^oüvroi 
'Aprarorüinv. Zu diesen ävtoi gehört auch Aeluh, welcher IV, 9 ohne Zweifel 
in Erinnerung an die Ausdrücke des Aristoxenns von Aristoteles tagt: ämp- 
xoSripiae« ouTü (Plato) Biatpißijv. Ebenso Pseiidoammun. S.45: ei yip Jto t£vTo< 
tou IUätbivot ävT( f ixoS(ip.i]9EV aÜTcü t'o AUxeiov o 'ApiOWtAr^, üSt T»i( ÜKB}iau.Bä- 
veuat (der Uebersetzer sagt dafür mitta verständlich : riotW AH'toxmuu oectuavii 
etArittocktpoitea), wogegen Aristid. de qnatnor. II, 324 f. Dind. die Angabe, 
des Aristoxenns wiederholt und weiter ausführt, ohne Aristoteles zu nennen. . 
3) Man vgl. zum Folgenden Stabs I, 46 ff., welchen Hebmanm Plat. Phil. 
S. 61. 125 keineswegs widerlegt bat. 
4) Ale Plato von seiner letzten Reise zurückkam, war Aristoteles nach 
nicht 24 Jahre alt (s.o. 8. 3, 2 vgl. mit unserer ersten Abth. 311,3); ist es 
aber, auch abgesehen von allem Anderen, wahrscheinlich, dass er schon so 
frühe ab Haupt einer eigenen Schule gegen den damals auf dem Gipfel seines 
Ruhms stehenden Plato hütte auftreten können? 
i „Google 
Efitet Aufenthalt in Athen. 9 
Zeugnisse darüber besitzen, dass er noch nach Plato's letzter nici- 
lischer Reise zu seiner Schale gehörte und ihm mit der höchsten 
Verehrung zagethan war ')■ Sie bezieht sich aber wahrscheinlich 
überhaupt nicht auf iinsern Philosophen 1 ). Aetian's Erzählung -über 
1) Diess erhellt ausser Anderem, wo* sogleich zu besprachen »sin wird, 
toi drei Umstanden. Füi's Erste hat Allst, mehrere platonische Vorträge 
herausgegeben (b. u. und Abth. I, 305); dass aber diese in die Zeit zwischen 
Plato'a zweiter and dritter siciliscber Reise fallen, ist aus mehreren Gründen 
an wahrscheinlich , von welchen für mich schon ihre nachweisbare bedeutende 
Abweichung von der in Plato's Schriften niedergelegten Lehrform (vgl. sntt 
Abth. 616 f.) entscheidend ist. Wenn aber dieses, so kann sich Arial, nicht 
schon wahrend der letzten sicilischen Reise von der platonischen Schule ge- 
trennt haben. Sodann werden wir sp&ter finden, dass der Endemus des Arist. 
dem platonischen Phttdo nachgebildet war, und dass Arist., als er ihn schrieb, 
wahrscheinlich der platonischen Schale noch »»gebort hat; dieses Qeeprsoh 
ist aber jedenfalls nach Flato's letzter Reise geschrieben, da es dem Andenken 
eine« verstorbenen Freundes gewidmet ist, welcher nach jenem Zeitpunkt Dia'» 
Zag gegen Diorys noch mitgemacht hatte. Endlich sind uns hei Oi.vsiPionoa 
in Gorg. 166 (Jahn'b Jahrbb. Supplementb. XIV, 395) einige Verse aus Aristo- 
teles' Elegie snf Endemas (auch bei Bkhi+k, Lyr. gr. 8. 504) erhalten, worin 
dessen Verbindung mit Plsto so beschrieben wird: 
ö.8o>v 6" si( xXfivbv Ksxponb]; S&keBqv 
iJjeß^nij tri[ivf,( f iXiTjs ISpÜTUTO ßmjiiSv 
, ivSpb(, ov ouä' aivttv roloi xonöiai Oifit;- (Plsto) 
ii yAiQi % npka; QvqTtäv xsttöiiEiV hxpfoi; 
oWa> tc ßiiu x« pcvdSoiei Xd-ruv, 
iu; i-jaH6i T£ xa'i t'J3a![icuv ä[ia ftlfTat ivijp. 
oä vÜv 8' im Xaßfiv oiBtvi raüta itois. 
[Hier scheint der Text verdorben zu sein.] Buhlk'h Zweifel an der AechtheH 
dieser Vene (Arist. Opp. I, 53) werden sich durch unsere Ansicht über ihren 
Sinn und ihre Bestimmung lösen lassen; nimmt man freilich an, dass Arist 
hier, in einein Gedicht an Endemus den Rhodier, von sieb selbst rede, so haben 
sie viel Auffallendes. 
2) Asistoki.E9 a. s, O. sagt auadrfloklich, Aristoxenus habe von seinem 
Lehrer nicht anders als in anerkennender Weise geredet, und diesem .be- 
stimmten, auf Kenntnis« s «in ar Schrift gegründeten Zeugniss gegenüber könnt« 
die Angabe, dass er Aristoteles nach seinem Tod angegriffen habe (BuiD. 'Apt- 
etofc) , selbst dann nicht in Betracht kommen, wenn sie besser verbürgt wäre; 
such in diesem Fall müsaten wir vielmehr annehmen, im Leben Plato's wenig- 
stens, aus dem die von Aristokles angeführte Nachricht stammt, sei diess nicht 
geschehen. Scheint aber der ntpisato; auf Aristoteles in deuten, so zeigt doch 
schon die 8. 6, 8 mitgetheiHe Aeussernng Epikur's, dass dieser Ausdruck auch 
von anderen Schulen gebraucht werden konnte. Ich möchte vermuthen, dass 
sieh die Angabe des Aristoienus auf die erste Abth. 8 1 1, 2 berührt« Thlltigkeit 
Google 
10 Aristoteles. 
Plalo's Verdrängung' aus der Akademie steht ffir's Erste mit anderen, 
älteren Nachrichten *) im Widerspruch, nach denen Pluto seinen 
Unterricht in jenem Zeitpunkt aus den öffentlichen Räumen des aka- 
demischen Gymnasiums schon längst in seinen Garten verlegt hatte; 
und sie schreibt, zweitens, Aristoteles ein Benehmen zu, wie wir 
es einem Manne, der sonst durchaus edle Gesinnungen ausspricht, 
nur auf die zwingendsten Beweise hin zutrauen dürften; hier aber 
haben wir statt dessen blos das Zeugniss eines Anekdotenkrämers, 
der auch handgreifliche Unwahrheiten kritiklos weiter zu geben ge- 
wohnt ist. Wird endlich behauptet, dass Aristoteles durch sein 
ganzes Verhalten Plato's Missrallen erregt habe und von ihm ferne 
gehalten worden sei s 'j, so können wir Dem zunächst schon meh- 
rere Aussagen entgegenstellen, welche ein ganz anderes Verhält- 
nis beider voraussetzen s ). Wollen wir aber auch auf diese Mit- 
theilungen, deren Beglaubigung gleichfalls ungenügend ist, kein 
weiteres Gewicht legen, kann Anderes ohnedem, dessen Unrichtig- 
keit am Tage liegt 4 ), hier nicht in Betracht kommen, so stehen uns 
des Iloraklidüs bezieht, welche er dann freilich, nach seiner Weise, missdeutet 
■Ute. 
1) B. Diog. III, 6. 41 vgl. erste Abth. 306. 
2) Für diese Angabe beruft sieb Buhle 6. 87 auch darauf, dass Plato in 
seinen Schriften des Aristoteles nicht erwähne, und selbst Btahb ß. 68 schenkt 
diesem Umstand einige Beachtung. Aber wie konnte er denn in somatischen 
Gesprächen den Aristoteles nennen? Davon gar nicht in reden, dass wahr- 
scheinlich alle platonischen Werke, ausser den Gesetzen, vor Aristoteles' An- 
kunft in Athen rerfssst sind. 
3) PhilofOhuS Da aetern. muniii VI, 27: ('Aptar.) fco Ittiruvo; TQOOÖTOV tSj( 
i-j^ivoia; ^fiofli), nie vo5( rijc 8iaTpi[iSj; irr' oiItoü TtpofifopEuiaöai. PsiimoAimoN. 
V. Arist. S. 44: Plato habe die Wohnung des Aristoteles ah.oq irtiYvtödTou ge- 
nannt Weiter vgl. man, was erste Abth. 646, 2 angefahrt wurde. Eben dahin 
gehörte der erste Abth. 306, 4 erwähnte Vorfall, und die Nachricht (bei Ahhon. 
a. a, 0. 8. 46. Philopo«. in qu. voc Forph. Schul, in Arist 11, b, 29), daas 
Aristoteles seinem Lehrer nach dessen Tod einen Altar mit einer bewnndern- 
den Inschrift gewidmet habe; indessen ist jener Vorfall schwerlich geschioht- 
liob und der Altar ist ohne Zweifel ebenso, wie seine angebliche Inschrift, erst 
ans der Elegie an Eudemus (s. o. 9, 1) entstanden, deren bildlich gemeinter 
FreundschaRsaltar eigentlich genommen nnd Aristoteles beigelagt wurde. 
4) Wie die Meinung, deren Philo f. in qu. voc. Sehol. in Ar. 11,1], SB (wo 
aber Z. 25 statt 'AptewtflL»|v -Äou; stehen sollte) und Üjvib ebd. 90, b, 16 er- 
wähnt, dass Aristoteles sieh gescheut habe, einen Lehre tnfal au beateigen, so lange 
Plato lebte, and dass daher der Name der peripatetiaeben Philosophie * 
Jiqi-zedby G00gle 
Erat» Aufenthalt in Athen. i] 
doch immer noch entscheidende Gründe zu Gebot, durch weiche 
nicht allein Aelian's Erzählung, und was sonst noch Aehnliches 
überliefert ist, sondern die ganze Voraussetzung widerlegt wird, 
als ob es noch vor Plato's Tode zwischen ihm und seinem Schüler 
zum Bruche gekommen sei. Für's Erste nßmlich sagen Zeugen, mit 
welchen sich Aelian und Seinesgleichen weder an Alter noch an 
Zuverlässigheit irgend messen können, er sei zwanzig Jahre bei 
Plato geblieben 0, was offenbar nicht der Fall gewesen wäre, 
wenn er zwar so lange in Athen blieb, aber von Plato sich schon 
früher getrennt hatte; und Dionys fügt ausdrücklieb bei, er habe 
in dieser ganzen Zeit keine eigene Schule gegründet 1 ). Sodann 
rechnet Aristoteles noch in weit späterer Zeit, und auch da, wo 
er die Grundlehre der platonisches Schule bestreitet, sich selbst 
fortwährend zu ihr s j, und über ihren Stifter und sein persönliches 
Verhältnis^ zu demselben äussert er sich so, dass man deutlich 
sieht, wie wenig in ihm, neben der schärfsten Betonung ihres wis- 
senschaftliche!) Gegensatzes, das Gefühl der Verehrung und der 
Liebe für seinen grossen Lehrer erloschen war *). Weiter steht es 
und die Behauptung (Ahhos. in qa, voc. Porpk. 25, b, u., nach ihm Psmmo- 
akmok. V. Ar. 8. 47. Philop. Schot, in Ar. 35, b, 3. Davis Scbol. 24, e, 6), 
dass der Name der Peripatetiker ursprünglich der platonischen Schule eigen 
gewesen sei; als Aristoteles und Xenokratea gemeinschaftlich Dach Plato's 
(Psuudoanimon. und David genauer: nach Spensipp's) Tode die Schule über- 
nahmen, seien die Schüler des Einen Peripatetiker aus dem Lyceum, die des 
Andern Peripatetiker ans der Akademie, in der Folge aber nur jene Peripate- 
tiker, diese Akademiker genannt werden. Die lotste Quelle dieser Annahme 
ist ohne Zweifel Antioahus, in dessen Namen Varro bei Cic. Acad. I, 4, 17 (vgl. 
nrooem.: tibi dedi parte* Aniioehüiat) gjini Aehnliches oixfthlt; um so klarer 
ist es aber, data die game Angabe nur ein Enengniss jenes von Antioohus 
cnent aufgebrachten Ekioktinumm« ist, der jeden wesentlichen Unterschied 
»wischen Plato und Aristo tele« ISngnete. 
i) a s. e, i. 
3) Ep. ad Ainm. I, 7. 8. 733: trjvvjv ITX4:n>VL iö Siftpupcv go>{ stüv Jnca k*'i 
tpiicovro, oütb <T-/oXij( {flaiiptiai out* HStav luxomxui; aäpwtv. 
8) Arist redet öfters von den Piatonikern commnnieatir: x*8' a&i TpiinotK 
fieütvufuv Sri Int tk Mr r xatü -rijv farfligtji» xaB' J)v Aai ?«{iiv Tat ESfat u. dgt 
Metaph. I, 9. 990, b, 8. II. 16. 33. 9», a, II. 16, c. 8. 989, b, 18. III, 8. 
997, b, 3. c. 6. 1003, b, 14 vgl. Alex, and Aaiup, in 990, b, 8. Alex, m 
990, b, 16. 991, b, 3. 993, a, 10. 
4) In der berühmten Stelle, welche bereits auf Vorwürfe Rücksicht an 
nehmen scheint, die ihm seine wissenschaftliche Polemik gegen Plato ange- 
12 Aristoteles. 
fest, dass er bis zu Plato'9 Tod in Alien blieb, unmittelbar nach 
diesem Breigniss dagegen diese Stadt für lange Jahre verlieas; 
warum anders, als weil jetzt erst der Grund aufhörte, welcher ihn 
bis dahin in Athen festgehalten hatte, weil seine Verbindung mit 
Plato jetzt erst getrennt wurde? Endlich wird uns berichtet J ), 
zugleich mit ihm sei Xenokrates nach Atameus gegangen; und das« 
er auch später mit diesem Akademiker in freundschaftlichem Ver- 
hfltniss stand, wird durch die Art, wie er dessen Ansichten zu be- 
sprechen pflegt , wahrscheinlich *)■ Von Xenokrates' Charakter- 
festigkeit aber und seiner unbedingten Verehrung für Plato las.it 
sich nicht annehmen, dass er seine Verbindung mit Aristoteles fort- 
gesetzt und sich zum Besuch in Atameus an ihn angeschlossen hätte, 
wenn sich derselbe von Plato in einer für diesen verletzenden Weise 
losgesagt, oder gar den greisen Lehrer durch ein Benehmen, wie 
es ihm Aelian zuschreibt, kurz vor seinem Tod aufs Roheste ge- 
kränkt bitte. Das allerdings ist ganz glaublich, dass ein so selb- 
ständiger Gebt, wie Aristoteles, auch einem Plato gegenüber sich 
des eigenen Unheils nicht begab, dass er mit der Zeit an der unbe- 
dingten Wahrheit des platonischen Systems zu zweifeln und den 
Grund seines eigenen zu legen begann, dass er vielleicht manche 
Schwäche des ersteren schon damals mit derselben Unerbittlichkeit 
aufdeckte, wie später; und wenn sich daraas eine gewisse Span- 
nung zwischen beiden erzeugt haben sollte, wenn sich Plato in den 
Schaler, der sein Werk zugleich fortzusetzen und zu widerlegen 
zogen hatte, Eth. N. 1, 4, Auf.: ?b Si xoWXou ßfbiov low faisxtyatrB&i xat Sta- 
r.of>?;aa: tim>; \iyzw., xailttp cpOfiuTouj Tifc toiaiSti); (qtijotuf -f[*o[iii»]f Sii fo fl- 
Xeu( äväpa; ska-fKJtw -a CiSr,. Sohlte S' «v hw ßAnov stvai xat Sfiv im aunjpla fa 
*ij( iXifMat la'i tä oixiis ävaipetv, äXXidt te iii tp iXoaof ou< 3vt«4 ■ öfitpotv -jap övrotv 
(pAon Soiov Jtporutäv TJ|V öX>lQttav. Hieau vgl. m. Abth. I, 613, 4 und über du, 
m A. einem Lehrer gegenüber für Hecht hielt, Bd. 1, 753. 
1) Stbibo XIII, 1, 57. S. S10, dessen Zeugnias wir zu rniusWauen keinen 
Grund haben. 
2) Ea ist noch schon Anderen aufgefallen, das» Arist. den Xenokrates 
fast nie nennt, und «einen Namen auch da, wie geflissentlich, umgeht, wo er es 
augenscheinlich mit Beiner Ansicht an thun hat (wie in den Abth. I, 508, 3. 
666, 1. 670, 3. 672 3 angeführten Fällen), wahrend Speueipp In dem gleichen 
Fall einigemaln genannt wird. Ich mächte darin aber nicht, wie man wohl ge- 
wollt hat, ein Zeichen von Missaohtnng sehen, sondern sein Verfahren viel- 
mehr daraus erklaren, dass er seinem neben ihm in Athen lehrenden Mitechfiler 
gegenüber die Form der persönlichen Bestreitung vermeiden wollte. 
ioogle 
Erster Aufenthalt In Äthan. 13 
bestimmt war, nicht besser zu finden gewusst hatte, ah. mancher 
andere Philosoph nach ihm, so wäre diess nicht zu verwundern. 
Dass aber diese Spannung wirklich eintrat, lässt sich weder be- 
weisen, noch auch nur zu einem höheren Grade der Wahrschein- 
lichkeit erheben '}, und dass Aristoteles durch seine Undankbarkeit 
und durch absichtliche Kränkung seines Lehrers einen offenen Brach 
mit demselben herbeigeführt habe, ist eine Behauptung, welche 
durch die sichersten Thatsachen widerlegt wird. Und dieselben 
Thatsachen machen es auch unwahrscheinlich, dass Aristoteles 
schon während seines ersten athenischen Aufenthalts eine eigeae 
philosophische Schule eröffnete; denn in diesem Fall helle theila 
seine eben nachgewiesene Verbindung mit Plato und dem platoni- 
schen Kreise kaum fortdauern können , tbeils wäre es unerklärlich, 
dass er Athen gerade in dem Augenblick verlassen hätte, als der 
Tod seines grossen Nebenbuhlers ihm hier freie Bahn machte-*}. 
War nun Aristoteles wirklich von seinem achtzehnten bis in 
sein siebenunddreissigstes Lebensjahr mit Plato als sein Schüler 
verbunden, so folgt von selbst, dass wir den EinBuss dieses Ver- 
hältnisses auf seine Bildung kaum zu hoch anschlagen können; und 
wenn uns seine Bedeutung für das philosophische System des Ari- 
stoteles aus jedem Zuge desselben entgegentritt, so rühmt der dank- 
bare Schüler selbst *) vor Allem die sittliche Grösse und die erha- 
benen Grundsätze des Mannes, nden ein Schlechter auch nicht ein- 
mal zu loben das Recht habe." Diese Verehrung seines Lehren 
schliesst aber natürlich nicht aus, dass Aristoteles seine Aufmerk- 
samkeit zugleich allem Anderen zuwandte, was ihn fördern und 
seiner unersättlichen Wissbegierde Befriedigung gewähren konnte; 
1) Denn wir sind durchaus nicht berechtig!, an Pinto und seinen Freun- 
deskreis den spüteren Maasstab philosophischer 8chulortbodoxie 10 streng ■«■ 
zulegen, dass wir annahmen, der grosse Philosoph bitte die Selbständigkeit 
eine« Schülers, wie Aristoteles, nicht ertragen können. Bat doch, um des Hera- 
klidcs und Endoxns nicht au erwähnen, selbst Spensippns die Ideenlehre fid- 
len lassen. * 
S) Die Bemerkung des angeblichen Amuonius dagegen, dass Chabrias u»d 
Tünotheus Aristoteles verhindert haben würden, Plato eine neue Schule ent- 
gegenzustellen, ist ungereimt. Wer konnte ihm denn diess verbieten? Aber 
Chabrias ist schon 35B v. Chr. umgekommen und Timotheus ein Jahr darauf 
boebbetagt, für immer aus Athen verbannt worden. 
S) In den S. 9, l angefahrten Versen, 
■0 
Digi-ZBd^y G00gle 
H Aristoteles. 
wir dürfen vielmehr mit Sicherheit annebmeii, dass er gerade seine 
lange Htacnische Vorbereitungszeit zur Erwerbung seiner steunens- 
werthen Gelehrsamkeit aufs Eifrigste benüUt, und auch mit den na- 
turwissenschaftlichen Untersuchungen, welche Flato doch immer nur 
als Nebensache behandelt hatte, sich eingehend beschäftigt habe 0- 
Ebenso ist es ganz glaublich, dass er noch als Mitglied des pla- 
tonischen Schülerkreises selbst Lehrvortrage hielt *), ohne damit 
aus seinem Verhältniss zu Plato herauszutreten oder sich ihm als 
das Haupt eines selbständigen Philosophen vereius gegenüberzustel- 
len. So hören wir namentlich von dem Unterricht, welchen er in 
der Rhetorik ertheilt habe, um damit der Schule des Lsokrales ent- 
gegenzutreten *), dessen gutes Verhältniss zu Plato damals schon 
1) Unter den Vorgängern, deren Werke er schon damals bettätzte, mag 
namentlich auch Demokrit gewesen «ein , dessen Humen Plato so auffallend 
umgeht; in seinen Schriften wenigstens geschieht keines anderen von den 
Physikern so bltuüg Erwähnung. — Im Uebrigen sind wir hier ganz auf Ver- 
unthungen beschrankt, da es uns an jeder Ueb erlief erung über A.'s Studien- 
gang fehlt. 
2) Straro XIII, 1, 57. 8. 610 lagt von Hermias, er habe in Athen sowohl 
Plato als Aristoteles gehurt. 
3) Cic. deOrat. III, 35, 141: Aristoteles, cum fiortre Itocratem nobüitate 
diieipulorum videret, ... mutant repente totam formam prupe dixciplinac euae 
(was freilich lautet, als ob A. damals schon eine philosophische Schule gehabt 
hätte; Cicero ist eben bier nicht genau unterrichtet), veriumque qitendam Phi- 
loctttar pavüo secus diait. iäe enim turpe tibi ak eue tacert, cum barlaro*: hie 
autem, eun Itocratetn pattretnr dicere. ila oniavit et üluttracit doctrinam iiiam 
umnem, rerumqu* cognitionera. cum orationü exercitatiane anyunxit. negut vero 
hmfugii aapkntUsimum regem Phüippum, qui hone Alexmtdro ßHo doetorem 
accinrit. Auch Orat. 19, 62 (Arittoteke Isocratem ipman lacrisivitj, weniger be- 
stimmt ebd. 61, t72 (qui* ... aerior Arittatde ftätl qui$ porro Iwerati ettad- 
vertatu* impenmutt). Tuse. I, 4, 7 setzt Cicero voraus, dass Arist. noch bei 
Isokretee Lebzeiten gegen diesen aufgetreten sei, was nur während seine« 
ernten athenischen Aufenthalts möglich war, denn als er 335/4 t. Chr. dorthin 
auruckkehrte , war Inokrates schon mehrere Jahre todt. QciNTiu III, 1, 14: 
eoque [Isocratt] ja« tentore . . . pomeridianiM ichoüi Arütotalas praeeipere arten 
oratoriam coepit, noto quidem iüo (ut tradüur) versu ex Pftüocteta frequenter 
•Mus: ali/pbv onuirä» 'laonparnv [B'j tiv Wyily. (Dioo. 8 , welcher statt 'Isoxpi- 
tf]v SivoKpört7]v liest, und den Vorfall in die Zeit der Begründung des Lyeeums 
wiegt, Hast sieb schon durch die Chronologie che Verwirrung, in die er hiebet 
garittb, »eines Irrtboma überführen.) Sehr bestimmt redet Ciobbo auch Offie. 
I, 1, 4 (de Ariitotde et Jiocrate . . , quorum tUerque ruo ntudio deleetattu eon- 
ftnutt alttntmj von Beibungen wischen Aiist. und dem aoob lebenden Iso 
Erster Aufenthalt In Athen. ,5 
langst einer Spannung gewichen war, bei der es der hertbmte 
Redekonstler an Ausfallen gegen die Philosophen nicht fehlen 
Hess 1 ). In die gleiche Zeit heben wir endlich, nach sicheren 
Spuren, auch den Anfang seiner schriftstellerischen Thatigkeit zu 
setzen; and wie entschieden er sich dem Emflass des platonischen 
Geistes hingegeben und in die platonische Weise eingelebt hatte, 
erhellt aus dem Umstand, daBs er in Schriften aus dieser Periode 
seinen Lehrer in der Form and im Inhalt nachahmte ')- In der 
Folge hat er allerdings, und ohne Zweifel noch ehe er Athen ver- 
Hess, auch als Schriftsteller eine grössere Selbständigkeit gewon- 
nen, und er war überhaupt dem Verhältnis^ eines platonischen 
Schülers der Sache nach wohl schon längst entwachsen, als dieses 
Verhältniss durch den Tod seines Lehrers auch ausserlich gelöst 
wurde. 
krates, und dieser selbst macht ep. V. ad Alex. 3 f. einen versteckten Ausfall 
nuf den Philosophen, welcher diese Angabe bestätigt (denn Panath. IT f. 
könnte man doch nur dann anf ihn beziehen, nenn er vor seiner Uebersiede- 
long nach Macedonien wieder nach Athen zurückgekehrt wäre und seinen 
rhetorischen Unterricht wieder aufgenommen hltte); vgl. 8rnaani. über die 
Rhetorik d. Ariet. Abband), d. Bayer. Akad. VI, 470 ff. Gegen Aristoteles 
schrieb ein Schüler des Isokrates, Cephisodorus (oder -dolus) eine Verteidi- 
gung seines Lehrers, welche Diosys. de Isoer. c. 18, B. 677 umar bewandert, 
ron der wir aber aas Athek, II, 60, d Tgl. III, 122, b. Abistokl, b. Eus. pr. 
bt. XV, 1, 4. Noiihs. ebd. XIV, 6, 8 f. Trekist. or. XXIIL 285, c wissen, das* 
sie mit den leidenschaftlichsten Schmähungen gegen Arist. angefüllt war. Im 
Uebrigen läset sich Aristoteles durch diese Reibungen von einer gerechten 
Würdigung der Gegner nicht abhalten. Seine Rhetorik wühlt ihre Beispiel« 
ans keinem andern Redner mit solcher Vorliebe, wie aus Isokrates, auch Cephi- 
sodot'e erwähnt er zweimal (Rhet. III, 10. 1411, a, 5. 23). Ob er selbst viel- 
leicht früher den Unterricht des Isokrates benützt hatte, wissen wir nicht, aber 
bei der Berühmtheit dieses Lehrers ist es nicht unwahrscheinlich, and leicht 
hat anch eine derartige Nachricht die oben erwähnteAngabe(s.4,4. 6,4) veraa- 
Issst, daas er drei Jahre lang Schüler des Sokrates gewesen sei. Die beiden 
Hansa werden oft verwechselt. — Ausführlicher handelt von der Gegnerschaft 
des Aristoteles and Isokrates Stabs I, 68 ff. II, 285 ff. 
1) S. Abth. I, 8. 309 und Spesöei., Isokrates u. PI»ton, Abb.. d. Miinchn, 
Akad. VII, 731 ff., welcher mit Andern auch Pu-ro Euthrd. 304, D IT. mit vie- 
lem Schein anf Isokrates, laosu. Hei. 1 ff. neben Antisthenes auf Pinto bezieht. 
2) Die näheren Nachweisnngen hierüber werden später gegeben werden. 
Ten den ans bekannten aristotelischen Schriften seheint namentlich der 
grössere Theil der Gespräche und einiges Rhetorische, vielleicht die £jv«-y"Ti 
Trjpür, in die erste athenische Periode zu gehören. 
^Google _ 
16 Aristoteles. 
Hit diesem Ereignis« beginnt ein neuer Abschnitt in Leben 
des Philosophen. So lange der greise Pluto den Mittelpunkt der 
Akademie bildete, hatte er sich von derselben nicht entfernen wol- 
len; nachdem Speusippus an dessen Stelle getreten war *), fessehe 
ihn nichts mehr an Athen; denn die Errichtung' einer eigenen phi- 
losophischen Schule, für welche diese Stadt ohne Zweifel der ge- 
eignetste Ort war, scheint er zunächst noch nicht beabsichtigt zu 
haben. So folgte er denn zugleich mit Xenokrates einer Einladung 
des Hermks, des Herrn von Atarneus und Assos *), welcher selbst 
früher eine Zeitlang dem platonischen Verein angehört hatte *). Bei 
diesem ihnen nahe befreundeten *} Fürsten blieben die Beiden drei 
Jahre lang 5 ); hierauf begab sich Aristoteles nach Mitylene 8 ), nach 
Strabo um seiner Sicherheit willen, als Hermias durch treulosen 
Verrath in die Gewalt der Perser gerathen war, vielleicht aber 
auch schon vor diesem Ereigniss ')- Nach Hermias' Tod nahm 
er Pythias, die Schwester oder Nichte seines Freundes *), zur 
1) Auch ciiesa hat man auffallend gefunden, aber mit Unreoht. Möglioh 
allerdings, dase Plato ffir Speusippus grössere Neigung hatte, als für Aristo- 
teles, oder das* er von jenem eine treuere Fortpflanzung seiner Lehre erwar- 
tete, als von diesem. Aber Speusippus war auch der weit altere, Plato'a Neffe, 
von Ihm selbst erzogen and ihm seit Jahrzebenden mit der treaeeten Anhäng- 
lichkeit zugethan, zudem der natürliche Erbe des Garten» bei der Akademie. 
Uebrigens wissen wir auch nicht, ob ihm das Scholarchat von Plato seibat 
durch Vermächtnis« übertragen wurde. 
2) Boecih Hermias von Atarneus, Abb. d. Berl. Akad. 18SB. Hist pbil. 
Kl. 8. ISS ff. 
3) Stbabo XIII, 1, 57. S. 610. Ar-ou.oDOB b. Dioa. 0. Diontb. ep. ad 
Amm. I, 5, welche darin fibereinstimmen, dass A. erat nach Plato'a Tod m 
Hermias gierig. Das Gegentheil kannte man ant dem 8. 7, 1 angeführten Vor- 
wurf des Enbnlides anch dann nicht sofaliessen, wenn die Sache wahr wlre. 
Ale den Ort, wo Aristoteles in dieser Zeit lebte, nennt Strabo Assoa. 
1) 8. 8. IS, 1. 14, 2. Gegner des Arist. (b. Dioo. S. Anon. Menag. 8un>. 
*ApiTt.) machen natürlich ans dieser Freundschaft ein p Ideras tieehes Ver- 
hSltniss, welchem schon das beiderseitige Lebensalter widerstreitet (Bokobh 
su a. 0. IST). 
5) Afollodob, Stjubo, Dionts. a. d. a. 0. 
6) Ol. 108, 4 (845/4 v. Cbr.) anter dem Arohon Enbttlnj; Afoh.odob b. 
Dioa. V, 9. Dionvb a. a. 0. 
7) Wie diese Bobcib a. a. O. 14! ff. »war nicht vollkommen erwiesen, 
aber doch gegen Sthado s, «. O. wahrscheinlich gemacht hat 
8) Der Anon. HetL, Strin. {'Apumrt, 'Epp.i«;J, Hhtch. nennen nie sein» 
Anfenthfclt in Ataraens. 
Gattin ')■ Er selbst bat seiner treuen Anhänglichkeit es beide n 
als Ein Denkmal gesetzt s ). 
Toehter, det nniuvarlHasige Aristipp b. Dioo. S gar sein Kebsweih. Beide 
Angaben widerlegen sieh nun schon durch den Umstand, dass HennUa Ennnch 
war (denn was der Anon. Menag. Si.m. u. Hkbych. sagen, um aeine vermeint 
liche Vaterschaft zu erklären, ist an sich auffallend und mit Deketb. de elocut 
293 unvereinbar). Abistokles K Eni. pr. cv. XV, 2, 8 f. sagt unter gleichsei- 
tiger Anführung eines aristotelischen Briefs an Antipater and einer Schrift des 
Apklliko.s von Teos über HenniM und seine Verbindung mit Aristoteles , sie 
sei die Schwester nnd zugleich die Adoptivtochter des Hermias gewesen. 
Strabo XIII, 610 bezeichnet sie ab seine Bruders toehter, Dbhrtridi Magnes 
b. Dioa. V, 8 als seine Tochter oder Nichte. Bück« a. ■. O. 140 giebt der 
Annahme, dass sie seine Nichte nnd AdoptiTtochter war, den Vorsag, nnd es 
ist allerdings möglich, dass Aristokles die nähere Bezeichnung der Pythiss 
als Schwester des Hermias hei Aristoteles nnd Apellikon nicht vorgefunden, 
oder dass er selbst oder sein Text die iäiltpiBi] mit einer ä5tXcpf| verwechselt 
hatte. AdoptiTtochter des Tyrannen nennt sie auch Hihfoübitioh, das Etym. 
M., Sunt. ('Kpjiiail, der aber unmittelbar tuvor du Oegentheil gesagt bat, 
Phot. Lex. 
1) So Abihtokl. a. a, O., welcher unter Bernfang auf den Brief an Anti- 
pater sagt: teÜvsGtoc f*F '£p[uiou 8ii t4|V irpbt inilvov [üvoiav tfif-Ev aürijv, äXXuf 
|iiv OQ.fpava xoi äveiM)« oüwt, knrfevim pivroi 8t& litt mtaiapoiiuii; au^füfat 
luv äSsXf'ov xütfjf. Nach Stuiro a. a. O. hfitte ihm Hennias selbst noch seine 
Nichte eut Frau gegeben, nag aber nach diesem authentischen Zengniss un- 
möglich richtig sein kann; nach Abjbtoel. a. a. 0. 4 f. 8 wurde ihm, wie es 
schönt schon bei seinen Lebzeiten, der Vorwarf gemacht, dass er, um sie 
ed erhalten, ihrem Brader unwürdig geschmeichelt habe, and der Pythsgo- 
riker Lyko wollte gar wissen, er habe der PyCbias nach ihrem Tod als De- 
meter geopfert. IUvti Se, sagt Artbtobi.es hierüber, lnjpn«l«i« uupla ™ 
u-ö AtSxuvof tipijpiva, doch ist es der Flüchtigkeit des Diooenrs (V, 4) ge- 
langen, seinen Vorgänger noch eu überbieten, indem er den Philosophen 
seiner Frau gleich als er sie bekam opfern lägst. Loci*« Eun. o. weiss anch 
von einem Hermias dargebrachten Opfer, und auf die gleiche Behauptung 
weist Athes. XV, 607, a. 
2) Nach Dioo. 6 liess er Hermias eine Bildsäule in Delphi errichten, deren 
Iaechrift Diog. mittheilt. (Ebd. 11 nnd bei Aeistokl. a, n, O. Plut. de exil. 
c 10, 8. Ö03 die unwürdigen SpottTerse des Theokrit von Chios auf dieses 
Denkmsi.) Demselben widmete er das schöne vonDioa. 7. Athen. XV, 695, a 
aufbewahrte Gedicht Ueber Pythiag bestimmt er in seinem Testament (Dioo. 
16), dass ihre Gebeine, wie, sie selbst verordnet habe, neben den seinigen 
beigesellt werden. Da der Ort, wo sie bis dahin bestattet waren, nicht ge- 
nannt wird, eo mächte man Termnthen, sie sei in der Nahe begraben gewesen, 
also erst in Athen, nnd somit nach OL 111, 2 gestorben. Keinenfalls kann 
ÜSM »ber^kjpge Torbej^esohehsn sein, da die bei Aristoteles' Tod noch nicht 
Pfaues. 4 th. ntjjk. fcjttu, . 2 
~ , Google 
19 Aristoteles. 
I. J. 343 oder tack erst 3*8 v. Chr. (Ol. 109, 2) folgte 
Aristoteles einem Ruf an den macedonischen Hof *) , um die Erzie- 
hung des jungen, damals dreizehnjährigen "), Alexander »u leiten, 
welche bis dahin nicht in den passendsten Händen gewesen war *)■ 
Dieser Ruf traf ihn wahrscheinlich noch in Mrtylene 6 ). Ueber die 
mannbare Pythiaa (s. o. 4, 5) ihre Tochter war (Axibtokl. a. a. 0. Anon. 
Manag. Sdid., welche letsteren aber die Pytfaiaa fälschlich vor ihrem Vater 
starben lassen). Nach dem Tode der Pythiaa heirathete ftpj|J£ Austoil.) Ari- 
stoteles Herpyllis au* SUgire (dieM bei Ajustokl, vgl. Dioo. 14), welche ihm 
•Ina« Bahn, Nikoniachus, gebar; tollte er sie aber auch nicht förmlich ge- 
heirataet haben (Tmici bei Schol. in Hei. *E. x. 'H. T. 875 und Diog. V, 1, 
wo llüLUi Fragm. Biet. gr. I, 211 Beinen Namen an die' Stelle dea Timotheus 
»etat, den die Ausgaben haben; Athen. XIII, 589, c, angeblioh nach Hebmip- 
rui, der aber dooh vielleicht den Beiaata: i% h«(po( nach 'EpRoUISoj nicht 
gehabt hat; Sdid. und Anon. Menag. mit der sinnlosen weiteren Angahe, dasa 
ar sie nach der Pythias von Hermias erhalten habe), eo mn.es er sie doeh als 
■eine Frau behandelt haben; Bein Testament wenigstens erwähnt ihrer ganz 
ehrenvoll, sorgt aureichend für ihre Bedürfnisse , lind bittet seine Freunde: 
dnifiriUiuflii, ... jinjirf^VTix; IpttS, m4 'EpxuMIeef , ott «xouius rctp'i ipilftma, 
voiv Tt äÄXtiv nA liv ßoiil7)TUt övEpcE Äa|ipav([v , tivat |ii] ÖVo(C({> fjjawv SaSiJ (Dioe. 
18). Uaher Aristoteles' Tochter wiesen wir aas Seht. Math. I, 258. Anon. 
Manag. Suis, 'Apifft., dass sie nach Nikanor noch swei Minner hatte, den 
Bpactaner Prokies nnd den Arst Hetrodor; von jenem hatte sie zwei Söhne, 
welche Schüler Theophraat's wurden, vou diesem Einen, Aristoteles, weloher 
hei Theophrast'a Tod, wie es scheint, noch unerwachsen in seinem Testament 
•einen Freunden empfohlen wird. rlikomachns, von Theophrast eraogen, soll 
als Jüngling im Krieg umgekommen sein (Aristokl. a, a. 0. Dioo. V, 89, 62, 
Btjid. öed<pp.). 
1) Diese Zeitbestimmung giebt Apollodok b. Dioo. 10. Diomys. a, a. O. 
Dar geboliaet (ScboL in Arist. 28, b, 47), weloher nnsem Philosophen schon 
■nr Zeit von Plato's Tod bei Alexander verweilen lftast, bedarf keiner Wider- 
ragnag. 
3) Znm Folgenden vgL m. Qxina Alexander n. Aristoteles (Halle 1866), 
der aber seinen Gegenstand freilich, trotz aller Ausführlichkeit, doch nnr un- 
genügend behandelt hat. 
8) Dioo. sagt: lojBhrig, was aber ein Verseben des Abschreibers oder 
des Sammler* sem mnss, denn Apollodor Usst sich däeser Verstoss nicht an- 
tsaaen; vgl. Staub 86 f. 
4) Pttur. Adnx. c 5. Qcist«l. I, 1, 9, 
Ö) Stake S. 84. 106-, A. » ist iwar der Annahme nicht abgeneigt, A. sei 
va« Uitylen* sanlohst wieder nach Athen ■nrOekgakshrt, allem von nnaera 
g keines etwas davon, vielmehr giebt Oitmss. a, a. O. 
ir sei- von Mityleno ans an Philipe/ gegangen, nnd dass Arist. 
a ei>a& »riefflragmeM (U Dam»*. * etoewt. 39i IM) sagt: ir« fc |U* VfcBavö». 
.■ ;: i ^Google 
Haoeftoniiuher Aufenthalt 19 
näheren Veranlassungen, welche Philipp's Aufmerksamkeit «f Ari- 
stoteles lenkten, ist nichts Sicheres fiberliefert *> Was aber mehr 
zu bedauern ist: wir sind über die Beschaffenheit des Unterrichts, 
welchen der Philosoph dem jungen und hochstrebenden Königssohn 
ertheilte, und über die erziehende Einwirkung:, welche er auf ihn 
ausüble, fast ganz ohne Nachrichten 0; dass aber diese Einwir- 
tf( ZtiveipB: ^Iflov 8ia v>v ßeoiWa xhv \l^xv, U 81 £Ta T £(ptuv tk 'AOifvat Sii tov /«- 
[ümc-röv \U-fav , beweist nichts, da es sich in diesen halb scherzhaften Wor- 
ten nicht um Genauigkeit der geschichtlichen Aufzahlung, sondern nnr um 
Genauigkeit der rednerischen Antithese handelte: Athen «Je Anfanguunkt dar 
emten nnd Endpunkt der zweiten, Btagir* als Endpunkt der ersten und An- 
fangspunkt der zweiten Reise werden sich entgegeugoeotzt, die Zwiscbensta- 
tionen, wie wichtig sie an sich sind, übergangen. 
1) Nach einer bekannten Erzählung hätte er schon bei der Gehurt Aleian- 
der'i gegen Aristoteles die Hoffnung ausgesprochen , data er Ihn tntn grossem 
Manu erstehen werde; m. s. seinen angeblichen Brief bei Gfi.l. IX, ,1. Allein 
dieser Brief ist gewiss nicht fleht; denn wie lHast sieh annehmen, daaa der 
König an den damals erst 2Tjkbrigen jungen Mann, der noch keine Gelegenheit, 
sieh buk anzeichnen, gehabt hatte, in diesem Tone der Äussersten Bawnitdprnng 
geaehrieben, oder dasa er andererseits, wenn er ihn wirklich von Anfang an »um 
Eraiehor seine» Sohne bestimmt hatte, ihn nicht schon vor Ol. 109, 2 nach Ma- 
cedonien gezogen hlttte? Dagegen mag Aristoteles in der Folge, nachdem er 
sieh als einen der ausgezeichnetsten Platoniker bewfthrt hatte, die Augen d#e 
FSraten auf sich gezogen haben, der ein lebhaftes Interesse für Wissenschaft and 
Knnst hatte, und gewiss von allem, was in Athen von sich reden machte, wohl 
unterrichtet war; auf Cicaao's Zeugnis« hiefür freilich (oben 8. 14, 3) rauchte 
ich kein zu grosses Gewicht legen. Endlich ist es sehr möglich , daas Allst 
noch von seinem Vater her Verbindungen am makedonischen Hof hatte, un i 
dasa er selbst (wieSTinnS. 33 vermuthot) in jüngeren Jahren mit dem lmgefHh* 
gleich alten Philipp, dem jüngsten Sohn des Amyntas, bekannt gewesen- war. 
9) Es gab zwar eine eigens Schrift {welche indessen vielleicht nurTheü ei- 
nes grösseren Werks war) ober die Erziehung Alezanders von dem macedoni- 
sohea Gesobichtsoh reiber Msrsjaa (Sdid. Map. wozu Müllkh Script. Alex. H. 
S, 40 f. Geier AIos. Hist, Script. 320 ff. z. vgl.), und ebenso hatte Ouesikritu* 
in einem Abschnitt seiner Denkwürdigkeiten davon gehaadelt (Dmo. VI, 8*. 
Gbie» a. a. O. 77 ff.), nichtsdestoweniger sind die UeberHeferangea über die- 
sen Gegenstand äusserst sp5rlicb r und daaa nie auf zu verlies igen Quellen 
beruhen, steht keineswegs sicher. Plutabgh (Alex. a. 7 f.) rüäinrfc Aloamo- 
ders Wißbegierde, seine Freude an Büchern und belehrenden 1 Geapdasbenv 
seine Vorliebe für die Dichter nnd Geschichte chreifcer asiaes Volk»; er 
satat voraus, dam er von Aristoteles ment klon- in die Bthük und PeKofe, son» 
den aneh in die tiefesen Oeheimniaae seines frpÄeiw etogeftlu» worden 
■et; «beruft sieh hiefür auf die bekanntes, vollständiger von fitanmms, 
XX, & (aus AanaoaUDa) und Suark. Phjfi 1, b, an. mitgetleatasv Bifef- 
2* 
Google 
20 Aristoteles. 
kung eine sehr bedeutende and vortheilhifte war, müssten vir an- 
nehmen, wenn auch die Zeugnisse aber die Verehrung des grossen 
Zöglings gegen seinen Lehrer und über die Liebe zur Wissenschaft, 
welche jener ihm einflösste 1 ), weniger bestimmt lauteten. Wenn 
Alexander nicht blos der unwiderstehliche Eroberer, sondern nach 
der umsichtige, über seine Jahre gereifte Regent gewesen ist, wenn 
er mit der Herrschaft der griechischen Waffen zugleich auch die 
oben, worin «ich Alexander beschwert, dags Aristoteles Beine akroamatischen 
Tortrlge veröffentlicht habe, und dieser ilim antwortet, wer nie nicht lolbat 
gehört habe, verstehe sie doch nicht; er bringt endlich Alexanders Liebha- 
berei für die Heilkunde, in der er sich bisweilen persönlich hei seinen Be- 
kannten versuchte, mit dem aristo tauschen Unterricht in Verbindung. Die»» 
sind aber doch nur mehr oder weniger wahrscheinliche Vermuthungeu, und 
gerade was darin am Urkundlichsten aussieht, die xwei Briefe, das ist in 
Wahrheit das Unzuverlässigste. Denn diese Briefe drehen sioh gsnz am jene 
Vorstellung über die akroaraatUchen Vortrage und Schriften , deren Grundlo- 
sigkeit später erwiesen werden wird, als ob dieselben ein wenigen Einge- 
weihte» vorbehaltenes Geheimnis* gewesen wären. Eine zuverlässige Nach- 
richt über den Umfang nnd die Hichtnng des aristotelischen Unterrichts laset 
sieb diesen Zeugnissen nicht entnehmen. Dagegen hören wir von iwei Schrif- 
ten, it. BaaiÄeca;, und Srcip 'Aicolxwv, welche Avist. an seinen Zögling gerichtet 
habe (Amkok. Sehol. in Arist. 35, b, 45. v. Arist, S. 48. Ann», lat. 8.56); 
die erste derselben scheint Cicbeo ad Att. XII, 40, 3, vgl. XIII, 28, 2, im 
Ange in haben. Nach Plut. Alex. 8 revidirte Arist für Alexander den Text 
der Ilias. Zugleich mit Alexander scheint Mavsyas, welchen Suid. a. a- O. als 
seinen eilvtpof o; bezeichnet, den Unterricht des Philosophen benützt m haben; 
weiter nennt Josti» Xu, 6 (vgl. Plut. Alex. 55. Dioo, V. 4, Aasiaa. IV, 10) 
Ksllisthenes seinen amdüripulut, welcher aber um ein Merkliches alter gewesen 
sein muas (Gbikb Alex. Hist. Script 192 ff.); anch Kassander (Plut. Alex. 74) 
war vielleicht schon damals, vielleicht aber anch erst spater, Schüler dea 
Aristoteles. Durch denselben war endlich Alexander (Plot. Alex. IT) mit 
Theodektes, nnd ohne Zweifel anch mit Tbeophraet bekannt geworden, hin- 
sichtlich dessen freilich weder auf Dioo. V, 89, nooh auf Aeluh V. H. IV, 19 
an banen ist, der aber auch nach Dioo. V, 52 mit Arist. in Stagira gewesen 
an sein scheint. — Die fabelhaften Angaben des falschen Kallisthenea Aber 
Alexander's Jngend können wir übergehen. 
1) Pldt, Alex, c 8; 'ApirrotArj 81 6cfj|iä^uv ev öp/^ xot frfaitölv ofy Juw, 
ö>f büto; fXt-^j TftB «a"p«f, "S Gl* exeiyov |iiv X'oi, Siä tdutov Bt xaXüf £üv, Odtspov 
Ss fotoicrortpon to/fv (hierüber später), ob% ßori jcotija«! ti xixbv, ecü' «! <piXc- 
fpocfru to df oSpbv Ixßto *a\ onpierutov aix e/ouoai npi>( ai-cov £Ua^priTi]To; iyi- 
vovro tsxpjjpiov. & pivTOi jipöf ^liomxpiay J r Litt<pim&; xat ouvtl6pKU(jirot &jc' äp^Sfc 
•frrif rjgjXef xeft )CdOo( oOt %e$iT\ "rijs tyufr^, wie sein Verhalten gegen Anaxarch, 
Xenokratea nnd die Indier Dandamis nnd Ealanas beweise. Thesusi. or, 
VIU, 106, D kann man nicht als Gegenbeweis anführen. 
i „Google 
Macedonisoher Aufenthalt. 21 
des griechischen Geistes zu begründen bemüht war, wenn er den 
grösslen Versuchungen zur Selbstüberhebung, denen ein Mensch 
ausgesetzt sein kann, Jahre lang widerstanden hat, wenn er trotz 
aller späteren Verirrongen doch immer noch durch Edelmnth, Sit- 
tenreinheit, Menschenfreundlichkeit und Bildung über alle anderen 
Weltnezwinger hervorragt, so wird diess die Menschheit nicht zum 
kleinsten Theil dem Erzieher zu danken haben, welcher seinen em- 
pfänglichen Geist durch die Wissenschaft bildete und den ihm an- 
geborenen Sinn für alles Grosse und Schöne durch Grundsatze be- 
festigte 1 ])- Aristoteles seinerseits soll von dem Einfluss, welchen 
ihm seine Stellung gewährte, den wohlthäligsten Gebrauch gemacht 
haben, indem er sich für Einzelne und ganze Städte bei dem König 
verwendete 3 ); unter den letzteren hatten sich, wie erzahlt wird, 
namentlich Stagira, dessen Wiederaufbau er bei Philipp durch- 
setzte 3 ), Eresus *') und Athen 6 ), theils damals, theils später, seiner 
Fürsprache zu erfreuen. 
1) Dm« er in praktischen Fragen, auch in ao wichtigen, wia die von 
Pi,ut. virt. Alex. I, 6, S. 329 (wozu Starb 8. 99, 2 z. vgl.) erwähnte, von den 
Auxiohteji des Aristoteles abwich, steht dem nicht im Wege. 
2) Ahm™. 8. 46. Amin. lat. 8. 66. All V. H. XII, 54. 
3) So Flut. Alex. c. V, vgl. adv. Col. 33, 8. 8. 1126, wogegen Dioo. 4. 
Amhoh. 8.47. Pi;!s. h. nat. VII, 29, 109. Ah.h» V. H. in, IT. XII, 54. Valer. 
Max. V, 6, ext 5 die Wiederherstellung (Letzterer freilieh auch die Zerstö- 
rung) Stagira's Alexander; anschreiben. Plutarch zeigt eich aber hier nicht blos 
überhaupt genauer unterrichtet, sondern seine Angabe wird auch, wie sogleich 
gezeigt werden soll, durch die eigenen Aeussernngen dea Aristoteles und Theo- 
phraat bestätigt. Mach Pi.iit. adv. Col. 32, 9. Dioo. 4 hatte A. der neogegrfln- 
deten Stadt auch Gesetze gegeben, was ganz glaublich ist. 
4} Nach Amkoh, 8. 47 schützte er diese Stadt vor dem Zorn Alexander'«, 
welcher sie der lateinischen Bearbeitung zufolge sogar hatte zerstören wollen. 
Dieae Zeugnisse sind freilich ungenügend. 
5) Dass er wahrend seines maoedonisohen Aufenthalts auch den Athenern 
Dienste geleistet habe, sagt zwar nur die lateinische Lebensbeschreibung 
a. a- 0., mit Berufung auf seipe traetahts ad Fhiiippum , und mit dem verdach- 
tigen Beisatz, es sei ihm dafür eine Bildsäule auf der Akropolis errichtet wor- 
den. Scheint aber schon das, was von den Iraetatm ad Fhiiippum gesagt wird, 
nicht ganz aas der Luft gegriffen, wenn auch vielleicht ein MisBverstKndnisi 
darin steckt, so dient der Vorliegenden Angabe in der Hauptsache auoh die 
Aussage des Dioo. 2 zur Bestätigung: frfl\ Si xcti "Epuiroio; iv toij ßtotf , Sn 
KpußciJovro; aiVtou Rpii; <MXrrcicov üitlp 'Afajvcc&av <ryoÄäp;rr,; ifiii-.<j lij; ti 'Axa- 
S»|LUif axoJ-^t StvoxpKTijf- &9aYra Si) aÜTov xal 8i«oa[uvov &k' öXlui tJjv ujfoXJjv 
lUrtoi wp6ff*TO» tov h Aw&im. Staub 8. 66 f. 71 f. will diese Gesandtschaft in 
22 Aristoteles. 
Als Alexander, erst secbszehnjahrig, von seinem Vafer mm 
Reichs verw«ser bestellt wurde , mnsste der aristotelische Unter- 
richt natürlich aufboren, und auch in der Folge kann er nicht wie- 
der in regelmässiger Weise aufgenommen worden sein, da der 
frühreife Zögling in den nächsten Jahren an den entscheidenden 
Kriegen seines Vaters den lebhaftesten Antheil nahm; was aber 
doch eine Fortsetzung des wissenschaftlichen Verkehrs in den ruhi- 
geren Zwischenräumen nicht ausschliesst *). Aristoteles scheint 
sich jetzt in seine Vaterstadt zurückgezogen zu haben 9 >; Pella 
die Zeüf von Aristoteles' erstem Aufenthalt zu Athen setzen, indem er annimmt, 
Diogenes, welcher im Folgenden sein über Isokratcs gesprochenes Wort (». o. 
14, 3) auf Xenokrates überträgt, habe auch schon hier die Zeit, in welcher et 
gegen laokratea auftrat, mit der späteren, wo er neben Xenokrates im Lyceum 
lehrte, verwechselt. Dieas ist aber nicht wahrscheinlich. Denn 1) fuhrt Diog. 
jene spätere Angabe (b. S) nicht, wie dieonsrige, auf Hermippns zurflok, viel- 
mehr deutet er durch den Uebergang zur direkten Rede selbst an, dass er nicht 
mehr aus diesem, oder wenigstens nicht mehr aus der gleichen Stulle desselben 
berichte; 3) ist es gani unmöglich, in dem ans Hermippns Angeführten an die 
Stelle des Xenokrates Isokrates zu setzen , Diogenes müsste also die ganze 
Angabe erfunden haben; 3) endlich siebt man nicht ein, was die Athener schon 
vor Plato's Tod veranlasst haben konnte, einen Ausländer, der keine politische 
Stellung hatte, wie Aristoteles, sie Gesandten an Philipp zu schicken, welcher 
sich damals noch weit mehr nm sie bemühte , als dass sie eines Fürsprechern 
bei ihm bedurft hatten. Ich glaube daher, dass sich die Nachricht auf einen 
späteren Torgang, am Wahrscheinlichsten ans den zwei Jahren z wischen der 
Schlacht bei Chlronea und Philipp's Ermordung, bezieht Damals mochte Ari- 
stoteles, der jetzt am macedonischen Hof Einfluas hatte, Athen duroh seine Ver- 
wendung einen Dienst leisten, vielleicht zu diesem Zweck von Stagire (s. n. 
23, 1) nach Pella reisen, und diess mochte Hermippns mit dem Ausdruck jtpea- 
pButw bezeichnet, oder es mochte vielleicht auch Diogenes einen anderen Aus- 
druck von einer Gesandtschaft gedeutet haben, — Der Ein&uss des Aristoteles 
hatte vielleicht überhaupt einigen Antheil an der Schonung und Gunst, mit der 
Alexander Athen behandelte (Pi.ot. Alex. c. 13. 16. 38. 60). 
1) OL HO, 1,840 v.Chr., als Philipp gegen Byzanz zog. DiodobXVI.,77. 
PlCT. Alex. 9. 
1) Aristoteles konnte daher in jener Zeit Alexander'» Lehrer genannt 
werden oder nicht, wie nun wollte, nnd vielleicht haben wir es ans theilweise 
daraus zu erltlSren, dass die Daner dieser Lehrzeit so verschieden angegeben 
wird! von Diosrs auf acht Jahre (die Qesammthett sein es Aufenthalts in Haee- 
Aoniczt), von Justin XII, 7 auf fflnf, was aber für den eigentlichen Unter- 
, rieht freilich immer noch zu viel ist. 
3) Dass er die letzte Zeit vor seiner Rückkehr nach Athen in Btagira zu- 
brachte, erhellt ans der ß. 1 8, 5 angeführten AensseraDg. Damit bAog t es wob 
sy Google 
ßüokkehr nach Athen. JJJ 
hatte er schon früher mit seinem Zögling verlassen *). Auch nach 
Alexanders Thronbesteigung nwss er noch einige Zeit hier geblie- 
ben sein. Mit dem Beginn des grossen Perserxugs dagegen fielen 
für ihn die Gründe weg, welche ihn bis dabin in Macedonien fesU 
gehalten hatten, und es binderte ihn nichts mehr, an den Ort zu- 
rückzukehren, welcher ihm persönlich am Meisten zusagte *), «od 
seiner Wirksamkeit als Lehrer das ergiebigste Feld darbot *), 
Dreizehn Jahre nach Plato's Tode, Ol. 111, 2, C335/4 v. Chr.) 
traf Aristoteles wieder in Athen ein *)• Die Zeit, welche ihm hier 
], das! leine zweite Frau aus Stagira gebürtig war (s. o. 17, 1), und 
dass Theophraet hier ein Gut besass (Dioo. V, 52). 
1) Nneh Flut. Alex. c. 7 war ihm und Alexander das Nymphlium bei 
Mio*» «um Aufenthalt angewiesen. Stabs 104 f. glaubt dieses in die anmittel- 
bare NShe Btagirn'ü verlegen iu dürfen; Gkike, Alex, and Arist. SB neigt je- 
doch, dass Miese südwestlich von l'ella in der Lendschaft Emathin lag. Insu 
fem könnte sieh der Vorwarf Theokrit'e (b.Dioa. 11. Ena. pr. er. XV, 2,8), 
da» er atatt der Akademie Bopßipou Iv ^pofaan gewohnt habe, nicht blos auf 
Fell«, sondern auch auf Mieza beziehet). 
2} In dem mehrerwStmten Bruchstück (s. o. IS, 6) nennt er den rauhfcn 
thiaoiaohen Winter als das, was ihn ans Stagira vertrieben habe; der Haupt 
gnmd wird diese aber nicht gewesen sein. 
3) Amol. 8. 47 liest Aristoteles nach Speusipp's Tod daroh die Athener 
(als ob diese über die Nachfolge in der Akademie an verfügen gehabt bitten) 
nach Athen beruf™ , wo er gemeinschaftlich mit Xenokr&tes die Leitung der 
platonischen Schule übernimmt (vgl. oben fi. 10,4). Diese Lebensbeschrei- 
bung giebt aber hier überhaupt, in ihren beiden Bearbeitungen, ein Qetrine 
von Fabeln. Nach der griechischen lehrt A. in Folge jenes Rufs im Lfoetun, 
mos» aber späterhin nach Chalois flächten, gebt von hier wieder nach Maoe- 
donien, begleitet Alexander auf seinen Zügen bis nach Indien, sammelt bei 
dieser Gelegenheit seine 250 Politioen, nnd kehrt nach Alexanders Tod in 
seine Vaterstadt zurück, wo er, dreinndswanrig Jahre naoh Flato, stirbt. Der 
Lateiner (S. 56 f. 59) liest ihn gleichfalls Alexander nach Persien begleite», 
dort die 250 Politieen sammeln, nnd nach beendigtem Krieg in seine Htamash 
■nrttckkebren, aber dann erst den Lehrstuhl im Isroeom einnehmen, nach 
Chalois flachten nnd hier, 28 Jahre nach Pinto, sterben. Es ist verlorene Mühe, 
in dieser Spreu nach einem Korn geschichtlicher Wahrheit sa suchen. 
4) ÄFOLnoDoa b. Dios. 10. DioNis. a. a. O. Beide nennen übereinstim- 
mend OL 111, 2, ob aber Aristoteles in der ersten, oder in der «weiten Hälfte 
dietet Jahres, d. h. im Herbst d. J. 335 oder im Frühjahr 334 naoh Athen kam, 
wird nicht angegeben. Für die letxtere Annahme spricht der Umstand, dais 
erst im Sommer 335, naoh der Zerstörung Thebens, die feindselige Haltung 
Athen's gegen Alexander aufgehört hatte and der maoedonieahe Einflnes in ' 
dieser Stadt wieder befestigt war, und dasa Alexander erst im Frühjahr 334 
* 
24 Aristoteles. 
noch zu wirken vergönnt war, betragt nur etwa zwölf Jahre *), 
aber was er in diesem kurzen Zeitraum geleistet hat, grenzt an's 
Unglaubliche. Dürfen wir auch annehmen, dass er die Vorarbeiten 
für sein philosophisches System grossentheüs schon vorher gemacht 
hatte, waren auch vielleicht die naturwissenschaftlichen Untersu- 
chungen und die geschichtlichen Sammlungen, welche ihm den Stoff 
für seine philosophische Forschung darboten, bei seiner Rückkehr 
nach Athen schon zu einem gewissen Abschluss gekommen, so 
scheint doch die Mehrzahl seiner eigentlichen Lehrschriften erst der 
letzten Periode seines Lebens anzugehören s ). Hit diesen umfas- 
senden und anstrengenden schriftstellerischen Arbeiten geht aber 
gleichzeitig jene Lehrtätigkeit Hand in Hand, durch welche er 
seinem grossen Lehrer jetzt erst als Stifter einer eigenen Schule 
ebenbürtig gegenübertrat. Als Versammlungsort für seine Zuhörer 
wählte er die Räume des Lyceums *)■ In den Baumgangen dieses 
Gymnasiums auf- und abwandelnd pflegte er sich mit seinen Schä- 
lern zu unterhalten*), und von dieser Gewohnheit erhielt die ganze 
Schule den Namen der peripatetischen*); für eine zahlreichere Zu- 
nach Asien aufbrach. Für die entgegengesetzte Ansicht kann man das Zeug- 
niss des Dionts (e. folg. Anm.) anführen, von dem es »her freilich wahrschein- 
licher ist, dass es nicht auf einer genanen Ueberliefernng, sondern auf eigener 
Berechnung aus den Jahresbestimmungen Apollodor's (Ol. 111, 2 für die An- 
kunft in Athen, OL 114, 3 für den Tod, etwas früher, also Ol. 114, 2 Flacht 
nach Chalcis) beruht. 
1) DioNTs. a. a. 0. : loyilaiet b AuxEUt> ypouov ttüu ätMexa ' t$ 8i Tpnpiou- 
Stx&Tq), [utb -rijv 'AXt££v6pou TbUuTJjv, e»\ Ki)<piaoS(6pou äfjotvn, äicäpn^ *!; XsX- 
xifia viaii. wImtö. Da Alexander 333 im Juni, Aristoteles (s. u.) 322 im' Herbat 
starb, so ist diese Rechnung genau richtig, wann Letzterer im Herbst 335 nach 
Athen kam, nnd es im Herbst 323 wieder verlies». Das Gleiche wäre freilich 
auch dann der Fall, wenn Ariat. erst im Frühling 334, nach Athen nnd im Som- 
mer 322 nach Chalcis gieng. Doch ist das Letztere (s. u.) nicht wahrscheinlich. 
2) Das Nähere hierüber im nächsten Kapitel. 
3) Man vgl. über dieses in einer Vorstadt gelegene, mit einem Tempel des 
Apollo Lykeios verbundene Gymnasium Boro, nnd Hjupokhvtioh u. d. W. 
Schot- in Aristoph. pac V. 362. 
4) Hebhiff. b. Dioo. 2 n. A. , s. folg. Anm. 
5) Eewifp. a. a. O. Cio. Aoad. 1,4, 17. Gbll. N. A. XX, 5, 5. Dioo. 1,17. 
Silii. h. pbil. c 3. Philof. in qu. voc. Schal, in Ar. 11, b, 23 (Tgl. in C&teg. 
Schol. 35, «, 41 ff. Ammok. in qu. voe. Porph. 25, b, u. Divin in Cat. 28, b, 
42 ff., und daiu oben 8. 14, 3). David Schol. in Ar. 20, b, 16. Siwft,. in Categ. 
1, e. Das* diese Ableitung richtig ist, and der Nun« nicht (wie Sum. 'Aptorox. 
Schale und Lehrtätigkeit. 25 
hürerschaft musste er aber natürlich eine andere Form des Unter- 
richts wühlen >)■ Ebenso inusste, wie diess schon bei Plato mehr 
oder weniger der Fall gewesen war, die sokratische Weise der 
Gesprächfuhrung dem fortlaufenden Vortrag weichen, sobald es 
sich um eine grössere Schülerzahl , oder am solche Darstellungen 
handelte, in denen nach Stoff und Gedanken wesentlich Neues mit- 
zutheilen, oder eine Untersuchung mit wissenschaftlicher Strenge 
in's Einzelne auszuführen war; wogegen er da, wo kein solches 
Bodenken im Weg stand, das wissenschaftliche Gespräch mit seinen 
Freunden ohne Zweifel gleichfalls nicht ausschloss *)• Neben dem 
philosophischen Unterricht scheint er auch seine frühere Redner- 
schule wieder aufgenommen zu haben 9 ), mit welcher auch Rede- 
Zartpir. Hesyoh. Tit. init. wollen, und icb gelbst früher annahm) von dem Ver- 
sammlungsort der Schale (dem jCEpücarot des Lveeunia) herstammt, wird theib 
durch seine Form, welche sich nur von japiza.xßw herlsiteu lBsst, theils durch 
den Umstand wahrscheinlich, dass der Aaudmck nepiisaxat in der alteren Zeit 
nicht auf die aristotelische Schule beschränkt ist (s. o. 6, 3). In der Folge 
erhalt er aber allerdings diese Beschränkung, und man sagt oi h (oder änb) 
tdü Kipacinou ähnlich wie o! äitb rifc 'Axa8ii[i(a;, Tij( noÖf , x. B. Seit. Pyrrh. 
III, 181. Math, VII, 331. 369. XI, 45 u. o. 
1} Gell. a. a, O. sagt zwar, Arist. habe zweierlei Unterricht ertheilt, eso- 
terischen und akratischen; jener habe sich anf die Rhetorik, dieser auf die 
pläimophia rsmoiior (die Metaphysik) die Physik um! die Dialektik bezogen. 
Dem »kroatischen Unterricht, der nnr für die Bewahrten und gehörig Vorbe- 
reiteten bestimmt war, habe er die Morgenstunden, dein esoterischen , zu dem 
Jedermann Zutritt hatte, die Abendstunden gewidmet; jener sei daher der iu- 
Srvbt, dieser der ätilivb; itEpijraTOC genannt norden: utraque enim tempore ambu- 
lant diiterebat. Allein vor einer grosseren Zuhörerschaft kann man nicht im 
Gehen sprechen. Dioo. 3 hat daher ohne Zweifel das Gichtigere: exEiäi; & 
xliiout i-ftvera Jjäij «a't exöGioev. Die Gewohnheit des Auf- and Abgehens kann 
er desshalb doch betbehalten haben, sobald die Zahl der Anwesenden diess 
erlaubte. 
2) Es liegt diese theils in der Natur der Sache, zumal da Arist. gereifte 
und wissenschaftlich bedeutende Männer, wie Theophrast, unter seinen Zuhö- 
rern hatte, theils wird es durch die dialogische Form wahrscheinlich, deren er 
lieh wenigstens in jüngeren Jahren auch für Schriften bedient hatte, theils 
scheint es aus der Sitte des peripate tischen Unterrichts hervorzugehen, welche 
an und für sich auf Wechselnden hinweist; vgl, Dias. IV, 19 (ober Polemo): 
äUa. (ii|V oiSi xaSlfuv IXgve !tpo( Tic Htatu, vae\ lcspiftgrcuv 31 tKqtifpEi. lipo; 8e'- 
sa U|uv bezeichnet den fortlaufenden Vortrag Über ein bestimmtes Thema, 
tarr tipilv die Disputation. Vgl. 8. 26, 1. 
3) Dioo. 3 freilich ist iiiefür ein schlechter Zeuge, da das, was er hier an- 
26 Aristotoles. 
öbangen verbunden waren 0; nnd hierauf beliebt sieb die Angabe, 
dass er sich des Morgens nur einem engeren und gewählteren 
Kreise, Nachmittags Allen ohne Ausnahme gewidmet habe*), an 
populärwissenschaftliche Vortrage für grössere Versammlungen ist 
dabei nicht zu denken. Auch die aristotelische Schule werden wir 
uns aber zugleich als einen Verein von Freunden in vielseitiger Le- 
bensgemeinschaft zu denken haben. Gerade für die Freundschaft 
bat ja ihr Stifter, im platonischen Kreise grossgenährt, in Wort und 
That einen so warmen und schönen Sinn bewährt; und so hören 
wir denn auch, dass er sich mit seinen Schülern, nach akademi- 
schem Muster, bei gemeinsamen Mahlen zu versammeln pflegte, 
und dass er eine bestimmte Ordnung für diese Mahle, wie für das 
ganze Zusammensein, eingeführt hatte *)- 
Die wissenschaftlichen Hülfsmittel, deren Aristoteles für seine 
weitschichtigen Arbeiten bedurfte, soll ihm die Gunst der beiden 
macedonischen Könige, nnd namentlich Alexanders königliche Frei- 
gebigkeit verschafft haben *); und so übertrieben die Angaben der 
scheinend von Aristoteles' späterer Zeit sagt, einer Quelle entnommen in «ein 
scheint, in der ob sieb auf don früher, im Kampf mit Isokrates, ertheilten Unter- 
richt bezog (s. o. 14, 3). Allein die aristotelische Rhetorik, von der eeinet Zeit 
gezeigt werden wird, dass sie wahrend der zweiten Anwesenheit au Athen ver- 
ftMt ist, macht es doch sehr wahrscheinlich, dass anoh im mündlichen Unter- 
richt des Philosophen die Rhetorik nicht fehlte. Auch Geil. a. a. O. redet 
ausdrücklich vom Unterricht im Lyceunt. 
1) Dioo. 8: xat rcpb( 6t'oiv ouvrpSjAHiilJe Toli; |ia6i)Tci( kfia xn'i fijTOpixäij liir«- 
™üv. Cic orator 14, 46: anter einer Oe'oi; verstehe man eine allgemeine, auf 
keinen besondern Fall bezügliche Frage. (Weiteres Aber diesen Begriff bei 
Dems. Top. 21,79. epiat ad Att. IX, 4. Quam. III, 6, 6. X, fi, ll.ivgl. Fmi, 
Qnaest Prot. 130 f.) In hoc Aritiotflei adolßtemtu , tum ad phMoBophoru™. 
morem tenuitor dititrendi, ted ad copiam rhetorum in vtramgat parttm, ut or- 
natiiu et uberiux dici poinet, azereuit. Keiner Ton beiden sagt, ob er dabei die 
erste, oder die zweite Rednerschule des Arial im Auge habe, es wird aber von 
beiden gelten. Vgl, folg. Anm. 
2) Gull, a. f.. O. (s. o. 25, 1): JSwTsptxi dietbantw, quae ad rhntoricat 
meditationtt/andfatanque argutianim dvUmmqu» rerum notitiam condueebant . . . 
iäaa eero txiMrica* auditinnet txcrätiumqw: dicendi. 
3) Nach Ai'hls. I, 8 f. V, 186, b schrieb er (für die gemeinsamen Mahle) 
vijAOt ov[iÄ0Tt*«i (Weiteres über diese Schrift später), nnd nach Dioo. 4 (dar 
diese Notiz nur an einen ganz falschen Ort gestellt hat) führte er das Amt eines 
alle 10 Tage wechselnden Sehn Iva rat and et ein. Den vdjxoi aupRrcutQt scheinen 
die Worte b. Athen. 186, e anzugehören. Vgl. hiezu erste Abth. 643, X. 
4) Asuan V. H. IV, 19 lftsst achoii Philipp dem Philosophen die reich- 
WiisflDacbftftHche Hfllfsmittel. 27 
Allen hierüber auch zu sein scheinen, so wahrscheinlich es noch 
ilt, dsss Aristoteles schon von Htnse aus wohlhabend war *), so 
läest uns doch der Umfang' seiner Leistungen allerdings auf grössere 
Mittel schliessen, als sie ihm ohne jene Hilfsquelle wohl zu Gebot 
standen. Jene gründliche und vielseitige Kenntnis» der Schriftwerke 
seines Volke, welche uns in seinen eigenen Darstellungen entge- 
gentritt Oi war ohne Bucherbesitz kaum denkbar; und es wird auch 
ausdrücklich bezeugt, dass er der erste gewesen sei, welcher eine 
grössere Bibliothek anlegte ■)• Werke ferner , wie die Politieen 
und die Sammlung ausländischer Gesetze 4 ), konnten nur durch 
und wohl auch kostspielige Erkundigungen zu Stande 
Namentlich aber die Thiergeschichte und die verwand- 
ten naturwissenschaftlichen Schriften setzen Untersuchungen vor- 
liehiten Mittet (itXo&rov ivivSiij) für »eine Forschungen, und namentlich fflr die 
Thiergesabichte , gewahren; Athes. IX, 398, e redet von B00 Talenten, mit 
denen Alexander dieses Werk unterstützt habe; Plin. H. nat VIII, 16, 44 be- 
richtet, Alexander habe ihm alle Jäger, Fischer und Vogelfänger seines Reichs, 
alle Aufgeber königlicher Jagden, Fischteiche, Heerdcn u. s. *-., mehrere Un- 
land Menschen, für dasselbe zur Verfügung gestellt. Indessen bemerkt Ober 
die letalere Angabe Bkumi 8. 117 f., in Uebereinstimmang mit Humboldt 
(KoBmos II, 191. 427 £), dass sich in den naturwissenschaftlichen Schriften 
du Aristoteles keine Beweise für seine Bekanntschaft mit Dingen finden, 
welche erat durch Alexanders Zug zu seiner Kunde gelangen konnten; und 
wenn diese auch (z. B. hinsichtlich der Elephanten) einige Ausnahmen erleiden 
sollte, erscheint doch die Angabe dea Plinius nicht gerechtfertigt. 
1) Dieas neigt sich nicht blos in seinem Testament, welches für die frühere 
Zeit nicht anmittelbar beweisend ist, und es wird nicht blos durch den Vor- 
wurf deAUeppigkeit und Prunkliehe voraus gesetzt, welchen Gegner ihm ge- 
macht haben (s. u.); sondern alles, waa wir von seinem Lebensgang wissen, 
nacht den Eindruck eines unabhängig gestellten Mannes, der bei der Wahl 
seines Aufenthaltsorts, bei seiner Verheirathang, bei seinen schon in jüngeren 
Jahren gewiss sehr umfassenden und bedeutende Hfllfsmittel erfordernden Stu- 
dien durah keilte VeratSgenarüaksiobten gehemmt ist — denn die Fabeln des 
Eplkor und Tinnitus (s. o. S. 6, 2. 8) verdienen keine Beachtung. 
3) Ausser den noch vorhandenen gehören hieher namentlich such die nur 
noch in den Titeln und in dürftigen Bruchstücken erhaltenen znr Geschichte 
der Philosophie, der Rhetorik und der Poftsie. 
B) Str*ro XIII, 1,54. 8. 608: jcpütai« Jiv Tojiiv etworf orfiv ßtßXIs-xot 8iS4&« 
wü« «V Art»*™ QaitMat $i$kmltf*.i\i otfvra&v. Vgl. Athen, t, 8, m. Für Bpeu- 
sipp'a Werke soll er drei attische Talente (Über 4000 Thlr.) bezahlt haben; 
Gill. m, 17, 3. 
t) lieber beide tiefer unten. 
3V Google 
28 Aristoteles. 
aus, wie sie kein Einzelner fertig bringen konnte, wenn er nicht 
aber weitere Kräfte zu gebieten hatte, oder sie zu gewinnen im 
Stande war. Es ist daher eine höchst erfreuliche Fugung der Um- 
stände, dass dem Manne, welchen sein umfassender Geist und seine 
seltene Beobachtungsgabe zum einflussreichsten Begründer der Er- 
fahrungswissenschaft und der gelehrten Forschung gemacht hat, die 
äusseren Verhaltnisse günstig genug waren, um ihm die nötbige 
Ausrüstung für seinen grossen wissenschaftlichen Beruf nicht zu 
versagen. 
In den letzten Lebensjahren des Aristoteles trübte sich das 
schöne Yerhallniss, in welchem er bis dahin zu seinem grossen 
Zögling gestanden war '). Der Philosoph mag wohl an Manchem, 
was Alexander vom Glücke berauscht that, an mancher Maassregel, 
die jener zur Befestigung seiner Eroberungen nöthig fand, der sich 
aber die hellenische Sitte und das Selbstgefühl unabhängiger Män- 
ner nicht fugen konnte, an den Härten und Leidenschaftlichkeiten, 
zu weichen sich der jugendliche Weltherrscher, von Schmeich- 
lern umringt, durch den Widerstand Einzelner erbittert, durch ver- 
räterische Nachstellungen mißtrauisch gemacht, hinreissen liess, 
Anstoss genommen haben *); und an Zwischenträgern, welche dem 
Könige Wahres und Unwahres hinterbrachten, wird es bei der Ei- 
fersucht, mit der sich die Gelehrten nnd Philosophen in seiner Um- 
gebung gegenseitig zu verdrängen suchten 3 ), um so weniger ge- 
fehlt haben , da auch die Höflinge und Feldherrn ohne Zweifel die 
wissenschaftlichen Verbindungen und Liebhabereien des Fürsten in 
ihr Ränkespiel mit hereinzogen. Weiter scheint das nahe Verhält- 
niss, in dem Aristoteles mit Antipater stand *), den König bei der 
1) B. o. S. 20, 1. Als ein Zeichen dieses freundlichen Verhältnisses wird 
der Briefwechsel der Beiden angeführt. Die noch vorhandenen aristotelischen 
Briefe sind jedoch sicher unttoht (s. Stahh Arist. II, 167 ff., der sie wich, nebst 
weiteren literarischen fiachweisungen, mittheilt). Dasselbe gilt (s. O. 8. 19, 2) 
von den zwei Briefchen bei Gbllids. Dagegen kann das kleine Brachstück bei 
Aelüs V. H. XII, 54 acht sein; die Briefe des Arist. an Alezander fahrt auch 
Dbmetb., De eloont. 234 als Huster an, vier Briefe nennt Dioa. 37. 
9) Dass er mit Alexanders ganzer, auf Gleichstellung und Verschmelzung 
ron Griechen und Orientalen berechneter Politik nicht einverstanden war, sagt 
wenigstens Pi.utabch b. o. B. 21, 1. 
3) M. Tgl. z. B. Pier. Alex, c 52. 53. Auslas IV, 9—11. 
4) Dieses Verhältnis« erhellt ausser dem Umstand, dass Antipater'« Sobn 
Spateres Verhältnis» su Alexander. 89 
Spannung, «eiche allmfthlig zwischen ihm und seinem Feldherrn 
eintrat, auch gegen jenen verstimmt zu haben *). Was jedoch der 
früheren Anhänglichkeit des Königs an seinen Lehrer den schwer- 
sten Stoss versetzte, war das Verhalten des Kallisthenes *)■ Die Un- 
beugsamkeit, mit welcher sich dieser Philosoph der neueingefuhrten 
orientalischen Hofsitte widersetzte, der herbe und rücksichtslose Ton, 
in dem er dagegen eiferte, die Absichtlichkeit, mit der er seinen Frei- 
muth zur Schau trug und die Blicke aller Unzufriedenen im Heer 
auf sieb richtete, die Wichtigkeit, welche er sich als Geschicht- 
schreiber Alexanders beilegte, und die Selbstüberhebung, mit der 
er diess aussprach, hatten den König schon seit längerer Zeit mit 
Groll und Hisstrauen gegen ihn erfüllt. Um so leichter ward es den 
Feinden des Philosophen , ihn von der Hitschuld desselben an einer 
Verschwörung unter den Edelknaben zu überzeugen, welche Ale- 
xanders Leben in die höchste Gefahr brachte, und Kallisthenes ver- 
lor mit den Verschworenen, deren verbrecherischem Unternehmen er 
ohne Zweifel ganz fremd war s ), das Leben*)- Im ersten Augen- 
blick wandte sich der Verdacht des gereizten Herrschers selbst ge- 
gen Aristoteles % der seinen Verwandten Kallisthenes bei sich auf- 
Ksssander ein aristotelischer Schüler wer (Pi.ut. Alex. 74) , ans den Briefen 
de« Philosophen an Antipater ( Awhtokl. b. Ena. pr. ev. XV, 2, 9. Dioo. 27. 
Dxmxtb. de eloout. 226. AtLUI V. 11. XIV, 1). Auch die falsche Nachrede 
über seinen Antheil an Alexanders Tod (h. u.) setzt es vorlas. 
1) M. s. Pi.ut. a. «. 0. (freilich ein Vorfall aas Alexander'! letaler Zeit, 
nach der Hinrichtung dea Kallisthenes). Ueber Antipater vgl. ebd. 39. 49. 
Iuuh VII, 12. Cdbt. X, 31. Diodob XVII, 116. 
2) Das Nührre aber ihn geben Plut. Alex. 53 — 05 vgl. Sto. rep. 30, b. 
8. 1043. qn. eonv. I, 6. 8. 628. Aebiah IV, 10 — 14. Cübt. VITJ, 18 flf., vgl. 
anch Chabes b. Athkb. X, 434, d. Thbofhbast b. Gic Tuac. III, 10, 21, von 
Neueren Stihb, Allst I, 121 ff. Dboyshn, Gesch. Alex. S. 349 ff. Obotb, HL». 
ef Qreece XU, 290 ff. u. A. Anf die weit auseinandergehenden Urtheile dieser 
Miltner Dber Kallisthenes kann ich hier natürlich nicht eintreten, 
3) Inwiefern ihn die Schuld traf, die jnngen Leute durch unvorsichtige 
und aufteilende Beden in ihrem Vorhaben bestärkt zu haben, liest sich nicht 
inimitteln, eine wirkliche Mit Wissenschaft oder Miturheberschaft dagegen, wie 
»is ihm zur Last gelegt wurde, ist nicht allein nnerweislloh, sondern auch 
höchst unwahrscheinlich. 
4) Die Art seines Todes wird bekanntlich verschieden angegeben. 
6) Bei PLOT.Alex.55 schreibt er an Antipater: o! |iiv mitei; fach tüv Maxe- 
U>uv »anXciiafor-iav ■ tqv 6k osiuttjjv (Ksllisth.) lyäi xniaato xotk tdu( fcot^i+avTau; 
*»n>> aal ww» üjtoB«xou^vws wß( xdXiin loijj epA ütißouXtiJOVTas. Mach Chabbs 
loogle 
erzogen and ihn später Alexander empfohlen batle 0; wie dringend 
auch jener selbst den unbesonnenen jungen Mann zur Vorsicht er- 
mahnt haben mochte *)■ Doch hatte diess für ihn, ausser einer 
merklichen Erkaltung; seiner Beziehungen zn Alexander, keine wei- 
teren Folgen 8 ). Wenn sich nichtsdestoweniger an den Tod des 
Kallisthenes die Behauptung angeknüpft hat, dass Aristoteles bei 
der angeblichen Vergiftung Alexanders durch Antipater mitgewirkt 
habe 4 ), so ist die vollkommene Grundlosigkeit dieser Anschuldi- 
gung längst nachgewiesen 6 > Und wirklich hatte ja auch Aristo- 
(Plut. a. a. O.) hatte er Anfangs im Sinn, in Gegenwart des Aristoteles über 
Kallisthenes Gericht zu halten. Nur eine rednerische Uebertreibung, keine ge- 
schichtliche Angabe, ist die Behauptung des Dio Crbysost. or. 64, 8. 338: 
Alexander sei damit umgegangen, Aristoteles and Antipater tödten zu lassen. 
1) Fun. a. a. O. Abbia* IV, 10, 1. Dioo. 4 f. Suid. K«XXk»6. 
2) Dum. a. a. O. Valeb. Max. VII, 2, ext. 8 vgL Pi.m. Alex. 54. 
3) Plutabch sagt diess ausdrücklich, s. o. 20, 1, und die Angabe bei 
Dioo. 10, dass Alexander, um seinen Lehrer zu kranken, Anaximenes von 
Lampaakus und Xenokrates Beweise seiner Gnade habe zukommen lassen, 
würde das Gegentheil nicht beweisen, wenn aie-auoh glaubhafter wäre. Aber 
ein so kleinliches Verfahren liegt nicht in Alexander's Charakter und würde 
aul' Aristoteles auch schwerlich viel Eindruck gemacht haben; Pi,dt. a. &. O. 
sieht in der Bald, welche der Künig Xenokrates erwies, gerade eine Nachwir- 
kung des aristotelischen Unterrichts. Was freilich Philof. in Meteorol. (Arist. 
Meteorol. ed. Ideler I, 142) über einen angeblich aus Indien geschriebenen 
Brief Alexander's an Arist mittheilt, kann man für die Fortdauer ihres freund- 
schaftlichen Verkehrs nicht anführen. 
4) Der erste Zeuge dafür ist ein gewisser Hagnothemis b. Plct. Alex. 77, 
der die Bache von König Antigonua (wohl Antig. I.) gehört haben wollte; wei- 
ter erwähnt der Sage Abhub VII, 27, indem er ihr, wie Plutarch, widerspricht; 
such Plik. H. nat. XXX, 16, Schi, behandelt sie als Erdichtung. Nach Xiphtlik 
LXXVIL 7. 8. 1293 R. entsog Kaiser Caracalla wegen Aristoteles' angeblich«' 
Blutschuld den Peripatetikern in Alexandrien ihre Privilegien. 
5) Der Beweis, welchen schon Stabs Arist. 1, 1H6 IT. geführt, Und DOOTMN 
Gesch. d. Hellenismus I, 706 f. ergltnst hat, beruht, abgesehen von der *ww- 
lisoben Und enk barkeit der Sache, hauptsächlich auf folgenden Gründen Er- 
stens bezeugt Pi.i't. a. a. 0, ansdräcklich, dass der Verdacht einer Vergiftung 
erst 6 Jahre nach Alexander's Tod aufgetreten sei, als er der leideni eh aftl iahen 
Olympia« einen willkommenen Vorwand bot, ihren Haas an Antipatex'n Fami- 
lie zu kühlen, und die öffentliche Meinung gegen Kassander, den angsblrantn 
Ueberbringer d*s Gifts, su&UTegen; ein Umstand, welcher an und für sich 
schon die Angabe mshi als verdächtig macht. Nicht minder verdsVahtig ist 
2) das Zeugniss das Aatigonus , da aneh dieses doch nm aus der Seit itamaw 
kann, in dar er Bit Kanwador »urfeindel war; dab«> fragt sc sieb, aircr km»n 
l ^Google ■ 
Flucht am Athen, 3t 
teles so wenig Ursache, den Tod seines königlichen Schillers' zu 
wünschen, das« vielmehr dieses Ereigniss für ihn selbst ernstliche 
Gefahren herbeiführte. 
Die unerwartete Kunde von dem plötzlichen Ende des gefürch- 
teten Eroberers rief nämlich in Athen die iusserste Aufregung 
gegen die macedonische Oberherrschaft hervor, und sobald man 
noch, ob dieser anoh schon Aristoteles der Theilnahme an dem Verbrechen be- 
schuldigt hatte. Dean buchet auffallend ist 8), dasa von den leidenschaftlichen 
Gegnern des Slagiriten, denen sonst keine Verleumdung gegen ihn in schlecht 
ist, einem Epikux, Timäus, Demochares, Lyko u. s. w. (ra. s. über dieselben 
Aubtokl. b. Eus, pr. ct. XV, 2 und was B. 6 f. weiter angeführt wurde) eine Er 
wähnung dieser Anschuldigung , die ihnen doch vor Allein willkommen sein 
musate, nicht bekannt iit. Dazu kommt 4) dass fast alle, die von Alexander'* 
Vergiftung reden, die fabelhafte, Allem nach schon bei der ersten Verbreitung 
jener Saga in Umlauf geeetate, und auf die Volkaphantasia auch ganz gut be- 
rechnete Angabe haben , sie sei durch Wasser von der nun akrischen Quelle 
(der Styx) bewirkt worden; was wieder beweist , das» wir uns hier nicht anf 
geschichtlichem Boden befinden. 5) weist das, was Arsian nnd Pi.utabch über 
den Gang von Alexander'« Krankheit aus der Hofcbronik mittheilen, durchaus 
nicht auf Vergiftung. Wann femer 6) Aristoteles durch Kallistheues' Schick- 
sal zu seinem Verbrechen bestimmt worden sein soll , so kann dieses weder 
einen so unauslöschlichen Groll in ihm erzeugt haben, dase derselbe noch 
6 Jahre spater einen derartigen Ausbruch genommen hätte, da er selbst ja bei 
der Gemfi thsart und dem Benehmen seines "Verwandten diesen Ausgang vor- 
ausgesehen hatte, noch kann er andererseits den Tod des Königs zn seiner 
eigenen Sicherheit nöthig gefunden haben, nachdem eine ao lange Erfahrung 
gazeigt hatte, wie wenig er für sieb von ihm zn fürchten habe. Wahrscheinlich 
stand aber sein eigener Adoptivsohn im Dienst Alexanders, von dem ihm wich' 
Üge AuftrSge anvertraut wurden (s. o. S. 4, 5). Was aber 7) das Gerücht von 
Alsxaader'B Vergiftung rar sieb schon widerlugt, das ist der weitere Gang der 
Ereignisse. Alexander' a Tod gab für Griechenland das Zeichen zum Ausbruch 
eines Aufstände, durch welchen gerade Antipater im lamischen Krieg aufs 
Aewseiate bedrängt wurde. Jeder, der mit den damaligen Verhältnissen be- 
kannt war, konnte eine solche Bewegung für diesen Fall mit vollkommener 
Sicherheit voraussehen. Ware Antipater voni Tode des Königs nicht ebenso, 
wie alle Andern, überrascht worden, so wurde er seine Vorkehrungen getroffen 
haben, tun den AnfsötncSsehen entweder die Stirne bieten tu können, oder sich 
als Befreier an ihre Snätse zu «teilen. Hätte man andererseits Antipater für 
osa Uriisbex des Ereignisses gehalten, welchen die Griechen als den Anfang 
ihrer FreUrtät feierten , so würde eich die Bewegung nicht vom ersten Augen- 
abak an gegen ibn gewendet haben, und htttto man Aristoteles einen Antheil 
Jana aaaanaanriaha», so wiltda er in Athen nicht sofort anf Leben und Tod 
vorklagt worden sein. 
i „Google 
32 Arictotelai. 
darüber volle Gewissheit erlangt halte, brach diese Aufregung in 
offenen Krieg: «»«■ Athen stellte sich an die Spitze aller derer, 
welche die Freiheit Griechenlands erstreiten wollten, und ehe der 
macedonische Statthalter Antipater hinreichend gerastet war, sah er 
sich von einer Uebermacht angegriffen, deren Bewältigung ihm nur 
nach langem gefahrvollem Kampf in dem klinischen Kriege gelang ')• 
Gleich bei ihrem Beginn wandte sich diese Bewegung, wie sich diess 
nicht anders erwarten liess , gegen die hervorragenden Mitglieder 
der macedonischen Parthei, und mochte auch Aristoteles keine poli- 
tische Rolle gespielt haben a ), so war doch sein Verhältniss zu Ale- 
xander, seine freundschaftliche Verbindung mit Antipater zu be- 
kannt, sein Name zu berühmt, er hatte auch der persönlichen Neider 
und Feinde ohne Zweifel zu viele, als dass er, der Erzieher des 
macedoni sehen Herrschers, anangefochten bleiben konnte. Eine 
Klage wegen Verletzung der bestehenden Religion, welche an sich 
selbst ungereimt genug war, musste den Vorwand zur Befriedigung 
des politischen und persönlichen Hasses hergeben 3 )- Aristoteles 
1) Das Nähere Aber ditae Vorginge bei Dkoybbn, Gösch, d. Hellenism. 
I, 69 ff. 
2) Nach Abibtübu b. Eub. pr. ev. XV, 2, 3 hatte Democharei (ohne Zwei- 
fel der Neffe des Demosthenes, über welchen Cic. Brat. 83, 186. De orat. II, 
MS, 90. SiästcA de In III, 28, 2. Pj.ct. Demoith. 30. vit. X. «rat. VIII, 53. 
8. 847. Si:m. u. d. W. i. Tgl.) dem Philosophen vorgeworfen, es seien Briefe 
tod ihm aufgefangen worden, welche feindselig gegen Athen waren, et habe 
Stagira den Maeedonieru verratheil, und nach der Zerstörung Olynth'« Philipp 
die reichsten Bürger dieser Stadt angegeben. Aber schon die awei letaten, 
selbst den äusseren Verhältnissen nach unmöglichen Behauptungen «eigen, 
was auch von der ersten zu halten ist Aristokles hat ganz Recht, wenn er 
sagt, man brauche diese Dinge nur anzuführen, um sie zu widerlegen. Nicht 
einmal die Ankläger des Arial, scheinen etwas der Art vorgebracht zn haben. 
S) Die Klage, von Demophilns auf Betrieb des Hieropbanten Eurymodon 
eingebracht, gieng auf die Vergötterung des Herrn ins , für welche der Beweis 
in dem 8. IT, 2 erwähnten Gedieht und wohl auch in dem angeblichen Opfer 
(8. IT, 1) liegen sollte (Athen. XV, 606, a. 69T, a. Dieo. 6. Anon. Hen. Bmn. 
Hksych.; Ohio. c. Gels. I, 66 nennt statt dessen wohl nur aus eigener Var- 
muthung tiva GdY[iaT« tij« ipcXooofiei; «4ro5 i evoptow tb« aüffij ot 'A^wSot). 
Die Schwäche dieses Klagegrundea beweist aber znr Genüge, dass er blosser 
Vorwand war, wenn auch vielleicht der Hierophant in dem Philosophen neben 
dem Freund Antipater» auch den Aufklärer basale. Eine ehrlich gemeinte 
Anklage wegen Gottlosigkeit war in dem damaligen Athen wohl kaum imoi 
i „Google 
Flucht ans Athen. 88 
fand es geratben, dem drohenden Sturm aussnweichen 1 ): er flAeh- 
lete sich nach Chaleis auf Euböa s ), wo er ein Landbaus besasa 8 ), 
und sich wohl auch sonst schon zeilenweise aufgehalten hatte*); 
seine Feinde konnten ihm ausser einigen leicht zu verschmerzenden 
Beleidigungen 5 ) nichts anhaben. Das Lehramt im Lyceum über- 
1) Seine Aensseruugen hierüber: er wolle den Athenern keine Gelegenheit 
gaben, sich zum zweitenmal an der Philosophie zu versündigen, und: Athen 
sei der Ort, wo, nach Homer, SyX. u 1 ■"' *TX V B "CtP^w-u, oüxov S' h& <nfxu> (An- 
spielung auf die Sykopkanten) , finden »ich bei Dioo. 9. Aiuu III, 36. Oeia. 
itO. Eubtath. in Odjss. H, 120. 9. 1573. Awuoti. 8. 48. Amnion. laL S. 69. 
Die beiden letztem lassen ihn diese in einem Brief an Antipeter äussern!- nach 
Fav u ejh b. Dioa, a. a. 0. war der homerische Vers in der Verteidigungsschrift 
angeführt, die auch der Anon. Meneg. g. E. nnd Athbh. XV, 697, a kennt 
Indessen bezweifelt schon Athf.h. die Aechtbeit dieser Schrift, und man sieht 
•neb nicht ein, was Aristoteles, 4er sich in Sicherheit befand, und sich gewiss 
über die Erfolglosigkeit eines solchen Schritts nicht Unechte, an dieser Selbst- 
«ertheidignng hatte bewegen können. Es ist ohne Zweifel ein rednerische« 
UebuQgsetflck, eine Nachahmung der sokratischen Apologieen. 
8) Es wäre diese nach Atollodob b. Dioa. 10. OL 114, 3, also nach der 
Mitte (L J. 833 v. Chr. geschehen. Diese ist jedoch nicht wahrscheinlich, 
Denn (heile redet Stkabo a. a. O. nnd Hebaülipeb b. Dioa. X, 1 so, als ob 
Artet, längere Zeit in Chaleis gelebt hätte, theils ist es an und für sich viel 
wahrscheinlicher, data die Anklage gegen Aristoteles gleich während der er- 
sten Aufregung gegen die maeedonische Parthei, als dass sie später, nach Anti- 
pater'e entscheidenden Siegen in Thessalien, erhoben wurde, and das* Aristo- 
teles bei Zeiten flüchtete, statt den ganzen Verlauf des lamisohen Kriegs in 
Athen abzuwarten, ich vermutbe daher, dass er schon im Spätsommer 323 
Athen rerliess, und dass auch Apollodar nur gesagt hat, was bei Dioars. ep. 
ad Amm. J, 5 steht, Aristoteles sei Ol. 114, 8, nach Chaleis gefluchtet, gestor- 
ben. Andererseits kann man aber auch nicht (mit Staue I, 147) auf eine noch 
frühere Uebersiedlung dorthin aas der Angebe des Hebaklideb a. a. 0. 
Mhlieasen, dass Arietoteies, als Epikur nach Athen kam, sich in Chaleis auf- 
gehalten habe; Ttltori{ettVTO( 3* 'AX^xvSpeu ... (urtlMv (so. 'EiclxQupov) tfc 
iaiafSn*. Denn da die Flocht des Philosophen nach Chaleis nur durch die 
ihm in Athen drohende Gefahr veranlasst war, diese Gefahr aber erst in Folge 
von Aleznnder's Tod. eintrat, welchen kein Menech vorhersehen konnte, so 
kann AriaL unmöglich früher nach Chaleis gegangen sein, als die Nachricht 
vom Tode des Königs nach Athen kam, also nicht vor der Mitte d. J. 823. Jene 
Angabe den Heraklidea oder Diogenes Bericht Ton derselben mus* demnach 
MgajajBj sein. Darm Schal, in Arist. 36, b, 26 begeht das Unglaubliche, die 
Flucht nach GhaVjjs in dje nächste Zeit nach Sokrates Tod zu verlegen. 
8) 8. o. 6. *VJt 
4) VgL Stkabo S, i, n, ß. 44g, 
5) Im Fragment eines Briete an Antipater hei Aeijam V. H. XIV, 1 or- 
PaDos. d. Gr. B. Bd. t Äbth. 3 
3V Google 
34 Aristoteles. 
i»hm, zunächst wohl nur für die Zeit seiner Abwesenheit '), Theo- 
phrast *)■ Indessen sollte sich Aristoteles seines Asyls nicht lange 
erfreuen. Schon im folgenden Jahr, im Sommer d. J. 322 v. Chr. s ), 
erlag er einer Krankheit, an der er schon langer gelitten hatte 4 ), so 
dass er demnach von seinen zwei grossen Zeitgenossen, Alexander 
und Demosthenes , den einen nur um ein volles Jahr überlebt hat, 
und dem andern um Weniges im Tode vorangieng. Sein Leichnam 
wahnt er, wahrscheinlich ans dieser Zeit, twv h icl(püi( ifaifiofthniiv u.01 tuA ait 
iipijpi]jiw niJv. Was diese aber war, ob eine Bildsäule oder irgend ein Ehren- 
recht, z. B, Proedrie, oder was sonst, und von wem er es erhalten hatte, wird 
nicht mitgetheilt. War es ihm von den Athenern verliehen , so kannte es mit 
den 8. 2i, 6 erwähnten Diensten zusammenhängen. 
1) Vgl. hierüber 8. 86, 8, 
3) Dioa. V, 36, nnd nach ihm Büro. 6io? p. 
S) Das Olympiadenjahr 114,3 nennt Aroi,LODOR b. Diso. 10. Amman. Ist. 
8. 55, vgl. Dmai-8. a. a. ü. Die nähere Zeitbestimmung ergiebt sieh aus der 
Angabe (Apou-odor a. a. 0.), er sei um dieselbe Zeit, wie Demoathenes, oder 
genauer (Gnu.. N. A. XVII, 21, 35) knn tot Demos thenes, gestorben. Da nun 
dieser nach Pure. Demosth. 30 Ol. 114, 3 am 16. Pyanepsion (823, 14. Okthr.) 
starb, so moss Aristoteles Tod in die Zeit vom Juli bis zum Septembef dieses 
Jahn fallen. 
4) Dass er an einer Krankheit starb, sagen Afollodor nnd Draal». «. d. 
S.O., vgl. Gkll. XIII, 6, 1; Cebsohib di. nut. 14, 16 fügt bei: kuncferunt nttiu- 
Taiem etomachi inßrmitat&n crebraique morbidi corporii offrntümst adeo virtute 
animi diu tuttmtaue, ut magit mü-um lit ad anno* wxagvnta frei tum etaaai 
fraluiwe, quam ultra non pertuiitsc. Die Behauptung des Eumet.ds b. Dioo. 6, 
welcher der Auon. Menag. 8. 61 nnd nach ihm 8üid. folgt, dass er sieb mit 
Schierling vergiftet habe (oder gar, wie Hbbtcb. will, anm Schierlingsbecher 
venirtheilt worden sei), scheint ans einer Verwechslung mit Demosthenes oder 
einer Nachbildung von Bokretea Ende (vgl. S. BS, 1) henurShren ; keiaenfalls 
aber ist sie geschichtlich, da sie die zuverlässigsten Zeugnisse gegen sieh hat, 
nnd weder mit den Grundsätzen des Philosophen (Eth. N. HI, 11. 1116, a, 1*. 
V, 15, Auf. IX, 4. 1166, b, 11), noeh mit der Sachlage übereinstimmt; dann in 
Euböa war er ja ausser aller Gefahr. Das Mahrchen Tollende, welches sieh 
aber in dieser Form doch nnr bei Elias Cbbtbksis 8. 507, D CoL findet, dass 
er sieh in den Euripug gestürzt habe , weil er die Ursachen seiner Erschei- 
nungen nicht ergründen konnte, bedarf keiner Widerlegung, nnd auoh das, was 
der angebliche Jcbtin Cohort. c. 86. Übbo. Nai. or. IV, 113, A. Peooof. Do 
belle Goth. IV, 579, C (denen noch Bi-ahr I, 155, 6 trota Bitlb'b rinhtigerbr 
Auffassung, Art Ariatote, Anm. Z, die gleiche Angabe anschreibt) allein haben, 
und was selbst Batlb a. a. 0. des Philosophen höchst würdig findet, dass ihn 
sein vergeblichem Nachsinnen über jene Ersobeinnng dorch Kummer nnd An- 
strengung aufgerieben habe, ist sehr unglaubhaft. 
i „Google 
T a. 35 
soll nach Stagira gebracht worden sein *}; se ' n Testament, ein Be- 
weis treuer Anhänglichkeit und umfassender Fürsorge ffir die Sei- 
nigen, auch ffir Sklaven, ist uns noch erhalten *). Zum Vorstand 
seines Schülerkreises bestimmte er Theopfarast •); derselbe erhielt 
m\ den werthvollsten Theil seiner Hinterlassenschaft, seine 
Mcfeer 4 )- 
üeber die Persönlichkeit unseres Philosophen sind wir durch 
die UeberUeferong nur sehr unvollständig unterrichtet. Ausser eini- 
gen Angaben über sein Aeusseres s ) sind die Anschuldigungen sei- 
ner Gegner fast das Einzige, was uns mitgetheilt wird. Die meisten 
von diesen sind nun schon früher in ihrem Unwertfi gewürdigt wor- 
1) Was freilich nur die lateinische Lebensbeschreibimg 8. 56 unter wei- 
teren Angaben über sein Monument nnd die Feier seines Andenkens, berichtet . 
3) Dioa. 11 ff. rgl. 8. 4, 5. 17, 3. An der Aeohtheit dieser Urkunde Hast 
lieh diu «o weniger zweifeln, de «llo inneren Anzeichen dafür sprechen, nnd 
da schon Hfbmjpfvh b. Amt:*. XIII, 589, c eine Bestimmung daraus anführt. 
Diogenes hat sie (nach V, 64} wohl von Aristo. Nach dem latein, Ammonins 
8. 69 hatte sie auch Asukomikos and ProLniiiui mitgetheilt. 
8) Die artige ErzKhtang Aber die Art, wie er diese seine Willensmeinuns; 
ausdrückte {Gell. N. A. XIII, 5, wo aber statt „Menedemas* Eudemui stehen 
sollte, aelbst wenn der Verfasser n Menedemui u geschrieben hat) ist bekannt 
Die Ssehe ist auch ganz glaublich, und würde Aristoteles, wie wir ihn sonst 
kennen, ähnlich seilen- Wo sie sieb sutrng, in Athen ror seiner Abreise oder 
in Ohsdcis, Iftsit sich nicht sieher ausmachen, doch hat die letstere Annahme 
mehr Rir sich. In diesem Fall kann dann aber die Uebergabe des Lehramts 
rar dar Flocht ans Athen nur eins interimistische gewesen sein, wie diess anoh 
an sich wahrscheinlicher ist. 
4) Stbibo XIII, 1, 64. 8. 606. Plut. Bulla c. 36. Ätnas. I, 3, * rgl. Dion. 
V, 62. Anfallend ist ea, dass das Testament der Bücher nicht erwähnt. Wenn 
daher Arial, nicht schon vorher über diese verfügt hatte, müsste man anneh- 
men , die betreffende Stelle sei ans Versehen von Diogenes oder in der Ab- 
schrift, deren er sich bediente, weggelassen worden. Möglieh aber nach, dass 
Theopfarast erat nach dem Tode von Aristoteles' Sohn Nikomachu» in ihren 
Beut* kam. 
5) Dioe. 3 nennt ihn fa^voaxtUft nnj * [uxpdpfunoc, ein schmähende* Epi- 
gramm in der Anthologie (III, 167 Jak.), anf das nichts an geben ist, ojuxpot, 
y rt aacest, cpoyäoTiop, namentlich geaehieht aber eines Sprachfehlers Etwih- 
ansnj, der in einer an weichen Aussprache des R bestanden au haben scheint; 
ianaf nlulieh wird sieh, das Prädikat -tpayloj bei Dioa. a. a. O. Auoq. Henag. 
Bas. Plbt. and. po6t. c 8, S. 36. adulat. o. 9, S. 53 beliehen. Einer angeb- 
lichen Bildsäule Ton ihm erwähnt Pabsas. VI, 4, 6; ober andere Aristoteles- 
Büder s. m. Stam I, 161 f. 
3- 
i „Google 
den: so diejenigen, Welche sich auf sein Verbiltniss zn Plato, zu 
Hermtas, zu seinen zwei Frauen, zu Alexander, anf die angeblichen 
Un Würdigkeiten seiner Jugend und die politischen Schlechtigkeiten 
seiner späteren Jahre beziehen ')• Aach das Uebrige aber, was aus 
den Schriften seiner zahlreichen Feinde 5 ) mitgetheUt wird, hat 
grösstenteils nicht viel auf sich s ); nnd ebenso wenig geben uns 
sonstige Nachrichten das Recht, ihn einer egoistischen Lebensklug- 
heit oder eines ungemessenen nnd kleinlichen Ehrgeizes zu beschul- 
1) Vgl. S. 6 ff. 16, i. 17, 1. 2. 80, 4. 5. 32, 2. Zu diesen Verleumdungen ge- 
hört Mich die AngaboTKSTtLMAs's (Apologet. 46) : ArUtotdes familiärem fUun 
Hermiam turpiter loeo exctdere fecit, was nach dem Zusammenhang doch nur 
heisaen kano, er habe ihn verrathen, eine Behauptung, io ungereimt and au- 
gleioh so schlecht, das» gerade ein Tertullian nöthig war, um nie zu glauben, 
oder auch zn erfinden. 
2) Tbimist. orat XXIII, 2S5, c redet von einem «patbs äXo; aoloher, 
welche den Arisl Terlänmdet hätten; theila bei ihm, theils bei Abibtoki.es 
(Bus. pr. er. XV, 2) nnd Dioa. 11. 16 werden in dieser Beziehung noch aas 
der Zeit des Amt nnd der nächsten Folgezeit genannt: Epikur, Timaus, Enbn- 
Üdea, Alezinna, Cephisodor, Lyko, Theokrit von China, Demooharea; mit wel- 
chem Recht Tuemiöt. diesen Gegnern Dicaaroh beifügt, wiesen wir nicht. 
3) So jene Anschuldigungen , welche sieh bei Aeihtoki.. and Dioa. s, d. 
a. O. Süid. 'Api«. Athes. VIII, 342, c. XIII, 666, e. Pub. h. n. XXXV, 16, 2. 
Ahlian V. H. III, 19. Tuuodoret out. gr. affoct. XII, 51. 8. 173. Lccia* Disi. 
mort. 13, 5. Paras. 36 finden: Arist sei ein Schlemmer gewesen, sei mir dees- 
halb an den macedonisohen Hof gegangen, habe Alexander unwürdig ge- 
schmeichelt, in seinem Naohlass haben sieh 75 (oder gar 300) Schüsseln ge- 
funden; er sei ferner (wegen Pythias nnd Herpyllis) geschlechtlich anaaohwei- 
fend, nnd auch in seinen Schüler aus Phsselis (Theodektea) Terliebt gewesen; 
äbordiesa so weichlich, dass er in warmem Ool gebadet habe (was ohne 
Zweifel aus medicinischen Gründen geschah; vgl. Dioa. 16 nnd oben 8. 34, 4), 
nnd so geizig, dass er dieses Oel nachher verkauft habe; er habe sich in jün- 
geren Jahren mehr, als einem Philosophen zieme, gepatzt (was ja bei einem rei- 
chen, in der Nahe des Hofs aufgewachsenen jungen Mann moglieh ist), sei vor- 
laut gewesen nnd habe einen spöttischen Zog im Gesicht gehabt Es laast sich 
jetzt nicht mehr ansmitteln, ob diesen Beschuldigungen etwas Thati sachliches 
and was ihnen an Grande liegt, aber die Beschaffenheit der Zeugen" Usst ganz 
entschieden vermathen, dass dieses Thatsachliche jedenfalls nur anf unbedeu- 
tende Dinge binansISnft, weit das Meiste dagegen böswillige Erfindung oder 
Oonseqnenzmacherei ist Wie die Grundsätze das Philosophen über den Werth 
der äusseren Güter nnd aber die Lust zn solchen Verdächtigungen benutzt 
wurden, zeigt n, A. Lucutf a. a. 0. Thhodobbt a. a. O. nnd der von ihm an- 
geführte Attiilb. 
i „Google 
Charakter. 37 
digen ')• Der erste von diesen Vorwürfen stützt sich hauptsächlich 
■nf sein Verhältnis« zu den maeedonischen Machthabern, der zweite 
■uf die Kritik, welche er in seinen Schriften ober Zeitgenossen und 
Vorgänger ergehen lässt. Allein dass er in unwürdiger Weise um 
die Gunst eines Philipp oder Alexander gebuhlt habe, lässt sich 
nicht beweisen '), und dass er die Unbesonnenheiten eines Kallisthe- 
aes hätte gutbeissen oder nachahmen sollen, lässt sich nicht ver- 
langen; nimmt man aber daran Anstoss, dass er sich überhaupt zur 
imcedonischen Parthei hielt, so lieisst das einen falschen und fremd- 
artigen Haasstab an ihn anlegen. Aristoteles war allerdings nach 
Geburt und Bildung ein Grieche. Aber wenn schon seine persön- 
lichen Verbindungen wesentlich dazu beitragen mussten, ihn für das 
Fürstenhaus zu gewinnen, weichem er und sein Vater so nahe stan- 
den und so Vieles verdankten, so konnte die Betrachtung der allge- 
meinen Lage nicht dazu dienen, ihn von diesem Weg abzulenken. 
War doch schon Plato von der Unnahbarkeit der bestehenden Zu- 
stände überzeugt gewesen, hatte doch er schon ihre durchgreifende 
Umgestaltung gefordert. Dieser Ueberzeugung seines Lehrers konnte 
sich der Schüler wohl tun so weniger entziehen, je schärfer und 
unbestechlicher er die Menschen und die Dinge zu beobachten ver- 
stand, je klarer er die Bedingungen durchschaut hatte, an welche 
die Lebensfähigkeit der Staaten und der Verfassnngsformen geknüpft 
ist. Nur dass er mit seinem praktischen Sinn nicht an das platonische 
Staatsideal glauben konnte, sondern statt dessen in den gegebenen 
Verhältnissen and unter den bestehenden politischen Mächten den 
Stoff zu einem staatlichen Neubau suchen musste. Dieser war aber 
damals schlechterdings nur im maeedonischen Reiche vorhanden, die 
griechischen Staaten waren nicht mehr fähig, ihre Unabhängigkeit 
nach aussen zu behaupten und ihr inneres Leben ans sich zu ver- 
bessern. Die ganze bisherige Erfahrung bewies diess so schlagend, 
dass selbst ein Phocion im lamischen Krieg erklärte, ehe die sitt- 
1) Vorwürfe, denen selbst Stab* I, 173 ff. eine grössere Berechtigung 
«inrlmnt, als wir ihnen zugestehen können. 
3) Btauu findet zwar, es klinge fast wie Schmeichelei , wann Arial, bei 
Art. V. II. Sil, 54 an Alezander schreibt: ö Bujib^ xa'i jj öp-yf, od xp&t Wj«, 
»lU *pb( toi( xp«iTTOVOf f' vnEU i ao ^ 3t niSitt te'K- Allein diess ist ja die lautere 
Wshrheit: wer war denn dem'Besieger des Penerreioha an Macht zu verglei- 
ch»? In diese Zeit nämlich muss wohl der Brief fallen. 
„Google 
liehen Zustünde seines Vaterlands andere geworden seien, lasse sich 
von einer bewaffneten Erhebung gegen die Hacedonier nichts er- 
warten 0- Dem Freund der macedoniseben Könige, dem Bürger des 
kleinen, von Philipp zerstörten und als macedonisebe Landstadt 
wiederhergestellten Stagira, lag die gleiche Ueberxeugung gewiss 
weit näher, als einem athenischen Staatsmann. Können wir es ihm 
verargen, wenn er sich ihr nicht verschluss, und in richtiger Er- 
kenntniss der Sachlage sich auf die Seite stellte, welche allein eine 
Zukunft hatte, und von der allein, wenn überhaupt noch, Griechen- 
land eine Rettung aus seiner inneren Zerfahrenheit nnd Erschlaffung, 
seiner äusseren Unselbständigkeit hätte kommen können? wenn er 
die bisherige Freiheit der griechischen Einzelstaaten für unhaltbar 
ansah, nachdem ihre tiefste Grundlage, die politische Tugend der 
Staatsbürger, verschwunden war? wenn er in seinem Alexander die 
Bedingung erfüllt glaubte, unter der er die Alleinherrschaft für 
naturgemass und gerecht hält *), dass Einer über alle Andern an 
Tüchtigkeit so hervorrage, um ihre Gleichstellung mit ihm unmög- 
lich xu machen? wenn er die Hegemonie Griechenlands lieber in 
seinen Händen wissen wollte, als in denen des persischen Grosa- 
königs, um dessen Gunst sich die griechischen Staaten seit dem pelo- 
ponnesischen Krieg wetteifernd bemühten? wenn er von ihm hoffte, 
dass er den Griechen geben werde, was ihnen, wie er glaubt 1 ), 
allein fehlte, um Herren der Welt au sein, die staatliche Einheil? 
Die politische Haltung unseres Philosophen wird daher, so weh wir 
sie zu benrtheilen im Stande sind, keinen Tadel verdienen, wenn 
man sie nur aus dem richtigen Sundpunkt betrachtet. Was den 
Vorwurf des Ehrgeizes betrifft, so ist allerdings seine wissenschaft- 
liche Polemik nicht selten schneidend und selbst ungerecht; aber 
doch nimmt sie niemals eine persönliche Wendung, und überhaupt 
wird Niemand beweisen können, dass sie aus einer anderen Quelle 
entspringe, als aus dem Bestreben, seinen Gegenstand möglichst 
scharf zu behandeln und möglichst vollständig zu erschöpfen; und 
wenn sie trotz dem immer noch bisweilen den Bindruck einer ge- 
1) Plct. Phoc. 23. 
S) Polit. III, IS, Suhl. 
8) Pc.lit.VII, 7. 1327, b, SB, wo Ariit. die Vertilge <lei grJBohiiohra Volk« 
MUDinandeiMtit : Sidmp Üxihpöv te SmtezX« xstt ßAttara xoXrctvdpnov Mit tu- 
vijuvov öpx uv *&rto>v P>f tuTX* ,0V ftoXmfcc. 
• 
wissen Rechthaberei macht, so dürfen wir andererseil* weh die 
Gewissenhaftigkeit nicht übersehen, mit welcher der Philosoph jedes, 
■ach den verborgensten Keim des Wahren bei den Früheren auf- 
sucht, so dass hier schliesslich doch nur eine sehr begreifliche und 
entschuldbare Einseitigkeit übrig bleibt. Noch weniger werden wir, 
um Anderes zu übergehen l )i darauf ein Gewicht legen, dass Ari- 
stoteles erwartet haben soll, auf dem Grunde, den er gelegt, werde 
die Philosophie bald zur Vollendung gelangen 0; denn damit hätte 
er sich doch nur der gleichen Selbsttäuschung schuldig gemacht, 
welche noch manchem Philosophen nach ihm, und darunter auch 
solchen begegnet ist, die nicht, wie er, für Jahrtausende Lehrer der 
Menschheit gewesen sind. Indessen steht die ganze Angabe nicht 
sicher s )- 
So weit uns die wissenschaftlichen Schriften des Philosophen, 
die dürftigen Ueberbleibsel seiner Briefe, die Bestimmungen seines 
Testaments und die unvollständigen Nachrichten über sein Lebe» 
ein Bild seines Charakters gewähren, können wir nur vorteilhaft 
von ihm denken. Reine Grundsätze , ein richtiges sittliches Gefühl, 
ein feines und treffendes Unheil, Empfänglichkeit für alles Schöne, 
ein warmer und lebendiger Sinn für Familienleben und Freundschaft, 
Dankbarkeit gegen Wohlthäter, Anhänglichkeit gegen Angehörige, 
menschenfreundliche Hilde gegen Sklaven und Hüli'sbedürftige *), 
treue Liehe gegen seine Gattin, eine edle, über das griechische Her- 
1) Wie das Geschiohtchen, welches Valeb. Mai. Till, 11, est 3 als einen 
Beweis für A.s Htis in capessenda laude anfährt, welches aber offenbar eine 
massige, ohne Zweifel aus der miss verstanden an Stelle Rhet ad Alex. c. 1, Schi. 
(vgl. Rhet. III, 9. 1410, b, 2) geschöpfte Erfindung ist 
2) ClO. Tusc. III, 2g, 69: Aristoteles Meieret philoscp/ton accuiant, qui 
u i el i nav iti enl , pkiloiop/uam suis ingenäs ette perfeetam, ait eis aut itultiteimot 
aui glorioaiuimos /taste: sed K vidiere , quod paitcti annis magna accessio facta 
esset , brevi tempore philosophiam plane abiolutam fore. 
8) Um die Tragweite des fraglichen Ausspruchs beurthailen in können, 
mnasten wir wenigstens wissen, in welchem Zusammenhang er stand, ob er 
nicht t. B. einem Gespräch entnommon int, und ob ihn Cicero überhaupt vu 
sicherer Hand hat Sonst verweist Arist, wie seiner Zeit gezeigt werden wird, 
nicht selten auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchung. 
4) Hinsichtlich der enteren vgl. m. sein Testament, welches n. A. ver- 
ordnet, dass keiner von denen, die ihn persönlich bedient haben, verkauft, 
mehrere freigelassen und selbst ausgestattet werden; hinsichtlich der andern 
das Wort bei Dioo. 17 1 M tuv ipinov, aiÄö t'oy mofuHcov rjXit]oa. 
i-, Google 
40 Aristoteles. 
kommen weit hinausgehende Auffassung der Ehe — diess ungefähr 
sind die Zage, welche uns an seiner moralischen Persönlichkeit in 
die Angen fallen. Ihr eigentlicher Schwerpunkt aber liegt in dem 
sittlichen. Takte, auf den auch die Ethik des Philosophen alle Tugend 
zurückfahrt, und welcher bei ihm durch die umfassendste Menschen- 
kenntniss und das tiefste Nachdenken unterstützt war. Wir werden 
annehmen dürfen, doss jene Sehen vor «Her Einseitigkeit undUeber- 
treibiing, jene gemässigte Gesinnung, welche nichts in der mensch- 
lichen Natur Begründetes verschmäht, aber den geistigen und sitt- 
lichen Vorzügen allein einen unbedingten Werth beilegt, wie sie in 
seiner Sittenlehre sich ausspricht, so auch sein Leben geleitet 
habe ')- Erscheint aber so sein Charakter, so weit wir ihn kennen, 
bei allen den kleinen Schwächen, welche ihm wohl auch anhängen 
mochten, edel und ehrenwerth, so sind die Eigenschaften and die 
Früchte seines Geistes durchaus bewunderungswürdig. Es ist wohl 
niemals ein gleicher Reichthnm an gelehrten Kenntnissen, eine gleich 
sorgfältige Beobachtung, ein gleich unermüdlicher Sammlerfieiss mit 
so viel Schärfe und Strenge des wissenschaftlichen Denkens, mit 
einem so tief in das Wesen der Dinge eindringenden philosophischen 
.Geiste, mit einem so grossartigen, stets auf die Einheit und den Zu- 
sammenhang alles Wissens gerichteten, alle Theile desselben um- 
fassenden und beherrschenden Blicke verknüpft gewesen. An dich- 
terischem Schwung, an Fülle der Phantasie, an Genialität der An- 
schauung kann Aristoteles allerdings mit Plato nicht wetteifern; 
seine geistige Ausrüstung liegt ganz auf der wissenschaftlichen, 
nicht auf der künstlerischen Seite a ); auch der Zauber der Sprache, 
1) Hieher gehören die Aeuaflerucgen in dem Brief an Antipater bei Abliin 
V. H. XIV, 1, nnd bei Dioa. 18. Dort sagt er über die Entstehung der ihm 
früher zuerkannten Ehren (s. <•■ 38, 5): oZuoi tyto, üf (jtijn [ioi 3<?6$oa p&Eiv 
än'sp aatfiv [ajjte [ioi jmj&v (tßiiv, hier Aber Einen, der ihn hinter seinem Rüc- 
ken geschmäht hatte: öitoVw p* xdi |iao-t[foiii(u. 
2) Auch das Wenige, tu wir an dichterischen Versuchen von ihn) be- 
sitzen, beweist keine bedeatendere dichterische Begabung. Dagegen wird sein 
Witz gerühmt (Dbubtb. de eloont 133), von dem auch die Apophthegmen bei 
Dioo. 17 ff. nnd die Brieffragmente bei Dehetr. a. a. O, 29. 233 Zeugnis! ab- 
legen. Da« sich hiemit dann eine gewisse Neigung zum Spott und eine vor- 
laute Gesprächigkeit (äxaipo; irnjjiuXk) verband, wie diess A&L. V. H. HI, 19 
Ton den jüngeren Jahren des Philosophen behauptet, ist immerhin mBgliuh, 
aber durch diesen Zangen freilich entfernt nicht b 
, Google 
Charaktet. ,41 
mit dem jener ans fesselt, fehlt den erhaltenen Werken des Stagi- 
riten last durchaus, mit so vielem Recht ohne Zweifel manchen an- 
dern eine anmuthige Darstellung nachgerühmt wird *). Aber durch 
Vielseitigkeit und Gründlichkeit der Forschung, Reinheit des wissen- 
schaftlichen Verfahrens, Reife des Unheils, umsichtige Erwägung 
aller Enlscheidungsgründe, gedrungene Kürze und unnachahmliche 
Schärfe des Ausdrucks, Bestimmtheit und allseitige Ausbildung der 
wissenschaftlichen Terminologie, durch alle jene Vorzüge, welche 
das Mannesalter der Wissenschaft bezeichnen, ist er seinem Lehrer 
überlegen. Er weiss uns lange nicht in demselben Maasse, wie 
jener, zu begeistern, uns im Innersten zu ergreifen, das wissen- 
schaftliche und das sittliche Streben in Eines zu verschmelzen; seine 
Wissenschaft ist trockener, schulmässiger, ausschliesslicher auf die 
Aufgabe des Erkennens beschränkt, als die platonische; aber inner- 
halb dieser Grenze hat er, so weit diess dem Einzelnen möglich 
war, ein Höchstes geleistet, er hat der Philosophie für Jahrtausende 
ihr Verfahren vorgezeichnet und zugleich die Periode der Gelehr- 
samkeit für die Griechen begründet, er hat in gleichmässiger Aus- 
breitung des Wissens alle Gebiete, die seiner Zeit offen standen, 
mit selbständigen Forschungen bereichert und mit neuen Gedanken 
befruchtet 1 ]. Mögen wir auch die Hilfsmittel, welche seine Vor- 
gänger ibm darboten, die Unterstützung, welche ihm von Schülern 
und Freunden, vielleicht auch von gebildeten Sklaven zu Theil 
wurde *), noch so hoch anschlagen: der Umfang seiner Leistungen 
ragt doch immer noch so weit über das gewöhnliche Maass hinaus, 
dass wir kaum begreifen, wie Ein Mann in einem Leben von be- 
schränkter Dauer diess Alles vollbringen konnte; zumal da sein 
rastloser Geist überdies« noch einem schwächlichen Körper die Kraft 
zu der riesigen Arbeit abzuringen hatte *). Seinem geschichtlichen 
1) Hierfiber spater. 
3) Dm Nahore wird in dieser Beaiehung die Uebenioht seiner Schriften 
ergeben. 
S) So soll ihm i. B. Kallktbones ans Babylon Aber dortige Mtrononritohe 
Beobachtungen Mittheilangen gemacht haben (Sihpi.. De ooelo, Sabal. 508, 
a, 36 nach Porphyh) , welche Nachricht aber Freilich durch den Zäunte, dan 
Üejelben 81000 Jahre weit zatnck gegangen seien, wieder ■iemlioh u&braach- 
Ur wird. 
4) VgL 8. 34, * und Dioe. V, 16. 
3,g,1:zedBy G00gle 
42 Aristoteles. 
Beruf ist Arisleteles so treu nachgekommen, seine wissenschaftliche 
Aufgabe hat er so glänzend gelöst, wie nur selten ein Anderer; was 
er ausserdem als Mensch gewesen ist, darüber sind wir leider nur 
sehr anvollständig unterrichtet, aber wir haben keinen Grund, den 
Anschuldigungen seiner Feinde zu glauben und dem günstigen Ein- 
druck zu misstrauen , der durch seine sittlichen Grundsätze hervor- 
gerufen, und durch manche andere Spuren bestätigt wird. 
2. Aristoteles' Schriften. 1 ) 
Die schriftstellerische Thätigkeit unseres Philosophen erregt 
schon durch ihre Vielseitigkeit und ihren Umfang unsere Bewunde- 
rung. Die Werke, welche uns unter seinem Namen überliefert sind, 
erstrecken sich nicht allein über alle Theile der Philosophie, son- 
dern sie verbinden damit eine Fülle der umfassendsten Beobachtung 
und des geschichtlichen Wissens; zu diesen erhaltenen Werken 
fügen aber die alten Verzeichnisse *) noch eine Menge weiterer 
1) M. vgl. Bom Folgenden ausser Bkahdis aorgflUtiger Zasammenstel- 
lang gr.-rbra. Phil. II, b, 82 ff. auch Viu Böen De ArUtotdw «Arorum vrdtne 
et auctoritatfi (Berlin 1854), eine gelehrte Und scharfsinnige Arbeit, die aber, 
auch abgegeben von der undurchsichtigen Darstellung, weit höheren Wcrth 
hätte, wenn ihr Verfasser mit grösserer Umsicht und geringerem Selbstver- 
trauen verfahren wäre. Von der gesammten Aristoteles beigelegten Scbrif- 
tenmasae lSsst Kose nur die folgenden als acht übrig, welche alle seiner An- 
sieht nach in den letzten awanaig Lebensjahren des Philosophen in der nach- 
stehenden Reihenfolge verfallt sind: Top. IX H. ; AnalyL IV; übet. III; Eth. 
X; Polit. VIII; Poet. II; Hetaph. X; Prob), (verloren); Phvs. VII; De coelo II; 
De gen. et corr. IV; Meteorol. IV; Hist. anim. IX; De anima III; De sensu 
memoria et somno II; De longit. et brevit. vitae; De vita et morte; part anim. 
IV; ingr. anim.; generat. anim. V. So weit sich diese Urtheile auf bestimmte 
Gründe stützen, werden sie später berührt werden; im Uebrigeti ist eine so 
summeris che Kritik Ober Schriften, von denen uns meist nur die Tita! oder 
ganu unbedeutende Bruchstücke überliefert sind, ebenso leicht als werthloa. 
Dhs sie un&oht sein können, wird eine besonnene Forschung allerdings von 
der überwiegenden Mehrzahl der verlorenen aristotelischen Schriften zugeben 
mSeaen; dsss sie es seien, wird sie nur von dem kleineren Theil mit Be- 
stimmtheit zu behaupten wagen, bei einzelnen (wie die Politieen und der Eu- 
demus) entschieden in Abrede stellen müssen. 
!) Ein Verzeichnis» der aristotelischen Schriften wird schon von Her- 
mippue erwähnt (der Soholiast an Theophraat'a Metaphysik 8. 838 Brand). 
Bekannter ist das Khodiers Andronikus nach dem Inhalt geordnete Ueber- 
aioht der aristotelischen and theoph ras tischen Werke (Plli. Ball» c- 24. 
Power. V. Hot 24. Ammofc-Iat & 69. Der Araber in Cuni'a Bibllotu. Anb- 
JigiiizBdby Google 
Schriften hinzu, von denen jetzt nur noch die Titel oder dürftige 
Bruchstücke übrig sind. Mag nun auch vieles Unechte in diese 
I, 308, b), in welcher die ersteren auf 1000 Melier angegeben waren (Davis, 
Schol. in Ar. 14, a, 19). Weiter nennt da« eh en angeführte Hcholium au Theo- 
phrut eine fliidpia tüv 'ApLOT0TCA0U( , welche auch eine Anfzühlnng der aristo- 
Islicchen Schriften gegeben haben nraas, von Nikolaus, ohne Zweifel die 
gleiche Schrift, welche Sunt.. De ooelo, Sohol. in Ar. 493, a, 2S n. d. T. h 
rtif rapl 'Asiotot&ov; tfXtmoflei Nikolaus ron Damaskus beilegt. Früher, aus 
alle diese, soll endlich Ptolemtns Philadelphus, welcher ein Schüler Strsto's 
war (Dioo. V, 58} und die aristotelischen Schriften eifrig Bammelte (David, 
Schal, in Ar. 88, a, 13), in einer Schrift über du Leben des Aristoteles ein Ver- 
zeichniaa seiner Werke aufgestellt, nnd den Umfang derselben gleichfalls auf 
1000 Bücher berechnet haben (I)avii, a. a. O. 23, «, 11 vgl. Z. 28 ohne Zweifel 
nach Pboklus). Wahrscheinlich ist dieas aber ein Irrthurn: der Amnion, tat 
nennt Ptolem&as 8. 69 ohne den Käuigsnamen hinter Andronikos; der Araber 
Casibi's 306, b, dessen Zeugniss freilieh nicht viel beweist, will PtolomHus' 
Schrift ad Agallim vü Agaüiam sein Verzeichnis« entnommen haben, von dem 
viele Bestand theile weit jünger sein müssen, als l'tolemans Philadelphia, nnd 
dass schon r.ur Zeit diene» Königs 1000 ariatoteliache Bücher geaiblt werden 
kannten, ist kaum glaublich, wenn man auch noch ao viel UnAehtes mit ein- 
rechnet. (Dioo. V, 34 giebt die Zahl der Höhten Bücher auf 400 an.) Wanr- 
■eheinlioh ist der Ptolemüue, welcher das Schriften verzeiehnlss aufgestallt 
hat, ein Gelehrter aus der Zeit nach Andronikni; doch möchte ich weder mit 
Boaa De Arial, libr. ord. 46 an den von Jahbl. b. Stob. Ekl. I, 904 und von 
Piokl. in Tim. 7, B genannten Neupl «toniker, noch an den von Loxaia b. 
FDaruis V. I'lo'i 1 . 20 unter seinen Zeitgenossen erwähnten Peripatetiker Hto~ 
lemfais denken, welcher nach Longin'a bestimmter Auaaage keine wissen- 
schaftlichen Werke vsrfaast hat, sondern an den gleichnamigen alteren Peri- 
pstetiker, dessen Einwendungen gegen Dionysfus des Tbraoiera (um 70 v. Chi.) 
Definition der Grammatik Sext. Math, 1,8(1 nnd der Schülinst in BtiKBn's An eod. 
11,730 anfahren, der also swiaohen 70 v. Chr. und 220 n. Chr. geschrieben 
kaben mnss. — Von diesen Verzeichnissen ist ans jedoch keines erhalten; von 
(Im erhaltenen ihrerseits sieht aehon das Älteste b. Dioe. V, 22 ff., nicht sehr 
wkundHBi ans. Mehrere der wichtigsten Schriften (Metaphysik, Physik, 
Deeoelo, gen. etoorr., Metoorol-, HUt. anim., Eth. Nik.) fehlen hier, tlieil,- 
wrise vielleicht desshatb, weil sie in ihre eineelnen Abschnitte aufgelöst sind, 
lad für die awei Bacher der ersten Analytik werden acht genannt, so dass 
u fast scheint, als hatten wir hier nor eine Liste dessen, was sich in irgend 
aav Bibliothek Aristotelisches vorfand. Nur eine Ucberarbeitnng dieses Ver- 
leiehniises, mit einzelnen ZusHtnen nnd Auslassungen, nach Boss 's Venrra- 
thnng a, a. O. 48 t ans Hesyehiua (um 680 n. Chr.) geflossen , giebt der Ano- 
nymes des Mbhage. Aus einer arabischen Handschrift theilt Caiiki a. a. O. 
US, b ff. und Wikbioh De autttorum Grnecorum versionibus et commentariis 
B-i.w. (Lpa. 1842) 8. 14S ff. da* schon erwähnte Verxeiohnias mit, walohesabsr 
3y Google 
44 Aristoteles. 
Sammlungen aufgenommen sein, mag nicht ganz selten eine und 
dieselbe Schrift unter verschiedenen Titeln wiederholt vorkommen, 
oder in mehrere Theile mit eigener Bezeichnung zerlegl sein: die 
Masse der Werke, welche sich mit Sicherheit, oder wenigstens mit 
überwiegender Wahrscheinlichkeit, auf Aristoteles zurückfuhren 
lassen, bleibt doch immer so gross und ihr Inhalt so mannigfaltig, 
dass wir über den geistigen Reichthum und die Fruchtbarkeit des 
Philosophen, von welchem wir trotzdem nur Gediegenes, in der 
schärfsten und gedrängtesten Darstellung, besitzen, nur staunen 
können. Für die Kenntnis« seines Systems freilich hatten natürlich 
nicht alle Theile der Schriftsammlung die gleiche Bedeutung. Seine 
Briefe >) und Gedichte *} waren wohl durchaus persönlichen Inhalts. 
die Liste des Ptolemilus gewiss nicht unverändert überliefert bat (auch die Zahl 
der Bücher beträgt, selbst wenn man die 1 7 1 Folitieen einzeln zahlt, nicht 1000, 
sondern nur etwas über 600); sein Vcrfamer ist auch WbSbiOh ». *. O. Dschfmi- 
LUSDi*. Ergänzungen zu diesem Verzeichnis» au! dem bibliographischen Werk 
des Hadichi Khü.fa, welcher freilich erst im 1 7 ton Jahrhundert gelebt hat, giebt 
Wekkich B. 168 ff. (loh bezeichne im Folgenden Diogenes mit D., den Ano- 
nymus des Menage mit An-, Dschemaladdln, nach den Seitenzahlen Wenrich's, 
mit Dach., Hadschi Khalfa mit il.) 
1) Die aristotelisohen Briefe, von Dhhetbiub De olomit. SSO und Sikpli- 
eins (Categ. 2, c. Schol. in Ar. 27, a, 43) als unerreichte Muster des Briefstyls 
gerühmt, hatte Artcmon in 8 Büchern gesammelt (Dehetr. eloont. 223. Divid 
Schol, in Ar. 24, a, 26. Dschehalühdir IST Wenr., der ihn aber Aretas nennt); 
Andronikus (über den auch Gelt,. XX, 5, 10) soll 20 Bücher gezählt haben 
(DüCHEMti.. mit dem unklaren Beisatz: praeter iäat qnae im l. V Andronid 
memorantar) ; vielleicht sprach er aber auch nur tob 80 Briefen ; so viele hat 
der An. Men. 8. 65. Dioa. 27 nennt Briefs an Philipp, Briefe der Selymhrier, 
4 an Alexander (rgl. Demetr. a. a. O. 2S4. Ammon. V. Ar. 8. 47), 9 an Antipater, 
7 an verschiedene andere Personen. POtLOP. De an. K, 2, o. kennt Brief« an 
Di&res (über den Simpj.. Phya. 120, b, o. a. Tgl.), welche bei Dioo. fehlen. 
Dbchemu,. nennt erst (145) drei Bflcher Briefe , dann die acht Bfloter seinea 
Are t äs und die 20 de« Andronikus. Kleine Bruchstücke aas diesen Briefen 
finden sich bei Dimi. De eloont 29 (154). 144 (97). 235. 880. 2S8. Flut. 
prof. in virL o. 6, 8. 76. tranqu. an. o. 13, 8. 472. Aeibtokl. (s, o. 16, 8. 17, 1). 
Arl. (»■ o. 33, 5 f. 37,2). Dagegen tot das Briefohet) bei Gel. XX, 5 (s. o. 19,8) 
wohl nnkebt, nnd das gleiche Urtheil AUIUJRtahb Artotct. II, 169 ff. mit vollem 
Beoht über die sechs noch vorhandenen Briefe, die A.s Namen tragen. 
3) Die Ueborbleibsel dieser Gedichte und die Angaben der Alten darüber 
findet man bei Biaan Ljr. gr. 8. 504 ff. Der IMxXoc wird aber von ihm nnd 
von Holui Pragm. Hist. gr. II, 186 f. dem Philosophen mit Grand abgespro- 
chen. Epen und Elegieea nennt auch Dioe, 27. An. 86, i-p.up.vx * bJwmc An, M. 
i BV Google 
Einige Reden und biographische Schriften werden ihm höchst wahr- 
scheinlich mit Unrecht beigelegt ')■ Die Gespräche, grosstentheili 
wohl der Zeit seiner platonischen Schülerschaft atigehörig, scheinen 
iwar philosophische Stoffe, aber nicht in der strengeren Schulform, 
behandelt zu haben *). Die hypomnematischen Schriften, von denen 
1) Bise Lobrede auf Pinto, welohe Oltmfiodob in Gorg. 166 (Jahn'« 
Jahrb. SnppL XIV, 896) smfillirt, wird schon dadurch verdächtig, da** keiner 
von den Gewährsmanns™ des Diogenes sich auf diese urkundliche Quelle be- 
ntft; ein Pancgyrikne auf Alexander (bei Themibt. or. III, 46, D), schon an 
■ich selbat unglaublich genug, wird durch die Stelle, welohe Rutil. Lupus 
de flg. seit I, 18 doch wohl aus ihm raittheilt, noch mehr in Frage gestellt; 
wenn Eo8T*t«. in Diouyi. Perieg. V. 1 140 das fite Buch je. 'AXtfavipou anfuhrt, 
so aeigt Mülle», Script, ror. Alex, praef. V, daaa er Arrian mit Aristoteles ver- 
weohaelt hat. Ueber die angebliche Apologie s. S. 33, 1. 
1) Dstea Arist. Gespräche verfasst hat, wird vielfach bezeugt: Ciu. ad 
Kr. I, 9, 23. ad Att. XIII, 19. Plut. adv. Col. 14, 4. S. 1116 (nach jetziger 
Lesart). Dio Chrye. or. 53, 1. Alex, bei David in Gat SchoL in Ar. 24, b, 33. 
Amioa. in Categ. 6, b (b. Stibb Arist. II, 255). Sihfl. Phja. 2, b, m. 1'hilop. 
in Categ. SchoL 36, b, 41. De an. E, 2, u. Darm in Categ. SchoL 24, b, 12. 
Zn den Schriften, welche dieae Form hatten, gebären ausser dem Endemna 
aus dem Verzeichnis« des Diog. (22) und Anen. Meu. (61 f.) schon nach den 
Titeln der GrvIIue (J) X. fawputiit vgl. Qujntil. II, 17, 14), Nerintbua 
(aaoh Bnanua' Vermathnng S. 82 derselbe, aus welchem Thbuibt. or. XXIII, 
296, e mit der Bezeichnung SitüofOf ä xopivSto« etwa* anfuhrt), der Sophist 
(auch Diog. VIII, 57), Henexcuus, 'Eputmbf (nach Diog. und Anon. in 
Eine» Buch, Athks. XV, 674, b vgl. XIII, 664, b jedoch citirti iv Sturapai 
'EpwmtSv), ZufjndoiQv (vgl. Atbbn. XV, 674, f. Pi.dt. qu. conv. pro. 3. ÄU- 
caoa. Sat. VII, 3, Schi.) Zu derselben Klasse rechnet Bris™« a. a. O. mit 
Wahrscheinlichkeit die Schriften der beiden Verzeichnisse n. ÄmaiooiSvi]( (»gl. 
Oimctb. De eloc 26), n. Hoii|tüv (s. n.), LToXtrixdt. Ob die Bücher K. *iXo- 
aa^fc»; in Gesprächsform abgefasst waren, wird gp&ter untersucht werden; von 
der gleichfalls später zu besprechenden Schrift it. Eü^eviIsc erhellt es an* 
bat». FMril. 76, 24 f. 77, 13. Einiges Nähere ist um unter den aristoteli- 
schen Gesprochen nur Aber den Eudemua bekannt, welchen Arist. dem An- 
denken seines in Sicilien gefalleneu Freundes und Mitschülers Endemni ge- 
widmet hatte (Cic Divin. I, 26, 63. Pi.u-r. Dio 22). Bruchstücke diese* Ge- 
sprächs und Mittheilungen darüber finden sich bei Plot. a. a. 0. consol. ad 
Apoll, c 27. S. 118. Cic. a. a. 0. Dame, bei Auuustih c Jul IV, 16 (wenig- 
sten« macht es Kbischb Forach. 17 von dieser Stelle wahrscheinlich). Olth- 
nonoa in Pbaed. 8. 142, Nr. 126. Themist. De an. 90, b, n. Sikpl. De an. 14, 
a, o. 62, a, u, Phtlop. De an. E, 1, □. 2, m. 3, m. David in Categ. SchoL 24, 
b, 80, welchen wir Pbokl. in Plat. Bemp. fipiciL Born. VIII, 706. C 51 und 
(out Bbm*t« Abb. d. BreaL.piÜ.-hiat. GeBoUscb. 197) Faoax. in Tim. 83B, D 
3V Google 
aus allen Fächern eine grosse Anzahl vorhanden war, sind mehr 
Vorarbeiten, als fertige Darstellungen 0- In einem ähnlichen Ver- 
boifugtn dürfen. Dasselbe besprach hiernach zunächst die Unsterblichkeit 
der Seele in platonischem Sinne, unter Voraussetzung ihrer Präexiatena, weiter 
untersachte es aber auch die Natur der Seele, bezeichnete sie als etwas der 
Idee Verwandtes (ä£6<; ti Bimpl. De an 62, a, n.), und bestritt die Meinung, 
riass sie eine Harmonie sei, mit ähnliehen Gründen , wie Plato im Phftdo; 
dabei berief sich Aristoteles unter Anderem auch auf die Gott Verwandtschaft 
des Menschen, welche sich im Gütterglanben ausspricht, auf das Ahnungs- 
vermögen der schlummerDden Seele, auf die Tod ten Opfer und Aehnlichoa, 
so dass er demnach eine populärere Beweisführung nicht verschmähte; er 
hatte endlich auch die Uebel de« Lebens und die Leiden der an den Leib ge- 
fesselten Seele in platonischem Qeiate mit lebhaften Farben geschildert. Ob 
auch die Begründung des Gotterglsubens bei Cio. H. D. II, 37, 95 (wobu Ptuo 
Bep. VII, Anf. z. vgl.) nnd Seit. Math. IX, SO dem Endemns angehörte (Kut- 
sche a. a. O.}, innas dahingestellt bleiben; für die Anführung des Sextus wird 
■ich uns in der Schrift K. <i>:Xanoif ii; ein anderer möglicher Ort zeigen. Da Eu- 
demus in Dio's sicilisohem Feldaug umkam, das Gespräch aber bald nach sei- 
nem Tode verfasat iu sein scheint, und da es sieh nach Ton und Iahalt als 
eine Nachbildung der platonischen Gespräche, namentlich des Phftdo, dar- 
stellt, so muss es der Zeit des ersten athenischen Aufenthalts angehören, in 
der Aristoteles noch Mitglied der Akademie war (vgl Kaisoas a. a. O. 15 ff.); 
eine Annahme, durch welche auch Rosk's übereiltes Verwerrungsurtheil (a. a. O. 
8. 110 f.) beseitigt ist. Wie es sich in dieser Beziehung mit den übrigen Ge- 
sprächen verhielt, wissen wir allerdings nicht; aber in seinen späteren Jahren 
wenigstens, nach seiner Rückkehr aus Macedonien, bat Aristoteles diese Form 
wohl sicher verlassen. Um wie viel besser der direkte Lehrvortrag seiner 
Natur zusagte, sieht man auch ans der Angabe Cicbbo'b ad Att. XIII, 19, dass 
er die Leitung des Gosprflch» sieb selbst zuzuweisen pflegte. 
1) Unter hypomnematischen Bohriften sind nach Sinn.. inCateg. 1, e Bas. 
Schul, in Ar. 24, a, 42 solche zu verstehen, Sau xpöf Sito'u.vijoiv obufov xai nXstovet 
ßtoavov wirfraE« S f&6aof>t . Diese Schriften haben aber, wie Simpl. half (igt, 
für die Feststellung der aristotelischen Lehre nicht die gleiehe Auktorhtt, wie 
die ayntagmatiaohen. Alesasdeb hatte den Namen anf Schriften vermischten 
Inhalts, ohne einheitlichen Zweck, bezogen (Sinei., a. a. 0.), DaviD (SchoL in 
Ar. 34, a, 38) beschreibt sie als solche, h o!( |nJw« tä xipaXotuc ätttypo^ ijrav Sijr« 
npooiiiluv k«\ Ir.ikäf uv x«\ ttj; npsjraiiOTj; ixfiooioiv cutav^iXiac, was aber eben nur 
eine Folge ihrer Bestimmung für den eigenen Gebrauch ist. Ebenso Psutor. in 
Categ. Schol. in Ar. 85, b, 35. Unter den erhaltenen Werken könnten die 
Probleme (welche aber Arist. doch in anderen Schriften anführt, s. u.), bo weit 
sie einen Achten Grundstock enthalten, au den hypomnematischen Schriften 
gerechnet werden; dss Gleiche wäre tob der Schrift De Xenoposne, wenn sio 
für aristotelisch gelten könnte, und etwa anish von der über die untlieilbaren 
Linien SB sagen. Von den verlorenen werden w; 
i „Google 
Schriften; einleitende. 47 
hältniss stehen, auch wenn sie keine blossen Privataufzeichnungen 
sind, die beschreibenden und geschichtlichen Werke zu den dogma- 
tischen, diejenige», welche die Lehren einzelner Vorgänger dar- 
stellen and prüfen, zu den selbständigen Untersuchungen ')- Wer 
das System des Philosophen kennen lernen will, der wird sich immer 
zunächst an die letzteren zu halten haben. Auch die übrigen darf 
man aber natürlich nicht vernachlässigen, und wenn uns von den- 
selben eine grössere Anzahl erhalten wäre, wurden wir ihnen wohl 
noch manchen Aufschluss zu verdanken haben. 
Ueberblicken wir nun die sämmtlichen Werke, welche uns 
theils noch erhalten, theils nur ihren Titeln nach oder in einzelnen 
Bruchstücken bekannt sind, und lassen wir biebei, neben den Brie- 
fen and Gedichten und den ihrem Inhalt nach nicht näher bekannten 
Gesprächen auch diejenigen unächten Bücher ausser Rechnung, 
welche schon von den Alten als solche anerkannt waren *), so wie 
die, welche erst aus dem Arabischen übersetzt sind *), so begegnen 
ans zunächst einige einleitende Schriften, von denen uns jedoch 
keine erhalten ist *}; nächstdem eine beträchtliche Anzahl monogra- 
jenigen zu stellen haben, welche in blossen Auszug™ (aus der platonischen 
Republik, den Gesetzen, dam Timäas, den Schriften des Archytas) bestanden; 
tielleicht auch die Abhandlungen über Alkm&on, Demokrit, die Pythagoreer, 
Spensipp und Xenokrates] weiter werden finop.vjj[iaTai £ntj(itpj|p.«T«B , auch ifto- 
pjj[U£T« schlechtweg, genannt; die Schrift llipä xj]v X^iv wird als änijiviijia be- 
zeichnet, und die gleiche Bezeichnung machte noch für die eine und die andere 
Schrift passen; indessen ist es hier nicht immer möglich, anzugeben, was ron 
Aristoteles blos für seinen Privatgeb rauch , was für die Oeffentlichkeit be- 
stimmt war. 
1) So die Thiergescbichte en den Schriften über die Theile und über die 
Erzeugung der Thinre, die Politieun zur Politik, die Werke aber das Gute und 
die Ideen, Aber die Pjthagoreer u. a. w. zur Metaphysik. 
3) Ein Verzeichnis« solcher Schriften giobt der Anon. Men. am Scbluss. 
3) M. a, darüber Bbahdis 8. 120. 189. Weitere pseadoaristotelisehe Schrif- 
ten bei den Arabern, theils arabisch, theils hebräisch, nennt Wekrich Do 
anotorum graec. Tersion. et comment. syriacia u. s. w. {Leips. 1842). S. 137 (F. 
4) npOTpinitxb; (Dioa. 22. Anon. 6a. Alex. Top. 80, m. Schol. in Ar. 
26«,», 17. D*»ii> ebd. 13, a, 2. Anon. ebd. 7, «, 18. Tat« b. Stob. Floril. 
, 96, 21); dasselbe Werk scheinen die S B. Bibortatio ad phüoeophlam (Dsch. 
141), nd die Bihortationes (H. 169); *. 'BictetiJiinf D,og. 28; X. l<S?i]5 
Anon, 66; sc 'Eitioti)|tßv, D. 22. An. 62; x. IlatStfa; uaoh D. SS. IX, 63. 
An. BS: B., ssMk Dtoa. 148. 4 B. Solchen einleitenden Schriften (Bund» 
3y Google 
48 Ariatotalei. 
phischer Berichte und Kritiken ober frohere und gleichzeitige Philo- 
sophen •), Vorarbeiten für die eigenen Untersuchungen, deren Ver- 
lust wir in hohem Grad zu bedauern haben; zu dieser Klasse ge- 
hörten auch die zwei Werke, in welchen der Inhalt platonischer 
Vortrage wiedergegeben war, über die Ideen, und Aber das Gute*). 
8. 83 denkt speeiell an den Protreptikus) mögen die Aussprüche bei Dioo. 19. 
SO. 21. Stob. Floril. ed. Mein. IV, 193, SO. 56. 196, 47. 196, 60. BchoL in Ar. 
8, a, 46 über den Werth der Bildung und der Philosophie entnommen sein. 
1} it. tffiv il-jOiYoptiov D. 36. An. 6«, wohl du gleiche Werk, welche« 
auch luvBfuT^I T " v IMaYopsloic ipioxövTora {Simfl. De ooelo Schot. 492, a, 26. b, 
41 ff.), Hlufiafopuä (Ders. ebd. 606, a, 34. 36), X. tSJ( üuBayopixüiv Bö^i (Aux. 
in MetapL 660, b, 26 Br. 66, 10 Bon.), x. Tifr nuScrfopcrifc püloaoflac (Jamm. v. 
Pytb. 31) genannt, and obns nähere Bezeichnung von Aristotelen Metaph. 1, 6. 
986, a, 12 angeführt wird («renn hier nicht de ooelo II, 13 gemeint iat). Viel- 
leicht nur ein Thoil dieser Schrift iat die von Dum. 26 besonders aafgerulirts. 
lipo; toj; ÜuflafOpSLou;; Diog. wenigstens giebt Jeder von beiden nur Ein Buch, 
wahrend Alexander und Simplieius das zweite Bach über die pythagoreische 
Philosophie anführen. — Drei Bücher k. tij( 'ApyvTetou <p iXovof (■( (D. 36, 
An. 63. Dach. 143), daneben in etwas auffallender Verbindung: sklx toü Ti- 
p,«!ou x«\ töiv 'Ap/uTtiuv (D. 26. An. 63, wogegen Suipr. De coelo, Schot. 
491, b, 36 nur von einer ImTOjif, toi Tip.«(ou redet). — npbc ii 'Alxjiaiiuvo; 
(D. 25. An. 64). — tlpoßXjip.«™ h tSSv 4np.oxpftou 2. B. (D.26. An. 64).— 
lipo; T« MtXIooou, Itpo; Ta Fop-ylou, «p»( rä SeVOfivou;, r.p'oz ri Z»J- 
vwvo; (D. 25, An. 64 nennt aar die Schriften über Melissas and Gorgiaa). Daa 
Verhfiltniss dieser Darstellungen zu der noeh vorhandenen Schrift aber Xena- 
pbxnes Zeno und Gorgias laast sich nicht sicher bestimmen, denn wenn auch 
von den drei Abschnitten dieser Schrift, welche ala Ganzes keinenfalla für ari- 
•toteliach za halten ist, der erste bis anf wenige Einzelheiten ein achtes Hy- 
pomnema über Melissas, und der dritte ein solches über Gorgiaa sein kfinnte, 
ao giebt doch der zweite weder von der Lehre dei Xenophanes, noch von der 
Zeno'a ein treues Bild, nnd er kann deaahalb nicht einmal seinem wusentliehen 
Inhalt nach auf Aristoteles zurückgeführt werden (s. unsero 1. TL 8. 366 ff.). — 
niatwvixa (Plut. adv. Col. 20, 2. 8. HIB), vielleicht eine der folg. Anm. m 
nennenden Schriften; daas die S. 43, 1 angeführte Lobrede Platu'a gemeint iei, 
ist minder wahrscheinlich. — Ti i% tüv vdp.<av ITXitidvuc (uach D. 22 drei, 
nach An. 63 swei Bücher). — Ti ix tf|( IIol,Ti(a( (D. 33. Pmhu,. Praef. in 
Plat. Bemp., welcher diese Schrift nooh in Händen hatte). — Ti U toS Tipalou 
(s. ü.). Vgl. S. 44, 1. — II. t>)( 2jcsuo(xjioo x«t Stvoxp&TOUt ( ? lX 3O ? L«i) 
D. 25. An. 63. — l'lalonis jtujurandum 6 B. (Dach. 161. Caiuu Bibl. ». 30V, b 
übersetzt: De Plat. teatamento)> Aach die 1, Abth. S. 320 besprochenen Atai- 
pi»tt( worden hiehar gehören, wenn sie von Aristoteles herstammen sollten. 
2) Das Nähere über diese Werke bei BaaaDUt Diatr. de perd. Atist. libr. 
de id*. et de bono. Qr.-rfim. Phil. IL b, 1, A4. Kutram Forach, 36B S., wo auch 
i „Google 
Logische Schriften. 49 
Sehr zahlreich sind ferner die logischen Untersuchungen über 
die Haupt -Klassen der Begriffe *)> die Bestandtheile und die 
die weitere Litteratur angegeben ist Wir kennen beide nicht bloa ans den 
Verzeichnissen (D. 22 t.: it. ■ä.-jaioü a'ß'y '. jc. -rijt 'ISsacja' An. SS: x. t. ä^. a'. 
it. iBfot *'. Dt bono l. V. De ideii utnun txiitant neene. Dach. 143. 144), son- 
dern auch aus den CommenUtoren, von denen aber nur Alexander diese Bücher 
selbst gesehen hat (vgl. Brahdis perd. Ar. libr. 4 f. 14). Er fuhrt (in Metaph. 
564, b, 15. 573, a, IS. 566, b, 16 Brand. 59, 7. 73, 11, 63, 15 Bon.) das erste, 
»weite und vierte Buch Ä. tujv 'IBsSv an; wenn Sibias (bei Bbabdis a. a. 0, 
14) blos zwei Bücher r.. e!6Sv kennt, so zeigt diese nnr, dsas er nicht genau 
unterrichtet war. Auch Schol. in Dionys. Thr, (Bkxxeb Anecd. II, 660 f.) nennt 
das Werk. Noch Läufiger erwähnt Alexander der Schrift ic, t. 'AyafioS, deren 
sweites Buch er anfahrt (8, 42, 24. 45, 13. 63, 19. 206, 22. 218, 10. 15. Bon. 
551, b, 20. 553, a, 13. 567, h, 32. 642, b, 20. 648, a, 37. 40 Brand.), auch sein 
Bearbeiter (8. 58S, 2. 616, 2. 669, 28 Bon.) nennt sie. Aus den weiteren Mit- 
theilungen bei Simpi.. Phys. 32, h, m. 104, b, in. u. (hier nach PobfiItb) 117, 
a, m. 127, a, o. De an. 6, b, u. Phii.op. de an. C, 2, m sehen wir, da» aich 
diese Schrift mit der Darstellung platonischer Vorträge beschäftigte (vgl. un- 
sere I. Abth. S. 805). Nur ein Abschnitt ihres zweiten Buchs scheint mit der 
'Eilo-r)) Tüv Jvavtiiuv oder liafpEcrt« r. ev. bei Abist. Metaph, IV, 2. 1004, a, 2. 
vgl. b, 34. X, 3. 1054, a, 30 vgl. XI, 3. 1061, a, 15 gemeint «u sein; vgl. Alb«. 
S. 206, 19 (642, b, 17). Pseudoai.ee, a. d. a. O. Asklep. Schol. in Ar. 649, 
a, 41. Dieselbe Schrift führte endlich auch nach Alex. Metaph. 581, a, 2 
(86, 31), Psbudoalkx. 821, b, 48 (756, 17), Siupl. De an. 6, b, u., Philop. De 
an. C, 2, m., Seid. S. 36, Beruh., den Titel x. *iXoojq t {«(, mit dem sie von 
Abibtotei.es De an. I, 2. 404, b, 18 bezeichnet wird. Von diesem Berieht über 
platonische Vortrage wird aber ein selb ständig es dogmatisches Werk noch in 
unterscheiden sein, welches unter der gleichen Bezeichnung, 7t.Oil.oo,, vor- 
kommt; hierüber 8. 59. 
1) Der Titel der Schrift, welche dieser Erörterung gewidmet ist, lantet 
nach der gewöhnlichen, wahrscheinlich richtigen Angabe: KaTjjf op(ai. Da- 
neben finden sich aber auch die Ueberschriften: ic. wuv xaTTifopiülv , xari]-foptai 
*««, tc. ttÜjv 36ta xatnyop i<">v, it. tüv Set« fEvüv, t:. tljv ytvÜjv ToÜ öutoj, xaTr|YO- 
fiai jjtoi n. töjv tixa ■jmxiüTSTuiv y svwv , X, tüv xa&dXou Xö"yuiv , itpb tüv tonexuv 
(m. s. die Varianten bei Waitz Arist. Org. I, 81 und Bihpl. in Cat. 4, B Bas. 
David Schol. in Ar. 30, a, 3, auch Dioo. 24. Anon. 63). Die Uebersehrift: r.sh 
iwvtdicuiv kannte nach Sihpl. a. a. O. 95, Z. Schol. 81, a, 27 schon Androni- 
kui. — Auf eine Schrift über die Eategorieen scheint sich Aristoteles De an. 
I, 1. 5. 402, a, 23. 410, a, 14, vielleicht auch aoph. ei. 4. 166, b, 10. c. 22. 
1TB, a, 5 vgl. Anal. pri. 1, 37 zu beziehen; Eth. N. 11,4, Auf. erinnert an Kateg. 
c. 8 (vgl. TBEBDEi-KNuuEfi Bist. Bei». 1, 174); nach Sihpi.. Categ. 4, Z. Schol. 
30, b, 36. David Schol. 30, a, 24 hätte er unseres Bucbs auch in einer jetzt 
verlorenen Schrift n. d. T. KarnTOploi oder Ä&a Hat. erwähnt. Nach seinem 
Vorgang sollen Endemus, Theophraat und Phanios nicht allein Analytiken und 
Philo», d. Qr. II. Bd. x. Abth. 4 
i „Google 
Schriften jt. 'Epjuiwlaj, sondern auch Kategorieen geschrieben haben (Ammux. 
Schol. 28, a, 40. Den. in qu. v. Porph. IG, m. David Schol. 19, a, 34. 30, a, 5. 
Anon. ebd. 32, b, 82. 94, b, 14), was aber freilich in Betreff Theophraat'a von 
Brandis (Rhein. Mm. I, 1827, S. 270 f.) mit Grund beatritten, und auch für 
Eudumua bezweifelt wird. Dass Strato c 12 der Kategorieen berücksichtigte, 
ISast eich aus Siul-l. Cat. 106, A. Schol. 89, a, ST nicht beweiaen. Dagegen 
haben die alten Kritiker die Aechtheit unterer Schrift nicht bezweifelt, wah- 
rend sie eine zweite Beceusion derselben verwarfen (Sikfl. Cat. 4, Z. Anon. 
SchoL in Ar. 33, b, 30. Phtlop. ebd. 89, a, 19. 142, b, 88, sammtlich nach 
Adraatns, einem geschätzten Analoger um 100 n. Chr.); nur Schol. 33, a, 28 ff. 
scheinen Zweifel berücksichtigt zu werden, die aber schwerlich von Andro- 
nikus herrühren. Allerdings zeigt aber die innere Beschaffenheit des klei- 
nen Baches manches Auffallende, worauf sich Spergel (Münchn. Gel. Ana. 
1845, 41 ff.}, Pbaktl (Gesch. d. Logik I, 90, 5. 204 ff. 243) und Boss (Aritt, 
libr. ord. 232 ff.) gestützt haben, am seine Aechtheit za bestreiten; nach 
Puirrr. (S. 207) kann sein Verfasser nur in „irgend einem peripatetiachen 
Schulmeister" aus der Zeit nach Chrjsippus gesucht werden. Nicht aUes frei- 
lich , was für diese Ansicht vorgebracht ist, dürfte einer strengeren Prüfung 
Stand halten. Wenn es sich z. B. anch fernerhin Jemand erlauben sollte, 
von zehen aristotelischen Kategorieen zu reden, so kann er seine „kindische 
Freude" an denselben (Pramtl B. 208) ausser unserer Schrift auch auf Top. 
1, 9, wo die gleichen zehen Kategorieen angegeben sind, wie in jener, und auf 
die Nachricht (Dexipp. in Cat. 40. Schol. 48, a, 46. Simpl. ebd. 47, b, 40) 
stützen, dass Aristoteles dieselben auch noch in anderen Werken genannt 
hatte; denn nimmt auch der Philosoph in der Begel nur einen Th eil der 10 
Kategorieen in Gebrauch, so kann er darum doch, wo es ihm um Vollständig- 
keit zu thun ist, sie alle aufgeführt, oder er kann anch früher ihrer mehr ge- 
zahlt haben, als später. Wenn die Kategorieen von BeiSrtpai ofatai reden, so 
entsprechen diesem Ausdruck anderswo nicht allein naürai oüoCai (z. B- Me- 
taph. VII, 7. 13. 1032, b, 2. 1038, b, 10), sondern anch tairai oialat (ebd. Vif, 
2. 1028, b, 20. 1043, a, 18. 28); und wenn sie o. 5. 2, b, 29 sagen: tfctorw« . . . 
|ioV* . .. t& tTün «aiiä y'"1 Bidtip«! oüofai Ujevtat, so braucht man diess nicht 
au übersetzen : mit Recht ist für die Gattungen der Ausdruck Sttix. oiofai ge- 
bräuchlich (der freilieb vor Aristoteles nicht gebräuchlich gewesen sein kann), 
sondern der Sinn kann auch der sein: wir haben Grund, als eine zweite Klasse 
von Substanzen nur die Gattungen und Arten gelten zu lassen. Wenn Kat c. 
7. 8, a, 31. 39 bemerkt wird, ein npd; ti seien strenggenommen nur die Dinge, 
welche nicht blos überhaupt zu einem Andern In einem bestimmten Verhält- 
nis» stehen, sondern deren Wesen in dieser Verhältnisabesiehung aufgehe (ote 
rt tltai toOtäv im r^i jtpi( tf neof ^eiv), so braucht man hierin um so weniger 
stoische Einflüsse zu vermuthen, da das irpi( ri r.tat i/jnv auch Top. VI, 4. 142, 
a,29. 0.8. 146, b, 4. Phvs.VII,3. 247, a, 2. b, 3. Eth. N. 1, 12. 1101, b, 13 ebenso 
vorkommt. Nichtsdestoweniger lassen sich schwerlich alle Anstosse beseitigen. 
Aber doch trogt die Schrift im Ganzen ein überwiegend aristotelisches Gepräge, 
sie ist namentlich der Topik an Ton and Inhalt verwandt, und auch die äusseren 
i BV Google 
Logische Schriften. 51 
Arien der Sätze '), über die Schlüsse und das wissenschaftliche 
Zeugnisse sprechen entschieden »u ihren Gunsten. Ich glaube daher nicht, data 
sie als Ganses unterschoben ist, und mochte mir du, was uns in ihr als un- 
aristotelisch auJTSllt, lieber durch die Annahme erklären, sie habe «war einen, 
lohten Kern, sei uns aber nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten, 
Ton den sog. Poatprädikamenten (c. 10— IS) hat schon Biurou ((Jeher die 
Reihenfolge der Bücher d. arist. Organen. Abb. d. Berl. Akad. Hist philoi EL 
1833, 367 f. gr.-rüm. Phil. II, b, 406 ff.) wahrscheinlich gemacht, da» sie Ton 
fremder Hand beigefügt sind; ob aus aristotelischen Bruchstücken, wie er an- 
nimmt, mag dahingestellt bleiben. Ebenso machen aber die Sohlussworte c. 9. 
il, b, 8 — 14 ganz den Eindruck, an die Stelle von Erörterungen getreten an 
•Bin, welche der Ueberarbeiter aaswarf, indem er zugleich dieses Verfahren 
durch die Bemerkung rechtfertigte, eis haben nichts enthalten, was nicht sehen 
in dem Früheren vorgekommen sei; und so mag auch in dem Hauptkörper dar 
Schrift Einzelnes Ton ihm weggelassen oder beigefügt sein; manche Ungc 
lenkigkeit der Darstellung und des Ausdrucks kann aber auch davon herrüh- 
ren, dsss die Kategorien die früheste unter den logischen Schriften und viel' 
leicht Isngere Zeit vor den Analytiken verfasst sind. — Weitere Untersuchun- 
gen aber das Verhältnis» der Begriffe enthielt die Schrift it. tüv 'Av-.nn|*.i- 
luv (8impl. in dat., Schul. 8S, a, 17 ff. b, 10. 35 ff. 84, a, 28. 86, b, 4L BS, 
e, 19. 43. b, 5), welche wohl von der it. 'Evavrfuv (D. 33. An. 63), vielleicht 
auch von den 4. B. De contrariit et Divenit (Dach. 143) uieht verschieden 
wogegen die 'Exlojjj 'Evavrfwv (s. o. 8. 49) nicht hieher gehört. Ausserdem 
nennt Dioq. 33 eine Abhandlung Jt. EiSüv xsl Tevüv (An. 62: n. Eiäüv) und 
HiDscm S. 161 3 B. De definitianum conlTadidiong und 1 B. De relatin. — 
Hit den Kategorien scheinen nach Sihfl. Categ., Schul, in Ar. 47, b, 40 auch 
die AiatpeToet ; (D. 23: iia;p^:i; ij'j verwandt gewesen ansein; Dach. 161, wel- 
cher den Divisiones 36 Bücher giebt, laset sie encyklopadisoh von allen 
mögliehen Dingen handeln. Neben ihnen nennt D. 23 C noch AiaipETixüJy «' 
iutoExixbv i. Die erste Abth. S. 330 erwähnten platonischen iimpijwj können 
nüt den von SmrLioius a. a. O. beEeichneten kaum identisch sein. 
1) x. *Ep[(.T|Vi{a(, in Älterer Zeit von AxnaosiKus ans Rhodos (nach 
Alm. Anal. pri. 52, a, u. Ahmon. de Interpret. 6, a, n. Sohol. in Ar. 97, 
b, 13, Boktb. ebd. 97, a, 28. Anon. ebd. 94, a, 31. Philof. de an. A, 13, o. 
B, 4, n.), neuerdings von Guhposch (üb. d. Logik und i. log. Sehr. d. Arist. 
Lp*. 1839. 8. 89 ff.) und Boas (a. a. O. 233) Aristoteles abgesprochen; die 
Oründe des Andronikas sind indessen schon van den alten Aufliegern n.d.a.0. 
eaeh Alexanders Vorgang ausreichend widerlegt worden, und auch die Neue- 
ren haben ihr Verwerfungsurtheil nicht genügend begründet. Mit mehr Becht 
hUt Baums (angef. Abb. 363 ff. vgl. David Schol. in Ar. 34, b, 5) die Schrift 
Ar einen unvollendeten Entwurf des Aristoteles, welchem c. 14, schon von 
Anunonins verworfen und von Porphyr übergangen (Avmon, de interpret. 201, 
b, Schol. 135, b), wahrscheinlich von fremder Hand beigefügt sei. Für ihre 
Aechtbeit im Gänsen spricht auch, dass TsBormusT in dar Abhandlung jc.K*- 
4* 
loogle 
52 Aristoteles. 
Verfahren im Ganzen 1 ), über den Wahrscheinlictikeits - Be- 
t (Dioo. V, 44) die unsrige berücksichtigte (Alex. Anal. pri. 124, a, 
u. Schol. 183, b, 1; ausführlicher, Dach Alex., Boftii. ebd. 97, a, 38. Anon. 
Schob in Ar. 94, b, 14, vgl. daa Scholion b. Waitz Arist. Org. I, 40, welches 
zu De Interpret. 17, b, 16 bemerkt: irpbj toStd fjjoiv Ö Ociopaurot u. s. w. auch 
Auvos. De interpret. 73, a, m. 128, b, «.). Auch Ecnsvco lt. A&uf (Alex. 
AnaL pri. 6, b, m. Top. 38, u. Metaph. 63, 16 Bon. 566, b, 15 Brand. Anon, 
Schol. in Ar. 146, a, 24) war vielleicht unserem Buch (nicht, wie das Scholion 
8. B4, b, 15 will, den Kategorieen) nachgebildet. Tgl. was vor. Anm. ans Aii- 
KOMros u. A. angeführt wurde. Nach Alex. Metaph. 286, 23 Bon. 680, a, 26 
Br. hatte Arist. anch eine Abhandlung x. Ksu^ictu; geschrieben, deren 
sonst aber meinet Wissens nirgends erwihnt wird, vielleicht lautete ihr voll- 
ständiger Titel, wie der der theophrastischen Schrift, it. xarayasews xi't htorplt- 
mu(. Ebenso konnte man, nach* der Analogie der endemischen Bücher, für 
du unsrige, statt des unklaren -esi tp[»>vVE(»;, den Titel 7t. X^sia; vermuthen. 
1) Ton den Schlüssen handeln die 'AvaXufix« TtpÖTEpa, vom wissen- 
senaftliohen Verfahren die 'A vaX. E <r-Epn in je zwei Büchern. Daas Dioo. 23 
der ersten Analytik acht Bücher giebt, rührt vielleicht nur von einer andern 
Eintheilung her; möglich aber auch, das s dabei andere Bearbeitungen dieser 
Schrift mitgezählt sind: nach dem Ungenannten Schol. in Ar. 33, h, 32 vgl. 
David ebd. 30, b, 4. Fhilof. ebd. 39, a, 19. 142, b, 38. Sihfl. Categ. 4, Z Bas. 
hatte Adraätus 40 Bücher Analytiken erwähnt, von denen unsere vier allein 
als acht anerkannt wurden. Dass die diess sind, kann auch keinem Zweifel 
unterliegen, und ist ausser ihrer innern Beschaffenheit anch durch die eigenen 
Anführungen des Aristoteles (s. n.) und durch den Umstand au erweisen, dass 
schon seine ersten Schüler mit Beziehung auf dieselben ähnliche Werke ver- 
fasst haben (vgl. S. 49, 1. Brandib Bbein. Mus. von Niebuhr nnd Brandts I, 
267 ff,). So kennen wir von Eudemus eine Analytik, (Alex. Top. 70, n.) nnd 
von Theophrast wird das erste Buch seiner npdwpa 'Avcdu-ixi angerührt 
(Alex. Anal. pri. 39, b, u. 51, a, o. 131, b, o. Schol. 168, b, 8. 161, b, 9. 184, 
b, 36. Simfl. De coelo, Schoi. 609, a, 6); von Beiden theilt Alexander in seinem 
Commentar zahlreiche Bestimmungen mit, in denen sie die aristotelische erste 
Analytik ergänzten oder verbesserten, x. B 11, a, m. 14, a, m. 22, b, u. 40; a, 
m. 51, b, m. 72, a, u, 131, b, nnt. u. Ö.; für die zweite Analytik fehlen nns gleich 
sorgfältige Nachweiuungen , doch werden von Tbehist. Schol. in Ar. 199, b, 
46, Philoiv ebd. 205, a, 46, einem Ungenannten aus Alexander ebd. 240, b, 2, 
Eostbat, nach Demselben ebd. 242, a, 17 Aeusserungen Theophrast's, von 
einem Ungenannten ebd. 248, a, 24 eine Bemerkung des Ecdehds angeführt, 
welche sieb Bftmmtlich auf dieses Werk zu beziehen scheinen ; nnd wenn sich 
von Theophrast nicht allein aus dem Titel der 'AvaXutixi jtpitEoa, sondern 
anch ans ausdrücklichen Zeugnissen (Dioo. V, 42. Galen. Hippocr. et Fiat. 
IT, 2. Bd. V, 213 K. Alex. qu. nat. I, 26) ergieht, dass er, wie eine erste, so 
anoh eine zweite Analytik schrieb, so wird er bei dieser ebensogut, wie bei 
jener, dem aristo teliscben Vorgang gefolgt sein. Aristoteles selbst oitirt die 
Logische Schriften. 53 
weis 1 )) die Trugschlüsse und ihre Widerlegung*)- An die letz- 
beiden Analytiken mit dieser Bezeichnung De interpr. c. 10. 19, b, 31. Top. 
VOI, 11. 13. 162, a, 1 1. b, 82. eoph. el. 0. 2. 106, b, 8. Bhet. I, 2. 1356, b, 9. 
1357, o, 2». b, 24. Metaph. VII, 12, Auf. Eth. N. VI, 3. 1139, b, 26. 32; die« 
ist demnach ihr ursprünglicher Titel, wie er auch später der allgemein ge- 
bräuchliche geblieben ist; ttnd dass Arist. gewisse Abschnitte der ersten Ana- 
lytik n. d. T. jv toI? r.zp\ mi.Xo-;iafj.oi anfahrt (Anal. post. I, 3. 11. 73, a, 11. 77, 
t, 33), dass Pse(idoai.eicakdbb Metaph. 437, 12. 488, 11. 718, 4 Bon. die /weite 
Analytik 'AitoSturaxil nennt, dau Galbk (De puls, different. IV, Schi. Bd. VIII, 
165 K. De libr. propr. Bd. XIX, 41 f.) statt der, nie er selbst sagt, gewöhnli- 
ches Titel lieber 7t. ajXXo-poiAOü and 11. räiobt&u« setzen will , darf uns nicht 
irre machen. Aus inneren Gründen aber die erste Analytik it. ouXXo-|-!0|aoD, die 
■weite MiSoStxü zu nennen (Goupobch. Log. d. Arist. 115 ff.), ist höchst be- 
denklich. Richtig bemerkt übrigens Bkahdis (üb, d. arist. Org. 261 ff. gr.-rom. 
Phil. II, b, 1 , 224. 275 f.): die erste Analytik sei ungleich sorgfältiger und 
gleich massiger ausgeführt, als die zweite, die Arist. selbst schwerlich als ab- 
geschlossen betrachtet hätte, nnd die beiden Bücher der ersten scheinen nicht 
unmittelbar nach einander verfaast zu sein. Neben den Analytiken nennt D100. 
23 f. noohZuXXo-riojiol «', SuXXoymjiöW « ' B', SuXXoYtanxbv xsAÖpoia;', 
An. 63: 2oXXoytoj»5v 3', SuXXoYiotutßv ooiov et'; Habschi 157. 161 meint wohl 
unsere Analytiken mit den 2 B. De tyüogitmit nnd 2 B. De demonttratione. 
1) Aristoteles hat diesen Gegenstand, wohl im Zusammenhang mit seinem 
rhetorischen Unterricht, in mehreren Schriften behandelt. Wir besitzen noch 
die T 7t tun in 8 Büchern, von denen aber das letzte, and vielleicht auch das 3te 
and 7te längere Zeit nach den andern ausgearbeitet zu sein scheint (Bkahdis üb. 
d. uist Org. 255. gr.-röm. Phil. II, b, 330 f.) ; ihre Aeohtheit und ihr Titel sind 
schon durch die Anführungen bei Arist. (De interpr. c II. 20, b, 26. Anal. pri. 
■I, 11. 14, b, 12. n, 15. 17. 64, a, 37. 65, b, 16. Khet. I, I. 1355, a, 28. c. 2. 
1356, b, 10. 1358, a, 29. II, 23. 1398, a, 28. 1399, a, 6. c 25. 1402, a. 36) 
sichergestellt Die Kunst des Wahrscheinlicbkeits-Be weises nennt A. Dialektik 
(Top. Anf. Bhet Anf. u. o.), doch folgt daraus nicht, dass auch unsere Topik 
eigentlich diesen Namen führen sollte. Weiter werden genannt: Me6o8ix* 
(Arist. Bhet. I, 2. 1356, b, 19. Diobts. ep. I ad Am. e. 6. H. 729. Dioo. 24. 29 
— nach Böse S. 120 identisch mit der Topik). — Beweis 'Eict)(*tp>i|*atiK»A 
sevte ii\ (Txoet (D. 24. Ad. 63), die gleiche Schrift, welche Theo Progymn. S. 
165 W. blos ftsasi« nennt, Ai.bxasdbb Top. 16, u., Schul. 254, b, 10 naher be- 
schreibt, (lipo; flsT» imjreipElv heisst; ein gegebenes Thema dialektisch behan- 
deln; vgl. Top. II, 4. 111, a, 10. b, 12 ff. VIII, 11. 162, a, 16. 0. 14. 163, a, 36. 
b, 5. Alei. a. a. O.; Seoei; fctyHf)]|MCTUu£t also: Themata fjlr dialektische Aus- 
führungen, dialektische Angaben mit einer Anleitung zu ihrer Bearbeitung). 
Biamit identisch scheint: De propotilionifius libri XXXIII (Hadscsi: XXIII); 
iiaaliber aller de eodtm argumenta (Dbch. 155 f.). — Tnou.v7(u.aT« 'Ejcix«t- 
pjjuatixä y'(D. 23. An. 62), ohne Zweifel dieselben, welche DExirr. in Cat. 40, ' 
BchoL 48, a, 46. Simpl. in-Cat, Schal. 47, b, 39 einfach als 6*ou.mJ}mrs anführt, 
54 Arlitotelei. 
wogegen Athkh. IV, 173, c. XIV, 064, d mit der Formel: 'ApiowrAiit ?* üno- 
|m|p^ai p ;nicht auf eixtebnatimmte Schrift dios«« Titeln EUverweiaen scheint, nnd 
Dbcm. 166 unter seinen 16 Büchern Hypomnemata wohl »ach allerlei casarn- 
menfMSt. — Verwandter Art müssen die 2 Bücher 'F.Ki-/t\pJ l \i.a.-:x (D. 24. An. 
68. Dnk 146) gewesen sein, wohl ideotUoh mit den '£KLysipij[jj«a).OY:xä, deren 
3te* Buch Pbilof. Anal, post, 8ohol. 227, a, 46 anführt. Auf diosc Schriften 
scheint Akut. De mim. o. 2. 451, s, 18 vgl Tbehht. i. d. 8L 97, m, u. hinzu- 
deuten. — Weiter nennt Dias. 23 7 Bücher 'Opoi icpb tüv Tsmiv and 24: 
Tonmev (-fflv) xpbj tob( "Opou( ß', wofür Ad. 63 Toitucäv xpot mi* Bpou; xbi 
«äSj] i' hat. Droh. 163 Definition«* topieae and Deteriptio deßnüionum topi- 
tartan; femer D. 24 An. 68 : TänpotÖv Toxwv; D. 23. 29. An. 62: tc. 'Epu.- 
Tijoctac mi 'AxeKpla*(a<; D. 22: x. 'ISfuv. Indessen hat die Vermuthung 
(Bhaüdih gr.-röm. Phil. 79) viel für sich, daee diese Titel auf einzelne Theile 
unserer Topik gehen: Spoi (jtpb) t. Ton. auf die 7 ersten Bücher, ta itpö tö»v 
tdamv auf das erateBnch, das Einzelne wirklich so bezeichneten (Sehol. in Ar, 
262, a, 46; der Name kommt aber auch für die Kategorieen vor, s. o. 49, 1) 
x. ISiiat auf das 6te, tojcixov jcpbt tou( öpou; auf das 6te nnd 7te, x. ipwnjotdn ». 
äitoxp. anf das achte Bach, von dem Alex. Top. 249, m. Sohol. 292, », 14 die- 
sen Titel sowie den weiteren ic. xttfuut xs't axoxpiaEUf ausdrücklich beseugt. 
Aehnlieh mag es sieh theilweise mit den Titeln verhalten: De divieione con- 
ditümwn qaae reqairuntur in dinmdo l. III. De contradictione L XXXIX. De 
hcii vrtde argumenta petendo tüti, l. 1. De rebtu ad deßnitiontm pertmetUibue 
U IV. Definitiontim [besser: Definiendi) deteriptio l. II. (Dsoh. 151 ff. Zu dem 
leisten von diesen Stücken giebt der arabische Text bei Casiri, nach der Wahr- 
nehmung eines gelehrten Freundes, den griechischen Titel: icpbt tou; 6piTp.oiJ«.) 
De differemü» tqpicü (so Casiri 308, a; richtiger, wie mich derselbe Freund 
belehrt: „Bach der Objekte, aaf welchen einige der Definitionen beruhen; 1 ' 
WsmmicH 163 hat diesen Titel ausgelassen). De eontradieliombiu (Dsoh. 166). 
De dejmitioimm contradictionii (H. 161). Doch ist hiebe! jedenfalls viel Un- 
echtes. Zar Topik scheint auch die Schrift II «pi tj)v Xe^iv in gehören, die aber 
schon im Alterthnm angezweifelt wurde (Simfl. Categ. SehoL 47, b, 40); sie 
ist vielleicht mit dem Titel: De verborum aignifiutione (Dach. 165) gemeint. 
Dass unsere Topik erhebliche Lücken in ihrem Text habe, scheint mir durch 
die Stellen, welche Spekohl (Abh. d. Münahn. Akad. VI, 497 f.) dafür anführt, 
Bbet. I, 2. 1366, b, 10. II, 26. 1402, a, 34 nicht bewiesen, da für die erste von 
diesen Anführungen Top. I, 1. 12 ausreicht (auf die Topik wird nämlich hier 
blos hinsichtlich des Unterehieds von auW.oYnrp.os nnd feif wyvj verwiesen, wie 
auch Bkawuis üb. d. Bbet d. Arist Philologus IV, 13 f. annimmt), bei der 
■weiten aber, welche allerdings such auf Top. VIH, 10. 161, n, 9 ff. nicht (tarnt, 
eher die Anführangsworto in der Rhetorik, xaflintfp xa'i h -c'i twnxele, spltere 
Znthat sein dürften. Die Abfassung der Topik muss, nach den oben beige- 
brachten aristotelischen Anführungen, früher fallen, als die der übrigen logi- 
schen Schriften ausser den Kategorieen; auch Adiut stellte sie ihnen voran 
(SiMt-L. Categ. 4, r). 
2) II. Soiptartxwv 'EXfyxidV oder (nach Am. Sohol. 296, s, 12. 31. 29, 
sy Google 
Logische und rhetorische Schriften. 56 
teren schliessen sich die rhetorischen Werke der Sache nach an '), 
wenn auch wohl mehrere derselben der Zeit nach ihnen vor- 
angiengen, andere erst nach langern Zwischenraum nachfolgten; in- 
dessen ist uns von den vielen aristotelischen Schriften, in denen die 
Theorie der Beredsamkeit entwickelt *} , die Geschichte der Rhetorik 
Burrmus in i. Uebersetzung) oo^tanxeft eXet/oi. Indessen macht ffiin Arist, 
Org. H, 528 f. mit Kecht geltend, das» Amt. selbst De Interpret, c. 11. 20, b, 
26. Anal. pri. II, 17. 66, b, 16 auf Stellen unserer Schrift (dort c 17. 175, b, 
39. c. 30, hier c. 5. 167 , b, 21) mit der Bezeichnung h toI; TeJtUwlf verweise, 
dass er sopb, el. c. 9, Schi. c. 11, Schi. vgl. Top. I, 1. 100, b, 23 die Kenntnis* 
der Trugschlüsse zur Dialektik rechne , and c. 34 nicht Allein für die Abhand- 
lung über diese, sondern für die ganze Topik den Epilog gebe. Er will dess- 
balb die o-oyramo'i Ca. lieber als 9tes Buch der Topik bezeichnen. Nun scheint 
Arial, allerdings c. 2. 166, b, 8 Tgl. Ehet I, 3. 1359, h, 11 beide auch wieder 
in unterscheiden (Bbardib gr.-rüm. Phil. II, b, 146); doch folgt daraus nur, 
dass die Abhandlung von den Trugschlüssen spater veröffentlicht wurde, als 
die übrigen Bücher der Topik, nicht, dass sie nicht mit diesen Ein Ganzes bil- 
den sollte. Von unserem Buche waren nach An. Men. 65 die 'Eptimxi (ipi- 
OTDtüvvixüv ist dort wohl von einem Sehitiilifchl er herzuleiten) nicht verschie- 
den; D. 22. 29 unterscheidet beide. Weiter werden genannt: A Joe sc ioia~.i~ 
xa\B'. AiotipSTEis notf '.otiÄi:. Upoxioiif 'Epidvi*«!. 'Hva-cäani a' (D. 
22 f. An. 62.) Sof iTTixr,; o ' (An 62, es ist aber obne Zweifel der Sosiurr,; 
gemeint, über den S. 43, 2 z. vgl.) Statt De dtmonstrotionibus oc de proposi- 
tionibue eontenliosit bei Casibi 306, b ist nach Wbnbioh 143 f. De contraria 
tt dtverttt zu setzen. De fallacia s. de ratioetniia faliacibta (H. 159) geht 
wohl auf unsere oofwrwol IXeyjnii. 
1) Vgl. RheL I, 1, Anf. o. 2. 1356, a, 25. Sopb. ei. 34 g. E. 
2)r P iiXXo ! s. 0.43,2. T^xvneeoSixToufD. 24:T£xv7] t Tiite4oB. tfoBTiu- 
1% «', An. 63.: T(p. x.-feoB. ouvavtuvij ev 7'. Abjst. Ehet. III, 9, Schi.: ev 10« 
SfoBextiloii ; was unmöglich mit Rose S. 89 anf die Beden und Dramen de* 
Theodektes bezogen werden kann. Ehet. ad Alex, c 1, Sohl.; ev Tat; 5jc' ijiou 
rejvgut BeqSexttj -fpa^Eiaai;. Qüintil. II, 15, 10, welchen aber der Titel: ii'/yi\ 
BeoB&tou schon irre führt, nenn auch nicht in dem Maasse, wie Vii.bbies Ma- 
xniuss. o. 37, 1. Anon. Bhet. gr. ed. Spengel. I. 454). Te^vi] TnTopixj) 
(unsere Rhetorik in 3 B. D. 24 nennt nur 2, Au. 63. Dach. 147 drei). Weiter 
nennt D. 24. An. 63: Ts'yw, «', womit vielleicht die Rhetorik an Alexan- 
der (s. u.56,3) gemeint ist; D. 21: aXXij Te'v_vh ß ', wie es scheint eine Verdopp- 
lung unserer Rhetorik; An. 65: it. p^topixijc Tij( [teii futnxa 1', eine Corruption, 
deren Heilung sich nicht verlohnt. Ferner Einzelabhandlungen, unter denen 
wenig Aechtea gewesen soin dürfte: Tfyvij i^xiop-tBOTix)} (An. 66); it. Su[*- 
BouXia 4 (-^D.24.An.63); x. MU«>< (». 24 An. 63: «. \$. naOopät); *. 'AXt- 
vivBpou (vielleicht richtiger: 'AX^nvSpo;) 5) x. fijTopof i) [J. xal] noXtitxoü (An. 
66); it. Me-(:Qou; (s. S. 56, 2); De divieione conditionum . , . in dicendo (s. o. 
i „Google 
dargestellt l )> rednerische Huster gegeben *) waren, nnr Eine erbal- 
ten *), an der wir aber allerdings ohne Zweifel die reifste Zusam- 
menfassung der aristotelischen Rhetorik besitzen. Diesen Erörte- 
rungen über die Formen des Denkens und der Darstellung worden 
sich der inneren Gliederung des Systems nach die Untersuchungen 
aus dem Gebiete der ersten Philosophie anreihen , deren Ueber- 
bleibsel in unserer Metaphysik gesammelt sind*); ihrer Abfassungs- 
8. 54); 'Ent-to[(.i) TipopixcTiv, wofür aber Cobet fj^ipuiv hat, so dass die Schrift 
geschichtlichen Inhalte gewesen w&re (Dioo. II, 104). Ton den Abhandlungen 
*. IlaSüv i pT>if(n. 23) und nä6r, (D. 24) istnicht klar, oh sie rhetorischen oder 
etbiichen Inhalt« waren. 
1) Tex,vüv Suvar^T^ nach D. 24 2, nach An. 83. Dach. U6 1 B.; blosse 
Verdopplung scheint luva-jui-jrjt ß ' D. 25. Auf dieses Werk bezieht sich Cic. 
Iurent. n, 2, 6. Do orat. II, 88, 1G0. Brat. 12, 46. 
2) 'Ev8uu.tf|iai« fijTopixi je. |iE-rl A ou<a' D. 24. Dagegen An. 68 
wohl richtiger; ev8uj*. pY t T. i. n. MEffllouf, so dass letzteres ein eigenes Werk 
wäre, dessen Inhalt sich ans Rhet.I, 8. 1359, a, 16 ff. abnehmen laasi 'Ev6u- 
u.i)u.atuiv alpfati« k (D. 24. An. 63 ävftou, jHil olprftnuv, beide Titel sind aber 
unklar). Zu den rednerischen Schrift™ konnte man auch die Xpetat rechnen, 
eine Sammlung treffender Aussprüche, wie Plutarch's Apophthegmen, welche 
Stob. Floril. 5, 83. 7, SO. 31. 29, 30. 90. 43, 140. 57, 13. 93, 38. 116, 47 
118, 29 anfahrt Da aber ans dieser Schrift auch ein Wort des Stoikers Zeno 
mitgetheilt wird (57, 12), und da sich eine solche Anekdotensammlung Ari- 
stoteles überhaupt nicht zutrauen lBsst, so musa sie entweder unterschoben 
oder von einem gleichnamigen späteren Schriftsteller, etwa dem b. Dioo. V, 85 
genannten Grammatiker, verfasat sein. 
3) Die 3 Bacher der Rhetorik. Ueber die Abfassungszeit dieser Schrift, 
welche dem letzten athenischen Aufenthalt des Philosophen angehSren musa, 
vgl. m. Bbibsis Ueb. Ariat. Bbetorik, Fhilologua IV, 8 ff. Dass indessen auch 
sie nicht ohne alle Interpolationen und Versetzungen ist, dass namentlich im 
2ten Buch c. 18—36 vor c. 1— 17 gehörte, zeigt gpEsan, Ueb. A. Rhetorik d. 
Arist. Abh. d. Mflnchn. Akad. VI, 483 ff. Derselbe hat {Suva?. Ti^v. 182 if. 
Anaximenis Ars Rhet. Prolegg. IX ff. vgl. 99 ff.) die 'PijTOpi*)) Ttpöc "AXi"- 
Saväpov, deren Aechtheit jetzt allgemein aufgegeben ist, mit Ausnahme des 
ersten und letzten Kapitels, dem Rhetor An&ximenes aus Lampsakus zuge- 
wiesen; doch unterliegt diese Annahme bedeutenden Bedenken; vgl. (Taufe 
Philologns IX, 106 ff. 279 ff. Für spater halt sie auch Rose 8. 100 ff. 
4) Die Metaphysik, deren jetziger Titel nur von einem Ordner der ari- 
stotelischen Werke herrühren kann, und wahrscheinlich von AndronikuB her- 
rührt (s. Krisohe Forsch. 265 ff. Bomtz Arist. Metaph. II, 3 ff.), besteht nach 
den Untersuchungen von Bainma (Ober die aristot. Metaphysik. Abh. d. Berl. 
Akad. Hiet-phil. EL Jhrg. 1884, 68—87. gr.-röm. PhiLII.b, 541 ff.) undBowrz 
(a. a. O. S. 8— 36, ebenda«, die weiters Litteratur), denen ich mich im 
3V Google 
zeit nach sind sie wohl grösstentheils später als die meisten von 
den naturwissenschaftlichen Werken, welche unter den Geisteser- 
Weseutlichen auschliesse, neben einigen anflehten Stücken aus mehreren, mit 
einander in keinem unmittelbaren Zusammen ha Dg stehenden, und iam Tbell 
gar nicht für das gleiche Werk bestimmten Abhandlungen. Den HanptkSrper 
der Schrift bilden die Bacher I, III (B). IV. VI— IX, in welchen nach der Ein- 
leitung von B. T eine und dieselbe Untersuchung, über das Seiende als solches, 
methodisch geführt, allerdings aber weder zu Endo gebracht noch im Einzel- 
nen der letzten Feile unterworfen ist. Für eine spatere Stelle derselben IJntnr- 
inchnng scheint B.X bestimmt gewesen zu sein (vgl. X, 2 Anf. mit III, 4. 1001, 
a, 4 ff. X, 2. 1053, b, 16 mit VII, 13), aber Arist. bat den Ort, an welchem es 
sich an dieselbe anschliessen sollte, nicht angegeben. Auch die zwei zusam- 
mengehörigen Bücher XIII nnd XIV mnss er ursprünglich in das gleiche Werk 
aufzunehmen beabsichtigt haben, da XIII, 2. 1076, a, 39 auf III, 2. 998, a, 
TÄ, XIII, 2. 1076, b, 39 auf III, 2. 997, b, 12 ff., XIII. 10. 1086, b, 14 auf KI, 
6, 1003, a, 6 ff. verwiesen, und umgekehrt VIII, 1. 1042, a, 22 eine Erörterung 
über das Mathematische und die Ideen in Aussieht gestellt wird, welche nach 
XIII, Anf., wie es scheint, der Theologie znr Vorbereitung dienen sollte (Brak* 
nid S. 54?, 413 a). Andererseits fehlt aber XIV, 1 die naheliegende Beziehung 
auf X, 1, auch B. VII u. VIII sind in XIII n. XIV nicht berücksichtigt (Bonn 
S. 26). Namentlich aber ist unglaublich, daas Aristoteles einen grösseren Ab- 
schnitt fast wortgleiob zweimal gebracht hatte, wie diess jetzt I, 6. 9 und XIII, 
4. 5 geschieht; und da nun doch das erste Buch als Ganzes, ebenso wie dag 
dritte, worin es angeführt wird (III, 2. 996, b, 8 ff. vgl. m. I, 2. 982, a, 16. b, 
4. 1. 9; ebd. 997, b, 3 vgl. I, 6 f.), aller sein mnss, als das 13te, so Ist mir das 
Wahrscheinlichste, daas die Darstellung I, 9, welohe auch wirklich spater und 
reifer als die des ISten Buchs zu sein scheint, erst einer zweiten Bearbeitung 
des Isten Buchs angehört, zu welcher Aristoteles veranlasst wurde, als er in der 
Folge B. XIII nnd XIV von dem Plan des metaphysischen Hauptwerks ans- 
uhloss- Eine Spur davon, dass B. I froher eine etwas andere Gestalt hatte, 
kGnnte man Such III, 1. 995, b, 4 finden. Auch schon in der früheren mfiaste 
es aber, wegen der Verweisung III, 2. 997, b, 3, die Ideenlebre dargestellt 
haben. Ein erster, noch sehr skizzenhafter Entwurf, wahrscheinlich jedoch ein 
späterer, nicht von Aristoteles herrührender Auszug von B. III. IV. VI. bildet 
die erste Hälfte (c. I— c. 8. 1065, a, 26) von B. XI; der Best desselben, eine 
Compilation aus der Physik, ist sicher unilcht. — Als eine selbständige Ab- 
handlung stellt Bioh B. XII dar, welches aber selbst wieder in zwei ungleich- 
artige Theile zerfallt: denn- wahrend c. 6 — 12 die Ansichten des Philosophen 
über die Gottheit und die übrigen ewigen Wahrheiten in hinlänglich ausge- 
führter Darstellung entwickelt, gie.bl c. 1—5 nur die ersten Grundlinien für eine 
Bearbeitung der Lehre von den verschiedenen Principien und Substanzen. Es 
selbst unterscheidet sich (c 1. 1069, a, 36. o. 6, Anf.) von det Physik, nnd in 
der Schrift De motu auim. e. 6. 700, b, 8 wird es u. ö". T. Iv tdit juepl rijs jupiirn! 
orlooofia? angeführt; da aber jede Beziehung auf die übrigen Bücher darin 
Zeugnissen des Philosophen einen so bedeutenden Baum einnehmen. 
Im Besonderen treten ans dieser Hasse zunächst einige wichtige 
fehlt, scheint es unabhängig Ton diesen und wohl vor ihnen iiiedergeacb rieben 
in »sin (vgl. Bokitz S. 22 f. Brahdib S. 573). Da indessen nach Metaph. I, 2. 
982, b, 4 ff. VI, 1. 1026, u, 10 ff. eine ähnliche Untersuchung für dieses Werk 
bestimmt wir, so mag wohl Arial, unser B. XII in dasselbe in verarbeiten be- 
absichtigt haben. — Ebenso bildet B. V eine eigene Abhandlung, welche A. 
selbst wiederholt (Metaph. VI, 4. 1026, a, 4. VII, 1, Auf. X, 1, Auf.) mit der 
Bezeichnung i* Tdij Jttp'i toÜ noaajrö; anführt, mit der es ohne Zweifel auch 
bei Dioo. 23 gemeint ist; die Stelle V, 10 wird X, 4. 1055, a, 23, V, 22 ebd. 
b, 3, V, 15. 1091, a, 26, ebd. c. 6. 1050, b, 34 berücksichtigt, eine V, T, Schi, 
einem andern Ort aufgesparte Unters uobnng findet sich IX, 7. — Was endlich 
B. II [«) betrifft, so ist diese schon von den Alten zum Theil Paaikles aus 
Bhodus zufjeacb rieben e (s. Kbische Forsch. 268, 1. Bositz S. 15 f.) Sammlung 
von drei kleinen Aafs&tzen schwerlich für aristotelisch zu halten; dass sie nicht an 
ihren jetzigen Ort gehurt, zeigt ausser allem Andern auch der Schlau von B. I, 
der unmittelbar an den Anfang von B. III anknüpft. (Die abweichenden Annahmen 
Kosb'b 8. 153 ff., welcher ausser B. II u. XI auch B. V. XII. u. XIII verwirft, und 
die für die Stelle unseres 5ten Buches bestimmte Abhandlung it. tüv jcooa/ws für 
verlorenh&It, können hier nicht genauer geprüft werden.) Wann das Werk seine 
gegenwärtige Gestalt erhielt, läset sich nicht sicher ausmachen; die gleichen 
Gründe jedoch, welche dafür sprechen, dass sein Name von Andronikus ge- 
schöpft sei, lassen uns auch die jetzige Zusammenstellung seiner verschiedenen 
Bestandtheile auf diesen Schriftordner zurückführen. Was Aristoteles selbst 
hinterlies«, können nur die oben ausgeschiedenen einzelnen Bestandtheile un- 
serer Sammlung gewesen sein, nnd wenn er das metaphysische Hauptwerk voll- 
endet hätte, mochte er es wohl am Ehesten "Jiloooipta oder xpt&ti] "PiXono^ in 
(bezw. jspi üftoT. f iloo.) genannt haben (vgl. Metaph. VI, 1. 1026, a, 15.24.30. 
XI, 3. 4. 1061, b, 5. 19. 25. Pbys. I, 9. 192, a, 34. II, 2, Sohl. De ooelo 1, 8. 
277, b, 9. gen. et corr. I, 3. 318, a, 5. De an. I, 1. 403, b, 15. mot. anim. c 6. 
700, b, 9); sein Inhalt wird Phys. VIII, 1. 261, a, 7 auch als (ituoBos iupi i% 
äpYjjt ?>if npiaT)]«, Metaph. VI, 1. 1026, a, 19 (XI, 7. 1064, b, 3) als OtciXovudi, 
Metaph. I, 1 f. als aeipia bezeichnet. So finden sich auch im Alterthnm ausser 
Mf-ri ia Ouuui noch die Titel 2o?(i, *iloooipia, Tuprin] iliilono^lo, ÖEoXoyia 
(Asklbp. Scbol. in Arist. 519, b, 19. 31). Wenn der Anon. Hen. S. 64, von 
MsTaauaiitä x' redet, so ist dieses x entweder nur aus dem Schlnss von Metol- 
ouoixi entstanden, oder es ist dafür nach alphabetischer Zahlung K zn setzen, 
welches dann entweder ans N verschrieben, oder aus Unvollst&ndigkeit eines 
Exemplar» zu erklären ist (Kbische 274); ebenso steht bei Pbilop. Phy». e, 
13, m nur in Folge eines Lesefehlers : iv tö tpunwrt^ (statt : b t*ji A) if^ (int 
■ta ^umxi. In unserer Metaphysik, nftmlicb in B, I. XI. XU derselben, vei- 
muthet Kbische (Forsch, 265 ff.) auch die drei Bücher K, *tio<io? (at, welche 
Dioo. 22 nennt (An. Men. 61 bat vielleicht nur dnroh Schreibfehler 4 B.), nnd 
an* deren drittem Buch Oic. K. D. 1, 13, 33 nach Fbadrae Hehreres anfahrt . 
zugi^dDy Google . 
Naturwissenschaftliche Schriften. * 59 
Untersuchungen hervor, welche von Aristoteles selbst mit einander 
verknüpft, die allgemeinsten Grunde und Bedingungen des natür- 
lichen Daseins, das Weltgebäude, den Himmel und die Himmelskör- 
Und die letzteren Anführungen Hessen sieb allerdings anf Metapb. XU be- 
liehen; auch die Worte: mundum ipmm Deum dicit esse würden sioh, so wie 
der Epikureer seine Quellen behandelt, aus e. 8. 1074, b, 3, und selbst das 
Weitere: eoefi ordorem Deum diät ose, ans c. 8. 1078, a, 34 noth dürftig er- 
küren ; oder konnte man auch annehmen , dass PhKdrus , unpünktlich wie er 
ist, aus andern Schriften (wie De ooelo I, 9. 279, a, 16 ff, II, 1. Meteor. I, 9. 
339, b, 25} eingemischt habe, was er für sich verwenden konnte. Da wir aber 
doch sogleich hören, Arist habe in der Schrift it. yiXojo^fo; die Aeohtbeit der 
orpkisoben Gedichte bestritten (Philop. de an. F, 6, o. vgl. Ctc. N. 1>. 1, 38, 
107), und sioh ebendaselbst übur das Alter und die Lehren der CbsldKer 
getussert (Dioo. I, 8), was sich beides weder in unserer Metaphysik 
Endet, noch in der Darstellung der platonischen Vorträge über die Philo- 
sophie (s. o. 48, 2) gefunden haben kann, und da auf die erstere mich das Citat 
bei Brurr,. De ooelo, SchoL in Ar. 487, a, 6 ff. nicht passt, so ist es mir wabr- 
leheinlicher, dass die 3 Bücher von der Philosophie ein eigenes Werk bildeten, 
in welchem Aristoteles zuerst die Ansichten Anderer über die lotsten Gründe 
dlrstellt« nnd dann seine eigene entwickelte. Auch die weiteren Anführungen 
ans Aristoteles b. Cic. N. D. II, 15, 42. 16,44. 37, 95. 49, 125 werden von 
Bmsnis (gr.-röm. Phil. II, b, 84) in so wahrscheinlicher auf das gleiche Werk 
belogen, da bei Flut. plae. V, 20, 1 neben dem, was Cicero N. D, II, 15, 42 
•■fuhrt, auch das N. D. L 13, 83 Berichtete angedeutet ist. Jenes Werk muss 
in diesem Fall eine populärere Haltung, als die Metaphysik, gehabt haben; da 
es bei Dioo. und An. Men. mitten nnter aulchen Schriften steht, welche sich 
der dialogischen Form bedient zn haben scheinen , könnt« man recht wobl an 
ein Gespräch denken. Ans demselben kann Ssxt. Math. IX, 20 ff. um sc eher 
stammen, da Arist. darin, naoh Bimpl. a. a. 0., das Dasein Gottes erwiesen 
hatte. — Mit dieser Darstellung scheint die Schrift it. E&^ijc verwandt ge- 
wesen eu sein, welche D. 22. An. 62. Ammon. lat. S. 59. anführen, nnd aus 
welche! der Letztere, nach Sisplicifb (De coelo 74, a der lat. Uebersetzung] 
die Wort« mittheilt : quod Deut aal mtdlcctu» est out aliquid ultra iateüectum 
(sein Titel : De orationn, bedeutet nämlich nicht : n. ä^eiu;, sondern nach der 
richtigen Auffassung der griechischen Bück Übersetzung 118, b, m: n. si/iji. 
Dass unser Text des rjjmpl. dafür De oratore hat, ist offenbarer Schreib- oder 
Druekfehler. Näheres Ober diese Anführung bei Boss S. 247 f.) — Auch it. 
Tiixi* T '{An. 66) kann manhieher rechnen. — DerMavtxe;, von Dioo. L 1.8. 
(vgl. Pub. H. 21. XXX, 1, 2) als ficht benutzt, An. 67 den Psendepigraphen 
beigesahlt, wurde nach Sow. 'AvtisS. auch Antisthenes oder Rhodon (richtiger, 
nach Bbbkhabct's glücklicher Vcrmuthnng : 'AvndWwi 'PoSiio — Antisthenes aus 
Rhodos ist ein Peripstetiker ans dem Anfang des 2ten Jahrb. v. Chr.) beige 
legt. Derselbe scheint bei Hadschi 160 mit Timaeug, de scienfia magica ad 
wnaWai Qraeeorum gemeint au sein. 
^Google 
per, die elementarischen Stoffe, ihre Eigenschaften und Verhältnisse, 
nebst den sog. meteorologischen Erscheinungen behandeln '); nt' 1 
1) Es sind diess die folgenden Schriften, welche Arial, selbst Meteor. I, I 
■Ja zusammengehörig behandelt: 1) <J>vOtxij 'Axpiaaif in 6 IS. (auch An. 65 
sullte statt ii)' wohl ij' stehen). So nennen die Handschriften , auch die der 
Aualeger, Simpi.. Phys. Bing., An. G5. Dach. 147 u. A. das Werk. Aristoteles 
selbst bezeichnet gewöhnlich nur die ersten B Hoher als fuooti oder tk rapl yüaaus 
(Phys. VIII, 1. 251, «, 8 vgl. m. III, 1 ; VIII, 3. 263, b, 7 »gl. U, 1. 192, b, 20; 
VIII, 10. 367, b, 20 vgl. III, 4 ff.; Mctaph. I, 3. 983, s, 38. a. 4. 965, a, 12. 
c.7. 988, ft, 23. c 10, Anf. XI, 1. 1059, a, 34 vgl. Pliy». II, 3. 7; Metaph.1,5. 
986, b, 30 vgl. Phya. I, 2 f.; XIII, I, Auf. c. 9. 1086, a, 33 vgl. I'hya. I.), die 
spateren dagegen nennt er in der Regel ti idu» xmjoiiD« (Metaph. IX, 8. 1049, 
b, 36 vgl. Pbys. VIII. VI, 6 f.; De coelo I, 5. 7. 272, a, 30. 275, b, 21 vgl. 
Phys. VI, 7. 238, a, 20 ff. e. 2. 233, a, 31. VIII, 10; De coelo III, 1. 299, a, 10 
vgl. Phys. VI, 3. 233, b, 15; gen. et corr. I, 3. 318, a, 3 vgl. Phys. VIU; De 
sensn c, 6. 445, b, 19 vgl. Phys. VI, 1 f.; Anal. post. II, 12. 95, b, 10). Doch 
wird Phys. VIII, 5. 257, a, 34 mit den Worten sv «ff xaWsou rasal y&aw$ anf 
B. Vi, 1 f. 4, Metaph. VIII, I, Schi, mit tpua-na anf B. V, 1 verwiesen, und Me- 
Uph. I, 8. 989, a, 24. XI, 6. 1062, b, 31. XII, 8. 1078, a, 82 geht der Aus- 
druck in je. ciiüEws nicht allein auf die ganze Physik, sondern auch anf andere 
natnr wissenschaftliche Schriften (vgl. Bositz und Schweolbr e. d. SL). Dem 
Inhalt nach wird B. III, 4 f. De coelo I, 6. 374, a, 21 mit den Worten: i* rtfis 
xtp\ t»( öpX*"i B - ^'"' 4 B en - et cn "- "i l0 - 337, a, 35: mit iv ~.<iii iv äp^fj W- 
yois, B. IV, 12. VI, 1 De ooelo III, 4. 303, a, 23 mit ms: yj&vau xat xiviioEuc, 
B. I, 7, vgl. III, 6. 205, a, 6, De coelo I, 3. 270, b, 17, B. III, 6. 207, a, 8 De 
coelo II, 4. 286, b, 19, B. V, 8. 226, b, 23 gen. et corr. 1,6. 323, a, 3, B. VIII, 10 
Metaph. XII, 7. 1073, a,& ohne Bezeichnung der Schrift angeführt. Simflicius 
(Phys. 190, a, o. 316, a, m. 256, b, n. 320, a, n.) behauptet, Aristoteles selbst 
sowohl, als seine häipoi (Theopbrsst and Endem) nennen die fünf ersten Ba- 
cher fuaixä oder ic. ap£ü>v fuatxüv, B. VI — VIII Jt. xmfaEui;. Ohne Zweifel hat 
aber PoBpnva (b. Sinr-t. 190, a, m) Recht, wenn er das mit B. VI so eng ver- 
bundene B. V unter dem Titel je. xiyijmbs mitbef&aate. Denn mögen auch zur 
Zeit Ana ast'« (bei Sibpl. 1, b, m. 2, a, o.) bei Manchen die fünf ersten Bücher 
die Ueberschrift : je. äp^üv oder %. ipy&v tp'jmxüv getragen haben, welche An- 
dere dem ganzen Werk gaben, B. VI — Vm dagegen den Titel: je. xivijottu;, 
otiter dem sie auch Anbbosikcs anfahrte (Simpi.. 216, a, o.), so Mast sich doch 
nicht beweisen, dass diese auch schon in der alteren Zeit geschah; wenn viel- 
mehr Throfbiust B. V u. d. T. ix tüv täiwixü« anführte, ao kann er dabei 
tpuirixi recht wohl in jener weiteren Bedeutung genommen haben, in der es 
nicht allein unser ganzes Werk, sondern auch noch andere naturwissenschaft- 
liche Sohriften bezeichnete (s. o. und Simpi.. 216, a, m), und wenn DjUuous, 
der Lebensbeaolireiber und wohl »ach Schüler des Eudeojus, ex -erjs Jttpi yihreiu; 
itpavu.c<TELa; et]; 'ApioTorAouj eüv r.ipt xivrjaiiuc Tp!« nennt (Sun.. 3*16, a, m, wo 
für Daiuatua den Neuplatuniker Dattutst-ius zu setzen durchaus nicht angebt), 
Naturwissenschaftliche Schriften. 61 
diesen Hauptwerken hängen, so weit sie nicht als Theile darin ent- 
halten, oder als unächt zu beseitigen sind, verschiedene andere 
so folgt doch nicht, dass er damit B. VI — VIII , und nicht vielmehr B. V. VI. 
VIII meinte (vgl. Kos» 198 f. Bkasuis II, b, 782 f.). B. VII machte nämlich 
schon auf die Alten den Eindruck , dasa es nicht recht in den Zusammen hang 
lies (Jansen verarbeitet sei, und Eudemus hatte es nach Sinrr.. Phys. 242, a, 0. 
in seiner Bearbeitung der Schrift übergangen. Für unacht {wie Bobe S. 199 
will) wird es desshatb doch nicht su halten sein, wobl aber mit Biundis (II, b, 
893 ff.) für eine Zusammen Stellung vorläufiger Aufzeichnungen, die keinen 
Theil des physikalischen Werks bildeten. In seinen Text sind aus einer schon 
Alexander und Simplioius bekannten Paraphrase (Simpl. 245, a, o. b, u. 
253, b,n.) vielfache Zusätze und Aonderungen gekommen (a. Sfekhel Abhandl. 
derMünchn. Akad. III, 313 ff.); den ursprünglichen Text giebt die kleinere 
ÜBiKEs'sche und die PnANTL'sche Ausgabe. Die Aechtbeit von B. VI, c. 9. 10 
verthetdigt Brandts 11, b, 889 mit Becbt gegen Weisse. — Au die Physik 
echllesaen sieb die vier Bücher x. Oipivoü und an diese die zwei it. Yt.iiac.iai 
*ai 46opS; an; die gegenwärtige Abtheilung dieser zwei Werke rührt aber 
schwerlich von Aristoteles her, denn B. III und IV r.. OüpavaÜ ist den Ausfüh- 
rungen der zweiten Schrift näher verwandt, als den vorangehenden Büchern. 
Auf beide Schriften verweist Aristoteles durch einen kurzen ltiiokblick auf 
ihren Inhalt am Anfang der Meteorologie; auf De ooelo II, 7 ebd. I, 3. 339, b, 36 
(vgl. 341, a, 17 ff.) mit den Worten: ti mp'i tov ävu totiov Hiia^am; auf gen. 
et corr. I, 7 De an. II, 5. 417, a, 1 mit: tv tot( wltoi™ XäyoiS jtept toü jcouiv x& 
xir/ßtt (ähnlich gen. an. IV, 3. 766, b, 23: bt toi; rapt toü juquTv xa't r,ä<rfiw 
Buup lau&acj) ; auf gen. et coit. t, 10 (nicht: Meteor. IV) De sensu o. 3. 440, b, 
3. 13 mit: £v xo« rapt jii&ox; auf gen. et corr. II, 2 ff. De an. II, 11. 423, b, 29. 
De sensu C 4. 441, b, 12 mit: iv toi; r.sp\ aTQt/EHu». Eine Schrift X. Oipavaü 
haue nach Simi-i.. De coelo, Scbol. in Ar. 468, a, 11. 498, b, 9. 42. 502, a, 43 
auch Theophrast verfasst und die aristotelische darin berücksichtigt; ausser 
ilim sind Xenarchns und Nikolaus der Damasceuer die frühesten Zeugen für 
das Dasein dieser Schrift (a. Bkasuis gr.-röm. Phil. II, b, 952), deren Aechtbeit 
übrigens so wenig, als die der Bücher it. fiiiaztui x. <pü. , einem Zweifel unter- 
liegt. Aus Stob. Ekl. I, 486. 586 kann man nicht (mit Iiuxek Arist. Meteorol. 
1, 415. IL, 199) sohltessen, dass die Bücher vom Himmel ohmals vollständiger 
oder in einer andern Reoension vorhanden gewesen seien; ans Cic. N. D. II, 15. 
Pia plac V, 20 (a. o. S. 69} ohnedem nicht. — Mit den genannten Werken 
setzt nun, wie bemerkt, die Meteorologie (METEwpoXoYixä, b. An. 65: it. Me- 
ndpuv 8' J) [UTEiupoaxonii, Dscb. 148: IM metcorix IV, und wieder 8. 155: Da 
mttoru III) sieh selbst in unmittelbare Verbindung. Die Aechtbeit dieser 
Schrift kann nicht wobl bezweifelt werden: nach Alex. Meteor. 91, a, n. 
Olthtiod. b. 1dei.ru Arist. Meteor. I, 137. 222. 286 scheint sie schon Theo- 
phrist (in s. HeropcioXo^iKa Dioo. V, 44) nachgebildet zu haben ; Idelee a. a. O. 
1: VII f. zeigt, dass sie Aratus, Philocboms (?), Agathemerns, Polybiua, Posi- 
äonius bekannt war; des Letztarn ^fij-r^a:; MtTtupoXofixmv (8hfl. Pbys. 64,b,m, 
i „Google 
tJ2 Aristotoles. 
naturwissenschaftliche Abhandlungen zusammen '); eine eigene 
nach Geminus) war vielleicht ein Commentar Aber du aristotelische Werk. 
(Eratosthenss dagegen scheint sie nicht gekannt an haben; s. ebd. I, 482.) Von 
ihren vier Büchern scheint aber das letzte, seinem Inhalt nach, ursprünglich 
nicht zu ihr gehört zu haben. Ai.ehsdek (Meteor. 136, a, m) nnd Ahmokics 
(bei Olyufjod. Ariat. Meteor, ed. Id. I, 183) wollen ea lieber der Schrift vom 
Entstehen nnd Vergehen anweisen; auch an dieser passt es aber nicht, nnd da 
es nun doch Höht aristotelisch aussieht and von Aristoteles (gen. an. II, 6. 
743, a, 6 vgl. Meteor. IV, 9; part an. 11, 9. 665, b, 23) berücksichtig wird, so 
wird es für eine abgesonderte Abhandlung nu halten sein, welch« beim Anfang 
der Meteorologie noch nicht in dieser Form beabsichtigt (vgl. Meteor. I, 1, 
Schi.), in der Folge an die Stelle der Erörterungen trat, die am Schtasa des 
dritten, den Plan des Werks offenbar noch nicht zu Ende führenden Bachs 
noch in Aussicht gestellt werden. Es selbst führt c. 8. 384, b, SS die Stelle 
Meteor. III, 6/7. 378, a, IS an. Part. an. 11 , 9. 655, b, 33 wird es u. d. T. h ,tj[ 
Ttpi tüv frfpnJv x«i ojioio|isp£>v fttupia angeführt (Vgl. hiezn Idelei a. a. O. II, 
347 — 360. Sfbxobi. Bb. d. Reihenfolge d. naturwissensch. Schriften d. Ariat. 
AbhandL d. Miinchn. Akad. V, 150 ff. BsisDis gr.-rötn. Phil. II, b, 1078. 1076 f. 
Die entgegengesetzte Annahme Kos« 's a. a. O. 188 ist blosse Behauptung-.) 
Zweifel gegen das erste Buch bei Olvhpiod. a. h. 0. 1, 131 haben nichts auf 
sich. Dass es im Altarthum eine doppelte Beceniiou der Meteorologie gegeben 
habe, scheint mir durch das, was Tuki.kb 1, XII f. beibringt, nicht erwiesen. 
Die Angaben, welche er aus einer zweiten Gestalt unseres Werks ableitet, 
können meist auch andern Schriften entnommen sein, und wo diess nicht der 
Fall ist (Sek. qu. nat. VII, 38, 1 vgl. Meteor. I, 7. 344, fa, 18), lässl sich ein 
In-thnm des Berichterstatters annehmen. Möglich ist es aber allerdings, dsss 
die Schrift auah iu einer erweiternden Ueberarbeitnng oder einer mit man- 
cherlei Zusätzen versehenen Ausgabe vorhanden war. Vgl. Brisdib ß. 1076. 
I) Auf die Physik gehen die Titeli jc. 'Ap/wv i) Qfaeuis 4 (An. 63), tv 
T0I4 jc. xffiv äpvfiv rijf SXtk fiattoi (Themist. De an. 73, b, m. 74, a, n.), t* nfl« 
it. twv Jp X Öv (ebd. 76, b, m), «. Kivi)tr E o>; (D. 33 II B., An. 64 I B., Dsch. 146 
VIII B.), vielleicfat auch it. 'Apx^t (O. 33); wie es sioh in dieser Beziehung 
mit den Titeln it. «tf«ie>( (D. 26 IU, B., An. 68 I B.), * U Tixbv & (D. 36), ic. 
«thjomüv a (An. 63) verhält, lässt sich nicht ausmachen. Auch n. Xpovo-j (An. 
86) könnte möglicherweise nur der Abschnitt Phys. IV, 10 — 14 sein, doch 
möchte iob eher an eine besondere Abhandlung, von irgend einem Peripateti- 
ker, denken. Mit der Bezeichnung iv toIc it. atoiydiov verweist Ariat. selbst 
De an. II, 11. 433, b, 38 auf gen. et corr. II, 3 f.; ob aber auch bei Dioe. 38. 
An. 62 der Titel it. iKiijfsiuv v' nur auf diese Schrift, oder anoh die Bücher 
it. oäpavoE, geht, ob vielleicht aus beiden Werken das die Elemente Betreffende 
besonders zusammengestellt, oder ob endlich eine eigene Schrift über die Ele- 
mente, welche aber dann kaum für aristotelisch gehalten werden könnte, vor- 
handen war, muss dahingestellt bleiben. Aehnlich verhält es sich mit dem 
Bnohit. TOB n&9X*" 1 its*o*8«'v«.(D.23). Da Artet, salbst De an. U, ß. 
Naturwissenschaftliche Schriften. 63 
417, a, 1. gen. an im. IT, 3. 768, b, 23 mit der Formel: h xtilz nepl tau icoiitv k«l 
dir^s« auf gen. et corr. I, 7 ff. verweint, liegt es nahe, auch bei Diogenes nur 
u diesen Abschnitt, oder anch an du ganze erste Bach der genannten Schrift 
tu denken ; sollte ee aber auch eine eigene Abhandlung sein, so ist es mir doch 
jedenfalls wahrsch ein lieber, das« sie der Eröterung gen. et corr. analog war, 
ilsdass sie (nie Tuesdelembuhu glaubt, Gesch. d. Kategorieenl. 180 f.) die 
Kiiegorieen des Thung und Leidens im Allgemeinen behandelte, und dass auch 
diaiwei aristotelischen Citate sich auf eine solche allgemein logische Unter- 
äneirang beziehen. — An die Physik würden sich weiter die 86 Bücher 4* u- 
■Jiiiüy ms oToij_et»v (D. 26. An. 64) anreihen; nur können wir uns weder 
eine klare Vorstellung von dieser Schrift machen, noch sind wir ihrer Aecht- 
hat sicher. — In noch höherem Grade gilt das Letztere von den Quatitio- 
ntideniateriat} oder IV B. Dseh. 150) und der Abhandlung Deaceiden- 
ti&munivertalibut (Osch. 155); anch n. Ko"»>ou rtvioeof (An. 66) 
hat Aristoteles, welcher De coelo I, 10 — II, 1 vgl. Phys. VIII, 1—6 in gründ- 
licher Untersuchung einen Anfang der Welt bestreitet, gewiss nicht geschrie- 
ben. — Gleichfalls unterschoben ist das Bnah jcspl Käapou, ein Abriss der 
Himmels- und Erdkunde und der Theologie; das» es dem Eklektioismus des 
ersten vorchristlichen Jahrhunderts angehöre, sneht unser 3rTh. 1. Aufl. 8. 3560, 
au zeigen; Bobb's (De Arist. libr. ord. S. SO ff. vgl. S.36. 84) Gründe für einen 
früheren Ursprung (nm 250 V. Chr.) sollen bei einer neuen Bearbeitung dieses 
Abschnitt« geprüft werden. — Auch unter den Abhandlungen, welche in das 
Gebiet der sog. Meteorologie gehören, scheint viel UnSchtes gewesen zu sein. 
Eine Schrift «. 'Av«>wv (Achill. Tit. in Ar. c. 83. S. 158, A) ist Aristoteles 
vielleicht nur durch Verwechslung mit Tboophrast (über »eichen Dioo. V, 42. 
Ai.bt . Meteor. 101, b, o. 106, a, m u. ö. z. vgl.) beigelegt, oder aus Meteor. 
II, 4 ff. entstanden. Die £i](>e1c Xslp.i&viiiv (D. 26; aiju.«9iai jrEip. An. 61) fer- 
ner, von denen ein Auszug S. 973 der akademischen Ausgabe steht, die Schrif- 
ten it.Qatau.aiv (deren 4tes Buch I'b.-Plbt. de fluv. c. 25, Schi, anführt), und 
r.. TTJ; toS NtiXou avojäiaei..; (An. 66. De Aegyptiaco Nüo III B. Dach. 
145) sind gleichfalls höchst verdächtig; «tkabo, welcher von Peripatetikern 
•einer Zeit Schriften über den Nil anführt (XVII, I, 5. S. 790), kennt die An- 
sicht des Aristoteles über die Nil Überschwemmungen nur ans Posidonius, die- 
ser aus Kallisthenes, Pboklds in Tim. 37 führt aus Aristoteles nnr au, was 
Meteor. I, 14. 351, b, 28 steht, das Weitere hat erTheophrast und Eratosthenes 
entnommen; auch der Ungenannte h. Phot. Cod. 249, Schi. S. 441, b seheint , 
seine unzuverlässigen Mittheilungen nur aus der Stelle des Proklus ge- 
schöpft zu haben. Die Abhandlungen De humoribu« und De «iccitate 
(Dach. 165) sind schon detshalb nicht für Acht zu halten, weil sie von keinem 
Griechen erwähnt werden. Gegen die Schrift jc. Xam^iiuv hat Pbaktl (Arist. 
üb. die Farben, Münoh. 1849, S. 82 ff. vgl. 107 ff. 116. 142 f. n. Ö.) begründete 
Einwendungen erhoben. Dass Arist. ein Buch -. XujiüJv geschrieben habe, 
nimmt Alex, in Meteor. 98, b, u. Oltmpiodob in Meteor. 36, n(b. Idele« Arist. 
Hetsor.I,287f-)an, keiner von beiden scheint es aber selbst gekannt zuhaben; 
so bemerkt auch der sonst nicht unzuverlässige Commentar zn der Schrift Da 
i BV Google 
Klasse, den genannten nur theilweise verwandt, bilden die mathe- 
matischen, mechanischen, optischen und astronomischen Schriften ')■ 
reapiratioue, welcher Simpllcius De anima beige druckt ist, S. 175, b, u., die 
Schriften des Aristoteles 7t. (putüv nA ^uXöJv seien verloren, wesshalb man sieb 
an Theophrast halten müsse. Amt. selbst verweist Meteor. II, 3. 359, b, 20 
anf eine eingehendere Erörterung über die schmeckbaren Eigenschaften der 
Dinge; da er aber über denselben Gegenstand in der spateren Abhandlung De 
sensu c. 4, Schi, weitere Untersuchungen für das Werk über die Pflanzen in 
Aussicht stellt, fragt es sich dooh sehr, ob wir diese Verweisung anf eine be- 
sondere Schrift jt, XujiiÖv, und nicht vielmehr (als spater eingetragen) anf die 
Stelle De sensu c. 4. De an. II, 10 zu beliehen haben. Das Bruchstück Jt. tßi 
'AxoutTTüW (Ariat. Opp. II, 800 ff.) ist ohne Zweifel unächt; Tgl. Baums 
8. 1201. Kose 220 f. Eine Untersuchung über die Metalle stellt Arist. Meteor. 
III, Schi, in Aussicht, seine Ausleger erwähnen auch eines {iovoßtßlo( it. Mi- 
TÄXXuv (Sini-i.. Pbys. 1, a, u. De coelo, Scbol. in Ar. 468, b, 25. Daxasc. 
De coelo ebd, 454, a, 22. Philo p. Pbys. a, 1, m., der aber zur Meteorologie, L, 
135 Id., redet, als ob er von einer solchen Schrift nichts wüsste. Olympiod. in 
Meteor. I, 133 Id.), das aber auch Theophrast beigelegt wurde (Poi-i.ux ono- 
mast. VII, 99 vgl. Ai.es. in Meteor. 126, a, o.). Wie sich hiesu die Schrift De 
metalli fodinit (Hadbchi 160) verhalt, wissen wir nicht. Die Schritt über 
den Magnet (it. tij( Aiflou D. 26. An. 64) war schwerlich acht, die De lapi- 
iibut (11. 159; weitere Belege von dem Gebrauch dieser Schrift bei den Ara- 
bern giebt Mkieü Nicol. Damasc. De plantis nraeü S. XI), nach dem Bruch- 
stück zu urtbeilen, welches der falsche Galen De incantatione (bei Patbicics 
Discnss. Peripat. S. 83) mittheilt, gewiss nicht. 
1) flUvimaTixbv*(D. 24). n. x%t iv to! 4 M«flj[j*at;iv oi3oi«((An.66.) 
Denunerii (H. 159) ji. MoviSot (D. 25. An. 64). it. Ms T 46ou t (D. 24. An. 
63 wenn diess nicht vielmehr eine rhetorische Abhandlung war, s. o. 56, 2). x. 
HTou.biv rpip-u-üv, nach Sihfl. De coelo, Schol. in Ar. 510, b, 10. Paiu>r. 
gen. et corr. 8, b, ra. auch Theophrast beigelegt (wogegen l'im,oi\ a. a. 0.31, 
a, u. Pbys. m, 8, m. die Schrift einfach als aristotelisch behandelt) was Man- 
ches für sich hat. (Gegen ihre Aechtbeit auch Boss 193.) Dass Arist. eina Ab- 
handlung über die Quadratur des Zirkels verfasst habe, sagt Eutoc. ad Archini. 
de circ. dimens, prooem. nicht; seine Aeusscrung geht auf soph. el. 11. 171, b, 
14. I'livB. I, 2. 185, a, 16. Ohne nähere Angabe nennt Sihpl. Categ. 1, b, n. 
(Bas.) Aristoteles' -j-EufACtpix^ u xoti pj)^avuöi ßifiXia. Unsere U^avua jedoch 
(D. 26. An. 61: uj))(.aviKbv), die wohl richtiger luj^avixi 7tpoßXr)uiatB genannt 
würden, sind gewiss nicht aristotelisch. (Vgl. auch Bosn 192.) Ein 'Oictiiiiv 
nennt D. 26. An. 64, 'Oittiw David in Categ. Schol. 25, »,36; Akdbbas Bbllu- 
«rssis (bei Fabbic. Bibl. gr. III, 399 Harl.) will diese aristotelische Optik noch 
gelesen haben. Ob sie Hebt war, wissen wir um so weniger, da das Citat in 
den (gleichfalls unilohten) Problemen XVI, I, Schi, nicht einmal sicher ist. 
Die Schrift De ipecvlo (H. 161) stammt wohl keütenfalls von Aristoteles. Ein 
'Aetpovo|ttxiiv kennt nicht blos D. 26. An. 64, sondern auch Aristoteles 
i BV Google 
Naturwissenschaftliche Schriften. 05 
Auf die Physik und die verwandten Schriften folgen die nW- 
reichen und wichtigen Werke über die lebenden Wesen. Dieselben 
sind tbeils beschreibende, theils untersuchende. In die erste Klasse 
gehört die Thiergeschichte ') und die anatomischen Beachrei- 
verweist Meteor. I, b. 845, b, t (xaflixtp Seixvursi iv Ttfi; jrepi iorpoXofiav Oiw- 
pj|*«0tv) Unit De Coelo XI, 10. 391, «, 29 {mpi S\ üfi v&fan aSröW u. s. w. h tO* 
wf* JoTpoXoviav feiupeiaGio- WyET«i y«p lxavüj;| auf eia derartiges Werk, welche« 
rieb tu der Schrift vom Himmel ähnlich verhalten haben mag, wie die Thier- 
gMchichte eu den systematischen Werken Aber die Thiera; auch Sinei., i. d. 
8l De coelo, Schul. 497, a, 6 denkt an nichts andere*. Dass dies» jedoch da« 
gleich« war, welche« bei Arabern (H. 169) u. d. T. Da tideruvt arcanii, Dt 
lidtribut eoramptearcaau erwähnt wird, glaube icb nicht; noch weniger wird 
in die Aechtheit des Boches De e Celli t labentibui (H. 160), oder gar der 
Mille verba de aatrologia judiciaria (H. 161) an denken «ein. Wie ea 
■ich eonst mit der Aechtheit der mathematischen and der verwandten Schrif- 
ten verhielt, lssst sich nicht snaniaohen; dass keine derselben von Aristoteles 
verfallt «ein könne, sacht Robe 192 f. vergeblich an beweisen. 
1) ic ii Zua !dTop:a (x. Jrino» loropio; ( An. 66. DiOg. nennt das Werk 
nicht; die Araber zahlen bald 10, bald 15, bald 19 Bücher, sie hatten ss 
«]»o durch -verschiedene Zusätze erweitert, s. Wesiich a. a. O. 148 f.) Ari> 
rtoteles selbst führt diese Schrift unter verschiedenen Namen an: larapki 
(oder auch — (a) k. tk tö* {part. anim. IV, 5. 680, a, 1. IV, 8, Schi IV, 10. 
B89, s, 18. IV, 13. 696, b, 14. gen. an. I, 4. T1T, a, SS. I, 20, 7S8, b, 13. respir. 
& 16, Anf,); totopiai it. tüv ^iuc" (part. anim. II, 1, Anf. gen. anim. I, 3. 716, b, 
II. respir. c 12. 477, a, 6), Juifi torasEn (pari anim. IC, 5, Schi.) Itrtopfa «■«- 
«"t (ingr. an. c 1, Sohl.), auch einfach inopiot oder loropii De respir. 16. 478, 
1), 1' gen. anim. I, 11. 719, a, 10. II, 4. 740, a, 38. III, 1. 750, b, Sl. c. 3. 76.1, 
k 17. c 8, Schi, c 10, Sohl, c 11, Schi.) Ihrem Inhalt nach ist «ie mehr eine 
'^gleichende Anatomie und Physiologie, als eine Thierbeschreihucg ; über 
ihren Plans. U.J.BJim Arist. Tbierknnde 1 Uff. An ihrer Aechtheit ist im 
Uebrigen nicht zu zweifeln ; nur das lOte Bnch wird nicht blos mit Brisest. 
(De Arist. libro X bist. anim. Heidelb. 1842) für die Kiicküberaeteaug an« der 
liteiniichen Uebarsetzang einer aristotelischen, hinter B. VII gehörigen, Ab- 
nsnilnng, sondern mit Bchheiukb (IV, SS! f. I, XIII s. Ausg.) Boss (S. 171 ff.) 
nnd Baums (gr.-rom. Phil. II, b, 1267 f.) für unlicht zu halten sein. Ansier 
allem Andern würde schon die nnaristotellsoba Annahme eines weiblichen Samen« 
dien beweisen. Mit diesem Bach ist vielleicht die Schrift äslp (oder icepl) 
toü ji-Jj T-evväv (D. 36. An. 64) identisch. Ueber Alexsnder'a angebliche Mit 
Wirkung für unser Werk vgl. 8. 36 f., Ober seine Quellen anch Bosn S. 206 ff, 
— lieben der Thiergeschichte existirten im Alterthom noch mehrere ähnliche 
Werke. So benutzt namentlich Athebadb mit den Bezeichnungen : iv ?lf> x. 
ZrittV, IV Ttftf X. Z., iv TU) JC. ZiiiÜÜV, iv TU) ifClVpaf OuivtU ZtilRefl, iv T$ X. ZtiKOV 
i| [luitj 'I^6iiiuv, iv tu x. ZoiBuÖv x«\ 'fyBiituv, iv Ttjt a. 'IjjAiIcji» eine und dieselbe, 
Tim unserer Thiergeschichte, wie au« «einen Mittheilungen selbst erhellt, ver- 
PhO«. d. Ol, n. B4. 1. Ahm. 5 
sy Google 
66 Aristoteles. 
bangen 0; die zweite eröffnen die drei Bflcber von der Seele *)> 
schieden« Schrift, wahrend er zugleich seltsamer weise du 6to Buch derTfaier- 
gesohinhte oft als xJpirrev n. ZejJ<ov fiopduv anführt (m. a. d. Register au Äthan, 
und die Anmerkungen Schweigh&users in den betreffenden Stellen, namentlich 
in II, 63, b. III, 66, c TU, 361, f. 966, b). Auch Clehebs (Paedag. II, IM, C 
▼gl. m. Atiich. VII, S15, e) scheint sich auf dioses Werk in beaieben ; desset 
bcn erwHhnt Apollo*. Mirabil. c. 27. Weiter wird eine Schrift n. <jj]p£u>v 
(Ebatostb. Catasterismi c 41 und wohl naeh ihm das Schulion in Gküwisiccb 
Ante« Phsenom. V. 427, Arat. ed. Buhle 11,86), eine urt tp luv jiuSo Xofou- 
|i<««v Zü>uv(D. 35. An. 64) und eine weiten 6*tp tu» »uv9e"r»iv Zäu* 
(ebd.) genannt Plin. II. uat. Till, 16, 44 laset den Philosophen gegen 50, Aa- 
neoHCs Hlnb. hiet. c. 60 (66) gar gegen 70 Bücher über dieThiero schreiben. 
Aecht waren ans dieser ganzen Litteratnr ohne Zweifel nur die ersten nenn 
Bücher unserer Thiergeschiehte; daa von Athenans benutzte Werk kann eine 
erweiternde Uebersrbeiturtg derselben gewesen sein. 
1) Die *Avarou.d (nach D. 35 acht, nach An. 64 sechs, nach Deck. 148 
sieben Bücher) werden von Aristoteles sehr oft angeführt (in. s. die Belege bei 
Baisers a. a. O. 8. 1305, auch part. an. IV, IS. 696, b, 14. gen. an. II, 4. 740, 
a, SS. De sonmo 3. 456 b, 3. De reapir. 16. 476, a, 35), und ea ist nicht mög- 
lich, diese Verweisungen (mit Robe 166 f.) wegindeaten ; naeh H. an. I, 17. 
497, a, 31. part. an. IV, G. 680, a, 1. De reapir. a. a. O. waren sie mit' Zeich- 
nungen ausgestattet, welche vielleicht ihren Hauptbestandteil bildeten. Der 
Seholiast zu ingr. anim. (hinter Simpl. De anima) 178, b, n. citirt sie schwer- 
lich aus eigener Anschauung ; Apolejvs De Mag. c. 86 bezeichnet ein aristo- 
telisches Werk ir. Xibtm äviTofiijf als allgemein bekannt, sonst wird aber diese 
Schrift selten erwähnt. Ein Anszug daraus ('Ex >.&"[*] iva-ojiwv D. 36. An. 
64. Apollo*. Mirab. c.39) war schwerlich aristotelisch. Eine 'Avertop,}) övÖpJi- 
r.ov ftthrt An. 66 nntcr den Pseudepigraphen an ; Arial, machte keine Sektionen 
an Menschen; vgl. H. an. III, 3. 513, a, 12. 1, 16, Auf. 
2) X. Vuxl!, von Aristoteles an vielen Stellen der gleich zu erwähnen- 
den kleineren Abhandinngen, und gen. an. D~, 3. V, 1. 1, 7S6, a, 37. 779, b, 23. 
786, b, 35. De interpr. 1. IG, s, 6 (De motu an. o. 6, Auf. o. 11, Sohl.) ange- 
führt (s. Tee hdei.es bub<] zu Amt. De anima 116 ff.), muss früher sein, als 
diese Schriften, nnd mithin (s. u.) auch früher als das Werk «her die Theile 
der Thiere. Dass aus Meteor. I, 1, Sohl, das Gegeuthcil folge (Idelkb Artet 
Meteor. II, 360), ist nicht richtig. Die Worte ingr. an. c. 19, Seht., welche un- 
sere Schrift erst in Aussicht stellen, wfihrend sie die von den Theflen der Thiere 
voraussetzen, sind wohl mit Bumn (a. «. O. 1078) für eine Glosse zu halten. 
Von ihren drei Büchern sind die zwei ersten vollendeter, als das dritte, dessen 
zwei erste Kapitel flberdiess vielleicht eine bedeutende Textesverderbnüa er- 
litten haben. Vgl. Brandts a. a. O. 1187 f. — Droo. 24. An. 68 nennen auffal- 
lender Weise unser Werk nicht, wahrend es Dsch. 148 anfuhrt; dafür haben 
sie &iatis ic <^ux^! &- Zur Seelenlebro gehört auch der Eudemus; (■• o. 
S. 48, 2.) 
3,g,1 EE dby G00gle 
mohiftliohe Schritte] 
denen sich viele weitere Abhandlungen, thcils physiologischen, 
ibeils psychologischen Inhalts Oj anreihen. Die weiteren Ausfüh- 
1) Von den erhaltenen Schriften gehören hieber die A bh andlangen : 1) x. 
AloÖTj'atuc xa\Aia8»)Tfiv. Aristoteles citirt diese Schrift, deren Titel aber riel- 
leicht nur n. tdaflijinüis lantote (s. Idkt.br Arist. Meteor. 1,660. 11,368), put an. 
If, 7. 663, a, 20. c. 10. 666, *, 29 (Tgl. I, 1. 641, b, 2). gen. an. V, 1. 779, b, 23. 
c 2. 731, m, 21. c 7. 786, b, 24. 78S, b, 1. De memor. & 1, Anf., wahrend er 
sie Meteor. I, 3. 341, o, 14 als kflnftig ankündigt. Dmi sie nicht ganx voll- 
■tindig sei, macht Teebbblbsbobo Arist. Do an. S. 119 (den Boa* S. 319. 226, 
mit Unrecht bestreitet) wahrscheinlich. — 2) x. Mvi||ii)c xa\ 'Av*|ivi]aiw{, 
von Arial. De sensu c 1. 436, a, 6 angekündigt, n. d. T. it. y.vfyufi, De motu 
•B.c. 11, Schi, und von den Commentatoran angeführt; wie lieh hiozu du 
IH'HjtovMov (D, 26) verhalt, llsst sich nicht bestimmen; Dach. 148. 154 nennt 
beide: De memoria ei tonmo I. MemtiriaU II. — 8) it. Tnvou x«\ 'Efpij-j dp- 
»tws, gen. an. Y, 1. 779, s, 6. part. an. II, 7. 653, a, 20. mot. an. c. II, Schi. 
"geführt, De an. III, 9. 432, b, 11. De seusu c 1. 436, a, 13 ff. angekündigt. 
Diese Abhandlang wird nicht selten, aber offenbar nur aus an aserliohen Grün- 
den, mit der vorigen tn Einer Schrift, r.. [ivijji?j; xot Srcvau, xuaammengefasst 
(Gm.. VI, 6. Ai.BX.Top.379, m. Schol.296, b, 1, den Süm. uvi((iji aussehreibt. 
Der«. De sensu 125, b, u. Michael in Arist De mera. 127, a, o. Dach. a. a. 
0.}; dagegen ergiebt sich ans Arist. De divin. in s. c. 2, Schi., dass sie mit 4) 
k. 'Evuicvfnvuud 5) JC ■cjjtxaft' "Xt.vov MavTixij; zusammengehört. — 6) 
s.l!axpopidTj|TO(xa1Bp!ix«ßtiTnTot (auch von Athes. Vm, 853, a. An. 
65. Dach. 149 angefahrt). 7) s. Zioijs xat enviiou. Hit dieser Abhandlung 
gehört nach Aristoteles' Absicht 8) die lt. 'Av«JtV0T){ so anmittelbar zusam- 
men, daaa sie Ein Ganzes mit ihr bildet (De vita et in. c. 1, Anf. 467, b, 8. De 
Wpir. c. 21. 4B0, b, 21); einer dritten Erörterung, tt. NEOT))to( xaU'iJput, 
»eiche Arist. 8. 467, b, 6. 10 ankündigt, weisen zwar unsere Ans gaben die 
iwei ersten Kapitel it. Cürijf x. Qav. zn, aber offenbar mit Unrecht; es scheint 
vielmehr, diese Untersuchung sei von Arist. entweder gar nicht ausgeführt wor- 
den, oder schon sehr frühe verloren gegangen (vgl. Brakdis S. 1191 f.). Da De 
Tita et m. c. 3. 468, b. 31 vgl. De reapir. c. 7. 473, a, 27 die Erörterungen Ober 
dieTheila der Thiere (wobei nicht wohl mit Boas S.217 anHist. an. 111,3. &1S, 
«,S1 gedacht werden kann) als schon vorhanden angeführt, tongit v. c 6. 467, 
h, 6 die Untersuchungen über Leben and Tod n. s. w. als Bchluaa aller Arbei- 
ten über die Thiere bezeichnet werden, so vermuthet Bhahdib 1192 f., nur die 
eiste Abtheilung der sog. parva Naturalia (Nr. 1 — 5) sei unmittelbar nach den 
Bachern von der Seele, das Weitere dagegen, obwohl schon früher beabsich- 
tigt, doch erst nach den Werken über die Theile, den Gang nnd die Entstellung 
iw Thiere niedergeschrieben. Und wirklich wird gen. anim. IV, 10. 777, b, 6 
wf die Untersuchungen über die Gründe der verschiedenen Lebensdauer als 
«was erst Zukünftiges verwiesen. Nor müsaten dann, wie diess in den aristo- 
telischen Schriften allerdings nicht ganz selten vorkommt, die Anführungen 
<t« Schrift ic ävocxvoifc part. an. III, 6. 669, a, 4. IT, 13. 696, b, 1 erst spater 
5* 
JigilizBdby GoOgle 
68 Aristoteles, 
rangen über die Theile , die Briengnng ■) und den Ging- *) der 
beigefügt fein. Die Aecbtbeit der eben besprochenen Abhandinngen int neben 
den inneren Gründen durch die angeführten Verweisungen in andern aristote- 
lischen Schriften verbürgt. Eine beabsichtigte Abhandlung r.. Ndoou xa'i 
Tf >:!»( (De aensn e. 1. 436, a, 17. long. vit c. 1. 464, b, 33. resplr. c. 2t. 
480, b, SS) ist Allem naob nicht ausgeführt worden; schon Alex. De sensu 94, 
a,o. weiss nichts davon. Um so unwahrscheinlicher ist die Aecbtbeit einer bei 
den Arabern vorkommenden Schrift De sanitate etmorbo (H. 160). 2 Bücher 
r.. *0|(o>( (An. 66) und 1 B. it. «I'wvtjc (ebd.) sind ansicher, letzteres auch 
dadurch verdächtig, daaa es gen. an. V, 7. 786, h, 23. 788, a, 34 niebt erwähnt 
wird. — Dagegen scheint eine Schrift *. Tpo^ij ; durch die Stelle De aomnu 
c. 3. 456, b, 5. Tgl. De an. TJ, 4, Schi. Meteor. IV, S. S81, b, 13. gen. an. V, 4. 
784, b, S vorausgesetzt zn werden, s. Idei.er Arist Meteor. II, 418. 445. — Die 
Schrift x. If vfJ[j.<iio; (ob mit den 3 Büchern De tpmta am&tnaU, Dach. 145, 
ganz identisch, wissen wir nicht), welche aber auch noch andere Gegenstände 
etwas aphoristisch bespricht, muss ausser allem Andern schon desshalb jünger 
sein, als Aristoteles, weil sie den Unterschied der Venen und der Arterien 
kennt, welcher jenem noch unbekannt ist. Aus der penpate tischen Schule wird 
sie allerdings herstammen. Weiteres darüber bei Robb S. 167 ff. 
1) s. ZlI,ü> v Hopluv 4 B. (An. 66 3 B.), angefahrt gen. an. I, 1, Anf. c. 15. 
720, h, 19. V, 3. 782, a, 21. De vita c. 3. 468, b, 31 (vgL respir. 7.478 a, 27) 
mot. an. c. 11, Schi. Das" erste Buch dieses Werks giebt eine allgemeine Ein- 
leitung in die zoologischen Untersuchungen , mit Einsohluas derer über die 
Seele die Lehensthfitigkeiten und Lebensznstande, welche ursprünglich nicht 
wohl für diesen Ort bestimmt gewesen sein kann. Vgl. Bpesoel Hb. d. Reihen- 
folge d. naturwissensch. Schriften ä. ArisL, Abh. d. Münehn. Akad. IV, 159 ff. 
und die von ihm Angeführten. 
2) n. Zijiuv Teviaivn 5 B. (Dass ihm An. 66 nur drei giebt, Dach, das 
Werk S. 149 mit fünf und S. 155 noch einmal mit zwei BB. aufführt, hat na- 
türlich nichts auf sich.) Arist. verweist öfters auf dieses Werk, doch nur als 
ein künftiges (De sensu 4. 442,a,8. part an. U, 3. 111,5. IV, 4. 12. 650, b, 10. 
663, *, 6. 678, a, 19. 693, b, 24. H. an. III, 22, Anf. vgl mot an. c 11, Schi.), 
bei Diog. fehlt es; an seiner Aechtheit lasat sich aber nicht zweifeln; dagegen 
scheint B. V ursprünglich nicht dazu zu gohören, sondern eine Ähnliche Er- 
gänzung zu den Werken über die Theile und die Erzeugung der Thiere in 
bilden, wie die parva naluralta zu der Schrift von der Seele. — Eine tleber- 
Bjeht über den Inhalt der Schriften De part. an. und De gen. an. giebt Mbvrr 
Arist Thierk. 128 ff. — Die Schrift Deeoitu (H. 159) war sicher unterschoben; 
denn biebei (mit Wenkich S. 159) au den Titel r.. [ii&iuj, De sensu c. 3, zu er- 
innern, ist ganz verfehlt: s. o. 8. 61, DL Ueber das Buch ji. toS |i?j ysvväv a. S.65, 1. 
3) IT. Ztjiuv nopt'a;. Die Schrift wird part an. IV, 11. 690, b, 15. 69S, 
*, 17 mit diesem Titel, ebd. c. 13. 696, a, 12 mit dem erweiterten: n. itoptien 
xsl MvJjatiiii '.Öii ^ipuiv, De coelo II, 2. 284, b, 13 (vgl. ingr. an. c. 4. 5. c. 2. 
704, b, 18) mit der Bezeiohnnng: h vSii mp'k t«( töiv tijxiiy -jtviaui angeführt 
Naturwissenschaftliche Schriften. 09 
Thiere bringen Aristoteles' zoologisches System nun Abschlnss. Der 
Abfassnngszeit nach später, der systematischen Stellung nach früher 
sind die verlorenen Bücher über die Pflanzen •). Andere in du 
Nseh der Schlussbemerkung, c. 19, die diu freilieh schon 8. 66, 3 verdächtig 
wurde, wäre sie später als die von den Theilen der Thiere, auf die auch ihre 
Anfangsworte zu verweisen scheinen; sogleich wird sie jedoch, wie bemerkt, 
in dieser öfters angeführt, and auch am Schluss derselben (697, b, 29) nicht 
mehr als be vorstehend in Aussicht genommen. Vielleicht ist sie während der 
Ausarbeitung des grösseren Werks verfasst worden. — Die Abhandlung it. 
Zu t>> v xiVTJoE iu( kann nicht wohl ficht sein, wie diess u. A. ans der Anführung 
des Buchs it. llvedjioro« (o. 10. TOS, s, 1 vgl. Da spir. Anf.) hervorgeht (So anoh 
Boss 163 IT., wogegen BaethSlemy 8t. Hilukk Psycho 1. d'Aristote 287 die 
Aechtheit nicht bezweifelt.) Ob sie oder die je. i;«iu)v r.opilai mit den Titeln 
r. Züküv K(vr[atu< f ' (An. 66), I>e animalüim motu locali s. tncesni I (Dsoh. 149, 
dabei aber nach 146: Dt ammaKum motu eonmque anatomia VII) gemeint 
irt, Hast sich nicht ausmachen. 
3) IT. 't>u:üv ß' (D. 25. An. 64. Dach. ISO). Von Aristoteles De eonsu c.4, 
Schi. long, vitue 6. 467, h, 4. De Vita 3. 466, a, 31. park an. II, 10. 656, a, 8. 
gen. an. I, 2, Anf. V, 3. 763 , b, SO versprochen, wird die Schrift H. an. V, 1. 
636, a, 20. gen. an. I, 23. 731, a, 29 angeführt, wo aber entweder, den sonsti- 
gen Anführungen entsprechend, Futuralformen su setzen, oder spätere Ein- 
schiebsel anzonehmeti sein werden; auch Damiso. De ooelo, BchoL in Ar. 464, 
s, 29. Sihpl. De ooelo ebd. 468, b, 28. Philop. Phys. a, 1, m. fahren sie an; 
indessen haben diese Ausleger sie offenbar nicht selbst gesehen, und siescheint 
Oberhaupt im 4. Jahrhundert nicht mehr vorhanden gewesen zu sein (s. 8. 63 f.); 
such Atheh. XIV, 652, a, theilt vielleicht nur aus einer abgeleiteten Quelle 
einige Worte daraus mit. Unsere jetsigen, auch in dem älteren lateinischen 
Text durch die Hunde von 2 — 3 Uebersetsern hindurchgegangenen 2 Bücher 
t. ourcöv sind entschieden nnaristotelisch ; Mexss (Nicolai Damasc. de planus 
U. II. Lpz. 1641. Praef.) legt sie in ihrer ursprünglichen Gestalt Nikolaus von 
Dimaskus bei , vielleicht sind sie aber auch nur ein überarbeitender Aussng 
am demselben. Die Vormuthung {Jebsot im Rhein. Mus. Jahrg. 1859. Bd.XIV, 
88 ff,), (laas daa ächte aristotelische Werk in den beiden tbeophrastisoheu 
Schriften, x. futüSv Imopio und it. poröv «ttiiuv erhalten sei, hat wenig für sich. 
Dsss diese Schriften ihrem Inhalt nach vielfach mit dem übereinstimmen , was 
Aristoteles anderswo ausgesprochen, oder für die Schrift von ÜenPflinten ver- 
sprochen hat, beweist nicht das Geringste; wir wissen ja, in welchem Umfang 
die alteren Peripatetiker die Lehren und selbst die Worte des Aristoteles sich 
»eigneten. Dagegen findet sieh (um nur Einiges anrafunren) die einzige Stelle 
*bs dem aristotelischen Werk, welche wörtlich nütgethellt wild (b. Athbb. 
*. «- O.), in den theophrsatisehen (die allerdings unrulls tandig sind) nicht; 
diese ihrerseits enthalten keine einzige bestimmte Hinweisung anf aristoteli- 
sche Schriften, ein Fall, der in ao umfangreichen und mit Früherem in so viel- 
frehem Zusammenhang stehenden aristotelischen Büchern gana unerhört «äie, 
JigiiizBdby Google 
M Aristoteles. 
(laturwissensühtfttiche Gebiet einschlagende Werke, welche filr ari- 
stotelisch ausgegeben werden, die Anthropologie ') nnd die Phy- 
siognomik s ) , die Schriften Über Heilkunde"), Landwirtschaft *) 
und gerade die Stelle, worin Jessen einen FUuptbeweis für seine Anaiebt sieht, 
Caus. pl. VI, 4, 1, weist auf verschiedene in der peripateti scheu Schule her- 
vorgetretene Hodificationen eines aristotelischen Satzes hin. Von Aristoteles 
abweichend redet Theophraet von mannlichen und weibliehen Pflanzen (Caus. 
pl I, 22, 1. Hist. 1(1, 9, 2 f. n. ö.). Was weiter für sieh schon entscheidet: er 
erwannt nicht allein Alexandere and seines indischen Zuges in einer Weise, 
wie diess ed. Aristoteles Lebzeiten kaum möglich war (Hiet. IT, 4, 1. 5. 9 f. 
Cana. Till, 4, 5), sondern er berührt auch Torgfinge ans der Zeit des Königs 
Antigonas (Hist. IT, 8, 4) und der Arohonten Arcbippus (Hist. IT, 14, II) and 
Nikodorus (Caus. I, 19, G), von denen Jener 321 nnd 318, dieser 314 v. Chr. 
im Amt war. Dass auch die Sprache nnd Darstellung der theophraatiseben 
Schriften keinen Anlass giebt, sie Aristoteles beizulegen, würde eine genauere 
Untersuchung dartbun. — Böse ITT f. glaubt, Aristoteles habe die Schrift von 
den Pflanzen gar nicht wirklich geschrieben, was aber doch nicht wahrschein- 
lich iat. . 
I) Jt. 'Av6p<&Jtou OJosii);, nur An, 46 genannt, und schon dadurch mehr 
als verdächtig. 
2} $uatoYVb>[iov<x& bei Bekker S. SOG, $uatovvo>u0vmbv a' D. 25, #u- 
»!OyV(u|jov.xa S' An. 64. 
B) D. 25 nennt 2 B. 'Iarpixct, An. 64 2 B. und dann wieder S. 66 7 B. 
n. 'lorptxijc, Dich. 1G4 G 8. Quotationen mediose, B. 1G8 1 B. .De wniverto 
mediana« sensu, S. 144 2 B. De rtgimine corporis, welche aas Plato ausge- 
sogen seien (hiefür vermuthet jedoch Wembich De regimine civitatum, so dass 
es der S. 46 erwähnte Auszug aus der platonischen Republik wfire), Hadschi 
169: De »anguinU profiaione. 160: De arleriarvm pviim. flu.Es in Hippocr. 
de nat, hom. I, 1. T. ZT, 25 K. kennt eins 'Iafp<x9) SuvoiysiyJi, in mehreren 
Büchern, welche den Kamen des Aristoteles trage, welche jedoch anerkannter- 
tnassen von seinem Schüler Ueno vertatst sei, möglicherweise (wie Webrich 
8. 158 vermuthet) mit der ZuvaYairJ) in 2 B. bei Dm«. 25 identisch. Dass Ariat. 
Ärztliche Gegenstände technisch, und nicht etwa nur nach ihrer naturwissen- 
schaftlichen Seite, bebandeln wollte, wird durch die Stellen De sensu I, 1. 496, 
a, IT. Divin. p. s. 1. 488, a, b (s. a. 6, 4) Long», t. 464, b, 62. De reapir. c.21, 
Sebl. part an. II, T. 6ÖS, a, 8 unwahrscheinlich, und eine so unbestimmte Aus- 
lage, wie die Aklias's V, H. IX, 22, kann das Gegentheil nicht beweisen. 
Ceber die Schrift K. voaou xat fi-futos s. 6. 66. 
4) An. 67 nennt die reupYut* unter den Fseudepigraphen , Dsch. 164 d» 
gegen IG B. (H. nur 10) Dt agrieatiwra als acht, und eben daher, nicht aus 
der Schrift von den Pflanaen, scheint die Angabe Oeopon. HI, 8 , 4 Über Dün- 
gung der Uandelbaume genommen zu sein. Dass A. nicht über Landwirt- 
schaft und solche Gegenstände achrieb, erhellt auch ans Polit. I, 11. 128, 
a, 98. 89. 
JigiiizBdby Google 
Natuiwliianiohaftllohe Schriften. J( 
und Jagd '), sind wohl ohne Ausnahme unterschoben; und wein den 
Problemen *} allerdings aristotelische Aufzeichnungen zu Grunde 
liegen s ), so kann doch unsere jetzige Sammlung nur für ein all- 
mühlig entstandenes und ungleich ausgeführtes Erzeugniss der peri- 
pBtetischen Schule gehalten werden *}■ , 
Wenden wir uns weiter der Ethik und Politik zu, so besitzen 
1) Dieb. 146: Dt ammutUum eaptura, tue non da locit, tptifau devertoniw 
atque de&teieunt. I. 
2) H. f. Aber dieie Schrift die gründliche Untersuchung von Puarii Uen. 
i. Frobl. d. Ariat. Abb. d. Hünchn. Akad. VI, B41— 877. Kos* 180 ff. 
3} Arist. verweist an 7 oder 6 Stellen auf die KpoßXij[Mta oder Jtpoßiiy**- 
toi (PniJiTL it. a. 0. 864 f.), kaum ein einstiges dieser Citate paaat aber auf 
untere Probleme, and dai Gleiche gilt (s. a. a, 0, 867 ff.) von der MehrsaU 
der spateren Anführungen, 
4) PaiKTi. a. a. O. bat die» erschöpfend nachgewiesen, und Derselbe bat 
(Mänchn. Gel. Ana. 1B68, Nr. 26) gezeigt, dass auch unter den weiteren, Ten 
Bdwuuiii in der Didot'schen Ausgabe des Aristoteles Bd. IV beigefügten 
1ES Problemen, welche früher tbeilweise, aber gleichfalls mit Unrecht, den 
Namen Alexanders von Aphrodisiaa trugen, (m. Tgl. über diese auch Usacsni 
Alex. Apbr. probl. libri Ul. IV, Berl, 1859, 8. IX ff.) sieb nichts Aristoteli- 
sches mit einiger Wahrscheinlichkeit ausscheiden läset. — Mit diesem Charak- 
ter der Problemensainniluug bangen wohl anch die vielen Abweichungen in 
den Angaben Aber ihren Titel und ihre Bflohenahl ausammen. In den Hand- 
■ckriflen werden sie theils QpoßX^ucr» thails $uauta QpoßXiJuata genannt, nun 
Tkeil mit dem Beiiata: **t' «TSo« owarfurfif. Gei.litjb sagt gewöhnlich ProbU- 
mala, XIX, 4. Probl. phynea , XX, 4 (Probl. XXX, 10 anführend) icpoßXijusn 
fyrJxlia, Apuu De msgia e. 61 FrobUntata , Araimius und AroLLOMOB (s. 
Puftl. 869 f.) immer r.pßXijuatn <puoixi, Maoaos. Bat. VII, IS phyticae qua* 
tionet. Um so wahrscheinlicher ist es, das* die Titel; IIpej&>i|iBTuv (oder x. 
QpopX D. 23. An. 63), tnmOoutvwv DpoßX>||i&Tii» B' (D. 26. An. 64), 'Eyxu*. 
11»» B' (D. 36. An. 64), Fhytiea ProblenuUa, Adtptetha Prodi. (Amnion, r. 
Ariit. lat. 8. 58), QuaMione* phyiiear. 4 B; Quaetttone* 38 (aL 68) B., Pro- 
hgamma in ProbUmata 3 B., Quaenlionas orbiculart» (Doch. 160. 163), 
"AtaxT« iß' (D. 26. iLn-ixiiuv t(T An. 64) 4u«ixa 'Aico[ivi]{ioviiS[i.>TB (D. 
.31. Cobb-t: ijTOp.v1i51.0T«) Suppixtuv ZitTtgiiitaiv oB' (An. 66 mit demBeieaU; 
5* fi)aiv£üxatfOf ö axouarijf »ätoB; von 70 Büchern n.au|*jiixT(oy fr(n|u&*w an Ea- 
ksniai rodet auch Divm BoboL in Ar. 24, b, 8), 'E jj tg y q |j, tv a (oder sfijiaopAB) 
>aii Ti»o; 16' (D. 36. An, 64) — dass sich alle diese Titel auf die Proble- 
nemsiumlung oder einzelne Theils derselben , wenn auch nicht alle auf die 
gleiche Becension dieser Sammlung, beliehen. Dagegen können mit den ir- 
«Uia Eth. N. 1, 3. 1096, a, S nicht wohl uiwere Probleme gemeint Min, Arial. 
SEhsbü vielmehr damit keine besondere Schrift, sondern nur dal Gleiche un 
Auge an haben, was er sonst ^tunputot Xdroi nennt. 
i „Google 
72 Aristoteles. 
wir Aber die erstere drei umfassende Werke 0, von denen aber nur 
Eines, die Nikomachiscbe Ethik, unmittelbar aristotelischen Ur- 
sprungs ist *); ausserdem wird uns eine grosse Anzahl von kleine- 
1) 'Hftixa Ntxo|*4x«'« 10. B., 'HSixi Eifiijjii« 7 B., 'BBixi MsyU« 
3 B. Von unsern Verzeichnissen nennt D. 23 nur 'Hflixüv g' (al. S'), wiewohl 
er »orber V, Sl, mit Beziehung aufEth. Ena. VII, 13. 1246, b, 20) das 7te Bach 
der Ethik citirt. An. 63 hat 'HfltxSv x (Eth. Nik., deren letzte« Buch x igt), 
und dann 8. 66 noch einmal, wie es scheint, einen Auaing daraus: n. 'BSüi 
Nixojiaxstwv onoftijxat. Aristoteles selbst citirt Metaph. I, 1. 981, b, 25 Eth. 
N. VI, 3 oder Eud. V, 3, ebenso Pol. II, 1. 1261,0,30.111,9. 1280, a, 18. c. 12. 
1282, b, 10. VII, 1. 1323, b, 39. c. 18. 1332, a, 7. 31 IV, 11. 1296, », 36 die 
■fflm*, und zwar sichtbar die Nikomaohien (rgl. Bbsdixbb im Pltilologas X, 
203. 290 f.) Cic. Fin. V, 6, 12 meint, des Nikomaohue libri de monbut (Eth. 
Nik.) werden «war Aristoteles Kugeschriebon, indeuen könne ja der Sohn recht 
wohl dem Vater ahnlich gewesen sein. Auch Diob. VIII, 88 röhrt Eth. N. X, S 
mit den Worten an: yj]sl fit Ntxäjicry^ & 'Ap(ororö.ou{. Dagegen nennt Attikub 
b. Ei.ig.pi'. ct. XV, 4, 6 alle drei Ethiken mit ihren jetzigen Namen ala aristo- 
telisch; ebenso Simpl. in Cat. 1, b, u. 43, b, m. nnd der Scholiaat in Porphyr, 
Bchol. in Ar. 9, b, 22, welcher die endemische Ethik an Eudemns, die jieyaÄa 
Nixop.ax la (M. Mor.) an Nikomaohus den Vater , die |iixpa Ktxapirfut (Eth. N.) 
an Nikomachns den Sohn des Aristoteles gerichtet sein Maat. Du Gleiche 
wiederholt David Schol. in Ar. 26, a, 40. Eostbat. in Eth. N. 141, a, m (Tgl. 
AxLtL Eth. End. VII, 4, Anf. o. 10. 1242, b, 3) behandelt die endemische Ethik 
als Werk des Eudemns, d. h. er hat hier diese Angabe bei einem von den Vor- 
gingern, die er benutzt (Tgl. 8. 72, b, m), nnd wie es saheint keinem ganz Un- 
gelehrten, gefunden, wogegen er 1, b, m nach eigener Vermuthung oder einer 
gleich werthlosen Quelle Eth. N. einem gewissen Nikomaohtui, Eth. Ead. einem 
gewissen Endemus gewidmet sein lüest. Auch ein Sebolion, du Abfasics bei- 
gelegt wird, (b. Spsitoei, Ucber die unter dem Namen des Aristoteles erhaltenen 
ethischen Schriften, Abb. d. Mfinchn. Akad. HI, 439—661, 8. 620) muss Eu- 
demns für den Verfasser der endemischen Ethik halten, da es nur unter dieser 
Voraussetzung die Abhandlung aber die Lust Eth. N- VII, 12 ff. ihm beilegen 
kann. Corameniare (von Aspasius, Alexander, Porphyr, Eustratins) sind uns 
nur Ober die Nikomachien bekannt. Zum Vorstehenden Tgl. m. Spehhkl 
a. a. O. 44B ff. 
2) Nachdem noch Schleie bhachsk (Ueber die. ethischen Werke d. Ariat, 
Abhandlung v. J. 1817. W. W. Z. Philoa. III, SO* ff.) die Ansicht aufgestellt 
hatte, ton den drei ethischen Werken sei die sog. grosse Moral das sJteate, die 
nikomaohiaohe Ethik das jüngste, so ist jetat durch die angeführte Abhandlung 
Bpe>sel'b die umgekehrte Annahme, dass die nikomaefaisehe Ethik du kchte 
Werk des Aristoteles, die endemische eine Ueberarbeitnng desselben durch 
Eudemns, die grosse Morel ein Ansang, aanlehst ans der endemischen, sei, am 
allgemeinen Anerkennung gebracht worden. Dagegen ist die Stellung der 
drei Büoher, welche der nikomaohjachen nnd endemischen Ethik g 
Ethische Schriften. 
reu Abhiodloiif es genannt, anter denen jedoch gleichfalls viel Un- 
whies gewesen zu sein schein! *)■ Auch von den staatswissenschafl- 
•ind {Nik. V— VII, Eud. IV— VI), noch streitig. Sriroix (MO ff.) glaubt, sie 
gehören ursprün glich den Nikomaohien an , nachdem aber die entsprechenden 
Abschnitte der Endemien frühe verloren gegangen, seien sie rar Ausfüllung 
der Lflcke in diesen verwendet worden; die Abhandlung über die Lost, Nile 
TU, 1t ff., ist er (8. 518 ff.) geneigt, für ein Bruchstück der endemischen 
Ethik in halten, ohne doch die Möglichkeit, aussen lies Ben su wollen, das» ale 
siu von Aristoteles für die niko maobische bestimmter und spater durch X, 1 ff. 
ersetzter Entwarf sei. Dagegen will Pieoae* (De Ethicis Eadem. et Nicom. 
Bonn. 1847) und an ihn sich anschliessend FnrrMCBK (Amt. Eth. End. 1861. 
Prolegg. XXXIV) nnr Nik. V, 1— 14 der nikomaohfechen, Nik. V, 16. VI. VII 
dar endemischen Ethik »weisen, wahrend Bbhdixbx (Philologna X, 199 t 
!63fr.) nmgokehn den aristotelisoben Ursprung der drei Bücher, mit Einsoblusf 
ron VII, 13 — 15, mit beaobtenswerthen Gründen vartheidigt, Bbahdib (gr.-rtJm. 
Phil, II, b, 1556 f.) und Pranti, (Hb. die dianoBtisohen Tugenden d. Ariat. 
Manch. 1862. 8. 6 ff.) Spengel's Ergebnissen beitreten. Auch ich kann nicht 
umhin, diese im Wesentlichen für richtig in halten, nenn auch Einzelnes noch 
nicht gans erledigt ist; so namentlich die Fragen hinsichtlich der Abschnitt« 
Nik. VII, lg — 15. V, 15, und der End. VII unordentlich genug zusammen ge- 
stellten ErSrtenmgen. 
1) Es sind diess die folgenden: Dar noch vorhandene kleine Anftats n. 
'apcTÜ* x*\ Kaxtüv (Arist. Opp. 1349—1351), die Arbeit eines halb akade- 
mischen halb peripatetischen Eklektikers, schwerlich alter, als das ante vor- 
christliche Jahrhundert ; wie sich hiesn die zwei oder S B. flpot ioci; x. *Aps- 
'ij; (D. 33. An. 62) und die Abhandlung «. 'Apitijc (An. 66) verhalten, West 
lieh nicht ausmachen. II. Auaieoiivne 8' (D. 22. An. 61. Dach. 142, vgl.Oc. 
Bsp. 10, 8; ein Fragment daran«, welches ebenso, wie die Stellung in den 
Teneiohnissen, auf Gesprächsform hinweist, b. Dbmrtb. De elocut. 28. s. o. 8. 
«, I). (I. AikbIov B' (D. 34. An. 63). D. toÜ Bt\ti«io% s ' (D. 23. An. 63). 
". KaXoü «' (D. 24. x. KilXtraj «' An. 63). IT. *Exou<tte« (-Juv) «' (D. 24. 
An. 63). D. toaAipstoOx«\TouSi>jiBeai)xotot «' (D. 24. *. AlpswE xA 
lyfaiivrmt An. 68). II. 'HSoviS« «' (D. 33. 24. An. 62. Dach. 145. Aus die- 
nr Sohrift scheint das Fragment b. Pi.dt. Sto. rep. 15, 6. 8. 1040 M stammen, 
nicht aus der x. Suuwxnlvni, der letztere Titel gebt dort, wie §. 1. 8. lOu. a. St 
i"gen, anf das chrvsippisobe Werk). Ob Aristoteles auch eine eigene Sohrift 
*. 'Eciluu.Eaf verfasst bat, ist iweifelbaft; De sensu, Anf. stellt er Untersu- 
chungen Aber das Begebrongs vermögen als künftige in Aussicht, wir hören 
»b« nicht, daas sie ausgeführt wurden; was Banoa da Ira I, 9, 3. 17, 1. III, 
i, 1 mitthcilt, fttr diese psychologische Abhandlnng obnedie» weniger passend, 
ra»g «her in der Sohrift jt. Ilaaüv 'OpY^S ( D - 3$, den. 24: nifo] <x') gestan- 
den haben. Die 'EpoiTini (nach An. 66 in 6 Bttohero und von dem 'Eptiratoj 
weh vorsebieden) sind schon S. 48 berührt worden; neben ihnen nennt An. 
*U. D. 24 (wo sie aber Ccbet streicht) noch 4 B. 8isme ■puTuta'i, ebenso hat 
3,g,1 EE dby G00gle 
74 Aristoteles. 
liehen Werken des Philosophen ist uns nur Eines, die seht Sicher 
der Politik *), erhalten, seinem Inhalt nach eines von den reifsten 
und bewunderungswürdigsten Erzeugnissen seines Geistes, das aber 
ihnlich, wie die Metaphysik, nicht aar letzten schriftstellerischen 
Dach. 144. 146. 162 S B. Dtmnon, 8 De reimt amatoriit, ntid noch einmal 
1 B. Objecto amaloria. II. *ii.(«f «' (D. 22, -j' An. 2) könnte Eth, N. VIII. IX 
sein, die öioiij f iXixsl p" dagegen {An. 63. D. 24, ron Cos et eingeklammert) 
lassen lieh nicht hieranf beziehen, Zur Hon!, nicht ni Physik, werden such 
die libri da matrimonio {Hieran, c. Jorin. I. T. IT, 191, n. Hart.) an rechnen 
•ein, für welche An. 66 die Titel giebt: X. £vjifliui<«nit ävSpöf x«i ^uvoutd«. No- 
(toi ävSpo« *«l -ra|uriis. Vgl. Eth. N. 1 163, *, 29. Roh 8. 60 f. glaubt die Schrift 
x. £u[ißuüa. o.g. f. in dem sog. JteuBuch der Oekonomik erhalten, welche» Aretin 
nach einer Mteren Uebcrsetsung herausgab. Ana einer Abhandlung w. JTXoif™ 
(D. 22. An. 63) theilt Cic. Off. II, 16, 56 etWM mit; auf dieselbe scheint «ich 
Pbilodih. De virt et rit (Ariat Oecon. ed. (iöttl. 9. 66) za betiehen; vgL 
Skkäukl, Abb. d. Hünchn. Akad. V, 449, der sUtt «. K[oXtTrx%] mit Recht K. 
itXuiho« rerranthet. Ein tyxityiov nlodiou nennt An. 66 nnter denPeendepigra- 
nhen. Von der Schrift it. EäT«*ii»f (D. 22. An. 03. Dach. 143, der Ihr offen- 
bar irrig 6 Bücher giebt Flut. Arial c. 27. Pbeutjophtt. De uobilit. c. 7. 9, 
der aber ans ihr anführt, was Polit. 111, 13 f. iu lesen iat. Athii. XIII, 656 a), 
deren Bruchstücke b. Stob. Floril. 76, 24. 26. 77, 18 ihre dialogische Form be- 
weisen, war schon in unserer lten Abtu. S. 47 f. die Rede. Ihre bereits von 
Plutarch bezweifelte Aechtheit Hast sich nach dem dort Beigebrachten kaum 
annehmen, ea müsaten denn die Angaben über ihre EnShlung von der Ehe des 
Bokratea mit Mjrto die wesentlichsten Irrthdmer enthalten. — Einer Scbrift 
*. M^Br,t (Hadiehi J59] erwähnt Pi, ct. qn. conriv. III, 3, 1. 6.8. 060 vgL ebd. 
5, 1, 1, 3. 8. 662. Athen. II, 44, d. X, 429, o. f. 447, a (I, 34, b). XI, 464, c 
496, f. XIV, 641, b. d. II, 40, d. Apollo». Hirab. c. 26. Maobob. Sat VII, 6. 
Eup.xoTixo'l Näu-oi, vielleicht zunächst für den Gebrauch seiner Schule tot- 
fasst, nennt Äther. I, 3, f. V, 186, b. e. Nor ein Schreibfehler dafür scheinen 
die Titel: ?%o; auTia-rums (D. 26), Nd(uiv ewrraTixnVi (West. ouaaiTcxüv) «' (An. 
66), nur eine andere Bezeichnung Suamrixot bei Prokl. Praef. in Plat. Remp., 
welcher die Schrift noch gekannt haben mnss. Dagegen führt An. 66. 66 3 B. 
SuooiTixüW npop3.t]u.iT(uv nnd eine Schrift IC S'jooitituv I| Huproouev noch beson- 
ders auf, mit welchem Recht wiesen wir nicht. — Auch die Koiva'i AiaTptßat 
'ApwTotÄous, von denen Stob. Floril. 88, 37. 45, 21 Bruchstücke mittheilt, 
scheinen dem Philosophen, nicht etwa einem andern Gleichnamigen, beigelegt 
gewesen an sein; sie waren aber wohl eher eine Sammlung ron Benteraen aus 
dessen Schriften, als ein achtes Werk. 
1) Ariat. setat dieses Werk mit der Ethik in die engste Verbindung, in- 
dem er die letalere als eine Hillfswissensofasftt der Politik behandelt (Eth. N. I, 
1. 1094, a,3<5 ff. 1096,(1,2. u. 2, Ante. 13. 1102, a,ö. VII, 12, Auf. Rhet. 1,2. 1366, 
a, 86), und die Verwirklichung derGrands&tae, welche die Ethik aufgestellt hat, 
ron der Politik erwartet (ebd. X, 10); doch aollen beide nicht bloa «wei Theile 
sy Google 
Staats wissenschaftliche Schriften. 75 
¥oileod«f g^taogtM 1 ), Die OßkonomikkinnnirAtlur acht gehtlton 
werden ! ); alles Andere, darunter auch die unersetzlichen Politieen, ist 
bis anf dürftige Bruchstöcke verloren •). Nur ein Brachstflck ist 
Einer Schrift sein (vgl. PoliL VII, 1. 1828, h, 89. o. 18. 1332, a, 7- 21. II, I. 1261, 
1,10.01, 9. 1280, a, 18. c. 12. 1282, b, 19). Ad «einer Aeohtbeit llut sich, sooh 
ibgesehon von dem Citat Khet. I, 8, Bohl, und der Anführung in denVeroeloh- 
niissu (D.24. An. 63 ; dase Letzterer 20 Bücher nennt, Ul wohl bloieer Schreib- 
fehler, K für II), nicht sweifeln, so selten es aueb sonst von den Alten genannt 
*ird. (ni. e. die Nachweisongen beiBpRaoEL. Uob. d. Politik d. Arist. Abhnndl. 
i. Münebn. Akad. V, 44). 
1) Da* Nähere hierüber in dem Abschnitt über die Politik. 
2) Von dem »weiten Buch (Ober dessen Anfang Boss B. 69 f. ■. Tgl.) ist 
ditss langst anerkannt, in dem ersten will Göttlihö (Arist. Oeoon. 8. TU. 
XVII) einen Ansang ans einer acht aristotelischen Schrift sehen; mir ist es 
vshescheinlicher, daas ob eine anf Polit I ruhende Arbeit eines Späteren ist 
D. 22. An. 65 nennen Olxovepwbf k. Ueber Aretin's zweites Bnoh der Oekono- 
mik s. 8. 74. 
3) Die politischen Schriften, welche süsser den angeführten genannt wer- 
fet, sind diese: 1) HoJ.tTF.1ii (»un Boss 8. 66 f. aas höchst nnsareichendM 
Branden verworfen), eine Beschreibung der Verfassung Ton 168 Staaten (D.97. 
An. 66 Tgl. Cic. Pin. V, 4, 11); wann Ammor. t. Ar. 48: 266, Amnion, tat. S. 
M. David Sohol. In Ar. 34, a, 34. Sebol. anon. ebd. 9, b, 16: 960, Philoc 
ebd. 36, b, 19: ungefähr 260, Dsoh. 8. 166: 171, ein Anderer (b. Hkibelot 
BiM. Or. 971, a) 191 Politieen zahlt, so mag diese theüweUe von Verwechs- 
lung der Zahlzeichen, mehr jedoch von Erweiterung der Sammlung durch nn- 
Wite Stucke herrühren ; auch Sihi-l. Categ. 2, c (Sohol. 27, a, 48) kennt solche, 
denn er nennt unter den gemeinverständlichen Schriften des Aristoteles die 
pjfist «ätou icoXtnlai. Dia zahlreichen, aber nicht sehr ausgiebigen, Brach- 
•tacke bat Mür.i.m Fragm. bist. gr. 11, 102 ff. gesammelt, einen Nachtrag dam 
giebt Bochkot im Pbilologus IV, 266 ff. — Vielleicht nur ein Tbeil dieses 
Werks sind 2) die Nifitjia ßapBapixct (Apollos. Mirab. c. 11), nach NojjlEp 
suv jlapB. ouuaY*"!^) genannt (An. 66), deren Brnohstücke bei Müller a. a. O. 
l'8(f. zu finden sind. Zu diesen werden such die Nifiipa 'Piojiaiiov, welche An. 
Heii. 66 besonders aufführt, so gnt, wie die Nd|«|Mi Tud^vüv (Ami. L 28, d) 
gebart haben. — Dagegen können 3) die 4 Bücher Nop.wv (D. 26. Nouijuu« 
An. 66) nicht wohl damit zusammenfallen. — Von den Streitigkeiten ewisohen 
sin verschiedenen Staaten and den Granden , worauf sich die gegenseitigen 
Anspräche stützten, scheinen 4) dioA niiio|j.ita «iSXf.iijv (Amkos. De differ. 
TOcab. n. d. W. Ifijn JutäßsotioiK* yraeesrt™ dvitatum Ahmob. vita Arist. iat 
S. 5B) gehandelt zu haben, welche auch kürzer blos iixouüfjST» genannt wer- 
den (D. 26. BiapoaaaT. Apujiäf). — 6) Mit Unrecht scheinen 5 Bücher i.tüv 
Siiiuvot 'AJiiviuv (An. 66) Aristoteles beigelegt zu werden (vgl. Müi.lt.b s> 
«■ 0. S. 109, 12); »och Gblu II, 12, 1 kann den Politieen entnommen sein. — 
i „Google 
78 Aristoteles. 
«ich unsere Pofitik 0; von den übrigen Schriften tat Theorie und 
8) Bin IIoXitixöc (Dich D. 22 swei, nach An. 61 Ein B.) scheint Gesprächs- 
form gehabt in haben; neben ihm werden aber noch 7) IToXiTixii ß' (D. 34), 
wohl identisch mit den Otsii; iroXitix«! ß' (Ad. 68) genannt, wogegen An. 6t 
dem Gry Ho* («. o. 43, 1) onr ana Venehen der Nebentitel % ir. TtoXrttxijc beige- 
legt sein kann. — 8) Ein Bnoh r.. Bssilidtt (D. SS. An. 62. H. 16t. Ein 
ebrfixschra Verzeichnis* b. Wenrich 3. 189) war an Alexander gerichtet, a. o. 
S. SO, m; ebenso 9) nach Ahmos. Schol. in Ar. 36, b, 46 der 'AXlgavSpot )[ 
oitip anolxuv (oder -i&») D. SS. An. 62. — 10) Des 'AXs'EavSpoj 3] x, f^ropo; 
11 noXtimoB wurde schon 8. 56, S erwähnt. — 11) Van einer Abhandlung it. 
'Apx.'is (D. 23) kann man «weifein, ob sie politischen oder metaphvsiseban In 
lialts war; die Schrift Jt. TIXoutou (i. S. 74) wird weniger inr Oekonomik, 
als inr Ethik, an rechnen sein. Ueber ein mittelalterliches Machwerk, welches 
■ich für die Schrift je. SstoXtCof auaingeben scheint: tecretumt «ecretorum (oder: 
liber moraiiu-nt de rtgimine prindpum) ad Atexandnem vgl. Gxinn Ariat. und 
Alex. S34 f. Robb 188 f. 
1) Diese Schrift hat in nnaern Ausgaben den Titel: it. UoiigTixijt- Aristo- 
teles seibat fuhrt aie öfters, theüs als aukünftig (Poiit. VIII, 7. 1341, b, 38 vgl. 
Interpret, c. 4, Schi.), theila als schon vorhanden (Ehet. I, 11, Bohl. III, 18. 
1419, b, 2. 111, 1, Sohl. c. 2. 1404, b, 7. 27. 1406, a, 3) an, mit der Beseiah- 
nang tv to1( mpl jtoiijTraiJf , wofür nur einmal iv toT( r., nonjnut steht. Die Ver- 
zeichnisse nennen: ^pa-rfioTti'o t^vi]< irongTuofc ß' (D. 24), -tffvrn itou]T. ß' (An. 
63), itournx« (oder -öv), a' {D. 26. An. 64), 1t. xongtoiöv (Ammon. V. Ar. 44), 
traetatu» de poltiea (Aminon. Ist. 64), Dt arte po&ica teeundum Fyihagoram 
tjtuque teetatortt 1. II (Dach. 146). Alex, in soph. ei. , Schol. in Arial S99, h, 44 
(wo aber der Text an Indem ist) hat: iv t$ it. xoajiixilc, HjsMUal in Phaedr. 
G. 111 Ast: iv to. it. itoDjT., Simpt.. in Categ., Schol. 48, a, 12. S&: iv tö ic. lt., 
David ebd. 26, b, 17 t'o jc. not., Phii.op. De an. B, IS, Bai h tjj noujTuuj, dagegen 
Bon™, in Ubr. de Interpret. S. 990: librat de artepoüiea |s. Eittbh Arial. Poet, 
praef. VI ff.). Die älteren Zengen kennen somit swei Bücher der Poetik (über 
die angeblichen Zeugnisse für ein drittes s. m. folg. Anm.), die späteren, seit 
Alexander von Aphrodisiaa, mit wenigen Ausnahmen, und was ihre eigene 
Kenntnis« betrifft wohl durchaus (denn auch von Bonn. a. a. O., Simfl. and 
Pnn-op. in den gleich anzuführenden Stellen ist in vermuthen, daaa aie &ni 
Aelterett nachschreiben), nur noch eines. Wird nun schon dadurch der Ver- 
dacht nahe gelegt, unsere Poetik sei bloa ein Tbeil oder Auszug des ursprüng- 
lichen Werks, so wird dieser Verdacht durch ihre offenbare Lückenhaftigkeit 
und Unvollstandigkeit zur Qewisshsit. Polit. VIII, 7. 1341, b, 38 verheiset 
Ariat. für die Poetik eine Untersuchung über die xaSapoic, und der Natur der 
Sache nach ist es ganz undenkbar, daas er diesen Grundbegriff s einer Defini- 
tion der Tragödie in ihr nicht erläutert habe, in unserer Poetik; (c 6) erfahren 
wir nichts darüber. Die Poetik selbst verspricht c 6, Auf. später von der Ko- 
mödie su handeln, Rhet. I, 11, SchL sagt Ariat., über das Lächerliche habe er 
■toll in der Poetik eingehend geäussert (Suijiurf « xtpl ?eXo(<uv vwfÄf jy tote x. x.), 
3V Google 
Schriften Aber die Kamt fy 
Geschichte der Kaust und zur Erklärung- von Dichten ist nicht 
und ebd. III, 18. 1419, b, 2: wie Tiele Arten det Lächerlichen m gebe, habe 
ei in derselben auseinandergesetzt; wir Yermiwen in unserem Buche unwohl 
diese Erörterungen, als die nach c. 1. 1447, a, 14. b, 26 r.a erwartende Ausfüh- 
rung über die lyrische Poesie. Ebensowenig findet sich in ihm die von Sinn. 
». a. 0. aus der Poetik angeführte Ans einenden etnng über die Synonymen, 
und die von Phiu>p. a, a. O. ihr beigelegte Bemerkung über den Unterschied 
Eines doppelten öS fvexa {des öS und des 'S, worüber De an. II, 4. 415, b, 2 nnd 
TusBDKi.ESBuaa e. d. 8t. in Tgl.). Ueberhsupt hat seine Darstellung manche 
Lücken, Einzelnes ist auffallend kurz berührt, Anderes seheint von späterer 
Hand eingeschoben. Es ist DütrczEB (Rettung d. arist. Poetik. 1840) schwerlich 
gelungen, diese Bedenken durch die Annahme an entkräften, das» unsere Schrift 
eigentlich nur von der Komposition, der Darstellung des Mythus in der PoBsie, 
handeln wolle, die vollständigere Ausführung der Theorie der Dichtkunst da 
gegen in einem verloren gegangenen grösseren Werke enthalten gewesen sei; 
ebenso nn wahrscheinlich ist Siahe's Vermnthung (Hall. Jahrb. 1689, 1670 ff.), 
sie sei ein von einem Schüler nach mündlichen Vortragen aufgezeichnetes Heft; 
weh die Aneicht von 6. Hbetiaün (in s. Ausgabe) u. A., dies sie ein unvoll- 
endeter Entwurf de« Aristoteles sei, hat wenig für sich; wir müssen vielmehr 
der Hauptsache nach SpekOel (üeb. Arial. Poetik. Philos.-philol. Abhandl, d. 
Münp.hn. Akad. 11,211 ff.) nnd Ritteb (Arist. Poetin*. 1839. Praef.) beistimmen, 
wenn sie in derselben nur eine unvollständige nnd mehrfach interpolirte Zu- 
sammenstellung von einzelnen Abschnitten des aristotelischen Werks sehen. 
Im Eins einem werden freilich über den Umfang der Auslassungen, Verände- 
rungen nnd Zuthaten uooh sehr verschiedene Ansichten möglich sein; so ge- 
ring jedoch konneu wir unsern Verlust nicht anschlagen, wie Rose (8. 1S1 ff.), 
3er mit Ausnahme des fehlenden kurzen Schlussabachnitts über die Komödie 
iUes in beeter Ordnung findet — Werthvolle Ueberbleibsel aus dem verlo- 
renen Abschnitt über die KomÜdie und das Lächerliche bat Bsknax* (ErgSn- 
nmg zu Arist. Poet. Rhein. Hos. VIII. 1853. 8. 561 ff.) in Caauu's Aneod. 
Paris. T. I, Anh. scharfsinnig nachgewiesen. 
1) *. IIoijjtS. T ' (D. 23 vgL III, 48. VIII, 67. An. «1. Atsm. XI, SU, 
e. Michob. Bat. V, 18.) Nach Ammon. lat. V. Arist. 8. 54 war diese Schrift in 
Gesprächsform verfaast, wofür auch ibreStellnng bei Diog. nnd An. Man. spricht 
Nicht verschieden von ihr acheint der Kilxlo; it. noir,TÜv f ', welchen An. 64 
Wunders auffahrt; ebenso ist bei Pi.üt. V. Hom. c S. Dios. II, 46 mit Aelte- 
ren und Neueren (vgl. Spbioil Abh. d. Mfinohn. Akad. II, 215. Ritteb Arist, 
Pott. X, welcbe Dübtzeb a. a. 0. 9 f. schwerlich widerlegt hat) statt *. itotij- 
w>ic in lesen: je, Jwnrtöv. Die wenigen Ueberbleibsel b. MPli.bk Fragm. HisL 
p. H, ISO ff. vgl. Soobsot Philo!. Vin, 297. Vorarbeiten für dieses Werk 
•cheinen die Titel 2) st, TpartpSiüv «' (D. 26) nnd 8) Kuuuxol (Eeotuh exp. 
TOe. Hippocr. s. v. 'RptncX. veeou) tu beaeichnen. Für einen Theü der Schrift 
Ober die Tragödien halt MCllkr a. a. O. 183 die itfieox«X(a[ (D. 36), deren 
Fragmente sr 8. IM f. giebt. 4) 'AnopijuaTa QeiqTtaä. Mit di 
i „Google 
76 Aristoteles. 
einmal so viel äbrifrgeblieben. Nor Weniges hM sich endlich auch 
von den anderweitigen Büchern erhalten, welche ausser dem Fach- 
werk des wissenschaftlichen Systems stehend, noch zu erwähnen 
sind *), und auch hier hat sich ohne Zweifel manches Ifafchte ein- 
geschlichen. 
nang werden wir alle jene Erörterungen snsairunenfesBen dürfen, welche unter 
verschiedenen Titeln erwilbnt werden: 'Aicobi]|i£tuv icooitucuv a' (An. 66), 
AM« nonrnxeü (ebd. — «Mai «cheint nämlich eben die Form der Behandlung an 
bezeichnen, welche den inopijpflrwi oder itpo(Du||uni eigen ist, dasa nach dem 
Bei il gefragt, and mit Angabe des fiiin oder der «hfs geantwortet wird), 
'AfcopijiiJrtuv *Oti>)p(xüv ;' (D. 26. An. 64 £' vgl. Plut. and. poet. c. 12, 8. 32. 
Athks. XIII, 556, d. PnmKiCH. fa&tixto). npnpl^iiitujv 'Ouqputöiv i' (An. 
65. Ammon. V. Ar. 44. Amm. Ist, 54. Dach. 107). 'Ampijua™ 'Ha.dBou et' (An. 
65). 'Attop. 'Ap^ilä^ou, EipnrfSout, Xoip&ou y ' (ebd.). Ebendahin scheinen die 
'AK0pr![una Ofia (An. 64) in gehören; nur einet der homerischen Probleme 
wird die Abhandlung sein: Ei äi Ttira "Opjpot faohjw tat 'HXiou ßaü^; (An. 
651. Vielleicht in der Schrift Ober Eoripides »Und die x. 'EpjiiiwK tipoü (Bchol. 
in Theocrit. XV, 64). Wie viel aber in dieser Litterator, und ob überhaupt 
etwas Aristotelisches darin war, müssen wir dahingestellt sein lassen. Im be- 
sten Fall wird es sich damit ähnlich, wie mit ansein Problemen (s. o. S. 71) ver- 
halten haben. — 6) X. Mousixrj; »' (D. 26. An. 64 sweimal. Dach. 162 nennt 
Wost; (io-jQEiii und LABBBt-a Bibl. nova 116, b. Brabbii S. 94, erwähnt einer 
Handschrift, welche Aristoteles' musikalische Probleme enthalte). Dieser Ab- 
handlang scheint das Bruchstück b. Pj.lt. De mos. c. 23 8. 1139 anxagehBren 
— Der Schrift k. KsXoQ wurde schon 8. 78, 1 erwähnt. 
1) Hieher gehören die nachstehenden, meist historischen Werke: 'OXuu.- 
isiovlxsu a'(D. 26. An. 64); üuSioiixtSv "£l< T x«s «' (D. 26), wovon der 
JIuGixot x ' (ebd.) wohl nicht verschieden ist, and die DuBtevbuu Mouaixijc (ebd.) 
nur ein Tbeil sind; JVtx« 4ioyus[aaou o' (D. 26. An. 65). Die U Überbleibsel die- 
ser Schriften b. Müller a. b. O. 1B2 f. — II. Ebpr^ttwi (Clrmefs Strom. 1, 
809, A, wo mir denn doch mit Bestimmtheit eine aristotelische, walrrschein- 
lioher allerdings pseudo aristotelische Schrift dieses Titels angeführt »,n sein 
■eheint; die Notizen, welche derselben entnommen sein mögen, finden sieh b. 
IIollib s, a. O. 181 f.) — 11. 'AliEivSpous. o. 8. 48, l.~ D. Kuip-uv (Dioa. 
VIII, 34 vgl 19; Cobet scheint hier nur ans eigener Vermuthnng statt lv i<ji 
jc. iuiu.. blos t. xuäpL zu setzen, wodurch aher, wenn es nicht mit jenem iden- 
tisch sein soll, im Folgenden eine listige Tautologie entstände); diese Schrift 
kann aber doch kaara Acht gewesen sein, es miisete denn ein Abschnitt der 
DuOavoputä (s. o. 48, 1) gemeint sein, aas dem Diogenes missr erstand lieh ein 
eigenes Bach gemacht hatte. — II. Saupfteluv *Axou3|iiTwv von Atbeb. 
(XII, 541, a vgl. oniu. äs. c. 96) a. d. T. i» BKupsafot«, vielleicht such von 
Abtiuok. MirabfL c. 36 (vgl. .So-jja. ökoimu. c 80) angefahrt, eine Sa m m l n n g 
von Abenteuerlichkeiten, an deren Aeohtheit nicht gedacht werden kann. Ist 
dieselbe (wie Kose Arist. libr. ord. B. 54 f. annimmt) um söO v. Chr. enUtsn- 
3V Google 
Aeohtheit und Integrität s. Werke. 79 
Wie Vieles aber auch von der reichen schriftstellerischen Hin- 
terlassenschaft des Philosophen für ans verloren ist, wie manches 
Andere seinen Namen mit Unrecht an der Stirne tragt, so schlimm 
btt es das Schicksal doch nicht mit ans gemeint, dass es ans die 
urkundlichen Quellen fär bedeutendere Theile des aristotelischen 
Systems ganz entzogen hätte, oder dass wir andererseits über die 
Aechtheii von Schriften, welche für unsere Auffassung desselben 
von Wichtigkeit sind, zu keiner Gewissheit gelangen könnten. Das 
Erstere erhellt schon aus dem beachtenswerten Umstand 0* dass 
unter den zahlreichen Verweisungen der aristotelischen Schriften 
taf einander verhültnissmässig so wenige vorkommen, die sich auf 
verlorene Werke bezogen. Die Darstellung der pythagoreischen 
Lehre, das Verzeichnis der ursprünglichen Gegensätze (in der 
Schrift vom Guten), die Schrift über die Philosophie, die Melhc— 
dika, die Epichereme, die Rhetorik des Tbeodektes, die astrono- 
mischen Untersuchungen, die Bücher von den Pflanzen, die anato- 
mischen Beobachtungen , die Abhandlung über die Ernährung sind 
die einzigen , auf welche Aristoteles in den vorhandenen Schriften 
Bezug nimmt Ä ). Folgt nun daraus auch nicht das Geringste gegen 
den Wcrth der verlorengegangenen Werke, so scheint jener Um- 
stand doch zu beweisen, dass weit die meisten derselben von Ari- 
stoteles nur als Vorarbeiten, nicht als wesentliche Bestandteile jener 
zusammenhängenden Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen 
betrachtet wurden, welcher die erhaltenen Schriften grösstenteils 
ngehören. Was die Frage über dieAechtheit betrifft, so sind zwar, 
wie aus unserer bisherigen Erörterung hervorgebt, nicht allein von 
fan, so acheint sie doch, wie die meisten derartigen Werke, spate* 
rauche ZnaZtze erhalten zu haben eine erweiternde Bearbeitung derselben 
«ehainen die Hapiöot« zu sein, ans deren zweitem Buch Pldt. parall. gr. et 
ram. c. 29, 8.312 etwas beibringt, was in unsora Socuja. m. nicht nicht. ■ — D«p- 
atuiai «' (D. 26), eine Spruch wö° r lei« immlung , welche nach Atbm. II, 60, d 
schon Cephtsodor dem Philosophen als seiner unwürdig vorgerückt hatte; aus 
ihr stammen wohl die Angaben b. Eusiath. in Odyss. V, 40S. flvsia. Eno. 
CiMt, 8. 69 (Müllbu a, a. O. 188). — Endlich sind hier noch zn nennen die 
Doütituii «' (D. 23. An. 62) nnd die 34 B. De vbjeeüt (Hadaehi 160), zwei 
Schriften, Aber deren Inhalt die Titel gar nichts vernähen, nebst der jedenfalls 
Mlehten De grammatitxi aramU (H. 161). 
1) Auf welchen Burois S. 97 f. mit Kocht aufmerksam macht. 
i) B. o. 8. 48, 1. 3. 63, 1. 65, 2. 64, 1. 69, 8. 66, 1. 68. 
i „Google 
80 Aristoteles. 
den verlorenen Schriften aller Wahrscheinlichkeit nach sehr viele 
unserem Philosophen von Späteren unterschoben, oder auch gegen 
die Abiicht ihrer Verfasser ihm fälschlich beigelegt worden; son- 
dern das Gleiche gilt auch von einem nicht unerheblichen Theil un- 
serer gegenwärtigen Sammlung ')■ Indessen ist der Schaden, wel- 
cher uns von dieser Seite her droht, doch geringer, als man wohl 
glauben möchte. Die nachweisbare Benützung der meisten wich- 
tigeren Werke durch Theophrast, Eudemus und andere alte Peripa- 
teliker*), die zahlreichen eigenen Verweisungen des Aristoteles, 
das feste Gepräge der aristotelischen Sprache und des aristotelischen 
Geistes, welches den ächten Erzeugnissen des Philosophen aufge- 
drückt ist, — alle diese Merkmale geben uns für die ganz überwie- 
gende Mehrzahl der Schriften, welche uns als aristotelisch überlie- 
fert sind, so sichere Kennzeichen ihres Ursprungs an die Hand, dass 
eine besonnene Kritik nur hinsichtlich weniger und verhäitnissmässig 
minder wichtiger Stücke im Zweifel sein wird, lieber die verlo- 
renen Bücher natürlich ist uns nur zum kleineren Theil ein ebenso 
bestimmtes Urtheil möglich; aber für die Ausmittlung der aristote- 
lischen Lehre haben die zerstreuten Ueberbteibsel dieser Schriften 
auch keine grosse Bedeutung. 
Bedenklicher wäre es für uns, wenn sich dsrthun liesse, dass 
auch die ächten Schriften sich in einem Zustand befinden, der sie 
als Urkunden der aristotelischen Lehre unbrauchbar oder doch in 
hohem Grad unsicher machte. Nach einer bekannten Erzählung 
Strabo's und Plutahch's wäre die Hauptmasse der aristotelischen 
und theophraslischen Werke seit Theophrast's Tode nur in den 
Exemplaren vorhanden gewesen, welche Neleus aus Skepsis von 
1} Als Qiiaristoteliaoh bezeichneten wir die Schriften Aber Xanophamei 
u. s. w. (s. 8. 48, 1); die Rhetorik im Alexander (58, S); da* Buoh von der 
Welt (9. 68); von den Farben (ebd.); über die Namen der Winde (ebd.); über 
dicTäne(9.64); die Mechanik (64,1); überriiePflanzen(69,3); Tom Lebensgeiat 
und von der Bewegung derThiere(6T, 1.68,3); die Physiognomik (70, 8); daa 10ta 
Buch derThiergeecbichte (65, 1); die Probleme (8.71); die endemische nnd die 
sog. grosse Ethik (72, 2); über die Tagenden und Fehler (73, 1); dieOekononuk 
(76,2); die wunderbaren Geschienten (78, 1). Zweifelhaft erschien uns die Ab- 
handlung über die un theil baren Linien (64, 1). 
2) Du Habere hierüber ist ans theils schon vorgekommen, theil» wird aa 
sogleich, bei der Untersuchung über die Schicksale der aristotelischen Sohrif 
tan, beizubringen lein. 
JigiiizBdby Google 
Behielt«*! ■. SehiifUn. *H 
Tbeophrast geerbt hatte; von den Erben des Neleus in einem Kel- 
ler versteckt, wären diese erst nach dem Anfang des ersten vor- 
christlichen Jahrhunderts im verdorbensten Zustand durch den Tejer 
Apelliko entdeckt and nach Athen, in der Folge von Sulla als 
Kriegsbeute nach Rom gebracht worden; erst nach Sulla's Tod« 
sollen sie von Tyrannio, und durch dessen Vermittlung von Andro- 
nikos, benützt und herausgegeben worden sein ')• Von diesem 
Schiebaal der aristotelischen Schriften wollen es die Genannten her- 
leiten, dass den alten Peripatetikern nach Tbeophrast mit den Haupt- 
werken ihres Heisters auch seine ächte Lehre unbekannt geblieben 
sei; Neueren *) war dasselbe ein willkommener Erklärungsgrund für 
die Unverständigkeit und Unordnung unserer jetzigen Sammlung. 
Und wenn es sich damit wirklich so verhielte, wie Strato und Plu» 
lirch sagen, so könnten wir uns wirklich über den gegenwärtigen 
Znsuind derselben so wenig verwundern, dass wir vielmehr eine 
viel tiefere und unheilbarere Verderbniss befürchten müssten, als sie 
jetzt vorliegt. Denn wenn gerade für die wichtigsten Werke da* 
Philosophen die einzige Quelle unseres jetzigen Textes in jenen 
Handschriften tag, welche ein Jahrhundert und länger im Keller von 
Skepsis moderten, bis sie Apelliko, von Würmern zerfressen und 
durch Feuchtigkeit zu Grunde gerichtet , ungeordnet und durchein- 
andergeworfen an sich nahm; wenn Apelliko selbst, wie Strabo sagt, 
das Fehlende schlecht ergänzte, wenn auch Tyrannio und Andro- 
itilras keine weiteren handschriftlichen Hfilfsmiltel zu Gebot standen: 
wer verbürgt uns, dass nicht in unbestimmbar vielen Fallen Fremdes, 
was sich nnter den Handschriften des Neleus befand, in die aristote- 
lische Sammlung mitaufgenommen, Zusammengehöriges auseinan- 
dergerissen, Anderes irrluümlich verbunden, grössere und kleinere 
Lücken willkührlich aasgefüllt wurden? Indessen sind in neuerer 
Zeit, unter Zustimmung der sachkundigsten Gelehrten, gegen jene 
1) Smua IUI, 1, 54. 8. 606. Pott. Sali* o. 38, aus dem Suro. SJU« 
Kliöpft. PlnUroh's Beriebt itt übrigem sieht bnr ua» Stmbo entnommen, und 
"um er den Zusatz in Betreff de« Aiidronikna hat, welchen wir bei jenem 
übt laen, so wird dleier entweder an« Straho'e biitorUebem Werke genauen, 
°4er e« wird, wu mir wahrsoheinlieher ist, in der Stelle der Geographie» eine 
Wcko im Text umnehmen «ein. Vgl. Schkbidm Arist. Liat wu I, LXXX 
&**■* Ari«tot«ii» u, in. ue. 
1) Z. B. Buhle AJlg. Encyklop. Beet. L Bd. V, S78 U -. 
tUm. iL Qr. IL Bd. t . AMh. 6 
Jiqrzed^ Google 
82 Aristoteles. 
Darstellung Strabo's gegründete Bedenken erhoben worden *), Dass 
Theophrast seine Büchersammlung dem Neleus vermacht hatte, ist 
allerdings unbestreitbar *); dass aus dieser Sammlung- die aristote- 
lischen und theophrastischen Schriften an die Erben des Neleus ge- 
kommen sind, dass sie von diesen vor der Bücherliebhaberei der 
pergamenischen Könige in einen Kanal oder Keller geflüchtet, and 
im verwahrlostesten Zustand von Apelliko aufgefunden wurden, 
brauchen wir gleichfalls nioht zu bezweifeln *); und insofern kann 
alles, was von Strabo über diesen bestimmten Vorgang überliefert 
ist, richtig sein; die wettere Voraussetzung dagegen, dass jene 
Werke ausser dem Keller zu Skepsis nirgends zu finden gewesen 
seien, und dass sie namentlich der peripatetischen Schule seit Theo- 
phrast's Tode gefehlt haben, hat die gewichtigsten Gründe gegen 
sieb. Zunächst ist es schon ganz unbegreiflich, dass ein so äusserst 
wichtiges Ereigniss, wie die Entdeckung der verlorenen aristote- 
lischen Hauptwerke, von keinem der Männer auch nur mit einem 
Worte berührt sein sollte, welche sich eben damals und in den fol- 
genden Jahrhunderten als Kritiker und als Philosophen mit Aristo- 
teles beschäftigt haben: nicht von Cicero, der so viele Veranlassung 
dazu gehabt hätte, der während der ersten Ausbeutung der sulla- 
nischen Bücherschätze durch Tyrannio in Rom lebte, und mit Tyran- 
1) Nachdem schon um den Anfang de« 18. Jahrhundert« die vereinzelte 
und sieht weiter beachtete Stimme eines französischen Gelehrten diese Erzäh- 
lung in Zweifel gesogen hatte (in. s. was Stab* Arist. II, 163 ff. aus dem Jour- 
nal des Schavans t. J. 1717, ß. 655 ff. aber die anonyme Schrift: Leg Anlerntet 
de la Critique mittheilt), war es xaerst Bbandis (L'eli. die Schickesie d. arist. 
Bflcher. Bhein. Hub. t. Niebahr and Brandis I, 236 ff. 269 ff. vgl. jetzt gr.- 
röin. Phil. II, b, 68 ff.), welcher dieselbe gründlich berichtigte; einen Nachtrag 
fciesa gab Kopp Bhein. Mos. III, 93 ff.; mit erschöpfender Ausführlichkeit hat 
endlich Stab* (Ariatotelia II, 1—166 TgL294f.) die Streitfrage erörtert Gegen 
die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind ton keiner Seite her erhebliche 
Einwendungen erfolgt 
3) Theophrast'» Testament b. Dioo. V, 63. Atbbh. I, 3,a mit dem Znsatz: 
Ptolemlus Philadelphias habe die ganze Sammlung von Nelena gekauft und 
nach Aleiandrien bringen lassen. 
3) Denn wenn Athenina, oder der Epitomatot seiner Einleitung, a. a. O. 
die ganze Bibliothek des Nelena nach Aleiandrien wandern lüsst, ao kann dies« 
leicht ein ungenauer Ausdruck sein , ebenso wie ea umgekehrt ungenau ist, 
wenn Derselbe V, 21*, d den Apelliko die Bibliothek, nicht bloa die Werke 
des Aristoteles beaitsen Ilsat 
i „Google 
Schicksal B. Schriften. 83 
nio selbst wohl bekannt war *); nicht von Alexander, dem „Exe- 
geten," nicht von einem einzigen jener griechischen Erklärer, 
welche die eigenen Schriften des Androntkus theils mittelbar theils 
unmittelbar benutzt haben. Ja Andronikus selbst scheint Apelliko's 
Fund eine so geringe Bedeutung beigelegt zu haben, dass er weder 
bei der Untersuchung über die Aechlheit eines aristotelischen Baches, 
noch bei der Frage über die richtige Lesart, auf die Handschriften 
des Neleus zurückgieng *), und die Späteren glauben sich durch 
seine Lesarten, welche nach Strabo die einzig authentischen sein 
müssten, keineswegs gebunden 3 ). Soll ferner das Verschwinden 
der aristotelischen Werke daran schuld Bein, dass Theophrasl's 
Nachfolgern die ursprüngliche Lehre ihrer Schule abhanden ge- 
kommen sei, dass sie entartet seien und sich in ihrer Philosophin 
tuf rednerische Ausführungen beschränkt haben, so steht diese Be- 
hauptung in grellem Widerspruch mit den Thatsachen; denn wenn 
sich auch die Peripatetiker des dritten Jahrhunderts mit der Zeit den 
naturwissenschaftlichen und metaphysischen Untersuchungen ent- 
fremdeten, so geschah dieses doch nicht schon seit Theophrast's 
Tod, sondern frühestens seit dem seines Nachfolgers Strato; dieser 
selbst dagegen hat sich so wenig auf Ethik und Rhetorik beschrankt, 
dass er sich vielmehr mit einseitiger Vorliebe der Physik zuwandte; 
auch die Metaphysik aber und die Logik hat er nicht vernachlässigt. 
Hat er dabei Aristoteles vielfach widersprochen, so kann es doch 
nickt Unbekannt schaft mit der aristotelischen Lehre gewesen sein, 
die ihn hiezu veranlasste, da er ja eben diese Lehre bestritt *). Eben- 
dann fällt aber auch die Voraussetzung, als ob die Abweichung der 
späteren Peripatetiker von Aristoteles durch die Entfernung seiner 
1) Vgl. Btihr 8. 122 ff. 
2) M. Tgl., das Erätcre betreffend, die S. 51, 1 angeführten Mittheilnngen 
aber seine Zweifel gegen die Schrift it. 'Ep(H]vi(o( > hinsichtlich das zweiten 
Punkts Dexifp. in Arist. Categ. 8. 25, Speng. (8chol. in Ar. 42, a, 80): icpöjrov 
piv o5v oix iv ärraoi TÖt; äwttypäspois Tb „5 Et liyof ifj; eäofocf" Itpdf Xtltat , ü; xoi . 
Beij6b( ttvr,|j.ov£Ü£i x«\ 'AvBpovtxo; — das» dieser den Streit aus den snllanischuu 
Handschriften geschlichtet habe, wird nicht gesagt Es scheint also, dass diese 
Handschriften weder die einzigen, noch auch mir die Urschriften der betreffen- 
den Worka waren. Vgl. Bbandib Rh. Mus. I, 2*1. 
8) VgL Bihfl. Phys. 101, a, o. 
4) Die Belege für das Obige werden theils sogleich theila in dem Abschnitt 
über Stiato gegeben weiden. 
6* 
i „Google 
84 . Aristctele«. 
Schriften ans Athen herbeigeführt sei; dieselbe wird vielmehr ebenso 
m beurteilen sein, wie die entsprechenden Erscheinungen in der 
Akademie, welcher es doch an den platonischen Werken nicht ge- 
fehlt hat. Wer wird es aber überhaupt glaublich Enden, dass gerade 
die Hauptwerke des Philosophen beim Tod seines Nachfolgers in 
keinen anderen Abschriften vorhanden gewesen seien, als in denen, 
welche Neleus von Theophrast erbte? Dass nicht allein bei seinen 
Lebzeiten, sondern auch in den nenn Olympiaden zwischen seinem 
und Theophrasfs Tod, von den zahlreichen Schülern der beiden 
Männer auch nicht Einer den Versuch gemacht oder die Gelegenheit 
gefunden hatte, die wichtigsten Urkunden der peripatetischen Lehre 
sich zu verschaffen? Dass Eudemus, der treueste unter den aristote- 
lischen Schülern, dass Strato, der bedeutendste unter den Peripate- 
tikern, die Schriften des Heisters entbehrt, dass der Phalereer De- 
metrius seine gelehrte Sammlerthäligkeil anf sie nicht mit ausge- 
dehnt, dass Ptolemaus Philadelphia zwar die übrigen Bücher des 
Aristoteles und Theophrast für seine alexandrinische Bibliothek ange- 
kauft 0, von ihren eigenen Werken dagegen Abschriften zu erwerben 
versäumt halle? Man müsste denn annehmen, diess sei ihnen von 
den Eigentümern verwehrt worden, Aristoteles habe seine Schriften 
in strengem Verschluss gehalten, Theophrast, wiewohl für ihn jeder 
Grand dazn wegfiel, habe dasselbe Geheimnies bewahrt und seinen 
Erben zur Pßicht gemacht. Aber dieser Einfall wäre doch gar zu 
ungereimt, um ihn ernstlich zu widerlegen. Doch wir brauchen uns 
nicht auf Vermuthungen zu beschränken: so mangelhaft auch unsere 
Beweismittel für einen Zeitraum sind, dessen philosophische Lite- 
ratur ans ein herbes Verhängnis fast vollständig geraubt bat, so 
können wir doch von einem grossen Theil der aristotelischen Werke 
genügend darthnn , dass sie in den zwei Jahrhunderten zwischen 
Theophrast's Tod und der Eroberung Athen's durch Sulla den Ge- 
lehrten nicht unbekannt waren. Diese Werke selbst tragen, mit 
wenigen Ausnahmen, das Gepräge von Schriften, welche für die 
Oeflentlicbkeit bestimmt sind *), von welchen sich daher nicht an- 
1) s. o. S. 81, 2. 
2) Falls dieselben nicht diese Bestimmung hatten, wird nur eine von den 
dtei folgenden Annahmen übrig bleiben. Sie konnten I) Aufzeichnungen in 
eigenem Gebrauch (hypomnematliohe Schriften vgl. 8. 44, 1) sein. Ihre Be- 
schaffenheit jedoch widerspricht dieser Annahme fast durchaus. Dens faieHr 
Schicksal t. Ruhciftflc. 05 
nehmen lässl, dass sie eia halbes Jahrhundert lang nur in Einer Ab- 
schrift vorhanden waren; von einzelneu wird auch ausdrücklich 
sind tut alle erhaltenen Werke viel stt sorgfältig ausgearbeitet Schon die 
Einleitangs-, Ueberganga- und Schlusabeinerkungen , welche sich so hiußg 
duin finden, die Formeln, in welchen der Verfasser top sich selbst, offenbar 
dach kb einem Leser, spricht (wie vöv 31 Wrujujv^ soph. el. c 2, Schi. Metaph. 
T1I, 13, Auf. Ml, 10. 1086, b, 16 n. o.j äoirap le T o|wv, S<ntsp &* t o|mv, Eth. N. 
VI, S. 1139, b, 26. Metaph. IV, 6. 1010, a, 4. Bhct. I, 1. 1065, a, 28 u. o.; xa- 
Sirap imJXOonsv , Metaph. X, 8, Auf. XIII, S. 1076, h, 89; xaflirap ouiXopiSa, 
Hetaph. VII, 1, Anf.; ä Snupfaip^v, ev ü'f; Bioiptoijiilla, ra Bttupiaiufoa Jipüv Metaph. 
I, 4. 985, o, 11. VI, 4, Schi. L 7. 1028, a, 4; oSJXov jju.1v Rhet. I, 2. 1356, b, 9. 
1357, a, 29; tBfl6o>pi)tm ijfiiv UavtÜf xtpt wItüjv, Metaph. I, 3. 98S, a, 38), die 
Stellen, in welchen früher Erörtertes Eusammengefaist, nnd weiter Aussufüh- 
resdee angekündigt wird (wie Metaph. XIII, 9. 1086, a, 18 ff. Rhet. I, 2. 1856, 
b, 10 ff. soph. el. c. 83. 183, a, 33 ff. Meteorol. Anf.), die Anrede an die Leser 
soph. bL c. 38. 184, b, 3 — schon diese Züge nOthigeu uns zu dem Zugeständ- 
nis!, das* die Werke, worin sie sich finden, nicht blus für eigenen, sondern 
msh für fremden Gebrauch bestimmt gewesen sein müssen; die hypomne ma- 
nschen Schriften sollen sich ja (s. 6. 44, 1), wie diesa in der Natur der Sachs 
hegt, gerade durch das Fehlen derselben von den syntagmatisoben unterschei- 
den. Nor sehr wenige, in Betreff ihrer Aechtheit verdächtige, Schriften konn- 
ten für bypomnema tische gehalten werden: die fiber Xenophanes a. t. w., von 
den iinlieilbaren Linien, von den Tugenden und Lastern, die Wnndergeaehich- 
tra; selbst die Probleme können ei nicht gewesen sein, da sie in 'anderen, her 
«»gegebenen Schriften angeführt werden (s. o. 71, 3). — 2) Eine aweite mög- 
liche Annahme wäre die, dass unsere aristotelische Schriftssmmlung gani oder 
irossentheils ans Entwürfen bestehe, welche Aristoteles für den Zweck seiner 
Uhrrortr&ge niedergeschrieben, oder ans Aufsei cbnnngen, welche Andere anf 
Grand derselben gemacht hatten. Auch diese Vennuthang hat aber Mehreres 
gsgen sich. An Aufzeichnungen von Schülern wird man (wie Bhibbis II, b, 
114 richtig bemerkt) wenigstens bei denjenigen Werken nicht denken können, 
'in denen wir wissen, dass ein Eudemns und Theophraet sich in ihren gleich- 
artigen Darstellungen bis auf die Worte hinaus ihnen anschlössen, und selbst 
über die Richtigkeit ihres Textes Nachforschungen anstellten, wie diesa von 
dar Physik (e. n.) und der ersten Analytik (a. o. 52 , 1) gilt) au eigene Ent- 
würfe für die ?.u haltenden Vortrage schon desshalb nicht, weil sich doch nicht 
•nnelitnen lasst, dass Aristoteles in solche, wie ein angebender Dooent, dar 
*och keines Worts sicher ist, auch alle jene obenerwähnten Uebergangs-, Ein- 
WtsjDga- nnd Beb Iusb form ein mit anfgenommen hatte, denen wir in seinen 
Behriften so bHting begegnen. Für mündliche Vorträge gebt ferner der Inhalt 
"der, namentlich der naturwissenschaftlichen Werke viel su tief in's Ein- 
Hins, vollends wenn wir uns den Philosoph«) dabei in den Gingen des Ly- 
se»»! lustwandelnd vorstellen; denn von Diktaten eu naebberiger Duroharbei- 
«tog, welche ohnedJess nur eine andere Form für die Vervielfältigung eines 
i „Google 
berichtet, sie seien noch bei Lebzeiten ihres Verfassers herausge- 
geben worden ')• Von mehreren der ältesten Peripitetiker hören 
handschriftlich vorhandenen Buchs sind, wird bei Aristoteles doch wohl nicht 
die Rede sein können. Sehr entschieden sprechen weiter gegen jene Annahme 
jene häufigen, Tust fiher unsere gsme Sammlung ausgestreuten Verweisungen 
der Schriften aufeinander; denn theiU lautet keine einsige Ton diesen Anfüh- 
rungen so, dass wir dabei an mündliche Vorträge, und nicht vielmehr an 
Schriften, in denken veranlasst wären, thefls Hess sich überhaupt im münd- 
lichen Unterricht nur eine Verweisung auf die wenigen Vortrüge erwarten, 
welche den Zuhörern noch frisch im Gedächtnis« sein konnten, wogegen hier 
eine und dieselbe Schrift (wie die Analytiken und die Physik a. o. 52, 1, 60, 1) 
an den entlegensten Orten, und umgekehrt die verschiedensten Erörterungen 
in Einer Schrift angefahrt werden; in der Metaphysik z. B. die Analytik», die 
Physik, die Schriften vom Himmel und vom Werden nnd Vergehen, die Ethik, 
die Darstellung der pythagoreischen Lehre, die 'E*Xo-]4, tüv 'Evcnritov (s. 
Schwisleb Hetaph. d. Arist IV, 386 f.). Während endlieh sonst in keinem 
der vorhandenen Werke eine Hindentung auf Zuhörer vorkommt, wie sie bei 
so ausgearbeiteten Entwürfen oder Nachschriften von Vorlesungen wenigstens 
bei den zahlreichen Ein leitnngaw orten u. s. w. kaum fehlen könnte, wendet 
sich Aristoteles am Schlnss seiner Topik (soph. el. 83, Schi.) neben denen, 
welche seine Vorträge gebort haben, such an alle Andern (loot'ov Em tfn swan 
ujmüv H rtöv ^xpoi][jjfvün Jprov Tdt( uiv xapaXElciu.|irW( Tij( jisSdoou au"|"fvcufj.7]v -.oi; 
8' (6pr]|i4voi; KolW)v c/cn ~fif ,v ) i B0 "*** w " B ' er nnl an e ' ne upn Inhalt gewis- 
ser Vortrage wiederholende und weiter ausführende Schrift, nicht an eine Anf- 
aoichnnng des Vortrags als solche denken können; da man aber freilich nur 
das 1) vor tu* ^xpor,jji'v(.>v streichen dürfte, um eine Anrede an Zuhörer au er- 
halten, will ich darauf kein Gewicht legen. — Können aber unsere aristoteli- 
schen Werke ihrer Mehrzahl nach weder Vorlesungen noch Aufzeichnungen 
für den eigenen Gebrauch sein, sollten sie andererseits doch von Aristoteles 
nicht veröffentlicht sein, so bliebe nur 3) die Behauptung übrig, sie seien «war 
als Bücher »um Gehrauch eines Leserkreises von Aristoteles geschrieben, ihre 
Benützung sei aber von ihm sowohl, als von Theophrast nur seinen Schülern 
gestattet worden. Dass wir jedoch nicht den geringsten Grund haben, ihm 
eine so seltsame Geheimhaltung dessen zuzutrauen, was er vor Allem zum Ge- 
meingut gemacht zu sehen wünschen musste, wird auch noch in der Unter- 
suchung über die sog. esoterischen Werke des Philosophen gezeigt werden. — 
Die vorstehenden Bemerkungen sohliessen nun natürlich die Möglichkeit nicht 
ans, dass die eine oder die andere Schrift eine hypouraematieche, oder die 
Nachschrift oder Vorbereitung mündlicher Vortrage sein könnte; diess müaate 
aber im einzelnen Fall wahrscheinlich gemacht werden. 
1) Aristoteles selbst beruft sich Poet c 15, Schi, auf Früheres mit den 
Worten: ilairrai St bejü ceiItüjv iv toT; ExSsSou-Evoit \6yoii tx«vfi><; wegen Bei- 
ner Sprich Wörtersammlung hatte ihn sein Zeitgenosse Cephisodor getadelt (f. o. 
8. 75); dass auch seine Angriffe gegen Isokratei in Schriften erfolgt waren, 
Sohiokiftl s. Sobriften. 87 
wir, dass sie sich in den Titeln and dem Inhalt ihrer Schriften u 
die ihres Lehrers angeschlossen haben l ). Von Hermippas isl es 
gleich unwahrscheinlich, dass er in seiner ausführlichen Schrift Aber 
Aristoteles *) das Versehwinden der aristotelischen Werke berührt 
hat *), und dass er diess, wenn die Sache richtig wäre, nicht gethan 
hätte; die theophrastischen , nach Strabo mit denen des Aristoteles 
verloren, hatte er in seinem Werke über -Theophrast verzeichnet*). 
Vor ihm soll schon Ptolemäus Philadelphus die Werke des Stagi- 
riten auf 1000 Bücher berechnet haben 5 3; ist aber auch diese An- 
gabe wahrscheinlich unrichtig, so lässt sich doch um so weniger 
bezweifeln, dass die grosse alexandrinische Bibliothek einen reichen 
Schatz aristotelischer Schriften enthielt "), wie es denn auch nnr 
dadurch den dortigen Grammatikern möglich war, den Philosophen 
tuscht Cephisodor'« giftige Gegenschrift (Abirtokl. b. Eos. pr. er. XV, S, 4. 
Athbjt. II, 60, d. III, 122, b. VIII, 354, e) wahrscheinlich. Auch m Enbiüi 
da (b. o. l.Abth. 175, 6) ist so vermutheu, dui er in aeianr Öchrift gegen Aii 
itotcles auf Sohriften desselben Bezug nahm. 
1) Vgl. S. 61, 1. 62, 1. Weiteres sogleich. 
2) Deren erstes Buch Athex. XIII, 589, c. XV, 696, fanfuhrt. 
3) Denn eine so autfallende Nachricht wäre dann doch wohl auch von 
Diogenes, welcher Hennipp's Werk V, 1 anfahrt, mitgetheilt worden, beson- 
ders da sieh erwarten lässt, dass sie auch noch tob anderen seiner Quellen bn- 
rackaichtigt worden wäre. 
1) Scholionam Schlot» von Theophrast's Metaphysik, 8. 323 Brand.: toOto 
Tb ßtßXiov 'AvSpdvuco; fiit n'i *Ep|Aijci;Q( äyvooSoiv* oilSi vap [avel'iv aüiou Bl<t>( 
ram^vtai ey xij ävayfitp^ tüv Bto^f iaiou ßißXLcuv. Diu dieses Verzeichnis! in 
der Schrift über Theophrast (Dioa. II, 65) stand, ist wohl sicher anzunehmen ; 
um so unglaublicher ist es dann aber, dass er dem entsprechenden Werke über 
Aristoteles weder ein Schriften Verzeichnis* beigefügt, noch den Grund, warum 
er diess nicht konnte, deutlich genug auseinandergesetzt hätte, um seihst einem 
Diogenes in die Augen zu fallen. 
5) S. 8. 41- 
6) Ausser dem, was S. 84 bemerkt wurde, gehört hieher die Angabe, 
dass Ptolemäus Philadelphus sich sehr nm aristotelische Bücher bemüht, hohe 
Preise dafür bezahlt, und ebendadurch zur Unterschiebung solcher Werke An- 
Uss gegeben habe (Anaos. Schal, in Arist. 28, a, 43. David ebd. Z. 14. Sinn,. 
Categ. 2,E). Auch was 9. 49, I. 52, 1 von den 2 Büchern der Kategorieen und 
den 40 der Analytiken angeführt wurde, welche sich nach Adraat in alten Bib- 
liotheken fanden, wird vor Allem von der alexandrinischen gelten. Daas aber 
diese nur unterschobene Werke erworben, die ächten, deren Vorhandensein die 
Unterschiebung selbst doch beweist, entbehrt habe, laut lieh nicht annehmen. 
JigiiizBdby Google 
in ihre Liste der mustergültigen Schriftsteller aib unehmen 0- Vm 
einem Alexandriner scheint auch das Verzeichnis« des Diogenes 
ursprünglich herzustemmen, da es von der Anordnung des Andro- 
nikus noch nicht berührt ist. Dass Theophrast's Schriften schon sei- 
nen Zeitgenossen wenigstens thetlweise bekannt waren, sehen wir 
anch ans der Aeussemng Krantor's über eine derselben*); dass 
diejenigen des Aristoteles der Folgezeit nicht unbekannt blieben, 
aus der stoischen Lehre , welche sich gerade in ihrer systemati- 
scheren Ausführung durch Chrysippns sowohl in der Logik, als in 
der Physik, so eng an Aristoteles anlehnt, wie diess ohne Kenntnis« 
seiner Schriften kaum möglich war*)- Und anch von ausdrücklichen 
Zeugnissen für die Berücksichtigung dieser Schriften durch Chry- 
sippns sind wir nicht ganz verlassen *). Wie könnte ferner von Kri- 
tolaus gesagt werden, er habe die alten Heister seiner Schale CAri- 
stoteles und TheophrasQ nachgeahmt *), von Herillus , er habe sich 
an sie angeschlossen e ~), von Panatius, er habe den Aristoteles be- 
standig im Hunde geführt T ), wie könnte von der vielfachen Hinnei- 
gung des Posidonius zu Aristoteles gesprochen werden *), wie hätte 
Cicero' s Lehrer Antiochns die peripatetische Lehre für einerlei mit 
der akademischen erklären, und ihre durchgängige Verschmelzung 
versuchen können °), woher könnten Gegner, wie Stilpo und Her- 
■wchus, den Stoff zn ihren Streitschriften gegen Aristoteles 10 ) ge- 
il Vgl. Stab* S. 66 f. So wird auch von Arietophanea aus Bysans eins 
Arbeit über die Thiergeachiohte angeführt (g. a. 91, Q). 
2) Bei Dioe. IV, 27. 
3) Den Beweia für diese Behauptung wird untere Darstellung des stoi- 
schen Systems an liefern haben. 
4) B.PniT.Sto. rop. c. 24, S. 1045 redet Cbrysippue von den eingehenden 
Untersuchungen des Flato, Aristoteles u.s.w. über die Dieloktik, n, ebd. 15, 6. 
8. 1040 widerspricht er einer Aeuaaening, welche Aristoteles, wie es scheint, 
in der Schrift ff. 'HBovij; gethan hatte (b. o. 73, 1). 
6) Cic. Fin. V, 5, 14. 
fi) Ebd. V, 25, 73. 
7) Ebd. IV, 28, 79, wozu man die weiteren Nacbweianngen Aber du Peri- 
patetiflclie bei Panatius in unserem 8. Tb. 1. A. 8. S44 f. vergleiche. 
5) BtUBO II, 3,8cbL 8. 104 vgl. Öimfl. De coelo, Sohol. in Ar. 517, a, 31 
und unaera 8. Th. 1. A. 8. 348. 851. 
9) Das Nähere hierüber a, a. O. 386 ff. 
10) Stilpo sehrieb nach Dioo. II, 120 einen 'ApttTTotAqt, Hennachus naoh 
Demi. X, 26 apbt 'ApurorAtjv. Aus der Aeusserung dea Kolotes freilich b. 
Put. »4t. Col. 14, 1. 8. 1115 llsst sich nichts sohliessen. 
Bohloklftl •. Schriften. 89 
schöpft haben, wenn die Werke dieses Philosophen erst durch 
Apelliko, und vollständig erst durch Tyrannio and Andronikus be- 
sinnt worden? Wenn endlich schon Andronikus den Brief milge- 
Ibeilt hat, worin sich Alexander bei Aristoteles ober die Veröffent- 
lichung seiner Lehre beschwert ')» so müssen schon längere Zeit 
vorher Schriften des Philosophen, und auch solche im Umlauf ge- 
wesen sein, die von den Späteren zu den esoterischen gerechnet 
werden. Wir selbst können, so dürftig die Quellen auch fliessen, 
doch noch von der Mehrzahl der erhaltenen nnd nicht ganz weni- 
gen verlorenen Werken ihre Benützung vor Andronikus nachweisen. 
Den Protreptikus kennt Teles Cum 240 v. Chr.) und der Cyniker 
Krates liest ihn *>• Von den Kategorieen und den Analytiken ist 
schon S. 49 ff. gezeigt, von der Schrift *, 'Ep^vetai wenigstens 
wahrscheinlich gefunden worden, dass sie nicht blos von Theophrast,, 
sondern auch von Eudemus und andern aristotelischen Schülern ge- 
braucht und nachgebildet wurden; auch Andronikus kannte von den 
Kategorieen verschiedene Abschriften mit abweichenden Lesarten *), 
sie müssen also schon längere Zeit vor ihm in den Händen der Ab- 
schreiber gewesen sein *); Die Topik hat nach Theophrast 9 ) auch 
sein Schüler Strato berücksichtigt 6 ). Auf rhetorische Schriften 
scheint sich schon Cephisodor zu beziehen *)• Bio Physik hatten 
1) 8. B. 19, 3. 
!) Tri. kb b. Sto*. Floril. 96, II. 
S) 8. 8. 83, 2. 
4) Dm Gleiche würde ans der Angabe (Bimfl. Categ., Schot. 79, a, 1) folgen, 
last Andronikng sich mit eiiier gewissen Bestimmung an die Kategorien de» 
irehytss anschliesse, da diese jedenfalls den aristotelischen nachgemacht sind; 
SiiFiplioiuB redet aber biet ohne Zweifel nur an« seiner falschen Voraussetzung 
*on ihrer Aechtheit hersns. 
5) Ton Theophrast erhellt diess ane Albx. in Top. 8. 5, m (vgl. 68, o) TS, 
»■31, o. in Metaph. 843, 80. 878, 3. (706, b, 80. 719, b, 37.) Sinn.. Categ., 
WioL in Ar. 88, a, 16. 
6) Tgl. Alex. Top. 178, n. (Bchol. 381, b, 2). Unter Strato'* Schriften flu- 
tan aieh b. Dioo. V, 59: Tökiuv wpooljus. 
7) 8. o. 8. 86, 1. Aelter als Andronikus ist vielleicht auch Demethics 
De slocntione, oder doch die Schriftsteller, w eichen er folgt ; Anführungen nn- 
Hnr Rhetorik finden sieh hier c. 38. 41 (Khet. m, 6. 1409, a, 1); e. 11. 84 
{Biet. 111,9. 1409, a, 86. b, 16); c 81 (Bhet III, 11, Anf.); anf dieselbe besieht 
'ich ebd. o. 84 schon vor dem Verfasser Archedemns, vielleicht der Stoiker 
(rai 140 *. Chr.). Aueh das Citat der tfceodektiseben Rhetorik Rhet. ad Alex. 
«■ 1 durfte froher sein, als Androniku. 
i „Google 
90 Aristoteles. 
Theophrast and Eademus bearbeitet, and der Letztere t 
sich so genau an den aristotelischen Text gebalten, dass er geradem 
als Zeuge für die richtige Lesart gebraucht wird '); ja wir besitzen 
noch die Worte von Briefen, in denen sich Eademus bei Theophrast 
nach dem Text einer gewissen Stelle erkundigt, und dieser die An- 
frage beantwortet *)- Ebenso lässt sich von Strato dartbnn, das« 
ihm das aristotelische Werk vorlag *); auch der Stoiker Posidonins 
verrith seine Bekanntschaft mit demselben 4 ). Die Bucher vom Him- 
mel lassen sich zwar vor Andronikus mit Sicherheit nur bei Theo- 
phrast nachweisen 6 ) ; dass aber diese Schrift nebst der vom Werden 
und Vergehen nach Theophrast verloren gewesen sein sollte, isl 
um so unwahrscheinlicher, da die mit beiden so eng zuammeu- 
1) Wir sehen diean ausser Anderem namentlich au* den Anuent aablrei- 
chcn An filh Hingen bei Simpilcius Mir Physik; beispielsweise vgl. m. über The a- 
p braut Sihi-i.. Phys. 141, a, m. b, u. IST, a, m. 201, b, u. Den. in Categ-, 
Schol. 92, b, SO ff. Thehibt. Phys. 64, b, o. 56, a, m. b, o. (Schul. 409, b, 8. 
411, a, 6. b, 28), und dam Brand» Rhein. Mas. 1, 282 f.; über Bndemui 
Buht» Phys. IS, b, u. (vgl. Abist. Phys. I, 2. 1S6, b, 11). 29, a, o.: ö ES&jpx 
tu 'ApiowtAii Kants xatsxsXevflöv. 120, b, o-, wo in Phys. III, 6. 208, b, 18 
bemerkt wird: xüäiov väp, oüuai, x'o ,,e£iu toü mkhh" oütu; äxoiistv, <ü( i EüBjj- 
|jo( IvdqoE Ta toü <iOt] Yi|ii«ot a. s. w. 1 2 1 , b, u. : ev tui 31 [sc. ivr.f piyoit] iv-t't 
to3 „xoivV „npiuTij." xal oS"(i) vpitpEi xa'i & Eü3r,|j.o;. 128, b, O.i EüSi]po; 81 -a£- 
toi; napaxoXouBüv u. s. w. 178, b, m: Eud. schreibt Phys. IV, 13. 222, b, 18 
nicht Ilapiiiv, sondern itapiuv. 201, b, u, : EB3. iv toI; iautoS ipiwixofc ^«pay pijuv 
t« to5 'ApurtGT&auf. 216, a, m: Eud, knüpft unmittelbar an das, was bei Ari- 
stoteles am iüchluaa des 5tcn Buchs steht, den Anfang des 6ten. 223, a, u.: bei 
Aristoteles bringt (Phys. VI, 3. 234, a, 1) ein in verschiedener Beziehung wie- 
derholtes tat -tat eine Unklarheit in den Ausdruck; Eademus setzt für du 
zweite foil xnät „eke'xew«." 242, a, o. (Anfang des Jten Buchs): EW. pixP' toBSe 
SX7{; Tj'Eäbv !rp«f patsia; «f alaion ixoXojQijaa(, touto napcXflüv ü{ KEpirr'ov in'i 
t« ev tu> teAeutsuo ßiß).tqi xifüaia (iet^IBe. 279, a, m: xctl S ys EÜS. xspsf pi£o>* 
cr/tSbi xoit «Jrbi Ta 'Api»roTiXou( ifflijui x«\ tiütb t* -tiufpaTg ouvt^imik. 294, b, o : 
Arist. zeigt, dass daa erste Bewegende unbewegt sein müsse, Eudemna fügt 
bei: td npüttdt xivoüv xafl' tximjv xlvijaiv. Eine vollständige Analyse von ßim- 
plicius' Angaben Aber Eudemas Physik konnte nur bestätigen, dua er Aristo- 
teles Schritt für Sehritt folgt. 
2) Sihi-l. a. a. O. 216,a,o. 
3) M. vgl fiiari- Pbys. 163, a, o. (166, b, m.) 154, b, u. 168, a, o. 187, 
a, m ff-, 189, b, u. (vgl Phys. IV, 10). 214, a, m. 
4) In dem Bruchstück b. Simpl. Phys. 64, b, in, von dem schon Kimpii 
eins bemerkt, daas er sieb darin an Aristoteles (Phys. II, 2) anlehne, 
6) S. o. S. 61. 
i „Google 
Schicksal 8. Schriften, gl 
hängende Meteorologie gleichzeitig vielfach gebraucht wurde l ); 
ihre Lehre von den Elementen hatte sich Posidonius angeeignet *), 
ihrer Theorie aber die Schwere tind Leichtigkeit der Körper Strato 
Widerspruch un *}■ Die Thiergeschichte wurde nach Theophrast *) 
von dem Alexandriner Aristophan.es ans Byzanz bearbeitet s ). Die 
Schrift von der Seele lässt sieb wenigstens bei Theophrast nach- 
weisen e }. Von den Problemen '} ist es sehr unwahrscheinlich, dass 
ihre Ueberarbeitnng in der peripaletischen Schule erst nach Andre— 
nikus begonnen hat, Ueber die Metaphysik als Ganzes fehlen nns 
allerdings sichere Zeugnisse, und es ist wohl möglich, dass erst 
Andronikus dieses Werk in seine jetzige Gestalt gebracht hat; aber 
doch verdient die Angabe Beachtung, dass sich dasselbe beim Tod 
seines Verfassers in den Händen des Eudemus befunden, dass dieser 
es herausgegeben *) und sein Neffe Pasikles das zweite Buch beige- 
fügt habe 9 ); j» in einer Stelle seiner Ethik könnte mau sogar Worte 
1) 6. o. a. ». 0. 
1) Sim-i.. De coelo, Schot, in Ar. 017, a, 81. 
3) Bimpl. a, a. O. 486, s, 5. 
4) Diog. V, 49 nennt von ihm 'EmtoiiS« 'ApiTroT&cis K. Zitituv ('. 
5) Nach Hibbobl. Hippiatr. praef. S. 4 hatte dieser Grammatiker eine 
'EüiTojiij derselben geschrieben, wofür Abteuidob oneirocril. LI, 14 focopifiutra 
''k 'ipKTTOTÄjjv sagt. (6. Kiihbeider in H. Ansg. I, XIX.) Auch Dbmbtb. de eloont. 
97. IM. (H. an. il, 1. 497, b, 28. IX, 2. 32. 610, a, 27. 619, a, 16) kennt sia. 
Dagegen möchte ich dem, -was schon S. 65, 1 aas Eratosthcnes Katasteriamen, 
apolloninB' und Antigonns' (angeblich des Karystiers) Wondergeflchichten 
aber soologiscbe Werke des Arist. angefahrt wurde, and der Berücksichtigung 
der Schriften von der Erzeugung und den Theilen derThiere beiAsTiu. Mirab. 
c 16. 19 (18. 23) bei dem verdächtigen Ursprung jener Schriften kein grosses 
(!e wicht beilegen. 
6) Vgl. Thbmist. De an. 89, b, u. 91, a, o. m. Philo e. De hu. C, 4, u. 
7) Worttber S. 71 t. vgl. 
8) Abklbp. Schol. inAr-519, b, SS: der Mangel an Ordnung in der Schrift 
■erde richtig daran« erklärt, Sn ypiel/at ttjv TTapoäaav npecfiioraiav ir.i\i.^zv ai-ri)» 
Käijjtiji TiJ iin'pc.) «iroü ru 'PoBiui ' d'.z IxßWi ivipun ar, iTv«! xkXoV , ni( rtu- 
1P JitoK)vou tJ( jroJLXou( TijXutailnjv xpTfiumün. iw T.S o'jv |i£au> xpdvto iraleiinjcte 
iri äiEoSnpijaiv nva toö Bißliou- p.jj tqXjiujvmc 8e npo(8flvai oütoficv ol \uvrjetfax- 
r*-.. |UTi{Yarov ix tüjv iXXiuv aoroii xpayjjiaTEiuv to Xe'icqvt«. Pbbcdoalbx. 463, 
1} Bon.; xa'i oT-iai xa'i raüio ixitvott sBei auvTaTTEoflai xoit "jus Sito u.ev 'Apitno-r^- 
*«N owreroBiTai ujco Gl EiSiijiou gE^upin«. 
9) Anon. Schol. in Arist. 569, a, 41. (Dasselbe Scholion findet sich in 
«Mathen Handschriften der Metaphysik am Anfang von Klein- Alpha; s. Arist. 
loogle 
32 Aristoteles. 
der Heiaphysik darchkliogen hören *)- Auf das Vorhandensein meta- 
physischer Schriften weisen süsser theophrutiscben Werken, welche 
doch wohl einem aristotelischen Vorgans; folgten *), auch die An- 
gaben über ein Buch Strato's *). Ist endlich die Abhandlung aber 
die Bewegung der Thiere junger, als Aristoteles, und alter, als 
Andronikus *), nnd gilt das Gleiche auch vom eilften Buch der 
Metaphysik, so miiss nicht allein die Physik nebst den Schriften 
von der Seele, dem Gang und den Theilen der Thiere, sondern auch 
die Heiaphysik, den Peripaletikern jener Zeit bekannt gewesen 
sein *). Ueber ein der Metaphysik verwandtes Werk, die drei Bücher 
von der Philosophie, spricht Cicero nach dem Epikureer Phädrus 6 ); 
dieses Werk kann daher durch den Keller zu Skepsis der Benützung 
nicht entzogen worden sein. Noch weniger lässt sich diess von der 
Ethik annehmen, da sie sonst nicht von Eudemus und dem Verfasser 
der grossen Moral überarbeitet sein könnte '); auch von anderen 
ed. Bekk. Ver. lect. tu 999, a, 19); Ahlbt. a. >. O. 620, a, 6, der offenbar aus 
Versehen Gro es -Alpin Pasikles beilegt. 
1) Eth. Kud. I, 8. 1217, b, 22 von der Ideenlehre: tetmacrai 81 jcollot; 
Mpi lü-oii Tpältott xit iv töi( ^(üTEpwsif Xifott xsl iv tb'i( x»ti f liooopl«». Metaph. 
XIII, 1. 1076, a, SS vüii derselben: er wolle darüber kurz sein, rrtpißAi]r«i yaf 
tä ICftXXs xsl inb tüv ^ainpixüv Wyb>v. 
2) Die Metaphysik, deren Bruchstücke Buasu herausgegeben hat, nnd 
die sehon im Titel dem fiten Blich der ariat. Mniaphysia: (s. u, 8. 68) entspre- 
chende Schrift it. tüv Hoi«x.<"S (Alu. Top. 88, o. 189, a.). 
3) Das Buch Jt. tlpote'pog xo'i Tfo-rfpou, welches nach den Niltheilnngun bei 
Sinn.. Categ. 106, », o, 107, a («Chol, 89, a, 37. 90, a, 12) ohne allen Zweifel 
auf ariatotelisohe Erörterungen, nnd awar, wie es acheint, auf Metaph. V, 11 
Rücksicht nahm, denn das Suväjm xsl ffati itponpev, deeaen Simpl. ana, Strato 
erwähnt, findet sieb nur bier 1019, a, 1. 7. 
4) Was sich freilich nicht bestimmt behaupten Usst, aber doch die Wahr- 
scheinlichkeit für sich hat; Tgl. 8. 68, 3. 
5) Auf. Pbys. Vin, 6 ff. bezieht sich mot. an. o. t. 698, a, 7; auf it. Ztpw* 
Ilope:»t: c. 1, Auf.; die Schrift von der Seele wird c. 6, Anf., Metaph. XU, 7 
mit der Bezeichnung lv tclt np) tij( npiut»); • iXorsofltt^, welche man nicht anf 
B. XII allein wird beziehen können, ebd. 700, b, 8, it. Ztfxuv Hop Es» o. II, Schi, 
angefahrt. Ueber Metaph. XI s. o. S. 57. 
6) S. o. S. 68 f. 
7) 8. B. 72 f. Nach Eintrat, in Eth. N. 61, b, o. Ml, a, m hatte sieh 
anoh Theophrast in seiner Ethik und in der Schrift jc. 'HOüiv ( vielleioht auch 
der tou Dioo. V„ 46 angefahrten «. *tMas) an die aristoteliscbe Ethik ange- 
schlossen; ilusfi dieselbe Herillns und Kritolaus bekannt war, sagt Cicnne a. o. 
L „!.zed B y G00gle 
Schicksal i. Schriften. fS ' 
ethischen Schriften wissen wir aber, dass sie vor der Entdeckung 
Apelliko's im Gebrauch waren *)■ Die Potitieen hat Polybios und 
vor ihm Timäus in Händen gehabt ■), das Verzeichniss olympischer 
Sieger Eratostbenes *), die Didaskalieen, wie es scheint, Symma- 
chus und Didymus 4 ), die Sprichwörter Cephisodor 6 ); eine Brief* 
ssmmlung scheint schon vor Andronikus vorhanden gewesen an 
sein 6 ). Reichen diese Spuren auch lange nicht ans, um von den 
simmtlichen Werken des Philosophen, oder auch nur von allen er- 
haltenen Werken zu beweisen, dass sie wahrend des zweiten and 
dritten Jahrhunderts vor Christus im Gebrauch waren, so wird doch 
Sbibo's und Plotarch's Angabe durch dieselben vollständig wider- 
legt, und die Annahme, welche an sich die natürlichste ist, dass die. 
Schriften des Aristoteles von ihm selbst für die Oeffentlichkeit be- 
stimmt und den Gelehrten der nächsten Folgezeit nicht unbekannt 
gewesen seien, auch in Betreff derer, von denen wir diess nicht 
ausdrücklich nachweisen können, zu einem hohen Grad von Wahr- 
scheinlichkeit erhoben. Dass einzelne Schriften das Schicksal be- 
troffen hat, welches von Sirabo auF alle oder fast alle ausgedehnt 
wird, ist allerdings möglich und selbst wahrscheinlich; es werden 
& SS. Dagegen ist mit den 6. 72 nngefilhrlen Angaben fiber eine Ethik dos 
Silomichns (der ohnedem ftübe »Urb; -. o. IT, 2 Seh].), nichts ■mu- 
tagen. 
1) Die Abhandlung x. Acxaiomiviii fiibrt Damn«. de elocnt. SS (Aber den 
S. 89, T e. vgl), an, die Schrift x, 'Häovift scheint schon Theophrast (Dioo. V, 
H), iplter ChrjBippce, die x. nXoiirou Philodemns berück» ich i igt tu haben 
(■■ e. T3, 1. SS, 4), den 'Eputcxb- nach Athen. XV, €74, b Aristo von Keos; 
ä« Schrift ic Eo^evriaf, wie es sich nach mit ihrer Aechtheit verhalten mag, 
iriitoxemu, Demetrine von Phaleroa, Satyrn», Hieronymna (Atiik. X1U, 
Mfi, * Tgl. unsere late Abth. B. 47), oder wenigsten« der erste von diesen. 
2) Polib. XU, 6 ff. Da« Gleiche macht Stahb Arial. II, 78 ff. noch von 
nctreren Männern der alexandrischen Zeit wahrscheinlich. Die N4jm«t Bap- 
?«?«*(». o.S. 75,3) fuhrt Apollqk. Mirabil. c 1 1 an, aber das Alter dieses Zeug- 
>) Dioo. VTJI, 51. 
4) 8. Stahb a. a. O. 
6) S. o. S. 79. 
6) loh möchte wenigstens vermnthen, dass die von Daum, de eloent. 
"1 angeführte Sammlung Artamon'i (a. o. 43, 1) Uter war, als die dea Andre. 
■ikaijnnd wenn derLetatere aohon unterschobene Briefe vorfand (s. o. 19,9), 
■trden such wohl die Höhten schon vor ihm im Umlanf gewesen sein. 
•34 Ariitolelet. 
diess aber doch wohl hauptsächlich nur solche gewesen sein, 
welche von ihrem Verfasser nur zu eigenem Gebrauch niederge- 
schrieben waren, und dessbalb weder während seiner, noch wäh- 
rend Theophrast's Sc hui Führung durch Abschriften vervielfältig! 
wurden. Gegen das Gänse unserer Sammlung dagegen wird uns 
Strabo's Erzählung nicht misstrauisch machen dürfen, und wenn von 
einzelnen Theben derselben zu vermuthen sein sollte, dass sie nur 
aus den verdorbenen Abschriften Apelliko's herausgegeben worden 
seien, so wird diese Vermuthung doch immer in jedem einzelneu 
Fall aus der inneren Beschaffenheit der betreffenden Schriften be- 
gründet werden müssen. 
Nun lässt sich allerdings nicht laugnen, dass ein bedeutender 
Theil der aristotelischen Werke Erscheinungen darbietet, weiche zu 
der Vermuthung berechtigen, es seien bei der jetzigen Gestalt der- 
selben noch andere Hände, als die ihres Verfassers, im Spiele ge- 
wesen: Verderbniss des Textes, Lücken der wissenschaftlichen 
Ausführung, Versetzung ganzer Abschnitte, Zuthaten, welche nur 
von Späteren herrühren können, andere, die zwar aristotelisch, aber 
ursprünglich nicht für diese Stelle bestimmt scheinen, Wiederho- 
lungen, die sich einem sonst so sparsamen Schriftsteller schwer 
zutrauen und doch auch kaum von späterer Interpolation herleiten 
lassen 1 ]. Zur Erklärung dieser Erscheinungen reicht aber Strabo's 
Erzählung schon desshalb nicht ans, weil sie sich auch bei sol- 
chen Schriften linden, welche nachweisbar vor Apelliko im Umlauf 
waren, wie die zwei logischen Abhandlungen, die Physik und die 
Ethik; und wenn uns die Benützung und das Verständniss der ari- 
stotelischen Werke dadurch allerdings erschwert wird, so lässt sich 
doch wenigstens ein Theil der Lücken, von denen unsere Kenntniss 
des Systems dadurch bedroht ist, aus anderweitigen Aussagen des 
Philosophen und ans dem ganzen Zusammenhang seiner Lehre aus- 
füllen. Der Schaden, welcher uns aus diesem Zustand unserer Quel- 
lenschriften erwächst, ist immerhin empfindlich genug, aber er ist 
doch nicht so durchgreifend, als man wohl geglaubt hat. 
1) M. vgl. hierüber, wu früher über den letzten Abschnitt der Katego- 
rieen (S. 61), Kap. 14 jt. 'Epjurveütf (51, 1), B. II der Rhetorik (56, 3), B.VII 
der Physik (S. 61), einige Kapitel von der Seele {66, 2), die Abhandlung von 
den Sinnen (67, 1), die Ethik (72, 2), die Poetik (76, 1), namentlich aber, was 
über die Metaphysik (56, 4) bemerkt wurde, nnd wu noch später von der Po- 
litik zu zeigen sein wird. 
JigilizBdby G00gle 
Esoterische n. exotefiaahe Schriften. 95 
Sind aber die Schriften des Philosophen, weiche wir besitzen, 
überhaupt eine ausreichende und zuverlässige Urkunde seiner wis- 
senschaftlichen Ansichten? Diese Frage würde wohl schwerlich 
irgend Jemand aufgeworfen haben, wenn nicht das herkömmliche 
blinde Vertrauen auf miss verstandene oder irrthumliche Angaben 
aller Schriftsteller die späteren Gelehrten noch bis in die neuere 
Zeit herab an der unbefangenen Untersuchung einer an sich ziem- 
lich einfachen Sache verhindert hätte ')• Aristoteles bezieht sich in 
seinen Schriften öfters auf „exoterische Reden", ohne doch den- 
selben esoterische gegenüberzustellen *). Spatere wissen , wie von 
zweierlei Lehrvorträgen *) , so auch von zweierlei Schriften des 
Philosophen, den esoterischen oder akroamatischen und den exote- 
röchen*). Im Besonderen wird der Unterschied beider theils in 
ihrer Form gesucht, theils in ihrem Gegenstand, theils in ihrer Be- 
stimmung. Die Form soll bei jenen eine streng wissenschaftliche 
gewesen sein, bei diesen eine populäre 5 ), im Anschluss an die ge- 
wöhnlichen Vorstellungen 8 ), und näher die dialogische '); der Gegen- 
1) M. vgl. zum Folgenden die gründliche Erörterung Stahr's : lieber den 
Unterschied esoterischer und eaoteriacher Schriften d. Ariat, Aristotelia II, 
235 ff., der auch die frühere Literatur gibt Ritter III, 21 ff. Brakdis gr.-röm. 
Flui II, b, 101 ff. Eavaissi» Metapayßiqiie d' Ariatote I, 209—244. 
2) Die sftmmtliohen Stellen sind tiefer tuten angeführt. 
3) 8. o. 36, 2. 
4) Not iwei nnauvetllssige Atwleger der Ethik, Edstbat. 90, a, n. und 
dn angebliche Anuisosikii» 8. 69, deuten den Aludruck: i&uwputol X6-jm bei 
Ariitoteles sieht von Schriften, jener vielmehr von der gemeinen Meinung, 
üeaer von mündlicher Belehrung. 
5)Stkabo XIII, l, 64. 8. 609: weil die Peripatetiker nach Theophraat 
•eine und Aristoteles' Schriften nicht hatten, nXJjv oUftn *s\ |aAXi«t« tüv ilia- 
'-raawv, so begegnete es ihnen, pjSiv ifuv ?iXoaetptiv npxr[ACTixü( ( wissen sohaft- 
lioli), i'O.1, Mn« Xi)»w6(&w. Cic. Flu. V, 6, 12: über daa höchste Out gebe ea 
'on Aristoteles und Theophraat zweierlei Schriften, unum [teil. JWMIlJ gtuxi 
popidarittr scriptum est, qued ctwupixav appeUabant, alttrum limatiut, quod MI 
'"raentoriM rvliqwerutit ; im Wesentlichen aümmen aber diese mit jenen über- 
all. Suu-l. Phys. 2, b, m: die arist, Schriften zerfallen in die akroamatieohon 
"""* die esoterischen, ola t& faropowi xji t& SiaXoYwi *«i SXiu; ti u.)] öxpxt üpc- 
j<«< fpevriCovra. Amhok. n. Phildf. a. A. 7. 8. 06, 2. 
6) Auex. Top. CS, m: Ariat. rede bald Xo-fixiS;, so das» er die Wahrheit 
abwiche entwieble, bald JhaXcxnxeSt *pb{ S6fav. So in derTopik, den fij-tooixä 
«ad den oVnpcxA, xdi fif h ixtivoi; bXSiot.« xa'c xtpl twv Tj8mfiiv *«\ nsp\ tüv «pu- 
*4» fr«E«( Xtytm. (David SehoL in Ar. 24, b, S3 entstellt dieaa dahin, dasa 
98 Aristoteles. 
stand für die einen die Metaphysik, Physik nnd Dialektik, für die 
andern Politik und Rhetorik l ); ihrer Bestimmnag nach seilen die 
esoterischen auf den engeren Kreis der aristotelischen Schüler be- 
rechnet gewesen sein, die esoterischen auf den weiteren der ganzen 
Lesewelt *). Hit dieser Angabe verknüpft sieh dann die weitere 
Aristoteles nach Alexander fc [iiv to1( ixpoafnmxtf![ to SoxoOyth aOtß Mrti i« 
th äXtflfi , iv Ei to1( 3i«Xo-fingt( ik Silo« ioxoSna t& <$<udiS.) Bimtu Fhya. IM, 
a, in : i£uTcpixä 8i eoti ilitoi xol 61* i>3ä£<ov ntpaivi|uv« iXXi jlJj ösoSuxttaa 
|ii]!l äxpoajj.aTix«. Ebenso Philop. pbys. s, 4, m, 
T) Schon Cicero hat ohne Zweifel die Gesprlche im Ange, wenn er nagt 
(ad Att. IV, 16), in den esoterischen Schriften wende Aristoteles ProCmlen au; 
Tgl. ad Att. XIII, 19. ad Dir. I, 9,28. Bestimmter Plut. adT. Col. 14,1.8.11(1: 
iv to1( ^Sixolj Jnoy.tfytt.an (was hier, wie Cicero'» mximatiarii, die fortlaufende 
wissenschaftliche Darstellung bezeichnen musi), i* vAt vuiuitt, Bii twv Zfa- 
Tiptxüv SiaAÄyüiv. Amhon. in Categ. 6, b (bei Stahk a. a. 0. 255): von den gyn- 
tagmatisehen Schriften seien die einen aiwnpdjtujta x>\ ixpo«|i«nxa, die andern 
Iioioyni xa\ ^Euitep ixi. Jene seien fQr die -f"! 3 "" äxposral, diese itpb; tS)v tu* 
koXaiuv üoAfiav geschrieben. In den akroanialisohen Schriften begründe Arist. 
Keine Ansichten mit streng wissenschaftlicher Beweisführung , in den dialogi- 
schen spreche, er zwar auch seine Ansicht aus, ill' oü St' asooeix'Rxiüv iw/_ji- 
pTIfiaTuv, lai oT; oloi rftloiv ot itoUti napaxoioufitli . Das Gleiche, offenbar nach 
Amuohilb, Divid Schol. in Ar. 24, b, 13. 
1) Gell. N. A. XX, 5: Arist. Vortrag« and Schriften Eerfielen in iwei 
Klassen, die iEtuupua nnd die «xpoatua. 'Eljwttptxa diecd&ntur quae ad rheta- 
rieat meditatirmei facultaicnvque argtttiamni (die Topik) eimÜMmaae rennt no- 
titiam ctmdueebant , äxposiixn avien voeubantur m jmühs pAüoiop/uo remotür 
lubtüiorque (Metaphysik) ojifcjiofttr quaeque ad natura* eoniemplatiowta ditaep- 
tatiimtnque diabetica* ptrtinebant. Diesen sei im Lycenm der Morgen, jenen 
(wie anch Quintilun III, 1, 14 angiebt) der Abend gewidmet worden. IÄbro* 
quaijue «*os, earum omnium rervm rammwlunoi, teortim dividt, ut aUi exoM- 
riä dierrentur partim acroatieL Hierauf das 6. 19, 3 erwähnte Geschichtchen 
von Alezanders Beschwerde über die Herausgabe akratischer Schriften und 
Aristoteles Antwort: sie seien herausgegeben und nicht herausgegeben; fu«io\ 
f op t?oi fuivoi; totf ji[uuv oxoiijaaiv. Diese Bestimmung über das Verhältnis! des 
Esoterischen nnd Akroamatischen scheint »ugieieb mit den beiden Briefchen 
aus Androntkna entlehnt au sein, denn eine ähnliche Angabe hat Plut. Alex. 
0. 7, (s. u.), indem er lieh gleichfalls auf jene Briefe besieht, nnd der- 
selben Quelle folgt wohl auch Quintilian. Vgl. Ravaisson Metaph. d' Arist 
1, 216 f. 
2) Galen de subst. facult. uatur. Bd. IV, 760 K.: 'ApioroteÄoui I) 0sgflj pe> 
etau TB [isv toi; noXXoij vrrpafo'Tiov Tai & Äxpoorauj T0l( iwiLpois. Amiiok. n. Di- 
TD,s.rorl.Anm. Pmwr. De an. E, 2, n>; Tai^uittptaa nvrypiuitaTB, in sie« xit ot 
iiiXopt, tun &ESSi)|i»{, nwp Bis toDto ttutipw« atxXq^si, S« oi spitwutfoioioiK 
Esoterische nnd exoterliehe Schriften. 97 
Vorstellung, dass Aristoteles die esoterischen Schriften, um sie für 
Andere, als seine Schüler, unverständlich za machen, absichtlich 
dunkel geschrieben '), oder duss er und seine Schüler dieselben vor 
Uneingeweihten verborgen haben *). Wären alle diese Angaben 
geschichtlich, so entstände allerdings die Frage, zu welcher Klasse 
der Schriften die vorhandenen gehören, und inwiefern sich demnach 
erwarten lasse, dass sie die Ansichten ihres Verfassers treu wieder- 
geben. Auch in diesem Fall freilich würden wir kaum für sie zu 
fürchten haben. Denn soll das unterscheidende Merkmal der exote- 
rischen Bücher in der dialogischen oder überhaupt in der populären 
Form liegen , so findet sich diese bei keinem einzigen von denen, 
welche wir haben; soll es im Gegenstand zu suchen sein, so könnten 
immer nur die wenigsten derselben, etwa die Rhetorik und die 
Poetik, und höchstens noch die Politik und die Ethik, den esote- 
rischen zugezählt werden 8 ). Ganz unbedenklich wäre die Sache 
npoKils ifp&fij, äXX' st; rijv xoivjjv xsl -rijv tflv itoXXSv (LyÖ.Eiav. Eine eigen- 
tümliche Modifikation dieser Uutersclioidnng finden wir in der Annahme 
(Eübtiat. in Eth. N. SS, a, o. Anon. SohoL in Ariik 487, b, 1, wo swischen die 
npo«|iaTixi u. E&onpixi aufTpififiata noch Iratpixi, an die Freunde de* Philo- 
wphen, eingeschoben werden), dass die akroamati sehen Schriften für die ■f w i" 
noijinSnTat, die esoterischen oder encjklischen für Einzelne ausser der Schule 
uf besondere Anfragen geschrieben worden seien. 
1) Schon dem vorhin erwähnten unterschobenen Schreiben des Aristoteles 
u Alexander liegt diese Vorstellung zu Grande. Weiter Tgl. m, Thbmist. or. 
XXVI, 319, A ff.: Arist habe für die Masse nicht dieselben Beden passend ge- 
funden, wie für die Philosophen, und desshalb jener die höchsten Geheimnisse 
leiner Lehre (die -üsa Ufa, das |MMTcxbV) durch Dunkelheit entzogen. Sikm. 
Fuji, 2, b, m. mit Beziehung auf die eb engen annten Briefe: iv to"; äxpostiiari- 
hSs iiiotiev jicm|Stun n. s. w. Daher Lbcun Y. auet. c. 26: Arist. sei ÄutXoOj, 
■äJj.t.4 uiv ö iVrooBiv <f oinijuvo; xXXoc 8t ö iWiafliv, esoterisch und esoterisch. 
2) So Plut. Alex. c. 7 : lotxe S' 'AWEavBpos ab fitfuov tov ^flixöv xat jcolrrutov 
Mpalapitv X6yov, äüa xai rälv httoffäuw xal ßetputEpiuv [jänBvT.] BiSaaxaXiSv , £( 
»i«vSpt( ßua; cbtpan[io:nxa; xa"l £jt07UTixä( (wie bei den Mysterien) jtpot«Y°pEiiov- 
n; oix fl-fstpov st; iroXXotij, juraiiv Etv. Clembmb Strom. T, 575, A: nicht allein 
die Pytbagoreer und Piatun iker, sondern alle Schulen haben Oeheimlehren nnd 
Geheimschriften , auch von den aristotelischen Werken seien die einen esote- 
rische, die andern x&ivi ■a xa\ ifiiuiepixi. In demselben Sinn wird Rhct. ad Alex. 
*■ 1. 1421, a, 26 ff. Aristot- von Alexander um strengste Geheimhaltung dieser 
Schrift ersucht, welohe er seinerseits jenem gleichfall* rar Pflicht macht. 
8) Aach die nikoinachlsche Ethik nennt aber Cio. Pin. V, 5, 12 oeeuraJe 
T-pti de inoräm* UM, was offenbar mit dem früher Ton den sog. esoterisch*» 
Fliikn. d. Gr. II. Bd. 1. Anth. 7 
Google 
98 Aristoteles. 
aber in diesem Fall doch nicht. Wenn die esoterischen Schriften 
darauf angelegt waren, nur den Schülern verständlich zu sein, wer 
verbürgt uns, dass wir den Schlüssel für sie besitzen? wenn die- 
selben gar, wie behauptet wird, unter strengem Verschluss lagen, 
ist nicht zu besorgen, dass ihnen das Schicksal der theophrastiscben 
Bibliothek am Ende doch grösseren Schaden gebracht habe, als wir 
zugeben wollten? Indessen sind auch diese Bedenken überflüssig. 
Schon die Widersprüche der Angaben über die zwei Klassen vor 
Schriften beweisen, dass wir es hier nicht mit einer zuverlässigen 
Ueberlieferung zu thun haben. Einen Theil derselben könnte man 
zwar, wie diess theilweise auch schon die Alten thun , miteinander 
verknüpfen. Die esoterischen Schriften, könnte man sagen, sind 
die, welche Aristoteles für einen grösseren Leserkreis, auch ausser 
seiner Schule, bestimmt hatte. Dieser ihrer Bestimmung gemäss be- 
diente er sich in ihnen theils einer gemeinverständlichen Form,. und 
so namentlich der Gesprächsform, theils beschränkte er sich darin 
auf solche Stoffe, welche diese Behandlung znliessen. Andere Werke 
dagegen, die sog. esoterischen, an die systematischen Lehrvorträge 
des Philosophen sich anschliessend, zogen alle Gegenstände der 
Forschung ohne Unterschied, vor Allem natürlich die tiefsten grund- 
legenden Untersuchungen, in ihren Bereich, um sie mittelst eines 
streng wissenschaftlichen Verfahrens in schmuckloser Sprache zu 
beantworten. Diese Werke, zunächst nur für die Schüler des Philo- 
sophen bestimmt, wurden ausserhalb der Schule nicht ausdrücklich 
verbreitet, und aus demselben Grunde hatten sie auch an sich selbst 
eine solche Haltung, dass sie zu ihrem vollen Verständniss den 
mündlichen Unterricht des Philosophen voraussetzten. Wiewohl aber 
eine solche Vorstellung von der Sache das Verhältniss der streng 
wissenschaftlichen Schriften zu den populären ohne Zweifel nicht 
unrichtig bezeichnen würde, so lässt sich doch für die oben ange- 
führten Angaben über Esoterisches und Esoterisches der Vorzug 
einer sicheren Ueberlieferung auch auf diesem Wege wohl schwer- 
lich gewinnen. Denn sobald wir genauer zusehen, widersprechen 
sich dieselben fast auf allen Punkten. Die Einen lassen die esote- 
Büthetn gebrauchten geruu tibrorv/m limaiän scriptum zusammen fkllt, and 
Aristoteles selbst Potit III, 12. 1282, b, 19 sagt: t*i? XKict «Awoipfav W-pis, & 
oft Swuptorei nip't tu» ^Qixüiv. 
i „Google 
Esoterische und eiotociiehe Schriften. . 90 
rischeil Schriften auf die peripateüsche Schule beschränkt sein, An- 
dere, und darunter die Alteste Nachricht bei Andronikus, wissen von 
solchen Schriften, welche Aristoteles selbst herausgab. Die Einen 
unterscheiden sie von den esoterischen blos durch ihre Form, so 
dass ein und derselbe Gegenstand Cwie z, B. nach Cicero die Ethik) 
sowohl esoterisch als esoterisch behandelt werden konnte; Andere 
behaupten, ihr Unterschied beziehe sich auf den Inhalt, die rheto- 
rischen topischen und politischen Schriften seien als solche exote- 
rische, die logischen metaphysischen und naturwissenschaftlichen 
esoterische. Was endlich jene Form selbst anbelangt, so wollen die 
Einen alle populär gehaltenen Darstellungen, Andere nur die Ge- 
spräche als esoterisch betrachtet wissen. Wo die Zeugen Aber eine 
and dieselbe Saehe so vielfach von einander abweichen, da lässt 
sich kaum annehmen, es haben ihnen genauere Nachrichten darüber 
vorgelegen, das Wahrscheinlichere ist vielmehr, dass ihnen als ge- 
meinsame Grundlage ihrer Aussagen eben nur die allgemeine Vor- 
aussetzung des Unterschieds von esoterischen und esoterischen 
Schriften gegeben war, welche sie nun nach eigener Vermuthung 
weiter aasführten. Diese Voraussetzung selbst aber erscheint um so 
unsicherer, da wir uns überhaupt eine strenge Scheidung der beiden 
Gattungen kaum denken können. Soll der Gegenstand den Einthei- 
longsgrund abgeben, so liegt am Tage, dass sich ein und derselbe Stoff 
sowohl strengwissen schaftlich als populär behandeln Hess; und so 
wird uns ja auch ausdrücklich berichtet, es seien Grundfragen der 
Ethik, der Theologie und der Anthropologie in beiderlei Gestalt von 
Aristoteles besprochen worden l ). Soll das unterscheidende Merkmal 
der esoterischen Schriften in der Gesprächsform liegen, so sieht 
man nicht ein, warum andere gleichfalls gemeinverständliche Dar- 
stellungen *) davon ausgeschlossen sein sollten; will man dasselbe 
in der populären Form überhaupt suchen , so erhebt sich das Be- 
denken, dass die Grenze zwischen populärer und strengwissen- 
scbaftlicher Darstellung eine fliessende, und desshalb eine Verthei- 
laog der Werke in die zwei Schriftgattungen kaum durchführbar ist; 
1) lf. b. 8. 95, 6 und tu S. 58 f. 43, 2 über die Schrift ron der Philo 
inphie und den Eudemng bemerkt wurde, such Sehol. in Arist 4ST, b, 8, 
2) Wie die Politieen, ic, BjwAttaj, 'OXu|uctovutai, ItuOiovfeat, napaqilw, und 
»ohl ein grosser Theil der kleineren ethischen AufJjUtzu, bo weit diese Seht 
«wen. 
7 » 
JigilizBdby GoOgle 
100 'Artstotelei. 
ans unserer Sammlung selbst z. B. werden die Topik, die Rhetorik, 
die Ethik und die Politik als populäre Schriften bezeichnet *), wäh- 
rend es doch Aristoteles in ihnen allen auf eine wissenschaftlich er- 
schöpfende Behandlung seines Gegenstands abgesehen hat. Wird 
endlich behauptet, die esoterischen Schriften seien nur Mitgliedern 
der peripatetischen Schale mitgetheilt worden, so ist diess offenbar 
falsch: nicht allein weil von Hehreren, und darunter gerade von den 
ältesten Zeugen '), die Herausgabe solcher Schriften berichtet wird, 
sondern auch weil dieselben, wie oben gezeigt ist, von Anfang an 
auch ausserhalb der peripatetischen Schule gebraucht wurden. Soll 
andererseits ihr Inhalt von Aristoteles absichtlich durch eine dunkle 
Darstellung dem gemeinen Verständniss entzogen worden sein, so 
widerspricht dem, selbst abgesehen von der Ungereimtheit der Sache, 
der Augenschein: die Schwierigkeiten der aristotelischen Werke 
liegen weit weniger in der Darstellung, als im Inhalt; die Sprache 
und Darstellung dagegen ist für jeden, der solchen Untersuchungen 
überhaupt zu folgen im Stande ist, klar genug, ja sie zeichnet sich 
durch Bestimmtheit und Genauigkeit in hohem Grad aus; und wenn 
nichtsdestoweniger manches Einzelne dem Ausleger Muhe macht, so 
wird der Grund davon in allem Anderen eher, als in der Absicht des 
Schriftstellers zu suchen sein, welcher vielmehr durch eine fest aus- 
geprägte Terminologie, durch scharfe Begriffsbestimmungen, durch 
Erläuterungen und Beispiele, durch methodischen Fortschritt der 
Gedanken dem Verständniss des Lesers zu Hälfe zu kommen sicht- 
bar bemäht ist. Wird nun schon durch diese Erwägungen der Glaube 
an die Ueberlieferung über esoterische und exoterische Schriften aufs 
Aeusserste erschüttert, so muss derselbe vollends zu Fall kommen, 
wenn wir uns überzeugen, dass Aristoteles selbst in den hergebö- 
rigen Stellen setner Werke jenen Unterschied nicht gemacht, dass 
er aber darin zugleich hinreichenden Anlass zur Entstehung der 
späteren Annahmen geboten hat. Alle diese Stellen gestatten, meh- 
rere fordern eine solche Erklärung, dass unter „exoterischen Reden" 
nicht eine eigene Klasse populär geschriebener Bücher, sondern nur 
überhaupt solche Erörterungen verstanden werden, welche nicht in 
den Bereich der eben vorliegenden Untersuchung gehören 0, und 
1) Tod Alsxasder, Gblliub und Pmtabch; a. 8. 95, 6. 96, 1. 97, 2. 
2} Andronikus und die von ihm benutzten Briefe, b. S. 96, 1. 
8) Gui klar Ist diese Bedeutung du Aiiadruoks wnaclist Phra. IT, 10, 
Esoterische und axoterisehe Schriften. IQf 
der gleiche Sprachgebrauch in Betreff des Exotsrischeu lässl sich 
auch anderwärts, sowohl bei Aristoteles ") als bei Eudemus *), nach- 
Auf.: E£dji£vov & tu« eEpijpiviiM fottv £keX8ew «pi ygtvw npeirmi Si ictXüf tfti 5t«- 
jropijaau n£p\ aStou xett Bii tüiii ^üiTEpuiv Xdvuv. Die ^(ut. X^yoi beteichnen hier 
die unmittelbar folgende Erörterung, weiche in demselben Sinn exoteriach ge- 
nannt wird, in dem Aristoteles sonst auch das Logische dem Physischen ent- 
gegensetzt, weil sie nioht von bestimmten Tbatsachen, deren Betrachtung der 
Physik eigentümlich ist, sondern Ton gewissen allgemeineren Annahmen übsr 
die Zeit aasgeht. An esoterische Schriften kenn hier nicht gedacht werden. 
Aur.h_Mc.taph. XIII, 1. 1076, a, 28 werden wir nicht wohl an solche denken 
können. Ueber die Ideenlehre, sagt hier Arist. , wolle er sich nur kurz erklä- 
ren; Tt8piiU,i]Tai -jap ti jmXX« xotl iso tS» ££wMpwöv Idytov. Die Kritik der 
Ideenlehre eignete sich aber gewiss am Wenigsten für populär« Schriften; Arist. 
wird daher wohl eher solche Erörterungen im Auge haben, wio sie nns Phye. 
II, 2. 193, b, 35 ff. IV, 1. 209, b, 33. gen. et corr. II, 9. 336, b, 7. Eth. N. I, 4 
(um die zahlreichen Stellen der Metaphysik selbst in übergeben} begegnen; na- 
mentlich aber das, was er in den Büchern Ton den Ideen (s.o. 48,2) ausgeführt hatte, 
die Allem nach nicht zu den populären Werken gehört bähen. Polit. VII, 1. 
1323, a, 21 (vQuIaavrat oiv IxcnSc xoXXä Xrficdai xal tüv h tolf ^wnpudk Xd- 
■fon xcp\ Tijt äpi'oiT]! C<d?,( »gl vöv xpqar&v iJroij) wird man am Passendsten auf Eth, 
N. I, 6 ff. X, Ö ff. beziehen, zwei Ausführungen, Ton denen namentlich die erste 
mit dem hier Angeführten genau stimmt; da es doch gar zu unnatürlich wlre, 
»nf anderweitige minder wissenschaftlich gehaltene Schriften zu Terweiseo, 
und die eingebenden Untersuchungen eines Werks, welches Arist. selbst mit 
der Politik in den engsten Zusammenhang setzt, zn übergehen. Ebd. III, 6. 
1278, fa, 30 scheinen die ££ui. Iripi nicht auf bestimmte: Schriften, sondern auf 
die Annahmen und den Sprachgebrauch, welche anch ausserhalb der Wissen- 
schaft gelten, zu gehen; ebenso möglicherweise Eth. N. VI, 4, Anf.: ntarufoptt 
8 iapi ceütcüv (der Unterschied von jtobjtri; und jtpa&s) xst tels i^tutcpixoT: Xdfoif, wie- 
sohl anch Aristoteles diesen Gegenstand ausser Hetaph. VI, 1. 1026, b, IS ff. c.2. 
1026, b, 5 schon Top. VI, 6. 146, a, 15. VIII, 1.157, a, 19 und vielleicht anderswo 
noch eingebender berührt hatte. Auch Eth. N. I, 13. 1102, a, 26 ist wohl nicht 
die Stelle De an. III, 9. 432, a, 22 ff. gemeint, sondern entweder andere Schrif- 
ten de« Verfassers, oder wahrscheinlicher die sonst rerbreiteteten Annahmen: 
die Unterscheidung eines unvernünftigen und eines vernünftigen Theila in der 
Seele ist ja zunächst platonisch, und wird von Aristoteles a. a. O. nicht unbe- 
dingt gutgeheissen. 
1) Polit. I, 5. 1264, a, SS: iXXi tbCii u«v Tome ftottpiiwrlpac ioxt cxfijttoc 
(gebort nicht eu der gegenwärtigen Untersuchung). Vgl ebd. II, 6. 13S4, b, 
39: in der Bepublik hat Plato nur unvollständig von der Gesetzgebung ge- 
handelt, -zx 3' öXXa rtfi; sijiufle» Xdyois itenXiIpiüxi tbv X6ytn. Die üjioSiv Xdvot, 
welche offenbar ganz dasselbe sind, wie \6-jm süiuuputdl, enthalten in diesem 
Fall gerade die specnlatirsten Untersuchungen. 
2) In der Stelle des Eudemus, welche Sinn.. Phys. 16, b, a. vgL ebd. o. 
loogle 
102 Aristoteles. 
weisen ')■ So wenig man sich aber hiernach för die spiteren An- 
gaben auf Aristoteles zu berufen ein Recht hat, so begreiflich ist es 
doch, wenn seine Aeusserungen, welche ja theüweise wirklich auf 
gewisse Schriften gehen, in der Folge durchweg von solchen ge- 
deutet, und nun die Werke des Philosophen nach dem Unterschied 
des Esoterischen und Esoterischen eingeteilt wurden; wobei aber 
eine Verschiedenheit und theüweise Unvereinbarkeit der Ergebnisse 
um so weniger ausbleiben konnte, da es eben an einer wirklichen 
Ueberliefbrung über diesen Gegenstand fehlte, und da bald auch das 
Vorurtheil von dem Schulgeheimniss der alten Philosophen weitere 
Irrungen hereinbrachte. Für geschichtlich kann nur das gelten, dflss 
Aristoteles neben den streng wissenschaftlichen auch gemeinver- 
ständlichere Werke geschrieben hat 1 ), und dass namentlich seine 
Gespräche ganz oder grösstentheils dieser Art waren. Aber diese 
Einteilung ist keine feste; die einzelnen Werke gehören nicht immer 
in die eine oder die andere Klasse, sondern viele liegen zwischen 
beiden in der Mitte, nähern sich der einen Darstellungsweise mehr, 
der anderen weniger an, verbinden populärere und wissenschaft- 
anfilhrt, werden die Worte des Aristoteles Phys. I, 2, 185, b, 11: fysiB' mopim 
lufft toO jjipou( x«\ toü SXou, Iitm( Ei oü npo; ti>v 16-fov (ÜA 1 «Mjii x«S' «urijv, 
■o wiedergegeben: Hjei 8e oitb tqüto äjtopiav i^iotepixifv. Ein BfjürrEptxav ist 
also, was nicht dieses Orts ist. Aach in der endemischen Ethik wird der Aus- 
druck: e^u>T. Xdfot nicht anders gebraucht, als bei Aristoteles. IT, l,Anf. heisst 
es von der Eintbeilnng der Qüter in Äussere und geistige: xi6«cep EiaipotS^ESa 
xsjt e*v tü!( ^nrt*pixoi[ Wp«, I, 8. 1217, b, 22 von der Ideenlehre', hvhutent Et 
jtoXXoT( rapt OiItoü tposotf xot tv TÖts JEiutEpHitilc X6f Ol; xa\ ev tu"; xorä ^ikonifiai. 
In der ersten Stelle können die $iax. Aiyui nnr das Gleiche bezeichnen , was 
Eth. N. I, 8, Anf. tä XE-fdu^v« heisst, die gewöhnlichen Vorstellungen, in der 
zweiten wird der Ausdruck anf solche Erörterungen (mündliche oder schrift- 
liche) geben , welche nicht so erschöpfend und ausdrücklich auf die Ideenlehre 
eingehen können, wie die logisch-metaphysischen Untersuchungen, die S-.sTpijM) 
Xo-pn(u;='pa, nie os vorher heisst. Vgl. auch Fritzscrb z. d. 8t. 
1) M. vgl. sneb Themist. De an. 66, a, o.: Tour« pb eTjwBev Stjjpjjaöü) oä 
Xi'av övta tfji KpoxcipiviK jcpaY|*a-re!«5 öXMTpia- bUMdw Be BAev h X^o;. Das 
Eiotorische ist auch hier, wie bei Endemus, was oO «pbs tov Xd^ov ist 
2) Auf solche populärere Schriften bezieht Siupl. Schol. 487, a, S auch 
den Ausdruck e^xiixita, E^xüxXiot f&oaof^pxvi. Eth. N. I, 3. 1096, a, 2. De ooelo 
I, 9. 279, a, 30, der aber wenigstens in der zweiten von diesen Stellen anf gar 
keine bestimmten Werke in gehen scheint. Hockst ungereimte Erklärungen 
dieses Ausdrucks finden sich Sohol. 487, b, 1 ff., bei Ecbthat. in Eth. N. 10, 
a, m. und in dem Scbolium bei Brahdib gr.-röra. Phil. H, b, 107, A. 174. 
Abfaaaungsaeit d. Schriften. 109 
liebere Ausführungen; dass Aristoteles vollends in einem Theil sei- 
ner Schriften seine eigentliche Meinung verborgen, oder dass seine 
Schüler dieselben der allgemeinen Kenntniss entzogen haben, lässt 
sich durchaus nicht annehmen. 
Um schliesslich noch die Abfassungszeit und die Reihenfolge 
der aristotelischen Schriften ') zu berühren, so haben wir uns 
schon früher 8 ) überzeugt, dass Aristoteles bereits während 
seines ersten Aufenthalts in Athen als Schriftsteller auftrat; dass er 
diese Thätigkeit auch in Atarneus Mitylene und Hacedonien fort- 
setzte, lässt sich wenigstens vermuthen ')■ Von den erhaltenen 
Schriften jedoch wissen wir durchaus nicht, ob ein Tbeil derselben 
aas dieser früheren Zeit stammt. Weit die meisten von ihnen schei- 
nen jedenfalls dem zweiten athenischen Aufenthalt anzugehören, 
oder wenigstens erst damals vollendet worden zu sein , wenn auch 
ohne Zweifel schon früher Vieles für sie vorbereitet war. Diess er- 
giebt sich theils aus einzelnen Spuren ihrer Abfassungszeit, welche 
nicht blos für die Werke, in denen sie vorkommen, sondern auch 
für alle späteren beweisen *), theils aus dem Umstand, dass sich in 
i) Buuut II, b, 114 ff. 
2) S. 43, 2. 86, 1. 
8) Bestimmte Angaben haben wir «ber nur über die Schriften %. BaaileEac 
nnd iirep 'Axofxuv; s. S. 19, 2. 
4) So geschieht Meteor. 1, 7. 345, n, 1 eines Kometen Er wShnnng, welcher 
unter dem Archon Nikomachns (0). 109, 4. Sil v. Chr.) in Athen sichtbar 
war, indem »ein Lauf und Standort genau, wie aus eigener sptterer Erkundi- 
gung, angegeben wird. Die Politik berührt nicht blos den heiligen Krieg wie 
st*« Vergangenes (V, 4. 1304, a, 10), nnd den Zug dea Pbslakns nach Kreta, 
welcher am Bohlnss desselben, tun OL 108, 3 stattfand (Diodor XVI, 62), mit 
einem vamrA (IT, 10, Schi.), sondern auch V, 10. 1311, b, 1 die Ermordung 
Philipp's (336 v. Chr.), nnd ewar letztere ohne jede Andeutung davon , dass 
■ie der neuesten Zeit angehöre. Die Rhetorik bezieht sich II, SS. 1397, b, 81. 
1399, b, 13 ohne Zweifel auf Vorgänge aas den Jahren 838—336 v. Chr.; 111, 
17. 1418, b, 27 führt sie Isokrates' Philippas (345 v. Chr.) an; von derselben 
ieigt Humum (Philologue IV, IOC), dass die vielen in ihr angeführten attischen 
Bedner, welche jünger als Demosthenes sind, kleinsten Theils vor Aristoteles' 
erste Abreise von Athen gesetzt werden können, und das Gleiche wird von 
den «ahlreicben Werken des Theodektes gelten, welche hier und in der Poetik 
benntst sind. Metapb. I, 9. 991, a, 17. XII, 8. 1078, b, 17. 82 wird von En- 
duns und dem noch jüngeren Kallippus, Eth. N. VII, 14, 1158, b,5. X,2,Anf. 
Ton Speusipp undEndoxus so gesprochen, als w&ren sie nicht mehr am Leben. 
Teil der Tfaiergescbichte hat Boss (Arial, libr. ord. 212 ff.) ans TOI, 9. II, 6, 
Google 
104 Aristoteles. 
ihnen manche Beziehungen auf Athen und selbst auf den Ort des 
aristotelischen Unterrichts finden '}■ Noch entscheidender ist aber 
vielleicht die Wahrnehmung, dass in dieser ganzen so umfassenden 
Sammlung kaum irgend eine nennenswerte Aenderung in den An- 
sichten oder der Terminologie zu bemerken ist. Alles ist so reif und 
fertig, Alles stimmt bis in's Einzelste so vollständig fiberein, die 
wichtigsten Schriften sind untereinander, mit wenigen Ausnahmen, 
tbeils durch ausdrückliche Verweisungen, theils durch ihre ganze 
Anlage in einen so engen Zusammenhang gesetzt, dass wir in innen 
nicht weitauseinanderliegende Erzeugnisse verschiedener Lebens- 
perioden, sondern nur das planmässig ausgeführte Werk einer Zeit 
sehen können, in der ihr Verfasser, mit sich selbst vollständig zum 
Abschluss gekommen, die wissenschaftlichen Fruchte seines Lebens 
zusammenfasse, und auch von den früheren Arbeiten diejenigen, 
welche er mit den späteren verknüpfen wollte, einer nochmaligen 
Durchsicht unterwarf. 
Es fuhrt diess auf die weitere Frage nach der Abfolge und dem 
Zusammenhang der einzelnen Schriften. Diese Untersuchung ist uns 
nun freilich dadurch erschwert, dass die Verweisungen derselben 
Auf. u. a. 6t. gezeigt, dass sie erst einige Zeit nach der Schlacht bei Arbela, 
in welcher den Mazedoniern stierst Ekphantun in Gesicht kamen, und wahr- 
scheinlich nicht vor dem indischen Feldzug, verfaset (oder doch vollendet) sei. 
Dass aber andererseits auch viel Früheres mit einem vuv angefahrt wird, wie 
Meteor. III, 1. 371, a, 30 der eplieeinise.be Tempullirand (Ol. 106, 1. 356 V. 
Chr.), Polit. V, 10. 1312, b, 10 der Zog Dio's (Ol. 105, i f.), kann bei der Un- 
bestimmtheit dieses Ausdrucke nichts beweisen. Ebensowenig folgt ans AnaL 
pri. II, 24, dass Theben damals noch nicht zerstört war; eher konnte man ans 
Polit. III, 5. 1278, a, 25 für diese Schrift das Gegentheil abnehmen. 
1) Vgl Beakdib gr.-rüm. Phil. II, b, 116. Ich nutze hier hei, was mir 
ausser dem eben Angeführten Derartiges anfgestossen ist, ohne jedoch damit 
auf Vollständigkeit Anspruch zu machen. Kateg. c. 3, Schi.: to Si noB, cüov 
tv AuxEt'ii). Anal. pri. II, 24: Athen und Theben, als Beispiele von Nachbarn. 
Ebenso Fbys. III, 3. 202, b, 13. Ehd. IV, 11. 219, b, 20: "b sv AuKetiu tW Mo- 
taph. V, 5. 30. 1015, a, 25. 1025, a, 25: A kXe&jeu cl« Atyvftv, als Beispiel einer 
Geschäftsreise. Ebd. V, 24, Schi.: dieathenischenFestederDionvsien undThar- 
felien (auch der attischen Monate bedient sich Arist. z. B. Hist. an. V, 11 u. 
o-, doch will ich darauf kein Gewicht legen). Rhet II, 22. 1396, a, 7: üvw 8' 
oTov jcüj iv &>v«|ufc «uu.8oiAeueiy 'Xhjialoa a. s. w. Ebd. III, 2. 1404, b, 22. 
Polit. VII, IT. 1336, b, 27: der Schauspieler Theodorus. Auch die Bemerkung 
über die Corona borealis Meteor. II, V. 362, b, 9 pusst, wie Ideleb z. d. St. 
I, 567 f. zeigt, für die Breite von Athen. 
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Beikenfolge o. Schriften. 105 
»nf einander mitunter gegenseitig sind '); doch werden dieselben durch 
diesen Umstand nicht in dem Maass unbrauchbar, wie man wohl ge- 
glaubt hat. Denn im Verhältnis« zu der Gesammtmasse solcher An- 
führungen sind es doch immer nur einzelne Fälle, in denen eine 
frühere Schrift auf die spätere als eine schon vorhandene ver- 
weist 1 ); wird aber dadurch auch wahrscheinlich gemacht, dass Ari- 
stoteles zu den betreffenden Werken fortwährend Zusätze macht« 
und überhaupt kleine Aenderungen an ihnen vornahm 3 ), so wird 
doch unser Ursheil über die Reihenfolge der Schriften im Ganzen 
nicht wesentlich davon berührt werden. Im Besonderen werden wir 
unter den uns erhaltenen Werken, so weit sie sich nicht jeder der- 
artigen Bestimmung entziehen*), die logischen, mit Ausnahme des 
Schriftchens über die Sätze (it. 'Epjwivifo?) *), für die ersten zu hal- 
1) Vgl. R[TTFR III, 29 f. 
2) Die Analytiken, im Ganzen spater als die Tc-pik, werden hier B. VIII. 
IX (sopk. el.) angeführt (s. o. S. 53), und man kann diess nicht etwa ans der 
■alleren Abfassung dieser zwei Bttekei erklären, da Anal, pri. II, 15. 17. 64, a, 
37. 65, b, 16 gerade auf nie verwiesen ist; s. W*itz z. d. St. — De coelo II, 1 
witd die Schrift vom Gang der Tbiere citirt (a. S. 68, 3), wahrend doch diese 
nach Meteor. I, 1, Schi, ebenso, wie die übrigen zoologischen Werke (von 
denen die Thiergeschichte ingr. an. c. 1, Schi, angeführt wird), jünger sein 
miiBs, als die Bücher vom Himmel. — Hisi. an. V, 1. 539, a, 20 ist die 
laopa wsjJl iE» tpuiüv genannt; eben diese wird aber in Schriften, welche 
jedenfalls später als die Thiergeschichte sind, und diese öfters anführen, gen. 
uim.nndpart. an., eratals künftig in Aussiebt gestellt (s.S. 69, 3 vgl. m. 65, I).— 
Dttumno c. 3. 456, b, 5 wird die Abhandlung je. Tpo^ij; als eine frühere ange- 
fahrt, wftbrend die spatere (s. o. 67, 1) Schrift De gen. amm. V,4. 784, b, 2 sie 
mt ankündigt — Die Schriften n. ZbWv Mopltuv auf der einen, it. MaxpoßiS-n]- 
:s; und n. 'Avcutvoii; auf der andern Seite citiren sich gegenseitig; s. 6. 67, I. 
lieber die Schrift x. Z<Jkuv ITopEii; in ihrem Verhftltniss zu denen von derSeele 
and von den Theilen der Thiere ist schon Ö. 68, 8. ÜB, 2 gesprochen wor- 
3) Diese Erklärung der fraglichen Erscheinung wird wenigstens ungleich 
natürlicher sein, all Bosb's Gewaltstreich (Arist. libr. ord. 118 f.) ehr^m = 
ilp|ii«n in nehmen und in Ausdrücken, nie: t?; Ixüwv tov xaipbv cuiaxiiaBu) die 
Beziehung auf die Zukunft zu lHugnon. 
4) Was aber nnr bei wenigen, von verdächtigem Ursprung, nie die Schrif- 
ten aber die nntheilbaren Linien und über Melissus n. s..w. der Fall ist. 
5) Dieses nämlich muss nicht allein der Topik und den Analytiken, son- 
dorn anoh der Schrift von der Seele nachgesetat werden, da es nie alle anführt 
[i- o. 53, 1. 52, 1. 66, 2). Wann es aber verfaset ist, laset sich tun so weniger 
ls citirt wird. 
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106 Aristoteles. 
ten haben. Denn theils ist es natürlich und dem methodischen Ver- 
fahren des Aristoteles entsprechend , dass er der materiellen Aus- 
führung seines Systems jene formalen Untersuchungen voranschickte, 
durch welche die Regeln und Bedingungen alles wissenschaftlichen 
Denkens festgestellt werden sollten; theils erhellt auch aus seinen 
eigenen Anführungen, dass dieselben den naturwissenschaftlichen 
Werken, der Metaphysik, Ethik und Rhetorik vorangiengen 0- Unter 
den logischen Schrillen selbst scheinen die Kategorieen die erste 
zu sein; auf sie folgte die Topik, mit Einschluss des Buchs über die 
Trugschlüsse, dieser die zwei Analytiken; erst später ist die Ab- 
handlung von den Sätzen beigefügt worden 8 ). An die logischen 
Untersuchungen schliessen sich die naturwissenschaftlichen, und 
unter ihnen zunächst die Physik an, welche nicht allein von der Meta- 
physik, sondern auch von der Mehrzahl der übrigen naturwissen- 
schaftlichen Werke angeführt oder vorausgesetzt wird, während sie 
selbst keines von ihnen anführt oder voraussetzt s ). DasB auf sie die 
Bacher vom Himmel und vom Entstehen und Vergehen nebst der 
Meteorologie in dieser Ordnung folgten, sagt die letztere sehr be- 
stimmt *)• Ob diesen Untersuchungen über die unorganische Natur 
die Tbiergeschichte oder die Schrift von der Seele der Zeit nach 
näher steht, lässt sieb nicht entscheiden; sehr möglich, dass das 
erstgenannte Werk, weitschichtig, wie es ist, vor dem zweiten be- 
gonnen, aber erst nach ihm vollendet wurde *}. Mit der Schrift von 
der Seele sind jene kleineren Abbandlungen zu verbinden, welche 
1) Ansier den 8. 52, 1. 53, 1. gegebenen Nach Weisungen gehört hieher 
die entscheidende Stelle Anal. poat. II, 12. 95, h, 10: |iaXXov St fxnpStt tv to"; 
xetS&ou ictp't xivifoEu; SCi It/J^var rapl «iteiv. Die Physik »her ist du früheste 
von den naturwissenschaftlichen Werken. Auch das negative Merkmal trifft 
zu, dass in den Kategorieen, den Analytiken and der Topik keine von den 
übrigen Schriften angeführt wird. 
2) S. 3. 49 ff. und die S. 51 angefahrte Abhandlung von Bunu, 
welche 5. 256 ff. durch eine Vergleichung der Analytiken mit der Topik di« 
frühere Abfassung der letzteren darthnt. 
3) 8. o. 60, 1. Auf die Physik (III, 1. 201, b, 31) gebt auch De an. H, 5. 
417, a, 16. 
4) Meteor. I, 1, wocu man 'welter S. 61 nnd du scheinbar entgegen- 
stehende Citat De coelo II, 2 betreffend S. 105, 2 vergleiche. 
5) Dass die Vollendung der Thiergeachiohte nicht zn frühe gesetzt wer- 
den kann, dürfte, an oh abgesehen ron dem 8. 106, 3 besprochenen Citat, anji dem 
hervorgehen, was 8, 103, 4 angeführt wurde. 
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Reihenfolge d. Schriften. 107 
iheils ausdrücklich 1 ), theits durch ihren Inhalt auf sie zurückweisen; 
doch ist ein Theil derselben wohl erst nach den Werken Ober die 
Theile, den Gang und die Erzeugung der Thiere verfasst worden *)» 
welche sich im Uebrigen zunächst an sie anreihen werden; denn 
dass sie jünger sind, als die Schrift von der Seele und die ihr zu- 
nächst folgenden Abhandlungen, und ebenso auch jünger als die 
Thiergeschichte, wird durch ihre Hindeutungen auf diese Werke *} 
bewiesen, wie es denn auch der Natur der Sache entspricht; dass 
sie andererseits der Ethik und Politik vorangehen, ist desshalb wahr- 
scheinlich, weil sich nicht annehmen lässt, Aristoteles habe seine 
naturwissenschaftlichen Darstellungen durch ausführliche Arbeiten 
in so ganz anderer Richtung unterbrochen *}. Eher könnte man fra- 
gen, ob die ethischen Schriften nicht überhaupt vor die physika- 
lischen zu setzen seien s ). Wiewohl sich aber diese Frage durch 
ausdrückliche Verweisungen der einen auf die andern nicht ent- 
scheiden lässt, werden wir doch für die frühere Abfassung der natur- 
wissenschaftlichen Bücher stimmen müssen; denn wer so, wie Ari- 
stoteles, überzeugt war, dass der Ethiker die menschliche Seele 
kennen müsse '], von dem lässt sich erwarten, dass er die Unter- 
suchung über die Seele der über die sittlichen Thäligkeiten und Ver- 
hältnisse voranstellte. Und wirklich sind auch in der Ethik die Spu- 
ren der Seelenlehre und der ihr gewidmeten Schrift kaum zu ver- 
kennen T ). An die Ethik scfaliesst sich unmittelbar die Politik 
1) So De sensu c 1, Anf. c. 3. 439, «, 16. 0. 4, Auf. Da aomno o. 3. 455, 
i, B. De aomniin o. 1. 459, a, 15. De respir. o. S. 474, b, 11. 
2) 8. o. 67, 1. 
8) S. 8. 66, 2. 67, 1. 65, 1. Die Tiergeschichte verweist auch III, 33, 
Auf. auf künftige Untersuchungen, welche sieh gen. an. I, 4 finden. 
4) Die weitere Frage nach der Reihenfolge der genannten drei Schriften 
ist schon S. 68 erledigt. 
5) So Robb ß. 122 ff. 
6) Etil. N. I, 13. 1102, a, 28. 
7) M. vgl. Eth. N. 1, 18. 1102, a, 26 ff. mit De an. III, 9. 432, a, 22 ff. 
H, 3 , welche Stellen hier zwar mit dem Ansdvnck iEuTtpixot Uyoi schwerlich 
gemeint sind, aber doch ihrem Inhalt nach berücksichtigt aein dürften. Auch 
n, 2, Ant scheint die Mehrzahl der theoretischen Schriften schon vorannzu- 
■ctsen. Wenn ei aber solcher Sparen nicht mehrere sind, haben wir nns dieis 
vielleicht darans in erklären, das« Aristotejes bei der praktischen Abzweokang 
der ethischen Werke (Eth. N.I, 1. 1095,», 4. II, 2 Auf.) keine Untersuchung« 
Google 
108 Aristoteles. 
an 1 ). Später als beide ist die Rhetorik ■}; zwischen die Politik and die 
Rhetorik fällt die Poetik *). Das letzte Werk unserer Sammlung 
scheint die Metaphysik zu sein; ihr ganzer Zustand dient wenig- 
stens der Angabe 4 ) zur Bestätigung, sie sei erst nach Aristoteles 
Tod, von ihm selbst nicht vollendet, herausgegeben worden; sie 
selbst sagt uns, dass sie jünger ist, als die Analytiken, die Physik 
und die Ethik fi ), in Betreff der Physik erhellt es auch aus dieser G ). 
Da übrigens in dem wissenschaftlichen Inhalt der verschiedenen uns 
vorliegenden Schriften keine Abweichungen von einiger Erheblich- 
keil wahrzunehmen sind, so ist die Frage nach ihrer Reibenfolge für 
die Auffassung des aristotelischen Systems von geringer Bedeutung. 
3. Standpunkt, Methode und Theile der aristotelischen 
Philosophie. 
Wie Plato an die sokraliscne, so knüpft Aristoteles zunächst 
an die platonische Philosophie an. Auch die früheren Philosophen 
hat er zwar in umfassender Weise benützt. Vollständiger, als irgend 
ein Anderer vor ihm, mit den Lehren und Schriften seiner Vorgang/er 
vertraut, liebt er es, der eigenen Untersuchung eine Uebersicbt über 
ihre Ansiebten voranzuschicken; er lasst sich von ihnen die Auf- 
gaben bezeichnen, um die es sich handelt, er will ihre Irrthümer 
widerlegen, ihre Bedenken lösen, das Richtige, was sich bei ihnen 
findet, aufzeigen. Aber einen bedeutenderen Einflnss üben die vor- 
sokra tischen Systeme bei ihm weit mehr auf die Behandlung ein- 
hereinzieben wollte, welche fflr diesen Zweck entbehrlich und einem weiteren 
Leserkreise fremd waren; Tgl. I, 18. 1103, », ÜB. 
1) B. S. 74, 1. 
2) Denn sie führt theiU die Politik selbst (I, 3. 1866, 0, 26), tbeila die 
Poetik {■. o. 76, 1) an, welche von der Politik erst für dieZaknnft versprochen 
wird. Auffallend ist aber, du» in, 1. 1404, b, 23 von dem Schauspieler Theo- 
dor™ gesprochen wird, als ob er noch lebte und aufträte, wahrend Polit. Till, 
17, 1336, b, 27 derselbe wie ein Verstorbener behandelt ist. Doch giebt udi 
diesakein Recht, mit Kose (8. 121. 129 ff.) die Rhetorik unmittelbar nach den 
logischen Schriften und vor die Poetik zu setzen. 
3) Wie diejs aus dem 6. 76, 1 Angeführten erbellt 
4) Worüber S. 91, 8 e. vgl. 
5) S. 0. B. 53. 60. 72, 1. 
6) I, 9. 192, a, 84. II, 2, Sohl. Eosrs Annahme (8. 136 ff. 186 f.), dasei die 
Metaphysik den sttmmtlichcn naturwisaenscbeftlicben Schriften vorangehe, 
wild ausser allem Andern schon durch diese Verweisungen ausgeschlossen. 
Standpunkt. 109 
zelner Fragen, als auf das Ganze seines Standpunkts. Im Princip 
sind sie schon von Plato widerlegt; Aristoteles findet es nicbt mehr 
nöthig, sieb mit ihnen so eingehend auseinanderzusetzen, wie je- 
ner l )- Noch weniger lässt er sich, wenigstens in den noch vorhan- 
denen Schriften, auf jene propädeutischen Erörterungen ein, durch 
welche Plato das Recht der Philosophie und den Begriff des Wissens 
iheils dem gewöhnlichen Bewusstsein , theils der Sophistik gegen- 
über erst festgestellt hatte. Er setzt den allgemeinen Standpunkt der 
sokratisch- platonischen Begriffsphilosophie voraus, und will nur 
innerhalb dieses Standpunkts durch genauere Bestimmung der lei- 
tenden Grundsätze, durch ein strengeres Verfahren, durch Erweite- 
rung und Verbesserung der wissenschaftlichen Ergebnisse ein voll- 
kommeneres Wissen gewinnen. Wiewohl daher in seinen eigenen 
Schriften neben der vielfachen und scharfen Polemik gegen seinen 
Lehrer die spärlichen Aeusserungen der Zustimmung fast verschwin- 
den *), ist doch in der Hauptsache seine Uebereinstimmung mit Plato 
weit grösser, als sein Gegensatz gegen denselben s ), und sein gan- 
zes System lässt sich nur dann verstehen, wenn wir es als eine Um- 
bildung und Fortbildung des platonischen, als die Vollendung der 
von Sokrates begründeten und von Plato weiter geführten Begriffs- 
Philosophie betrachten. 
Mit Plato stimmt Aristoteles zunächst schon in seiner Ansicht 
über den Begriff und die Aufgabe der Philosophie grossentheils 
überein. Ihr Gegenstand ist auch nach ihm nur das Seiende als sol- 
1) Aooh Metaph. 1,8 werden ihre Priucipien nur kurz, vom aristotelischen 
äundpuukt aus, beurtheilt, and gerade die Eleaten und Uoraklit, mit denen 
■ich Plato ho viel beschäftigt, übergangen. 
I) Jene Polemik, wie sie namentlich gegen die Ideenlehre Metaph. I, 9, 
XIII. XIV u. o. geführt ist, wird uns noch später beschäftigen ; Stellen, worin 
■ich Arist. ausdrücklich mit Plato einverstanden erklärte, finden sich nur 
wenige; ausser dem, was S. 9, I. 11, 4 angeführt wurde, s. m. Eth. N. 1, 2. 1095, 
•,32. 11,2. U04, b, 11. Dean. III, 4. 429, a, 27. Polit II, 6. 1265, a, 10. 
3) M. vgl. hierüber auch die guten Bemerkungen von Strümpell Gesch. 
ä-theor.Phil.d.Gr. 177. Aristoteles selbst fasst sieb, wie schon S, 11, 3 bemerkt 
*nrde, nicht selten in der ersten Person mit der übrigen platonischen Schul« 
»nismmen. Sein gewöhnliches Verfahren ist aber freilieb das Gegentheil de« 
platonischen. Wahrend Plato auch sein Eigenes, selbst wo es dem ursprüng- 
lich Somatischen widerspricht, seinem Lehrer in den Hund gelegt hatte, be- 
streitet Aristoteles den seinigen nicbt selten auch da, wo sie in der Hauptsache 
Verstanden nsd nur in Nebenpuhkten verschiedener Meinung sind. 
(10 ArUtoielas. 
ches % nur das Wesen, und naher das allgemeine Wesen des Wirk- 
lichen *); es bandelt sich in ihr um die Ursachen und Gründe der 
Dinge 3 ), und zwar um ihre höchsten und allgemeinsten Gründe, 
und in letzter Beziehung um das schlechthin Voraussetzungslose*); 
wesshalb er denn auch, mit Rücksicht auf diesen Einheitspunkt alles 
Wissens, dem Philosophen in gewissem Sinn ein Wissen um Alles 
zuschreibt s ). Wie ferner Plato das Wissen, als die Erkennlniss des 
Ewigen und Notwendigen, von der Vorstellung oder Meinung, 
deren Gebiet das Zufällige ist, unterschieden hatte, so auch Aristo- 
teles: das Wissen entsteht ihm, wie Plato, aus der Verwunderung, 
aus dem Irrewerden der gewöhnlichen Vorstellung an sich selbst % 
und Gegenstand desselben ist auch ihm nur das Allgemeine und 
Nothwendige, das Zufällige kann nicht gewusst, sondern nur ge- 
meint werden; wir meinen, wenn wir glauben, dass etwas auch an- 
ders sein könnte, wir wissen, wenn wir die Unmöglichkeit des An- 
dersseins einsehen; beides ist daher so wenig einerlei, dass es viel- 
mehr, nach Aristoteles, geradezn unmöglich ist, dasselbe zugleich 
1) Anal. po*t. II, 19. 100, a, 6: U 8' tpmipf&f . , . tif<n\t äp-fti xA feior^- 
|M)f, 'av [ib ittp'l yrWtv, rtyynt, tat 31 icepl TD Sv, ixurnfpif. MaUph. IT, 2. 1004, 
b, 15:. Ttj) övti f, öv fazi tivä Bu, nl taut' (<n\ Jitf\ uv Toü 9 Jioodpou Inuix^staSai 
türfiU. Ebd. 1005, a, 2. c. 3. 1005, b, 10. 
2) Metaph. III, 2. 996, b, 14 ff., wo u. &.: xo elSivat fmwtov . . . toV old- 
|u6a (ntüp/ttv, Brav £?8%ev t; eon*. VII, 1. 1026, a, 36: rifievai tqV oiö|u8a Ena- 
not p-iXi3T», Stau ri fa™ o ävBpiunot -jvüjjiev $j ib 7uüp, jj.a7J.ov ^ TÖ kokjv J| t» 
Koobv f, tb jco3 n. B. w. o. 6. 1031, b, 20: tb siriruaaOoi ixararov Toürd im to ti 
?v etval (7t(oT«<j6«i. Ebd. Z. 6. XIII, 9. 1086, b, 5: die Begriffsbestimmung Ut 
anerlässlich, öveu \i&v -yap tou xafliftau oik ettiv fcisnj^v Xaßtfv. c. 10. KI86, b, 
33: fj äitio-nSp) tüu xa6iSXou. III , 6, Scbl. : xaOiXau al emarfSuni jüovtwv. III , 4. 
999, b, 26 : to fnforaaQai *Sf trau, et pj ti Eaiai Iv ex 1 , rtävmjv ; ebd. a, 28. b, I. 
XI, 1. 1059, b, 25. Anal. poat. I, 11, Auf. II, 19. 100, a, 6. I, 24. 85, b, 13. 
Eth. 14. VI, 6, Auf. X, 10. 1180, b, 15. Weiteres unten, in der Lehre vom 
Begriff. 
3) Anal. post. I, 2, Anf. o. 14. 79, a, 23. II, 11, Anf. u. o. Eth. N. VI, 7. 
1141, a, 17. Metaph. I, 1, Sohl. o. 2. 982, b, 2 ff. VI, 1, Anf. Vgl. Schweolb« 
Ariut. Metaph. III, 9. 
4) Phys. I, 1, Anf. 11, 3, Anf. Metaph. I, 1. 981, a, 26. c. 2. 982, b, 7. c. 3, 
Anf. III, 2. 996, b, 8. IV, 3. 1005, b, 5. 11 ff. 
5) Metaph. I, 2. 982, a, 8, 21. IV, 2. 1004, a, 35. 
6) Metaph. I, 2. 982 , b, 12 : Sil -j-ip ta Sau^o^Eiv ot JvOpumGi xai vuv xai t* 
jrpSJrov jfcfavro f iXoaofti» u. a. f. Ebd. 983, a, 12. vgL 1. Ahth. 364, 3. 
3V Google 
Standpunkt. ^^^ 
zu wissen und zn meinen ')• Ebensowenig fällt das Wissen mit der 
Wahrnehmung' zusammen, da uns die letztere nur aber das Einzelne, 
nicht über das Allgemeine, nur über die Thatsachen, nicht über die 
Ursachen unterrichtet '); und ähnlich unterscheidet es sich von der 
blossen Erfahrung dadurch, dass uns diese nur von dem Dass eines 
Gegenstands Kunde giebt, jenes auch von dem Warum 9 ); das 
gleiche Merkmal, wodurch Plato das Wissen von der richtigen Vor- 
stellung unterschieden hatte. Auch darin endlich begegnet sich Ari- 
stoteles mit seinem Lehrer, dass er ebenso, wie dieser, die Philo- 
sophie für die Beherrscherin aller andern Wissenschaften, und die 
Wissenschaft überhaupt für das Höchste und Beste, was der Mensch 
erreichen kann , für deu wesentlichsten Bestandteil seiner Glück- 
seligkeit erklärt *). 
1) Anal. pust. 1, 33 vgl. ebd. c. G, Beb), c. 6, Anf. o. 30 ff. Metaph. VII, 
IS. VI, 2. 1026, b, 2 ff. Eth. N. VI, 3. 1139, b, 18. c. 6, Anf. Ebendahin gehört 
die Widerlegung des Satzes, dass für Jeden wahr Bei, was ihm als wahr er- 
icheint, die Mettiph. IV, 5. 6 Ähnlich, wie im piatonischen Tbeatet, geführt 
2) Anal. poat. I, 31: oiiSc St' cttaviJ9Mo: Ist.v feioraaQai. Denn die Wahr- 
nehmung geht immer auf Einzelnes (Mehreres hierüber tiefer unten), t'o Z\ is- 
lit'ju xst srft TiäuiV äüdvatov afoäivEjffai n. s. w. Selbst wenn man sehen könnte, 
da» die Winkel eine» Dreiecks zwei Hechten gleich sind, oder dass bei der 
Mondsfinsterniss die Erde zwischen Sonne und Mond steht, wäre dies« doeb 
noch kein Wissen, so lange die allgemeinen Ursachen der betreffenden Er- 
irfifinungeD nicht erkannt wären. 
3) Metaph. I, 1. 981, a, 28. 
i) IS. s. Metaph. I, 2.982, b, 4: «b^ucmtkC]) 61 t5v fc«rn]u.t5v, xa\ jj.oOJ.ov 
*flft\ tfjc SmjptTOiJai]; , }] YVttfpttouaa Tivo; Ivexev suri JtpKXTEÖv IxkoTov toütd 8' 
i«n Tiyi8bv h Ix&irmii. Jene Wissenschaft aber sei die, welche die obersten 
Gründe und Ursachen untersucht, da ja das Gate and der höchste Zwoek «nah 
n diesen gehöre. Ebd. '/.. 24: BijXov o3v, ü>; 5:' oüSfjxtav outijv TJ]to5|J,ev fiiilaw 
b'pav, all' uoices «Spund; <pi|uv &Eü9Ep&; o aürou Inxs xa\ fi-Jj, sXXou üv, oIStu 
»«'i Bjri] [iävt] Ctuflipa oiSu« töv hewnjtuS»' [läv?] yip aWj aSrijj EvExtSi imv Stb 
iii änwLcos Sv oix kvOb*ik{vi) vopifCoito l&rifc -f] xt^o« . . . all* oüti tö Bfiov pDovi- 
po* i»!ey£taL ilvat, . . oüte tijf thibiItt^ ällijv xp9j voii!£s<v iijuidi^pav f, yäp 6ito- 
tnn zi luueirirtYi .... ilUfnaiilipa-i p-lv oiv näaai ra-Ji^c, ijAtivcin S' ouStpia. 
XII, 7. 1072, b, 24: Jj 6(«i)p{« tö JjStaTav *«t äpunav. Eth. N. X, 7: die Theorie 
"t der wesentlichste Bestandtheil der vollendeten Glückseligkeit; Tgl. g. B, 
»7», b, 80: d 8J| flflov o voüj spo^ r'ov ävApumov, xsl i xits toütov Sfo( (Wiac *pb< 
' [ ™ «Mtpwjitvov ßlov - di yjjJ] 81 xMa Toü( itapa ivouvtac avftpimva f povdv ävSpnncov 
«"«eäJlSyTfca töv Byijtbv, £11' ip' Üoov jvS^crai äflavctrijuv xa\ jcivra nouflv ltpb( 
"» 3* Uta tb xpanaTQV tön tv sGtSi . . . tb röetiov Uärt(j> Tij f tfatt xpänorov *.& 
loogle 
112 Ariitatele». 
Vollkommen fSlll aber allerdings der aristotelisch« Begriff der 
Philosophie mit dem platonischen nicht zusammen. Nach Plato ist 
die Philosophie ihrem Umfange nach der Inbegriff alter geistigen 
und sittlichen Vollkommenheit, sie nmfasst daher bei ihm ebenso das 
Praktische, wie das Theoretische, am so scharfer wird sie dagegen 
ihrem Wesen nach von jeder andern Geistesthatigkeit unterschie- 
den; Aristoteles hat sie einesteils gegen das praktische Leben ge- 
nauer abgegrenzt, anderntheils mit den Erfahrungswissenschaften in 
ein näheres Vcrhältniss gesetzt. Die Philosophie ist nach seiner 
Ansicht ausschliesslich Sache des theoretischen Vermögens; von ihr 
unterscheidet er sehr bestimmt die praktische Thütigkeit, welche 
ihren Zweck in dem von ihr Hervorzubringenden, nicht, wie jene, 
in sich selbst hat, und nicht rein dem Denken, sondern auch der 
Meinung und dem vernunftlosen Theil der Seele angehört; ebenso 
auch das künstlerische Schaffen (die m^mOt welches gleichfalls 
auf ein ausser ihm Liegendes gerichtet ist '). Dafür verknüpft er 
nun aber die Philosophie enger mit der Erfahrung. Plato hatte alle 
Betrachtung des Werdenden und Veränderlichen ans dem Gebiete des 
Wissens in das der Vorstellung verwiesen, und auch den Uebergang 
von dieser zu jenem nur in der negativen Weise gemacht, dass die 
Widerspräche der Vorstellung von ihr weg und znr reinen Betrach- 
tung der Idee hintreiben sollten; Aristoteles, wie wir sogleich sehen 
werden, giebt der Erfahrung ein positiveres Verhältniss zum Den- 
ken, er lässt dieses aus jener auf affirmativem Wege hervorgehen, 
indem das in der Erfahrung Gegebene zur Einheit zusammengefasst 
wird. Plato hatte ferner geringes Interesse, von der Betrachtung 
des Begriffs zu dem Einzelnen der Erscheinung herabzusteigen; der 
eigentliche Gegenstand des philosophischen Wissens sind ihm nur 
die reinen Bogriffe. Aristoteles giebt zwar gleichfalls zu , dass es 
die Wissenschaft mit dem allgemeinen Wesen der Dinge zu thun 
habe, aber er bleibt nicht hiebei stehen, sondern als ihre eigentliche 
fJBtoriv im» lxö«ty- x«"l tu ivOptÜBu 6)] S xoträ xbv voOv (Mot, ifaip tsOto jA&urts 
ävflpwKOc oSraf äpn not tiiBaipLOvforaroj. c. 8. 1178, b, 38: if' Eaav 8)) Siottfvti 
J; Bcupfi, wi f; s'JSotijiov-a. Vgl. o. 9. 1179, ■, 22. Elh. Eud. VII, IS, Schi. Wei- 
teres in der Ethik. 
I) M. b. »unser dem eben Angefahrten: Etil. N. VI, 2. o. 6. 1 140, «, 28. 
b, 26. X, 8. 1178, b, SO. Eüd. I, 5, g. E. Metaph. H, 1. MW, b, 20 Tgl. VT, 1. 
1025, 1), 18 ff. XI, 7. De ui. III, 10. 43B, *, 14. Da ooalo III, 7. 306, •, 16. 
Standpunkt. Ü3 
Angabe betrachtet er eben die Ableitung des Einzelnen aus dem 
Allgemeinen (die äitüSeiÜk s. h.) '■ die Wissenschaft soll mit dem All- 
gemeinen und Unbestimmten anfangen, aber zum Bestimmten fort- 
gehen Oj sie soll das Gegebene, die Erscheinungen erklären *), und 
sie soll hiebet nichts, auch das Unbedeutendste nicht, geringschätzen, 
denn such in solchem liegen unerschöpfliche Schatze des Erken- 
nens 9 ). Aus diesem Grunde macht er nun allerdings an das wissen- 
schaftliche Denken selbst weniger strenge Anforderungen, als sein 
Vorgänger. Er giebt dem Wissen und dem wissenschaftlichen Be- 
weis nicht blos das Nothwendige, sondern auch das Gewöhnliche 
(■ri <i( *7rl tö ieöki>) zum Inhalt *); er erklärt es für ungebildet, für 
alle Arten der Untersuchung- die gleiche wissenschaftliche Strenge 
m verlangen 5 ), und wo ihm zwingende Beweisgründe fehlen, will 
er sieb mit dem Möglichen und Wahrscheinlichen begnügen, die be- 
stimmtere Entscheidung dagegen auf fernere Betrachtung ausgesetzt 
1) Motaph. IUI, 10. 1087, a, 10: tb El ri]v hü»n)u.j]v itm <«8ilou jräuav 
. ■ ■ ifa piv jj.aJ.iTt' äjropiav tiÜv ir^flEvtiiiv , oi! [i)jv iXX' luv. plv iü( iJ.ij9tt Tb 3.6- 
jjoEuov, ttm S' ü; o-jx öXijB^c fj yap faianJiMi, uaitEp xa\ Tb falataaflai, Slttov, uv 
:h piv SuviiiEi tb Si htpyila- fj (J.EV oi» SJvttuij <üs SX.7] :oü xa66Xou oSoa n'i iipi- 
m* toü xafWXou xal ioptorou farlv, ^ £' ivapY«« "pMpi«») xol <üpi!i)»ivou -rfSt ti 
sraa TOÜM Ttvof . 
2) Metaph. I, 9. 9B2, a,>24 (gegen die Ideenlehre): &J.us 8i Ci)TOiJa>|( *% 
io?!*t «pl TÖ» yavEptüv tb «!t[ov, toStq (ib slaxafitv (oäfliv yip Xt^ojitv Jttp'k t^4 
i'-;*f SOev Sj äp^fj Tijs uraBoXijc) u. s. w. De coelo III, 7. 806, a, IS; tAq; Ei 
ti,; yiv itoiijTnüj; E7:i3Tiijii]j tö ?pfQV] T^f St puoixijj tb ^aivi^vov Ml xupltec xiti 
t% oäjOnoiv, 
3) Part. an. I, 5. 645, a, 5: lotnbv istpi tijc Jiu«i]( ? Jmun eüeeTv, jiijBiv Jta- 
faXuivrat *fc Siivafuy jiijxe irijiiiTtpov jtij-a Tnu&Mpcv- xal Y"p ^* T'ft ^ MX.ap'0- 
licVwt «itöv Kpb( -rij» «Wb]o™ xaTi t^v ÖEiupiay i|tiü( f] Si]|iioupytjaaa« fiSoij ipif 
'/m<m JjSovät itap^ii Ttftt Suva[ievoi( Tat «ft!»( YVwpftEiv xa\ f liatt piXoaä^oij . . . 
Si'o Sti |iij 6ut)(Ep»i«s« naiBixü; -rijv mp\ tü>» dttlUnttpov ijtjioiv Wtwt^«*' fr nÖoi 
fip nti; f «oixuit iTvictI ti Baujiaari» u. a. w. 
4) Anal. post. I, 90. II, 12, Schi, park an. III, 2. 663, h, 27. Metaph. TI, 
!. 1027, a, 20. XI, 8. 1064, b, 82 ff. Eth. N. I, 1. 1094, h, 19. 
6)Etb. N.I, 1. 1094, b, 11— 27. n,2. 1104, a, I. VII, 1, SobLIX, 2. 1166, 
«, 12. Uetapb. XIH 8. 1078, a, 9. vgl. II, 3.— Polit. VII, 7, Sohl, gehurt nicht 
bisher. Die ethischen Untenncbnngen besondere sind es, ffir welche A. hier die 
Anforderung einer durchgängigen Genauigkeit abweist, weil die Natur der 
Stehe sie nicht veratatte; denn bei der Benrth eilung der Menschen und der 
Erfolge unserer Handinngen beruhe Vieles auf einer nur im Allgemeinen und 
in der Regel antreffenden Schilling. 
Pttet. i 8r. IL Bd. 1. Abth. 8 
i „Google 
114 Ariitotelei. 
sein lassen ')■ Indessen sind es doch nicht die eigentlich philoso- 
phischen Fragen, bei denen sich Aristoteles so ausspricht, sondern 
immer nur speciellere ethische oder naturwissenschaftliche Bestim- 
mungen, für die auch Plato von der Strenge des dialektischen Ver- 
fahrens nachgelassen, und die Wahrscheinlichkeit an die Stelle der 
wissenschaftlichen Beweise gesetzt hatte; sie unterscheiden sich nur 
dadurch, dass Aristoteles auch diesen angewandten Theil der Wis- 
senschaft mit zur Philosophie rechnet, Plato dagegen alles Uebrige, 
ausser der reinen Begriffs Wissenschaft, nur als eine Sache der geist- 
reichen Unterhaltung oder eine nothgedrungene Anbequemung des 
Philosophen an das praktische Bedürfniss betrachtet wissen will *}. 
Warum aber, fragt Aristoteles mit Recht, sollte der, welcher nach 
Wissen dürstet, nicht wenigstens Einiges zu erkennen suchen, wo er 
nicht Alles ergründen kann?*) Ebensowenig möchte ich unsern 
Philosophen darüber tadeln, dass er durch die Unterscheidung der 
theoretischen Tbätigkeit von der praktischen die Einheit der gei- 
stigen Bestrebungen beeinträchtigt habe *) ; denn diese Unterschei- 
dung hat unstreitig ihr gutes Recht, jene Einheit aber ist bei Aristo- 
teles dadurch hinreichend gewahrt, dass er die Theorie als die 
Vollendung des wahrhaft menschlichen Lebens, die praktische Tha- 
tigkeit dagegen gleichfalls als einen unentbehrlichen Bestandteil 
desselben, die sittliche Erziehung ( als eine unerlässliche Vorbe- 
dingung der ethischen Erkenntniss darstellt B ). Hat aber allerdings 
jene Beschränkung der Theorie auf sich selbst, jene Ausscheidung 
alles praktischen Triebs und Bedürfnisses aus ihrem Begriffe, wie 
1) De ooelo D, 6. 287, b, 38 ff. c. IS, Auf. gen. an. III, 10. 760, b, 37. 
Hetaph. XII, 8. 1073, b, 10 ff. 1074, a, 15. Meteor. I, 7, Anf.: ntpl täv ä?«vü* 
ttJ alMpu voinTJo[i£v Ixavcüc inoStBßx" 11 " OI » ™v Xö-fov , üv eTc to S-jvotov ävafi- 
f ijjjiEv. Wir weiden im 8ten Kapitel noch einmal hierauf zurückkommen. 
2) Bep. VI, 511, Bf. VH, 519, C ff. TbeSt. 17B, E. Tim. 29, B f. u. A. 
Vgl. 1. Abth. 8. 367. 389. 407 ff. 
3) De coelo II, 12, Auf.: ntipMÜoV \z-fuv tb ?oivo'|uvqv, stöoü; «fiav slvai 
vo|i.tt«vra( -ri]v 7rpo0ujj.[«v fixMev ij Opiaout (<Ubb er sieh amgekebrt wegen nn- 
philosaphischcr Bescheidenheit in verantworten haben könnte, füllt ihm nicht 
ein), eT Tif 8ii xb ^:Xoiof!a( Si^rjv x«t juxpa; tixoplas iyaitä nip\ uv ti; [lEfiari? 
«Xojuv äitopfafr Vgla.a.O. 292, a, 14. e. 5. 237, b, 31. pari. an. I, 5. 644, b, 31. 
4) Rittes III, 50 ff. 
5) Ausser dem, was spater, bei der Untersuchung fiber das höchste Gut, 
beizubringen sein wird, Tgl. m. Etb.N. X, 10. 1179, b, 20 ff. 1,1. 1094, b, 27 ff. 
Standpunkt. 115 
sie namentlich in der aristotelischen Schilderung des göttlichen Le- 
bens (s. u.) zum Vorschein kommt, der späteren Zurückziehung des 
Weisen aus dem praktischen Leben vorgearbeitet, so dürfen wir 
doch nicht übersehen, dass Aristoteles auch hierin nur der von Platt) 
vorgezeichnelen Richtung gefolgt ist: auch der platonische Philo- 
soph würde ja, sich selbst überlassen, ausschliesslich der Theorie 
leben, und nimmt nur gezwungen am Staatsleben Antheil. Am 
Wenigsten möchte es aber zu billigen sein, wenn Aristoteles dar- 
über angegriffen wird, dass er sich in seiner Ansicht von der Auf- 
gabe der Philosophie nicht nach einem der menschlichen Art uner- 
reichbaren Ideal, sondern nach dem in der Wirklichkeit Ausführ- 
baren gerichtet habe 0» und zwar von derselben Seite her, auf der 
man es an Plato löblich findet, dass er sein Ideal des Wissens von 
der menschlichen Wissenschaft zu unterscheiden gewusst habe *}. 
Wäre jene Ansicht über das Verhältnis» des Ideals zur Wirklichkeit 
an sich selbst und im Sinne des Aristoteles gegründet, so würde 
daraus nur folgen, dass er, wie der Philosoph soll, nicht abstrakten 
Idealen , sondern dem wirklichen Wesen der Sache nachgegangen 
sei. Diess ist aber nicht einmal der Fall; wie vielmehr die Idee in 
Wahrheit zwar über die Erscheinung übergreift, und in keiner ein- 
zelnen Erscheinung schlechthin aufgeht, darum aber doch kein un- 
wirkliches Ideal ist, so hat auch Aristoteles wohl anerkannt, dass 
das Ziel der Weisheit hoch gesteckt, und nicht für Jeden, ja auch 
für die Besten immer nur unvollkommen zu erreichen sei*), wie 
wenig er aber darum geneigt ist, es für schlechthin unerreichbar zu 
halten, und seine Anforderungen an die Philosophie nach der 
Schwäche der Menschen zu bemessen, und wie vollständig er ge- 
rade hier mit Plato übereinstimmt, muss schon unsere bisherige Dar- 
stellung gezeigt haben. 
Auch in seinem wissenschaftlichen Verfahren folgt Aristoteles 
im Wesentlichen der Richtung, welche Sokrates und Plato begründet 
halten: seine Methode ist die dialektische, und er selbst ist es, der 
diese Dialektik zur höchsten Vollendung gebracht hat. Zugleich ver- 
bindet er aber mit derselben die Beobachtung des Naturforschers, 
I) Rfiteh a. a. O. und 8. 66 f. 
1) Der». II, *22 ff. 
S) Mouph. I, 2. 982, b, 28. XII, 7. 1072, b, 24. Eth.N. VI, 7. 1141, b, 2 ff. 
X, 7. 1177, b, 80. c 8. 1178, b, 26; TgL ebä. VTJ, 1. 
i „Google 
116 Aiiitoteles. 
und wenn es ihm nach nicht gelangen ist, diese beiden Elemente 
völlig in's Gleichgewicht zu bringen, so hat er doch durch ihre Ver- 
knüpfung unter den Griechen ein Höchstes geleistet, und die Einsei- 
tigkeiten der Begriffsphitosophie, so weit diess ohne eine gänzliche 
Umgestaltung ihrer Grundlagen möglich war, ergänzt Wie Sokrales 
und Plato vor Allem nach dein Begriff jedes Dings gefragt und seine 
Erkenntniss allem anderen Wissen zu Grunde gelegt hatten, so liebt 
es auch Aristoteles, mit der Untersuchung über den Begriff seines 
jeweiligen Gegenstands zu beginnen l > Wie ferner jene hiebet in 
der Regel von dem Einfachsten, von Beispielen aus dem täglichen 
Leben, von allgemein anerkannten Ueber Zeugungen , von der Be- 
trachtung der Wörter und des Sprachgebrauchs ausgehen, so pflegt 
auch er die Anhaltspunkte für seine Begriffsbestimmungen in den 
herrschenden Meinungen, den Ansichten der früheren Philosophen, 
vor Allem aber im sprachlichen Ausdruck , in den für eine Sache 
üblichen Bezeichnungen und der Bedeutung der Wörter zu suchen *). 
Wie aber schon Sokrates die Unsicherheit dieser Grundlage durch 
eine allseitige dialektische Vergleichung der verschiedenen Vorstel- 
lungen und Erfahrungen zu verbessern gesucht hatte, so hat Aristo- 
teles dieses Verfahren noch umfassender und mit bestimmterem Be- 
wusstsein über seinen wissenschaftlichen Zweck angewendet, indem 
er fast jede wichtigere Untersuchung mit einer eingehenden Erör- 
terung der Schwierigkeiten und Widersprüche einleitet, die sich aus 
den zunächst liegenden Vorstellungen über den Gegenstand der 
Untersuchung ergeben, und der Wissenschaft nnn eben die Aufgabe 
stellt, durch eine schärfere Bestimmung seines Begriffs eine Lösung 
derselben zu finden *). Aristoteles bewegt sich so wesentlich auf 
dem Boden and in der Richtung der sokratisch -platonischen Dia- 
lektik; er hat die sokratische Induktion zur bewussten Technik ent- 
1) So werden z. 8. Pbrs. IT, 1. HI, 1. IV, 1 ff. IT, 10 f. die Begriffe der 
Notar; der Bewegung, de« Baumes, der Zelt, De an. I, I ff. II, 1 f. wird der 
Bugriff der Seele, Eth. K. U, 4 f. der Begriff der ragend, Polit III, 1 ff. der Be- 
griff des Staats gesucht u. s. f. 
S) Es wird spSter noch gezeigt werden, welche Bedeutung die allgemeine 
Meinung und der aus ihr abgeleitete Wahraoheialiobkeila beweis, all Grund- 
lage der Induktion, für Aristoteles hat 
B) Auch hierübet werden spSter die näheren Nach Weisung™ gegeben 
i „Google 
Methode. 417 
wickelt, bat sie durch die Lehre von der Beweisführung , deren 
eigentlicher Schöpfer er ist, und durch alle damit zusammenhängen- 
den Erörterungen ergänzt, hat in seinen Schriften das vollkom- 
menste Huster von einer nach allen Seiten hin streng und scharf 
durchgeführten dialektischen Untersuchung gegeben. Wenn wir es 
auch nicht vorher wüssten, schon an seinem wissenschaftlichen Ver- 
fahren würden wir den Schüler Plato's erkennen. 
Hit diesem dialektischen Element verknüpft sich nun aber bei 
ihm eine Meisterschaft in der Beobachtung der Thalsachen, ein Stre- 
ben nach ihrer physikalischen Erklärung, welches in diesem Maasse 
Dicht allein Sokrates, sondern auch Plalo fremd war. Die vollkom- 
menste Begriffsbestimmung ist diejenige , welche die Gründe der 
Dinge aufzeigt 0) die Philosophie soll die Erscheinungen erklären 1 ); 
dazu darf sie aber »ach Aristoteles , wie wir spater noch finden 
werden, nicht blos ihren Begriff und ihren Zweck, sondern sie muss 
ebensosehr auch die bewegenden und selbst die stofflichen Ursachen 
in's Auge fassen; und je entschiedener nun (s. u.) daran festzu- 
halten ist, dass Jedes aus seinen eigentümlichen Gründen erklärt 
werde, um so weniger kann dem Philosophen eine solche Betrach- 
tungsweise genügen, welche nur das Allgemeine des Begriffs be- 
rücksichtigt, die nähere Bestimmtheit der Dinge dagegen ver- 
nachlässigt 3 ). Daher hier diese sorgfältige Beachtung der That- 
1) De an. II , 2, Anf.: w5 fip [iiSvov tb Bti 5fl tbv optarixbv \6yov Bijloüv . . . 
«Üb xoil tJjv ahi.a.1 Iwn&pysiv xal Ipyaivtoüui. vBv 8' äknap ou|inEpna[iit) ' ol li-foi 
luv Spuiv sKv ofov ti toxi. TETpifuViOfiis ; Tb ?aav *TEpo|njxE! ipflovüvrov eTvn 
taSrcliupov. & Bi TOtoBtot Spo; XifOi TOÜ aujiitepänpaiDf. ö 8t Xtjmi Bti sarlv ö te- 
ifi-fd)via[ib4 [ii(TT]( EÜpEaic, toO itpi^|iiTO( Xifii tb aTciov. Anal. poat. II, 1 f. : Es 
bandelt sieh bei jeder Untersuchung um Tier Stücke, das Sti, das Start, das s! 
bti, das t! ioitv. Dieee lassen sich jedoch anf die zwei Fragen: d am [linov 
nnd ti «W tb |l*oov zurückführen, tb piiv yip alttov tb pcaav , äv Suiaat 8e toSto 
^ifei. Und nachdem einige Beispiele angefahrt sind: h ar.ua: -[kp toJtoi; bo 
lEpon iottv Sri tb aM hm tb ti Am xeii 8i« ti iottv o. s. w. Ebd. o. 8 , Am*, o. 8, . 
Auf. Ebd. I, 31. SB, a, 5: tb El xsOolou t!|j.iov ort StjXoI to bTtiov. Metaph. VI, 1. 
1025, b, 17: Sin tb tfjs aikf,4 eTvol Stttvoi'a; t6 rt ti e'oti BjjXov rcattiv xa>. tt sattv. 
Ebd. VII, 17, wo u. A. 1041 , a, 27 : (pavEpbv totvuv Sit £i|TE"i to atriov tovto 8' 
itii ta ri fy tTvat, (In cfnllv Xoytxüf. 5 &t' ivluv (tlv Eon tivo; Evexb , . . . sjv' Evituv 
Et tI ixfvTjEn: icpütov. Vgl. Anal. post. II, 11, Anf.: fes'i St IxloTotAm oM|uft« Stav 
tBwjm t)iv aWav, aittat 6i tfttapet . . . icauai «5tai Sti toü [xfaou Stfxvuratt. 
2)8. o. 8. 110, S. 113. 
3) In diesem Sinti seist Aristoteles nicht selten die logische Betrachtung 
Google 
HS ArUWWta 
Sachen, «eiche dem Philosophen nicht selten sogar den Vorwurf 
eines unphilosophischen Empirismus zugezogen hat ')■ Aristoteles 
ist nicht blos einer der spekulativsten Denker, er ist auch einer der 
genausten und unermüdlichsten Beobachter, einer der fleissigsten 
Gelehrten, welche wir kennen; wie er überhaupt in der Erfahrung 
die Vorbedingung des Denkens, in der Wahrnehmung den Stoff siebt, 
ans dem die Gedanken sich entwickeln (s. u.), so hat er es auch 
einer Sache, d, b. diejenige, welche eich nur an du Allgemeine ihres Begriffs 
fault, theils der analytischen , in die Eigentümlichkeit des gegebenen Falls 
naher eingehenden, die er desshalb auch ix i&v kjiji^viuv nennt, theils der phy- 
sikalischen Untersuchung entgegen, welche ihre Ergebnisse nicht blos ans 
dem Begriff einer Erscheinung, sondern ans den konkreten Bedingungen der- 
selben ableitet Jenes t. B. Anal. poat. I, 31, Schi. o. 23. 84, a, 7 Tgl. c. 24. 
86, a, 22. o. 32. 88, a, 19. 80. Metaph. TU, 4. 1029, b, 12. 1030, a, 25. c 17. 
1041, a, 28. Dieses Phys. III, 5. 204, b, 4. 10 (vgl. a, 34. Metaph. XX, 10. 
1066, b, 21) o. 3. 202, a, 21. De coelo I, 7. 275, b, 12. Metaph. XU, 1. 1069, 
a, 27. XIV, I. 1087, b, 20 (ähnlich T uoix5t nnd xs86Xou De coelo I, 10, Schi. 
o. 12. 288, b, 17). Hiebe! gilt ihm aber das Logische in demselben Maass für 
das Unvollkommenere, in dem es sich von der konkreten Bestimmtheit des Ge- 
genstandes entfernt. Vgl. Phys. VIII, 8. 264, a, 7: ok |iiv olv äv «g J>{ otxEtoi; 
ni(r[Eu3£i£ Xifois, oEtoi xki ToioÜTo! v.tii etaiv Ioy""" 1 ! S* lr.iat.<möü<ji xäv tx -tüjvBe 
SöW Tq> rauVo touto au(j.ßaivEtv. gen. an. II, 8. 747, b, 28 : Xryiii 81 XoyixJjv [ebrrS- 
Sei?iv] Bii touto, Sri oaep xafl^Xou |*£XXov Tto^iut^piu töv aExtfiov sot\v sp^cüv. Und 
nachdem ein solcher Beweis geführt ist, 748, a, 7: äi-.a% \t\i o5v & AÖ-fo? xaOo- 
Xou X(«v xal xtvöj. oE vap jaJ) ix tüv o!*;!üiv ipx."* v Wfot xevo! u. s. w. (Aehnlich 
Eth. End. I, 8. 1217, b, 19: Xcrrixü; xat xevü;.) In solchen Fallen zieht er da- 
her die physikalische Behandlung der logischen weit vor (z. B. gen. et corr. I, 
9, 316, a, 10: Soi 6' äv tt( xal l*. Totlttov, üoov BioKptfpoootv ol ywuitÜ; xot\ \o-jix.&i 
wqjcoSyth n. s. w. s. 1. Abth. 8. 670, 3), wogegen ihm bei der metaphysischen 
Untersuchung über die Ideen Metaph. XIII, 5, Schi, die XoYixÜTtpot Xöfot «ach 
die ixpiß&npot sind. Weiteres bei Waitz Arist. Org. II, 863 f. Bonitz Arist. 
Metaph. II, 187. Rassow Ariat. de not. def. doctr. 19 f. 
1) So ScnLBinBMAOQEB, wenn er Gesch. d. Phil. 8. 120 von A. sagt: „gros- 
aen Mangel an specnlativem Geist kann man nicht verkennen" u. s. w-, and 
S. 110 die alteren Akademiker als die „speculativeren" ihm entgegenstellt, auf 
Grund des Satzes, bei dem er freilich fibel wegkommen mnss: „nie ist einer, 
der eine grosse empirische Hasse znerat bearbeitet hat, ein eigentlicher Philo- 
soph gewesen." So noch 8rattiirELL Theoret. Phil. d. Gr. 8. 156 mit dem Ur- 
theil, das aber mit der S. 184 ff. gegebenen Auseinandersetzung sieh schwer- 
lich ganz verträgt nnd noch weniger an sich selbst begründet erscheint, dass 
seine allgemeine Richtung nnsem Philosophen „mehr zur sammelnden Auf- 
fassung des Empirischen nnd Historischen, als zur Beseitigung metaphysischer 
Schwierigkeiten geneigt gemacht babe" n. s. w. 
i „Google 
Methode. «19 
nicht versäumt, seinem eigenen System einen breiten Unterbau von 
erfahrungsmässigem Wissen zu geben, und seine philosophischen 
Sätze durch eine allseitige Betrachtung des thatsächlich Gegebenen 
zu begründen. Für die Naturforschung vor Allem verlangt er, das« 
man zuerst die Erscheinungen kenne, ond dann erst nach ihren Ur- 
sachen sich umsehe 0- Diejenige Sicherheit und Genauigkeit des 
Verfahrens dürfen wir allerdings bei ihm noch nicht suchen, welche 
die Erfahrungs wissen Schaft in der neueren Zeit erreicht hat; hiefür 
war dieselbe in seinen Tagen noch zu jung, es fehlte ihr auch noch 
zu sehr an den Hilfsmitteln der Beobachtung und an der Unter- 
stützung durch eine ausgebildetere Mathematik; es wird endlich bei 
Aristoteles die empirische Forschung noch vielfach von jener speku- 
lativen und dialektischen Behandlung gekreuzt, welche er zunächst 
aus der platonischen Schule herübergenommen hat. Man konnte in- 
sofern, was seine naturwissenschaftlichen Untersuchungen betrifft, 
eher über das Zuwenig als über das Zuviel seines Empirismus Klage 
führen. Das Richtigere ist aber vielmehr, dass er beide Methoden 
so weit gefördert bat, als diess von ihm zu erwarten war. Da die 
griechische Wissenschaft mit der Spekulation angefangen hatte, und 
die Erfahrungs wissen schatten erst spät, hauptsächlich durch Aristo- 
teles selbst, zu einiger Ausbildung gelangten, so war es natürlich, 
dass das dialektische Verfahren eines Sokrates und Plato, die von 
der gemeinen Vorstellung und der Sprache ausgehende logische 
Zergliederung und Verknüpfung der Begriffe, einer strengeren Em- 
pirie den Rang ablief. Auch Aristoteles hält sich zunächst an dieses 
Verfahren, ja er bringt es theoretisch und praktisch, wie bemerkt, 
xor Vollendung. Dass die Kunst der empirischen Forschung bei ihm 
eine gleichmässige Ausbildung erfahren werde, Hess sich nicht er- 
warten, und ebenso lag ihm eine schärfere Unterscheidung beider 
Methoden noch ferne; diese ist erst durch die höhere Entwicklung 
der Erfahrungs Wissenschaften, und von philosophischer Seite durch 
die erkenntnisstheoretischen Untersuchungen herbeigeführt worden, 
welche die neuere Zeit in's Leben gerufen hat. Nur um so grössere 
Anerkennung verdient es aber, dass Aristoteles mit dem unbefange- 
nen und umfassenden wissenschaftlichen Sinn, der ihn auszeichnet, 
auch der Beobachtung sich zugewendet, und sie, so weit er es ver- 
1) Z. B. put an. I, 1. 639, b, 1 ff. 
Digi-zBd^y Google 
120 ArUlot-Ua. 
mochte, mit der dialektischen Verarbeitung der Begriffe verbun- 
den hat. 
Indem nun das dialektische Verfahren von Aristoteles auf einen 
viel umfangreicheren erfahrungsmässigen Stoff angewandt wird , als 
von Plato , so erhält es von selbst jenes formal logische Gepräge, 
durch welches die aristotelischen Darstellungen sich auf den ersten 
Blick von den platonischen unterscheiden. Aristoteles bewegt sich 
nicht in jenen rein begrifflichen Entwicklungen, welche Plato von 
dem Philosophen verlangt ')> wiewohl er selbst sie im Grande doch 
nur in einzelnen Fällen und nur unvollkommen versucht hat; son- 
dern die begrifflichen Erörterungen sind bei ihm fortwährend durch 
Belege aus der Erfahrung, durch Erörterungen Über vieldeutige 
Ausdrücke, durch Kritik fremder Ansichten durchbrochen, und je 
anfassender der Stoff ist, den er wissenschaftlich zu bewältigen hat, 
um so grösseren Werth legt er darauf, dass jeder Schritt in seinen 
weitschichtigen Untersuchungen theils durch eine reichhaltige In- 
duktion, theils durch genaues Einhalten der logischen Begeln ge- 
sichert sei. Auch seine Derstellungsform erscheint im Vergleich mit 
der platonischen trocken und nicht seilen ermüdend; von der Fülle 
und Amnuth, welche den aristotelischen Schriften, wie den plato- 
nischen, nachgerühmt wird *), geben die, welche wir noch haben, 
nur selten eine Probe; jene dramatische Lebendigkeit, jene künst- 
lerische Vollendung, jene anziehenden mythischen Bildungen, die 
wir bei Plato bewundern, fehlen ihnen. Aber die eigentümlichen 
Vorzüge einer wissenschaftlichen Sprache besitzen sie in so 
hohem Grade, dass sich Aristoteles nach dieser Seite hin, wenn wir 
auch nur die Darstellung in's Auge fassen, nicht allein nicht als 
„schlechter Schriftsteller" s ), sondern seinem grossen Lehrer sogar 
weit überlegen zeigt 4 ). Und auch seinen angeblichen Formalismus, 
1) S. 1. Abth. B. 367. 389, 1. 393. 
2) Vgl. 8. 42, 1. Cic. Top. 1, 3: die Vernachlässigung der aristotelischen 
Schriften sei nm so tad eine weither, da man sich nicht blos durch ihren Inhalt 
angesogen finden sollte, led dicemti guoque inerattbiU qvadam cum eopia (um 
etiam taamitaU, Den. De ineent. II, 2, 6: Aristoteles habe in seiner Euva-fto-pi 
■ayyösv die «Iten Rhetoren «elbst durch Anmuth und Kürze des Ausdrucks weil 
abertroffen. 
8) Kittes III, 28. 
4) Vgl. S. 86 f. 
i „Google 
Met»phyaisohe« Prinoip. 121 
der ohnedem in den konkreteren naturwissenschaftlichen und ethi- 
schen Untersuchungen bedeutend zurücktritt, wird man anders be- 
urteilen, wenn man erwagt, wie notbwendig auch nach Flato noch 
diese strenge logische Zucht war, wie viele Verwirrung in den Be- 
griffen durch schärfere Unterscheidung der Wortbedeutungen, wie 
mancher Fehlschluss durch eine genauere Analyse der Schlussformen 
beseitigt werden musste, welches unsterbliche Verdienst sich Ari- 
stoteles dadurch erworben hat, dass er die unabänderlichen Grund- 
lagen alles wissenschaftlichen Verfahrens festgestellt und dem Den- 
ken eine Sicherheit in denselben verschafft hat, deren Werth wir 
nur desshalb leicht zu verkennen geneigt sind, weil sie uns zu ge- 
läufig ist, 'um uns als etwas Grosses zu erscheinen. 
Fassen wir endlich, so weit diess hier schon geschehen kann, 
die hauptsächlichsten Ergebnisse und den ganzen Standpunkt der 
aristotelischen Weltansicht in's Auge, so werden wir auch hier eines- 
teils die sokratisch- platonische Grundlage nicht fibersehen, ande- 
rerseits aber eine so bedeutende und folgerichtig durchgeführte 
Eigentümlichkeit wahrnehmen, dass die Meinung, als ob Aristoteles 
nur ein unselbständiger Nachtreter Plato's gewesen wäre, der des- 
sen Gedanken nur formell zu verarbeiten und zu ergänzen' gewusst 
habe 1 )» als das ungerechteste Missverständniss erscheinen muss. 
Aristoteles hält nicht allein an dem somatischen Satze fest, dass es 
die Wissenschaft nur mit dem Begriff der Dinge zu thun habe, son- 
dern auch an der weiteren Folgerung, welche in den Mittelpunkt 
des platonischen Systems führt, dass nur das im Begriff gedachte 
Wesen derselben das schlechthin Wirkliche an ihnen, alles Andere 
dagegen nur in dem Maasse wirklich sei, in dem es an der begriff- 
lichen Wesenheit theilnimmt. Aber während Plato dieses wesenhafte 
Sein als ein Fürsichseiendes aus der Erscheinung hinaus in eine be- 
sondere Ideenwelt verlegt hatte, erkennt sein Nachfolger, dass die 
Idee als das Wesen der Dinge von den Dingen selbst nicht getrennt 
sein könne, und er will aus diesem Grunde den Begriff nicht als für— 
siebseiende Allgemeinheit, sondern als das den Einzeldingen selbst 
inwohnende gemeinsame Wesen derselben gefasst wissen; er ver- 
langt statt des gegensätzlichen und ausschliessenden Verhältnisses, 
tu welchem die Unterscheidung des Begriffs und der Erscheinung 
1) Bufui Gesch. d. Phil, s, Kant I, 170 ff. 207 f. 
Jiqrzed^ Google 
122 Ariatotolfts. 
bei Pinto geführt hatte, ihre positive Beziehung aufeinander, ihre 
gegenseitige Zusammengehörigkeit: das Sinnliche soll der Stoff, das 
unsinnlicfae Wesen die Form sein, es soll ein und dasselbe Sein hier 
zur Wirklichkeit entwickelt, dort unentwickelt, als blosse Anlage, 
gesetzt sein, und es soll desshalb der Stoff mit innerer Notwen- 
digkeit zur Form hinstreben, die Form im Stoffe sich darstellen. 
Man wird in dieser Umbildung der platonischen Metaphysik den 
naturwissenschaftlichen Realismus, den auf die Erklärung des Thal- 
sächlichen gerichteten Sinn des Philosophen nicht verkennen. Ge- 
rade das ist ja seine stärkste immer wiederkehrende Einwendung 
gegen die Ideenlehre, dass sie die Erscheinungen, die natürlichen 
Vorgänge des Werdens und der Veränderung, unerklärt lasse. Aber 
sein System in dieser Richtung zu vollenden, verbietet dem Aristo- 
teles jeuer begriffsphilosophische Dualismus, den er von Plato geerbt 
hat. So sehr er sich auch bemüht, Form und Stoff einander zu 
nähern, in letzter Beziehung bleiben es doch immer zwei Principien, 
von welchen sich weder eines aus dem andern noch beide aus einem 
dritten ableiten lassen, und so vielfach sie in den endlichen Dingen 
verflochten sind, das Höchste von Allem ist doch blos der reine, 
ausserweltliche, nur sich selbst denkende Geist, und das Höchste im 
Menschen die Vernunft, welche von aussen her in ihn eintritt und 
mit der individuellen Seite seines Wesens nie wahrhaft zur Einheit 
zusammengeht. Die aristotelische Philosophie ist insofern zugleich 
die Vollendung und das Ende des sokratiscb -platonischen Idealis- 
mus; jenes, weil sie der tiefste Versuch ist, ihn durch das ganze 
Gebiet des Wirklichen durchzuführen, die gesammte Erscheinungs- 
welt vom Standpunkt der Idee aus zu erklären; dieses, weil sich in 
ihr die Unmöglichkeit herausstellt, den Begriff und die Erscheinung 
zu einer wirklichen Einheit zusammenzufassen, nachdem einmal in 
der Bestimmung der letzten Gründe ihr ursprünglicher Gegensatz 
ausgesprochen ist. 
Wollen wir nun die weitere Ausführung dieses Standpunkts im 
aristotelischen System näher kennen lernen, und versuchen wir es zu 
dem Ende, zunächst eine vorläufige Uebersicht über die Gliederung 
desselben zu gewinnen, so tritt uns der Umstand höchst störend 
entgegen, dass uns weder in den aristotelischen Schriften noch in 
einer zuverlässigen Ueberlieferung über die Einteilung, welcher 
der Philosoph selbst folgte, eine genügende Auskunft ertheilt 
. „!.zed B y GoOgle 
Gliederung d, 8y atems. 123 
wird 1 ). Wenn wir den späteren l'eripatetikern und den neuplatoniscben 
Auslegern trauen dürften, so hätte Aristoteles die ganze Philosophie in 
die theoretische und die praktische getheilt, indem er jener die Be- 
stimmung zuwies, den erkennenden, dieser, den begehrendeu Tbeü 
der Seele zu vervollkommnen. In der theoretischen Philosophie hätte 
er dann wieder drei Theile unterschieden : die Physik, die Mathematik, 
und die Theologie, welche auch erste Philosophie oder Metaphysik 
genannt wird. Die praktische Philosophie zerfiele in die Ethik, die 
Oekonomik und die Politik '). Auch fehlt es diesen Angaben nicht 
an Anhaltspunkten in den aristotelischen Schriften, Aristoteles stellt 
nicht selten die theoretische und die praktische Vernunft einander 
entgegen *)> er unterscheidet solche Untersuchungen, welche am 
Erkennen, und solche, welche am Handeln ihr Ziel haben *), und 
dem entsprechend findet sich schon frühe in seiner Schule die Ein- 
teilung der Wissenschaft in die theoretische und die praktische *); 
1) M. Tgl. ium Folgenden Kittes III, 57— 58. Bbasdis II, b, 130 ff. 
2) So Ammok. in qn. toc. Porph. 7, a ff. (welcher noch die vierfache Ein- 
tatilong der Mathematik in Geometrie, Astronomie, Musik and Arithmetik 
beifügt), and nach ihm David in Categ. Schal. 25, a, 1. 8upi,. Phys. Anf. in 
Categ. 1, e. Philo)-, in Categ., Schol. in Ar. 35, a, 6. Phys., Anf.. Eustbat. in 
Eth. N. Anf. Anon., Schul, in Arial, 9, a, 31. Die Eintheilung in die theore- 
tische und die praktische Philosophie hat schon Alei. in Anal. pri. Anf. und 
Dioo. V, 28. Im Weiteren theilt der Letztere, theilweise abweichend von den 
Andern, die theoretische Philosophie in Physik nnd Logik (welche jedoch 
nicht eigentlich als Theil, sondern als Werkzeug der Philosophie zu betrach- 
ten sei), die praktisch« in die Ethik nnd die Politik, die Politik in die Lehre 
Tom Staat nnd die Lehre vom Hanswesen. Alex. Top. 17, m. nennt all philo- 
losophische Wissenschaften die Physik, Ethik, Logik nnd Metaphysik ; über 
die Logik vgl. in. aber unten 8. 127, 5. 
3) De an. III, 9. 432, b, 26. c. 10. 433, a, 14. Eth. N. VI, 2. 1139, a, 6 
rgl.L 13 g. E. Polit, VLL 14. 1333, a, 24. Das Nähere hierüber im lOtenKap. 
4) Eth. N. I, 1. 1095, a, h: (itltSij tb tAo; [tfji iroXrtixijc] ftrAv ou rvürn; 
illi Kpöfa. Ebenso X, 10. 1179, a, 85. IL 2, Anf.: fatt oüv jj nspoüsa Kpirrfia- 
■aio. »4 6«ap£as tvtii fort» fimtep at äXXat (oil -jap V eIEüjicv t£ eutiv fj äp tri| oxEjcrd- 
(ü8a, ÖU' Tv* äyaBo\ -fEV(u|i49a, $jcs\ ü&Ösy sv i{v ö^ eXoj ait^s] n. s. w. 
5) MeUph. II (et), 1. 993, b, 19: Qp6ü; S" lyv. xal tb xaXfirfat tt,v f iXoaaipdx* 
in!OTijiu]¥ t% Üktficltn. UEwprpixtfi JJ.6V fip (in der aber hienach die gesammte 
Philosophie gerechnet wird) teaoj äÄjjfliia, npaKTCxijt 5' Ipyov. Eth. End. I, 1. 
1214, a, 8: itoliöv 6" Övtuiv Suupijjxsnav ... T« [ikv «Stöv ouvreivfi izpbi to vvüvai 
luivoi, ™ Si xnt Jtep'i Tat xnjaEi( xot mal \xi Jtpii;ii( To2 Ttpa-yfittTo;. San jitv oäv ej^e; 
siXesosiotv (idvov (Wpirtuijv n. s. w. 
JigilizBdby G00gle 
124 Ariitoteles. 
er selbst Freilich pflegt beiden die poetische Wissenschaft b 
gen 1 ), indem er das Hervorbringen OronwO vom Handeln (_iepSS,:4) 
theils durch seinen Ursprung, theils durch sein Ziel unterscheidet: 
denn jener liegt bei dem einen im künstlerischen Vermögen, bei 
dem andern im Willen *)> dieses bei dem Hervorbringen ausser ihm 
selbst in dem zu erzeugenden Werbe, beim Handeln in der Thätig- 
keit des Handelnden als solcher *). Im Gegensatz gegen die theo- 
retische ThSligkeit aber kommen beide darin überein, dass sie es 
mit der Bestimmung eines solchen zu thun haben, was so oder an- 
ders sein kann, jene mit der Erkenntniss dessen, was nicht anders 
sein kann, als es ist *). Weiter nennt Aristoteles drei theoretische 
Wissenschaften, von denen sich die erste auf das Bewegte und Kör- 
perliche beziehe, die zweite auf das Unbewegte am Körperlichen, 
die dritte auf das schlechthin Unkörperliche und Unbewegte: die 
Physik, die Mathematik und die erste Philosophie, welche er auch 
Theologie nennt 5 )- Ihrem Werth nach freilich sind dieselben in 
1) Metaph. VI, 1. 1026, b, 18 ff. o. 2. 1026, b, 4. (XI, 7.) Top. VI, 6. 145, 
a, 15. Vin, 1. 157, a, 10. Bth. N. VI, 3-5. c. 2. 1189, a, 27. X, 8. 1178, b, 20. 
lieber den Untere chied der poetischen und der theoretischen Wissenschaft: De 
coelo III, 7. 306, a, 16. pari. an. I, 1. 639, b, 19 ff. Metaph. XII, 9. 1075, a, 1 
Tgl. IX, 2. 1046, b, 2. und Bokitz %. d. St. 
2) Metaph. VI, 1. 1025, b, 22: tüv [uv -jap nonrTtxSv h X& rcoioürti i] apyft 
?j voü[ ij te^vt] 5j Siivapfc tu; , tüv Sa jtpaxtixuiv rv t<£> npartovri $ spoafpEOij. Da- 
bei Eth. N. VI, 5. 1140, b, 22: auf dem künstlerischen Gebiet sei es besser, 
freiwillig, auf dem sittlichen, unfreiwillig iu fehlen. 
3) Eth. N. VI, 4, Anf.: fttpov B' loa jco(j]oi( xal npäfo. c. 5. 1140, b, 3 : 
äX\o tb fdwt npi?t(ii; xsl ironjoEtoe .... TJJ; jih Y"P ponjattof eteoov tb tA«(, -eifc 
Ei itpiJ-en>( ofi* äv sTtj ■ ton ^äp aärij Jj tüitpafia täof. Ebd. I, 1, Anf. 
4) Eth. N. VI, 8. 1139, b, 18: fnianhiTj uiv ouv -d la-nv tvttWtv pavtpÄv . . . 
jcsvtej fap SioXa|ißavo[AEv, o Eiriorijisfla [iJ] IvSc/trAtu sXXui; Iftn., c 4, Anf. : xoü 
8" EvSeyoii^vou SiXtoi t/_tiv esrn ti xsl nourcbv xal jcpaxtov n. s. w. Vgl. c. 2. 1139, 
a, 2 ff. De coelo a. a. O.: s. o. HS, 2 park. an. 1, 1. 640, a, 3; ?i -|-äp äp/Jj 
Tdtj utv (den Theoretikern! to öv, toi; 6ä (den Technikern) to fa6\itttiv. 
5) Metapb. VI, 1. (XI, 7.), wo n. A. 1026, a, 13: fj ixfev yap ipuatxj) icepl 
ä^piora [iiu äXX' oix äxiyi]Ta, tSj[ Bi [itiBi'jp.aTimfc fvis mo"! äxfvnro j*ev oi j^iupiorä 
B' Toms, alX' <ö; Iv EX)]. J| 51 icpdnj (sc. fiXoaofla) xa'k 7tipi x"pio-rs xal äxtv^-ta. . . 
öote Tpfit Sv e^v V iloaopiai ÖetipijTixsl, [isfljjp.anx-fi, tpuoixi], BeoXoyixij. Aehnlich 
XII, 1. 1096, a, 30. c. 6, Anf. De an. I, 1. 403, b, 7 ff. lieber den Namen der 
ersten Philosophie rgl. auch 8. 58; Aber die Mathematik als die Wissenschaft 
der Zahlen nnd Grössen, und die ihr eigentümliche Abstraktion, das Körper- 
lich« nicht nach seinen physikalischen Eigenschaften, sondern nur ins dem 
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Gliederung d. Systems. 425 
der umgekehrten Ordnung zu stellen 1 ), Versuchen wir es jedoch, 
die hierin angedeutete Eintheilung auf den Inhalt der aristotelischen 
Schriften anzuwenden *), so gerathen wir in vielfache Verlegenheil. 
Zar poetischen Wissenschaft würde von allem, was Aristoteles ge- 
schrieben hat, nur die Poetik gehören; denn die Rhetorik stellt er 
selbst unter einen andern Gesichtspunkt, indem er sie als einen Sei- 
tenzweig der Dialektik and der Politik bezeichnet '), die Dialektik 
(leolchtspankt der Raumgrosso in betrachten, bei den Zahlen- nud Gruse cnbe- 
rtimniuugen von der nRberen Beschaffenheit dessen abzusehen, an dem sie vor- 
kommen, a. m. Pbys. II, 2. 193, b, 31 ff. Anal. poat. I, 10. 76, b, 3. c. 13. 79, 
i, 7. Anal. pri. I, 41. 49, b, 35. Metaph. XI, 4. o. 3. 1061, *, 28. TU, 10. 1036, 
i, 9. MI, 2. 1077, a, 9 — e. 8, Sohl. HI, 2, 997, b, SO. Ebd. 996, a, 39. De 
in. III, 7, Sehl. Einzelne Aenssernngen über die Mathematik finden sieb noch 
u manchen Orten, z. B. Metaph. I, 2. 9S2, u, 26. De eoelo III, 1. 299, a, 
iS. e. 7. 306, a, 26. De an. I, 1. 402, b, 16. Vgl. Bbindis S. 135 ff. Der Wider- 
spruch, welchen Kitter III, 73 f. bei Aristoteles findet, dass der Mathematik 
«in sinnliches Substrat bald abgesprochen bald zugeschrieben, und ihr Qe- 
genrtand bald als getrennt bald als nicht getrennt vom Sinnliohen bezeichnet 
■erde, Ittast sich theils durch die Unteischeidnng der reinen mathematischen 
Wissenschaften von den angewandten, theils and besonders durch die Bemer- 
kung beseitigen, dass Aristoteles nirgends sagt, der Gegenstand der Mathema- 
tik sei ein ^oipiorbv, sondern nur: er werde als solches, d. h. abgesehen von 
Miner sinnlichen Beschaffenheit, betrachtet; Metaph. XII, 8. 1073, b, 3 . 
ohnedem wird die Astronomie auch bei der gewöhnlichen Lesart nicht „die 
eigentlichste Philosophie", sondern die oixeiOTaU], die für die vorliegende 
Uatersnchwig wichtigste unter den mathematischen Wissenschaften genannt; 
Bosui jedoch liest: xijt oIxeiqtAtjk ftXoaoyl* tö» fi«fb)u.aTUÖv Enrarjijiö*, was 
viel für sich hat. 
1) Vgl. Metaph. XI, 7. 1065, b, 1 : tpfa ^evtj twv OswpijTutö)» Enurtrijiüv fort, 
i'JootJ), uaBijpjmxI), 6eoXqyuw| - ßAttarov |i£v oSv tb twv ÜeiupT^ixüJv EJtiaTi)u.ä)v 
]*o;, wjtiuv S' aitüv )| TEXeuraLa Xr/fiiiaa • itEpt to npjtiiTaisv -j-ip fori TÖ< Svxatv, 
fswlrav St xai X E 'P 0JV ^*4iTi5 Ät'yEtai xaTa td olxslov stuottjtSy. 
2) Bo Bavussoh Essai sur la Me*taphysiqne d'Aristote I, 244 ff., welcher 
die theoretische Fbilosophie weiter in die Theologie, Mathematik und Physik, 
die praktische in die Ethik, Oekonomik nnd Politik, die poetische in die Politik, 
Bhetorik nnd Dialektik theilen will. 
3) übet. I, 2. 1366, a, 25: &att 9up.jäa!vti tJ)v pV,Tsptx))v olov xafcufuii n rij; 
äwAtttuifc E ^ vcu *& Ti}S ttp\ ra Jfiij itpocvnaTe!«!, Jjv Sbtatäv Eon jtpomrfopEUEiv (toli- 
ta V c. 3. 1359, b, S : Snep väp xsl icpärcpov dfixC-.zi vjvyavo|uv iXrfiii eariv, Sri 
', ftTOfixJi oiStxiitoi ]iiv & te -rij; iuaXuTixJj; imonjjxr,; xal Ttjf nsp\ ta flflij jtoXiti- 
<1( £|»°la S' ("orti ta p.1* -uj] BioXektim] Ta £s tot: CfOipiuTw&if XivotJ. Eth. N. I, 1. 
1094, b, 2: öpü|uv Bk neu ti; ivTt|ioTJrrs^ tüy Suvapnov Otto tbJtjjv [tjjv noXitix))»] 
^«•4, oTm BTpartjrixJ|V, oZxovojiLxty , foTopunjv Xp«jlfVi)t Ei raiinn i«i( Xoinait 
Google 
126 ArlitotftU*. 
ohnedem lSsst sich von der Analytik, unserer Logik, nicht tren- 
nen ')• Wollte man aber desshalb der Zweitheilung in die theore- 
tische und die praktische Philosophie den Vorzug geben, so würde 
man sich von den eigenen Erklärungen des Aristoteles wieder ent- 
fernen. Die Mathematik ferner scheint er selbst bei der Darstellung 
seines Systems nicht berücksichtigt zu haben; die einzige mathema- 
tische Schrift wenigstens, auf welche er verweist und welche ihm 
mit Sicherheit beigelegt werden kann, das astronomische Werk, 
musste er nach der obigen Bestimmung eher zur Physik rechnen, 
von den andern ist theils die Aechtheit unsicher, theils lässt das 
Fehlen jeder Verweisung auf dieselben vermutl.cn, dass sie keinett- 
falls ein wesentliches Glied in der zusammenhängenden Ausführung 
der aristotelischen Lehre bildeten *). So wird auch die Physik, als 
ob keine Mathmatik zwischen ihr und der ersten Philosophie stände, 
die zweite, nicht die dritte, Philosophie genannt*). Die mathema- 
tischen Axiome aber, welche den Philosophen allerdings angehen, 
weist er selbst der ^ersten Philosophie" zu *'). Was weiter die 
praktische Philosophie betrifft, so theilt sie Aristoteles nicht, wie 
die Späteren 6 ), welche durch die unächte Oekonomik dazu verleitet 
sind, in Ethik, Oekonomik und Politik e )> sondern er unterscheidet 
xSn xpaxmüv £mro][uüv □ . s. w. Diese Aeussorungen scheinen mir die Stelle 
der Rhetorik bestimmt bu bezeichnen: Aristoteles rieht in ibi eine Verwen- 
dung der Dialektik für Zwecke der Politik; und dm nun der Charakter 
einer Wissenschaft von ihrem Zweck abhängt, i&hlt er sie tu den praktischen 
Fächern. Wiewohl nie daher an sich vielleicht mit mehr Recht so den poeti- 
schen gerechnet würde, kann ich doch Beanujb (II, h, 147), weichst diesen Ort 
für sie vorsieht, nicht beitreten. 
1) Anch Top. I, 1, Anf. c. 2 wird sie deutlich als eine Hfllfswissenscbsit 
der Philosophie überhaupt, und namentlich der theoretischen Untersuchungen 
bezeichnet. 
3) M. vgl. aber diese Schriften S. 64, 1. 
3) Hetsph. VII, 11. 1087, a, 14: xijj fwmfy xo£t Sfuttpaf füWest (s*. 
4) Metaph. IV, 3, Anf. (XI, 4). 
5} Denen sich hierin ausser Rataisson anch Kn-ra» III, 302 anscbliesat. 
6) Aristoteles nennt allerdings Eth. N. VI, S. 11-12, s, 9 neben der anf den 
Einzelnen bezüglichen 5pivr,3ic noch die o!xovo|i!« nnd noXiTtla, aber 1141, b, 81 
hat er die Politik (d. h. die Lehre vom Gemeinwesen mit Ausschluss der Ethik) 
in slxovo|i(s, 40|io9io!a, «olirreJl getheilt, so dsis demnach die Oekonomik einen 
Theil der Politik bildet. Bestimmter stellt Endemns Eth. End. I, 8. 1918, b, 
13 die JtoXim^ xoit otxwopui] xai f? ävrjon ab die drei Theilc der praktischen 
Oliederuog d. flystnm». |27 
zunächst die ethische Haaptwissenschaft, die er Politik genannt 
wissen will *), von den blossen Hilfswissenschaften, der Oekono- 
mik Feldherrnkunst und Rhetorik a ); sodann in der Politik den 
Theil, welcher von der sittlichen Thätigkeit des Einzelnen, nnd 
den, welcher vom Staat handelt *). Nicht unbedenklich ist es end- 
lich, dass in der obigen Einteilung, ob wir sie nun zwei- oder 
dreigliedrig fassen, die Logik keinen Raum findet. Die jüngeren 
Peripatetiker helfen sich hier mit der Behauptung, welche einen 
Streitpunkt zwischen ihnen und den Stoikern bildet, dass die Logik 
nicht ein Theil, sondern nur ein Werkzeug der Philosophie sei 5 ). 
Aristoteles selbst jedoch deutet diese Unterscheidung nirgends an 6 ), 
wenn er auch die Logik allerdings zunächst als Methodologie fasst '0, 
und sie würde auch nicht viel helfen: da er die Logik einmal mit 
solcher Sorgfalt wissenschaftlich bearbeitet hat, muss ihr auch in 
dem Ganzen seiner Philosophie ein bestimmter Ort angewiesen wer- 
den"). Das Fachwerk, welches sich aus den oben angeführten 
Wissenschaft zusammen; diese Einteilung mim mitbin den BlteBten Peripate- 
tikera angehören. 
1) Eth. N. I, 1. 1094, a, 18 ff. VI, 9. IUI, b, SS ff. 
2) Eth. N. I, 1 a.a.O. and 1093, s, 2. 1,-8, Auf. u. Sohl. II, 2. 1105, a, 12. 
VII, 12, Auf. lihet. I, 2. 3. b. o. 126, 3 —mit dem Namen der Ethik bezeichnet 
Aristoteles iiftr die nikomaohisebe Ethik; s. o. S. 72, 1. 
3) Eth. N. I, 1. 1094, b, 2. Khet. 1, 2. 1356, a, 25. Ebenso wird in der IV 
lik, B. I, die Oehonomih, soweit Aristoteles überhaupt auf sie eingegangen ist, 
m Staatslehre gezogen. 
4} Eth. N. I, 1. 1094, b, 7. So auch in der ausführlichen Erörterung 
X, 10. 
5) Üiou. V, 28. Alex, in pri. Anal. Anf, SchoL 141, a, 19. b, 26. in Top. 
41, ul Amhon. b. Wim Arial. Org. I, 44 med. Siupl. Categ. 1, f, Schol. 39, b, 
u. Philop. in Categ. Schol. in Ar. 36, a, 6. 13. 15. 37, b, 46. Den. in Anal, 
pri. ebd. 143, a, 3. Anon. ebd. 140, a, 45 ff. DiviD in Categ., Schol. 26, », 1, 
IQ anch theil weise weitere Abteilungen der Logik und der logischen Schriften. 
6) Denn dass er Top. I, 18, Schi. VIII, 14. 163, b, 9 die logische Fertig- 
keit ein Organ der Philosophie nennt, ist ganx unerheblich. 
Vi S. u. Kap. 4, Anf. 
8) Nicht stichhaltiger ist auch rUviissoN's Auskunft (a. a. 0.252. 264 f.): 
die Analytik sei keine besondere Wissenschaft, sondern die Form aller Wiaseu- 
■chaft. Sie ist vielmehr das Wissen von dieser Form, welches ebensogut ein 
besonderes Fach ausfüllt, wie die Metaphysik als das Wissen von den allge- 
meinen Gründen alles Seins. AUsbach Qesch. d. Phil. I, 247 meint gar, „es 
länne keinem Zweifel unterliegen, dass die Mathematik, welche einen Theil 
der Philosophie ausmacht, die jetzt sog. Logik sei." 
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128 Ariitotelw. 
Aeusserungen des Philosophen ableiten Hesse, erscheint so für den 
in seinen Schriften vorliegenden Stoff Iheils als zu weit, theils als zu 
eng. — Eine andere Eintheilung des philosophen Systems könnte man 
auf die Aeusserung gründen, dass alle Sätze und Aufgaben theils 
ethische, theils physische, theils logische seien 0- Unter dem Logi- 
schen fasst aber freilich Aristoteles hiebei die formale Logik mit der 
ersten Philosophie, unserer Metaphysik, zusammen 0» was für sich 
allein schon beweisen würde, dass er es bei dieser Unterscheidung 
nicht darauf abgesehen haben kann, für die Darstellung »eines Sy- 
stems, in welcher beide Fächer so klar geschieden sind, den Plan 
zu verzeichnen. — Müssen wir aber hiernach darauf verzichten, über 
diesen in bestimmten Erklärungen einen mit der Ausführung über- 
einstimmenden Aufscbluss von ihm zu erhalten, so bleibt nur übrig, 
dass wir die letzlere selbst darauf ansehen, welchen Gesichtspunk- 
ten sie folgt Und da treten nun in den Schriften des Philosophen, 
nach Abzng dessen, was blossen Vorarbeiten, geschichtlicher und 
naturgeschichtlicber Sammlung und wissenschaftlicher Kritik ge- 
widmet ist, vier Hauptmassen hervor: die logischen, die metaphy- 
sischen, die naturwissenschaftlichen und die ethischen Untersuchun- 
gen. Eine fünfte Abtheilung bildet die Kunstlehre, von der aber 
Aristoteles nur die Theorie der Dichtkunst bearbeitet hat. Diese 
verschiedenen Zweige aus dem Begriff und der Aufgabe der Philo- 
sophie abzuleiten , oder sie auf eine einfachere Eintheilung zurück- 
zuführen, hat Aristoteles, wie es scheint, unterlassen. Von ihnen 
selbst wird, wie in der Reihenfolge der wissenschaftlichen Haupt 
1) Top. I, 14. 106, b, 19: &ti 6' ui; Timp MpiXaßifv tüv jtpoT&TOüv xtzt tä» 
7tpoßXiiu.ÄTK)« [lipTj Tpla. a! [iiv f ip ifimA ipotiotn ticftv, B I Bi (pu-jixsiL at 3k Xo^i- 
kil. .. . ö[io»D4 äk xai T& JtpoßXijpiaTa Tipb; iolv oiv f iXooo? iav xsi' öXifBcuw Tcepl 
aü-tüv tip»y|o.ot£'jt&)v, SiaXexTtxüi; Bi npbf B<S?av. Ziemlich unerheblich Jet d&go- 
gen, das« in Beziehung auf den Unterschied des Wissens und der Vorstellung 
Anal, post I, SS, Sohl, bemerkt wird: xa i\ Xoittb kü; M BiavSTim Ird it Sia- 
voia; %A voQ xal &nra[pi)( xa\ T^fvijj xc " ??ovr|0£(at xa\ aoyiss ta fiiv qjuaiicjj^ -tä 
Si -/fiinTji Bttupute p-sXXov Iotlv. 
2) Als ein Beispiel logischer Sätze nennt Top. a. «. 0. den Sats, welcher 
der Sache nach ebenso zu der Methodologie oder Analytik gehört, wie aar Me- 
taphysik (vgl. Metaph. IV, 2. 1004, a, 9 ff, 1005, a, 2), dass das Entgegenge- 
setzt« unter die gleiche Wissenschaft falle. Aach in den S. 1 17,3 angeführten 
Fallen steht Xofixbf bald für logische bald für metaphysische Untersuchungen; 
für letztere auch Eth, Eud. 1, 8. 1217, b, 16. 
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Gliederung de«- System«. U9 
werke '), so auch in der Darstellung des Systems das Logische und 
Methodologische voranzustellen sein , welches Aristoteles selbst als 
eine Vorbedingung aller anderen Forschungen bezeichnet ■)- Auf 
diese Erörterungen über das wissenschaftliche Verfahren wird die 
»erste Philosophie" zu folgen haben; denn mag auch ihre zusam- 
menhängende Ausführung in unserer Metaphysik vielleicht die letzte 
Arbeit des Philosophen sein s ), so enthält sie doch den Schlüssel 
für das philosophische Verständniss der Physik and der Ethik, und 
alle jene Bestimmungen, ohne welche wir in diesen Wissenschaften 
keinen Schritt thun können, über die vier Ursachen, über Form und 
Stoff, über das Einzelne und Allgemeine, über die verschiedenen 
Bedeutungen des Seins, über Substanz und Accidens, über das Be- 
wegende und das Bewegte u. s. w-, haben in ihr ihren Ort. Auch 
schon der Name der ersten Philosophie drückt aber aus, dass die- 
selbe der Sache nach allen andern materialen Untersuchungen vor- 
angehe, weil sie die allgemeinsten Voraussetzungen erörtert *}. 
Ad die erste Philosophie schliesst sich zunächst die Physik an, und 
erst an diese die Ethik, da jene von dieser vorausgesetzt wird s ). 
Zur Ethik wird auch die Rhetorik zu rechnen sein *), wogegen die 
Lehre von der Kunst ein eigenes, mit den übrigen in keinen be- 
ll S. o. 105 f. 
2) Metaph. IV, 3. 1005, b, 2: tau 6* ffttipoSm töv Xrrovnuv Ttvi( ntat t% 
ilr^tia^, %i TpÄJtov Sit äiroS^ioßat, Bl' inatStualav tü>v ÄvaluttxüW toSio ipöJat»- 
it' »ip xtpk todriuv fjxttv itpocmtnafi^vou;, k'k\a |*J) ixotfov-?«t l^tttv. Dabei ist es 
für die vorliegende Frage ziemlich gleichgültig, ob du xotiiuv auf övaiuxixniv 
oder richtiger Auf die in den Worten Jtsp'i xijt aXijOuof u. 1. f. angedeuteten Un- 
teren drangen bezogen wird, da es der Bache nach auf du Gleiche hiiiaus- 
bmnit, ob ich sage: „man hiubs mit der Analytik bekannt sein", oder: „man 
boh mit dem, was die Analytik ia erörtern hat, bekannt sein" ; unzolftaaig iit 
ä»gegen Prakti.'s Erklärung (Gesch. d. Log. I, 137), welcher du Toifruv, statt 
dm Worte, womit ea zunächst verbünd™ ist, auf die äftu>|iaT» belieben will, 
*on denen früher die Kens war, und welcher ea nnn in Folge dieser Auffassung 
tuiTeneihlich findet, dass unsere Stelle als Beleg für die Voran Stellung der 
Analytiken gebraucht werde. 
S) 8. o. 108. 
4) Noch deutlicher, als der Superlativ Jtpi&Ti] T Aotafla , zeigt diese der 
Comparatir: <fd.oaofla irporE'pa (?u3uüj(, (iofci(Mrrut^() Metaph. VI, 1. 1Ü26, a, 
13. 30. gen. et corr. I S. 318, n, 5. 
5) 6. o. S. 107. 
6) S. 8. 125, 8. 
'kta. d. Gr. II. Bi 3. Abth. 9 ' 
Digilizedby GoOgle 
*30 Ari.toUle». 
stimmten Zusammenhang gesetztes Fach ausfällt, und daher von 
ans nnr anhangsweise behandelt werden kann. Das Gleiche gilt 
endlich von den Aeusserungen des Philosophen über die Religion, 
da eine Religionswissenschaft als solche ihm noch fremd ist. 
4- Die Logik. 
Aristoteles wird von Alters her als der Schöpfer der Logik 
gepriesen, und dieser Ruhm ist auch wohlbegründet. Indessen dür- 
fen wir nicht übersehen, dass er diese Wissenschaft nicht selbstän- 
dig, sondern nnr aus dem Gesichtspunkt der Methodologie, als wis- 
senschaftliche Technik, behandelt, dass er mit derselben nicht eine 
vollständige und gleichmässige Darstellung der gesammten Denk- 
thätigkeit, sondern zunächst nur eine Untersuchung über die For- 
men und Gesetze der wissenschaftlichen Beweisführung beabsichtigt. 
Von der einen Hälfte seiner Logik, derTopik, sagt er diess selbst '); 
bei dem anderen und wichtigeren Theile, der Analytik, ergiebi es 
sich tfaeils gleichfalls aus einzelnen Andeutungen, welche derselben 
die Stellung einer wissenschaftlichen Propädeutik anweisen *), theils 
aus der Analogie der Topik, theils und besonders aus ihrer ganzen 
Behandlung. Von den beiden Analytiken, diesen logischen Haupt- 
werken, beschäftigt sich die eine mit den Schlüssen, die andere mit 
der Beweisführung 3 ); nur im Zusammenhang dieser Untersuchung 
und nur so weit es für dieselbe nothwendig ist, bespricht er die 
Satze*); srst später 6 ) hat sich ihm hieraus in der Schrift vom Aus- 
druck eine selbständige Erörterung über dieselben entwickelt Ebenso 
kommt er zur logischen Betrachtung der Begriffe zunächst von den 
1} Top. I, 1, Auf.: S\ yiv jrpiflEaij tijs ftpafpaTEiac [«DoSo» tüptiv, a.tp' %t 
Buv)joi[i(0« ouU.offCsoflai wpi iwuTOt toB ispottfl&Tot npojäXjjfiaxos ö; evS<S£uv xat 
aitift Xiyov Gn^ovT£( lieAev £poü[uv SjtEvaNTio». Vgl. c 2. c. 8: ?Eoj«v Bi te^cu; 
T^v jaiflgSov, Brav ifioiius f^ujiev 5<jiT£p «Vi faioptxrn xal iccTpix^i xal töv roioiiTdiv 
B«vi(i£cdv. wüto 8' lot\ t'o in, tüv eVS^OfieWu noifiv ä npOBipoiifuB». 
2) S. o. 129, 2. 
8) Das gemeinsame Thema beider wird Anal. pri. Auf. so bezeichnet: JtpSt- 
tov p.b tiitrtv itEp\ ti xst tivoj äoriv i\ axityn, Sri irep't äjrfSeifiv xn\ ätra-nJLiijt iiro- 
Eiixtixjjf. Ebenso am Sobluss, Anal, post. II, 19, Auf.: mp'i \i\v o3v truXXoy lujioü 
%A iisoBtf&iuf, ti t* fxitipöv fori xal nü>s -fcWr«, yavepbv, äp.a Gl x*\ wp\ imirnj- 
P]( äsoBuxTix^c wirbt -fip fanv. 
4) Anal. pri. I, 1—3. Anal. post. I, 2. 72, b, 7. 
6) S.o. 106,4. 
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Logik. 131 
Schlüssen aus; die Definition behandelt er, als ein Ergebniss der 
Beweisführung, in der Analytik '), und die logischen Eigenschaften 
der Begriffe überhaupt werden nur aus Anlass der Schlusslehre be- 
rührt *). Die Kategorieenlehre aber gehört mehr zur Metaphysik, 
als zur Logik, da sie nicht aus der logischen Form der Begriffe oder 
dem bei ihrer Bildung beobachteten Verfahren abgeleitet, sondern 
durch die Unterscheidung der realen Verhältnisse gewonnen wird, 
auf welche sie sich ihrem Inhalt nach beziehen; nnd in Ähnlicher 
Weise scheint Aristoteles auch in den verlorenen Schriften ver- 
wandte Fragen behandelt zu haben s ). Auch der Name der Analy- 
tik 4 ) weist darauf hin, dass es sich für ihn bei den Untersuchungen, 
welche wir zur formalen Logik rechnen wurden *), zunächst darum 
handelt, die Bedingungen des wissenschaftlichen Verfahrens, und 
näher des Beweis Verfahrens, zu bestimmen'). Sokrates hatte die 
1) Anal. post. II, a ff. vgl. besondere c. 10. 
S) Du Wenige, was in dieser Beziehung sn erwähnen ist, wird später 
'beigebracht werden. Schon die Definition des 8f*>4 Ana), pri. I, 1. 24, b, 16 
j5»t 5t xaXw ih 8v SiaXüctai t) npÄTKtnf) zeigt, dsss Aristoteles auf analvtisuhem 
Wege, wie von den Schlüssen in den Sä-tsen, so von den Stttien zu den Be- 
griffen gelangt; beide kommen nnr als B est ancith eile des Schlusses in Be- 
triebt. 
i) Was wenigstens Simplicius in den S. Gl angeführten Stellen ans der 
Schrift s. lujv 'AviixEifievioV mittheilt, lautet mehr mttanbysich , all logisch. 
Aristoteles selbst rechnet Motaph. IV, 3. 1004, a,25— b,4 die Untersuchungen 
über den Begriff nnd die Arten des tWvxlov sur ersten Philosophie und ebd. V, 
10. 1, 4 ff. handelt er ausführlich davon. 
4) Aristoteles nennt nicht allein die beiden logischen Haupts chrifteu 
.taXimxä (b. 8. 52, 1), sondern der gleichen Bezeichnung bedient er sieb (s. 
o. 139, 2) auch für die Wissenschaft, mit der sieh dieselben beschäftigen. 
fi) 'AvnXiisiv heisst; ein Gegebenes auf die Bestandteile, ans denen es iu- 
i Immen g es« tut Ist, oder die Bedingungen, durch die es zu Stande kommt, su- 
räckführen. In diesem Sinn gebraucht Aristoteles ävüvotj und ävaXihtv 
stehend für die Zurückt'ühruiig der Schlüsse auf die drei Figuren, s. B. Anal. 
pii 1, 12, Auf, : •!,., Tobe ^s-fcv>][xtvou; [auUoviou.<]it(] ävctXdoiusv «t{ ta itposipi)- 
I 1 "» freien, wofür unmittelbar vorher stand: rc£; 8' iv*Es|«v rous ouUovtdf. 
P>* ik "i Ttpoiipr^va opjjwr*. Und da nnn jede Untersuchung darin besteht, 
fai die Bestandtheile nnd Bedingungen dessen, worauf sie stob besieht, auf. 
e^aobt werden, so steht ävaWj'.v neben tirrfh in der Bedeutung: untersuchen. 
So Eth. N, HI, 5. 1112, b, 16: (SouJwJsTai . . . ooSs\{ Mpl toB -nftouc, ■) UJ.a6ifi.ivot 
™tn, JtSjxeABiä t!vuv fotai axoicoü<n . . . . Iwi 3™ fXIhuaiv h& to npükov ahun, 
äwiij iSpfon hf*x&v low ö f«p BouXtuo'jiwos toixi 1Jt ( tSv t*i äveiiisw Vov dpi- 
9* 
i 
i32 Aristoteles. 
Methode der Begriffsbiidung entdeckt, Plato die der Eintheilung 
hinzugefügt; Aristoteles hat die Theorie des Beweises erfunden, 
und diese ist ihm nun sosehr die Hauptsache, dass ihm die ge- 
sammte Methodologie darin aufgeht. Wenn daher die spateren Pe- 
ripatetiker die Logik als Werkzeug der Philosophie bezeichne- 
ten *), und wenn desshalb in der Folge die logischen Schriften des 
Aristoteles unter dem Namen des Organon zusaromengefassl wur- 
den *), so ist diess nicht gegen den Sinn des Aristoteles*); die 
Behauptung freilich , dass diese Wissenschaft als Organ der Philo- 
sophie nicht zugleich ihr Theil sein könne 6 ), würde er schwerlich 
gebilligt haben. 
fiiiov Tpfaov (uoirsp Sityps^iu«. fotvrceu S' J) [üv tifanif ni xSaa iüvnt fleiiXsuo«, 
oTov at lUtttHURWOft, f] Bi ßwSlEuutf rcäaa (ijngotf , xa\ Tb (ox«toy h ty JvbIu'oei 7cpG- 
tov iTvai h -rij yetiau. (Vgl. Trebdelehburo Elem. Log. Amt. S. 47 f.) 'AvctXv- 
tnaf heiaat demnach: auf die (wissenschaftliche) Untersuchung bezüglich, und 
Ta ivalurixi: das, WM sich auf die wiss ans ohaftliohe Untersuchung besieht, 
die Methodologie. 
I) Ueber diese seit Cicero nachweisbare Bezeichnung vgl. Psütl Gesch. 
d. Log. I, 614, 27. 536. 
3) S. o. S. 127, 6. 
3) Bei den griechischen Auslegern bis in's sechste Jahrhundert findet sich 
dieser Name fiir die Schriften noch nicht, erst spater wird er für diese ge- 
bräuchlich (vgl. Wjitz Ariat. Org. II, 393 f.); dagegen werden dieselben auch 
schon von ihnen Äofavixi genannt, weil sie sieh auf das Sp-favov (oder das öp- 
vovubv Jispo«) fXaaoflMt beliehen; Tgl. Sikpl. in Categ. 1, c Philcp. in Cat,, 
ßchol. 36, o, 7. 16. David ebd. 35, a, 3. 
4) PiiiSTL Gesch. d. Log. I, 186 ereifert aioh insofern ohne Grund über 
„die Schulmeister des späteren Alterthnnu", welche, „infieirt von dem Blödsinn 
der stoischen Philosophie", die Logik als Werkzeug des Wissens neu jeden 
Preis voranstellen wollten. Diese ist wirklich die Stellung nnd Bedeutung, 
welche ihr Aristoteles anweist; dass sie ihren Zweck, ebenso wie die Physik 
nnd die Ethik, in sich selbst nnd ihrem eigenen Gegenstand habe, dass sie 
eine philosophisch begründete Darstellung der Th&ügkeit des menschlichen 
Denkens nnd sonst nichts sein wolle (a. a. 0. 8. 136 f.), ist eine Behauptung, 
welche sich weder durch bestimmte Aussagen des Aristoteles noch dnreh die 
Beschaffenheit seiner logischen Schriften beweisen ISsst. Die „reale metaphy- 
sische Seite der aristotelischen Logik" braucht man dessbalb nicht ausser 
Acht in lassen: auch als Methodenlehre betrachtet kann sie ihre Wnrseln in 
der Metaphysik haben, und auch wenn sie dieser vorangestellt wird, kann «ich 
schliesslich die Notwendigkeit ergeben, sie auf metaphysiche Prineipien su~ 
rBckaofOhren. 
6) S.O. 127, 6. 
j, g ,:;z E d&y Google 
Entstehung des Wiiaui. (33 
Um nun diese Methodologie richtig aufzufassen, wird es nölhig 
sein, dass wir zuerst auf die Ansichten des Philosophen über die 
Natur und Entstehung des Wissens näher eingehen ; denn durch den 
Begriff des Wissens ist dem wissenschaftlichen Verfahren sein Ziel 
und seine Richtung bestimmt, und die natürliche Entwicklung des 
Wissens im menschlichen Geiste muss seiner kunstmässigen Ent- 
wicklung in der Wissenschaft den Weg vorzeichnen. 
Alles Wissen bezieht sich, wie früher gezeigt wurde, auf das 
Wesen der Dinge, auf die allgemeinen, in allen Einzeldingen sich 
gleichbleibenden Eigenschaften und die Ursachen des Wirklichen ')• 
Andererseits aber lässt sich das Allgemeine nur aus dem Einzelnen, 
das Wesen nur aus der Erscheinung, die Ursachen lassen sich nur 
ms den Wirkungen erkennen. Es folgt diess theils aus den meta- 
physischen Sätzen unseres Philosophen aber das Verhällniss des 
Einzelnen und des Allgemeinen, welche uns spater noch begegnen 
Verden; denn wenn nur das Einzelwesen das ursprünglich Wirkliche 
ist, wenn die allgemeinen Bestimmungen nicht als Ideen für sich 
sind, sondern nur als Eigenschaften den Einzeldingen anhaften, 
so muss die erfahrungsmassige Erkenntniss des Einzelnen der wis- 
senschaftlichen Erkenntniss des Allgemeinen nolhwendig vorange- 
hen 1 ]. Noch unmittelbarer ergiebt es sich aber für Aristoteles ans 
der Natur des menschlichen Erkenntnissvermögens. Denn so unbe- 
denklich er zugieht, dass die Seele den Grund ihres Wissens in sich 
selbst tragen müsse, so wenig halt er es doch für möglich, dass 
ein wirkliches Wissen anders, als vermittelst der Erfahrung, zu 
Stande komme. Alles Lernen setzt schon ein Wissen voraus, an 
das es anknüpft 3 ]; aus diesem Satz entwickelt sich aber das Beden- 
1) 8. o. 8. 110.117. 
I) Aristoteles selbst wellt auf diesen Zusammenhang «einer Erkenntniss- 
U» mit »einer Metaphysik De an. III, 8. 432, a, 3 : feA 61 oiBfc spSv[i« oüfl^ 
wn "ipi tl [ie-jeUi], <ü; Soxfl, ti afaftqtä ■tz-f_t>p<a[i.d<iQv } h läit, cTSttn toi; s?<j8rj , col( 
nvei|T±kTi, (vgl. c. 4. 430, a, 6: tv St tot; e^ouoiv GXnv Suvifiti ExaonS* &m 
tüi ra]t£<i) Tct te h ivatpiati Xrrä|uva (die abstrakten Begriffe) xol Bsa rüv <zfa- 
fojtiZn l^iif xa\ iti&i], la'r Bis toüro oSre |i)j aiüSavi^Evst prflh oüfllv 3v jiifioi o£St 
P"<t1" ÜTccv te fleiupi], ävif"! Siia tpAvTidfii tt BeuipEtv xa ykp tpnvTacJjiaia fiojKp 
«ä*i|«n« Ion, *Xi)y £viu ttr, ( . 
3) Anal. poat. I, Anf. : r.xcx Sifasxalia td: r.iax jj.a07]<j'.4 SiaVOi]Tixrj Ex Ttpo- 
wipjiiJmjj TtusTiii -fVüiaE'o;, was sofort an den einzelnen Wissenschaften sowohl 
saiiehtlieh der Beweisführung durch Schlüsse, als hinsichtlich des Indult - 
loogle 
{34 Aristotelei. 
ken, welches den Früheren so viel zn schaffen gemacht bitte l )i 
dass überhaupt kein Lernen möglich zu sein scheint. Denn entwe- 
der, scheint es, müssen wir dasjenige Wissen, ans dem alles an- 
dere abzuleiten ist, schon besitzen, diess ist aber eben thalsach- 
lich nicht der Fall; oder wir müssen es uns erst erwerben, dann 
würde aber der obige Satz gerade von dem höchsten Wissen 
nicht gelten *> Dieser Schwierigkeit hatte Plato durch die Lehre 
von der Wiedererinnerung zu entgehen gesucht. Aristoteles weiss 
sich hiemit, ausser allem Uebrigen, was er Cs. u.) gegen die 
Präexistenz der Seele geltend macht, schon desshalb nicht zu be- 
Ireunden, weil es ihm undenkbar erscheint, dass wir ein Wissen in 
uns haben sollen, ohne uns dessen bewusst zn sein a ); davon nicht 
zu reden, dass das Sein der Ideen in der Seele, wenn man es ge- 
nauer zergliedert, zu mancherlei Ungereimtheiten führen würde*]). 
Die Lösung liegt vielmehr für ihn in jenem Begriff, mit dem er so 
viele metaphysische und n&lurphilosophische Fragen beantwortet, 
dem Begriff der Entwicklung, in der Unterscheidung von Anlage 
und Vollendung. Die Seele, sagt er, tnuss allerdings ihr Wissen 
in gewissem Sinn in sich tragen; denn wenn schon die sinnliche 
Wahrnehmung nicht einfach als ein leidentlich.es Aufnehmen des 
Gegebenen, sondern vielmehr als eine durch dasselbe veranlasste 
Thätigkeit zn betrachten ist 6 ), so muss diess von dem Denken, 
tionsboweisüs nachgewiesen wird. Da» Gleiche MeUph. I, 9. 992, b, 80. Etb. 
H. VI, 3. 1139, b, 26. 
1) S. 1. Abth. S. 639. I, 771. 
8) Anal. polt. II, 19. 99, b, SO: Jedes Wissen durch Beweisführung aotit 
die Kenntnis!! der höchsten Principien (der apya't äjuiroE s. u.) vorans. Ttöv 5' 
«Lifaiov t)]v -]-vtT>oiv . . . 6fiijropT|tjEiEU su ti; x«\ nÄTEpon oilx ivoüan a! IEe(( (eben 
jene ftSint) E'-frivovrai ?, Ivoieai XsliJBaaiv. d y.h Sij efo^ei «foaf , äxoicov- oup> 
ßaiVEi fafi äxptßccrt^pa; £^_ovta( yvu)«'; a^oäsi^eiui XavBivEiv. d St Xajißivajifv p.7; 
EJ^OVTEt ICpOTEpOV, EüJf ÖV f VU)pL^0l|f£V Xa\ [ISvOaVülLLEV ix ft)] XpoÜKapfavOTH yväi- 
0£«k; äBiivarov yip ■ -- fsvtpöv roivuv, Eti oüt' e^elv oföv T£, ojt' ä-rvooioi xät faf- 
Si[i(av fyouam I?iv E^^fvEoSoi. 
S) A. a. O. and Metapl>. I, 9. 992, b, 33.- 
4) Top. II, 7. 113, a, 25: die Ideen müssten, wenn sie in uns wsren, sich 
auch mit uns bewegen n. s- w. Doch hätte Arist. selbst wohl dieaem bloa dia- 
lektischen Einwarf schwerlich grosse Bedeutung beigelegt. 
5) De an. II, 5. 417, n, 2 ff. Arist. sagt hier, weder die Wahrnehmung 
noch das Denken dürfe ein nio/Eiv und eine oXXoiwit; genannt werden, ausser 
wenn man zwei Arten des Leidens und der Veränderung unterscheide: ?>fv te 
Entstehung des Wiaaens. 135 
welches keinen äusseren Gegenstand bat, noch weit mehr gelten 1 ): 
da das reine Denken von seinem Gegenstand nicht verschieden ist *)» 
so hat es diesen unmittelbar in sich selbst s 'j; in seiner Selbstan- 
scbauung ist daher jene unmittelbare und irrthumslose Erkenntnis« 
der höchsten Prineipien gegeben, die von allem abgeleiteten und 
vermittelten Wissen als Anfang und Bedingung desselben vorausge- 
setzt wird *)• Die Seele kann insofern als der Ort der Ideen bezeich- 
iVi :äj aTEpjrnxat BtaWom (uxaßsXJjv xai tJ)v ab Tic &'i "=' Tfjy fdoiy. Aehnlich 
111, 5. 429, b, 22 ff. III, 7. 431, a, 5. 
1) A. a. 0. 417, b, 18: x*i ta xai* sW^eie» [atatävsotlai] 6i opinis «fWM 
10 (lEUpEiv' Sia^EpEi Be, 3:i toS uev tx KonjTixa T)j< ivEpyela; ££m6ev, TÖ Opxriv 
d.i. v. sitiov S' Sil iöjv xaQ' Ixaarov fj xot' iiiffnai Kiaftijaif, jj 8' iwurtij|*^ toiy 
liWkoV TBÜTO 6' EV aülij 7CIU( (OTI TT} ^«XS' ® 1 ' y0 *i aal (*tv Ü»' «itt^ BtBV fkuJXjJ- 
nr, aiaBayttrBai 3* oux es' aCtö- sMyxoEtav yap äJtapx,"'' •b affflbiTäy. 
2| Da an. 111, 4. 430, s, 2 (nach dem S. 137, 1 An zufuhr od den) : xai «ätbc 
& [i ytin] voi)ti( eotiv öJomp tö yojjT«. fai [iiv f"p räW ävsu 5J.i)( tb auw! «W tb 
vmüv xai tb vooujievov Jj t«P fctwwft"! ^ 6««p>itoi)| xai tb säiut, «lEwtijtbv tb aBti 
3) Vgl. Anm. 1. 136, 2. Dieses Verhältnis» des Denkens >u seinem Ge- 
geastsnd wird später, in der Lehre vom Menschen, noch weiter in untersuchen 
4) Anal. post. II, 19. 100, b, 8: (iwl Si . . .. nJBlv Miio-njpjt öüptB^sTtpov 
älo YE»o< 5) voüf, ai 8' xpX.ai tüv aJto6«i£«i>y yvdipljtütcpai, iitiirnjtii) E' äitaoa 
Jtri iöpt» IcrA, tüv.öpx.üv £]T(vti{|M] jitv o'jx äv t!r M fall S' oiiäiu aiiiOiViEpoy iv- 
«yitai;Tvai ijCKJtiju.Jis fj voüv, vow iv t'r; nny ap/üv ... tl o«y u.ij8iv ÖXXa icap'te. 
im{|iiiy ffto( fx.o(uv iXi)(ll4i voC? 5v e'tj Enianffuji äpxi'' Eto. N. VL 6: t^t äpx*i* 
:w EEiTtiyrou oüt * «y äicioxnjp] iö] oüiE ts^yi] oute <ppiyi)gt( .... leinet»! vofly sttai 
■üt ipf&i. c. 7. 1141, 1, 17. b, 2. c 9. 1142, a, 25: ö|üv fa? voü( TÜV Spuv, üiv 
»ncraXäYOt- C 12. 1143, a, 35 (»osii TRK«UELESBUS»lIiBtot. Beitr. II, 376 ff. 
■•TgL): evoüc tw» i»x,iwov is' äjiipiiTtpa- xal^ap lüy jcpüiBiv Spun xai tüv iifß- 
nov voüf jart xai ou XifO(, xol ö [uv xaiä iä( «cciäii^eii [der theoretische Vsr- 
sUnd] tüv öxivijnuy SSpuv xa\ icpiutiuv, & S' £v to"i( npaxiixats [der praktisohs, 
«■ecltsetzende Verstand) toü eav_aTOu xa"l tySExoi**' 01 ' "-■ ■■ w - (Hieröber spater, 
in der Psychologie und der Ethik). Diese Erkenntniss der Prineipien ist ein 
unmittelbares (öu4oovj Wissen, denn die Prineipien aller Beweisführung lassen 
•ich nicht wieder beweisen (Aual. post. I, 2. 3. 72, a, 7. b, 18. c. 22. 84, a, 30. 
II, 9, Anf. c. 10. 94, s, 9. Metaph. IV, 4. 1006, a, 6 — das Genauere hierüber 
ipfcer). Ebendesshslb ist sie aber auch immer wahr. Denn der Irrthnm be- 
ucht nur in einer falschen Verknüpfung von Vorstellungen, und kann dess- 
Wb erst im Satz, in der Verbindung des Prädikats mit einem Subjekt vor- 
kämmen (Kateg. c. 4, bohl. De interpr. c. 1. 16, a, 12. De an. III, 8. 482, a, 11), 
du unmittelbare Wissen dagegen hat es mit reinen, auf kein von ihnen selbst 
verschiedenes Subjekt beaügüoben Begriffen an tbun, die man nur kennen oder 
i „Google 
136 AilrtotilM. 
net *} »>d es kann von dem Denkvermögen gesagt werden, dass es 
alles Denkbare sei, weil es alles seiner Form nach in sieb sehliess! *). 
Aber zum wirklichen Wissen bann dieser Inhalt erst in der Erkennt- 
nissthätigkeit selbst werden; es bleibt also nur übrig, dass er vor 
nicht kennen, hinsichtlich deren min sich aber nicht tSoschen kann; De u. 
HI, 6, Anf.: f) uiv oäv Twv äStaiprrojv »inoij h -coüiott jcipl S oäx tan t'o $:Xv,- 
Jv o!( £1 i>i to $iBSos xa\ t'o ä).j]&l;, oiivfaois tt( jJ4)] voij[i£ruv m( tv Öv-ruiv. Ebd. 
Bohl.: fort 8' J} piv 911015 ti xatä Tivot, äoxip f, xorcäiptiaic, xal aX7)l% I) ^cuS^ 
jiäw & 81 vsOc oG it8(, £X1' S roB tMoti xsrei. tö t! f^v if*at ili|W)s, xa"t oj t\ 
xora Ttvof iXX' AWip TD Jpäv toB ßiou aXi)Ssf , i! B' üv6p<ORO{ ib Xiuxbv 1J pij, 
oix iljjtts atl, oBtu ( f/n Boa äveu BX^t. Metaph. IX, 10: fast Si .. . tb ... iljfik 
1| $i08os ... fett tö* npaYpiiTuv iot?It6) ovfxßoSai 1) Sii|p^ij9ai ... bot' io-Äv ?| oi» 
fort ib iXr,fll; X«Yojievo» 1 4*3*05, 1Up\ Si 8i| TB icnJvBeTa ti to sTvol J[ pu| e7v» 
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imanjflflval iXX' 1) voftv ?, >jjj . . . to Si äXt|81{ tb vofiv but4- to Si J>iB5o; oäx iom, 
o05' aTiinj, iXX' äfviiia. Nach diesen Stellen würden wir «ach unter den itpo- 
TÖatii äjwiei, welche die letzten Principien ausdrucken (Anal. post I, 2. 33. 
S8. 73, a, T. 84, b, 39. 66, b, 36), nnr solche Bfitae verstehen dürfen, in denen 
das Prädikat im Subjekt schon enthalten ist, nicht solche, in denen es :u einem 
von ihm verschiedenen Subjekt hinsutritt, also analytische Urtheile a priori. 
Ebeuso ist dar Sprap.bc tuv ayiatav (ebd. II, 10. 94, a, 9) eine Wtnt roü t! tum 
svaxiEuxTOf , worin nichts Aber das Sein oder Nichtsein eines Begriffs oder 
seine Verbindung mit gewissen Bnbjecteii anageeagt wird. Wenn endlich 
Metaph. IV, 3 f. 1U05, b, 11. 1006, a, 8 der Bata des Widerapnich» als die pV 
(Siiothtt) äp^J) KBoiäv nto\ Ift 3ta4ct»6i|vai äoiivaTov hexeichnet wird, so handelt 
es «ich anch in diesem nur um den Grundsatz aller analytischen Urtheile, die 
formelle Identität jedes Begriffs mit sich selbst. Diese ganae Lehre Über das 
unmittelbare Wissen ist aber allerdings von einer Unklarheit nicht frei, deren 
letzter Grand eben in der Voraussetiruig liegt, dass allgemeine Begriffe und 
GrandsatEG überhaupt ein unmittelbar Gegebenes sein können. 
1) De an. in, 4. 4S9, a, 27: xA ti 8J] ot X^fovTs; rt|v tj.ux.Jiv iTvai -rficov ci&uv 
(wohl Plato, s. Abth. 1, 580, 1), jcXJjv !tt out« 8).i] 4U* J) vo<]TixJ| , oBti tvxtltxeia 
ilU Buvxpat t! iTSi). 
- 2) De an. DU, 8, Anf.: vBv SI mpt <}*>■/?•'• T * ie/."**™ aajutfakatwtnmti eociu- 
[UV icaXrv Bti ij 4«^jj tä övts nd; f<ra Tuivia. I) f äp alatiirrä Ta Övtk ]) votjt«, um 
8* ij ini3Ti(p;T] piv Ti tetarjjT* «««, ^ 8' afoftijais t« afaftiti. (Vgl. II, 5, Bold. III, 
7, Auf.) Wie diess aber su verstehen ist, ergieht sich aus dem Folgenden: 
sva-fxr, 5' I) aütä )) TS t!or h (IftU. o&ra uiv yap 8j) e3- öS ^ap ö XiBo; jv Tg ^XJli 
äXXa ib eTSo;- StteI, du^)] £mup ft /dp luriv xalYop j)x E V Öpyav6> jonv opfiviuv, 
Stal o voü; tfäo? tßüv xa\ ^ sTsOi)«!« cito« alafrjTbiv. Die Seele igt also Alles nnr so- 
fern sie die Formen aller Dinge in sioh trflgt, nnd su Vorstellungen entwickelt. 
Entstehung des Wissens. 137 
derselben Mos der Möglichkeit und der Anlage nach in der Seele 
sei; und diess ist er, sofern sie die Fähigkeit hat, ihre Begriffe 
selbstihäiig aus sich zu bilden ')■ Ist uns aber das Wissen als sol- 
ches nicht angeboren, sondern muss es erst im Laufe der Zeit in 
allmähliger Entwicklang von uns erzeugt werden , so folgt von 
selbst, dass wir am Anfang dieser Entwicklung von demjenigen 
Wissen, welches ihr höchstes Ziel bildet, von der begrifflichen Er- 
kenntniss der letzten Gründe*) noch am Weitesten entfernt sind; 
dass mithin die Erhebung zum Wissen nur in einer stufenweisen 
Annäherang an dieses Ziel, einer zunehmenden Vertiefung unserer 
Erkenntnis«, im Fortgang vom Besonderen zum Allgemeinen, von 
der Erscheinung zum Wesen, von den Wirkungen zu den Ursachen, 
bestehen kann. Das Wissen, welches uns weder als ein fertiges 
1) De an. III, 4. 429, a, 15 (wo aber im Vorhergehen den eine Lücke im 
Text zu sein acheint): önaflt; äpn 3fi eTvbi [to voi)Ttxöv], Sextixov Be toü e*8ou; xa't 
Suviji« rotoürov Jsc. oTov to eÜBo;] iXXi |i}] tquto, xal oiiofaj e^eiv, öjarop to aiaOij- 
tiibv Tupbt ti ahfaph, oÜnu tqv voüv rcpbt t! viTjt&. ... & ipa xaXoJjunof tijj tyr/fc 
voi( ... oiOsv eotiv EVEpyEfa t5v Övtuv npW voiiv ... x«\ e3 8J) u. B. f. (b. o. 136, 1). 
Ebd. b, 30: 5'jvip.Ei jciuf fori ti votitci h voü?, «ää' ^vtcXeX"'? oiSh, nptv 3v vorj, 
äö 8* o&tiu; fimtEp ev YpafifiaTEdu i5 jjujSiv S7cipX E ' fcii*i)(ti« YE"fP ll ( 1 r l ^' 0, ■ ^ nt P 
ou|lj)«nei fiel TOÜ vou. Hier (b, 5) und II, 5. 417, a, 21 ff. wird dann noch ge- 
nauer zwischen einer doppelten Bedeutung des Bjvijm unterschieden: SuvägiEi 
Kionj^biv kann man nicht allein denjenigen nennen, welcher noch Dichte ge- 
lernt hat, aber die Anlage besitzt, etwas an lernen, sondern aneh den, welcher 
etwas weis«, aber sich dieses Wiesen in einem gegebenen Zeitpunkt nicht in 
•irklicher Betrachtung vergegenwärtigt. Nach der letzteren Analogie hatte 
■ich Plato das angeborene Wissen gedacht, Aristoteles denkt es sich nach der 
entern, und eben diess soll auch die Vergleiohnng der Seele mit dem unbe- 
schriebenen Bach ausdrücken; wogegen es ein Miss vers tan dniss war, wenn 
die» Vergleichung im Sinne des spfiteren Sensualismus verstanden wurde. (Vgl. 
Heck. Gesch. d. Phil. II, 342 f, Teehdbi.rnbüiic z. ä. 8t. S. 485 f.) Arist. will 
damit nur den Unterschied des SuvÄ|Iei und ivzpycla erläutern, die Torateilung 
dagegen, als oh der Seele ihr Inhalt, wie einem leeren Buch, von aussen her 
eingeschrieben würde, liegt ihm ferne. Inwiefern ihr aber freilich ein ur- 
spi Angliche» Wissen, wenn auch nur ein potentielles, oder genauer eine nr- 
•Dringliche Befähigung, das Wissen a,us sich selbst zu entwickeln, beigelegt 
"erden kann, wenn doch alle Begriffe erst vermittelst der Erfahrung gewonnen 
■erden, diess bleibt hier desshalb im Unklaren, weil Aristoteles noch nicht 
im Fall war, das Verhaltniss des Apriorischen und des Empirischen in unseren 
VorttaUttDgen scharfer tu bestimmen, nndjenes, wie Kant, auf die Vorstollsngs- 
foraien zu beschranken. 
2) Ueber diese, als das Ziel des Wissens vgl. ra. S. 110. 
i „Google 
138 Aristoteles. 
gegeben ist, noch aus einem Höheren abgeleitet werden kann, moss 
aus dem Niedrigeren, aus der Wahrnehmung, hervorgehen '}. Die 
zeitliche Entwicklung unserer Vorstellungen steht daher mit ihrer 
begrifflichen Abfolge im umgekehrten Verhältnis»: was an sich das 
Erste ist, ist für uns das Letzte; während seiner Natur nach das 
Allgemeine grössere Gewissheit hat, als das Einzelne, das Priucip 
grössere, als das, was daraus folgt, so hat für uns das Einzelne und 
Sinnliche grössere Gewissheit 1 ), und es ist uns aus diesem Grunde 
diejenige Beweisführung einleuchtender, welche vom Einzelnen, als 
die, welche vom Allgemeinen ausgeht s ). 
Die Art aber, wie sich aus der Anlage znm Wissen ein wirk- 
liches Wissen entwickelt, ist diese. Das Erste ist immer, wie be- 
merkt, die sinnliche Wahrnehmung. Ohne sie ist kein Denken mög- 
lich*); wem ein Sinnesorgan fehlt, dem fehlt nothwendig auch das 
entsprechende Wissen, denn die allgemeinen Grundsätze jeder Wis- 
1) Anal. post. II, 19. 100, a, 10; oütc 8i) lwr,ifymaiv äip6>puijiivai al E^Eif 
(i. u. 134, 2), oüt' an' iiltuv t^iwv fivovtai Yvidarutwup wv, iXk' inb aijBijmiuj. 
2) Anal. puat. I, 2. 71, b, 33: npdTcpa 8' eVct x«i fviupipi-iEpa 8i)(Ö>{' oi -fip 
TOÜTDV npixspov tS] y iazi xot Tipbj ^iiäj itpOTEp&v &u8e ^voipiiioiTEpov xa\ f|p.iY ■ptupi- 
[uuTEpov. Xt^fi« 6i rcpif Jjfiöf jjlv npOTEpa xa't YVwpi|K&tlMl ta Ifjütifm t»i( atuthj- 
atoit, ir-X£( 61 jüpÄTEpa xoit yMipi|i«fmpct Ti Jtop'f (ütEpov. frti 81 JtojJpwTäTiu [tiv to 
xafloXou iiiXtort«, ^rruräTiu 8e ti xa8' Ixjhjt«. l'hys. *> '• 184 t ■■ 16: **>»» 5k ex 
xüjv ■yvcdpifuuTEpun ijjjlv Jj Ö8b( xa'i oa^EOTipiuv te\ ti anp&iEp« tjj fuatL xsl yvuipi- 
[luiTSpa ' ou -]-ip toCti j)[tfy TE yvtipLLia xa\ äjuXüif. I, 5, Sohl. Vgl. Metapli. I, 2. 982, 
», 28. V, 11. 1018, h, 29 ff. VII, 4. 1029, b, 4 ff. IX, 8. 1050, a, 4. Top. VI, 4. 
141, b, 8. 22. Do an. II, 2, Anf. III, 7, Auf. Eth. N. I, 2. 1095, b, 2. (Noch «Er- 
ker, aber mehr an Puw, Rep. VII, Anf., als an Aristoteles erinnernd, drückt 
sich Metaph. II, 1. 993, b, 9 aas.) Nur scheinbar widerspricht diesem, daas 
Fbya. I, t fortgefahren wird: esti fi' fjp.lv npiltov SijXa xal (jatpij ti ctuyxsxuiie'vb 
[löüXov ' EotEpov 5' h toutiuv -fivEtai -fvipiita ti <jtoi)(ei« xa'i «I äp^ai SiaipoÜoi taB- 
ta. Sie Ex tüv x«8oXou ärft ti xa8' Sxatrta Sei Kpa'ävai. TD -jap SXov xati TJ)v aiafirj- 
oiv YVuipi(iii)TEpov, tb 3i xa&iXou 3Xov Ti iotiv - jraXXi fip nEptXaiißavEt Ji( pipTj tb 
xaflo'Xou. Denn (wie auch Thesdblekbdbo z. Arist. De an. S. 338. Rittes, III, 
105 u. A- bemerken) es handelt sich hier nicht von dem logisch, sondern 
von dem sinnlich Allgemeinen, der noch unbestimmten Vorstellung eines 
Gegenstands, wie wir s. B. die Vorstellung eines Körpers früher haben, als 
wir seine Bestandtheile deutlich unterscheiden. 
3) Anal. pr. II, 23, Schi.: tpiisEi jikv olv npoTEpo; xai YV(upi[i.üiTEpQS S 8c« tqu 
jie'oou auXXo-jtoi/oi, Jjjuv B' EvapifE'aTEpoä ö Bii tijt ixaf<orf%i. 
*4) De an. III, 8. 432, a, 4 (s. o. 133, 2). De sensu c 6, 445, b, 16: oiSe 
voe" 6 vou; t& EXtb( pj) jaet' alaflijajiuj Svts. 
i „Google 
Entstehung dos Wissens. 139 
senschaft lassen sich nur durch Induktion finden, die Induktion aber 
beruht auf der Wahrnehmung *> Die Wahrnehmung nun hat zu- 
nächst das Einzelne zum Inhalt *~) ; sofern jedoch im Einzelnen immer 
auch das Allgemeine enthalten ist, wenn auch noch nicht für sich 
abgelöst, so richtet sie sich mittelbar auch auf dieses *)• Oder ge- 
nauer: was die Sinne wahrnehmen ist nicht die Einzelsubstanz als 
solche, sondern immer nur gewisse Eigenschalten derselben; diese 
aber verhallen sich zur Einzelsubstanz selbst bereits wie das Allge- 
meine, sie sind nicht ein „Dieses" (to&V), sondern ein „Solches" 
(towvoY); wiewohl sie daher in der Wahrnehmung nie unter der 
Form der Allgemeinheit, sondern immer nur an einem Diesen, in 
einer individuellen Bestimmtheit angeschaut werden, so sind sie 
doch an sich ein Allgemeines, und es kann sich aus ihrer Wahrneh- 
mung der Gedanke des Allgemeinen entwickeln 4 ). Diess geschieht 
aber so: schon in der sinnlichen Wahrnehmung selbst werden die 
einzelnen sinnlichen Eigenschaften, also die relativ allgemeinen Be- 
stimmungen, welche der Einzelsubstanz anhaften, unterschieden b 'j; 
aus der Wahrnehmung sofort erzeugt sich mittelst des Gedächtnisses 
ein aligemeines Bild, indem dasjenige festgehalten wird, was sich in 
vielen Wahrnehmungen gleichmässig wiederholt, und es entsteht so 
zunächst die Erfahrung, weiterhin, weun viele Erfahrungen zu all— 
1) An. poat. I, 16. 
2) An. post. I, 18. 31, b, 6: tüv x«6" Ixaerov f, «Toi»]««- Dasselbe oft, i. B. 
An. post. I, 2 (b. o. 188, 2). c, 81, Anf. Phys. I, 5, Schi. De in. HI, 5. 417, b, 
2S. 27. Metaph. I, 1. 981,«, 16. 
S) De an. III, 8,8. 3. 183, 2. 
4} Ad. poat. I, 31, Anf.: oiät Si' aloOrjmcu; eoriv iitloiaaBai. s! yap xai fotw 
', suaOr,(T!( toü TOioüSt xal pj) toSSe* tiVOf (nur das t6Si aber ist Einzelsub- 
stans; oOSiv oi)|ia.LVEi TÖv xotvij xsmrropouuivwv tÖSe ti äiXi TOiävSt, Metaph. VII, 
13. 1039, a, 1 ; Weiteres nuten), i\V i?<iSgv(t>e<i{ -,e önc-rx«tov ti&t ti xb\ nuü xot 
ö». xo & xaß6Xav xai fei nämv äfiivarov xMavEiÖ«. oi3 T äp t<S6e oüfie vSv. II, 19. 
100,4, 17: «faflivctai jiiv tö xa6' ßtoorov, I, 8' aftj&i^i; roB xjOoXou eViv, 
tfo* cnSpiünou, akV ai KaXÄia av8ptijKiu. Vgl. weiter De an. II, 12. 424, a, 21 ff. 
• Phys. I, 6. 189, a, 5. Den Sinn dieser Stellen, und ihre Uebereinstimmung mit 
du sonstigen Lehre des Aristoteles, deren Herstellung noch Hktdkr (Vergl. der 
AristoteL und Hegel*echeij Dialektik I, lGOff.) zu viel zu schaffen macht, wird 
dss im Text Gesagte darthnn. 
5) De an. III, 2. 426, b, 6 ff. Daher wird die aleflijjij An. post. II, 19. 99, 
b> 35. Tgl. De an. III, 3. 428, a, 4. o. 9, Anf. eine Biivxps uiiu-putos xpraxi, ge- 
JignizBdby Google 
140 Ariitotelei. 
gemeinen Sätzen zusammengefasst werden; die Kunst und die Wis- 
senschaft '); bis man am Ende zu den allgemeinsten Gründen ge- 
langt, deren wissenschaftliche Erkenntniss desshalb (s. u.) nur durch 
die methodische Nachbildung desselben Verfahrens, durch die In- 
duktion möglich ist. Während also Plato dadurch zur Idee hinführen 
will, dass er den Blick von der Erscheinungswelt abkehrt, in der 
seiner Meinung nach höchstens eine Abspieglung der Idee, nicht 
diese selbst, angeschaut wird, so besteht nach aristotelischer An- 
sicht die Erhebung zum Wissen vielmehr darin, dass wir zum All- 
gemeinen der Erscheinung als solcher vordringen; oder sofern 
beide die Abstraktion vom unmittelbar Gegebenen und die Reflexion 
auf das ihm zu Grunde liegende Allgemeine verlangen, so ist doch 
das Verhältniss dieser Elemente hier und dort ein verschiedenes: 
bei dem Einen ist die Abstraktion vom Gegebenen das Erste, und 
nur unter Voraussetzung dieser Abstraktton halt er ein Erkennen 
des allgemeinen Wesens für möglich, bei dem Andern ist die Sich- 
tung auf das gemeinsame Wesen des empirisch Gegebenen das Erste, 
und nur eine notwendige Folge davon ist es, dass vom sinnlich 
Einzelnen abstrahirt wird. Aristoteles nimmt desshalb auch dio 
Wahrheit der Sinneserkenntniss gegen Plato und seine Vorgänger 
in Schutz : er zeigt, dass trotz ihrer Widersprüche und Täuschungen 
doch eine richtige Wahrnehmung möglich sei, und trotz ihrer Rela- 
tivität die Wirklichkeit der Dinge, die wir wahrnehmen, sich nicht 
bestreiten lasse, dass überhaupt die Zweifel an der sinnlichen Wahr- 
nehmung nur von mangelnder Vorsicht in ihrer Benützung herrüh- 
1} Anal. post. II, 19. 100, a, 2: rx [*b oSv afofojoeio; -flvcrat [*vij[ii), &oKtp 
Xe^ojaev, ex 81 p.vjjp.-n; ToXk&xit toü eötaü VN0|*4nK Ijixapfs* at -jap xoU« |urij[M{ 
icj> äpiOfitj) Ijixticla jii« eWv. ex 3' ipriEipi«! Jj ex jt«vtÖ( ^psjujitivTo; io3 xatWXou 
£v T7) 'J'UJtTii t0 " ^ v ' 01 na P* "t* toXXä, ? «v it iicaatv Iv ävij IxEivotc t'o ttütb, t^[v>]t 
äpxf) »oft fatemjjMjc, liv jiev 7cepl fEVEaiY, tfyyil, i&i Be tsp\ tb Bv, ämir)[jja](. Me- 
tapb. I, 1. 980, b, 28: Y17VET01 3' ix Tvjf |iv^p.rj( J|ircaip[« tert; ivflpi&noif cd fäp 
jroXXil [ivijp;«i to5 aJ^oü npifp-atoj |«äc, E'u.ireipiat BJva[iiv inoTEXoÜai» äjcoßa£vii 
B' teionjfiTj xa\ t^(¥t| Sia -rij; ^Eipiat to1( ävflpÜTUo« fivena Bt re^ii], Siav ex 
jcoXXwv tij( spneipia; ivw^ilnaiv p[i x«8(5Xqij -jivr^m mp 1 ! ttüv Suoiiuv S?roX>$i;. "tö 
jiiv fip e^iiv fijciiX7]iiv 011 KaXXf« xifivom T)]v8\ tJ]V vioov toSI auvifvrfXE xal Ew- 
xpa-rai xa"t xiflExaaTov oBtiu noXXof(, Jp-Ttsipia; iVtiv ■ To 8' Bti ttäai ro« toKitoS» x(rt' 
E"ßio( Iv a^optiBtfai, xapvoutri i)]v8\ tJjv vdoov, ouVTJH-ptEV, . . . t^XW]C. An denselben 
Orten findet sich auch das Weitere. Phyi. VII, 3. 247, b, 20; ix ^ip Tijt xatä 
[lipot Ep.^Etpi»; rijY xaS6Xou XajAßävofitv ethtdjptjv, 
i „Google 
Entstehung äea Wissens. 141 
reu '); ja er behauptet sogar, die Wahrnehmung führe uns für sich 
genommen niemals irre, erst in unsern Einbildungen und unsern 
Urtbeilen seien wir dem Irrthum ausgesetzt *)• Die Sinnestäu- 
schungen will er aber desshalb freilich nicht läugnen, er glaubt nur, 
dass nicht unsere Sinne als solche daran schuld seien -. das Eigen- 
thümliche, sagt er, was jeder Sinn wahrnimmt, die Farbe, den Ton 
u. s. f. stellen sie immer oder fast immer getreu dar; eine Täuschung 
entstehe erst in der Beziehung dieser Eigenschaften auf bestimmte 
Gegenstände und in der Bestimmung dessen, was nicht unmittelbar 
wahrgenommen, sondern nur aus dem Wahrgenommenen abstrahirt 
werde s ). 
Diesen Ansichten über die Natur und Entstehung des Wissens 
entspricht nun die Richtung der aristotelischen Wissenschaftslebre, 
der Analytik. Die Wissenschaft soll die Erscheinungen aus ihren 
Gründen erklären, welche näher in den allgemeinen Ursachen und 
Gesetzen zu suchen sind. Ihre Aufgabe ist mithin die Ableitung des 
1) Metaph. IV, 5. 6. 1010, b f. De an. III, 8. 428, t>. 
2) Da an. 111, 3. 427, b, 11 : fi [ib T ip aTa6»]9« tßv !8&™ at\ ilrßfa xoifc jsä- 
<m hicitffßi idtt tijioft, Stovofioflat 8' hiifttai xal ^«utßc *al oboeii inip^si 5 ji)j 
ulM T oj. Ebd. 428, a, 11: al |iev (die ahW.xii) ahfifti ottt, af 8s tpavraaiai -fi- 
wt« x\ Tzlda-A ^EuSei!. Aehnlich c 6. 418, a, 11 ff. MeUph. IV, 5. 1010, b, 2: 
oiB' Jj o"io0i]mt iji£uSJ]i toü Wm &itv, äXX' f| yavtaofa oä Toürbv tjj «faBifoEt, 
3) In diesem Sinn erläutert Arial. selbst Beinen Satz. De an. III, 3. 438, 
b, 18: fj dUhptt twv [liv SSfav älijöii; tarn Jl Eti Üfyia-rov 'X ouob ™ ^säBat. Se>- 
npw 81 toö o-jIiSeBjjxSv«! Tsüw xa'i t^aüBa JJStj euS^trai Bw^tllBuSst' oti |iiv fäp 
W'av, oü <{>ei{$«t«, t-t Si toBto •» leuxfev , j) äUo ti (ob das Weisse E. B. ein 
Tuch oder eine Wand ist), ifEiiS««. Tpitov Se tüv xomfiv xal IjcafiEvuiv toic. ijuu.{Se- 
^xioiv, olf iiripx. 51 T " "Sia- lE'yw B' ofov xlvr^i; xsl ja^eSos, 1 au[i£lE'ß7jxE Tdl( a!u- 
^Nit, jiipi ä [löÄiJr« ijBj) ettiv ananjBijvai xa-ri rJ,v a'ofliiow. (Ueber diese xoiva 
fgL auch De Benin c 1. 437, a, 8.) Mctaph. IV, 5. 1010, b, 14.- auf die Aus- 
ixgen jedes Sinns können wir uus innacbst nur in Betreff seiner eigenthiim- 
lichen Gegenstände verlassen, auf die des Gesichts in Betreff der Farben u. s. 
"■ luv [«Io9t(oe(ov] ex&otj] eV t& airö XP^vtp Kt ? 1 t0 "^to oüBejiots' ^ijuiv ä[is oütw 
in oi]f o&twc e^eiv. 41X' oiSe" £v eitpr|> XP^ V ¥ "'P 1 T0 tä8o( jjjj.sußifosev, äXXä 
«fi tb $ ouj»jMBj]x* tb «48*4. Derselbe Wein kann uns einmal süsi ein ander- 
rasl nicht süss schmecken; aXX' oi ts ff -fÄuxü oTöv £rav Brav tj, oiBsjcümoTt 
P^Paln, sXl* at\ äXijBEiin rrepl «ütoU xa'i tatw äS ävayxi]; tb faö[iEvov fWb toi 7 
sütov, Die Wabmehmung zeigt uns zunächst, wie scbon S. 139 bemerkt 
*nrie, nur gewisse Eigen schatten; die Subjekte, denen diese Eigenschaften 
"»kommen, werden nicht unmittelbar und ausschliesslich durch die Wahi- 
Mlunnng bestimmt, and ebensowenig die Eigenach aften, welche ans den wahr- 
gßwmmenen etat erBohloiaen werden. 
i „Google 
142 Aristoteles. 
Besonderen aus dem Allgemeinen, der Wirkungen ans den Ursachen, 
oder mit Einem Wort, die Beweisführung, denn in dieser Ableitung 
besteht eben nach Aristoteles der Beweis. Aber die Voraus- 
setzungen, von denen die Beweise ausgehen, lassen sich nicht wie- 
der auf demselben Weg finden; ebensowenig sind sie aber unmit- 
telbar, in einem angeborenen Wissen, gegeben; nur von den Er- 
scheinungen aus können wir zu ihren Gründen, nur vom Besonderen 
zum Allgemeinen vordringen. Diess kunstmässig zu leisten, ist 
das Geschäft der Induktion. Der Beweis und die Induktion sind 
demnach die zwei Bestandteile des wissenschaftlichen Verfahrens 
und die wesentlichen Gegenstände der Methodologie. Beide setzen 
aber die allgemeinen Elemente des Denkens voraus, und können 
ohne ihre Kenntniss nicht dargestellt werden. Aristoteles lasst dess- 
halb der Lehre vom Beweis eine Untersuchung über die Schlüsse 
vorangehen, und im Zusammenhang damit sieht er sich genöthigt, 
auch auf das Unheil und den Satz, als die Bestandteile der Schlüsse, 
naher einzugehen. Zu ihrer selbständigen Bearbeitung kam er aber, 
wie bemerkt, erst später, und auch da blieb dieser Theil der Logik 
ziemlich unentwickelt. Noch mehr gilt diess von der Lehre vom Be- 
griff 1 ). Nichtsdestoweniger müssen wir mit der letzteren beginnen, 
um von da zum Urtheil und weiter zum Schluss fortzugehen, da die 
Erörterungen über diesen doch immer gewisse Bestimmungen über 
jene voraussetzen. 
Mit dem Aufsuchen der allgemeinen Begriffe hatte die Philo- 
sophie in Sokrates jene neue Wendung genommen, welcher nicht 
aHein Plato, sondern auch Aristoteles, im Wesentlichen gefolgt ist. 
Hieraus ergiebt sich von selbst, dass er im Allgemeinen die sokra- 
tisch- platonische Ansicht von der Natur der Begriffe und der Auf- 
gabe des begrifflichen Denkens voraussetzt 3 ). Aber wie wir ihn in 
seiner Metaphysik der platonischen Lehre von der selbständigen 
Wirklichkeit des Allgemeinen, was im Begriffe gedacht wird, wider- 
sprechen hören werden, so findet er, im Zusammenhang damit, auch 
für die logische Behandlung der Begriffe einige nähere Bestim- 
mungen nothwendig s ). Hatte auch schon Plato verlangt, dass bei 
1) Vgl. 8. 180 f. 
2) Vgl. 8. 109 f. 115 f. 
3) M. vgl. zum Folgenden: Kühn De noHonii dtfinitüme quid, AritU con- 
itituerü. Halls 1844. Bamow Aritt. De notionit definitione doctrfaa. BerL 1843. 
De* Begrlft 143 
der Begriffsbestimmung die wesentlichen, nicht die zufälligen Eigen- 
schaften der Dinge in's Auge gefasst werden ') , so hatte er doch 
zugleich alle allgemeinen Vorstellungen zu Ideen verselbständigt, 
ohne dabei die Eigenschafts- und die Substanzbegriffe genauer zu 
sondern 1 ). Aristoteles thut diess, da ihm eben nur das Einzelwesen 
für eine Substanz gilt (s. u.). Er unterscheidet nicht blos das Zu- 
fällige von dem Wesentlichen r j, sondern auch innerhalb des letz- 
tem das Allgemeine von der Gattung und beide von dem Begriff 
oder dem begrifflichen Wesen der Dinge 4 ). Ein Allgemeines ist 
alles, was mehreren Dingen nicht blos zufälligerweise, sondern ver- 
möge ihrer Natur gemeinschaftlich zukommt s ). Ist dieses Gemein- 
same eine abgeleitete Wesensbestimmung, so ist das Allgemeine ein 
Eigenschaftsbegriff, es bezeichnet eine wesentliche Eigenschaft*); 
1) 8. late Ahthlg. 8. 391. 
2) Ebd. 442 ff. 
3) lieber den Unterschied des au[ipEß(]xb; von dem x«8* o-jto Tgl. m. Anal, 
pwt I, 4. 73, a, 34 ff. Top. 1,5. 102, b, 4. Metaph. V, 7. c. 9, Anf. o. 18.1022, 
a, 24 ff. c. 30. 1025, a, 14. 29. c. 6, Anf. Waitz zn Kateg. 5, b, 16. Anal. post. 
11, b, 10. Diesen Stellen infolge kommt einem Gegenstand alles das xafl' zfcb 
in, nag mittelbar oder unmittelbar in seinem Begriff enthalten ist, xat« 9U[iße- 
ßijib; dasjenige, was nicht aus seinem Begriff folgt; zweibeinig zu sein z. B. 
kommt dem Menschen *afl' a&tb zu, denn jeder Mensch als solcher ist diess, 
gebildet zu sein, xaii ou[ißtß7ixo'j. Bin oufißEßrjxbt ist (Top. a. a. O.) 8 ^vSe^ctbi 
hip/fa Sujiouv bt\ xa\ Tiii «ütO xa\ JJ.J] Mfffftr. Was daher xaB' aSti von einem 
Ding aasgesagt wird, gilt von allen unter diesen Begriff fallenden Dingen, was 
i. pj!i[}Eßi|xb(, nur tou einzelnen, and desshalb sind alle allgemeinen Bestimman- 
gen ein x«B' etfiro, Metaph. V, 9. 1017, b, 35: ti -jap xaflolou xaB' afrri finapx«, 
■A 81 auußtßijxdto oO xo6' «faä ÜX ist twv xafl' fxiora önXffif Wt*™'- Vgl. Anm. 
S- lieber die sonstigen Bedeutungen und die metaphysischen Gründe den ouu.- 
?'4',> r 'i wird spBter, in der Metaphysik zu sprecheu sein. 
4) So Metaph. VII, 3, Auf.: unter der oäata pflege man viererlei zn Ter- 
sieben: t'o xi )[y tlvai xai tb xaBöXou »A tb YEVQt... xa\ TE'tapxov toJtiov xb SnoxEi- 
|WW. 
5) Anal. post. I, 4. 73, b, 25: xafldXt« 81 Wyö> 8 av xari Jtavräf te SitipXI 
«" xoft* airä xoä Jj aJ-rf. f avtpbv äp« Bti Boa xaBilou t? ävirx»]4 oicspx« tdf( Kpii- 
?&>». pirt. an. I, 4. 644, a, 27 ; rä Bl xaWXau xoivi - ta Y«p JtXrfomv Sjcap^ovia 
«»Bttou X^oo-Ev. (Ebenso Metaph. VII, 13. 1038, b, 11.) Vgl. vorletzte Anm. 
6) Eine solehe wesentliche Eigenschaft nenntArist. ein xaO' aätb fijripjfov, 
ein äABoj xaB' aütb, oder ouu.ßeß>]xb: xaO' <&■&, indem er im letzteren Fall unter 
dem cuiißEßijxb;, von dem vorhin erörterten Sprachgebrauch abweichend, Ober- 
haupt das versteht, 8 aup-Satvet Ttvt, die Eigenschaft; Tgl. Metaph. V, 80, Schi. 
«■ 1. 1017, «, ». in, l. 695, b, 18. 26. o. 3. 997, a, 25 ff. IV, 1. IV, !. 1004, 
144 Aristoteles. 
ist es das Wesen der betreffenden Dinge selbst, so wird das Allge- 
meine zur Gattung ')- Treten zu den gemeinsamen im Gattungs- 
begriff enthaltenen Merkmalen noch weitere gleichfalls wesentliche 
Bestimmungen hinzu, durch welche sich ein Theil dessen, was unter 
ihm befassfist, von dem übrigen in derselben Gattung Enthaltenen 
b, 5. VI, 1. 1035, b, 13. VII, 4. 1029, b, 13. Anal, post, 1, 33. 88, b, 11. 19. e. 
4. 73, b, 5. c. 6. 75, a, 18. c. 7. 7G, a, 42. Pbys. J, 8. 188, b, 18. II, 2. 193, b, 
36. c. 3. 195, b, 13. III, 4. 308, b, 33. De an. 1, 1. 402, b, 16. Ehet. I, 2. 1355, 
b, 30. Wutz zu Anal, post. 71, b, 10. TBBar.Ei,BMBBHo De an. 189 f. Busin 
zuMetapb. 1025, a, 30. 
1) Top. I, 5. 103, a, 31: Y>ot G' Seit t'o xctiä jOuivu* mit Stafcpdvrtav Ttf 
iTBsl ev tu ti fori xaT>iYopoii[uiov. «v cip tl im St x«T|TOpßo0jn taroniJT» Xsvirfii), 
5ai ipfiirtEi aitoSoEvat (paiTnBfYts tl Jon TÖ nfOiEi|i£vov (s. B.boi einem Menschen; 
ti bflj C&qv). Metapb. V, 28. 1024, a, 36 ff., wo unter den verschiedenen Be- 
deutungen von fivoi angeführt wird: to &Jtoxtfjitvov Ta1( Btapopilj, To ItpÖTO» 
iwr.äp-jm 8 Mrerat iv ifli t( Jon... o5 Smyopoi XryovTat at ico(dTi)Ti;. (Dasa diese 
beiden Bescfa reihungen auf dieselbe Bedeutung des vivo( gehen, zeigt Bobitz 
z. d. St.). Ebd. X, 3. 1054, b, 30: Urinu 3i Ytvo( 3 öu^tu t*uto Uyovrsu xorä 
lijvouoiav TäBiifopsuX,8. 1057, b, 37: t'o f»p toioÜtov yevo« koXüJ, $ iiupoi Iv tiuto 
Xs^etcu, jj.j) xaici TV|ifießj]xb( txov Bwpopiv. Top. VII, 2. 158, a, 17: xaxi]Yop<*ra' 
S' ev Tiji r' Iva t« ye'vt; xak ai SiB^opai. Jedes -tvo; ist mithin ein xnBiXou, aber 
nicht jedes xaBoXou ein yevos, Tgl. Metaph. III, S. 9B8, b, 17. 999, a, 21. XII, 
1. 1069, a, 27 n. a. 8t. mit I, 9. 992, b, 12. VII, 13. 1038, b, 16. 35 f. Bon-rx 
z. Metaph. 299 f. Auf den Unterschied der Gattung von der Eigenschaft be- 
zieht sich tbeilweise auch die Bestimmung (Kateg. c 3. 1, a, 30 ff. c. 5) dasa 
Alles entweder 1) xaB' inoxEifiEvou tivo; X/yetou, ev inoxEiptvii] Sc ouSevt eVnv, 
oder 2) iv orroxEi^vid jisv faxt xaB' unoxtipivou 8i oi&eiai Mtetm, oder 3) xaB' 
Siiqxeiiiivqu te Xe^etsi xai it iircoxtHjivu ioriv, oder 4) oflt' iv äitouinÄbi rättv oüte 
xafi" SnoxEijie'vdu Xe-retai. Wenn nämlich die vierte von diesen Klassen die Ein- 
zelwesen umfasst, so sind mit der ersten die Gattungen, mit derselben aber 
auch (o. 5. 3, a, 21) die artbildenden Unterschiede, mit der zweiten die Eigen- 
schaften Thätigkeiten und Zustände, überhaupt also die au|*&£ßt]xdTa beaeich- 
net; in die erste gehört der Begriff des Mensohen, in die zweite der Begriff der 
Grammatik, in die vierte der Begriff des Bokrates. Zugleich kommt aber das 
Unsichere der ganzen Eintheilung in der Bestimmung der dritten Klasse nun 
Vorschein, denn wenn es Begriffe gibt, welche zugleich xaB' ijroxEipivou and t* 
Snaxeipvu prfidicirt werden, d. h. Gattungs- und Eigens ehaftsbegriffe zugleich 
sind (als Beispiel nennt A. den Begriff der Wissenschaft, welche in der Seele 
als ihrem Snoxtijuvov sei und von den einzelnen Wissenschaften pradicirt wer- 
de), so verhalten sich die Gattungen und Eigenschaften nicht als coordinirte 
Arten de« Allgemeinen. Wie unsicher die Grenze zwischen Gattung*- und Ei- 
gen Schafts begriffen ist, wird sich an* auch in der Lehre von der Substanz 
(Kap. 6, 1) ergeben. 
Sqil.ariBy G00gle 
Der B.grift 145 
unterscheidet, so entsteht die Art, welche demnach aas der Gattung 
und den artbildenden Unterschieden zusammengesetzt ist *)- Wird 
endlich ein Gegenstand auf diesem Wege durch seine sammtliehen 
unterscheidenden Merkmale so bestimmt, dass diese Bestimmung als 
Ganzes auf keinen anderen Gegenstand anwendbar ist, so erhalten 
wir seinen Begriff *). Der Gegenstand des Begriffs ist mithin die 
1) Metapb. X, 7. 1057, b, 7: li y*p *<* ^fa•ut ut töv Biofopüv tä liäi] 
(die Artbegriffe schwarz nnd weiss z. B. entstehen, wie im Folgenden erläutert 
wild, uns dem Gattungsbegriff 'fP''V-' na & den unterscheidenden Merkmalen 
StucptTtxb; und aufxfaaläi : das Weisse ist das xp^f" BiaxpiTixb», das Schwarze 
du Xp&|J-a ovyxpmxiv). Top. VI, 8. 140, a, 26; Sil 70p tb p.iv f^M «ro töv 
äUuV ^wffijsiv (der Gattungsbegriff unters oiieidet das zu Einer Gattung Ge- 
hörige von allem Andorn) T^v Gl 6«Ef opiv «td tivu( ev itj» aäiu ftei. Ebd. VI, 
6. 143, b, 8. 19. (Weitere Beispiel« über den Sprachgebrauch von Bureopä giebt 
Waitz Arist. Org. I, 279.) Diese Unterscheidungsmerkmale der Arten nennt 
Arial. Sutf opä (I6oiK»b( (Top. VI, 6. 148, b, 7.) Von andern Eigenschaften an 
toracheidet er sie dadurch, das» sie zwar von einem Subjekt prftdicirt werden 
M' üjtox£i[iivoü X^-oviai), aber nicht In einem Subjekt seien (Jv fiiwxeiuAui oux 
[In], d. h. sie subsistiren nicht in einem solchen Subjekt, das tot ihnen da 
wBre oder unabhängig von ihnen gedacht werden könnte, sondern in einem 
solchen, welches nur durch sie dieses bestimm tu Subjekt ist, sie sind nicht 
acc iden teile , sondern Wesensbeetünmungen (Metapb. VII, 4. 1019, b, 14.1030, 
a, 14. Top. VT, 6. 144, a, 94: oi6ä[i(a vip Sitttpopi tüv xati oiut{l«fij|xaf üjcap- 
XÜHT'UV (aii, xaBöxap oü£l ro v/voc oi yop EvSiyrtai ri)v Sii^jpav ÜTtap^siv tivI xei 
jtf, iTiapxE"), sie gehören zum Begriff des Subjekts, Ton dem sie ausgesagt wer- 
den, alles daher, was in ihnen enthalten ist, gilt auch to& den Arten nnd den 
Einzelwesen, denen sie ankommen. (Kateg. c 6. 3, a, 31 ff. b, 6.) Es kann 
dessbalb Ton ihnen gesagt werden, dass sie (zusammen mit der Gattung) die 
Substanz bilden (Metapb. VII, 12. 1038, b, 19 Tgl. folg. Anm.), dass sie etwas 
Substantielles aussagen (Top. VII, 2. e. o. 144, 1); sie selbst jedoch, für sich 
genommen, sind nicht Substanzen , sondern Qualitäten, drücken nicht ein tf, 
sondern ein soiov n ans (Top. IV, 2. 122, b, 16. 0. 6. 128, a, 26. VI, S. 144, a, 
18. 21. Phya. V, 2. 226, a, 27. Metapb. V, 14, Anf.) Der anseheinende Wider- 
sprach dieser beiden Beetimmungen, welchen TRBBDBLiHBcao Hist. Beirr, z. 
Phil, i, 66 f. Bositz e. Metapb. V, 14 hervorheben, wird sich in der angedeu- 
teten Weise heben lassen; vgl. Win« a.a.O. Wie die Arten, so unterscheiden 
sich auch die Gattungen durch gewisse Merkmale von einander; dies« beisaen 
0107000- -rtvuti] (Top. I, 4. 101, b, 18). 
2) Anal. poat. II, 13. 96, a, 24: Manche Eigenschaften der Dinge kommen 
auch noch anderen zu derselben Gattung gähürigen zu. Tä Si) TOiaSra Jupwew 
(bei der Begriffsbestimmung) uiy 1 tojrou, tun Toaaür« X>j(p&jj jtpwtov, uv fiasto* 
uh ixt nXsfov £xa0$n (auch noch Anderen zukommt), fijtavwi 61 |ii| ht\ nliitv 
twJtijv yIo auaYxn oooictv iTwu tob jcpaYuatoj, waa dann im Folgenden weiter et- 
Pssks. 4. Gr. IL Bd. X. AMh. 10 
loogle 
fjf Aristoteles, 
Substanz, and «war getaner die bestimmte Substanz oder dal eigen- 
thämlicbe Wesen der Dinge '), nnd der Begriff selbst ist nichts an- 
Uotert wird. Ebd. 91, a, IS: den Begriff (J.d T o( Tijt oiiofa;) eines gegebenen 
Gegenstands erhalt man, trenn m«n die Gattung in ihre Arten zerlegt, ebenso 
die Art, welcher er angehört, in ihre Unterarten, and damit so lange fortfahrt, 
bis man zu dem kommt, uv jmjxeti t<r& Sia&opä, d. h. was in keine weiteren ent- 
gegengeeetsteu Arten , von denen der fragliebe Gegenstand der einen oder der 
anderen angehorte, lerfallt. (Ueber die sachliche Haltbarkeit dieser Sitae vgl. 
Boam Artet. kfetaph. II, S46, 1.) Hetaph. VII, 12. 1087, b, 29: oä8iv fäp f=pf> 
äariv ev iö iot(T[iiü ffM)v td te xpütei Xrjo'uavov yivoi i«i cd Siafopai (oder wie es 
1 OBS, a, 8 heiiat; o opi;fuLä( je/rre & ix -tu* Sia^opü» lävo?}. Die Gattung wird in 
ihre Arten, diese in ihre Unterarten getheilt and hierin so laiige fortgefahren 
tau Sv jAUt] sk tci oeiaeope. (ebd. Z. 10), und da nun hiebe! jedes folgende Un- 
terschei dun gern erkmal das TQrangehende in sieh achllesat, (das Sdiouw %. B. du 
iitdnou*) , die «wischen der Gattung nnd der untersten Artbestimmung liegen- 
den Zwischenglieder mithin in der Definition nicht wiederholt an werden brau- 
chen (Tgl. suoh pari. an. I, 3, Anf.), so folgt (Z. IS. 1038, a, 28), on fj tsXiutiii 
flratpopi 5] oiloin tsS np&y[uiTo{ fovu xat & Sptu|idi : wobei aber unter den Ttleut*!» 
Bia^opä nicht blos das letste speeifische Merkmal als solches, sondern der durch 
dasselbe bettintmte Artbegriff au Terstehen ist, welcher die heberen Arten nnd 
die Gattung in sich begreift 
1) Zar Bezeichnung dieses im Begriff Gedachten bedient sich Aristoteles 
verschiedener Ausdrücke ; ausser säaia und iföo;, tou denen in der Metaphysik 
weiter su sprechen sein wird, gehört hieber namentlich das ifcai mit beigefüg- 
tem Datir (s. B. to ävBpctaru crWi und dgl., to iv\ tlyai to äBuupenp eVctv itm 
Hetapb. X, 1. 1062, b, 16) und to ti tJv tftac. In dem ersten von diesen iwei 
Ausdrücken wird der DatiT possessiT in fassen sein, so daas rs üvOpomui itw 
so Tiel ist als : to ifvai toüto 8 ^erav ivOptörai, das dem Menschen elgenthfimlicheSein. 
Derselbe Sprachgebrauch scheint aber auch dem tb -.i ^v ütcu in Grunde «n 
liegen, welches gleichfalls gewöhnlich mit dem DatiT (tb tf J[v tbeu ttv6päau 
n. b. w.) construirt wird. Dsan kommt dann aber der mgenthürnliche Gebrauch 
des Imperfekta, welches wohl ähnlich, wie unser „Wesen", dazu dienen sott, 
dasjenige an den Dingen cd bezeichnen, was nicht dem Moment angehört, son- 
dern in dem ganten Verlauf ihres Daseins sich als ihr eigentliches Sein hef- 
knegestellt hat, das Wesentliche im Unterschied von dem Zufälligen nnd Vor- 
übergehenden. Tb tf tJv ibat »Bpi&xty bedeutete demnach eigentlich: dasjenige 
was für den Menschen sein eigentliches Sein war, das wahre Wesen des Men- 
schen, das an ihm, waa auch die npr&ri] ofietaBic* ix&aTta genannt wird (Metsph. 
VII, IS. 1038, b, 10. VII, 7, s. u. VII, 5, Sohl.). Dies* ist aber nur sein ideell« 
Wesen, dasjenige, was wir denken, wenn wir von dem Zufälligen seiner Er- 
scheinung und dem Stofflichen, worauf diese Zufälligkeit beruht, absehen; 
Tgl. Hetaph. VII, 7. 1032, b, 14: X£ro> S' ooeiav «wo SXttf to ti ^v tiW EM. 
XII, 9. 1076 , a, I : M |ikv tSv nonjnxöW övtu BXi); f\ oWa xsit tö ri rjv tüvai (m. 
Tb TtpäflAi Jon), u. 8. 1074, a, 35: Ti es tl Jjy anw ofa S^ti QXrjv -rbitpütev- Arn- 
Dar Bafrlff. 147 
deres, als der Gedanke dieses Wesens 0; dieser könnt aber da- 
liyje.LBL v&p. Das t. t. ?,. il fällt daher mit dem iTSos zusammen; Metaph. TU, 7, 
1032, b, 1: tföoc Bl Xifw tb ti fy cTmu Ixirtou xsl vi)* xf-umv oäuiaw. c 10. 1085, 
b, 32 : tföoj El Xtyeu tb ti Jjv «Trat. Phy«. II, 2. 19*, a, SO: to5 iTBout x«1 toü ti 
rjv eTvhi. Ebd. c 3. 194, b, 36: eine der vier Ursachen ist tb clSg« xal Tb «api- 
Setfi&si' Touro 8' srulv i X6yoc ' ™" T ' ^ v *^ I " M *"* T * toJtou t&m, du Gleiche, 
wm Arial. Metaph, I, 8. 963, a, 37 "V oüoi» xot w t( fy bTvoi sugleich aber 
noch TÖv Xdrov nennt, nie denn Oberhaupt alle diene Ausdrücke bei ihm be- 
ständig wechseln. Vgl. s. B. De an. II, 1. 413, b, 10, wo oioisi f| xati tov 16-^o-t 
durch tb b i[v tlvsi erklart wird. Metsph. VI, 1. 1026, b, 38: in ti fy sTv« aal 
tb* Xoqrov. VII, 6. 1030, b, 36: tb t. ij. tt x«l 6 ipimief (ähnlich part. au. I, 1. 
643, s, 26 vgl. Phy*. II, I a. a. O.). Etil. N. II, 6. 1107, », 6: xara pl* f*» 
r.üainv im tbv Xivoy tbv ti t|v sTvs; Xc^ovroi. Zu dem einfachen ti fori verhalt sich 
du ii ijv sTvat, wie da* Besondere and Bestimmte iura Allgemeinen and Unbe- 
stimmten. Während daa tir[v (Tvst nur die Form oder das eigentümliche Wesen 
eines Dings bezeichnet, kann anf die Frage: ti fariv; auch durch Angabe dej 
Stoffs oder des aus Stoff und Form Zuaammcngese taten, ja selbst einer blossen 
Eigenschaft geantwortet werden; und auch wenn sie durch Angabe der begriff- 
lichen Farn beantwortet wird, mues die Antwort nicht nothwsndig den ganzen 
Begriff der Sache' umfassen , sondern sie kann sieh auch auf die Gattung oder 
andererseits auf die Artunterschiede beschränken (den Nachweis giebt Schwel- 
le* Arist. Metaph. IV, 375 ff.]. Das ti ^v cTvm ist mithin eine bestimmte Art 
des ti i/rn (daher De an. III, 6. 430, b, 28: wü t! &m <ni tb t£ JJi (bat, das 
Sein nach der Seite des Wesens), und ei kann deasfaalb dieses, wie diese bei 
Arist. sehr häufig ist, in der engeren Bedeutung des tl tJv iTvni gebraucht wer- 
den, wogegen das letztere niemals in der umfassenderen des ti s<ni steht, an 
dies ea auch den Stoff oder die blosse Eigenschaft oder das Allgemeine der 
Gattung, abgesehen von den artbildenden Unterschieden, bezeichnete. Ebenso 
verhält sieb auch das t1»«t mit dem Dativ sn dem tTvai mit dem Accnsativ, Tb 
Xeuxi« (Tvw bezeichnet den Begriff des Weissen, tb Xeuxbv tTvai die Eigenschaft, 
weiss zn sein. Vgl. Schwbolee a. a. O. 370. Phya. III, &. 304, e, 28 u. a. St. — 
Die Formel tb tl J[v tJvai hat ohne Zweifel Aristoteles aufgebracht: wenn sieb. 
Btilpo wirklieh ihrer bedient hat (s. Ite Abtfa. 194, 4), so wird er sie von ihm 
entlehnt haben. Auch das blosse t; f|v hat schwerlich schon Antisthenes zur 
Bezeichnung des Begriffs gebraucht; aus dem wenigstens, was Ite Abtb. 310, 1 
angefahrt wurde, folgt diess nicht. — Ausführlich handeln über das ti vjv (hat 
und die verwandten Ausdrücke: Tbendklesbuiiq (der diesen Gegenstand morst 
gründlich untersucht hat), Kbein.Mus. v. Niebuh r undBrandisÜ (1838), 4M«, 
De auima 192 ff. 471 ff. Eistor. Beitr. I, 34 ff. Schwebleb, a. s, O. 369 «. und 
die ven ihm weiter Angeführten. 
1) Anal. post. II, 3. 90, b, 30. 91, a, 1: SpMpof. piv top top t( ion xsa oäoiac 
... 4 |tsv oSv &pioub( ti&tt Bt ( 1ou Ebd. II, 10, Anf,: Spiajib( ... Xfjstat iTvat 1.6-joi 
tsö ti hm. (Dasselbe ebd. 94, a, II.) Top. VII, 5. 164, a, 81: ipwpo; am Xfi^oj 
ö ti ti ?[* srVM artf.oJ.vtav. Mutapb. V, 8. 1017, b, 21: tb ti fy ifvai öS o Xsvof 
10* 
. , ,Google 
118 Aristoteles. 
durch zu Stande, dass das Allgemeine der Gattung durch die sämmt- 
lichen unterscheidenden Merkmale näher bestimmt wird 1 ). Du 
Wesen der Dinge liegt aber nach Aristoteles nur in ihrer Form 0; 
nur mit dieser hat es daher der Begriff zu tonn, von den sinnlichen 
Dingen als solchen dagegen lässt sich kein Begriff aufstellen *), und 
ipiouös, xot toGto ofak U^nst borau. Ebenso VII, 4. 1030, a, 6 Tgl. Z. 16. 1, 
4. c. 0. 1080, b, 26. part. an. I, 1. 642, a, 35. AriaL bezeichnet desahalb da 
Bogriff (im subjektiven Sinn) auch mit den Ausdrücken: i Xd-yoc & opEE«" dp 
oüafav (part od, IV, 5. 678, a, 34), h Ufa-, ö -ri itrti X^on (Metaph. V, 13. 1030, 
a, 18) and ähnliche. (Aöf «( oder Xivoj rrj; oüiiif steht aber auch, der objekti™ 
Bedeutung ron Xtfros entsprechend, für die Form oder das Weaen der Ding' 
s. B. gen. an. I, 1. 716, a, 5. 6. De an. I, 1. 403, b, 3. II, 3. 414, s, 9 n. ö. Tgl. 
vor. Anm.) Der Sache nach gleichbedeutend mit ipwjiöi steht Spo( i. B. Top. 
I, 6, Auf. : «sti 8 ' SpO( (ilv Xiyoj h x'o ti rjv ejwu a7]fi«(vwv. c. 4. 101 , b, 81. c I. 
103, a, 25. AmL post. I, B. 72, b, 28. II, 10.97, b, 36. Metaph. VII, 6. 1031, 
a, 8. e. IS. 103», a, 19. VIII, 3. 1048, b, 28. c 6. 1045, a, 36. po&t. o. 6. 144», 
b, 23. Das gleiche Wort bezeichnet aber nach im weiteren Sinn jeden der ba- 
den Satxtheile (Subjekt nnd Prädikat), nnd es ist Insofern der stehende Aus- 
druck für die drei Termini der Schlaue; Anal. pri. I, 1. 34, b, 16: BpovBliiXü 
ik Bv BtaMtr« f, nporaoi? u. *. w. c 4. 35, b, 33. o. 10, B0, b, 31. o. 84.48,*,!. 
Anal. post. I, 10. 76, b, 35 u. o. 
1) Vgl. B. 145, 1. 2. Das VerhUtnisa dieser beiden Elemente drückt 
Aristoteles anoh so ans, dass er die Gattung als den Stoff, die Artuntersohiede 
sla die Form des Begriffs bezeichnet, nnd eben hieran« erklärt er es, dass beidi 
im Begriff Eine sind. Die Gattung ist das an sieh noch Unbestimmte, welch« 
erst im Artbegriff seine Bestimmtheit erbttit, das Substrat (SkoxiIimvov), desto 
Eigenschaften, der Stoff, dessen Form die unterscheidenden Merkmale sind. 
Das Substrat existirt aber in der Wirklichkeit nie ohne Eigenschaften, d* 
Stoff nicht ohne Form, die Gattung daher nicht ausser den Arten , sondern nie 
in denselben: sie fflr sieb genommen enthalt erat die allgemeine Voraussetzung, 
die Möglichkeit dessen, was in der untersten Art aar Wirklichkeit kommt; 
Metaph. VIII, 6 vgl. c. 3. 1048, a, 19. V, 6. 1016, a, 35. c 38. 1034, b, S. VII, 
12. 1038, a, 25. X, 8. 1056, s, 38 vgl. o. 8. 1054, b, 27. Phvs. II, 9, Sohl gu- 
et corr. I, 7. 834, b, 6 (part. an. I, 3. 643, a, 34 gehört nicht hieher). 
3) Vgl B. 146, 1. Weiteres in der Metaphysik. 
3) S. 8, 147, 1 nnd Metaph. VII, 11. 1036, b, SS: tou f«p xoSoXeo xoit n» 
e"6ou4 i £pw|iO(. o. 15, Anf.: unter Snbstani versteht man bald den Xi-fo; aUaia, 
bald den Xiyoi ovv -rfj BXi) ouvriXTjjiuAoe (das utivoXov). tarn [iiv o5v (sc oMw) ilw 
(im Sinne des otfvoXov) Xf'vovtat, toütuv |ilv fort <pQopa' xA -jap rtMOtc Tau « 
Xifmi oäx EUTiv oQru( £ar» fflt(pw6«- oili föo Yiviaif (oü -jap yfrfWMu ti oW» 
cTvki iXXi Tb TJjBs Tjj otxls) . . . Sii toUto 8t xat xöiv ofatüv tüv aio!hp£v twi »t 
txaor« nüfl' £pin|ib; oüV «ciS«£(( fm , Ext Eyouotv GXijv ]j( f| ipiioij toi Min] äs« 
DerBegriH. U9 
auch wenn eine bestimmte Beziehung der Form auf den Stoff au 
dem eigentümlichen Wesen und also auch zu dem Begriff eines 
Gegenstandes mitgehört 1 ), lüsst steh doch nicht dieser sinnliche 
Gegenstand selbst, sondern nur diese bestimmte Weise des sinn- 
lichen Daseins, nur die allgemeine Form des Gegenstands, defi- 
niren *). Folgt nun schon hieraus, dass sich der Begriff nicht auf 
Bei£ij tüjw ävavxxfbiv **' 1 '" optTJAOf fjEiTnjjiavwoi , X«t o'Jx IvMyct&t , uitriEp oä6' jirt- 
im|{i7]V ote [tiv eicianfjMpi örs 6' «yvorav iltat, aXXi 66?« to ToieCräv ejtiv (i. o. 
B. 110), oütu>4 oiB' ärcöBEi!;™ oCS" opiopiv, äXXi Sdia fort tou ^vSe^ci|ievou äiXi«; 
^eiv, SiJXov 3:i oix Sv ^Ttj aütüv outs &r.6Zzi%i$. Sobald man sie nicht mehr wahr- 
nehme, wisse man ja nicht mehr, ob sie noch so seien nie man sie sich danke. 
(Hinzu Tgl. Top. V, 8. 131, b, 31. Anal. pri. II, 21. GT, a, 39.) c 10. 1039, b, 34: 
toü ItS^ou [Afpi] ti toö efSou( uuivov forty, Sl \6yoi fori toü x«9dXiw- tb y*P xijxXoi 
Oval xa\ xüxlo; xat i^u^tj eTvsi xat fa/fa tiuti. toB Se suv&QU ijfii), Ay xiixXoo 
TOuSt, TtSv xaHExnarä Tcyo< i) otoGr,rou J) voijtoü (Xiyii) 8e votjio'j; u.tv oTov Toilf u-iBir- 
(latixo'u;, «fo(h]TOu; 51 oloy tou; ^kXxoÜc ital tou( £'j*ivo'Ji — auch die erateren 
haben aber eine UXi), nur eine BXi) voijnj 1036, a, 9 ff.), tdJicov Bt oJ* form Spia- 
|t'o( aXkä [i£Ta vaijOEui; i] afofbjütut -fVR>pi£oVTai. äuEXBoirra; !' fe ttj( hrtikt/tiaf ou 
BijXov icd-npiv kote £?<Äv jj oflx iWW, iXX' äet Xe^ovtc« xat yvuipilJovT«! Tel xaWXou 
Xifw- 1} S' QXij äfyoiorot xaB' aänjy. 
1) Wie bei dem Begriff des Hauses (Metaph. TU, 15, s. vor. Anm.), der 
Seele, der Axt (De an. I, 1. 403, b, 2. II, 1. 413, b, 11), des suibv (Metaph. VIT, 
5 u. 5.), Oberhaupt bei allen Begriffen ran materiellen und natürlichen Dingen. 
Vgl. l'hys. IT, 9, Sohl.: wenn auch die materiellen Ursachen den begrifflichen 
oder Endursachen dienstbar sind, bat doch der Naturforscher beide anzugeben; 
isnic Se xoü ev tS> X6yii> fori tö iwrfxatoy (die physikalischen , materiellen Ursa- 
chen gehören mit zum Begriff der Dinge). öpraapfW Top to Epvov toC icpfctv, otl 
BWperof To'.aSt- aGrt) 8' oüi form, e! u.tj S^si jSovtb; toiou(8l- nätoi 8' oD, e? |ii| otS)|- 
poüf. fort fip xa't iv tu Xdvu> evib [iipio ü( BXi) toü Xöfo'j. Vgl. Metaph. VII, 10. 
1035, a, 1. b, 14. c. 1). 1037, a, 29. 
1) Wenn man einerseits ISugnet, dass der Stoff mm Begriff des Dings 
gehöre, andererseits aber doch zugeben musa, daaa sich unzählige Dinge ohne 
Angabe ihres Stoffes nicht definiren lassen, so erscheint diega zunächst als ein 
Widerspruch. Aristoteles sucht nnn in der angeführten Stelle Metaph. VII, 10 
diesem Widerspruch dadurch in entgehen, dass er sagt: in solchen Füllen 
werde doch nicht dieser einzelne, durch die Verbindung eines Artbegriffs mit 
diesem bestimmten Stoff entstandene Gegenstand definirt, sondern nur seine 
Form, nicht dieser Kreis, sondern der Ereil, oder das xiIxXu tltai, nichldiese 
Beele, sondern die Seele, das ifiuxj) clWi. Gelüst ist aber die Schwierigkeit da- 
mit freilich durchaus nicht. Wenn z. B. die Seele die Entelechie eines organi- 
schen Leihe« (De an. II, 1), das ti rjv eIvoi tu totüSi «Auati (Hetapb. a. a. O. 
1035, b, 16) ist, so gehurt eben ein so und so beschaffener Stoff mit zu ihrem 
Begriff. 
i „Google 
ISO Aristoteles. 
die sinnlichen Einzelwesen als solche besieht ] j> so mnss eben die- 
ses von dem Einzelnen überhaupt gelten : das Wissen geht ja immer 
auf ein Allgemeines *), auch die Wörter, ans denen die Begriffsbe- 
stimmung zusammengesetzt ist, sind allgemeine Bezeichnungen 1 ); 
jeder Begriff umfasst mehrere Einzelwesen, oder kann wenigstens 
mehrere umfassen *), und wenn wir auch bis zu den unterster 
Arten herabsteigen, erhalten wir doch immer nur allgemeine Be- 
stimmungen, innerhalb deren sich die Einzelwesen nicht mehr der 
Art nach, sondern nur noch durch zufällige Merkmale unter- 
scheiden B ). Zwischen diesem Zufalligen und den artbüdenden 
1} Mctaph. VII, 16. 1089, b, 27 •. o. 148, 8. 
2) S. o. 110, 3. 
8) MeUph. a. *. O. 1040, a, 8: nicht allein die sinnlichen Dings lassen 
■ich nicht definiren, sondern auch die Ideen; luv -jap xafl' «xnarov fj J8s», >k 
■yaa'i, xa\ ^oipiarrj. ävafxaTov £' £ ovojiiroiv thea im X6ynt- övofia S' oi jroojoei ö 
öfiCöiievof, ä-jiDxrtöv -fip tV.ai. t& & xcliuvoi xoivi nSnv, ivkfr.ii '?" u»«f jfEtv xä 
äXlij) taStet' utov c* Tis st Jpäoarre, £iäov epft layym fj SUinüw JJ Pnpdv Tt 8 x>\iUu 
SitipS«. 
4) A. m. O. Z. 14 läset gich A. einwenden: u.n6iv xulduv r,Mp\( jtiv iiiwi 
jcoW.oi(, ap.a Si pivoi toiStdi Sx-iex.'"' (■■< hei dei Begriffsbestimmung wirklich 
der Fall ist, ■, o. 145, 2), und er entgegnet darauf neben Anderem (worüber 
Bonn i. d. St. e. vgl.) Z. 37 : wenn auch ein Gegenstand der einsige in seiner 
Art sei, wie die Sonne oder der Mond, so konnte dooh sein Begriff immer nnr 
solch» enthalten , Sua in' öW.ou ItZi/iiat , otov iav (teoo; fAojTai towiitot , ffijlov 
Bii JJXloc Jxrsi- xoivbf äpa o l*Y0f n. e. w. Aehulioh De eoelo I, 9. 278, a, 8: 
gesütat ea gäbe auch nnr Einen Kreis, iMh Jirtov HXko forai tu xiixlei cfcou xdt 
Ttpck Tiü itJxXw, xoii -b [ilv itSoi, rb 5' tUäoi h -rij BXji xa\ tüv xa9' &a«rov. Ebd. 
b, 5: ea giebt nnr Eine Welt, aber doch ist das ^isaviü iW und daa x&Sc ™ 
oupaviti cTvai zweierlei. 
6) Metaph. TU, 10 (s. o. 148, S): & Xdyoc iirct toB xaflilou. Anal, poit 
IJ, 13. 97, b, 26: a& S' 2«fi icäf Spot x«B.5).ou. Die Begriffsbestimmung liul 
■ich «war so lange fortsetzen , bis alle Artuntarschiede erschöpft sind, und die 
TslFwtaia fiiafopt erreicht ist, unter dieser bleiben dann aber immer noch die 
Einielweeen , welche eich nicht mehr der Art nach unterscheiden (m. s. bier- 
flber Metapb. X, 9. 1058, a, 84 ff. u. oben 146, 3), and insofern eftoia bbA 
(Anal, post, II, 18. 97, a, 87. b, 7), welche aber doch immer eine Vielheit, j» 
eine unbestimmte Vielheit bilden, nnd ebendeshalb nicht Gegenstand der 
Wissenschaft und des Begriffs sein können; Hetaph. 111,4, Anf.: EitefäpP'l 
iorw tt icapi ti xaWxiTra, tä & xaB^xarta ömipa, rüv 8' Astifat* jt&K Iväif etat 1»- 
ßtfv iWn[|ii;v ; vgl. II, 3, 994, b, 30 ff. Top. II, 2. 109, b, 14. Anal, post I, i4- 
86, a, 3 ff. nnd ebd. c. 19—31 den Nachweis, das» die Beweisführung weder 
nach oben noch nach unten in's Unendliche fortgehen kenne. Aristoteles folgt 
sy Google 
DerBegrifE 151 
Unterschieden liegen diejenigen Eigenschaften, welche den Dingen 
einer gewissen Art ausschliesslich zukommen, ohne doch unmit- 
telbar in ihrem Begriff enthalten zn sein; Aristoteles nennt die- 
selben Eigentümlichkeiten (ßiix) *); im weiteren Sinn befasst er 
aber unter diesem Namen einerseits auch die artbildenden Unter- 
schiede und andererseits zufällige Eigenschaften *). Was unter 
Einen Begriff fällt, ist, so weit diess der Fall ist, identisch'), 
hisrin ganz Pluto; s. lte Abth. 8. S96, 4. 444, 1. — Die Einzeldinge bezeichnet 
Arist. mit den Ausdrucken : ti xifl' fxaTra (oder x, £xH<rrov), tb aptSfiü !v (Metaph. 
IH, 4. 999, h, 84. Kateg. o. 2. 1 , b, G u, o. s. Waitb e. d.St.j, ti wvi, 5 ri; 
»epuTcof u. «. w. (Kateg. «. a. 0. 1, 4, b. An»], poat. I, 24. 85, a, 34. Metaph. 
VII, 13. 1088, b, 33}, t<55s n(Knt o. 5. 8, b, 10. Metaph. IX, 7. 1049, a,27u.o. 
a. Wait* zu d. 8t. der Kategorieen), auch rä äroji« (i. B. K»t. e. 3. 1, b, 6. e. 
5. 3, a, 35. Metaph. III, 1. 995, b, 39; ebenso heissen zwar auch die untersten 
Arten, die nicht wieder in Unterarten zerfallen — die Mtöip-ops s. o. 146, 2 — 
doch steht in diesem Fall, sofern diese Bedeutung nicht schon ana dem Zusam- 
menhang erhellt, nicht t« öiop.» achleohtweg, sondern öto|ib tUb] nnd Ähnli- 
ches; Tgl. Metaph. in, 3. 999, a, 12. V, 10. 1018, b, 6. VII, 8, Schi. X, 8. ». 
1058, a, 17. b, 10. XI, 1. 1059, b, 35) oder li tr/^axa, weil sie beim Herabstei- 
gen vom Allgemeinsten aoletzt kommen (Metaph. XI, 1. 1059, b, 26. Eth. N. 
VI, 12. 1143, a, 29. 33. Dean. III, 10. 433, a, 16. De mein. c. 2. 451, a, 36). 
1) Top. I, 4. 101, b, 17 unterscheidet er fSvoc, iäiov nnd eo|»ßeflT(XÄ< ; nach- 
dem er sodann das TSiov wieder in den Spot nnd das TSiov im engem Sinn ge- 
theilt hat, defmirt er das letalere c- 5. 102, a, 17; TSiov £' hilv B u-i) 3i)Xol [itv to 
ti rj» cTvbi, |iOvrg S' unrip/Ei xcti ivTixiTTj-fOpEiTH TDÜ 7cpty|iaT0( (sioh als Wechsel- 
begriff an ihm verhalt) , oTov tSiov ivBptiJEOu t'o -fpa|J.jJiTut^( s?»ai BextixSv a. b. w. 
2) Schon a. a. O. unterscheidet er von dem axi.Sn Tä'-ov das not! i] itpös te 
iöiov, nnd im 5ten Bach, welches von der topisohen Behsndlnng der Bio han- 
delt, (c. 1) das TSiov xn8' »S-'o von dem TSiov icpbä ftspav, das ötet TS. von dem nett 
73. Von dem TS. jr.pbj fiEpov bemerkt er aber selbst (129, a, 33), nnd van dem 
ira« TS. gilt ohnedem, dass es au den aupjäeßiixek« gebäre, als Beispiele des TS. 
ist' aÜTO nnd äs'i führt er andererseits wesentliche Merkmale an, wie Z&oi iB» 
«toi, ftSov Bvt]tov, t'o ix ^u/ijs x«l aiin« 1 ^ ou-fxti(i«vo« (128, b, 19. 35. 139,», 2). 
Vgl. vor. Anm. 
3) Arist. sagt diess nicht mit diesen Worten, aber es ergiebt sieb aas sei- 
nen Erörterungen über die verschiedeneu Bedeutungen das to'jtöy. Top. 1, 7 
('gl. VIII, 1. 151, b, 29. 152, b, 31) werden deren drei unterschieden: -je-/*. 
isä-räv ist, was Einer Gattung, eTSei Wtbv, was Einer Art angehört (hierüber 
vgl. Metaph. X, 8. 1058, a, 18), ößiBp$ toitbv, &i onip."™ nXeffei rb fit itpäyu« 
I*. Diese letztere Art der Identität lässt sich wieder auf verschiedene Weise 
anidrfioken: xupuuTOTa piv xotl itpiirtcin !tov iv6\um Jj Bprjj tb Tiütb» änoSgBij, x«. 
8i«Ep tjuniov l(U7ri(|> xat Jijiov tieCöv Sinouv ivBpeini]), SititEpov 6' 8tav tS IBliji, xa- 
&Msp xb inicrtijjiTR osKTUtev ävflpün^, . . . Tpfxov B' Brav ijtb toü ou|iS£pV ( xiiTOS , olov 
i „Google 
158 Aristoteles. 
was nicht unter Einen Begriff fällt, verschieden 1 ); zur vollstän- 
digen Identität gehört aber allerdings such Einheit des Stoffes: 
solche Einzelwesen, zwischen denen kein Artunterschied statt- 
findet, sind doch noch der Zahl nach verschieden, weil sich in 
ihnen derselbe Begriff in verschiedenem Stoffe darstellt *)- Der 
begriffliche Unterschied ergiebt in seiner Vollendung den con- 
trären, die blosse Verschiedenheit den contradidorischen Gegen- 
satz. Denn conträr entgegengesetzt CevkvtEov) ist dasjenige, was 
innerhalb derselben Gattung am Weitesten von einander abliegt 9 ): 
i'o xaihjuivov 55 t'o |iouaiitbv Euixpitei. Etwas müden wird Meteph. T, 9 eingetheilt : 
Ariat, unterscheidet hier zuerst die Tsiiia xbtöi aujißiBijxln und taiiri xbB* oStö, 
sodann du tsOtov iBti und äpiß|uT), weicht beide tbeils von dem ausgesagt wer- 
den, was Einen Stoff, theils von dem, vu Ein Wesen habe. (Genauer X, S. 
1064, «, 32: der Zahl nach identisch sei, irM stiwohl dem Stoff als der Form 
nach Eins ist.) Im Allgemeinen wird die Bestimmung aufgestellt, welche sich 
auf die obige leicht in rück führen lUsst: fj laürfri]; Ev(!tt|( 1<{ form I) JiXf.uSvuv 
toü slvai ?| Srav XP"!*" *"! i&slosw (wie in; cnkb «StQ TaWy). Da aber (c 10, 
1018, a, 35) die Einheit und das Bein verschiedene Bedeutung Imbun können, 
mflase eich die des taiitbv, fwpov a. b. f. nach der ihrigen richten. ■ 
1) Metaph. V, 9. 1018, a, 9: fnpa St Wvrai &i J) xi eBij idtCu J| *j Uli) Jj 
& XdfO( tffc oJoiac xat BXwf ovrixeipiviu^ tcS tbOtu X^fSTat to trtpov. Ueber das 
■Bit nnd -jfVti ftipov Tgl. ebd. I, 8. V, 10. 1018, a, 38 ff. c. 88. 1024, b, 9. 
3) 8. vor. Anmm. nnd 160, 5. Dana die individuelle Verschiedenheit der 
Dinge ihren Grund im Stoff haben soll, wird auch spater noch gezeigt werden. 
3) Diese Definition führt Arist. Kateg. 0. 6. 6, a, IT. Eth. N. II, 8. 1108, 
b, 33 als eine (iL erlieferte an (ipEtovrni); Metaph. X, 4, Auf. jedoch tragt er sie 
in eigenem Namen tot, nnd begründet die Bestimmung, aus die Entgegenge- 
setzten derselben Gattung angehören müssen, ausdrücklich mit der Bemerkung: 
t! jilv "r&p YPrti 6ia<p*povra ofix fyei ÄBb* ti$ ölXnl«, ÜX' Zxfys.1 itXiov xoi ewii[<^ 
ßljjTa (ein Ton und eine Farbe z. B. sind sioh nicht entgegengesetzt, weil sie 
Überhaupt nicht verglichen werden können, im!|iB^ijta sind). Dagegen lesen 
wir Metaph. V, 10. 1018, a, 25: jumtfa ä^etoi :i ts lu); Euvst« Spa tu o£tö 
ItBpiWat TÜv S[OupEpdvre>v ms y&as, xol ti nWiorov Siay^oVTa töiv Iv Tai aÜTtji 
f tat, xcn t& TcXflarov 3nif ^povxn nüv Jv taütoi Bsxtixui , (dass die ivavrii einem 
nnd demselben SexTixbv ankommen, bestätigt Metaph. X, 4. 1055, a, 29. De 
somno 1.458,h, 2T)xat t« itXfiorov Sm^epovra tüv otc'o rijvaflriiv 6tJvK[tiv, xal 5v J| 
Biaipopi ju^(oD] J| Ö7tX(Ü; Jj xaTa f^vo; ^ xir' e78q(. tcl 5' iXXa ivavria Xs^ETai tä 
ulv t<S xi Toiiüta t-ftiv, ts Bi tcü SsxTixi tTvar iüv tmoiItuv u. s.w. (Dieses auch 
X, 4. 1055, a, 85.) Aach Kateg. c. 11, Schi, beisst es: övav»i Se xlcna Ta Iva*- 
t(« ?) £v t5 aitiTi y^vgi slvai (wie weiss nnd schwara), f] £v Tot; havrlotc -[^veoiv 
.-(wie gerecht nnd ungerecht), 1 odra ylvi] eTisi (wie gut nnd base). Aehnlich 
BiHpr,. in Categ., Schot. 84, a, 6: nach Arist. (x. 'AvtixeiuAuv) seien, zwei De- 
finitionen Jvovrfai, iöv Tiji ifAci n >| IvovtCov ?) tote äia^ opj"( 1) iu.spo-rt'poii. Die 
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Dar Segriff; dar Gegensatz. 153 
der contrfire Gegensatz ist nichts anderes, als der absolute Art- 
unterschied '}• I» eontrndictorischem Gegensatz dagegen stehen 
diejenigen Begriffe, welche sich zu einander als Bejahung und 
Verneinung verhalten '), zwischen denen daher nichts in der Mitte 
liegt 8 ), und von denen jedem gegebenen Gegenstand der eine 
reifere und richtigere Darstellung ist aber die MeUpti. X (gut und böse z. B. 
kennten sich nicht entgegengesetzt sein, nenn sie nicht unter denselben Gat- 
tung« begriff, den des sittlichen Verhaltens, fielen), und Aristoteles selbst führt 
(1055, a, 23 ff.) die froheren Bestimmungen auf den hier aufgestellten Begriff 
den ivxv-.itiv zurück. Nur ans diesem erklärt sich auch der Grundsatz (Metaph. 
m, 3. 996, ä, 20. IV, 2, 1004, a, 9. 1005, a, S. XI, 3. 1061, a, 18. An. pri. I, 
36. 48, b,6. De an. HI, 3.427, b, 5 u. e. s.Boürrzn. Schwiqi.eh an Metaph.lll, 
2 a. s. O.): tSi eWvtÜiiv [i!a teionju-u. Dieselbe Wissenschaft ist die, welche 
es mit Dingen derselben Gattung zu thun hat; was verschiedenen Gattungen 
angehört, nie Ton nnd Farbe, fallt Insofern auch unter verschiedene Wissen- 
schaften. Vgl. a. a. O. 1055, a, 31. Ans jenem Begriff des tvavrfov wird femer 
(a. a. O. 1055, a, 19 rgl. De eoelo I, 2. 269, a, 10. 14. Phys. I, 6. 189, a, 13.) 
der Satz abgeleitet, das* Einem nur Eines contrBr entgegengesetzt sein könne. 
Zwischen contrlr Entgegengesetzten können unbestimmt viele Zwischenglie- 
der in der Mitte liegen, welche dann aus ihnen zusammengesetzt sind (wie die 
Farben aus bell and dnnkel) ; dech finden sich solche Mittelglieder nicht zwischen 
allen, sondern nur zwischen denen, von welchen dem dafür empfänglichen 
Subjekt nicht noth wendig das eine oder das ändere zukommt, bei welchen ein 
aUm&hliger Uebergang toh dem einen zn dem anderen stattfindet (Metaph. X, 
7. Kateg. c. 10. 11, b, 38 ff. 12, b, 25 ff. vgl. Siupl. Categ., Scbol. in Ar. 84, 
a, 15 ff. 28 ff.); wie es denn hauptsächlich die Veränderungen in der Natur 
sind, welche Aristoteles bei der Lehre vom tvavrlov im Auge hat, denn jede 
Veränderung ist Uebergang aus einem Zustand in den entgegengesetzten; Phys. 
V, 3. 226, b, 2. 6. I, 4. 1S7, a, 31. c. 5. 188, a, 31 ff. gen. et eorr. I, 7. 328, b, 
19. — Der obigen Definition des eISei ivaWov entspricht die des cvavriov «tri 
ttfjrav Meteor. IL 6. 363, a, 80; Phys. V, 3. 226, b, 33. — Ueber die richtige 
sprachliche Formul jrnng der Gegensätze hatte sieh Arist. iE. 'Avtixeijuvoiv ge- 
äussert ; Sinn,, a. a. O. 88, h, 39 ff. 
1) Die e«npopi tAitac. Uetaph. X, 4. 1055, a, 10 ff. 22 ff. Da dieser Gegen- 
sata aar (wischen den abstrakten Begriffen, nicht zwischen konkreten Dingen 
stattfindet, wollte Arist in der Schrift n. 'AvT»ti|ifv«M nur solche Begriffe (e. B. 
fp6Vrj«t{ nnd ä<p?o<rjvr h ) inXffit svavtt« genannt wissen, nicht aber das daran 
TheÜhabende (wie ippovifiot nnd ä^pwv). BmrL. In Categ., öohoL in Ar. 83, b, 
24 ff. vgl. Piato PhSdo 108, B. 
1) Die stehende Bezeichnung für diese Art der Entgegensetzung ist da- 
her: tos xaxifamt xal &Tc6faatt «vtixeTo8o:l ; bei den Urtheilen (s. u.) heisst sie 
impaoit, nnd unter demselben Namen wird Phys. V, 3. 227, a, 8. Metaph. IV, 
7, Auf. V, 10, Apf. auch der Gegensatz der Begriffe mitbefasst. 
8) MetapL. IV, 7. XI, 6. 1068, b, 19. Phys. a. a. O. vgl. was spater über 
jiqrzBdDy Google 
154 Aristoteles. 
oder der andere nothwendig zukommen tuass M Jj diese Art des 
Gegensatzes entsteht, mit anderen Worten, wenn alles das, was 
in einem Begriff nicht enthalten ist, in einem verneinenden Aus- 
druck zusammengefasst, die Gesammtheit der möglichen Bestim- 
mungen nach ihrer Identität oder Verschiedenheit mit einer gege- 
benen Bestimmung getheilt wird. Zwischen dem contr&ren und 
dem contradictoriscben Gegensatz steht nach Aristoteles der des 
Besitzes und der Beraubung'); indessen will es ihm nicht recht 
gelingen, den Unterschied dieses Verhältnisses von den beiden 
anderen festzustellen 3 ). Als eine vierte Art der Entgegensetzung 
du contradictorische Urtheil zu sagen sein wird; die Art der Entgegensetzung 
ist nümlioh dort dieselbe, wie hier; Kat. c. 10. 12, b, 10. 
1) Kateg. C 10. 11, b, 16 ff. 13, a, 37 ff. Metapb. X, 1057, a, 33. 
2) £&( und aWpijots, z. B. sehend nnd blind. Zum Folgenden vgl. Thehdh- 
lebbdro Hi B t. Beitr. 1, 103 ff. 
3) Metaph. V, 33 (und hierauf zur ück weisend X T 4. 1066, b, 3) unterschei- 
det A. drei Bedeutungen der T-.iprpii: 1) iv [ijj fyjj ti tüv mpundrow IysoS«!, 
xkv [ijj aitb j[v myuitbt e/eiv, oToy su-'ov ö)i.[iäTiuv irapijaftou Mvcm. 2) öv jue^ii- 
ko; lx £lv i 1 *äm fj to vEvof, (ijj ij(]|; 3j öv «tfuxbt xal 5t» nApoitlv (£«« ji») fjrj. 
Allein in der ersten Bedeutung wäre die Privation gleich bedeutend mit der 
Negation (blind = nichtsehend),' und es könnte von den xirä ar^pijaiv >ai IE'* 
Entgegengesetzten gesagt werden, was auch nach Hat. c 10. 18, b, 30 ff. (frei- 
lieh den Postpradioamenten) nicht von ihnen gesagt werden kann, jedes Ding 
sei entweder das eine oder das andere ron ihnen (entweder sehend oder blind), 
das Verhältnis« der ar4p>]<rif und tfi( würde sich mithin auf das der ävtupauis 
zurückfuhren. Bei den zwei andern Bedeutungen ist diees allerdings nicht der 
Fall, denn bei ihnen drückt die ^ifnfm, wie auch Metapb. IV, 12. I0l9,b,3ff, 
zagegeben wird, selbst wieder etwas Positives, eine Art um aus; dafür mit 
aber, wenn wir die Beraubung in diesem Sinn nehmen, ihr Gegensatz gegen 
die ?£t; unter den Begriff des evbvtIov. Der Unterschied beider wird in den Post- 
prldicamenten, Kat. o. 10. 12, b, 26 ff. darin gefanden, dass von den tvonfta, 
wenn es zwischen ihnen kein Mittlere* gebe (wie zwischen gerade und unge- 
rade), noth wendig jedem dafür Empfänglichen das eine oder das andere zu- 
kommen müsse (jede Zahl ist entweder gerade oder ungerade); wenn es dagegen 
ein Mittleres zwischen ihnen gebe, diess niemals der Fall sei (es kann nicht 
gesagt werden : jedes,' was für die Farbe empfänglich ist, mnss entweder wein 
oder schwarz sein); bei der rcVpiaif nnd ?&( dagegen finde weder das Eint 
noch das Andere statt: man könne nicht sagen, Jedem dafür Empfänglichen 
mnss das eine oder das andere der Entgegen setzten zukommen", denn es könnt 
eine Zeit geben, wo ihm noch keines von beiden zukomme, ib -jap (hJem rracu- 
r.o$ ö^rv Igut oüis TuipiUv aürt ctyiv evoy W]-'™'! man könne die so Entgegenge- 
setzten aber auch nicht zu dem rechnen, zwischen dem es Mittelglieder gebt, 
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Der Begriff; der Qegensatc. 155 
wird die der Verhßltnissbegriffe angefahrt *). Von allen diesen 
Em y<"P $*l ice?»"; ij öijiiv fynv, titi II'tdcAöv J] ö^iv l/tn faft fri t at . Allein 
10 lange etwas noch nicht jtEpgxbc Siji'.v tyztv ist, ist ei eben auch nach kein 
StxTixbv ö^t(d(, dieser Fall gehört also gar nicht bieher, and andererseits liegt 
zwischen dem Besitz und der Beraubung allerdings Vieles in der Mitte, näm- 
lich alle Grade des theilweisen Besitzes: es gibt nicht blos Sehende und Blinde, 
sondern auch Halbblinde. Ein weiterer Unterschied der tVsnrcfa von dem xxtä 
T-./pijoH xai B£n Entgegengesetzten soll (Kat. c. 10. 13, a, 18) darin liegen, data 
bei jenen der Uebergang von dem Einen zum Andern gegenseitig sei (da* 
Weisse kann schwarz und das Schwarze weiss werden), bei diesen nur ein- 
seitig, vom Haben zur Beraubung, nicht umgekehrt. Diess ist aber gleichfalls 
nicht richtig: es kann nicht blos der Sehende blind oder der Belebe arm, son- 
dern auch dar Blinde sehend und der Arme reich werden, and wenn diess nicht 
in allen Fallen mBglioh ist, so gilt das Gleiche auch von den sWvrfe: es kann 
anch nicht jeder Kranke gesund, alles Schwarze weiss werden. Für das logi- 
sche Verhaltnias dor Bogriffe wire dieser Unterschied Oberdiess ganz unerheb- 
lich. Uetapb. X, 4. 1055, b, 3. 7. 14 endlich wird bemerkt: die -jt^tjo^ sei 
eine Art der ivtlp sol;, nfimlich die ävTi<paai; tv rö Sextixü , die (vovtiq'ths eine 
Art der rrziprpii (so auch XI, 6. 1068, b, 17), so dass demnach diese drei Be- 
griffe eine Stufenfolge vom Höheren zum Niederen bilden worden. Aach diese 
kann man aber nnr dann sagen, wenn der Begriff der miftjim nicht genauer 
bestimmt wird; sobald diess geschieht, füllt das Verhaltnias der trtspi;<ji^ und 
3; 14 entweder unter die ävefftune oder unter diesvavrforijt. Auf die letztere führt 
such Anal. post. I, 4. 73, b, 21 : ?oti yip tö Ivavtiov f[ atsprpii i) äräftaii ev -ü 
t^TiÖ ytvM, otov öpriov x'a pj) ittptTrov sv äpcKjAdit; denn um ein jvavrjov sein »n 
kennen, raus* die orfpi)Otj einen positiven Begriff ausdrücken, und zwar nicht 
blos indirekt, wie die övripao«, von der sie ja hier unterschieden wird. Das 
Gleiche gilt von Stellen, wie Metaph. VII, 7. 1033, a, 7 ff., wo das Kranke, 
nach andern Stellen das fvavrfov des Gesunden, als seine o-rfpT| 014 angeführt, ist; 
ebd. XII, 4. 1070, b, 1 1 : wf ptv eTooc [akh. tSv owuAtwv} 10 öt ?i i'ov xki iXXov 
rpiicov tb tyiifjOn ij <rtipTpni, denn das Kalte bildet zum Wannen einen oontr&ren 
Gegensatz, nud wenn es ein 1(804 ist, kann es keine blosse Verneinung sein; 
wird es daner anch mit andern analogen Begriffen für eine solche ausgegeben 
(e. B. De coelo II, 3. 266, a, 36), so erkennt doch Arial, selbst anderswo an, 
dass es in gewissen Fallen eine natürliche Eigenschaft, kein blosser Mang ol 
sei (pari an. II, 2. 649, a, 18), und dass es die Kraft habe, zu wirken (gen. et 
oorr. II, 2. 329, b, 24), die einer blossen orip»|ai( unmöglich ankommen kann. 
Vgl. Thknijeleobueo a. a, O. 107 ff. Stb(?mfbi.j. Gesch. d. theor. PhiL 227 f. 
— Von der oxep)jai4 und ffo hatte Arist auch in der Schrift h. 'AvTixeiusvKW 
gehandelt; Sihfi.. Schob in Ar. SS, b, 41. ST, a, 2. Ueher die metaphysische 
Bedeutung der artpijmi nnd Ihr Vorhftltnias sur 3Xi) wird später zu sprechen 
1) Kat. c. 10. 11, b, 17. 24 ff. Top, II, 2. 109, b, 17. o. 8. 113, b, 16. 114, 
a, 13. V, 6. 185, b, 17. Metaph. X, 4. 1056, a, 38. c. 3. 1064, a, 28. Wenn He- 
loogle 
]56 Aristoteles. 
Arten der EntgegensetEung gilt der Satz, dass die so aufeinander 
Bezogenen unter dieselbe Wissenschaft fallen *)• 
Die Begriffe für sich genommen geben aber noch keine Rede, 
sie sind weder wahr noch falsch; eine bestimmte Aussage, and 
eben damit Wahrheit und Irrthum, findet sich erst im Satze*]). Durch 
die Verbindung des Nennworts mit dem Zeitwort, der Subjekts- 
und der Prädikatsbezeichnung 9 ), erhalten wir eine Rede (X&yoO *); 
hat diese Rede die Form der Aussage, wird in ihr etwas bejaht 
oder verneint, so entsteht, im Unterschied von anderen Rede- 
weisen s ), der Satz 8 ), oder das Urtheil C&mwxtvtn?) *)> als dessen 
taph. V, 10 noch zwei weitere Formen der Entgegensetzung genannt sind, so 
zeigt Bokitz z. d. St. Wait* Äriat. Org. I, 306, dass diese anter die vier sonst 
allein genannten fallen. Umgekehrt nennt Phys. V, 3. 227, a, 7 Dar die ivt!- 
yson nnd ävaw.riii];. Beispiele solcher Verhältnis» begriffe (Kat. a. a. 0. und 
c. 7. Metaph. V, 15) sind: das Doppelte und das Halbe, Oberhaupt das Viel- 
fache nnd «ein Theil, das imp^ov nnd Or.tptyi-Atvov ; das Wirkende nnd das 
Leidende; das Messbare und daa Maass, das Wissbare nnd das Wissen. 
1) S. o. 162, 3, nnd was die Ausdehnung des obigen Satzes anf alle 4vn- 
xiiiiEva betrifft, Metaph. IV, 2. 1004, a, 9. Top. I, 14. 105, b, 33. II, 2. 109, b, 
17. VIII, 1. 155, b, 30. c. 13. 163, a, 2. Die Begründung dieses Satzes liegt im 
Allgemeinen darin, dass von den Entgegengesetzten keines ohne das Andere 
gewnsst werden kann, dieses selbst aber hat in den verschiedenen Füllen ver- 
schiedene Ursachen: beim contradiotorisohen Gegensatz rührt es daher, dass 
der negative Begriff Non a A den positiven A unmittelbar voraussetzt und ent- 
halt, bei den Correlatbegriffen daher, dass sie sich gegenseitig voraussetzen, 
beim oontrHren Gegensatz nnd bei der nipriait nnd ?£t;, so weit sie nnter diesen 
fUllt , daher, dass die Kenntnias der entgegengesetzten Artunterschiede die der 
gemeinsamen Gattung voraussetzt. 
2) De interpr. c. 1. 13, a, 9 ff. e. 4. c. 5. 17, a, 17. De an. III, 6. 430, a, 
36. b, 27. e. 8. 432, a, 11 vgl. Metaph. VI, 4 und die platonische Lehre lste 
Abth. 399, 2. 3. 
3) M. s. aber Svopa nnd pTJji«, welches letztere aber Copnla nnd Prädikat 
in sich begreift, De interpr. c. 2. 8. c. 10. 19, b, 11. PoSt. c 20. 1457, a, 10. 
14. Auch diess ist platonisch; s. lste Abth. a. a. O. nnd 408, 6. 
4) De interpr. o. 4. 
5) Wie Wunsch, Bitte u. s. w. Die Frage wird Anal. pr. I, 1. 24, a, 22. 
Top. I, 10. 104, a, 8 (vgl. Wni! AriBt. Org. I, 852) zwar unter den Begriff der 
rtpÄTaaif gestellt, aber als itporaoit 8i»a,«tix)) von der änoSfixTtx^ so unterschie- 
den, dass diese lij^n 6err=pou (lopiou ttj; ävii^öatiii; , sie dagegen fptivngatj «mfä- 
6) nporoait; über den Ausdruck vgl. m. Biese Phil. d. Arist. I, 128, 2. 
Wajtz Arist. Org. I, 368. 
7) De interpr. c. 4. IT, a, 1. Anal. pr. I, 1. 34, a, 16.' 
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Das Urtheil. 157 
Grundform Aristoteles das einfache kategorische Urtheil betrach- 
tet *). Ein Urtheil ist wahr, wenn das Denken, dessen innere 
Vorgänge durch die Sprache bezeichnet werden *), dasjenige für 
verknüpft oder getrennt hält, was in der Wirklichkeit verknüpft 
oder getrennt ist, falsch, wenn das Gegentheil stattfindet 1 ). Der 
ursprünglichste Unterschied unter den Urtheilen ist daher der der 
bejahenden und der verneinenden 4 ). Jeder Bejahung steht eine 
Verneinung gegenüber, welche mit ihr einen ausschliessenden 
(contradictorischen) Gegensatz C&vrtyoaiO bildet, so dass ent- 
weder die eine oder die andere wahr sein muss, und kein drittes 
möglich ist B ); daneben stehen aber gewisse bejahende Sätze zu 
1) De interpr. o. 5. 17, *, 20: f] fih aitXjj ümv «tiipovoit . .. f| SHx toihuv 
eu-putpivv) . . . fern Sc i) jiiv iniij imSipavatj ptovJ) <»]{unmxJi rapt tob GirÄp^iiv xi f[ 
!"! ÜKip^sw, £■$ et jyiivoi Siijpijwiu. Weiteres unten. 
8) Uebor die Sprache als «djijäQXo» i5v iv tjJ $uxfl urafliijiitiii» b. m. De 
interpr. c. 1. 18, *, S. c. 2, Ali f. 0. 4. 17, a, 1. soph. el. c. 1.166, «,6. De Bens U 
fc 1. 437, a, 14. Bhet III, 1. 1404, a, 30. Die Vorgänge in der Seele, welohe 
die Worte »andrücken, lind nach diesen Stellen bei Allen die gleichen, ihre 
sprachliche Bezeichnung dagegen iit Sache der Uebereinkunft und deaehalb bei 
Verschiedenen verschieden, wie die Bchriftaeiehen. 
3) MeUph. VI, 4. IX, t, Auf. 
4) De interpr. C. 6, Anf.: iav. Es elf Kpwxoi Xö^o; jinof evrotb; uMifwit Uta 
«jcnaic- ol S' öUot nävTs; auvB*ou.o> slj. Weiteres ebd. c. 5. 6. Anal. pr. I, 1. 
24, a, 16. Anal, poat, I, 26. 86, b, 33. Die EpeJTOO« xertd? «Tliii heisst auch xxrij-- 
pput-Jj, die «rotparctJ) auch arepr-uiij. Anal. pr. I, 2. c. 4. 36, e, 18. 31. c 6. 38, 
«, 30. b, 6. 16. c. 13. 33, b, 1. 
6) De interpr. c. 6. c 7. 17, b, 16. Anal. post. L, 3. 73, a, 11 : iredtpavoit 
ä hrmf&an*>t fewtSJI ovoÜv (lipiov. iviiooai; 31 övrCOsoif jfc iiuk ecrri [liraipu x«8' aS- 
•■ifi. [lopun 3' övnf aauuf io [tiv ti xorta tivo< i-ataf 0014, to Sk t\ dutd Ttvof ijrdonoit. 
VgL 8. 103 f. Ueber den Satz dea Widerspruchs and de« ausgeschlossenen Drit- 
ten wird später noch weiter zu sprechen sein. Eine Ausnahme vod der obigen 
Hagel machen nach Arist. De interpr. 0. 9 aolohe DIsjunktivaStEe, welche sieh 
»of einen zukünftigen Erfolg beziehen, der snf&llig ist oder vom freien Willen 
sbhtngt. Ton ihnen kann man, wie er glaubt , überhaupt nichts vorher sagen, 
weder dass sie eintreten, noch dass sie nicht eintreten werden, von ihnen gilt 
(gen. et corr. II, 11. 337, b, 3) nur 3ti |hX3.ei, aber nicht Sti itrrat, denn dieses 
•colieest die Möglichkeit des Andersseina aas; es ist daher bei ihnen nur der 
disjunktive Satt wahr: „sie werden entweder eintreten oder nicht eintreten," 
Tan den iwei kategorischen SSWen dagegen: „sie werden eintreten", und: „sie 
werden niebt eintreten* keiner. Die letztere Behauptung hat für nns etwas 
Anffalleadea; wir würden eher sagen, die eine von beiden Aassagen sei wahr, 
nee erfahre man erst durch den Erfolg, welche. Arist nimmt aber den Begriff 
gewissen verneinenden (die allgemein bejahenden nämlich zu denen, 
welche das Gleiche allgemein verneinen) in dem VerbJitmss des 
conträxen Gegensatzes, welcher einen dritten mögliche« Fall nicht 
ausschliesst »J, Eine reine Darstellung dieser Verhältnisse dürfen 
wir aber freilich bei Aristoteles nicht erwarten. Da er die Co- 
pula noch nicht bestimmt vom Prädikat unterscheidet *)» weiss er 
auch die richtige Beziehung der Negation noch nicht an finden-. 
er spricht es nirgends ans, dass sie in Wirklichkeit nur der Co- 
pula gilt, nur die Verbindung des Subjekts mit dem Prädikat, 
nicht das Subjekt oder Prädikat selbst verneint *)i und im Zusam- 
menhang damit fährt er die Satze mit negativem Prädikat oder 
Subjekt als eine besondere Form auf 4 !)) während dam doch eigent- 
lich kein Grund vorliegt*). 
des =Xtj6e( im strengeren Sinn; er versteht darunter ein solches, was nicht än- 
dert lein kann, oder vi«lmehr, er hat dabei den Unterschied zwischen thsteacli- 
lieher Richtigkeit und apodiktischer Wahrheit ausser Acht gelassen. Zu der 
Aporie, welche Arisi a. a. O. erörtert, haben ihm wohl die Megariker den Stoff 
geliefert, vgl. lte Abtb. 188, 2. 
1) De interpr. o. 7. IT, b, 20. vgl. wm 8. 153 über die Jvonridn]; bemerkt 
wurde. Auch die partikular bejahenden nnd partikular verneinenden Sätze, 
welche sich nach späterer Terminologie mboontrarie entgegengesetzt sind, 
werden Anal. pr. II, 8. 69, b, 10 au den i'vavrteit £vcuu{|uvou gerechnet; c. 15, 
Anf. bemerkt jedoch, sie seien dies« nur den Worten, nicht der Sache nach. 
2) 8. o. 166, 3. De interpr. c 10. 19, b, 19 wird nun allerdings auch der 
Fall in'» Auge gef äset , In» ib fati tc(tov TtpojxatT] fif ijiai , wie in dem Sali um 
SLi.au.; ävSpiimot. Diess besieht sich aber nicht auf die Trennung der Copnla 
vom Prädikat, sondern nur darauf, data in den E zist an tiala atzen: ("otiv ävSpu- 
jcot, aiit. Smv ä. u. s. w. da« Subjekt durch ein adjektivisches Epitheton erwei- 
tert sein kann, welchea sich seinerseits wieder affirmativ (Stxxrot ä.) oder nega- 
tiv (oti Slmho( ä.) fassen läast: «Vn &lx. i. heilst: es giebt einen gerechten Men- 
schen, was etwas andere« ilt, als: ävflpnncof fiUtuif im, derHenaoh itt gerächt. 
Dub jeder Satz, selbst der Ezistentialsata, logisch betrachtet aus drei Be- 
standteilen besteht, sagt A. nirgends, und in der Schrift it. 'Epppda« 
nimmt er seine Beispiele sogar mit Vorliebe von den iweitheiligea Existenti ai- 
satzen her. 
■8) Anal. pr. I, 46, Anf. c. 8. 25, b, 19 zeigt er wohl, data zwischen uj) 
iTmi -.aS\ nnd aTvczt u.)| w&w , (iJ) thai Jituabv nnd itvai fii) Xaukbv ein Unterschied 
«ei, indem die Salze der letzteren Art die Form bejahender Sitze haben, aber 
den eigentlichen Grund davon deckt er nicht anf, aneh nicht De interpr. e. 12, 
woranf Branüjm 8. 165 verweilt. 
4) De interpr. c 8. 16, a, 30. b, 12 lagt er: o^x-övSptditoc «ei kein Evojt«, 
efy- uyijIvh kein ffipa, will dann aber Jenea bona adpKrwv, diese« üpwtov 
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Das üttfaelL 159 
Weiter zieht Aristoteles die Quantität der Urtheile in Be- 
tracht, indem er zunächst zwischen den auf eine Mehrheit und 
den auf Einzelne bezüglichen , und sodann unier den ersteren zwi- 
schen den allgemeinen and den partikulären, im Ganzen also zwi- 
schen allgemeinen, partikulären and individuellen Urtheilen unter- 
scheidet 1 ). Auch hier drängt sich aber in den sogenannten un- 
bestimmten Urtheilen eine Kategorie ein, welche eigentlich nicht 
die logische Form der Gedankenverknüpfung, sondern nur das 
Grammatische des Aasdrucks betrifft *). Sehr wichtig ist endlich 
unserem Philosophen, wegen ihrer Bedeutung für die Syllogisiik, 
«in nennen, and bringt c. 10 neben den Sätzen ectiv äv8p(07io(, o ix £ ä. u. g. w. 
lad die entsprechenden au» negativen Begriffen zusammengesetzten: law 
oi« - nOpdiivo; , oüx ionv oix-ä. , fetivoä - StxalOt oix-ävBp., oü* Jrav oiJ-Slx. 
wi-n6p. u. s. w. Theopbrast nannte diese BBtEe; 1% [uraWoswj (Ahmok. De 
inlerpr. 128, b, n. 120, a, u. Pbilop. Scbol. in Ar. 121, a,u.) oder »erc« |m«<)eetv 
(lux. Analyt. 134, s, m.). 
5) Denn da«, worin die Form des Urtheile liegt, diese bestimmte Verbin- 
dung de» Subjekte mit dem Prädikat, bleibt sich gleich, ob nun Subjekt und 
PrMikat positive oder negative Begriffe sind; nnd Aristoteles selbst giebt 
in»l. pr. I, S. 26, b, 19 vgl. c. 13. 32, a, 31 zu, dasa Ausdrücke, wie hSi/y.n 
|»;5tvi änipvnv, ärnv oflx a-fiBbv, »in r/fiiia xaiafatutov haben. Mit Recht nimmt 
ibcr Pbxmtl. Gesch. d. Log. I, 143 an dem Svgui nnd f^ua iipiorov überhaupt 
Anstois, da die Vemeinnng in Wirklichkeit überhaupt nur im ürtheil vorkom- 
men kann, jeder Subjekts- oder Pridikatsbegriff als solcher dagegen einen po- 
ritirsu Inhalt haben mnss. 
1) De interpr. o- 7. Die allgemeinen Urtheile werden hier als solche be- 
leichnet, welche M tüv xsööXo'j aTtofpaivavrai xaBÄXou, die partikularen, welche 
mcb jv.uipn oder xnrl fiipo; genannt werden (Anal. pr. I, 1. 24, a, 17. c. 2. 
J5, a, 4. 10. 20 n. ö.), als solche, die M -CÜJv xaUla-j uh \l\ xiOilou 8k änoipai- 
•mn, d. h. in beiden ist das Subjekt ein xaBo'Xou, i h& ttXsiSyiuv ic^uxe xaTrjyb- 
ptiatai, aber in den einen wird das Prädikat von diesem Snbjekt seinem gan- 
ten Umfang nach ausgesagt, in den anderen nicht. 
2) Wahrend De interpr. von den unbestimmten Urtheilen nicht mehr ge- 
sprochen wird, sondern die individuellen in ihre Stelle eindicken, sagt Anal. 
pt. I, 1. 34, e, 16 (vgl. 0.2. 26,«, 4. c. 4. 26, b, 8 n, ö.): Jtporaaic . . . 3) x«86Xou 
i b ulpei t) äBtipwtoc. Die Beispiele jedoch, welche hier angeführt weiden: 
tüvivmmwv *ft«i -rijv aorjjv &twn{üj]v, t))v i)8ov))vu.j)il!vat 0^08^1, gehören logisch 
""richtet zu den allgemeinen Sätzen, andere, die man herziehen kannte, wie 
i3T " Wlpowwi Bixjio;, sind partikulare. Arist, selbst macht auch in der Analytik 
'an den Kptrriien iBiiprarai keinen weiteren Gebranch; Theopbrast bezeichnete 
mit diesem Namen die partikular verneinenden (Alex. Analyt. 21, b, m.}, oder 
*ie Amol. De interpr. 73, a, m angiebt, die partikularen Satze Überhaupt. 
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160 Aristoteles. 
die Modalität der Urtheile; er unterscheidet solche, die ein wirk- 
liches, ein notwendiges, und ein mögliches Sein aussagen '); 
diese Unterscheidung fällt jedoch mit der jetzt üblichen zwischen 
assertorischen apodiktischen und problematischen Urtheilen nicht 
zusammen, denn sie bezieht sich bei Aristoteles nicht auf den 
Grad der subjektiven Gewissheit, sondern auf die objektive Be- 
schaffenheit der Dinge, und unter dem Möglichen will er dabei 
überdies« nicht alles, was sein kann, sondern nur dasjenige ver- 
standen wissen, was sein kann, ohne nothwendig zu sein, was 
mithin sowohl sein als nicht-sein kann *)• Den Folgesätzen, welche 
er aus seinen Bestimmungen ableitet, haben zum Theil schon Theo- 
phrast und Eudemus widersprochen '). Der sog. Relation der Ur- 
1) Anal. pr. I, 2, Anf. : jtäoa ixpixasi; imv t t tou fiKap^uv t t tob ^ oviviujj 
Sraip/Eiv j) toS Evär/eoBai ijxapveiv. 
2) Anal pr. I, 13. 82, s, 18: }jp* 6" EvBtxwBai xal xb b&ty&ptvav, öS uJ| 
övra; avoiYxaiou, te6eVco{ S' CjxapY_EW, oüSkv iarai öii Tour' äSüvsTov. Z. 28: larai 
äpa xb JvfiE^d^EVOV oix iva'rxa'io« x«t xb |*)| ava-fxatov iyBt^duivov. Meteph. IX, 3. 
1047, a, 24: itrtt 8t Buvaxbv touxo, w Eav taip?r, J) EVEp-jtia, öS Wysrai e" x eiv T^v 
BiSvbu.iv, oiBh Etrxu! «Biivotetv. Ebenso c. 4. 1047, b, 9.: c 8. 1050, b, 8: 
Jtaaa S'Jvapti ajia x?j( ävxi? ij£<u( iazw ... xb ipa Suvcni» e7ybi itüftxxt xal eIvbi 
xa'i [i-i] etvai ■ xb aijtb öpa Suvaxbv xa\ cTvai xa\ jij eTvm. IX, 9, Anf. ; öoa yap xaxa 
xb Suvaofloi XsSfExai, xafirfv Iotl Buvoxbv xävavxia: was gesund Bein kann, kann 
auch krank aein , waa ruhen kann, kann sich auch bewegen, wer bauen kann, 
kann such niederreiasen. 
3) Ariet. aagt, in der Möglichkeit sei zugleich auch die Möglichkeit dos 
Gegentheiis enthalten {». vor. Anm. uud De interpr. o. 12. 31, b, 13: Soui 31 :o 
aflxb Bsjvaafloi xat etvai tat jii) eTvai- jräv jap xb Suvocxbv xijiviaflai J[ ßaäijEiv xa'i (i)| 
ßaSi^tiv xai iai; WjivtcrSat Suvatov u. a. w.), indem er für die liestlmmnng dieaes 
licgiitfa von degenigen Bedeutung der Süvojj.^ .anageht, wornach sie ein Ver- 
mögen zu Chan oder tu leiden bezeichnet (Metanh. IX, 1. 1046, a, 9 ff. V, 12, 
Anf.); und das« diese Möglichkeit des Qegentheila nicht immer eine gleich 
atarke ist, dasa das EvBsYjSjisvov oder äuvatbv (denn diese beiden Ausdrücke sind 
der Sache nach gleichbedeutend) bald ein solches bezeichnen soll, was in der 
Regel, aber doch nicht ausnahmslos , eintritt, bald ein solches, waa gleich gut 
eintreten und nicht eintreten kann (AnaL pr. a. a. O. 32, b, 4 ff), ist unerheb- 
lich. Er behauptet daher Anal. pr. I, 13. 32, a, 29 (vgl. De coclo I, 12. 282, 
a, 4), die Möglichkeitaaitze lassen sich in der Art umkehren, das« ans dem £*- 
Bej^oÖii Ü7iip^eiv immer anch das EvStgtofou u.j] inap/tiv, ans dem Jtavx\ evä^Eaflai 
das Ivhtytaiui |u|Scvt und pi, navx\ (die Möglichkeit, daas das fragliche PrAdikat 
Keinem, oder nicht Allen zukomme — Fbastl Gesch. d. Log. I, 267 erklärt die 
Worte unrichtig) gefolgert werde, denn da das Mögliche kein Notwendiges 
sei, könne von allem, was (Mos) möglich ist, auch das Gegentheil lUttündcn; 
. „Lzeday G00gle 
Das Drtheit 
(heile schenkt Aristoteles so wenig, als den hypothetischen und 
disjunktiven Schlüssen, Beachtung; nnr in dem, was er vom aus- 
nnd aas demselben Grunde l&ngnet er (ebd. o. 17. 36, b, 3G) für die MöglioL- 
kcitssätze die einfache Conversion der allgemein vernein enden Urtbeile; denn 
Ja äaa verneinende Urtheil: „es ist möglich, dass kein B A ist," ihm infoige 
dai bejahende: „es ist möglich, daaa jedes B A ist," in sich aohlieist, so würde 
die einfache Conrersion des erateren die einfache CoQversion eines allgemein 
bejahenden Uitbeils in eich schliessen, allgemein bejahende Urtbeile kennen 
aber nicht einfach convertirt werden. Theophragt und Eudemus widerspraohon 
diesen Behauptungen , indem sie anter dem Möglichen alles das verstanden, 
was stattfinden kann, die>Beitinunnng dagegen, dass es zugleich auch müsse 
nicht-stattfinden können, aufgaben, und somit das Nothwendige mit zu dem 
Möglichen rechneten (Alex. Analyt. pr. 51, b, m. 64, b, n. 72, a, u.b,m. 78,a,u.). 
Aristoteles selbst (Anal. pr. I, 3. 26, a, 37. De interpr. c. 13. 22, b, 29 Tgl. 
Hetaph. IX, 2, Anf. c. ö. 1046, a, 4. & 8. 1050, b, 30 ff.) giebt mit Bflckiioht 
auf die Naturkräfte (ouväjiti;), die nur in Einer Richtung wirken, zu, dasa auch 
du Nothwendige ein Mögliches (Suvaibv) genannt werden künno, und daaa un- 
ter dieser Voraussetzung die allgemein verneinenden MüglichkeitsaHtze einfach 
convertirt, und von der Noth wendigkeit auf die Möglichkeit geschlossen wer- 
den könne, aber er sagt zugleich auch, Ton seinem Begriff des Möglichen gelte 
äisee nicht. — Zwei weitere Streitpunkte zwischen Aristoteles und Beinen 
Bchfllera, aber die Alexahbbb, eine eigene Schrift verfasst hatte (Alex. Anal. 
10, t), m. 83, a, o.), entstanden bei der Frage über die Modalität der Schluss- 
latte in Schlüssen, deren Prämissen verschiedene Modalität haben. Aristoteles 
tagt, wo die eine Prämisse ein Müglichkeits- die andere ein Wirklich keitsa atz 
iit, ergebe sich nur in dem Fall ein vollkommener Scblusa, wenn der Obersatz 
ein Möglich keitssatz sei; sei es dagegen der Untersatz, so erbalten wir theils 
einen unvollkommenen ttchluss, d. h. einen solchen, dessen Schlusssatz nur 
durch dedueiio ad absurdum, nicht unmittelbar aus den gegebenen Prämissen, 
gewonnen wird, tbeila müsse die Möglichkeit, wenn es ein verneinender Schluas 
wt (richtiger; in allen Fallen) imSchlusssatz nncigentlich (nicht von dem, was 
■ein und nicht sein kann) verstanden werden (Anal. pr. I, 15}. Theophrast 
nnd Eodemns dagegen waren der Meinung, auch in diesem Fall entstehe ein 
vollkommener Sebluss der Möglichkeit (Alex. a. a. O. 56, b, o. u.). Beide 
Theile von ihrem Begriff dea Möglichen ans mit Recht. Versteht man unter 
dem Möglichen alles, was sein kann, auch das Nothwendige mit eingeschlossen, 
Wlind die Schlüsse ganz richtig and einfach: „Jedes B ist A, jedes C kann 
B sein, also kann jedes C A Bein;" „kein B ist A, jedes C kann B sein, also ist 
es möglich, dasa kein C A ist." Soll dagegen möglich nur das beissen, dessen 
Gegentheil gleichfalls möglich ist, so kann man diese Schlüsse nicht machen, 
weil in diesem Fall der Untersatz : „jedes C kann B sein" den verneinenden 
8»li mit enthält; .jedes C kann nicbt-B-sein." Man kann z. B. nicht 
■etiiessen: Jeder Geschworene ist ein Mensch, jeder Staatsbürger kann mög- 
licherweise Geschworener sein (möglicherweise aber auch keiner sein), also 
PUlu. 4, Gr. IL Bd. 1. Abu. 1 1 
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schliessenden Gegensalz sagt *), liegt der Keim zu der Lehre vom 
disjunktiven ürtheil. Dagegen handelt er ausführlich, aber mir 
im Zusammenhang der Schlusslehre , von der Umkehrung der Ur- 
theile Oi für welche er die bekannten Regeln a ) feststellt; nur in 
Betreff der Möglichkeitssätze verwickelt ihn seine eigeolhümliche 
Begriffsbestimmung des Möglichen in die oben erörterten Schwie- 
rigkeiten. 
Ausführlicher hat Aristoteles die Lehre von den Schlüssen ent- 
wickelt, und sie gerade ist auch seine eigenste Erfindung *). Wie 
kann jeder Staatsbürger möglicherweise ein Mensch lein, möglicherweise aber 
■nah keiner sein." Ebensowenig verneinend: „kein Geschworener ist ein Aus- 
länder, jeder Staatsbürger kann Geschworener sein, also ist es möglich (aber 
nicht notwendig), dass kein Staatsbürger ein Ansiander ist" — Und wie 
Theophrast und Eademus in diesem Fall einfach daran festhielten, dass die 
Modalität des Schlasssatzes sich nach der schwächeren von den Prämissen 
richte (Alex. a. a. O.), so behaupteten sie nach demselben Grundsatz, wenn 
die eine Prämisse assertorisch, die andere apodiktisch ist, sei der Scblasssatz 
assertorisch (Ales, a, a. 0. 40, a, m. 42, b, n. Philo r,, Sohol. in Arist. 158, 
b, IS), während er nach Aristoteles (Anal. pr. I, 9 ff.) dann apodiktisch ist, 
wenn es der Obereatz ist. Anch in diesem Fall laset sich, je nach der Bedeu- 
tung, welche der Modalitttt der Satze beigelegt wird, beides behaupten. Sollen 
die Satze: „B muss A sein," „B kann nicht A sein" das aasdrücken, dass zwi- 
schen B and A nicht zufälliger- sondern noth wendiger weise eine Verbindung 
stattfinde, oder nicht stattfinde, so folgt, dass auch zwischen jedem in B Ent- 
haltenen and A vermöge derselben Noth wendigkeit eine Verbindung stattfindet 
oder nicht stattfindet (wenn alle lebenden Wesen kraft einer Natura oth wendig- 
keit sterblich sind, so gilt dasselbe auch von jeder Art lebender Wesen z. B. 
den Menschen); nie diesa Aristoteles a. a. 0. 30, a, 21 ff. ganz klar zeigt. 
Bollen dagegen jene Sitze besagen, dass wir genöthigt seien, A mit B ver- 
bunden oder nicht verbunden zu denken, so lasst sich der Satz: „C muss (be- 
ziehungsweise: kann nicht) A sein," aus dem Satze: „B muss (oder: kann nicht) 
A sein" nur dann ableiten, wenn wir uns C anter B subsumirt tu denken ge- 
näthigt sind; wissen wir dagegen nur thatsSchlicb (assertorisch), dass C B ist, 
so wissen wir auch nur that sachlich, dass C das ist oder nicht ist, was wir ans 
mit B verbunden oder niebt verbunden denken müssen. 
1) S. o. S. 157. 
2} Anal. pr. I, 2. 8 Tgl. c. 13. 32, a, 29 ff. c. 17. 36, b, 15 ff. II, 1. 53, 
1,8 ff. 
3) Einfache Umkehrung der allgemein verneinenden, and partikulär be- 
jahenden, partikulare (die später sogenannte eonversio per accideni) der allge- 
mein bejahenden, gar keine Conversiou der partikulär verneinenden Urtheile 
— denn die ctmverrio per amtrapositionem kennt er noch nicht 
4) Wie er selbst sagt soph. el. c. 34. 183, b, 34. 184, b, 1. 
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Der Schlna«. 163 
er den Namen des Syllogismus in die Wissenschaft eingeführt hat *)» 
so ist er auch der erste, der es bemerkt hat, dass jeder Zusammen- 
hang und Fortschritt unseres Denkens auf der syllogistischen Ver- 
knüpfung der Urlheile beruht. Ein Schluss ist eine Gedankenver- 
bindung, in welcher aus gewissen Annahmen, vermöge ihrer selbst, 
ein Weiteres, von ihnen Verschiedenes, mit Nothwendigkeit her- 
vorgeht 8 ); dass es sich hiebet immer zunächst nur um zwei 'An- 
nahmen, oder genauer, um zwei Urtheiie handle, aus denen ein 
drittes abgeleitet werden soll, dass daher kein Schluss mehr als 
zwei Vordersätze haben könne, zeigt Aristoteles am Anfang seiner 
Schlosslehre nicht ausdrücklich , wenn er es auch später s ) an der- 
selben nachweist. Die Ableitung eines dritten Urtheils aus zwei 
gegebenen wird aber nur in der Verknüpfung der in diesen noch 
unterbundenen Begriffe bestehen können 4 )) und eine solche ist nur 
dann möglich, wenn sie durch einen mit beiden verbundenen Begriff 
vermittelt wird *}• Jeder Schluss muss daher nothwendig drei Be- 
griffe, nicht mehr und nicht weniger, enthalten 6 ), von denen der 
mittlere in dem einen Vordersatze mit dem ersten, in dem andern mit 
dem dritten in einer Weise verbunden ist, welche die Verbindung 
des ersten mit dem dritten im Schlusssatz herbeiführt. Dieses selbst 
1) Vgl. Pbantl Gesch. d. Log. I, 264. 
2) Anal. pr. I, 1. 24, b, 18: ?uU.o-]-iajj.Q{ Se eoti X&fOf h & -tsWvTwV TOÖW 
fapiv ;i twv x;i[i£Wv 1% ävav*7]s oupßatai i.ü taüta sTvai. (Ebenso Top. I, I. 100, 
a 25 Tgl. soph. el. e. 1. 165, a, 1.) Wyui i\ „tu Ta&ra tW" t'o 3ii tauvi <r»\i- 
faita* , tb äi „8ia taut« jujißaivEiv" to [A7]Stvb( ?Eu)0ev Spoo icpototf» ffp'o; to ftvia- 
ftai to ivoYxaton. 
3) Anal. pr. L 25. 42, a, 82. Was die Terminologie betrifft, so heiasen die 
Vordersätze gewönnlieh repotiozu, Metaph. V, 2. 1013, b, 20: üiroStaetc tüCouu.- 
nfiT|inro;, der Untersatz Etn. N. VI, 12. 1143, b, 3. VII, 6. 1147, b, 9: i> Srfp« 
(oder TEXcuTai'a Jtp6raai(), der Scbluseaatz stehend CTupiirE'paou.a. Anal. pr. II, 1. 
5B, a, IT ff. jedocb steht wjpr.ip. vom Subjekt des Bchlnasaatiea. 
4) Ein Satz, den Ariat. allerdings nicht in dieser Form ausspricht, der 
aber aas seiner Definition des Urtheils unmittelbar folgt, wenn wir dieselbe 
Mi den Torliegenden Fall anwenden. 
5) Vgl. Anal. pr. I, 23. 40, b, 30 ff., namentlich aber 41, a, 2. 
6) A. a. O. c. 25, Anf. Ebd. 42, b, 1 ff. über die Zahl der Begriffe und 
Sitae in ganzen Schlussreihen. Von den drei Begriffen (Speis, o. 14?, 1, Schi.) eines 
Schlaues heisst der, welcher in beiden Vordersätzen vorkommt, jjiooj, der, 
»on welchem dieser urnfssst wird , der höhere {[itftot oder Kpürov sxpov), der, 
welcher Ton ihm umfasst wird, der niedrigere (CUcrqv äxpov oder io^enov). 
Anal. pr. I, 4. 25, b, 85. 82. 26, a, 21. c. 38, Auf. o. o. 
11* 
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t&l Aristoteles. 
aber ist auf dreierlei Art möglich. Da nämlich jedes Urtheil in der 
Verknüpfung eines Prädikats mit einem Subjekt besteht Cdie hypo- 
thetischen und disjunktiven Urtheile lässt ja Aristoteles ausser Rech- 
nung), die Verbindung zweier Urlheile zum Schluss aber, oder die 
Ableitung des Schlusssatzes aus den Vordersätzen, auf der Bezie- 
hung des Mittel begriffe zu den beiden andern beruht, so wird die 
Art und Weise jener Verbindung Cdie Form des Schlusses) von der 
Art abhängen, in welcher der Mittelbegriff auf die andern bezogen 
ist 0* Hiefür zeigen sich aber nur drei Möglichkeiten. Der Mittel- 
begriff kann entweder Subjekt des höheren und Prädikat des niedri- 
geren Begriffs sein, oder Prädikat von beiden, oder Subjekt von 
beiden 0; den vierten möglichen Fall, dass er Subjekt des niedri- 
geren und Prädikat des höheren Begriffs sei , fasst Aristoteles nicht 
ausdrücklich in's Auge; wir werden ihn aber desshalb um so we- 
niger zn tadeln haben, da dieser Fall wirklich bei einem reisen 
und strengen Verfahren nicht vorkommen kann *)■ Wir erhalten 
demnach drei Schlussfiguren Ot^[/.ktoO, welche- sämmtlich der ka- 
tegorischen Schlussform angehören; für die sogenannte vierte Fi- 
gur der späteren Logik 4 ), lässt Aristoteles, wie bemerkt, keinen 
Raum, und den hypothetischen Schluss hat er so wenig, wie den 
.disjunktiven, als eigene Form behandelt 5 ). 
1) Anal. pr. I, 23. 41, a, 13, am Schluss des Abschnitts über die Schluss- 
flguren, fährt Arial., nachdem er die Notwendigkeit and Bedeutung des Mit- 
telbegriffs, als Verbindungsglied zwischen major and minor, entwickelt hau 
fort: el q8v kii^r.-^ \a& ti laßfiv npb( äjtaiu xoivbv, toüto B' (vB^etbi Tp[Y_£>( (1 Y=P 
tb A to5 r*«t to T toS B »«T>iYopi{OTivTBt, )| tb F x«' ifipolv, J[ öfifiu toxk toü 
T), taik« B* fett ti efpniUvo o^tfjiOTB, pavspi™ Sti novta ouXXofiaubv a.vifxr\ ^Iveo-- 
Bai Sii toiJuüv tnbt tölv apipäTaiv. 
2) Die Stellung der ßutzu ist bekanntlich für die Form de« Schlüssen gleich- 
gültig; die seitdem übliche Varanstellung des Obersatzes ergiebt sich aber für 
Aristoteles natürlicher, als für uns. Er beginnt nämlich bei der Darstellung 
der Schlüsse nicht, wie wir es gewohnt sind, mit dem Subjekt, sondern mit 
dem Prädikat des Ohereatzes: A äiräp);Ei r.xvil tö B, B Im&tffu XarA T(Ü T, SO 
dass also bei ihm auch im Ausdruck ein stetiges Herabsteigen vom höheren 
zum Mittelbegriff und von diesem zum niedrigeren stattfindet. 
S) Was hier allerdings nicht nachgewiesen werden kann. 
4) Uener sie wird später zu sprechen sein, wenn die neue Bearbeitung 
dieses Werks an ihren Erfinder, Gilbk, kommt; inzwischen vgl. in. 1'«*htl 
Gesch. d. Log. I, 670 f. 
ß) Ob diess ein Mangel, oder wie Pbabti, Gesch. d. Log. I, S9S will, ein 
Der Schlnas. 405 
Fragt man nun , was für Schlüsse in diesen drei Figuren mög- 
lich sind, so ist zu beachten, dass in jedem Schluss ein allgemeiner, 
und ebenso in jedem ein bejahender Satz vorkommen muss *); dass 
ferner der Schlusssatz nur dann allgemein sein kann, wenn es beide 
Vordersätze sind 0; dass endlich in jedem Schluss sowohl hinsicht- 
lich der Qualität als hinsichtlich der Modalität mindestens einer der 
Vordersätze dem Schiasssatz ähnlich sein muss *)• Doch hat Ari- 
stoteles diese Bestimmungen nicht in allgemeiner Weise aus der 
Natur des Schlussverfahrens abgeleitet, sondern erst aus seiner 
(Jebersicht Aber die einzelnen Schlussweisen abstrahirt. 
Diese selbst ist bei ihm sehr sorgfältig ausgeführt. Er weist 
nicht allein für die drei Figuren die bekannten Schlussformen nach *), 
sondern er untersucht auch mit eingehender Genauigkeit, welchen 
Einfluss die Modalität der Yordersälze, sowohl in reinen als in 
Vorzug der aristotelischen Logik ist, haben wir hier gleichfalls nicht au unter- 
suchen; wenn jedooh dieser Gelehrte mit Biese (Phil, d. Arist. L. 156) die von 
Andern vermisste Berücksichtigung der hypothetischen Schlüsse in den Be- 
merkungen über die Voraussetznngsschlüsse (oiAXo-f lsjaoI i£ ir.ofliocioi) Anal. pr. 
L 23. 40, b, 26. 41, s, 21 ff. c. 29. 45, b, 22. c. 44 sucht, so vermischt er cwei 
verschiedenartige Dinge. Aristoteles bezeichnet als hypothetische Sehlüflso die- 
jenigen, welche von einer unbewiesenen Voraussetzung ausgehen (vgl. Wiite 
e. Anal. 40, b, 26); wir verstehen darunter solche, deren Obersalz ein hypo- 
thetisches Urtheil ist; dieses beides fällt aber gar nicht nothwendig zusam- 
men: eine unbewiesene Voraussetzung kann auch in einem kategorischen Bete 
ausgedrückt, ein hypothetischer Satz umgekehrt vollständig erwiesen sein. 
Unsere Unterscheidung des Kategorischen und Hypothetischen betrifft aus- 
schliesslich die Satzform, welche in dem einen Fall das Verhältnis* des Dings 
zur Eigenschaft, das der Inhlrenz, in dem anderen das Verhältniss des Bedin- 
genden zum Bedingten, das der Causalität, ausdruckt, die Begriffe dort nach 
jenem, hier nach diesem Gesichtspunkt verknüpft. 
1) Anal pr. I, 24, Anf.: fri ti h ÖTtavTt (sc. ouXXof t<j|i(J} 8ä xot«rropixov twe; 
tüv Epuv fTvai xal tb xaQiXou fnt&pytiv. Das Entere wird nicht weiter bewiesen, 
indem Arist. wohl voratusetit, dass es ans der vorangehenden Darstellung der 
Sohlossfignien erhelle; aum Beweis des Zweiten fahrt er fort; «viu fäp teil *a- 
fliXou *j ein ätrrcu duXÄo-]-ra|ib; , \ od Kpö; to ulpsvov, ? ( to 1% iffjli «M 01 ™ 1 ! wu 
im Folgenden näher ausgeführt wird. 
2) A. *,. O. 41, b, 23. 
3) A. a. 0. Z. 27. 
4) Für die erste Figur (um die scholastischen Beseiohnnngen an gebrau- 
chen) die Modi: Barbara, Darü, Ctkarent, Ferie (Anal. pr. I, 4); für die (weite: 
Cetars, Camzstru, Feitino, Saroeo (ebd. c 6); für die dritte: Darapti, Ftlap- 
ton, Ditamii, Daliri, Bocaräo, Frfhon (o. 6). 
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166 Aristoteles. 
gemischten Schlüssen, auf die des Schlusssatzes und auf das ganze 
Schlussverfahren ausübt ')• Als vollkommene Schlüsse betrachtet er 
aber nur die der ersten Figur, weil bei ihnen allein, wie er glaubt, 
die Notwendigkeit der Schlussfolgerung unmittelbar aus ihnen selbst 
erhellt; die beiden andern dagegen liefern unvollkommene Schlüsse 
und müssen durch die erste vollendet werden: ihre Beweiskraft be- 
ruht darauf und ist dadurch zu erweisen, dass sie durch Umkehrung 
der Sitze oder auf apagogischem Wege auf die erste Figur zurück- 
geführt werden 1 ). Die gleichen Schlussformen kommen selbstver- 
ständlich auch bei dem apagogischen und überhaupt bei dem vor 
aussetzungsweisen Verfahren in Anwendung *). 
Wie nun diese Formen für den wissenschaftlichen Gebrauch zu 
bandhaben, und welche Fehler dabei zu vermeiden sind, hat Ari- 
stoteles gleichfalls ausführlich erörtert. Er zeigt zuvörderst, was 
für Sätze schwieriger zu erweisen und leichter zu widerlegen sind, 
und umgekehrt *); er giebt sodann Regeln für die Auffindung der 
Vordersätze, welche den Schlüssen zu Grunde gelegt werden sollen, 
mit Rücksicht auf die Qualität und Quantität der zu beweisenden 
Sätze '0, nicht ohne bei diesem Anlass auf die platonische Methode 
der Einteilung 6 ) einen tadelnden Blick zu werfen 7 ); er handelt 
1) A. a. 0. c 6—23, Tgl. die Bemerkungen S. 161 f. Anm. 
2} M. a. die angeführten Abschnitte, namentlich c. 4, Schi. c. 5, Sohl. c. 6, 
Schi. c. 7. 29, a, SO. b, 1 ff. c 23, vgl. c 1. 24, b, 22: t&uqv ;j.:v oSv xaXG aul- 
lo-pa(iov töv jjd]£gv'o( äXÄou itfOiSt&jxtnv iraoi xa c!Xr,|i|iEW Rpbt td favJjvai tb 
av»Y*ito«, «TeXij 81 t'ov ^poiStdjitvoii i) ivbf ^ nXeuSvtnv, & toxi uiv äva^xala Siä nn 
■J7toiii[jivwv Spuv, OJ |i)jy Eilijniai Sii TtpoTcaEuv. Die Prüfung der aristoteli- 
■ohen Ansieht dürfen wir ans auch hier ersparen. 
3) A. a. 0. e. 23. 4t, a, 21 ff. Tgl. oben S. 164, 1. 
4) A. a. O. o. 26. 
5) A. a. O. o. 27—29, auch hier (c. 29) mit der uua drück lieben Anwen- 
dung auf die apagogischen und Voraussetiungssohliisse. 
6) M. s. über diese: Ute Abth. S. 396 ff. 
7) Die Begriffe mittelst fortgesetzter Eintheilungen bestimmen zu wollen, 
sagt er c. 31, sei verfehlt, denn gerade die Hauptsache, das zu Beweisende, 
müsse man dabei voraussetzen. Wenn es eich i. B. um den Begriff des Men- 
schen als eines £üov Oviffov handle, SO würde aus den Sätzen: „alle lebenden 
Wegen sind entweder sterblich oder unsterblich, der Mensch ist eis lebendes 
Wesen" nur folgen, dass der Mensch entweder sterblich oder unsterblich sei, 
dass er ein tijiov Ovjjtov sei, ist blosses Postulat. A. sagt dessbalb von der Ein- 
theilung, sie sei oTov öoScvi); (nicht bündig) ouXXoYia[j.d(. Aehulicb Anal, post 
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Der Schluss. 167 
eingehend darüber, was man zu beobachten und wie man zu verfahren 
hat, am den so gefundenen Stoff der Beweise in die regelrechte 
Schlussform zu fassen l }. Er bespricht ferner die Tragweite der 
Schlüsse in Beziehung auf den Umfang des durch sie Erschlosse- 
nen Oi die Schlüsse ans falschen Vordersätzen s ), den Zirkel- 
schluss *) und die Umkehrung des Schlusses 9 )* die Widerlegung 
aus den Folgesätzen e ), die Schlüsse, welche sich ergeben, wenn 
die Vordersätze eines Schlusses in ihr Gegentheil umgesetzt wer- 
den '), die mancherlei Fehler im Schliessen und die Mittel, ihnen 
zq begegnen 8 )- Er untersucht endlich diejenigen Arten der Be- 
glaubigung, welche nicht zur Beweisführung im strengen Sinn ge- 
boren *) , um auch an ihnen das einer jeden eigentümliche Schlüss- 
ig 5. Auch part. an. I, 2 f. wird das platonische Verfahren getadelt, weil e* 
(der 8. 145, 2 besprochenen Regel zuwider) die Zwischenglieder nnnothig ver- 
TielfUtige, dasselbe nnter Terschiedenen Gattungen aufführe, negative Merk- 
male aufstelle, nach allen möglichen sich kreuzenden Gesichtspunkten theile 
a. a. w. Tgl. Meyuh Ärist. Thierknnde 71 ff. 
1) A. a. O. e. 32—46. 
S) Anal pr. II, 1. 
8) Ebd. c 2, Anf. (vgl Top. TuT, 11 t. 162, a, 9. b, 18): $ ShfiSt» |i*v 
A oix fon ü/jÜSot miX)iof(aa<n)ai , ix ^eufiüv 6' ftrnv ÜTjflts, nX))v au Sldrt iU' 
st!' tuu Y^p Siöti aux turn ix ifieuStüv ouXXoti-j|i(>( (weil nbulich falsche Vorder- 
aätac eben die Gründe, das StdxL, falsch angeben, TgL Ö. 1 11, 1). Unter welchen 
Bedingungen diese in den einzelnen Figuren möglich ist, erörtert c. 2 — 1. 
i) YoxtixXtax.AiZiXk-fi.tav tewoBm. Dieses besteht darin, dass der Sobloss- 
uU eines Schlusses, welcher dann aber natürlich anderweitig feststehen musi, 
in Verbindung mit der umgekehrten einen Prämisse aum Erweis der anderen 
gebraucht wird. Ueber die Fälle, in welchen diess möglich ist, a. m. a. n. O. 
o. 5—7; gegen den fehlerhaften Zirkel im Beweis Anal. post. I, 3. 72, b, 36. 
5) Aufhebung der einen Prämisse durch die andere in Verbindung mit 
dem contradieto riechen oder euntr aron Gegentheil des Sehlusssataes ; a. a- O. 
c. 8—10. 
6) Die Deductio ad absurdum, ö 3ii to3 äSuvsVtou auU.OTioydt o. 11 — 14, 
*gl. Top. VIII, 2. 167, b, 34. o. 12. 162, b, 6 and Anal. post. I, 26, wo bemerkt 
wird, dass die direkte Beweisführung höheren wissenschaftlichen Wertb habe. 
7) A. a. O. e. 15. 
8) Die petüio prinapii {tb lv ipxfi ottffo9at) o. 16 Tgl. Top. VTH, 18; das 
M rcopo xoSto ou|ipa(v£iv to tyüom, e. 17; das npürov ^luGo« o. 18 Tgl. Top. VIII, 
10; daraus abgeleitete Segeln fiir das Disputireu c. IS f.; aber die Täuschung 
durch voreilige Voraussetzungen c. 21; fiber die Prüfung gewisser Voraus- 
•etinngen durch Umkebrnng der in einem Schluss enthaltenen Sfttie c. 22. 
9) Die Induktion c. 28; das Beispiel c 24 (Tgl. Anal, post I, 1. 74, a, 9. 
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168 Aristoteles. 
verfahren nachzuweisen ')■ Wir können auf diese Untersuchungen 
hier nicht naher eintreten, so viel ihnen auch die Anwendung des 
syllogistischen Verfahrens ohne Zweifel zu verdanken bat, und so 
entschieden auch sie die Sorgfalt beweisen, mit welcher der Philo- 
soph an seiner Ausbildung gearbeitet hat. 
Auf der Grundlage der Syllogistik erbaut sich nun die Lehre 
von der wissenschaftlichen Beweisführung, welche Aristoteles in 
der zweiten Analytik niedergelegt hat. Jeder Beweis ist ein 
Schlnss , aber nicht jeder Schlnss ein Beweis; sondern allein der 
wissenschaftliche Scbtuss verdient diese Bezeichnung *). Das Wis- 
sen besteht aber in der Erkenntnis« der Ursachen, und Ursache 
einer Erscheinung ist dasjenige, woraus sie mit Notwendigkeit 
hervorgeht '}. Ein Beweis und ein Erkennen durch Beweis fin- 
det daher nur da statt, wo etwas aus seinen ursprünglichen Ur- 
RheL I, 2. 1356, b, 2. 1357, h, 26. II, 20); die iira-ji,]-^ (Zurackffihrung einer 
Aufgabe auf eine andere, leichter in lösende) c. 26; dielnstanz (ivexome) c 26; 
den Schlisi am dem Wahrscheinlichen (itx'04) oder gewissen Anzeichen (orjpßct), 
welchen A. F.nthymem nennt, c. 27, Du nichtigste von diesen ist die Induk- 
tion, über die wir auch später noch in sprechen haben werden. Sie besteht 
darin, dass der Oberes tx mittelst de« Unter- und ächlusisstzes bewiesen wird. 
Wenn z.B. apodiktisch in tchliessen wäre: „alle Thiore, die wnuig Galle haben, 
sind langlebig; det Mensch, das Pferd n. i, f. haben wenig Galle, also sind sie 
langlebig", so scbliosst die Induktion: „der Mensch, das Pferd u. s. f. sind 
langlebig, der Mensch u. s. f. haben wenig Galle, also sind die Thiere, die 
wenig Galle haben, langlebig," was aber nnr angeht, wenn der Mittelbegriff 
(Thiere die wenig Galle haben) mit dem untersten (der Mensch □. s. f.) gleichen 
Umfang hat, wenn somit der Untersatz („der Mensch u. s. f. haben wenig Galle") 
einfach umgekehrt und dafür geseilt werden kann: „die Thiere, welche wenig 
Galle haben, sind der Mensch n. s. w." (A. *. O. c. 23). 
1) Das Nähere eher diese Erörterungen a. m. bei Pbabtl S. 299 — 821. 
In der Auswahl und Reihenfolge der einzelneu Abschnitte lagst sich keine 
strenge Disposition wahrnehmen, wenn auch das Verwandte ku »ammengestellt 
ist. lieber die Gliederung der ersten Analytik im Gänsen Tgl. ra. B* Audis 
6. 204 f. 219 ff. 
2) Anal. post. I, 2. 71, b, 18: £xä3a&v 81 \(fw ouXXoriopov &t«mi|jLOvtxeY 
Und nachdem die Erfordernisse eines solchen aufgezählt sind: oiAXo-ftoj/is u)v 
f«p eutffi xai avtu Tutixeov, ixittd-it 8' oux fotac ob yäf Ttonjati feraufjHjv. 
8) A. a. O. c 2, Amts bclawA«. Bi otyuB' exerov ä«Xü* . . . Srav ti)v t' 
jtfrto o!ü[ttOa yvtämaw 8t' ijv t'o Kpiy\iJc iuttv, Sti fcteivou «frfa (VA, x«l p)] hü- 
XeoS«! -tout' äXXidj ex"v. Weitere Belegstelleu s, o. 1 10, 8. 
^Google 
Sachen erklärt wird ')» und Gegenstand der Beweisführung:, ist 
nur das Notwendige: der Beweis ist ein Schluss aus notwen- 
digen Vordersätzen s ); nur bedingter Weise kann man auch das, 
was in der Regel, aber nicht ausnahmslos, stattfindet, in seine 
Aufgabe mit aufnehmen s ). Das Zufällige dagegen kann nicht be- 
wiesen und überhaupt nicht gewusst werden *)- Und da nun ein 
Nothwcndiges nur das ist, was sich aus dem Wesen und dem 
Begriff 'des Gegenstandes crgiebt, alles Andere dagegen ein Zu- 
fälliges, so kann auch gesagt werden: alle Beweisführung beziehe 
und gründe sich ausschliesslich auf die Wesensbestimmungen der 
Dinge, der Begriff jedes Dings sei das, wovon sie ausgeht und 
welchem sie zustrebt 5 )- Je reiner und vollständiger uns daher 
ein Beweis über das begriffliche Wesen und die Ursachen eines 
Gegenstands unterrichtet, um so höheres Wissen gewährt er; der 
1) Ä. a. O. 71, b, 19: d tolvuv l<r& tb EWaraoflai oT&v fflt|Uv, äviyir, xat -,)]v 
isoäftxTw))v ir.ir^^t e'£ «Xi]8tuv t' Am xa\ itpuVniiv in äjiferu» (hierüber später) 
«i fviuprjijii-rfpiiiv xol sportpiiiv roü <io|<.7r(pi<i|j,aTO( ■ oOtid yip Zaovtai hA a! ipX<ü 
a'jün tou oewvj(jivou. Z. 29: aTna tt ... Sei stvai (so. d»a , woran* ein Beweis 
■bgeleitet wird) . . ., Eti ti-re ejjurcijieS« irav d)v ohiav stäüpn. 
3) A. a. O. c. 4, Auf.: im\ S' äSifvarsv äXXti; fy. tlv öS fattv smonjpj äjrXfl(, 
mrpealo» Sv (fy tb ftnanpiv tb xati t))V ÖKoSsmtiicV öna-nfjMjv. änobisTiitj) 8* 
Iritv Jjv e^O[«v tö ffjiii facdtaEw' ff; äwrfxalnv «pa <juXXofia|xd( Jora Jj iniBttSic. 
Vgl. Aura. 6. 
3) MetJiph. XI, 6. 1065, a, 4: imtrnfiu] fiiv fip näaa tou aä Svrof )) ü( ist 
in KoXb, t'o 81 ouiipe^io; ev oäStt^pty toilnav iWv. Anal. post. I, 80: rcäj fap 
TjUovtajibs )) fii' flva-fiaicov }] Sia luv ü< etiI tb jroXii npotiosiuv xal ei uiv «! rcoo- 
'ioa; ivi-ptacai , xa\ tb aupnfpaap^t äva-fxo'ov, ti B' »>; eVi tb jcoXb, xa\ tb <W[i- 
rifirj.» rtnouTöv. Vgl. S. 113, 4. 
4) AnaL jiost. I, 6. TS, a, IB. c. 30 Tgl. c 8. e. 33 u. a. 8t 8. oben 
111, 1. 
5) A. a. 0. o. 6, Anf. : it oSv estIv Jj ijTtiBsixT-.xJj Imorijp) iE övayxafo)» ip;röv 
f! ;ip ejrfoTirai oi Suvitbv sXXiuc e^sw) ti 61 xa8 ' sutä Gnap^avta äva^ala T0I4 
sf tfjimnv . . . f evapbv Sn ex totodtuv nvüv äv e n; ö aicoSiixtixb; auXXcrf lopi; ■ Sxiv 
T'p 1 o5tuj( uju&pys 1 . J| xati tni[tßiß)]xb; , tä 8e ou|j.ßEßiixdTa oäx ävopiata. Ebd. 
Sold.: in e\ 8' Q avapnjt Snap^u (tifft Ixaorov y^vo; 8aa xa8' aS-rä faapxct x«\ fj 
WWW», favBpov !t[ mpl tiüv xaB' oäti ärcapy^vtiuv at iBnrri]|iOvuta\ 4jcoSs(Ests xa\ 
« töW toioiStuy (taiv. tl ii'ev f ip ait)»p«piixiT« oäx ava^xat« , out ' oäx ävfrp"] tb 
njtnipagjia eUev»! Sieta Snap^EE, odB' e! äA efi], iifj xoB' a£tb St, olsv ot Sii si)- 
ptrav roXXoriajxoL tb fip xaS 1 aita od xa6' aitb ii«9ti{«Tiii , oiBi Siiti. tb Ei 
Wtl feiaraoflat fort tb Sia teiö «Mou ftriotaaflai. 5l' «itb äp« W xal tb iifao* tffi 
tph« wä A sp&wv t^i [ifaui Snip^tiv. Vgl. B- 143, 8. 
i „Google 
170 Aiiitotele*. 
allgemeine Beweis verdient unter gleichen Umstanden vor dem 
particulären , der positive vor dem negativen, der direkte vor dem 
apagogischen, der, welcher uns die Einsicht in das Warum ge- 
währt, vor demjenigen den Vorzug, welcher Mos das Dass fest- 
stellt 0; »nd sofern es sich um die Beweisführung im Grossen, die 
Gestaltung eines wissenschaftlichen Systems handelt, gilt die Re- 
gel, dass die Erkenntniss des Allgemeinen der des Besonderen 
vorangehen müsse ')• Aus derselben Erwägung folgt aber ande- 
rerseits auch der Grundsatz, welcher in das ganze Verfahren un- 
seres Philosophen so tief eingreift, dass sich Jedes nur aus seinen 
eigenthümlicben Gründen beweisen lässt, und dass es unstatthaft 
ist, die Beweise aus einem fremden Gebiete zu entnehmen; denn 
der Beweis soll von den wesentlichen Bestimmungen des Gegen- 
stands ausgehen, was dagegen einer andern Gattung angehört, 
kann ihm immer nur zufälligerweise zukommen, da es keinen 
Theil seines Begriffs bildet *). Alle Beweisführung dreht sich so 
um den Begriff der Dinge: ihre Aufgabe besteht darin, dass sie 
nicht allein die Bestimmungen, welche jedem Gegenstand vermöge 
seines Begriffs zukommen, sondern auch die Vermitttungen nach- 
weist, durch welche sie ihm zugebracht werden, sie soll das 
Besondere aus dem Allgemeinen, die Erscheinungen aus ihren Ur- 
sachen ableiten. 
Kann aber die Reihe dieser Vermittlungen in's Unendliche 
fortgehen, oder hat sie eine nothwendige Grenze? Aristoteles 
1) Anal- post. I, 14. c. 24—27. 
2) Phy*. III, 1. 200, b, 24: uorepa yhp jj Kpl xfat tEUiv 8iup!s t% Jtepl toy 
xotvfiv lariv. 
S) Anal. poBt. I, 7, Auf.: oflx äp« low t£ sM.au fsvouf iisrafävia &t£ai, oTov 
tö fEdijjUTptxöv ipiGgMjTixij. Tpia fip lern tö Iv Tai; oieoMEm» , Ev \iiv ™ äirofautvii- 
(i4vov to su|xrt^ptxafj.a ■ touto S ' laA tb ür.ip /ov yivti Ttv\ xaf} ' a$t6. Jv Si ik ä£uu- 
tiarO' «Ei<i|iaT« 3 ' earlv ii <uv [sc. a\ änoStf^eif tiaiv]. Tpitov to yE»g; to äiroxd- 
[livov , o3 -:» irafli) xit ts xoi6 ' a&Tb auu.[JjpV°T<' 87]l.oi f] inäSiifo. ^ ä* pi» oiv jj 
ajEdo£i£i(, &£if/ETa: tb ai:i c!vai" cuv 31 TÖ f evo! ItEpav, dWltip äpiÖp.tjlixfjt xsl -j&o- 
jirtpisj, oüx Eni TJ]V apiSpjTtxtjv ämiBi^iv ffapp.iaai £iA ti Ttftt j«^'»:: ou|tßtpT r 
xfrra ... Surt' i) ücXü>{ ivä-fxi; to ctiio eTvsl fA>0( ij Kfj, ;! [uXXei f| ändSEi^i« JUTo- 
Bblveiv. bXXioc S' Sti ÜSiSvotov, BjjXov Ix f«p Tai afrov -fl^ous iviyxij to, ixps xa\ 
tk [liaa i?v»l. e? yip )ir) xiS' lutä, uujißtßijxita eVtai. Eis touto ... oix eoti SeTfjax 
. . . iXÄij ^TrtTtTfjATj tb Ercpa; , äil ' j) oon o5tio4 (T](E[ HG04 ayj.7|lii ujar ' eTihu OaTEpo» 
Sieb 6srcpov. c 9, Auf. : (p ai/Epbv Sti exiotov iftoäfiEat oilx eotiv iU ' fj ex ttüv £xi- 
utöu ap/üv d, s. w. Weiteres später. 
3,g,1:zedBy G00gle 
Das unmittelbare Wissen. 171 
behauptet das Letztere in dreifacher Hinsicht. Mögen wir nun 
von dem Besonderen zum Allgemeinen, von dem Subjekt, wel- 
ches nicht mehr Prädikat ist, zu immer höheren Prädikaten auf- 
steigen, oder mögen wir umgekehrt von dem Allgemeinsten, dem 
Prädikat, welches nicht Subjekt ist, zum Besonderen herab- 
steigen; immer müssen wir doch an einen Punkt kommen, wo 
diese Bewegung stillesteht, da es sonst nie zur wirklichen Be- 
weisführung oder Begriffsbestimmung kommen könnte *}; eben- 
damit ist aber auch der dritte Fall ausgeschlossen, dass zwischen 
einem bestimmten Subjekt und einem bestimmten Prädikat eine 
unbegrenzte Zahl von Vermittlungen in der Mitte Hege *}. Ist 
aber die Reihe der Vermittlungen nicht unendlich, so kann es 
auch nicht von Allem ein vermitteltes Wissen, einen Beweis ge- 
ben 3 ); wo vielmehr die Vermittlung aufhört, da tritt nothwendig 
das unmittelbare Wissen an die Stelle des Beweises. Alles zu be- 
weisen, ist nicht möglich, da man mit dieser Forderung entwe- 
der zu dem ebenberührten Fortgang in's Unendliche geführt würde, 
welcher als unvollziehbar jede Möglichkeit des Wissens und Be- 
weisen« aufhebt, oder zu dem Zirkelschluss, welcher ebensowenig 
einen bündigen Beweis giebt*). Es bleibt mithin nur übrig, dass 
1) Denn (83, b, 6. 84, a, 8) tot «neipa oi< foxi SuEiXSttv vooSvro. Tgl. 
2) A. a. O. a. 19 — 22. Dm Einsehe dieser theilweiae ziemlich undurch- 
sichtigen Ausführung kann hier nicht wiedergegeben werden. Dass Arist. eine 
Grenze der Begriffe reiben nach oben wie nach nnten annimmt, ist schon S, 150,5 
gezeigt worden. 
8) C. 23. 84, a, 30. Metapb. III, 2. 997, a, 7: wpt jiävtoiv yip «Sdvarov 
ik45el£iv tTycu ■ ävtrptij fip ek tiViuv eTmzi ii'l Jttpl xi x«l tivüv xfjv äniSzifyv, 
4) Nachdem Arist. Anal. post. 1, 2 gezeigt hat, daaa die Beweiskraft der 
SchlüBse durch die wissenschaftliche Erkenntnis» der Vordersätze bedingt sei, 
fährt er c 3 fort: Manche achliessen nnn hieran«, dass überhaupt kein Winsen 
möglich sei, Andere, dass eich Alles beweisen lasse. Er bestreitet jedoch beide 
Behauptungen. Von der ersteten sagt er: ol y£v -röp ünc6^ievoi (i)j eltat SXuc i-rd- 
ttoüou, oixoi ili inupo» ä^ioüaiv nyn-reeflat ü; o jx «v foia-iausvout xa Boxepa ha xi 
Kpöispa, Sit |jlwJ soxi npöxa , ÖpSüc Xtfutii , aä-JuTo v yip TS ärtEipa Bitlfeiv. e* te 
manu Mit tWtv öpx a ' l > ratixa; ä-fvüaxciuc eTmu änaSe^eüc yi |tij oüarj; aüxüv, Sittp 
<p»«Vi eTvou t'o ETjiarnuöai jifjvo« ■ e! 3i [xi] toxi xi irpüjx« tiStvW, oüBi xi ix toiittov 
An s-ijTnoBni faMif o£81 xvp!<u{, iXX' ^ SicaBiaEtof , i! Ixsivct etiiv. Er snlbst 
Siebt eu, dus das Abgeleitete nicht gewusst werde, wenn die Principien nicht 
gewusat werden, und das» es von diesen kein Wissen gebe, wenn das vermit- 
telte Wissen, durch Beweisführung, das einzige sei ; aber eben diese Mugnet er, 
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172 Aristoteles. 
die Beweise in letzter Beziehung von solchen Sätzen ausgehen. 
die als unmittelbar gewiss eines Beweises weder fifaig noch be- 
dürftig sind 0* und diese Principien der Beweise *) müssen nach 
eine höhere Gewissheil haben, als alles das, was aus ihnen ab- 
geleitet wird s ); es muss daher auch in der Seele ein Vermögen 
des unmittelbaren Wissens geben, welches höher steht nnd gros- 
sere Sicherheit gewährt, als alles mittelbare Erkennen. Und ein 
solches findet ja Aristoteles wirklich in der Vernunft, und er 
behauptet von ihm, dass es sich nie täusche, dass es seinen Ge- 
genstand nur habe oder nicht habe, aber nie auf falsche Art habe 1 )' 
a. a. O. 72, b, 18 vgl. Metaph. IV, 4. 1006, a, 6: 6m yip «nonSEunia ti |tf, 
YiYVtiMEtv, -rivaiv Sit JJijteTv «itdBstEiv ndt tiviuv oü BtT" oAwc jxiv Y&p «Jtivnov iätr 
vatov indBeiEiv tbw e!; mcEipov fap tu ßaSflJot, S^te [itjS' oBtfüj dwu äni&^iv. 
Die zweite Annahme (ttbvtiuv älva; «rfBei&Y ooüiv xiakitw iv&£ystj%ai väp xiixXu 
7(via9«( ti]V &x6Stify xai£f;&ÄifA<ov72,b,16) widerlegt Afiet, «.»,0. 72,b,25S 
unter Hinweisung auf seine früheren Erörterungen über den Zirkclauhlnsi 
(b. o. 167, 4). 
1) A.a.O. o,9. Tl,b,20: mirfiTi xa\ tJ]v äicoBEiictixJ]v äiti«i[|i>|v ä; ili|(lüi 
T* iHvai xol itptöriuv xot cqi&tuv xxl -fviupi|j.wTlipwi xai Tcpot^piuv xiV alricuv roÜ tj|A- 
iuaio[ucco{. ... ix 7vpö>Tüiv S' iv«noB(£xRuv , Sit od* feiTtiJoeia'. |*i) Sx.iuv airiE^ 
auTÖv (weil sie sonst, wenn sie nicht ävajroBEixroL wären, gleichfalls nur durch 
Beweis erkannt werden könnten;} Tb y«p &;( Tiamon i5v ir.äfaify tan pi| xrci 
suu.ßißixö(, rb t^tiv i)ciiBiiJ(v ion». c. 8. 72, b, 18: iff£iii M yopv o5w juäoew £>.i- 
ar/[\ii{t inoBeaTixi|» etvai, illa rijvrülv äfiiouw ävaitSBitxtov. . . . xa\ oä |iivoi fe- 
ottjpiv ÖAA& x«l "pxV ^nonlr«]! eIW *«* ? a F 1£ ''i ?i wrät Spou$ yvojpKo|xev. Tgi. 
B. 1S5, 4. Dagegen ist der Umstand, dass etwas immer «o ist, noch kein Grand, 
sieh des Nachweises der Ursachen zn entschlagen, dann auch das Ewige kam 
seine Ursachen haben, durch die es bedingt ist; gen. 'an. II, 6, 742, b, 17 ff. 
2) 'Ap^al, ipys\ dijtoBi!Etiü{ , &j%cä suAXoYwtnuft , i. äp4uoi, KpOTAcrcis äjuw 
a. a. O. 72, a, 7. 14. c 10, Anf. (Wtw 8' i?xM * ¥ l*k"<? t* (1 «oitoj, SfSn 
btt |d) hB(y«a. Beb;«). II, 19. 99, b, 21 Tgl. 8. 135, 4. gen. an. II, 6. 741, k, 
29 ff. — Anal. poat. 1,2. 72, a, 14 will Arist. den unbewiesenen Vordersati eiuM 
Schlusses fMatj nennen, wenn er sich auf etwas Besonderes beiieht, ifiwiu 
wenn er eine allgemeine Voraussetzung aller Beweisführung ausdrückt; enfr 
hSh eine Bfai; eine Aussage. Über Sein oder Mich (sein eines Gegenstands, so ül 
sie eine Sröfliatc,, andernfalls ein öpiouii. In weiterem Sinn wird fleoi; Anil 
pr. II, 17. 65, b, 13. 66, a, 2. An. post. I, 3. 73, a, 9 gebraucht, in engerem 
Top. I, 1 1. 104, b, 19. 36. Ueber äE(u[ia, du aber gleichfalls auch in weiter« 
Bedeutung vorkommt, s. in. Anal. poat. I, T. 7b, a, 41. c. 10. 76, b, 14. Me- 
taph. III, 2. 997, a, 5. 12. Von der Mitati wird noch das rfrct|[«i unterschiede 
Anal, post I, 10. 76, b, 23 ff. 
8) A, a, O. c 2. 72, a, 28 ff. Tgl. Anm. 1. 
4) 8. o. 8. 134 ff. 
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Da« unmittelbare Wilson. 173 
Bewiesen bat er aber freilich weder die Unfehlbarkeit noch auch 
nur die Möglichkeit dieses Wissens. 
Näher ist jenes unmittelbar Gewisse ein Doppeltes. Wenn 
nämlich in jeder Beweisführung dreierlei vorkommt: das, was 
bewiesen wird, die Grundsätze, aus denen, und der Gegenstand, 
von dem es bewiesen wird *}j so ist das erste von diesen Stücken 
nicht Sache des unmittelbaren Wissens, denn es ist aus den zwei 
anderen abgeleitet. Diese selbst aber unterscheiden sich dadurch, 
dass die Axiome verschiedenen Wissensgebieten gemeinsam, die 
auf den bestimmten Gegenstand bezüglichen Sätze dagegen jeder 
Wissenschaft eigentümlich sind *). Nur auf diese eigentümli- 
chen Voraussetzungen jedes Gebiets lasst sich ein bündiger Be- 
weis gründen 8 ); sie selbst aber lassen sich so wenig, als die 
allgemeinen Axiome, aus einem Höheren ableiten 4 ), sondern die 
Kenntniss des Besonderen, worauf sie sich beziehen, muss sie 
aa die Hand geben *). Eine Aufzählung derselben ist desshalb 
1) Anal. post. I, 7; a. o. 170, 3. c. 10. 76, b, 10: Jcäaa -jap «noBEixtixJj erci- , 
injja] np'i Tpia EVftvJ/Scs te eT»«i tJAetoi (t«ut« 8' ivA t'o ftVot o5 tüiv xa8* o&ta ! 
jri6r ( pjxiii«i iait 9siupr,Ttx7|| , xxt t« X£YÄ[J£«« *oivä «EitifiaTa 1% "» np&Toiv «noBsix- 
wn, xai Tp:rov— i n£8t] rpia TOÜti iixt, :tEpl S TE Btfxvjai xs'i « ätfxvuai xa'i ^ 
üv. Metaph. III, 2. 997, a, 8: ävä-j-xT) yip c"x nvtuv sTv«! xat mpt « x«l Ttvwu rir* 
EiiSstE™, wofür Z. 6 in anderer Ordnung ftvo; ircoxEipievov, rcidr,, ä^iwjtata atsbt. > 
2) Anal. post. I, 7, s. o. 170, 3. c. 10. 76, a, 37: eoti S' «>v j^pöJvtoti iv t«t{ 
KoSsatix«?? imanjuinf Ta |iev Bia ExanTiu E'jturojpjK iä 31 xoivi . . . IBi* plv aTov 
f?s(i|iilv eb« ToiavS xai tb eMu, xotva Sk oTbv -cb foa «wo "oriiy «v äofl.ji 8t[ to« ti 
Wi. c. 33, Anf.: is; B' aijTä( öpx«4 swivtiuv e&«i tüv uullo^ Wfiöjv iBiJvaTOV, 
und nachdem diess ausführlich bewiesen ist, ebd. Schi. : al -pp «pX ai Sirrii, t£ 
"" iE x«\ rcEpi 8 ■ al [liu o jv ££ luv xtiival , al Sc nsp\ & "Bin , oTov «pi6|ibc. , [iEjsSo;. 
Ueber die äxoäEiXTLxat apjini oder xotva'l Bo^ai E*E uu äjravTE; Beixvüoixjiv s. m. auch 
Metaph. Ilt, 1. 995, b, 6. c. 2. 996, b, 25 ff. 997, a, 10. 12. 19. IV, 3, Anf. 
3) S. o. 170, 8. gen. an. II, 8. 748, a, 7: oSrot p£v uäv o X6yn xofldXou Xfat 
>« xEvic, ot ^ip [i7j ex tüJv o?xekuv äpjrüJy XöfOi xevo\, iXXi BoxoÜow ET*ai tÖ« 
ipcrfpJmuv oux öVce?. Vgl. 8. 117, 3. 
4) Anal. post. I, 9. 76, a, 16 (nach dem 8. 170, 3 Angefahrten): ti Bi ?a- 
"pin toSio, ipavEpbv x«t Sri oiSx eoti rä( exsotou !8io( «pX.«S äiroSst^w Iuovt«! f«p 
(denn es würden) Exitvai önavcuv äp^ol xot i7uiTtr{p,ij J| ^xcfvuv xup(a icovtuiv. 
i. 10, a. o. Anm. 1. 
5) Anal. pr. I, 30. 46, a, 17: Tgicu St xaO' ixosi^v [iictral|»{v] al -kna; J 
[•ppi töw ouXXqykj|j.iüv]. 8ib t« p.b öp^äi t«? nep^ Ixaarov ipucEipia^ IttI napa- 
äA«u Xrfo> S' ol!ov -rijv BotpoXo-yixilv piiv IpimipLav t^( «OTpoXorixiij tewrtl[«j4 
"Ir^touv i«p txavüf i2™ paivoui*nlv ofcwf tSpAb)aav al aaTpoXsf «al anoBi^uf. 
Google 
174 Aristoteles. 
natürlich nicht möglich. Eher möchte man eine solche fn Bezog 
auf die allgemeinen Axiome erwarten. Auch dazu macht aber 
Aristoteles keinen Versuch. Nur darnach fragt er, welches der 
unbestreitbarste, anerkannteste und unbedingteste von allen Grund- 
sätzen sei, über den desshalb kein Irrthum möglich ist '), und 
er findet diesen in dem Satze des Widerspruchs *)■ An diesem 
Grundsatz kann Niemand im Ernste zweifeln, wenn es auch 
Manche sagen mögen; gerade desshalb aber, weil er der höchste 
Grundsatz ist, lässt er sich auch nicht beweisen, d. h. aus einem 
höheren ableiten; dagegen ist es allerdings möglich, ihn gegen 
Einwendungen jeder Art zu vertbeidigen , indem diesen nachge- 
wiesen wird, theils dass sie auf Missverständnissen beruhen, theils 
dass auch sie ihn voraussetzen und mit ihm sich selbst aufheben *). 
Dass er aber nicht sophistisch gemissbraucht werde, um das Zu- 
sammensein verschiedener Eigenschaften in Einem Subjekt oder 
Hist. tmim. I, 7, Auf.: zuerst wollen wir die Eigenthümlichkniten der Thiere 
beschreiben, hernach ihre Ursachen erörtern. o&Ttu -yap «its ipJaiv fers irorfsBai 
t))v pifloBov, 57c«pxoJot]4 tSjf toropias t^s it*p\ (mstw mp'l 5v t» -jap xen ^ "» 
iTvai Sei ripi äiriSs&v, h toiirort yivetbi »avspoV 
1) Metaph. IV, 3. 1005, b, 1 1 : pkfkioTATJi 8' äpx>l na»flv npi ijv kfioeijvB 
aBilvarov- YWptjuotÄcip n ^ap äva^xatov 6Tvai t)|V Toiad-niv (itEp\ fäp 1 pi] yvupi- 
Cmwiv ijraTÜvtai 7c4vte() xal ävuniSBETOv. fjv ^fäp i»«-p t °i' ov fy. E[v * ,v 4w™* fuvisVw 
xuv Svnov, touio qj z ijtd&Ea«. (Ein Auszug aus Metaph. IV, 3 ff. ist XI, 5 f.) 
2) A. a. 0. Z. 19: t'q yip aürb äiia iicipyEiv ie xat pi| uit&pxttv i&hatov T<ü 
aihüi xa\ xoti t'o bütä ■ xai Salt «XXa TipocBiofuaaipEfT in, et™ jrpotäioipiopA« 
ip'oc -ra; io-puiaj Suf^'P^"^ «Bti] SJj naatuv iori pjßaioran) tüv äpxwv. Nor ein 
anderer Ausdruck dafür ist der Satz, das» Demselben in derselben Beziehung 
nicht Entgegengesetztes zukommen könne, womit der weitere, dass ihm Nie- 
mand solches zuschreiben könne, wieder in der Art zusammenfällt , dass bald 
dieser aus jenem, bald jener aus diesem bewiesen wird; a, a. O. Z. 26: d 5; pi) 
totere« o|»a taöpjrELV tu bijtiü TavovTia (jtpotBtiuptaBuj S' fjpüv xat -raiSti) *f, xpo- 
tooei ra ciuBdra) , tvarda 8' iox\ Sofa Sjfij fj Trj( ävTifioewt, tpxvtpbv Sri äSiivmov 
5(1» 6j:oX«p|äiivEiv tov airbv =ka! xa'i pi] £?vai t'o odtd' äpa -yäp Sv ifpi xii evaviLBi 
Sd£o; ö SiE^Euopivo; mpi roÜTou. C. 6. 1011, b, 15: &m\ 8* äBJvarov tjjv ävdipaaEV 
äXij8eiles6a[ £pa xtt'.x tau aurou [wofür Z. 20: äp» xarayavai xa\ anooävni EÄijflüi;), 
ipavEpbv öti oiSBi Tivav-tfa äu.a ünapyitv evBe^et« Tip «utiTi äU' J| jcij äu.<pw, 1] 
6attpcv piv »cfi OsTEpov Ü äitXwt. 
3) In diesem Sinn widerlegt Arial. Metnph. IV, 4 — 6 die Behauptung, 
welche er freilich in einige der Uteren Systeme erat durch Folgerungen hin- 
einlegt, dasa ein Gegenstand dasselbe zugleich sein und nicht sein küntie, iu- 
dom w nachweist, dass jede Bede den Bata des Widerspruchs TorauaaeUe. 
Siti d. Widersprach». Induktion. 175 
das Werden und die Veränderung: zu bestreiten, dafür hat Ari- 
stoteles durch die näheren Bestimmungen hinreichend gesorgt, 
wornach er es nicht schlechtbin für unmöglich erklärt, dass Dem- 
selben Entgegengesetzes zukomme, sondern nur, dass es ihm in 
derselben Beziehung zukomme *)■ In ähnlicher Weise, wie der 
Satz des Widerspruchs, wird der des ausgeschlossenen Dritten ') 
als ein unbestreitbares Axiom nachgewiesen 9 )] ohne dass er doch 
ausdrücklich aus jenem abgeleitet würde. 
So entschieden es aber Aristoteles ausspricht, dass alles 
durch Beweis vermittelte Wissen in doppelter Beziehung durch 
eine unmittelbare und unbeweisbare Ueberzeugung bedingt sei, so 
isl er doch weit entfernt, diese darum für etwas zu erklären, 
was keiner wissenschaftlichen Begründung fähig wäre. Bewei- 
sen lfisst sich das, wovon jede Beweisführung ausgebt, aller- 
dings nicht, d. h. es lässt sich nicht aus einem Andern als seiner 
Ursache ableiten; wohl aber lässt es sich im Gegebenen als seine 
Voraussetzung nachweisen: an die Stelle des Beweises tritt hier 
die Induktion *). Es sind nämlich überhaupt zwei Richtungen des 
wissenschaftlichen Denkens zu unterscheiden: die, welche zu den 
Principien hinführt, und die, welche von den Principien heran- 
führt *)> der Fortgang vom Allgemeinen zum Einzelnen, von dem, 
was an sich gewisser ist, zu dem, was es uns ist, und der umge- 
kehrte von dem Einzelnen und uns Bekannteren zu dem an sich Ge- 
wisseren, dem Allgemeinen. In der ersteren Richtung bewegt sich 
der Schluss und Beweis, in der zweiten die Induktion. Entweder auf 
dem einen oder auf dem andern von diesen Wegen kommt alles Wis- 
1) B. vorl. Anm. 
2) OMl [iccaipi 4vrifi«<u4 tvä^raiL An oiMe'y. Vgl. 8. 167. 
S) MoUph. IT, 7; in die verschiedenen Wendungen seiner Beweisführung: 
hat Arist. hier auch solche Gründe aufgenommen, welche von dar Veränderung 
in der Natur hergenommen eind, indem er eben leinen Satz nicht Mos als logi- 
sche», sondern zugleich als metaphysisches Prinoip beweisen will. 
*) M. s. über dieselbe, ausser dem Folgenden, was 8. 167, 9 angeführt 
wurde. Der Name iiterftof)] bezeichnet entweder das Herbeibringen der ein- 
lelnenFUle, aus denen ein allgemeiner Satz oder Begriff abstrabirt wird (Trben 
DiLiiecna Elem. Log. Artet. 84. Hbidhe Vergl. d. Arist. u. Hegel, Dialektik 
8.219 f.), oder das Hinfahren des Zuhörer» zu diesen Füllen (Waite Arist. 
Org. n, 800). 
5] Eth. N. I, 2. 1095, b, 80; vgl. unsere lste Abth. 867, 8. 
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176 Ariitotelet 
gen zu Stande. Was mithin seiner Natur nach keines Beweises fähig 
ist, das muss durch Induktion festgestellt werden 1 ). Dass dieses 
Unbeweisbare darum nicht nothwendig erst aus der Erfahrung ah- 
strahirt sein soll , dass vielmehr die allgemeinen Grundsätze nach 
Aristoteles durch eine unmittelbare Vernunftthätigkeit erkannt wer- 
den, ist schon bemerkt worden *); aber wie sich diese Vernunft- 
thätigkeit im Einzelnen nur allmäblig, an der Hand der Erfahrung, 
entwickeil, so können wir uns, wie er glaubt, auch wissenschaft- 
lich ihren Inhalt nur dadurch sichern, dass wir ihn durch eine 
umfassende Induktion bewähren. 
Diese Forderung ist nun aber nicht ohne Schwierigkeit. Der 
Induktionsschluss beruht, wie früher gezeigt wurde 8 ), auf einem 
solchen Verhältniss der Begriffe, welches die Umkehrung des all- 
gemein bejahenden Untersatzes gestattet; er setzt voraus, dass 
der unterste und der Hittelbegriff des Schlusses den gleichen Um- 
fang haben. Eine beweiskräftige Induktion findet, mit anderen 
Worten, nur dann statt, wenn eine Bestimmung an allen Einzel- 
wesen der Gattung, von der sie ausgesagt werden soll, aufge- 
zeigt ist 4 )* Eine schlechtbin vollständige Kenntniss alles Einzelnen 
ist aber bei der Unendlichkeit desselben unmöglich. Es scheint 
1) An. pri. II, 23. 68, b, 13: äjtsvra yip «ioteiSojiiv I) Bii ouXlo"ria|j,oÜ v) &' 
ixaybyyrfi. Ebd. Z. 35; a. o. 138, 3. Etil. N. VI, 3. 1139, b, 36: ix jipOYivwtrea- 
piviuv St Jtäoa SiomxuXls ■ ... fr, piv yap 6;' Enra-ywfr^, f| Bt ■juWnyuip.ih. f| jib 3J] 
imtfuyfy «pX*i ^ IIT[ * ! " ' co " xaflolou, o Bl 3ulJ.0Yi?p.b( ix töJ» xafliXou. *Wlv ip« 
äpX«t iE iuv S ovUayia|ii)(, Siv oäx Eon auUofiap.j(' licrfniy j) äpa. Aebaltob Ami. 
poai, I, 1, Auf. Anal. post. I, 18: jj.av04vop.Eu fl inx-fiürrj fl n«oBeIE*.t. eo-ci B* fj ptiv 
fatdBnfc ix tüjv xdtSrÜtoti, ^ B* fa*y»ry$) ix t&v xaii aipos 1 iBiivatov öe to xaOt&ou 
BtiiipTiooii p.)) 6i' Ijcbtb)tt,(. Ebd. II, 19. 100, b, 3: Br,X*v SJj Bti Jip.iv tö icpSin etc»- 
furfij YViuptlBiv ävnyKflfiov. Top. I, 12: fern St t'o piv [eTBoj Xdfidv ■Bis&iXTixH»] 
inafii>YJ), to & 5ullo-yLap.ä( . . . imt-jui^ Sc jj in* tüv xaSlxwrtov int ti xaBdXov 
itpoBof . . . eotl S ' J| jj.1v ini-fiiip] mBavoiTEpov xal oapto-ttpo» xaä xatä iJ.v a&ilhjaiv 
-fvidpiiititEpov xofi ro"( noXloit xoiv'ov, o Sc miUo-riSjü; (liaoTUMiTtpOv xi; JEpbs tob; 
ivxiXovixaut ^vapT^Tspov. Ebd. o. 8, Auf. Ehet, I, 2. 1356, t, 86. Tgl. S. 138. 
2) S. 8. 134 f. 172. 
3) 8. 167, 9. 
4) Tgl. Anal. pr. II, 24, Bohl: (to nnfiJtiypaj BiaqpepEi t^; iictrpufiic, ° rl i 
piv ^ ixivtci» tÖv JTipiuv t'o äxpov i&iixwEi äitipx'tv toi piaoi ..., ib. 61 ... oüi 
iE än&vtrov Sf£xvuaiv. Ebd. c. 23. 68, b, 27: Stl 61 vodv tb 1" (den untersten Be- 
griff de« IndnktioDSBehluBsei) ib iE inavtiuv tüv xw8(xiwtov wjxtiptvov fj jap 
faaYtüY^ 6l& rcivuuv. 
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Wahraoheinli ob keiti beweis. 177 
mithin alle Induktion unvollständig, und jede Annahme, die sich 
auf Induktion gründet, unsicher bleiben zu müssen. Um diesem 
Bedenken zu entgehen, muss eine Abkürzung des epagogtschen 
Verfahrens angebracht, für die Un Vollständigkeit der Einzelbeob- 
achtung ein Ersatz gesucht werden. Diesen findet nun Aristo- 
teles in der Dialektik oder dem Wahrscheinlichkeitsbeweise 1 ), 
dessen Theorie er in seiner Topik niedergelegt hat. Der Nutzen 
der Dialektik besteht nämlich nicht allein in der Denkübung, auch 
nicht blos in der Anleitung zur kunslmässigen Streitrede , son- 
dern sie ist zugleich ein wesentliches Hülfsmittel der wissenschaft- 
lichen Untersuchung, indem sie uns die verschiedenen Seiten, von 
denen ein Gegenstand betrachtet werden kann, aufsuchen und ab- 
wägen lehrt. Sie dient insofern namentlich zur Feststellung der 
wissenschaftlichen Principien, denn da sich diese als ein Erstes 
nicht durch Beweisführung aus einem Gewisseren ableiten lassen, 
bleibt nur übrig, sie vom Wahrscheinlichen aus zu suchen s _). 
Ihren Ausgang nimmt eine solche Untersuchung von den herr- 
schenden Annahmen der Menschen; denn was Alle, oder doch 
die Erfahrenen und Verständigen glauben, das verdient immer Be- 
ichtung, da es die Vermuthung für sich hat, auf einer wirklieben 
Erfahrung zu beruhen *)■ Je unsicherer aber diese Grundlage ist, 
1) Ueber diese engere Bedeutung des „Dmlek tischen" bei Aristoteles s. tn. 
Wiitz Arist. Org. II, 435 ff.; vg]. die folgenden Anmm. 
2) Top. I, 1 : 'H plu xfiilkiii T7J4 !tpafp.aTs£aj, ijsTJaBov ifiptvi, äf' Jj( Suvrjao- 
[u8a roXloyiCiiiflixi fltpk savrbt toü nporEBeiiToj j[popJ.^'[i.ato; 1% ivSä^uv, %& ai-:o'i 
%ov üniforti^ |iT)Gev ipuü^sv üwavriov. ... SiaXfxTtxb; 81 auJ.Xo-[i3p.b( ö %£ hSi- 
\w miXloYiJiijuvoi . . . JvfioEa St ™ SoxoÜvra näatv ij toi; nXeisToij I) T014 ootptffc;, 
«'1 roJtoit 51 Tcaaiv fl to!( icXtürcoif % toi; pÄiiora -fViupipoi; iai eSiBö£<h;. C 2 : suri 
i>jip'ot xpfet [xprfmp-os fj Ttpaf |iaT£ict] , xpbi ^upasiav, npb; xas Ivisii^sit, jup'ot xi; 
«ti * ilwoyiav är.ia-n[|itt; ... spbj Ei Ta; »ata ipiXoaoyiav EJCianjp;af , Sri Suviu4H)i 
spi; ijupdTEpa BianopSjaai £äuv £v Jniotoi; xato^dp^Ba xö).tjO^( te xa\ ib ijisüfioc,. 
ii[ ät 9tpo( 11 jcpiÜTa tu» Tuepl Ixäoxijv ärei3TTJ[i7]V äp^ülv. ex pAv yap tüy 
"[«um -rtJv xata rijv jtpoxsBfiaav ijtionjpjv <Epx.ü>v äBiivaxov dicETv ti sspl «Jtüv, 
'raifii) npSxai al ap'/sl änavxiov tldt, 81a 8t tüJv jesp 1 ! Inaoxa hBföw äviyxij wtp't ai- 
*» EieXMv. ToäTo B' iBlov I) [iÜJora otxfiov -rijj 8l«Xexxl*% {nur i&TaaxuiJ) t»P 
cfoti Ttpin Tai änaoüu tüv p*8öBiov ip^nj äB'ou t^ei. Den dialektischen SohluM 
nennt Arist. tm/ttpuy* Top. VIII, 11. 162, a, 15 vgl. 8. 53, 1. 
S) DiTin. in s. c 1, Auf. : isip\ Bi x>jt |iavTtxij< xijt ev xöts Skvoic, Yivop^njt . . . 
** *«taiipQvijsat paBiov oSxe nsioBiJvai. tb piv f ap Ttävta^ 5) JioXXoIfj ircoXopißivEtv 
ll» ti w.uitffiBst xa hiirevia jrap^xai xioxtv Jis £E tp-iuiptof Xrfijisvov n.s.w. Eth. 
rbOM. d. Gr. IL Bd. I.Abth. 12 
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178 Ariitotal««. 
am so mehr dringt sich such Aristoteles das Bednrfdiss aof, an» 
welchem schon die sokralische Dialektik entsprangen war, ihre 
Mangelhaftigkeit dadurch zn verbessern, dsss die verschiedenen 
in der Meinung der Menschen sich krensenden Gesichtspunkte zu- 
sammengebracht und gegen einander ausgeglichen werden. Daher 
die Gewohnheit des Philosophen, seinen dogmatischen Unter- 
suchungen Aporieen voranzuschicken, die verschiedenen Seiten, 
von denen sich der Gegenstand fassen lässt, aufzuzählen, die hier- 
aus sich ergebenden Bestimmungen an einander und an dem, was 
sonst feststeht, zu prüfen, durch diese Prüfung Schwierigkeiten 
zu erzeugen, und in der Lösung derselben die Grundlagen der 
wissenschaftlichen Darstellung zu gewinnen *). Diese dialektischen 
Erörterungen dienen den positiven wissenschaftlichen Bestimmungen 
zur Vorbereitung, indem sie die Ergebnisse der Induktion unter 
gewisse allgemeine Gesichtspunkte zusammenfassen, diese durch 
einander bestimmen und sie zu einem Gesammtergebniss verknü- 
pfen; in ihnen versucht sich das Denken an den verschiedenen 
Aufgaben, deren wirkliche Lösung zur philosophischen Erkenntniss 
fuhrt *)■ Einer strengeren Empirie kann freilich dieses Verfahren 
N. VI, 12. 1143, b, 11: Siitt Sil Kpof^tiv tüv Ipurtipiuv xal irptajäu'rfptov fj ippovi- 
puv Tttts ävaitoSc£xTO(( paasai xa\ Wt;at( oil^ Jjttov töv bnoStfcuav. X, II. 1172, b, 
35 : ol B' iviarijiEvoi m; oix ä-faBb v o5 hAvt' ifUzai , 14.7; oüfliv X^f uxnv ' 6 fip Jtiot 
äoxtt, toQt 1 sTvai fajuv. Aas demselben Anlas« bernft siob die genannte Schrill 
VII, 14. 1153, b, 27 auf den Vers 
ffl*If"i 8' oü -ri fc «ijijiav ärco'XXuTat, fjv tivi Xaa>. 
Vgl. auch Polit. II, 6. 1264, a, 1. Etb, Eud. I, 6, Anf. Damit hangt euch die 
Vorliebe des Aristoteles für sprichwörtliche Redensarten und Gnomen zusam- 
men, worüber auch 8. 78, 1 {ITapoiniat] z. Tgl. 
1) Hetaph. III, 1, Anf.: fern äl Tai; einopjjaai ßo'jlopÄoi; nsoüsyou to 81a- 
nupijijai *nXw(- }] yno Gimpov tiicopd XJaic iuW Kf^tipov iiropoupivwv tWt, Mew 
8" oix fem &yvw>Üvta; tov Stativ u. s. w. Eth. N. VII, 1, Schi.; Sfl o", Äjirsp W 
tüv äXXuv, TiBrfrcat ts iparviiieva »oil npÜTOv SLairaprjaavTit oEtbj Stixvilvai i/.äXiara 
piv xtnra Ta evSo?3 inpt Taüia -.3 Trift»), si St jij), Ta Ttiflora xa'i xuoiwraTo:- iav 70p 
XdrjTal TS -ri Sus/.ipi) xat xaTaXiftnjrai xä frSoEa, SeSitYpivov 5» fb) Exavüf, Anal. 
post II, 3, Anf, niid Wams x. d. St. Phye. IV, 1D, Anf. Meteorol. I, IS, Auf. 
Do an. I, 1, Anf. longit vit. 0. 1. 464, b, 21 u. a. St. Top. VIII, 11. 162, a, 17 
wird das &.r.6pr,\ici als 9uXXopn|ib{ SiaAtxtixbf äyrisiceuf deflnirt 
2) Hetaph. IV, 2. 1004, b, 25: fori 61 fj SiaXtxtvxT) rtEtpatmxJj Tttp't Äv f] si- 
faanyfa ■yv iaimt^ . 
JigilizBdby G00gle 
Wahn oh ein lieh k ei t« bewein, Definition. 179 
nicht genügen, aber in der Richtung der damaligen Wissenschaft 
und der von Sokrates begründeten Dialektik war kein vollkom- 
meneres zu erwarten 0- 
Auf das Einzelne der aristotelischen Topik können wir hier 
so wenig, als auf die Widerlegung der sophistischen Trugschlüsse 
naher eingehen, da die wissenschaftlichen Grundsätze des Philo- 
sophen dadurch keine Erweiterung, sondern nur eine Anwendung 
auf ein ausser den Grenzen der eigentlichen Wissenschaft liegen- 
des Gebiet erfahren *). Dagegen müssen die Untersuchungen über 
die Begriffsbestimmung hier noch berührt werden, welchen wir 
theils in der zweiten Analytik, theils in der Topik begegnen •)• 
Wie der Begriff den Ausgangspunkt aller wissenschaftlichen Unter- 
suchungen bildet, so ist umgekehrt die vollständige Erkenntniss 
desselben, die Begriffsbestimmung, das Ziel, dem sie zustrebt. Das 
Wissen ist ja nichts anderes, als die Einsicht in die Gründe der 
Dinge, und diese Einsicht vollendet sich im Begriffe: das Was ist 
dasselbe, wie das Warum, wir erkennen den Begriff eines Dings, 
wenn wir seine Ursachen erkennen 4 ). Die Begriffsbestimmung 
hat insofern die gleiche Aufgabe, wie die Beweisführung: in bei- 
den handelt es sich darum, die Vermittlung aufzuzeigen, durch 
welche der Gegenstand zu dem gemacht wird, was er ist b ~). Nichts- 
destoweniger fallen sie nach Aristoteles nicht unmittelbar zusam- 
1) Neben der Induktion findet Hkvdeb Vergl. d. arist. nnd faegel. Dial. 
232 f. bei Aristoteles ;Phys. I, 1. 184, a, 21 ff.) noch ein anderes Verfahren 
angedeutet, vermöge dessen vom Allgemeinen der sinnlichen Wahrnehmung 
mm Begriff, als dem Besonderen und Bestimmten, ebenso fortgegangen werde, 
wie dort vom Einzelnen der Wahrnehmung zum Allgemeinen des Begriffs. In- 
dexen bemerkt er selbst ganz richtig, dass diese nur die (von Arist. gewöhnlich 
nicht besonders hervorgehobene) Rückseite dar Induktion sei. Indem eine all- 
gemeine Bestimmung als das vielen Einzelnen Gemeinsame herausgehoben 
wird, wird sie zugleich aus dem Cumplex, in welchem sie sich der Wahrneh- 
mung darbietet, ausgeschieden; nnr diess ist es, was Arist. a. a. 0. im Auge 
hat. 8. o. 138, 2 vgl. mit S. 139 f. 
2) Eine Uebersicht über beides giebt Bbahdis S. 288—345. 
3) M. vgl. zum Folgenden ausser den bekannten umfassenderen Werken 
die 8. 142, 3 angeführten Schriften von Kühh und Rassow, nnd Hnrnan 
vergl. d. arist. u. begel. Dialektik S. 247 ff. 
4} S.o. 110,3. 117, 1. 
5) A. a, O. 117, 1. 
12* 
JigilizBdby GoOgle 
180 Arlitotel«. 
men. Für's Erste nämlich liegt am Tage, dass nicht von allem, 
was sich beweisen lässi , eine Begriffsbestimmung möglich ist; 
denn beweisen lassen sich auch verneinende, partikulare und Eigen- 
scbafts- Sätze, die Begriffsbestimmung dagegen ist immer allge- 
mein und bejahend, und sie bezieht sich nicht auf blosse Eigen- 
schaften, sondern auf das substantielle Wesen ')- Ebensowenig 
Utsst sich umgekehrt alles, wovon es eine Begriffsbestimmung 
giebt, beweisen; wie man schon daran sehen kann, dass die Be- 
weise von unbeweisbaren Begriffsbestimmungen ausgehen müssen'). 
Ja es scheint sich überhaupt der Inhalt einer Begriffsbestimmung 
nicht durch Schlüsse beweisen zu lassen. Denn für den Beweis 
wird das Wesen des Gegenstands als bekannt vorausgesetzt, bei 
der Begriffsbestimmung wird es gesucht; jener zeigt, dass einem 
Subjekt eine Eigenschaft als Prädikat zukomme, diese will nicht 
einzelne Eigenschaften , sondern das Wesen angeben ; jener fragt 
nach einem Dass 8 }, diese nach dem Was 0> um aber anzugeben 
was etwas ist, müssen wir vorher wissen, dass es ist G ). In- 
dessen ist hier zu unterscheiden. Eine Begriffsbestimmung lässt 
sich allerdings nicht durch einen einfachen Scbiuss ableiten; wir 
können das, was in der Definition von einem Gegenstand ausge- 
sagt wird, nicht zuerst im Obersatz eines Schlusses zum Prädikat 
eines Hittelbegriffs machen, um es durch denselben im Schluss- 
satz auf den Gegenstand, welcher definirt werden soll, zu über- 
tragen; denn wenn auf diesem Wege nicht blos die eine und 
andere Eigenschaft, sondern der vollständige Begriff desselben 
gefunden werden soll, so müssten Obersatz und Untersatz gleich- 
falls Definitionen, jener des Mittelbegriffs, dieser des niedersten 
Begriffs sein; und da nun eine richtige Begriffsbestimmung nur 
die ist, welche auf keinen andern als diesen bestimmten Gegen- 
stand Anwendung findet e ), da daher in jeder Definition das Sub- 
jekt den gleichen Inhalt und Umfang hat, wie das Prädikat, und 
1) Anal. post. II, S. 
2) A. a. O. 90, b, 18 ff. (vgl. oben S. 170 ff.). Einen anderen verwandten 
Grand, der hier angegeben wird, Übergehe ich. 
3) Sit fj etci tiSi xarä toÜSi 3) oüx ?otly. 
4) A. a, O. 90, b, 28 ff. vgl. c. 7. 9S, b, 13. 
6) A. a. 0. o. 7. 93, b, 4. 
6) 8. o. S. 140. 
liigilzedBy G00gk 
DefiBÜioB. 181 
desshalb der allgemein bejahende Salz, der die Definition aus- 
spricht, sieb einfach umkehren Jasst, so wäre auf diese Art nur 
Dasselbe durch Dasselbe bewiesen '), man erhielte eine Worter- 
erklärung, aber keine Begriffsbestimmung *). Ebensowenig lässt 
sich der Begriff mit Plato durch Eintbeilung finden, da auch diese 
ihn schon voraussetzt a ) Das Gleiche gilt ferner auch gegen den 
Versuch*}, eine Begriffsbestimmung voraussetzungsweise anzuneh- 
men and ihre Richtigkeit nachträglich im Einzelnen nachzuweisen; 
denn wer verbürgt uns, dass jenes hypothetisch Angenommene 
wirklich den Begriff des Gegenstandes und nicht blos eine Anzahl 
einzelner Merkmale ausdrückt? 5 ) Wollte man endlich die Ableitung 
der Definition dem epagogischen Verfahren zuweisen, so wäre zu 
entgegnen, dass auch auf diesem Wege immer nnr das Dass, nicht 
das Was gefunden wird 6 ). Lässt sich aber auch die Begriffsbe- 
stimmung weder durch Beweis noch durch Induktion gewinnen, so 
lange jede von beiden Verfahrungsarten für sich allein genommen 
wird, so hält es Aristoteles doch für möglich, durch eine Verbindung 
heider zu ihr zu gelangen. Wenn wir (zunächst durch Erfahrung) 
von einem Gegenstand wissen, dass ihm gewisse Bestimmungen zu- 
kommen, und nun die Ursache derselben oder den Mittelbegriff 
1) Anal. post. II, 4. Zur Erläuterung dient hier die Definition der Saale als 
einer sich gelbst bewegenden Zahl. Wallte man diese mittelst des Schlusses 
begründen: „alles was sieh selbst Ursache des Lehens ist, das ist eine sieh 
selbst bewegende Zahl, die Seele ist sich selbst Ursache des Lebens n. s. w.," 
so wäre diess ungenügend, denn auf diese Art wäre nur bewiesen , dass die 
Seele eine sich selbst bewegende Zahl ist, aber nicht, dass Ihr ganies 
Wesen, ihr Begriff, in dieser Bestimmung aufgeht; um diess zu zeigen müsste 
vielmehr geschlossen werden : der Begriff dessen , was sich seihst Ursache dos 
Lebens ist, besteht darin, eine sich selbst bewegende Zahl in sein, der Begriff 
der Seele besteht darin, sich selbst Ursache des Lebens zu sein n. 8. w. 
9) A. a. 0. c. 7. 92, b, 5. 26 ff. vgl. c. 10, Anf. I, I, 71, a, 11. Top. I, 5, 
Anf. Metaph. VII, 4. 1030, a, 14, 
3) S. o. S. 166, 6. 
4) Welchen wohl gleichfalls einer der damaligen Philosophen angestellt 
hatte, wir wissen aber nicht, wer. 
5) A. a. 0. 0. 6 n. dazu Waitz. 
6) A. a. O. c. 7. 92, a, 37: die Induktion zeigt, dass sich etwas im Allge- 
meinen so oder so verhalte, indem sie nachweist, es verhalte sich in allen ein- 
zelnen Füllen so; diess hoisst aber doch immer nur ein Sti ettiv f, ojx fotw, 
Dicht das xi i<n: beweisen. 
JigilizBdby G00gle 
J82 Aristoteles. 
Sachen, durch den sie mit dem betreffenden Subjekt verknüpft sind, 
so stellen wir ebendamit das Wesen des Gegenstands durch Beneis 
fest l ~); and wenn wir min dieses Verfahren (wir ergänzen hier 
die aristotelische Darstellung) ') so lange fortsetzen, bis der 
Gegenstand allseitig bestimmt ist, so erhalten wir seinen Begriff. 
So wenig daher auch der Schluss und Beweis zur Begriffsbestim- 
mung aasreicht, so dient er doch dazu, sie zu linden *), und sie 
kann insofern sogar als ein Beweis des Wesens in anderer Form 
bezeichnet werden *). Nur bei den Dingen ist dieser Weg unzu- 
lässig, deren Sein durch keine von ihm selbst verschiedene Ursache 
vermittelt ist; ihr Begriff kann nur als unmittelbar gewiss gefordert 
oder durch Induktion klar gemacht werden & ). 
Aus diesen Erörterungen über das Wesen and die Bedingun- 
gen der Begriffsbestimmung ergeben sich nun einige nicht unwich- 
tige Regeln für das Verfahren, wodurch sie gewonnen wird. Di 
sich das Wesen eines Gegenstandes ') nur genetisch, durch Auf- 
1) A. a, O. c 8. 93, a, 14 ff. 
2) Dag Reoh t zu dieser Ergänzung der allzu kurzen Andentangen a. a. 0. 
liegt in dem, was 8. 145, 2 aas Anal. post. II, 13 angefahrt wurde. 
3) Anal. post. II, 8, Schi.: trjXXo-fiap.be \ih toü tE lonv oi fivtrai oi3' ir.6- 
8ei£ic, EijXoY h^vtdi Sut auW-ofiiu-Oü xa\ Bf' äito6[i£nu( ■ war' auf «tu äitoSEÜJEmi 
■an Yvuvai Ta ti e'otiv du eVtiv aTnav sXXo, out* &nv «irfBsiEis outou. 
4) A. a. 0. c. 10. 94, a, 11 : ionv äpa boio|iij4 eT( (ikv Xifos to3 tE breit ovo- 
xiBEixTDj, eT( Et auXXo-yio'j.öi roÜ ti Sari, xruiaEi Biaei'piüii tt|( ä;roBE!EEtüf, Tpfto; St 
ri]4 raü t! iariv a7roB£!Ee<u; ounne'f oa[j.n, wozu die nähere ErlKutetung im Vorher- 
gehenden. Dass jedoch Definitionen der letzteren Art nicht genügen, sagt 
Arist.Dean.il, 2; s.o. 117, 1. 
6) A. ii. 0. c. 9: ha Be xSft pUv fapov ti alnov, tüh S' oO« Jonv. äutt BijXo» 
ort xat xSn ti Ion Ta [liv äfitoa iii äpj^aE e!oiv , o xsl eIvbl xat ti e'onv änoBfoBai Sei 
ij äXlov rponov <pavEpa nowjoat. Vgl. vor. Ana. und a. a. 0. 94, a, 9: 5 & t£i 
ipioiov äpiauöt Biois lern roB ti lonv äyano'BEixTot. Metaph. IX, 6. 1048, a, 35: 
Bj[Xov B' fa"! TÜv xaÖExaara Tjj Inn^riu-^ 3 pouXduiB« WyEiv, xol oi Est na«tb( Bpo» 
£i]T£?v, aXXa xat Ta äviXo-fov auvopSv, nnd oben 8. 175. Zar Induktion gehört 
auch das Verfahren, welches De an. I, 1. 402, b, 16 beschrieben wird: coixe 3' 
oü [idvov Tb -rf Ivn ■pöivai xjnjetpav sTvai 7cpb[ TÖ Btup^aai Tä( okia( tüv oujißEpii- 
xdtiuv Tat« oioiai; . . . äXX.ä xai äväjcaXiv ta aui>ßeßi]xdxa ou|j.SaXXcTat |ie-fa pipoi 
7tpb; to e!SYwu rb tE lata, weil nKmlioh eine Definition nur dann richtig ist, 
wenn sie die sämmtlichen aup.ßeßijxo'Ta (d. h. die xaft' afcb ou(ißtßi]xdTa, die 
wesentlichen Eigenschaften s. o. 143, 6) des Gegenstands erklfirt. 
6) Natürlich mit Ausnahme der eben erwähnten Öu-ejo, d. h. dessen, wss 
durch keine von ihm selbst verschiedene Ursache bedingt ist. 
Definition. 183 
zeigung seiner Ursachen, bestimmen lasst, so muss die Definition 
die Bestimmungen enthalten, durch weiche derselbe in der Wirk- 
lichkeit zu dem, was er ist, gemacht wird; sie muss, wie Aristote- 
les verlangt, durch das Frühere und Bekanntere vermittelt sein, und 
es darf diess nicht bloss ein solches sein , was für uns , sondern ein 
solches, was an sich früher und bekannter ist; nur dann mag man 
jenes vorziehen , wenn die Zuhörer dieses zu verstehen nicht im 
Stande sind, aber dann erhält man auch keine Begriffsbestimmung, 
welche das Wesen des Gegenstandes in's Licht stellt 1 J. Es folgt 
diess übrigens schon aus dem Satze , dass die Begriffsbestimmung 
aus der Gattung und den artbildenden Unterschieden besteht; denn 
die Gattung ist froher und gewisser, als das, was unter ihr begriffen 
ist, und die Unterschiede früher, als die Arten, die durch sie gebil- 
det werden *). Ebenso aber auch umgekehrt: besteht die Begriffs- 
bestimmung in der Angabe der sämmtlichen Vermittlungen, durch 
welche der Gegenstand in seinem Wesen und Dasein bedingt ist, so 
wird sie die Gattung und die Unterschiede enthalten müssen, da ja 
diese nichts anderes sind, als der wissenschaftliche Ausdruck für 
die Ursachen, welche in ihrem Zusammentreffen den Gegenstand 
hervorbringen '). Diese selbst aber stehen zu einander in einem 
bestimmten Verhältniss der Ueber- und Unterordnung : die Gattung 
wird zuerst durch das erste von den unterscheidenden Merkmalen 
näher bestimmt, der so gebildete Artbegriff dann weiter durch das 
zweite und so fort; und es ist ebendesshalb nicht gleichgültig, 
in welcher Aufeinanderfolge die einzelnen Merkmale in der De- 
finition aneinandergereiht werden *}, Es handelt sich demnach 
bei einer Begriffsbestimmung nicht allein um die Aufzählung der 
wesentlichen Merkmale *), sondern auch um die Vollständig- 
1) Top. VI, 4 vgl. 6. 1S8, !. 
2) A. «. O. 1*1, b, 28 Tgl. 8. 145, 1. 3. 
3) Dies* ergiebt eich ans dem S. 117, 1 Angefahrten, verglichen mit 
S. 145, 1. 169, 6. Wegen dieses Zusammenhangs lllsst die Topik VI, 6 f. un 
mittelbar auf die Bemerkungen über die npdiEpa xat yvb>pijj.&tipa Hegeln fSr 
die richtige Bestimmung der Definition durch f tvo; und Sia^opai folgen. 
4) Anal, post II, 13. 96, b, 30 vgl. 97, a, 38 ff. 
i) Ti h t<5 -ri Jon xro]Yspoi!|uva, nl tou fiiauq 3i»<popsi. Dus nur solche 
in der Definition vorkommen können, versteht sich von selbst; vgl. auch 
8. 147 ff. Anal. poat. U, 13. 98, b, 1 ff. I, 23. 84, a, 18. Top. VI, 6 u. «_ St. 
Wim za Kateg. 2, a, 20. 
JigilizBdby G00gle 
18 4 Aristoteles. 
keif] und die richtige Ordnung derselben *). Hieför aber ist das beste 
Hülfsmittel beim Herabsteigen vom Allgemeinen zum Besondern die 
stetig fortschreitende Einteilung, beim Aufsteigen zum Allgemeinen 
die ihr entsprechende stufen weise Zusammenfassung 3 )) sodass dem- 
nach die platonische Methode, welche Aristoteles als eine beweiskräf- 
tige Ableitung der Begriffsbestimmung allerdings nicht gelten lassen 
konnte, für ihre Aufsuchung doch wieder in ihrem Werth anerkannt 
und noch genauer bestimmt wird *). 
Denken wir uns nun das ganze Gebiet der begrifflichen Er- 
kenntniss nach dieser Methode bestimmt und vermessen, so worden 
wir in ähnlicher Weise, wie diess Plato verlangt hatte s ), ein Gan- 
zes von Begriffen erhalten, welche von den obersten Gattungen 
durch die sämmtlichen Zwischenglieder zu den untersten Arten 
stetig herabführten; und da die wissenschaftliche Ableitung eben in 
der Angabe der Ursachen zu bestehen hat, da somit jeder weitere 
Artunterschied eine weiter hinzutretende Ursache voraussetzt und 
jede solche einen Artunterschied begründet, so müssle dieses logi- 
sche Gebäude der realen Abfolge und Verkettung der Ursachen ge- 
nau entsprechen. Hatte aber schon Pinto die einheitliche Ableitung 
alles Erkennbaren , welche ihm allerdings als höchstes Ziel vor- 
schwebt, in der Wirklichkeit nicht unternommen (eine immanente 
dialektische Konstruktion derselben ohnedem gar nicht beabsichtigt), 
1) Dass nämlich diu Zahl der Mittelglieder eine begrenzte sein moss, iat 
schon 8. 171 bemerkt worden. Vgl. auch Anal. poat. II, 12. 95, b, 18 ff. 
2) A. a. 0. o. 18. 97, a, 23: tk & xo xottCraxEuii^Eiv Bpov S>a tüv Statpfotuv 
tpnu'j Sil atoyi^EtjOat , to« Xsßetv tä xaTirjopoiSpiva Iv tüi ti im , sa'i taZza tüjni ti 
Kptütov t, Bsilnpov , nai Sri tbÜtk r.iiza. 
3) Aristoteles fasst beides, ohne schärfer zu trennen, unter dem Begriff der 
Eintheilung zusammen; eingehende Kegeln dafür anheilt er Anal. post. II, 13. 
96, b, 15 — 67, b, 25. Top. VI, 5. 6. parL anini. I, 2. 3. Das Wichtigste iat 
auch ihm, wie Plato (b. lato Abtli. S. 396 f.), dass die Eintheilung stetig fort- 
schreite, kein Mittelglied überspringe, nud das Einzuth eilende vollständig er- 
schöpfe; «Ubb sie endlich (was Plato weniger beachtet hatte) nicht in abglei- 
teten oder zufälligen, sondern in den wesentlichen Unterschieden sich bewege. 
Vgl. Tor. Anm. , 
4) Die weiteren Regeln, welche namentlich das 6te Bach. der Topik ent- 
hält, indem es die beim Sefioiren vorkommenden Fehler ausführlich aufsäblt, 
müssen wir hier übergehen. 
6) S. Ute Abth, S. 897. 445. 
i „Google 
Oberste Gattungsbegriffe. 4,85 
so hält Aristoteles eine solche überhaupt nicht für möglich : die 
obersten Gattungsbegriffe lassen sich' ja ihm zufolge so wenig, als 
die eigenthüm liehen Principien der besonderen Gebiete aus einem 
Höheren ableiten '), es findet zwischen ihnen keine volle Gemein- 
schaft, sondern nur eine Analogie statt '}, und eben desshalb giebt 
1) Ansl. poei. I, 32. 68, a, 31 ff. □. a. St. t. o. 8. 170 ff. Daes namentlich 
die Kategorieen sich weder aus einander, noch aus einer höheren gemeinsamen 
Gattung herleiten lassen, sagt Arist. Mctaph. XII, 4. 1070, b, 1 (nisi -jap tj)v 
ojaiav x«i toäXb ti KaTrjfjpuiifisva aü8rv iiz\ xowov). V, 28. 1024, b, 9 (wo das 
Gleiche auch von Form and Materie). XI, 9. 1066, b, 8. Phys. III, 1. 200, b, 34. 
De an. I, 6. 410, a, 13. Eth. N. I, 4. 1096, a, 19. 23 ff.; vgl. Tbesdklbsbuiio 
Bist. Beitr. I, 149 f. Die Begriffe, welche man am Ehesten für höchste Gat- 
tungen halten möchte, das Seiende und dos Eine, sind keine ytfvi]: Mctaph. III, 3. 
998, b, 32. VIII, 6. 1046, b, 5. X, 2. 1063, b, 81. XI, l. 1069, b, 27 ff. XII, 4. 
1070, b, 7. Eth. N. a. a. O. Anal. poet II, 7. 92, b, 14. Top. IT, 1. 121, a, 16. 
C 6. 127, S, 26 ff. Vgl. TllEBDELKNHUKG H. a. O. 67. IlüMTZ Und ScHWEQLEE EU 
Hetaph. III, 3. (Weiteros tiefer unten.) Der Satz, welchen Stilümpblt. Gesch. 
d. theor. Phil. d. Qr. S. 193 für eine Behauptung des Aristoteles ausgiebt, dass 
ichliesnliüh Alles unter einem einsigen höchsten Begriff als gemeinsamem Gat- 
tungsbegriff enthalten sei , ist hiernach strenggenommen nicht aristotelisch. 
2) Hetaph. V, 6. 1016, b, 31 werden vier Arten der Einheit unterschieden 
^vollständiger ist die gleichfalls viergliedrige Aufslhlung Metaph. X, 1, In 
welcher die Einheit der Analogie nicht vorkommt): die Einheit der Zahl, der 
Art, der Gattung , der Analogie. Jede frühere von diesen Einheiten schliesat 
die folgenden in sich (was der Zahl nach eins ist, ist es auch der Art nach 
u. s. w.), aber nicht umgekehrt; die Einheit der Analogie kann daher auch 
unter solchem stattfinden, was in keine gemeinschaftliche Gattung gehört 
(Vgl. part. an. I, 5. 646, b, 26: ti jib -pp tfWtOt n xowov *«' ävolvjfav, t« 81 
<ni T^vot) *i 3e xot' eTSo;.) Sie kommt bei allem vor Sa« Ifti iic, SXko npo; xkko, 
sie besteht in der Gleichheit des Verhältnisses (fein-,; Xifiov), und setst daher 
mindestens viel Glieder voraus (Eth. N. V, 6. 1131, a, 31){ ihre Formel ist: i( 
toüto h TotJxcp i) *pb< toCto, taS' Iv töBe J) icpb; Ti6e (Metaph. IX, 6. 1048, b, 7 
vgl. Poet. 21. 1457, b, 16). Sie findet sich nicht Mos im Quantitativen als 
srithmetischa und geometrische (Eth. N. V, 7. 1131, b, 13. 1132, «, 1) Gleich- 
heit, sondern auch im Qualitativen als Aehnlichkeit (gen. et eorr. II, 6. 333, a, 
26 ff.) , oder als Gleichheit der Wirkung (vgl. part an. I, 6. 646, b, 9 : -o ävi- 
lovov-rijv ecW)v rj[ov Bihapjv. Ebd. I, 4. 644, b, II. TI, 6. 662, s, 3), überhaupt 
in allen Kategorie™ (Metaph. XIV, 6. 1093, b, 18); Beispiele geben, ausser 
den eben an geführten Stellen De part. anim., auch Anal. pri. I, 46. 61, b, 12. 
Bhet III, 6, Schi. Was sich von keinem Anderen mehr ableiten iasst, die höch- 
sten Principien , das mnss durch Analogie erlÄutert werden ; so x. B. die Be- 
griff» der Materie, der Form n. s.w. Metaph. IX, 6 (s.o. 182,5). XII, 4. 1070, b, 
13 ff. Phys. 1, 7. 191, a, 7. (Du Vorstehende nach Tbekdei.ehbürg Hist Bete. 
186 Aristoteles. 
es nicht blos Eine Wissenschaft, sondern mehrere, weil jeder Gat- 
tung des Wirklichen eine ihr eigentümliche Wissenschaft ent- 
spricht l 3- Wenn daher auch anter diesen eine Wissenschaft von 
de» letzten Gründen (die »erste Philosophie«) vorkommt, so wird 
sie doch zum Voraus darauf verzichten müssen, ihren Inhalt aus 
einem einzigen Princip zu entwickeln; jeder weiteren Untersuchung 
wird vielmehr die Frage nach den allgemeinsten Gesichtspunkten, 
ans denen sich das Wirkliche betrachten lässl, den höchsten Gat- 
tungsbegriffen, vorangehen müssen. 
Mit dieser Frage beschäftigt sich die Kategorieenlehre, welche 
im aristotelischen System das eigentliche Bindeglied zwischen der 
Logik und der Metaphysik bildet. 
5. Die Metaphysik. A. Einleitende Untersuchungen. 
1. Die Kfttegorieen '). 
Alle Gegenstände unseres Denkens fallen nach Aristoteles un- 
ter einen der folgenden zehen Begriffe: Wesenheit, Grösse, Be- 
schaffenheit, Beziehung, (Substanz, Quantität, Qualität, Relation,] 
Wo, Wann, Lage, Haben, Wirken, Leiden 3 ). Diese obersten Be- 
I, 161 ff.) Von besonderer Bedentang ist die Analogie unserem Philosophen 
für »eine naturgesohichtlichen Untersuchungen; §. u. and Maria Arial Thiar- 
k unde 3S4 ff. 
1) Anal, ptisi. I, 28, Auf.: fifa 5' taarrjai) etrc'iv 5] ivb; -{haut ... SrtVia ö' 
ljtvix^\n\ (rc\t htyac, Baiuv at äp^o* |«jt' h. töW «Jtö» pnjB' fnpat ix. töiv h if M , 
Metaph. III, 2. 997, a, 21: iwp\ ob tb aütö -j^üt ti au\L$t$rpt6x* xaS' a&zk rfc 
aÜTifc [fawtifci'Kj W fltwpjja«! ix Töl* orftüv SoEöv. Ebd. IT, 2. 1003, b, 19: Smn>- 
vo( St frfvnus xol «*o4>)aif [i(o ivö; xa\ fcirajjWj. Elid. 1004, a, 3: TooaBra [tipjj ipile- 
uoipiit io-ftv BaaiKEp al oiiaini . . . fljcep;((t fäp söffiit f^"l ^X.ovtii Tb tv not t'o 3v ■ Sic 
xon nf iKtoTripiu äxolouBjJaoijai totiroi;. Wie eich damit der Begriff der ersten 
Pbiloaoptiiü vertrügt, wird sogleich naher untersucht werden. 
2) Teehdbluküueü Gesch. d. Kategorieenlehre (Hut Boitr. L 1846), 8. 1 
— 196. 209 — 217. Bonite fib. die Kateg. d. Arist Sitsungtberiirhte d. Wiener 
Akad., BisL-pbilol. Kl., 1653, B. X, 591 ff. Pbaxtl Gesch. d. Log. 1, 182 ff. 90t 
3) Kateg. c. 2, Anf. : TÜv Xfyajjivoni lä |ib isti ou(j.ti).ok)]v Ufrrat, xi 8' 
«vf u aupLicXoxijc. c. 4 , Auf. : :ü>i xsra [iTj&(ifen ou(inloxi)y leyopivcuv feooTO» 
>Jtw o'jsiav -njuaivE! i) itoaöv f] icoibv f] JtpÖt m i) rcoQ 5) «qtI i) itrafla: I) fgen ^ 
icoiävi) rA<rjivt. Top. I, 9, Auf.: jirti roivu* t«ut« SA äiopiü-aa&oi Ti -yiVi) TÖv 
xaTufopicüv , Jv oT( ix&p-fpuart al foflSaar tsrtapes [Spot, ftvo«, ISio», ou(iflaßi|xs(]. 
Jon 8k raiha tov äpifl^ov Sfoa, tiian, xoaev, Jtoi'ov, Kpof-ti, icdG, woti, xeurS«, 
J/tlV, noiltv, JI1T-/EIV. 
i „Google 
Kategorien. 187 
griffe oder Kategorieen *) bezeichnen für ihn weder blos subjektive 
Denk formen , welche seinem Realismus von Hanse aus fremd sind, 
noch überhaupt blos logische Verhältnisse; es sind vielmehr die 
verschiedenen Bestimmungen des Wirklichen , welche sie aus- 
drücken *). Andererseits sind aber nicht alle Bestimmungen des 
Seienden Kategorieen oder Unterarten derselben, sondern nur die- 
jenigen, welche die allgemeinen und formalen Gesichtspunkte dar- 
stellen, unter denen es sich betrachten lässt; die bestimmteren Aus- 
sagen dagegen, welche die konkrete Beschaffenheit eines Gegen- 
stands, seine physikalischen oder ethischen Eigenschaften betreffen, 
sind keine Kategorieen *)> und aus demselben Grunde scheinen auch 
1) Aristoteles bedient sich au ihrer Bezeichnung verschiedener Ausdrücke 
(vgl, Trend n. RNRüHe a. a. O. 6 ff. Bonitz a. a. 0. 610 ff.); er nennt sie ri 
■fort (sc. toü miTOf, De an. I, 1. 402, t, 22), ti npSra (Metaph. VII, 9. 1034, b, 7), 
auch Buiioeasn (Top. IV, 1. 120, b, 36. 131, a, 6) und nitiosn (Metaph. XIV, 2. 
1039, a, 26 vgl. Eth. Eud. I, 6. 1217, b,29), weit am Häufigsten jedoc h xera]- 
lopiai, xcroif ue>f|Urni , vfrjj oder ay/gutta tüv xsm]Yopt<3v (-rij( xmrfopfaf)- Den 
letzteren Ausdruck erkläre ich mit Boiitz so, dass xartiropia einfach „Aus- 
sage" bedeutet, fin\ oder jyijiioro t. xot. mithin: „die Hauptgattungen oder 
Grundformen der Aussage, die verschiedenen Bedeutungen, in welchen von 
einem Gegenstand gesprochen werden kann"; dasselbe besagt das kürzere 
umiywCcH ( „die verschiedenen Weisen des Aussagens") oder xoTJifOplai toü 
Svto; (Phys. HI, 1. 200, b, 28. Metaph. IV, 28. 1024, b, 13. IX, 1. 1045, b, 26. 
XIV, 6. 1093, b, 19); das Letalere, sofern jede Aussage auf ein Seiendes geht. 
2) Metaph. V, 7. 1017, a, 22: xofl' s5ii 8i irvai 1^-biii 5o«IMp arifiaivii -i 
SY_i(|iaxs Tifr xarrifopia; ' öaarf&i yip Uyitai, -aaauxaföi z'o Htm m][ia(m (Vgl. 
Eth. S. I, 4. 1096, a, 23). Die Kategorieen beissen daher umr^apta-i toü öVeo; 
l>. vor. Anm.j, es ist das äv, (lessen verschiedene Bedeutungen sie darstellen 
(Metaph. VI, 2, Anf. IX, 1. 1045, b, 32. De an. I, 5. 410, a, 13: tri 6e ralls- 
JÜ4 lerojiivou to3 üvro;, itjpaivti fip vb piv Tä6t xi u. a. w.); die logischen Ver- 
tilüiiaso der Begriffe dagegen, wie Spot, f'vOf, ESiov, <njp.ßeßnx't>c , sind in den 
Kategorieen nicht ausgedrückt, sondern sie ziehen sioh durch sie alle hin- 
durch; anf die Frage nach dem v. eVri z.B. kann je nach Umständen eine oCola, 
ein too'oy n. s.f. genannt werden, Top. 1,0; und ebensowenig gehört der örgen- 
>»te des Wahren und falschen, welcher siob nicht auf die Beschaffenheit der 
Dinge,- sondern auf unser Verhalten au den Dingen besieht (Metaph. VI, 4. 
1027, b, 29) , an den Kategorieen (s. u. 168, l)i 
S) Aus diesem Grande wird i. B. der Begriff der Bewegung (oder Verän- 
derung) nicht unter den Kategorieen aufgeführt; er ist vielmehr naoh A. ein 
physikalischer Begriff, der seine nähere Bestimmung als 8 ubstanz Veränderung, 
qualitative, quantitative, räumliche Bewegung durah verschiedene Kategorieen 
erhält (Phyi. V, 1, Sohl. c. 2, Anf. ebd. 226, a, 23. gen, et corr. I, 4. 319, li, 31. 
> v Google 
solche metaphysische Begriffe ans ihrer Zahl ausgeschlossen zu 
werden, welche dazu dienen, die konkreten Eigenschaften und Vor- 
ginge zu erklären, wie die Begriffe des Wirklichen und Möglichen, 
der Form und des Stoffes, der vier Ursachen ')■ Die Kategorieen 
wollen die Dinge nicht ihrer wirklichen Beschaffenheit nach be- 
schreiben, und auch nicht die hiefür erforderlichen allgemeinen Be- 
griffe aufstellen, sie begnügen sieb vielmehr damit, die verschiede- 
nen Seiten anzugeben, welche bei einer solchen Beschreibung in's 
Auge gefasst werden können *): sie sollen uns nach der Absicht 
De ooelc IV, 3. 310, s, 23. Metaph. XU, 2. 1069, b, 9; Weiteies hierüber spä- 
ter); und mag er selbst auch für sich genommen unter die Kategorie des Thuns 
und Leidens zu stellen sein (Top. IV, 1. 130, b, 26. Phys. V, 2. 315, b, 13. 
III, 1. 201, a, 23. De an. III, 2. 426, a, 2. Tbbndri.ehbuiuj Htat Beitr. I, 
135 ff.), und insofern Metaph. VI], 4. 1029, b, 22 als Beispiel dafür gebraucht 
werden, daas such die andern Kategorieen, ausser der der Substanz, ihr Sub- 
strat haben , so wird er doch dadurch nicht selbst zur Kategorie, und ebenso 
wenig wäre er es, wenn er nach der gewöhnlichen (durch Metaph. V, 13. 
1020, a, 26 nicht gerechtfertigten) Annahme der spateren Peripatetiker (Sihpl. 
Categ. 78, S. §. 29 Bas.) unter die Kategorie des noebv, oder wie Andere woll- 
ten (Simpl. a. a. O. 35, 8. §. 36), unter das npo"; tl gehörte. Wenn daher Eudk- 
hus (Kth. Eud. 1217, b, 26) die Bewegung an der Stelle des Thuns und Leidens 
unter den Kategorieen nennt, ist diess schwerlich aristotelisch ; richtiger sag- 
ten Andere, wie namentlich Treopbbabt, sie siebe sich durch viele Kategorieen 
hindurch (Siupr.. a. a. O. 35, S. §. 38. Phyi. 94, a, m). Ebenso findet sich das 
Gute innerhalb verschiedener Kategorieen (Eth. N. I, 4. 1096, a, 19. 23). 
1) Keiner dieser Begriffs wird den Kategorieen beigezählt oder einer der- 
selben untergeordnet, vielmehr wird ausdrücklich da, wo es sich um die ver- 
schiedenen Bedeutungen des Seienden handelt, neben dem Unterschied des 
Wahren und Falschen auch der-des Suvifui und «WXe^eii als ein solcher be- 
zeichnet, welcher zu den durch die Kategorieen ausgedrückten Unterschieden 
noch hinzukomme (Metaph. V, 7. 1017, a, 7. 22. 31. 35. VI, 2, Anf. IX, 10, 
Auf. e. ]. 1045, b, 32. XIV, 2. 1089, a, 26. De an. I, 1. 402, a, 22 vgl Tbek- 
delexbueu a. s. O. 157 ff. Bonitz a. n. O. 19 f.), und durch die verschie- 
denen Kategorieen hindurchgehe (Phys. IN, 1. 200, b, 26). Wesshalb eis nicht 
unter die Kategorieen aufgenommen werden konnten , sagt uns Aristoteles 
nicht, und in der Sache selbst will lieh, wie man zugeben muss, kein zwingen- 
der Grund dafür zeigen; ich gebe daher das Obige eben nur als Vermuthung. 
2) Man kann insofern als ihren Gegenstand (mit Strümpell Gesch. A. 
tbeor. Phil. 211) „die Arten der Prädieirung" bezeichnen; nur nicht in dem 
Sinn, als ob es sich hei ihnen blas um Prädikats begriffe oder um die Formeo 
der Begriffs Verbindung handelte, denn bei der Substanz ist keines von bei- 
den der Fall. 
i „Google 
Kategorieen. 189 
des Philosophen nicht reale Begriffe, sondern nur d«8 Fachwerk 
geben, in welches alle realen Begriffe einzutragen sind, mögen sie 
nun auf eines dieser Fächer beschrankt sein, oder durch mehrere 
hindurchgehen ■). Von der Vollstfindigkeit dieses Fachwerks ist 
Aristoteles überzeugt *); wie er aber dazu gekommen ist, gerade 
1) So auch Bit an ms II, b, 394 IT. Dagegen erklArt Tbenoei.es ruru a. ■. O. 
162 F. da« Fehlen des Möglichen and Wirklichen unter den Kategorieen dar- 
aus, dass diese „abgelöste Prädikate" seien, jene dagegen „kein reale« Prä- 
dikat' 1 ausdrücken. Mir scheint gerade das Umgekehrte der Fall zu sein: die 
Katego rieen sind nicht selbst unmittelbar Prädikate, sondern sie bezeichnen 
nur den Ort für gewisse Prädikate; dagegen liegen der Unterscheidung des 
Möglichen und Wirklichen bestimmte reale Anschauungen zu Grunde, im Ein- 
zelnen der Gegensatz zwischen den verschiedenen Entwicklungszuständen der 
Dinge, im Weltganzen der Gegensatz des Körperlichen und Geistigen, und 
jene Unterscheidung ist nur der abstrakte, metaphysische Ausdruck für dieses 
Reale. Auch Bohitz scheint mir aber nicht ganz das Richtige getroffen zu 
haben, wenn er a. a- O. 18. 21 sagt, die Bedeutung der Kategorieen sei nur die, 
den Ueberblick über den Inhalt des erfabrungsmässig Gegebenen zu vermit- 
teln, solche Begriffe daher, welche Aber die Auffassung des erfahrungsmUssig 
Gegebenen zu seiner Erklärung hinausgehen, seien davon ausgeschlossen. Er- 
fabrnngsiDassig gegeben und zur Auffassung des Gegebenen dienlich ist der 
Begriff der Bewegung wohl ebensogut, wie der des Wirkens und Leidens, die 
Begriffe des Wirklichen und Möglichen, der Form und des Stoffs, welche Ari- 
stoteles regelmässig an den erfahrungsm assigen Beispielen künstlerischer und 
natürlicher Erzeugung erläutert, so gut, wie die der Substanz oder der QnalitNt. 
2) Dieas erhellt ausser den S. 186, 3 angeführten Aufzahlungen auch ans 
anderen Aouss eräugen, welche ganz abgesehen von jenen beweisen, dass Ari- 
stoteles allerdings, so wenig dies» auch Piakti, (Gesell, d. Log. 1, 206 ff.) glau- 
ben will, eine bestimmte Anzahl von Kategorieen aufgestellt und fortwährend 
festgehalten bat. So soph. el. c. 22, An f. : liulmp fyajitv tä ysw) tüv xcrn]TOßtüv, 
nämlich eben die zehen Top. 1, 9 aufgezählten, auf welche auch c 4. 166, b, 14 
nach Erwähnung des Tl (tbMj), jioibv, noobv, jtoioÜv, Ttaoyov, Gicexe!|uvov (eigent- 
lich nur eine Art des r.otm , die 8t«8eai( s. Kateg. c. 8. 10, a, 35 ff. Metapn. 
V, 20) mit den Worten: xai tSXX* S' «i\ SitfsijTai irpri-repov zurückweist De au. 
I, 1. 408, a, 24: icöttpov t6*Se ti xal oiiaioi J) noibv fl nsubv rj %a( tu äXlij tüv Biai- 
pjliioSW xatijvopiwv. Ebd. c. 5. 410, a, 14: anfiahf« Y«p ~o <tkv toSe ti tb Ei «och* 
^ Jtoibv t] xa( tiva ÖXXijv twv SiaipsBttaäv xatnYopiöW. Anal. pri. I, 37: ti 8* ureip- 
XCi« tdSs TOB* . . . 'oaaurayöc XnftTlav haar/un & xar>{fopla[ äiijpijvTai. Ebenso 
wird Phys.ni, 1. 200, b, 26. Metaph. VD, 9. 1084, b, 9. XIV, 2. 1089, *, 7, 
nachdem einige Kategorieen genannt sind, auf die übrigen, wie auf etwas Be- 
kanntes, mit einem einfachen: dl äXla: xnTi]YOplztt verwiesen, und Anal. post. 
1, 12. 83, b, 12. a, 21 die Unmöglichkeit einer in's Unendliche gehenden Be- 
weLsfnhning damit bewiesen , dass die Zahl der Kategorieen auf die dort g*> 
loogle 
190 Ariatotelea. 
diese und keine anderen Kategorieen aiiftustollen , sagt er ans nir- 
gends ,m ), and auch an ihnen selbst will sich ein festes Princip für 
ihre Ableitung so wenig zeigen*), dass wir nnr vermuthen können, 
nannten besohrlinkt «ei. Die Vollständigkeit der Kategorieentafel setzt auch 
der 8. 167, 2 berührte Beweis, dass es nur drei Arten der Bewegung (im enge- 
ren Sinn), die qualitative, quantitative Und räumliche gebe, Phya. V, 1 f., vor- 
an«, indem dieser auf dem Wege der Ausschliessung geführt wird: da die Be- 
wegung in den Kategorieen der Substanz n. s. f. nicht vorkomme, sagt Aritt, 
so bleiben nur jene drei Kategorieen für sie übrig. 
1) Auch in den verlorenen Schriften scheint dies« nicht geschehen zd 
sein, sonst wurden die alten Ausleger sich darauf berufen, aUtt daas Swrr.. 
Schol. in Ar. 79, a, 44 sagt: l\bn o08au,oü «ipl -rrjt T«E«of tSv fnflv oiS&uiav 
aitiav o 'AptffroTft)]c «M^iJvaTO. 
2) Es ist Tbbkdklrsbubg's Verdienst, in »einer Dissertation De Arial. 
Categoriia (Berl. 1833) und den Element« Logicea Ariatotelicae S. 54 sich morst 
nm ein solche« bemüht zu haben. Das« es ihm jedoch wirklich gelungen sei, 
es aufzuzeigen, davon hat mich auch die wiederholte Auseinandersetzung Hist 
Beitr. I, 23 ff. 194 f. nicht überzeugt, es acheinen mir vielmehr die Bedenken, 
welche schon Ritt bis III, 80 und jetzt in erschöpfenderer Weise Boiitz a. a. 0. 
36 ff. gegen «eine Ansicht geltend gemacht hat, vollkommen berechtigt. Tbbw- 
delenlcrg (und nach ihm Busse Phil. d. Ariel. I, 04 f.) glaubt, der Philosoph 
lasse sich bei seinem Entwurf der 10 Geaohleehter zunächst von gramma- 
tischen Unterschieden leiten: die oüofa entspreche dem Substantiv, das noaov 
und rql'ov dem Adjektiv; für da« rcpdc -\ seien Ausdrucks weisen, wie die Kateg. 
C 7 angeführten, mause gehend; das icou und norl werde durch die Adverbien 
des Ort« und der Zeit dargestellt; die vier letzten Kategorieen finden sich im 
Verbnm wieder, da durch das itoisiv und Jtiax«v das Aktiv und Passiv, durch 
das xdrfn ein Theil der Intransitiven, durch das e/eiv die Eigentümlichkeit 
des griechischen Perfekt« in einen allgemeinen Begriff gefasat werde. Allein 
fttr's Ente deutet Aristoteles selbst, wie Bmit* 8. 41 ff. eingehend zeigt, nir- 
gends an, dass er gerade auf diesem Wege zu «einen Kategorieen gekommen 
sei; da er vielmehr die Bedetheile noch gar nicht in der Art unterscheidet, 
welche nach Thüdelenhiiku den Unterschieden der Kategorieen entsprechen 
würde, da er die Adverbien nicht ausdrücklich hervorhebt, und da« Adjektiv 
als if|Ua mit dem Zeitwort zusammenfaßt, überhaupt ausser dem Artikel und 
der Conjunktion nur das övofi» und ptjjui nennt, so ist es nicht wahrscheinlich, 
dass sprachliche Formen, die er als solche gar nicht beachtet hat, ihn bei der 
Scheidung der Begriffsklassen geleitet haben. Sodann entsprechen sieh aber 
auch in der Wirklichkeit beide nicht in dem Maasse, wie dieas nach Tkbhdb- 
lkmbdeü's Annahme der Fall sein müastc: Quantität und Qualität z. ». lassen 
sieb ebensogut durch Hauptwörter (z. B. XiuEdtrjc, ftspiii-nn n. A. Kat c 8. 9, 
a, 29) und Zeitworter (XiXeiIxiutw u. s. f.) ausdrücken, wie durah Beiwörter, das 
Wirken und beiden ebensogut dnroh Hauptwörter (npäfo, naOof u. s. t), wie 
durch Zeitwörter, Zeitbestimmungen nicht Mos durch Adverbien, sondern auch 
Kategori.eo, Ifli 
er habe sie empirisch, durch Zusammenstellung der Hauptgesichts- 
punkte gefunden, unter denen sich das Gegebene (tatsächlich be- 
trachten liess. Ein gewisser logischer Fortschritt findet dabei im- 
merhin statt: mit dem Substantiellen, dem Ding, wird angefangen; 
hieran reiht sich die Betrachtung der Eigenschaften, zuerst (in dem 
iroaov und ttoldv") derer, welche jedem Dinge für sich, sodann Cin 
dem Tupös tO derer, welche ihm im Verhällniss zu Anderem zu- 
kommen ; von da wird zu den äusseren Bedingungen des sinnlichen 
Daseins, dem Ort und dem Zeitpunkt fortgegangen, und endlich mit 
den Begriffen geschlossen, welche Veränderungen und die dadurch 
herbeigeführten Zustande ausdrücken. Eine Ableitung im strengen 
Sinn kann man diess aber nicht nennen, wie denn auch eine solche, 
nach aristotelischen Grundsätzen, für die obersten Gattungsbegriffe 
nicht möglich war 1 ]. Wirklich bleibt auch die Ordnung der Kate- 
gorieen sich nicht gleich ä ) ; ebenso erscheint ihre Zehnzahl ziem- 
lich willkührlicb, und Aristoteles selbst hat diess dadurch anerkannt, 
dass er die Kategorieen des Habens' und der Lage in seinen späte- 
ren Schriften auch an solchen Orten übergeht, wo er, wie es scheint, 
eine vollständige Aufzählung geben will "). Möglich, dass der Vor- 
gang der I'ythagoreer *) und die von ihnen auch zu den Plaloni- 
durch Adjektive (x&Tcc , BtutEpatof u. dg].); sehr viele Hauptwörter bezeichnen 
keine Substanz (Knt. e. Ö. 4, a, 14. 21); für die Relation will sich eine entspre- 
chende grammatische Form nicht finden. 
1) S. o. S. IST f. vgl. S. 185, I. 
2) Beispiele im Folgenden. Am Auffallendsten ist in dieser Beziehung, 
dass Kateg. c. 7, von der sonst immer eingehaltenen, auch c. 4 angenommenen 
Reihenfolge abweichend, das Ttpi( Tiidem rcotbv vorangeht. Einen genügenden 
Grand weiss ich nicht dafür anzugeben, aber gegen die Aechthcit der Schrift 
mochte ich nichts daraus schliessen, da ein Späterer, sollte man meinen, sich 
eine Abweichung von der hergeh rächten Ordnung weniger erlaubt haben 
würde, als Aristoteles selbst zu einer Zeit, wo diese noch nicht feststand. 
3) Anal. post. I, 22. 63, a, 21: Sm 5) h t<Ü tl lartv [mrtifopLiTcu] ?, Er: 
othöy fj hooov 5) jtpiSt ti ?| noioDv ?| jc&trfov ij itoö ij notl, Stov tv xifl' Ivb; *ntT|fo- 
fifi^. Ebd. b, 16: ta f^i ^*> T naT7]fop(Öv ltuc4pavua' r) yap jrotbv ![ noabv i] Jtpi( 
~ 1, iroioüv JJ nirrfm % itoü % noxi (die ouaia, der diese als aup.ßißi}XJTa entgegen- 
gestellt werden, ist schon vorher genannt). Phys. V, 1, Sohl.: ei o3v ctt xstt^o- 
flai !ti|p)iVT<« aiaia xa\ KoidT7]Ti xail ttü iuou xA TÖ jcotI kb\ t<ü rcpds xi xal TlÜ jcoafii 
m\ t$ noifiv fl iciox«v, ivivxi! Tpfis «Tvai xiwjmtf (vgl. 8. 189, 2). HeUpb. V, 8. 
1017, a, 24: röv n.avn^r>pw^4vhn t* piv -rf «ort m]p.«!v:i t« St noibv, t« Bi itoobv, 
T«. !'( r.f6i ti, tb St boleTv 1 7uao7_£iv, ti St neu, ™ St böte. 
4) 8. Tb, I, 265. 
JigiiizBdby Google 
192 Aristoteles. 
kern Übergegangene ») Liebhaberei für die Zehnzahl ihn zuerst ver- 
anlasste, für seine Kategorieen nach dieser Rundzahl zu suchen; 
an einen weiteren Zusammenhang seiner Lehre mit der pythagorei- 
schen *) kann freilich nicht wohl gedacht werden, und nicht viel 
wahrscheinlicher ist auch die Vermnthung s ), dass er seine Katego- 
rieen ans der platonischen Schule entlehnt habe*). Selbst dem Um- 
stand, dass diese fast alle in Plato's Schriften vorkommen 5 ), dürfen 
wir desshalb kein zu grosses Gewicht beilegen, weil sie bei diesem 
eben nur gelegentlich gebraucht werden, ohne dass der Versuch 
einer vollständigen Aufzählung der sammtlichen Kategorieen ge- 
macht würde. 
Unter den einzelnen Kategorieen ist weit die wichtigste die der 
Substanz, von welcher demnächst ausführlicher zu sprechen sein wird. 
Die Substanz im strengen Sinn (s. u.) ist Einzelsubstanz. Was sich in 
Einzelsubslanzen theilen lässt, ist ein Quantum 8 ); sind diese Theile 
1) 8. Uta Abth. S. 660. 
3) Wie ihn Pktemjeh annahm Fhilos. Chrysipp. fundunenta 8. 13. 
3) Boss Arist. libr. ord. 238 ff. 
4) Denn thcila feblt ca an jeder Spur dar leben Kategorieen bei den PI» 
tonikam, nährend es doch nicht wahrscheinlich ist, dus TOn einer so merk- 
würdigen Thatsache weder durch die Schriften dieser Manner noch dnreh einen 
Chrysippns und andere Gelehrte der alexandriniscben Zeit in den späteren 
Peripatetikem und durch sie zu uns eine Kunde gelangt sein sollte; theil» 
hKngt auch die Kategorieen lehre mit den sonstigen Ansichten des Aristoteles 
au eng zusammen, als dass sie auf einem anderen Boden gewachsen sein 
konnte. Man nehme nur z. B. die Grundbestimmungen Aber die ouuia und ihr 
Verhältnis« zu den Eigenschaften, auf der die ganze Scheidung der Kategorieen 
bei Arist. ruht. Platonisch sind diese gewiss nicht: gerade das ist ja ein Haupt- 
Btteitpuukt des Arist. gegen seinen Lehrer, dass dieser die Eigenschaftsbegriffe 
hypostasirt, das -oibv zur oioia gemacht hatte. 
5) M. s. darüber Trend ELthauEti Hist. Beitr. I, 205 ff. Bosm a. a. 0. 56. 
PaiKTL Gesch. d. Log. I, 78 f., and unsere lste Abth. 6. 446 f., wo für den 
Gegensatz des *n8' afi™ und npiif frapov auch auf Eebmodob b. Sinn,, l'bj-s. 
64, b, c sU verweisen war; vgL m. Dissertation De Hermodoro S. 30. 33. 
6} Metaph. V, 13, Auf.: jcoabv Ji-f"* 11 w 3u.pE-.ov ttj tW&pxovTa i ■""' ***" 
Tipov i) i'xaoTov Ki ti kh'i -63e Tt itifuxsv sfvii. Die i»u*«pv_ovT« siud aber die Be- 
etandth eile im Unterschied von den Momenten dea Begriffs. 8o wird t B. 
Metaph. III, 1. 995, b, 37. c. 8, Auf. gefragt, ob die y^vtj oder die bmip/v"* 
oberste Principien seien; ebd. VII, 17, Schi, wird das «oiväov als das definirt, 
ilt o oiaipiTTai (so. ii) tVtmapxw (Aoo.) ü« CIijv. Aehnliah VIII, 2. 1043, *, 19. 
Vgl. gen. an. I, 31. 729, b, 3: n>; ^vutiaf v_ov not pdpiov Sv tu8u( tq3 rnrausta aü- 
KategorUen. 19| 
getrennt, aa ist das Quantum ei» diskretes, eine Menge, sind m 
wusainmenbäiigend, so ist es ein steliges, eine Graste J ); siad im 
in einer bestimmten Laue Cöemö» «• ist die Grösse eine räumliche, 
sind sie nur in einer Ordnung Od&ö, onne l^g 6 » so ist sie eine 
UHräumliche *). Das Ungetheilte oder die Einheit, mittelst deren die 
Grösse erkannt wird, ist das Maass derselben, und eben diess ist 
das unterscheidende Merkmal der Grösse, dass sie messbar ist, und 
ein Maass hat 8 ). Wie die Quantität dem substantiell thalbaren 
Ganzen zukommt, so drückt die Qualität die Unterschiede aus, durch 
welche das begriffliche Ganze getneilt wird; denn unter der Quali- 
tät im engeren Sinn *) versteht Aristoteles nichts anderes, als das 
unterscheidende Merkmal, die nähere Bestimmung, in welcher ein 
gegebenes Allgemeines sich besondert; und als die beiden Haupt- 
arten der Qualitäten bezeichnet er diejenigen, welche eine Wesens-; 
Bestimmung, und die, welche eine Bewegung oder Thätigkeit aus- 
drücken *). Anderswo nennt er vier qualitative Bestimmungen als 
iiaToj p.cyviij**vov tj) Eli]. Ebd. c. 18. 724, a, 24: Zva «>c ££ (Huji -yt-fvtafai "* TT* 
vipEva Xs'-piAE», ix twoj Jwnip)(ovW( . . . in-J.v. Kat. o. 2. 1, a, 24. e. 5. 3, «, 31. 
Das Ttociov ist mitbin ein solches, was aus Theilen besteht, wie ein Korpen 
nicht an« logischen Elementen, wie ein Begriff. 
I) Metaph. V, 13 (wo auch aber das xoabv xafl' aärb und xnrtä sv«/ßt^x6(), 
Kateg. 6, Auf. Weiteres aber diskrete and stetige Grösse, nach Km. 6. Pbya. 
V, 3. 237, a, 10 ff. Metaph. u. a. O., bei Txb noblen au ae 82 ff. 
1) Kst. & 6, Anf. ebd. 6, a, 15 ff. Den Gegensatz des Räumlichen und 
Unriumlichen drückt ober Arial, hier nicht allgemein, sondern nur durch Bei- 
spiele (dort: Linie, Fläche, Körper, hier; Zeit, Zahl, Wort) ans. 
3) Metaph. X, 1. 105!, b, 16 ff. "Kai. c. 6. 4, b, 32. Es ergiebt aieb diess 
unmittelbar ans der obigen Definition des Kursiv: was sich in Theile zerlegen 
lisst, das Ifcsst sieh auch umgekehrt für die Vorstellung aus Theilen ins am - 
menaetieu und an ihnen messen. — Ale weitere Merkmale des kqsov nennt 
Eateg. a. 6. 6, b, 11 ff-, das» ihm nichts entgegengesetzt sei , und das« ei das, 
was es ist, nicht mehr «der weniger sei, wogegen der Begriff der Gleichheit 
nud Ungleichheit ihm eigentümlich zukomme. 
i) Im weiteren werden theils auch die Gattungsbegriffe (die Stiittfiai oioCai) 
roi'm, genauer jedoch noti ouois genannt (Kateg. c 5. 3, b, 13 Tgl. Metaph. 
VII, 1. 1039, a, 1), theils die truu.ßißnx£™ mit darunter befaast (Anal, post I, 
31. 83, a, 36). 
5) Kateg. c. 8 wird der Begriff der lEoufagt theils nur sprachlich, theils 
durch Beispiele erläutert; dagegen taast Metaph V, 14. 1020, b, 13 eine Auf 
aählang der verschiedenen Bedeutungen dieses Ausdrucks dabin Kusammen: 
ajiSet 3i] xenet SiSo tp&tovf Mp K * m tb noiiv, xat toiituv Ivb t'ov Hvputanov- 
PtaÜM-LGr. II. Bd. I. Abtlu 13 
Google 
to£ Aristoteles. 
die hauptsächlichsten '), dieselben lassen sich jedoch unter Jen* 
zwei einordnen *). Als eigenthümliches Merkmal der Qnalitfit wir« 
der Gegensatz des Aehnlicben und Unähnlichen betrachtet 9 ) 
Uebrigens kommt Aristoteles selbst mit der Abgrenzuno; diesei 
Kategorie gegen andere in Verlegenheit *}. Zn dem Relati- 
apwTi] [iiv fip jionJtBt ij tij; oia(«t oiapopi . . . th St jviQij töJv «vou[ilVii)v ^ xivoii- 
jfva x«\ ol ouv xmjssuw Siaipopot. Zu der ersten Klasse gehören anter Anderem 
»ueh die qualitativen Unterschiede der Zahlen , m der zweiten die öptr)) und 
xaxla. Ueber die eta^oci f. 8. US, 1. Die Qualität drückt daher eine Formbe- 
stimmung aus, denn die Suufopk ist eine solche; Metaph. VIII, 1048. 2, a, 19; 
ioHE -j-ip £ [tiv Sta riüv äiayopüjv Xdyoc toi ilfiouf xa'c tt;( ivip-yiio; ifttu, ö S' ex tüi 
ivujtapx^'" u » t9|c tÄ>j( (iSXlov. 
1) Kat. c. 9. Die vier eISj] tco^tj]Xo(, neben denen aber {10, a, 25) auch 
noch andere vorkommen mögen, lind diese: 1) Sfr; und Siaflsait, welche beide 
sich dadurch unterscheiden, dtss die ffa einen dauernden Zustand, die Stäten; 
■Uli Jaden Zustand überhaupt, theila namentlich einen vorübergehenden ani- 
drdckt (vgl, Metaph. V, 19. 30. Bobitb und Schwjeslbb e, d. 8t. TanDtui- 
blbh Hist. Beitr. 1, 95 f. Wiriz Amt. Org. I, 303 f.). Beispiele der £fo sind 
dieiittoTijuoundäpiraf; der blassen Siafliai; Gesundheit and Krankheit. 2) "Oaa 
x«t& Siivnuiv f usixJjV 5) d8in*(J.isv X^-fEtai (freilich von den ££ei( and SiaWüEi; nicht 
■treng zn unterscheiden; s, Tbebdelebbubii a.. u. 0. 98 f. Naberos Ober die 
Siivapi; später). S) Die leidentlichen Eigenschaften, naEb|Tua\ naidtiiTif, auch 
itibiit im Sinn der icoi4t>]( xafl' f t v aXiotoDtjOai £vSEJ(«ai (Metaph. V, 21) genannt, 
nnd von den anter die Kategorie des näo^Etv geborigen noOi-, durch ihre Dauer 
unterschieden; Arist versteht aber darunter nioht blos die Qualitäten, welche 
durch ein ftaOo; entstehen, wie weisse oder schwarze Farbe, sondern auch die, 
welche ein naBo; oder eine älloiionit in unseren Sinnen bewirken (vgl. De in. 
n, 5, Auf.). 4) Die Gestalt (t/j^o. xa\ p-oppij). 
2) Die awei ersten nHmlich und ein Theil der dritten drücken ThätigkeiUn 
and Bewegungen, die übrigen WesensbestimmarigBU aus. 
S) Kat. c 6. 11, a, 15; dagegen kommt (ebd. 10, b, 13. 36} die ewriön* 
und der Gradunterschied des päXXov xA ^ttov nicht alten Qualitäten in. Ueb« 
den Begriff der Aehnlichkeit vgl. Top. I, IT. Metaph. V, 9. 1018, e, 15. X, 3. 
1054, a, 3, lind unten 8. 195, 4. 
4) Einestheils nämlich würde die Bemerkung a, a. 'O. 10, a, 16, daas die 
Begriffe des Lockeren nnd Dichten, Bannen und Glatten nicht eine Qualität, 
sondern die Lage der körperlichen Theil e (also ein xtfaBai) bezeichnen, nach 
TjiKirDBiBHBDno'B richtiger Wahrnuhmung (a.a.O. 101 f.) noch Manches treffen, 
was A. zur Qualität rechnet; anderntheils tritt die Unmöglichkeit einer festen 
Abgrenzung der Kategurieen darin hervor, dasi dieselbe Beschaffenheit in 
ihrem Gattungsbegriff (z. B. unonfpu]) zum itpdt ti, in ihrem Artbegriff (ypou- 
1**tixJ)) zum xoiöv gehören soll (Kat. □. 8. 11, a, 20. Top. IT, 124, b, 18, wo- 
gegen Metaph. V, IS. 1021, b, 8 die !atp;xij zum Relativen gerechnet wird, weil 
der Gattungsbegriff titwcrju] ein solsjfcee sei). 
i „Google 
Kategorie«», Jtffi 
ven ') gehört alles da*t, dessen eigenthümliches Wesen tn einem be- 
stimmten Verhalten zu Anderem besteht 2 ), und insofern ist das Re- 
lative diejenige Kategorie, welcher die geringste Realität entspricht *); 
im Besonderen unterscheidet Aristoteles drei Arten desselben *), 
welche sich aber weiterhin aof zwei zurückfahren lassen G ). 
Doch bleibt er sich hierin nicht ganz gleich *), und ebenso- 
wenig weiss er mancherlei Vermischung mit andern Kategorie« 
zu vermeiden '.)» oder sichere Merkmale der vorliegenden zu ge- 
1} Dasa du Relative Kateg. c. 7 der Qualität vorangeht (s. o. 19t, 3), 
widerspricht dem natürlichen VerhHltnias beider, wie es nicht bloa in allen 
übrigen Aufzahlungen nnd in der bestimmten Erklärung Metaph. XIV, 1 , 1088, 
a, 12, sondern mittelbar anch a. a. 0. darin hervortritt, daaa daa afiounr nnd 
*«av, die qualitative nnd quantitative Gleichheit, 6, b, 31 zum itpit xt gereol*. 
n«t werden; vgl. Top. I, IT, Tbeuiiblbnbdbo 117. 
3) Bo KaL C. 7. 8, a, 31: toxi ri Jtp6{ n oT; fe llvsi Tsütiv tuti -:iT> itpoi t(- 
jmo( ey_eiv, indem die früheren, blos vom sprachlichen Ausdruck hergenomme- 
nen, BeatimmnngeD am Anfang des Kapitels ausdrücklich für ungenügend er- 
klärt werden. Top. Vi, 4. 142, a, 26. c. 8. 146, b, 3. 
8) Motaph. a. a. O.: tb U npü; ti nxvtuv IjxtrtB yimt TU ij oWa rtüv nora)- 
■fopiüv &rn, xsi iiWpa t&D TraioQ *ii nooou n. a. w. b, 2: tö El Jtpoi ti oEit SvvafUt 
oima oüte svtprsia. Kth. N. I, 4. 1096, a, 21: xopapuäSi fap TeSV isutt x«\ oup> 
ßeptptd'n toi Svtof. 
4) MeUph. V, 1B: da« «pds ti kommt vor 1) xsn' ipiSfii» xaX npi0|«i5 xata 
(und iwar unter vergeh i ©denen näheren Bestimmungen); dahin gehört «ach 
da* law, Spstov, taürbv, sofern ei sieh auch bei diesen um ein VerhSHBiae am 
einer gegebenen Einheit handelt: taütä [ui ylf tuV pl* ii oioi« i(i»i« S' luv ^ 
mdta,E (tla, n« £s *iv -o Roabv (v (diess auch gen. et narr. II, 6. S3S, s, 29)i 
1} uns !ii«iiiv jron]xwjiv xcu mBtrna^* , wie da« fliptuvroav und daa Stpficvcdv ; 
l)io dem Sinn, in welchem etwas [HTpijtev, fawnjtov, 6ia*oijW» heisst. Die awei 
ersten Arten auch Fhye. III, 1. 200, b, 28. 
5) A. a. O. 1021, a, 26t Bei den zwei ersten von den angeführten Fallen 
heiast daa 7tp«c n so tu !**p iet'iv eüov l^iaOuL «6tb ä forty (das Doppelte ist 
f]^(oEO( SinXiatov, das Erwannende 9ip|j*vTo3 Sippaytuiby), bei dem dritten liii 
üio icpb; ttüte WfiaSai (das Messbare oder Denkbar* bat sein eigenes Wesen 
unabhängig davon, ilw es gemessen oder gednobt wird, in einem Relativen 
wird es nur dadurch, data das Messende nnd Denkende au ihm in Beziehung 
tritt}. Ebenso Metaph. X, 6, 1066, b, 84. 1067, », 7. 
6) Ein« andere Eintbeilong findet aioh Top. VI, 4. 125, a, SS ff. 
7) Bo wird Est. c. 7. 6, b, S die R« , Siiflw«, *lo*ii«4. intvirku], fläoi; ansa 
spi{ tt gezogen, von denen doch die vier ersten zugleich aur Qualität, die letzte 
■nr Lage gehören; das muh nnd itioxit* sind nach Metaph. V, 15. 101«, b, 
U. 1011, a, 21 VeibMtniMbegriffe; die Theib «Ines Ganzen |m]&ü,.o», xsfsM 
n. d«L] soUen ein ßeUUvaa »ein (Kau e. 7. 6, b, 86 ff. vgl jedoch«, s, 2* ff.)j 
13* 
- 
fljtf ArUtotslesv 
wfnnen ')■ Die übrigen ftategorieen werden in der Schrift von den . 
Kalegorieen, and wurden wohl auch von Aristoteles selbst so kuri 
behandelt, Joss nach wir nicht ausführlicher mt sie eingehen 
können *)• 
Die wesentliche Bedeutung der Kategorieenlebre liegt darin, 
dass sie eine Anleitung giebt, ntn die verschiedenen Bedeutungen 
der Begriffe und ihnen entsprechend die verschiedenen Beziehungen 
des Wirklichen za unterscheiden. So wird hier zunächst das Ur- 
sprüngliche an jedem Ding, sein unveränderliches Wesen oder seine 
Substanz, von allem Abgeleiteten unterschieden. Innerhalb des letz- 
tere» sondern sich dann wieder die Eigenschaften, die Thätigkeilen 
and die äusseren Umstände. Die Eigenschaften sind theils solche, 
welche den Dingen an sich zukommen, und sie drücken in diesen 
Fall bald eine quantitative bald eine qualitative Bestimmtheit aus, 
d. h. sie beziehen sich entweder auf das Substrat, oder auf die 
Form *); theils solche, welche den Dingen nur im Verhältoiss zu 
ebenso die Materie (Phyi. II, 2. 194, b, B), und warum dann nicht auch die 
Form? 
1) Dia verschiedenen Eigentümlichkeiten des Belativen, welche Kat. c. 7 
genannt werden, finden sieh alle, wie eboii dasei bat bemerkt wird, nur bei einem 
Ttteil demselben; so die svivriinj: (8, b, 16 vgl. Metaph. X, 6. 1056, b, 36, c 7. 
1067, a, 37 nnd dam Themdbi.bkbubq 123 f.), du [tsQütov in* iJctdv, die Eigen- 
schaft, daaa die aufeinander Belogenen gleichzeitig sind (Kat. 7, b, 16), welche 
bei dem Relativen der «weiten Klasse (dem lx:rro]iai n. a, f. s. 195, 6) nah nicht 
findet. Nur das ist ein allgemeines Merkmal allea Relativen, daaa ihm ein 
Correlatbogriff entspricht (to itpöf ecvT[<np*?ovTi l^teAe« Kat. 6, b, 27 ff.), was 
im Grunde mit der zuerst (c. 7 , Anf.) aufgestellten nnd auch später (8, a, 33) 
• wiederholten Bestimmang zusammenfällt, ein repit Tl sei 6a« aärä försp iotiv 
Ittpwv eW Xtytxat f[ ™n>;aÜY äXXbi; itpb( üxepov, nur dass diese minder genau 
ist, Einr.elaubstanaen (xpÜT« wlmai) krtnnon kein Relatives sein, wohl »her 
Gattungsbegriffe (Stunpu oMi| Kat. 8, s, 13 ff. 
2) In dem rasch abbrechenden Scblnss der Kategorieenc.Sfs.o.S. 61) wird 
nnr Aber dal khe1v nnd itbayti» bemerkt, es sei des Gegensatzes und des Mehr und 
Minder ffthig, in Betreff der andern Kategorieen wird auf das Frühere verwiesen. 
Ausführlicher bespricht gen, et oorr; I, 7 das Thun und Leiden-, »her im phyni- 
kalisohen Sinn, wesiwegen dieser BrOrternng Bpiter so. erwähnen ist. Dan 
Haben wird Metaph. V, 16. Kateg. c. 16 (in den Postpradictmenten) lexikalisch 
erörtert. 
8) Das Quäle ist, wie T*esi>sc.Eiiioao 8. 108 richtig bemerkt, mit sar 
Form, das Quantum mit der Materie verwandt; s. o. 193, 8. 198, ft. 6 vgl. ra. 
S. 146, 1. So wird aneh die Aehniiohkeit, welobe nach Allst. In dar qualitativ 
Kategorie«». {07 
Anderem zukommen, ein Relatives 0- In Betreff der Thitigkeilen 
ist der eingreifendste Gegensatz der des Tbuns und Leidens, wo- 
gegen die Kategorieen des Habens und der Lage, wie bemerkt *)i 
nnr eine unsichere Stellung haben, und von Aristoteles selbst spater 
stillschweigend aufgegeben werden. Bei den äusseren Umstanden 
endlieh handelt es sich theils um die räumlichen, theils um die zeit- 
lichen Verhältnisse, um das Wo und das Wann; strenggenommen 
hätten aber freilich beide unter die Kategorie des Relativen ge- 
stellt werden müssen , und vielleicht ist es diese Verwandtschaft, 
welche den Philosophen bestimmt, sie ihr in der Regel unmittelbar 
folgen zu lassen 3 > Alle Kategorieen führen aber immer wieder 
auf die Substanz als ihren Träger zurück *), und so wird es zu- 
nächst die Untersuchung über die Substanz, das Seiende ah) solches, 
sein , von welcher die Erforschung des Wirklichen auszugehen hat. 
2. Die erste Philosophie als die Wissenschaft de« Seienden. 
Wenn die Wissenschaft Oberhaupt die Aufgabe hat, die Gründe 
der Dinge zu erforschen 5 ), so wird die höchste Wissenschaft die 
Ten Gleichheit besteht (194, S. 195, 4), anderswo als Gleichheit dec Form de- 
finirt (Metaph. X, 3. 1054, b, 3: Speis; 5k law (ti) teuhä ärtXüf 5vw . . . xarä t'o 
sföoc :a>ri f,) , Metapb. IV, 5. 1010, a, 23 f. wird msbv and holov mit xoebt und 
t!3u; vertauscht, and Metaph. XI, 4. 1063, a, 27 das imbv zur <pt>ot{ üpiapAtj, 
das icoabv (wie die Materie s. n.) aar ädpirt«« gerechnet. 
1) Alle VerhSltnissbegriffe beliehen sich ja auf das Abgeleitete, dl« Sah 
«Urnen Bind kein ito6i xt, e. o. 106, 1, 
1) S.o. 191,3. 
3) Dsüh diese nicht ausnahmslos geschieht, wird ans S. 191, 3 erhallen. 
4) Anal. post. 1, 33. 63, b, 11 i k&vts fap -taQts (das Wov n. s. w.) eu|iB*- 
pr,xi xat xectöi tuv oüouüv xarcTjYoofttin (Ueber das oujtjiijJijxBf in diesem Sinn s. 
m. B. 148, 6.) Aehnlioh Z. 10. c. 4. 73, h, 5. Pbjs. I, 1. 195, a, 81: oiWv -jap 
tüi äUtov XüipiTtiv jjrt irapi TJjV oJofav" Jtiv-a yip lad' ÖSokeijUvo« tff{ O'ioit»; 
Wfetsi (wss aber xafl' ünoxsifi^yo« ausgesagt wird, ist ein ouppcp^xbc im wei- 
teren Sinn; Anal. post. I, 4. 78, b, S. Metaph. V, 80, Sohl o. A.). c. 7. 190, a, 
34: tai yhp naabv xa\ ROtbv xa\ xpbf Ittpoi xa'i JtoTt xsl ICaü rivnw üitoxi i[uii>au 
t'-ibs Sii tb pivTp ti]v oüaiiv p.i;Btve( xct' c&Xou U-rsoOai ünoxtipAoa rä S' iXXs 
KavtmaTa -rijj oüda;. Metaph. VII, 1. 1038, a, 13. Ebd. Z. 33t ksvtbw f| oiW 
"prärov ril loyti) xai -fKÜOft xa'i XP^**^ i T s'- ^ss ganse Kap.). e. 4. 1039, b, 38. 
e. 13. 1019, b, 27. IX, 1, Anf. XIV, 1. 1088, b, 4: fcttspov T ip [tfj ( eä<n«c) icmbi 
si xati)Yop:si. gen. et corr. I, B. 817, b, 6. Daher steht in allen Aufzahlungen 
die ovdo voran. »Vgl. auch unten Kap. 6, 1. 
5) 9. e, 8, 110. Es gebort hie lier.n am entlich Metaph. 1, 1, wo mit Anknüpfung 
. Gooslc 
198 AriitotaUa. 
sein, welche sich inf die leisten und allgemeinsten Gründe bezieht: 
denn sie gewahrt des umfassendste Wissen, da unter dem Allge- 
meinsten alles Andere begriffen ist; dasjenige ferner, welches am 
Schwersten zu erlangen ist, da die allgemeinsten Frincipien von der 
sinnlichen Erfahrung am Weitesten abliegen; das sieberste, weil 
sie es mit den einfachsten Begriffen and Grundsätzen zu thnn hat; 
das belehrendste, weil sie die obersten Grunde aufzeigt Olle Be- 
lehrung aber ist Angabe der Gründe); dasjenige, welches am 
Meisten Selbstzweck ist, weil es sich mit dem höchsten Gegenstande 
des Wissens beschäftigt; das, welches alles andere Wissen be- 
herrscht, weil es die Zwecke, denen Alles dient, feststellt ')• Soll 
aber eine Wissenschaft die letzten Grunde angeben, so muss sie 
alles Wirkliebe schlechthin umfassen , denn die lotsten Grunde sind 
nur die, welche das Seiende als solches erklären *). Andere Wis- 
senschaften, die Physik und die Mathematik, mögen sich auf ein be- 
sonderes Gebiet beschränken, dessen Begriff sie nicht weiter ab- 
leiten: die Wissenschaft von den höchsten Gründen muss auf die 
Gesammtheü der Dinge eingehen , und sie hat dieselben nicht auf 
endliche Principien, sondern auf ihre ewigen Ursachen und in letz- 
ter Beziehung auf das Unbewegte und Unkörperliche zurückzufüh- 
ren, von dem alle Bewegung und Gestaltung im Körperlichen aus- 
gebt *). Diese Wissenschaft ist die erste Philosophie, welche An- 
us die herrschenden Vitra teil migeii über die Weisheit gezeigt wird (961, h, 30): 
ö ]iiv £|ij[£!po( tüv isoiavoüv Iyävtiuv aJoÖTjoiv tfcai BoxS vop&npaf , o $L ttj/ytofi 
tiuv ijiKELpruv, jiiipimfvvou & «pY^TexTWV , at 81 8(tupj|-nx«t iG.v kuo-jTexüv [i£0.ov. 
Diiher: 8ti )ib o3v Jj oooia jetp: was aliiat ik\ «fX&i imi £kuiti}u,i], Bip.ov. 
1) Metapb. I, 2, wo dag Obige 982, b, 7 dabin zusnnirotng einsät wird: £ 
inivtiuv oBv luv Eipr,[w'viuv bei tjjv aurijv eniimi[i^ icimti t« tTjvoüpjLVQ* ävofia 
(der «&y(a)' &i fip T«ii-nj« tüv jtpeuiwv äpj(üv *"* "fr™* «k» 6tu>pi]TUHjv. Vgl. 
III, 3. 996, b, 8 ff. Eth. N. VI, T. Metaph. VI, 1. 1026, a, 31: t^v tiiu«t4ti|* 
[inianiHj]v] SC rafft to tiiiuütstov y^vo< iTvai. od jitv süv OEuptvriiuä tüv ÖXXwv itt- 
oo](muv alperünpei, aütr, Be tiuv BcuptjTixüv. 
3) Mataph. IV, 1 : torrv feionju)] Ti( f, Btmpii ib It }\ 5v xo\ ti toütiu inip- 
vwra xafl' «iid. «Et») S' £jtiv oü&f[u$ tüv h f^pet Xe^Bfi/veiv fj adti{' oüSijaIix yop 
luv öJLXuiy inioxoiMf xaBdlou mpt toü üvtoc. f, Sv , iXii pipo; oJtoÜ ti fawnpiptiK 
mpl toijtou Biupofai to sup.Ju£«]xiJ; . . . ir.ii Sc tat ip"/i f **' T * 1 » äxpoT&Toet a!tiw 
t>)roüpjv , BtjXoy '«j ?\Satt&( tivoc «äiif äverptdiav eTwk xafl ' afrn{v. . . . 8tö xit Jj[ü» 
toü övro( $ Sv Tat itpoVrac ohlaj JLijnrAiv. Vgl. Anm. 3 und 8. 110, 5, 
3) 8. vor. Anm. n. Hetaph. VI, 1: al äpx>> »«' ta a'tta (ijtAw tüv «ran, 
EijÄBv Si Sa J «vta. Jade Wioaenaeaaft nftailich hat es mit gairja*t>n PrinoipiaB 
i BV Google 
Aufgabe d. eilten Philosophie. 109 
stoteles auch Theologie nennt *)■ Die erste Philosophie hat somit 
die Aufgabe, das Wirkliche überhaupt und die letzten Gründe des- 
selben zu untersuchen, die als die letzten nothwendig auch die all- 
gemeinsten sind, und sich auf alles Wirkliche schlechthin, nicht blos 
auf einen Theil desselben, beziehen. 
Gegen die Möglichkeit dieser Wissenschaft Hessen sich nun 
freilich manche Bedenken erheben. Wie kann eine und dieselbe 
Wissenschaft die verschiedenerlei Ursachen behandeln, die über- 
diess gar nicht bei Allem sännntlich mitwirken? Wie könnte ande- 
rerseits, wenn man die Ursachen jeder Gattung einer besonderen 
Wissenschaft zuweisen wollte, eine ron diesen darauf Anspruch 
machen, die oben gesuchte zu sein , deren Eigenschaften sich viel- 
mehr in diesem Fall an jene besonderen Wissenschaften vertbeilen 
würden? 3 ) Soll ferner die erste Philosophie auch die Grundsätze 
des wissenschaftlichen Verfahrens in ihren Bereich ziehen, und 
können diese überhaupt einer bestimmten Wissenschaft angehören, 
da sich alle Wissenschaften ihrer bedienen , nnd da sich kein be- 
stimmter Gegenstand angeben lasst, auf den sie sich beziehen? 8 ) 
und Ursachen zn thun. ÄU.a izSaai bStbi (lorcpix^, jiaOjj[i.aTwä; □. s. w.] mpt h 
ti i«t i$hj( ti nepi-jpailifitiai itEp\ toJto« 7rpaniattiovtai, «IX* eä/) «spi övtot xk- 
XSn oiäi Jj 3v, oiSSi toü ti fem oüWva i-iyov jroioOmu- «XV fc to4tou a[ jiiv alothj- 
«i mi^Matu aürb Bjjiov, al S' 'JTÖfiEuiy lafiouooi to t( ioriv oDnu tö u9' aika 
faipforta lip f £V£i XEp't S eIoiv änoBEixviSouoty 1) iva^xaiorEpov lj jiaXaxioTipav. . . . 
o|u>i<L>s St oüS' t! ieriiv J] (j.t[ e'ffti to yEVot ntp'i 5 TTfa-fjiiTEÜoVTat ouälv Xe^oiiS! Sib t'o 
Tij! sijt^; cda-i Siavoiot( T<5 te ti fori StjXqv noiElv xol Et ebtiv. 8o die Physik, so die 
Uuheswtik, jene hinsichtlich des Bewegten, hei welchem die Form Tom Stoff 
i licht getrennt ist, diese im besten Fall hinsichtlich eines solchen, hei dem »an 
Stoff und Bewegung aLutrahirt wird, das aber nicht als ein atofffose* nnd un- 
bewegtes für sich existirt (vgl. S. 124, 5). El Se tl Intt iÖiO* xat ixLvijt&v xeit 
X.0MISTOT , favEpbv Öt: SwojuiTuüjt to fviÜvat. oii (itvroi <puaixf ( ; y« . . . Quäl uaBi](i«v- 
T«ij(, iXXi jtpoTtfo« ä[i<ptfiv. Gegenstand dieser Wissenschaft sind die ^atpwt* 
«airäi«]™, ivarxi] 81 TtaVTn plv to aJtta «ßia [IvM, fiiXmro öe niw Tcrtiia r«p 
«in« tbw yavspo« twv fliimv. In ihnen, wenn Irgendwo, ist das fl£fov EU »unlitn; 
mit ihnen steht und lallt die Möglichkeit einer ersten Philosophie: wenn es 
kein« andern als die natürlichen Substanzen giebt, ist die Physik die erste 
Wissenschaft; e! 8' iaxi ~.ii oiaia «xlvj]TO(, aOti] Jtpottp« x«t j:Xoatnpii Kput)] xat 
uKXou oGiu( 8xt xjpwiT]* x«t itEpl TOÜ övro; jj 8v Taunjc äv Eb] IJEliipijjai xal Tt iort 
»^ ti änip;(. oy T' J ÖV 
1) HeUph. ft. «- 0. n. t, Öt. s. o. 124, 6. 
1) MeUph. DI, U 996, b, i. c. 2, Anf. 
*) A. t, O. o, 1. 996, b, 6. e. 3. 996, b, 36 Tgl. oben & 170, S. 173, 3. 4. 
i „Google 
300 Arl.toLUt, 
Soll es eine einzige Wissenschaft sein, welche sich mit allen Klüsen 
des Wirklichen beschäftigt oder mehrere ? Sind es mehrere, so fragt 
es sich, ob sie alle von derselben Art sind, oder nicht, und welche 
von ihnen die erste Philosophie ist; ist es nur Eine, so mftsste diese, 
wie es scheint, alle Gegenstände des Wissens umfassen, die Mehr- 
heit besonderer Wissenschaften wäre aufgehoben ')■ Soll sich 
endlich diese Wissenschaft nur anf die Substanzen bezieben oder 
zugleich auch auf ihre Eigenschaften? Jenes scheint unzulässig, 
weil sich dann nicht sagen Hesse, welche Wissenschaft es mit den 
Eigenschaften des Seienden zu thun hat; dieses, weil die Substan- 
zen nicht auf dem Wege der Beweisführung erkannt werden, wie 
die Eigenschaften *)• 
Auf diese Fragen antwortet Aristoteles mit der Bemerkung, 
dass nicht blos dasjenige Einer Wissenschaft angehöre, was unter 
den gleichen Begriff fällt, sondern auch das, was sich auf den glei- 
chen Gegenstand bezieht *); da nun eben dieses bei dem Seienden 
der Fall sei, da ein Seiendes nur dasjenige genannt werde, was 
entweder selbst Substanz ist, oder sich irgendwie anf die Substanz 
bezieht, da alle jene Begriffe, um die es sich bandelt, entweder 
Substantielles bezeichnen, oder Eigenschaften, Thätigkeiten und Zu- 
stände der Substanz, da sie alle sich am Ende auf gewisse einfach- 
ste Gegensätze zurückführen lassen, das Entgegengesetzte aber 
anter dieselbe Wissenschaft falle *}, so werde es eine und die- 
selbe Wissenschaft sein, welche alles Seiende als solches zu be- 
trachten habe 6 ). Das Bedenken aber, dass diese Wissenschaft den 
1) A. a. 0. o. t. 996, b, 10. c. 2. 997, *, 15. 
2) C. 1. 996, b, 16. o. 2. 997, a, 26. Zu den supßcßqxrfn ts"; o-jbli.; wer- 
den «nch die 996, b, 30 aufgetHhlteo Begriffe de« tiihbv, Frapov, Sjioiov, hui- 
riov n. e. f. au rechnen »eis; Tgl. IV, 2. 1003, b, 34 ff. 1004, a, 16 ff. Die wei- 
teren Aporieoii des zweiten Buchs, welcbe nicht Mos den Begriff der ersten 
Philosophie, sondern dae Materielle ihres Inhalt« betreffen, werden spSter an- 
geführt werden. 
3) Metaph. IV, 2. 1003, b, 12: od rlp (irfvov -üv *oQ' h Xtyopiiun fctortf- 
[itj< iaii SOdpijaai [iräi, iXXk xa'i tüv npb( jj.(av Xs-fOjiivtuv ?fatv. Ebd. Z. 19. 1004* 
a, 24. Tgl. Anm. 6 nnd über den Unterschied von xifl' h nnd 7tpb( tv Metaph- 
Vit, 4. 1030, a, S4 ff. 
4) Hierüber t. m. 8. 152, 6. 
6) Metaph. IV, 2: t'o 8i Sv XlvstiXi |ikv xoWxyCyi, älXa Jtpbt I* xa'i piiav mi 
■f lisiv (wofür nachher; Siwv itfot [itav äfK*|V) **'> °^X ty<&«k*a<i ■ ■ ■ ■ *** r* T*P 
JigilizBdby G00gle 
Aufgabe ä, eraten Philosophie. 201 
Inhalt alter andern in sich aufnehmen müsste, hebt sich im Sinne 
des Aristoles durch die Unterscheidung der verschiedenen Bedeu- 
tungen des Seienden. Wenn es die Philosophie überhaupt mit dem 
wesenhaflen Sein zu thun hat, so wird es so viele Theile der Philo- 
sophie geben, als es Gattungen des wesentlichen Seins giebl *), und 
wie sich das bestimmte Sein von dem allgemeinen unterscheidet, so 
unterscheidet sich die erste Philosophie als die allgemeine Wissen- 
schaft von den besondern Wissenschaften: sie betrachtet auch das 
Besondere nicht in seiner Besonderheit, sondern nur als ein Seien- 
des, sie sieht von dem Eigentümlichen ab, wodurch es sich von 
Anderem unterscheidet, um nur das an ihm in's Auge zu fassen, 
was allem Seienden zukommt 1 ). Nach weniger wird unsern Philoso- 
phen die Einrede stören dürfen *), dass die Substanz selbst in an- 
derer Weise behandelt werden müsste, als das, was ihr abgeleiteter- 
weise zukommt , da ja das Gleiche von den Grundbegriffen jeder 
Wissenschaft gilt 4 ). Wird endlich gefragt, ob die erste Philosophie 
auch die allgemeinen Grundsätze des wissenschaftlichen Verfahrens 
zu erörtern habe, so bejaht Aristoteles diese Frage unbedenklich, 
Sti oüoiai öVtaUyetai, ta 3' Brt safli] oSs(*(, ta ä' Brt SSit; ei; oiaiav, J) tpOopsi (j 
awpijome 1\ TtonättpTEf 3) noiifiuta Jj yeivijTtxi uiaio( , J) tülv xpaf t)jv oWav J^eyoui- 
vuv , rj Toutiui X'.vb; inof iaai; ?, oüoiaj - Bio xat tu fiij Sv ä-nu |i)[ Sv ?auiv. Auch 
die Betrachtung den Einet] gehurt dieser Wissen schaft au, denn das tv und daa 
3« sind (ebd. 1003, b, 22) toütov xa'i [ila <ptiat( tu ÖxqX&uÖEiv, i&ajtEp ötpyjrj xa'i 
«kiov, «JA' oä)[ wj tvl Xäfca Si]XoiJ[»Eva. . . . BijXov olv Eti kA to Övta |*Tä( flEiopiJeai 
fj öyrn. jcatnanroS Se xupio>( toü jcpwrou ^ fatrajtu] xa\ ££ o3 ta äXXa ^pT^Tai xat SV 
1 X£rovrai. d öS» «in* teto fj oOofa, tS» wJoiGv «v 86u Tat öpx«c *ft ti( »Mas 
EX."» ™ =fiX4a°fov. ... äii> *at toü 3vto( Boa effirj ÖEiupijaai u.iü; taxiv fatrofjuic tw 
ftei x« te e"6i] tüv eBüjv. Weiteres 1004, a, 'J ff. 25. b, 27 ff. 
1) Mßiapli. IV. «. 1004, a, 2 n. S. Tgl. S. 124, 5. 
2) Metapn. IV, 2. 1004, a, 9 ff.: Da Bich die Begriffe des Einen nnd Vielen, 
der Identität* dar Verschiedenheit u. s. w. auf einen und denselben Gegenstand 
beliehen, hat sich auch eine und dieselbe Wissenschaft damit an befassen; 
1004, b, 5: litt'. alv teu svö; äj tv xat toB övroc Jj Gv xaura xaft' aM (ix: xaft), «XX' 
a&Y_ j- äpifttiol ^ ypou^Lol ij itup, BijXav ruf iwivi)( Tijt faiTnJpjf xa'i ri (Vli fviop/aai 
tat -.i ovp.ßEßi)xdT' aatoiä- Wie die mathematischen und die physikalischen 
Eigenschaften der Dinge ein elgenthfltnlicbes Qebiet bilden, oStw xa'i -:& SVti 
l| Sv feii Tita Beb, xsl Totrt' £rft Jcap\ iuv tau pAoaöpou tSciTXc|aa6a! T«Xi]W( . Ebd. 
1005, a, 8. Weiter erläutert wird dieas XI, 3. 1061, a, 28 ff. 
3) Welche In der Metaphysik gar nicht ausdrücklich beantwortet wird. 
4) S. o. B. 170 ff. 
JigiiizBdby Google 
302 AtUUtalea, 
weil auch diese sich auf das Seiende überhaupt , nicht auf eine be- 
stimmte Klasse desselben beziehen ') ; und er gehl demgemäss so- 
fort auf eine ausführliche Untersuchung über den Satz des Wider- 
spruchs und des ausgeschlossenen Dritten ein, deren wir wegen 
ihrer methodologischen Bedeutung schon in einem früheren Ab- 
schnitt 1 ) erwähnen mussten; Aristoteles selbst freilich fasst sie zu- 
nächst ontologisch, als Aussagen über das Wirkliche, und bespricht 
sie desshalb in der ersten Philosophie. 
3. Die metaphysischen Grundfragen und ihr« Behandlung bei 
den froheren Philosophen. 
Für die metaphysische Untersuchung selbst hatten unserem 
Philosophen seine Vorgänger eine Reihe von Autgaben hinterlassen, 
für die er eine neue Lösung- nothig fand. Die wichtigsten nnter 
denselben und diejenigen, aus deren Beantwortung die Grundbe- 
griffe seines Systems zunächst hervorgehen, sind diese: 
1) Vor Allem fragt ds sich, wie wir nns das Wirkliche über- 
haupt zu denken haben? Giefot es nur Körperliches, wie dies* die 
vorsokratische Naturphilosophie im Allgemeinen voraussetzte, oder 
neben und über demselben ein Unkörperliches, wie Anaxagoras, 
die Megariker, Plalo annahmen? Sind daher auch die letzten Gründe 
nnr stofflicher Natur, oder ist vom Stoffe die Form als ein eigen- 
thümliches und höheres Princip zu unterscheiden? 
2) Hiemit hängt weiter die Frage nach dem Verbällniss des 
Einzelnen und des Allgemeinen zusammen. Was ist das Wesen- 
hafte und ursprünglich Wirkliche ; die Einzelwesen oder die alige- 
meinen Begriffe, oder ist vielleicht gar in Wahrheit nur Ein allge- 
meines Sein anzunehmen? Das Erste ist die gewöhnliehe Vorstel- 
lung, wie sie zuletzt noch in dem Nomin ulismus des Antisthenes 
mit aller Schroffheit hervorgetreten war; das Andere hatte Plato, 
das Dritte Pannenides und. nach ihm Euklides behauptet. 
3) Wenn uns in der Erfahrung sowohl Einheit als Mannigfal- 
tigkeit des Seins gegeben sind, wie lassen sich beide zusammen- 
denken? Kann das Eine zugleich ein Vielfaches sein, eine Mehrheit 
von Theilen und Eigenschaften in sich schliessen, das Viele zu 
einer wirklieben Einheit zusammengehen? Auch auf diese Frage 
1) MeUph. IV, s. 
S) 8. 174 f. 
JigilizBdby GoOgle 
Metaphysische Probleme. DOS 
lauteten die Antworten sehr verschieden. Parmejiides und Zeno 
hatten die Vereinbarkeit beider Bestimmungen gelungne!, und dess- 
balb die Vielheit für eine Täuschung erklärt, derselben Voraus- 
setzung bedienten sich die Sophisten für ihre Eristik *}» Antisthenes 
für seine Erkenntnisstheorie 0- Die atomis tische und empedoklet- 
sche Physik beschränkte die Verknüpfung des Vielen zur Einheit 
auf eine äusserliche, mechanische, Zusammensetzung. Die Pytha- 
goreer liessen in den Zahlen, mit bestimmterem wissenschaftlichem 
ßewusstsein Plato in den Begriffen eine Mehrheit unterschiedener 
Bestimmungen sich zu innerer Einheit verbinden, wahrend das 
gleiche Verhältniss in den sinnlichen Dingen dem Letzteren zum 
Anstoss gereichte. Und wie über das Zusammensein des Vielen in 
Einem so lauteten 
4} auch aber den Uebergang des Einen in ein Anderes, über 
die Veränderung und das Werden, die Ansichten sehr verschieden. 
Wie kann das Seiende zum NichtSeienden oder das Nichtseiende 
zum Seienden werden, wie kann etwas entstehen oder vergehen, 
sich bewegen oder verändern? so hatten Parmenides und Zeno 
zweifelnd gefragt , und Megariker und Sophisten hatten nicht ge- 
säumt, ihre Bedenken zu wiederholen. Die gleichen Bedenken be- 
stimmten Empedokles und Anaxagoras, Leucipp und Demekrit, das 
Entstehen und Vergehen auf die Verbindung und Trennung unver- 
änderlicher Stoffe zurückzuführen. Auch Plato hatte ihnen aber noch 
so viel eingeräumt, dass er die Veränderung auf das Gebiet der Er- 
scheinung beschränkte, das wahrhaft Wirkliche dagegen davon 
ausnahm. 
Aristoteles fasst alle diese Fragen scharf in's Auge. Auf die 
zwei ersten beziehen sich ihrer Hehrzahl nach 3 ) die Aporieen, mit 
denen er sein grosses metaphysisches Werk nach den einleitenden 
Erörterungen des ersten Buchs im dritten (B) eröffnet. Sind die 
rinnlichen Dinge das einzige wesenhafte Sein oder giebt es neben 
ihnen noch ein anderes? und ist dieses letztere von einerlei Art 
oder ein mehrfaches, wie die Ideen und das Mathematische bei 
1) 8. B. 1,763.764, 1. 
!) 8. lato Abth. B. 210 f. 
3) Mit Ausnahme der so eben besprochenen, welche die Aufgabe der 
•nten Philosophie im Allgemeinen betreffen . 
i „Google 
204 Ariatotelei. 
Plato? Gegen die Beschränkung desSeins auf die sinnlichen Dinge 
sprechen dieselben Gründe, auf welche schon Plato seine Ideen- 
lehre gebaut hatte: dass das sinnlich Einzelne in seiner Vergäng- 
lichkeit und Unbestimmtheit nicht Gegenstand des Wissens sein 
kann s ), und dass alles Sinnliche als ein Vergängliches eine ewige, 
als ein Bewegtes eine unbewegte, als ein Geformtes eine formende 
Ursache voraussetzt 3 ); aber den platonischen Annahmen. stehen, 
wie wir sogleich finden werden, die mannigfachsten Schwierigkei- 
ten entgegen. Das gleiche Problem wiederholt sich in der Frage 4 ), 
ob die letzten Gründe der Dinge in ihren Gattungen oder in ihren 
Bestandteilen zu suchen seien; denn diese sind eben der Grund 
ihrer stofflichen Beschaffenheit, jene ihrer FormbestHumtheit *). 
Für beide Annahmen lasst sich Scheinbares anführen: einerseits die 
Analogie des Körperlichen, dessen Bestandteile wir nennen, wenn 
wir seine Beschaffenheit erklären wollen; andererseits die Anfor- 
derungen des Wissens, das durch Begriffsbestiimnung, durch An- 
gabe der Gattungen und Arten, gewonnen wird. Auch zwischen 
diesen erhebt sich aber freilich sofort die Streitfrage, ob die ober- 
sten Gattungen oder die untersten Arten als die eigentlichen Prin- 
cipien zu betrachten sind: jene sind das Allgemeine, was alle Ein- 
zelwesen umfasst, wie diess ein letztes Princip soll; diese das 
Bestimmte, aus welchem sich das Einzelne in seiner Eigentüm- 
lichkeit allein herleiten lässt *). Auf den gleichen Erwägungen 
beruht das Bedenken, welches Aristoteles mit Recht besonders her- 
vorhebt ''), oh nur die Einzelwesen ein Wirkliches sind, oder neben 
1) Metapb. III, 2. 99T, o, IM ff. (XI, 1. 106«, m, 88. o. 3, 1060, b, 23.) 
DJ, 6. VII, 2. 
2) Motaph. VII, 15. 1039, b, 27. IV, 5. 1009, n, 36. 1010, a, 3 vgl. 1, 6. 
987, a, 84. XIII, 9. 1086, a, 37. b, 8. 
3) Ebd. III, 4. 999, b, 3 ff. 
4) Metaph. III, 3: Bottpov Mt> y^vi; rcotfßit xa'i äpx&j SmXa|ißBVEiv ]) u.Sl- 
Xov Ö; äv fcMmpxdvEWv ifrAv ixaa-nv npürov. (XI, 1. 1069, b, 31.) 
5) S.o. 192,6. 198,6. 196,3. 
6) Metapb. a. s. O. 998, b, 14 ff. (XI, 1. 1059, b, 34.) Ans den verschie- 
denen und oft etwas verwickelten Wendungen der aristo telUchen Dialektik 
bann lob natürlich bier und im Weiteren nur die Hauptgründe herausheben. 
7) Metapb. III, 4, Anf. c. 6, Schi. (vgl. VII, 13 f.) XID, «. XI, 2, Anf. 
ebd. 1060, b, 19. In der eratern Stelle wird diese Aporie die Jts*S>v ^aXucuün] 
■oit ävayxatoiiTi) Bciupijaai genannt, ähnlich XIII, 10. 10B6, a, 10, und wir wer- 
L ,!.zed B y G00gle 
Metaphysische Probleme. 205 
ihnen noch das Allgemeine der Gattungen ; jenes, wie es scheint, 
dessbalb zu verneinen, weit das Gebiet der Einzelwesen ein unbe- 
grenztes, von dem Unbegrenzten aber hei» Wissen möglich ist, 
weil überhaupt alles Wissen auf das Allgemeine gebt; dieses wegen 
aller der Einwurfe, von welchen die Behauptung eines fürsichbe- 
stebenden Allgemeinen, die Ideenlehre, getroffen wird 2 ). Eine 
Anwendung dieser Frage auf den besonderen Fall ist die weitere, 
ob die Begriffe des Einen und des Seienden etwas Substantielles 
oder nur Prädikate eines von ihm selbst verschiedenen Subjekts be- 
zeichnen: jenes müsste annehmen, wer überhaupt das Allgemeine, 
namentlich wer die Zahl für ein Substantielles hält, für dieses spricht 
neben der Analogie aller konkreten Gebiete die Bemerkung, dass 
man das Eine nicht zur Substanz machen kann, ohne mit Parmeni- 
des die Vielheit als solche zu läugnen *). Ebendahin gehört es, 
wenn gefragt wird, ob die Zahlen und Figuren Substanzen seien 
oder keine, und auch hier sind entgegengesetzte Antworten mög- 
lich. Denn da die Eigenschaften der Körper blosse Prädikate sind, 
von denen wir die Körper selbst als ihr Substrat unterscheiden, 
diese aber die Fläche, die Linie, den Punkt und die Einheit als ihre 
Elemente voraussetzen, so scheinen die letzteren etwas ebenso Sub- 
stantielles sein zu müssen, wie jene; während sie doch anderer- 
seits nicht für sich, sondern nur am Körperlichen ihren Bestand 
haben, und nicht wie Substanzen entstehen und vergeben 4 ). Auf 
den später finden, daas ihre Wichtigkeit und ihre Schwierigkeit nicht blos auf 
dem Gegensatz unseres Philosophen gegen Pluto, sondern auch auf dem inne- 
ren Widersprach in den Grundlagen seines eigenen Systems beruht. 
1) Das« diese Aporie mit der S. 204, 1 angeführten lusauimeufsllt,, sagt 
Aciat selbst Metaph. III, 4». 999, b, 1 : e! piv oäv jj.^Se^ eori Jtapa is *a0 ' üxama, 
oüHv «v ED) voijtöv iiii jt&VTa abthjrä, und er bringt dessbalb such hier die 
Gründe, welche schon 8. 204, 3 erwähnt wurden, weil sie nicht vom Begriff 
des Einzelwesens, sondern Ton dem des sinnlichen Wesens hergenommen sind. 
S) Hetaph. in, 4. c 6. 1003, a, 5 vgl. 8. 1 10, 2. Nor ein anderer Aus- 
druck für das Obige ist die Frage (III, 4. 999, b, 24. XI, 1, SchL), ob die ip/oü 
ttSti h oder äptfljiiT) h seien : re ■; ip apiflfiiTi h ^ iq xa&sxartov Xe-(elv jttatpEpet ai9tw 
(999, b, 38 Tgl. c 6. 1002, b, 30). 
S) Metaph. m, 4. 1001, a, 3 ff. und darauf zu nick weisend X, 2. XI, 1. 
105t, b, 27. e. 2. 1091), a, 36. 
4) Ebd. Ol, 6 (rgL XI, 2. 1060, b, 12 ff. and in 8. 1009, b, 82: VIII, 6, 
Inf. c 3. 1046, b, 15). Weitere Gegengrflnde gegen jene Annahme werden 
aus in der Kritik der pythagoreischen und platonischen Lehre begegnen. 
loogle 
306 Atiitotelei. 
das VerhfiHniss des Einzelnen und du Allgemeinen führt ferner 
auch die Schwierigkeit zurück, dass die Principien einerseits, wie es 
scheint, ein Potentielle« sein müssen, weil die Möglichkeit der Wirk- 
lichkeit vorangeht, andererseits ein Aktuelles , weil sonst das Sek 
zu etwas Zufälligem wurde l ) ; denn das Einzelne existirt aktuell, 
der allgemeine Begriff, sofern er nicht in Einzelwesen Dasein ge- 
wonnen hat, nur potentiell Wird endlich neben dem Körperlichen 
auch Unkörperliches, neben dem Vergänglichen Unvergängliches 
zugegeben, so lässt sich die Frage nicht umgeben, ob beide die 
gleichen Gründe haben *), oder nicht? Wird sie bejaht, so scheint 
es unmöglich, ihren Unterschied zu erklären; wird sie verneint, 
so wäre zu sagen, ob die Gründe des Vergänglichen ihrerseits ver- 
gänglich oder unvergänglich sind. Wenn jenes, so miieste man sie 
auf andere Principien zurückfahren, bei denen sich die gleiche 
Schwierigkeit wiederholte, wenn dieses, so müsste gezeigt werden, 
wie es kommt, dass aus dem Unvergänglichen in dem einen Fall 
Vergängliches, in dem andern Unvergängliches hervorgeht 8 ). Das 
Gleiche gilt aber von den verschiedenen Klassen des Seienden 
Überhaupt: wie ist es möglieb, das, was anter ganz verschiedene 
Kategorieen fällt, wie z. B. Substantielles und Relatives, auf diesel- 
ben Gründe zurückzuführen? 4 ) 
Auch die weiteren Fragen jedoch , welche wir oben berahrt 
haben , über die Einheit des Mannigfaltigen und die Veränderung, 
hat sich unser Philosoph mit aller Bestimmtheit vorgelegt und in 
den Grundbegriffen seiner Metaphysik ihre Lösung versucht. Die 
Verbindung des Mannigfaltigen zur Einheit beschäftigt ihn haupt- 
sächlich aus Anlass der Untersuchung, wie die Gattung und die un- 
terscheidenden Merkmale im Begriff eins sein können b ~), die gleiche 
1) Ebd. Hl, 6. 1003, b, 33 vgl. Boniti und Schwbolkb x. d. 8t 
2} Wie die*» Plato, gerade der aristotelischen Daratellung nach, i 
«, Ute Abth. 8. 476 f. 616 f. 
3} Uetaph. III, 4. 1000, a, 5 ff. (XI, 2. 1060, a, 37). 
4) Bbd. XII, 4. Di« Antwort dea Ariat. («. a. O. 1070, b, 17) ist: die 
letzten Gründe seien nur der Analogie nach die gleichen für Alles. Vgl. S. 
166, 2. 
8) Diese Frage, «ohon Anal. polt II, 6. 92, a, 29, De interpr. c. 5. 17, «,1* 
aufgeworfen, wird Metaph. VH, 12 ausführlicher erörtert, VIII, S. 1041, fc, 4 ff. 
1044, a, 6 wieder berührt, und VIII, 6 in der angegebenen Wiibc erledigt. 
Vgl. B. 148, 1. _ . 
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Metaphysische Trobleino. 207 
Frage liesse sich aber überall aufwerfen, wo Verschiedenartiges ver- 
knüpft ist '), nnd die Antwort ist nach Aristoteles, wie wir finden 
werden, in allen diesen fällen Im Wesentlichen die gleiche: sie 
beruht auf dem Verfaaitniss des Möglichen und des Wirklichen, des 
Stoffs nnd der Form *). Noch wichtiger ist jedoch für das aristo- 
telische System das Problem des Werdens nnd der Veränderung. 
Wird das, was entsteht, ans dem Seienden oder dem Nichtseienden, 
das was vergeht, zu etwas, oder zu nichts? ist die Veränderung ein 
Werden des Entgegengesetzten aus dem Entgegengesetzten oder 
des Selbigen ans dem Selbigen? das Eine scheint unmöglich, weil 
nichts aus nichts oder zu nichts werden, oder die Eigenschaften 
seines Gegentheils (die Wärme z. B. die der Kälte) annehmen kann; 
das Andere umgekehrt, weil nichts zu dem erst werden kann, was 
es schon ist s ). Und ähnlich verhält es sich mit der verwandten 
Streitfrage, ob das Gleichartige oder das Entgegengesetzte auf ein- 
ander einwirke *)■ In allen diesen Fragen treten Schwierigkeiten 
zu Tage, welche sich nur durch eine wiederholte Untersuchung der 
philosophischen Grundbegriffe, dnrch eine neue Metaphysik, lösen ■ 
lassen. 
Denn was seine Vorgänger zu ihrer Lösung gethan hatten, diesa 
genügt Aristoteles keineswegs 5 ). Der Mehrzahl der vorsokratischen 
1) So in Betreff der Zahlen (Metaph. VIII, 3. 1044, a, 2. c. 6, Anf.) und 
ins Verhältnisse tob Soele und Leib (a, a. O. c 6. 1045, b, 11. De an. II, 1. 
*1>, b, e ff.); ebenso aber noch in vielen Fallen; vgl. Motapb. VIII, 6. 1046, 
\ 12: xaiiot h afcb; Iä-jos int xävfuv u. e. w. 
!) Tgl. Phys. I, 2, Schi., wo Lykophron n. A. getadelt werden, daas sie 
lieh durch die Folgerung, Eines müsste zugleich Vieles sein, in Verlegenheit 
bringen lieBsen, öjorttf aij< evSE/äjievov taütöv fv tc xn: noXXa sTvai, jjf, TaYTixef- 
[vw U- ioti Y«p vi iv xat Suvijui x«t evtiXe^iIo. 
3}- Vgl. Phys. I, 6. 189, a, 22. c. 7. 190, b, 30. o. 8, Anf. ebd. 191, b, 10 ff. 
gen, et corr. I, 3, Anf. ebd. 317, b, 20 ff. Metaph. XII, 1, Schi. 
4) H. I. hierüber gen. et corr. I, 7. Phys. 1, 6. 189, a, 22. c 7. 190,b,29. 
* 6. 191, a, 34. Diese Frage fallt für Arist. mit der über die Veränderung zu- 
Hnmen, da das Wirkende du Leidende sich Ähnlich macht, fa' »vi-rw, tb 
Kwiov t \- T i, komQv (utBBöXXtiv (gen. et corr. I, 7. 324, a, 9). Es gilt daher auch 
hier, dass einerseits das, was sich nicht entgegengesetzt ist, nicht anf einander 
■uken kann: qZx ijiotijai yip üIjjX« tfj; fiimii^ S<ra firji* Ivavui« [«{t* iE «vjwriu» 
'"* («. ». O. 323, b, 28); andererseits aber du blos Entgegengesetzte gleieh- 
Wh nicht: Src' älÄip.(uv -jap xkrftn tAvomti« äSiivarov (Phys. I, 7. 190, b, 88). 
'•>) H. Tgl. mm Folgenden Stbümpell Gesch. d. thoor. Phil. d. Gr. 167 - - 
Google 
Philosophen macht er zunächst schon ihren Materialismus zum Vorwurf, 
der es ihnen unmöglich mache, die Grunde des UnkÖrperlichen an- 
zugeben 0; einen weiteren Mangel sieht er darin, dass sie die be- 
grifflichen and die Endursachen so gut wie gar nicht berücksichtigt 
haben *). — An den älteren Joniern tadelt er neben den Schwierig- 
keiten, von denen jede einzelne ihrer Annahmen gedrückt wird J ), 
das Uebersehen der bewegenden Ursache *) und die Oberflächlich- 
keit, mit der sie ein beliebiges einzelnes Element zum Grundstoff 
gemacht haben, während doch die sinnlichen Eigenschaften und die 
Veränderungen der Körper durch den Gegensatz der Elemente be- 
dingt seien B ). Das Gleiche gilt auch von Heraklit, sofern er durch 
Aufstellung eines Grundstoffs mit Jonen übereinkommt ( ); ebenso- 
wenig ist aber Aristoteles mit den Lehren, welche ihm eigentüm- 
lich sind, vom Fluss aller Dinge und von dem Zusammensein des 
Entgegengesetzten, zufrieden: die erste, behauptet er, sei theils 
nicht genau genug gefasst, theils übersehe sie, dass jede Verände- 
rung ein Substrat voraussetze, dass im Wechsel des Stoffs die Form 
sicherhalte, dass nicht alle Veränderungen ohne Unterbrechung fort- 
gehen können, dass man aus der Veränderlichkeit der irdischen 
Dinge nicht auf die des Weltganzen schliessen dürfe *}; aus der zwei- 
ten folgert er, dass Heraklit den Satz -des Widerspruchs läugne- 8 }.- 
Empedokles irrt nicht allein in vielen Einzelheiten seiner Naturer- 
klärung, auf die wir hier nicht eingehen, sondern auchindenGrund- 
lagen seines Systems. Seine Voraussetzungen über die Unwaadel- 
barkeit der Grundstoffe machen die qualitative Veränderung, den 
184. BttJkSDiB II, b, 2, 8. 589 ff. Ich »ehe hier übrigens die ari«toUliicb< 
Kritik der früheren Philosophen nur so weit in Betracht, als sie steh auf ihre 
allgemeinen Grand salze bezieht. 
1) Metaph, I, 8, Anf. vgl. IV, 5. 1009, a, 36. 1010, q, I. 
2) Metaph. I, 7. 983, a, 34 ff. b, 28. gen. et corr. II, 9. 335, b, 32 ff. gsu 
an. V, 1. 778, b, 7. 
3) Hierüber s. m. De coelo III, 6. Metaph. I, B. 988, b, 29 ff. 
4) Metaph. I, 8. 988, b, 26. gen. et corr. II, 9. 335, b, 24. 
5) Gen. et corr. II, 1. 329, a, 8. De coelo HI, 5. 304, b, 11 vgl. ebd. 1,1. 
S70, s, 14. Pbys. I, 7. 190, a, 18 ff. III, 5. 205, s, 4. 
6) Ariat. stellt ihn ja gewähnlich mit Thaies, Anaximenes u. s. w. m- 
»aromon; b. unaern 1. Uli. 459, 1. 
7) Metaph. IV, 6. 1010, a, 15 ff. Phjs. VIII, 3. 253, b, 9 ff. 
8) 8. Tb. 1,494, 1. 
3,g,1:zedBy G00gk 
Kritik »einer VMglnger. 300: 
erfahrangsmässjgen UebargMg der Elemente in einander, ihre ein- 
heitliche Verbindung in den abgeleiteten Stoffen, und auch das, was 
er selbst behauptet, die quantitative Gleichheit der Elemente und ihr 
Zusammengehen zum Spbairos, unmöglich '); die Elemente selbst 
sind nicht abgeleitet und auf die ursprünglichen Unterschiede das 
Stofflichen, welche in diesen bestimmten Stoffen (Teuer, Wasser 
u. s. fO sich nur unvollständig darstellen *), zurückgeführt *); der 
Gegensatz des Schweren und Leichten wird nicht erklärt *); für die 
Wechselwirkung der Körper in der Lehre von den Poren und den 
Ausflüssen eine Erklärung gegeben, die folgerichtig zur Atomistik 
führen müsste 6 )- Die zwei bewegenden Ursachen ferner sind weder 
genügend abgeleitet, noch ist ihr Unterschied rein durchgeführt, da 
die Liebe nicht btos einigt, sondern auch trennt, der Hass nicht blos 
trennt, sondern auch einigt ■)»■ und da kein Gesetz ihres Wirkens 
aufgezeigt ist, so muss dem Zufall in der Welt ein übermässiger 
Spielraum gelassen werden ')■ Die Annahme wechselnder Welt- 
zustünde ist willkührlich und unhaltbar 8 )j die Zusammensetzung der 
Seele aus den Elementen verwickelt in Schwierigkeiten aller Art *)■ 
Auch Empedokles endlich muss sich, wie Aristoteles glaubt 10 ), zu 
einem Sensualismus bekennen, der alle Wahrheit unsicher machen 
würde. — Aehnlich ist über die atomistische Lehre zu urtheilen. 
Diese Ansicht hat allerdings ihre sehr scheinbare Begründung. Geht 
man von den eleatischen Voraussetzungen aus und will man doch zu- 
gleich die Vielheit und die Bewegung retten, so ist dieAtomistik der 
1) Metaph.1,8. 969,», 22— 30. gen. et corr. II, 1. 329, b, 1. 0.7. 334, a, 
18. 86. C. 6, Aaf. ebd. I, 1. SU, b, 10. 315, a, 3. e. 8. 325, b, 16. Besonder« 
«ingebend wird aber De ooelo III, 7, Anf. die ompodokleiuch - atumiatiiobe Zu- 
rfickfafcrnng der iXXoiiuoif anf &xprai( bestritten. Vgl. »ach Tb. I, 616, 1. 
2) Die Gegonsttteu de* Warmen, Kalten u. e. w-, anf welche Ariit leine 
Lehre von den Elementen gründet. 
3) Gen. et oorr. I, 6. 326, b, 19. II, 3. SSO, b, 21. 
4) De ooelo IV, 2. S09, a, 19. 
6) Gen. et eorr. I, 8 vgl. Th. I, 616, 1. 
6) 8. Tb. I, 519, 1. Heteph. III, 8. 986, »,25. 
7) Gen. et oorr, Ü, 6. 333, b, 8 ff. (Tgl. Th. I, 62B, 3). Part. an. I, 1. 
640, a, 19. Phy«. VIII, 1. 252, a, 4. 
B) Pl.js. Vm, 1. 351, b, 28 C De ooelo I, 10. 280, a, 11. MeUpta. DI, 4. 
1000, b, 12. 
9) De an. I, 6. 409, b, 23 — 410, b, 27. Metapb. in, 4. 1000, b, S. 
10) Metapb, IV, 6. 1009, b, 12 vgl- Tb, 1, 646. 
FUoa. i. üt. n. B<1. S. Utk. 14 
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SHQ ArUtotelo». 
geeignetste Ausweg; und erwägt man die Unmöglichkeit, dass ein 
Körper in Wirklichkeit schlechthin getheilt sei, so scheint nur übrig 
zu bleiben, dass wir untheilbare Körpereben als seine letzten Be- 
standtheile annehmen l ). Aliein so wenig Aristoteles jene eleatischen 
Voraussetzungen einräumt (_s. u.) , ebensowenig giebt ef auch zu, 
das« die Theiluag der Körper jemals vollendet sein könne 1 ), und 
das» die Entstehung der Dinge als eine Zusammensetzung ans klein- 
sten Theilen, ihr Vergehen als eine Auflösung in solche zu betrach- 
ten sei *)' Untheilbare Körper sind vielmehr unmöglich, weil sich 
jede stetige Grösse immer nur in solches theilen lüsst, was selbst 
wieder tbeilbar ist *)» Atome, die qualitativ nicht verschieden 
sind and nicht auf einander einwirken, können die Eigenschaften 
und die Wechselwirkung der Körper, den Uebergang der Elemente 
in einander, das Werden und die Veränderung nicht erklären s ). 
Wenn ferner die Atome der Zahl und Art nach unendlich sein sollen, 
so ist (Hess verfehlt, da sich die Erscheinungen auch ohne diese 
Voraussetzung erklären, die Unterschiede der Eigenschaften wie die 
der Gestalt sich auf gewisse Grundformen zurückfuhren lassen, und 
da auch die natürlichen Orte und Bewegungen der Elemente der Zahl 
nach begrenzt sind; eine begrenzte Anzahl von Urwesen ist aber 
immer einer unendlichen vorzuziehen, weil das Begrenzte besser 
ist, als das Grenzenlose a ). Die Annahme des leeren Raums ist für 
die Erklärung der Erscheinungen und namentlich der Bewegung, so 
wenig nothwendig '0, dass sie vielmehr die eigentümliche Bewe- 
gung der Körner und die Unterschiede der Schwere unmöglich 
machen würde, denn im Leeren hätte keiner einen bestimmten Ort, 
1) Oan. et oorr. I, 9. 824, b, SC ff. o. 2. 316, a, IS ff. vgl. Th. I, 578 ff. 
5) Gen. et oorr. I, 2, 817, a, 1 ff. Genauer, aber ohne am drück lic he Ba- 
uchung auf die Atomistik, Äussert »iah Artet, tber dttsen Gegenstand Phys. 
m,6t 
3) Gen. et corr. I, 2. 617, a, 17 ff. 
4) PhyB. VI, 1. De ooalo UI, 4. 803; a, 20. 
* 5) Gen. et corr. I, 8. 836, b, 34 ff. o. 9. 827, a, 14. De ooelo Ol, 4. 
303, a, 14. Ebd. o. 7. o. 6. 306, a, 23 ff. Et wild hierüber noch spater ia 
sprechen sein. 
6) Do ooelo HI, 4. 303, a, 17 ff. 29 ff. b, 4; vgUPhyi. I, 4, Bohl. VIII, 6. 
2 W, a, 8. Um dieser Einwendungen willen gab wohl Epikur diese B 
auf; s. Bd. Ifl (I.A.), 8.228. 
7) i'hys. IV, 7—9 Tgl. o. 6. Nähere» hiorflber später. 
sy Google 
Kritik »einer Voiglnger. 211 
dem er zustrebt, and Alles mfisste sirih darin gleich schnell beweg«» 0. 
Aber die Bewegung; und die verschiedenen Arten derselben werden 
von der Atomistik überhaupt nur vorausgesetzt, nicht abgeleitet *); 
die Naturzwecke vollends fibersieht sie gänzlich: statt die Gründe der 
Erscheinungen anzugeben , verweist sie uns auf eine unbegrhTene 
Notwendigkeit oder auf die Thatsache, dass es immer st gewesen 
sei *}.-, Weitere Einwendungen, gegen die unendliche Menge neben- 
einanderbestehender Welten *), gegen DemokritV: Erklärung der 
Sinnesempfindungen B ), gegen seine Bestimmungen aber die Seele 6 ), 
wollen wir hier nur berühren, und ebenso hinsichtlich des Tor- 
wurfs, dass er die sinnliche Erscheinung als solche für wahr balte, 
auf Früheres verweisen *)• — Mit der atomistischen und empedo- 
ktelschen Physik ist die des Anaxagoras nahe verwandt, und so 
treffen sie grossentheils die gleichen Einwürfe, wie jene. Die un- 
endliche Menge seiner Grundstoffe ist nicht altein entbehrlich, da 
wenige ihn Gleiche leisten, sondern sie ist auch verfehlt, denn sie 
würde jede Erkenntnis« der Dinge unmöglich machen; da ferner die 
Gran dun terscbiede der Stoffe von begrenzter Zahl Bind, müssen es 
auch die Grundstoffe sein; da alle Körper ihr natürliches Maass 
haben, können ihreBestandtheile (die sog. Homöomerieen) nicht von 
beliebiger Grösse oder Kleinheit sein, und da alle begrenzt sind, 
können nicht, wie diess Anaxagoras behauptet und folgerichtig be- 
haupten muss, in jedem Ding Theile von allen den unendlich vielen 
Stoffen sein Ä ) ; wenn endlich die Urstoffe in den einfachsten Körpern 
zu suchen sind, so können von den Homöomerieen die wenigsten 
1) Pari. IV, 8. 214, b, 28 ff. Deooelol, 7. 275, b, 29. 277, a, 33 ff. 11,13. 
M4, b, 30. in, 2. 800, b, 8. lieber Demokrit'B Anrichten van der Schwere a. 
m. weiter De coelo IV, 3. 6. 
2) Metaph. xn, 6. 1071, b, 81. 
3) 8. Tb. 1,599, 3. 600, 1—8 and gen. an. V, 8, g. E., wo sich Aristotelos 
Aber die mechanische NaturerklBrang des Demokrlt ganz ähnlich Säuert, wie 
FUto im Ph&do aber die des Anaxagoras. 
4) De coelo I, 8. S. Th. I, 608, 1. 
6) De lensn C. i. 442, s, 29. 
6) De an. I, 3. 406, b, 16 vgl. 0. 2. 403, b, 29. 405, a, 8. 
7) Th. I, 980. 
8} Phyi. I, 4. 187, b, 7 ff. De ooelo m, 4. Eine weitere Bemerkung, da* 
thunliche Beharren des Unendlichen betreffend, Phys, HI, 6. 206, b, 1. 
14* 
i „Google 
212 Aristoteles. 
für Urstoffe gehalten werden O- Die Veränderung der Dinge, welche 
Arrexagoras doch anerkennt, wird durch die Unverfnderüchkeit ihrer 
Bestandtheile, die Continuität der Körper (trotz der Bestreitung des 
leeren Raums, welche unzureichend genug bewiesen ist *)) dorch 
die unendliche Anzahl derselben aufgehoben *); die Unterschiede 
der Schwtre hat Anaxagoras so wenig, als Empedokles, erklärt 1 ). 
Die ursprüngliche absolute Mischung alter Stoffe, so wie er sie 
darstellt, undenkbar B ), würde bei richtigerer Fassung dazu führen, 
Eine eigenschaftslose Materie an die Stelle der unendlich vielen Ur - 
Stoffe zu setzen B ). Ein Anfang der Bewegung nach endlos langer 
Bewegungslosigkeit des Stoffs, wie Anaxagoras und Andere ihn an- 
nehmen, würde der Gesetzmässigkeit der Naturordnung Widerstrei- 
ten '')■ Selbst die Lehre vom Geist, deren hohen Werth Aristoteles 
bereitwillig anerkennt, findet er doch nicht genügend: theils weil 
sie für die Naturerklerung nicht recht fruchtbar gemacht werde, 
theils weil Anaxagoras im Menschen den Unterschied von Geist und 
Seele verkenne 8 ). — An den Eleaten, unter denen er aber Xeno- 
phanes und Melissus geringe Bedeutung beilegt 9 ), tadelt er zu- 
nächst schon diess, dass ihre Lehre kein Princip zur Erklärung der 
Erscheinungen enthalte 10 > Weiter zeigt er, dass ihre ersten Vor- 
aussetzungen an einer bedenklichen Unklarheit leiden. Sie reden 
1) De ooelo III, 4. SOS, b, 14. 
2) Phys. IV, 6. 213, »,32. 
3) Gen. et corr. I, 1. Pkys. III, 4. 203, a, 19. Weitere Einwurfe ver- 
wandt er Art, welche Dar nickt special! gegen Anaxagoras gerichtet sind, wer- 
den uns apftter in dem Abschnitt der Physik über die Stoff vor Wandlung be- 
gegnen. 
4) De coelö IV, 2. SOB, a, 19. 
5) Neben den physikalischen Einwürfen, welche Metaph. I, 8. gen. st 
corr. I, 10. 827, b, 19 dagegen erhoben werden, behauptet ja A. auch von diexi 
Bestimmung und von der entsprechenden, dase fortwährend All« in Allem *«i.. 
lie beben den Sste duä WidenpraokB auf; ■. Th. I, 701. 
6) Metapk, I, S. 989, a, 80. 
7) Pkys. VIH, 1. 262, a, 10 ff. 
8) S. Th. I, 681, 4. 686, 2. De an. I, 2. 404, b, 1. 405, a, 13. 
9) Metaph.1,5. 986, b, 26. Phy*. I, 2. 185, a, 10. 1,8, Auf., aach D« 
aoelo U, 13. 294, a, 21, wogegen Panaenldea immer mit Achtung behäufelt 
wird. 
10) Metaph. I, 5. »8«, b, 10 ff. Pbym. I, 2. 184, b, 25. De ooelo EI, I. 
908, b, 1*. gm. et corr. I, 8. 8», a, 17. Vgl. Akt. Math. X, 4«. 
loogle 
Kritik feiler Vorgänger. 213 
von der Einheit des Seienden, ohne die verschiedenen Bedeutungen 
der Einheit und des Seins auseinanderzuhalten, and sie legen dest- 
halb dem Seienden Eigenschaften bei, welche seine anbedingte Ein- 
heit wieder aufheben, Parmenides die Begrenitheit, Melissus die 
Unbegrenzlheit; sie bedenken nicht, dass jede Aussage die Zweiheit 
des Subjekts und des Prädikats, des Dings und der Eigenschaft, i" 
sich schliesst, dass wir nicht einmal sagen können: das Seiende ist, 
ohne von dem substantiellen Sein das ihm als Eigenschaft zukom- 
mende Sein zu unterscheiden, welches, wenn es nur Ein Sein giebt, 
nnr ein anderes als das Seiende, ein Nichtseiendes sein könnte '). 
Sie behaupten die Einheit desSeins und läugnen das Nichtsein, wah- 
rend doch das Sein nur ein allen Einzeldingen gemeinsames PraV 
dikat ist, und das Nichtseiende als Negation eines bestimmten Sehn 
Cein Niehlgrosses u. dgl.) sich wohl denken lässt *> Sie bestreiten 
die Theilbarkeit des Seienden und beschreiben es doch zugleich als 
etwas räumlich Ausgedehntes *). Sie läugnen das Werden und in 
Folge dessen die Vielheit der Dinge, weil Alles entweder aus dem 
Seienden oder aus dem Nichtseienden werden müsste, beides aber 
gleich unmöglich sei; sie übersehen den dritten möglichen Fall, 
welcher das Werden nicht blos begreiflich macht, sondern auch 
dem wirklichen Hergang allein entspricht, dass zwar nichts ans dem 
schlechthin Nichtseienden, aber Alles aus einem beziehungsweise 
Nichtseienden werde *). Auf ähnlichen Miss Verständnissen beruhen 
Zeno's Einwürfe gegen die Bewegung: er behandelt den Raum und 
die Zeit nicht als stetige, sondern als diskrete Grössen, er folgert 
aus der Voraussetzung, dass dieselben aus unzählig vielen aktuell 
getrennten Tbeilen bestehen, während sie doch diese Theile nur 
potentiell in sich enthüllen fl ). Noch viel geringere Beweiskraft 
1) Dien ine Wesentliche aus der verwinkelten dialektischen A 
HtUDg Phys. I, 3. 186, a, 80 — o. 3, g. E. Zn der eweiten Btllfte dieser Er- 
örterungen (c S) vgL m. Plato Purin. 142, B f. 8oph. 144, B ff. und nneen 
Inte Abth. 8. 427 t 
3) Phys. t, 3. 187, s, 3 vgl. Ute Abth. 426 £ 
3) Hetmph. IÜ, 4. 1001, b, 7 vgl. Tb. I, 436, 1. 
4) Phys. I, 8 Tgl. Metaph. XIV, 3. 1089, ■, 3e ff. (Du Nlbere spttsf, 
Kap. 6, Nr. 2.) Dagegen werden gen. et eorr. I, 8. 89b, a, 1B die Ordnle der 
Eleateii nnr mit einer Verweisung auf die entgegenstehenden Erfahrongsthat- 
saohan beantwortet. 
6) Pbv>. VI, 9. o. 3.. 183, a, 31 Tgl. Th. I, 439 ff. 
i „Google 
214 Atiatotalas. 
haben die Gründe des Melissus für die Unbegrewtheit und Bewe- 
gungslosigkeit des Seieaden l ). Wie lisst sich endlich behaupten, 
dass Alles Eins sei, wenn man nicht alle Unterschiede unter den 
Dingen aufheben und auch das Entgegengesetzteste für Bin und 
Dasselbe erklären will? *) Anch hier haben wir daher in der Haupt- 
sache unbewiesene Annahmen und keine Lösung der wichtigsten 
Fragen. — Ebensowenig ist eine solche von den Pytbagoreern zu 
erwarten. Diese Philosophen geben auf eine Naturwissenschaft ans, 
aber ihre Principien machen die Bewegung und die Veränderung, 
diese Grundlage aller natürlichen Vorgange, nicht begreiflich *). 
Sie wollen das Körperliche erklären , indem sie es auf die Zahlen 
zurückführen; aber wie soll aus den Zahlen das räumlich Ausge- 
dehnte, aus dem, was weder schwer noch leicht ist, das Schwere 
und Leichte entstehen? *) wo sollen überhaupt die Eigenschaften 
der Dinge herstammen ? s ) Wie kann bei der Bildnag der Welt das 
Eins als körperliche Grösse der Kern gewesen sein, welcher Theile 
des Unbegrenzten an sich zog? e ) Wenn ferner verschiedene Dinge 
durch eine und dieselbe Zahl erklärt werden, sollen wir wegen der 
Verschiedenheit des damit Bezeichneten verschiedene Klassen vom 
Zahlm unterscheiden, oder wegen der Gleichheit der Bezeichnung 
die Verschiedenartigkeit der Dinge lingnen? 7 ) Wie können all- 
gemeine Begriffe, wie das Eins und das Unendliche, etwas Substan- 
tielles sein? a ) Fragen wir endlich, wie die Pythagoreer-ihre Zah- 
lenlehre anwenden, so Blossen wir auf grosse Oberflächlichkeit and 
1) Phy«. I, 8, An£ Tgl. Th. I, 488, 1. 
S) Phy». I, J. 186, b, 19 ff. 
8) Hetaph. I, 6. 989, b, S9 ff. 
4) Hetaph. I, 6. 990, a, 12 ff. III, 4. 1001, b, 17. XIII, 8. 1088, b, 8 ff. 
XIV, 3. 1090, a, 80. De ouelo Ol, 1, Sohl. 
5) Motaph. XIV, 5. 109a, b, 15. Die Stella gebt auf Platoniker und Präa- 
gonal gemeinschaftlich. Andern Bern eck im gen, welche »ich lunüchit auf Plata 
and seine Schale beziehen, aber die Pythagoreer mit treffen, flbergehe ich hier. 
6) Hetaph. XITI, 6. 1080, b, 16. XIV, 3. 1091, a, 18 Tgl. Tb. J, 801. 
7) Metaph. I, S. 990, a, 18 (vgl. Th. I, 286, 1). VII, 11. 1086, b, 17 vgL 
XIV, 6. 1498, a, 1. 10. 
8) Ix Betreff de» Einen und des Seienden wird die»» (gegen Plato und die 
Pythagoreer) Hetaph. III, 4. 1001, a, 9. 37. vgl. X, 1 ansgaflUut, und dabei 
namentlich bemerkt, data die SnbatantialiUt des Einen die Vielheit der Dinge 
aufbeben würde; Aber das üutpov vgL m. Pbjs. 111,6 und den o. 4. 208, a, 1. 
. „Lzeday G00gle 
Kritik sniner VeigBoger. 3(5 
Wiilhäkr J ); schon die Zahlen werden aar unvollständig abgelei- 
tet Oi und in ihrer Physik findet Aristoteles mancherlei vnUtbMw 
Vorstellungen zu rügen *)- 
Es sind aber nicht allein die alten Naturphilosopben, deren 
Annahmen Aristoteles bestreitet: auch die jüngeren Lehren bedürfen 
seiner Ansicht nach einer gründlichen Verbesserung. Hier kommt 
indessen im Grunde nur Eine von den späteren Schulen in Beirecht. 
Von den Sophisten kann in diesem Zusammenhang kaum die Rede 
sein. Ihre Kunst gilt dem Aristoteles für eine Scheinweisheit, die 
es mit dem Zufälligen, Wesenlosen und Unwirklichen zu thuu hat 4 }. 
Bei ihnen hat er nicht metaphysische Sätze zu prüfen, sondern nur 
die Skepsis, welche alle Wahrheit in Frage stellt, zu bekämpfe«, 
und die Unhaltberkeit ihrer Trugschlüsse aufzuzeigen 6 ). Sokrates' 
Verdienst um die Philosophie wird zwar bereitwillig anerkannt, aber 
zngleioh seine Beschränkung auf die Ethik hervorgehoben, mit der 
es unmittelbar gegeben war, dass er kein metaphysisches Princrp 
aufstellte 6 ). Unter den kleineren sobratischen Schulen werden nur 
die Megariker und die Cyniker, jene wegen ihrer Behauptungen 
über das Mögliche und das Wirkliche T ), diese wegen ihrer ep- 
kenntnisstheoretischen und ethischen Lehren B ), berührt 
1) MeUph. I, 6. 986, a, 6. 987, a, 19. 
3) 8. hierüber Tb. I, 290, 5. 
3) Wie die Gegenerde (Th. I, 303, 1), die Sphtlrenharmonie (De ooalo 
11,9), «ine Bestimmung Ober die Zeit (Phya. IT, 10. 218, a, 33 vgl. Tb. I, 816, 2), 
die Vors teil an gen Über die Seele (De »e. I, 2. 404, a, 16. c. 3, Schi vgl. Anal. 
past.ll, 11. 94, b, 31). 
4) a Tb. I, 751. 
5) Jenes Metaph. IV, 5 vgl c. 4. 1007, b, 20. X, 1. 1063, a, 85. XI, 6, 
Auf., Dieses in der Schrift Aber die Trugschlüsse. 
G) M. vgl. die Stellen, welche Abth. I, 77, 1. 95, 1 angeführt sind. Dass 
uns. die unkritische Ethik einseitig sei, teigt Artet. Eth. N. III, 7. 1113, b, 
14 £ 0.11. 111», b, 3 ff, 1117, a, 9. VI, 13. 1144, b, 17 ff. 
7) Hetaph. IX, 8 (vgl. Ute Abth. 168,2). Artet, widerlegt hier den maga. 
risehen Etat*, nur das Mögliche sei wirklieb, mit dem Nachweis, dass er nicht 
«Heia die Bewegung and Veränderung, sondern auch jeden Besitz einer Kuust- 
fertigkeit oder eines Vermögens aufheben würde: wer eben jetzt nichts hört, 
wtre taub, wer nicht gerade baut, wäre kein Baukünetter. 
6) Daher die enteren äussert steh Matapb. T, 99. 1094, b, 32. VHI, 8. 
1043, b, 23; ■. lste Abth. 210 f.; gegen die Uebertnibangen der aynjsoben 
Sittenlehre erklärt sieb Eth. N. X, 1. 1172, a, 27 ff. 
i „Google 
2*6 Ailstotelei. 
Um so eingehender beschäftig! sich unser Philosoph mit Pinto 
und der platonischen Schale. Aus dem platonischen System ist dns 
seinige zunächst herausgewachsen; mit diesem muss er sich Tor 
Allem vollständig auseinandersetzen und die Gründe darlegen, welche 
ihn darüber hinausfahren. Es ist daher nicht Ehrgeiz und Verklei- 
nerungssucht, wenn Aristoteles immer wieder auf die platonische 
Lehre zurückkommt, und die Mängel derselben unermüdlich von 
allen Seiten her auseinandersetzt: diese Kritik seines Lehrers ist 
für ihn unerlasslich, um dem bewunderten Vorgänger und der blä- 
henden akademischen Schule gegenüber seine philosophische Etgen- 
thümlichkeit und sein Recht zur Begründung einer eigenen Schule 
zu vertheidigen *)- Näher richtet sich dieselbe, wenn wir auch hier 
Untergeordnetes bei Seite lassen, auf drei Hauptpunkte: auf die 
Ideenlehre ab solche, auf die spätere, pythagoraisirende Fassung 
dieser Lehre, und auf die Bestimmungen über die letzten Gründe, 
das Eins und die Materie *). 
Die platonische Ideenlehre ruht auf der Ueberzeugung, dt« 
nur das allgemeine Wesen der Dinge Gegenstand des Wissens sein 
könne. Diese Ueberzeugung theilt Aristoteles mit Plato*). Ebenso- 
wenig bestreitet er ihm den Satz von 'der Wandelbarkeit aller 
sinnlichen Dinge, welcher den zweiten Grundpfeiler der Ideenlehre 
ausmacht , und die Nothwendigkeit , über dieselben zu einem Blei- 
benden und Wesenhaften hinauszugehen *). Hatte nun aber Plaid 
hieraus geschlossen, dass auch nur das Allgemeine als solches ein 
Wirkliches sein könne, und dass es mitbin ausser der Erscheinung 
als etwas Substantielles für sich sein müsse, so weiss sich Aristo- 
teles diese Bestimmung nicht mehr anzueignen; und eben dieses 
ist der Mittelpunkt, um welchen sich seine ganze Bestreitung der 
platonischen Metaphysik dreht. Jene Voraussetzung entbehrt seiner 
Meinung nach nicht allein aller wissenschaftlichen Begründung, son- 
dern sie verwickelt sich auch an sich selbst in die unauflöslichsten 
Schwierigkeiten und Widersprüche, und statt die Erscheinung!*«!' 
zu erklären macht sie dieselbe unmöglich. — Die Annahme von 
1) Vgl. «nah 8. 10«. 
3) H. vgL tun Folgenden meine Piaton. Stadien B. 197 ff, 
8) S.o. ß. 110. 204, 2. 
4) S. o. S. 304, 3. 
DigilzedBy GoOgk 
Kritik seiner Vorglager; Plato. 217 
Ideen ist nicht begründet. Denn unter den platonischen Beweisen 
für dieselbe ist keiner, der nicht von den entscheidendsten Einwür- 
fen getroffen würde; und was durch die Ideen erreicht werden soll, 
das muss auch ohne dieselben zu erlangen sein: ihr Inhalt ist ja 
ganz derselbe, wie der der diesseitigen Dinge, im Begriff des Men- 
schen-an-sich sind dieselben Merkmale enthalten , wie im Begriff 
des Menschen überhaupt, er unterscheidet sich von diesem nur durch 
das Wort Ansich *). Die Ideen erscheinen daher unserem Philo- 
sophen als eine ganz überflüssige Verdopplung der Dinge in der 
Welt, und zur Erklärung der letzteren Ideen vorauszusetzen, kommt 
ihm nicht weniger verkehrt vor, als wenn Jemand, der die kleinere 
Zahl nicht zählen kann, es mit der grösseren versuchen wollte *)• — 
Aber auch abgesehen von diesem Mangel an Begründung ist die 
Ideenlehre schon an sich selbst unhaltbar; denn die Substanz — 
und in diesem Satze ist wieder der ganze Unterschied des aristote- 
lischen and platonischen Standpunkts zusammengefasst — kann 
nicht von dem getrennt sein, dessen Substanz sie ist, der Gattungs- 
begriff nicht von dem, welchem er als ein Theil seines Wesens 
zukommt *}; will man dieses aber dennoch annehmen, so gerftlh 
man von einer Schwierigkeit m die andere. Denn während es der 
Natur der Sache nach nur von dem Substantiellen Ideen geben 
könnte, und der platonischen Lehre zufolge nur von Naturdingen 
welche geben soll, müssten sie doch , wenn das allgemeine Wesen 
einmal überhaupt vom Einzelnen getrennt gesetzt wird, auch für 
verneinende und Verhältnissbegriffe und für Kunsterzeugnisse an- 
1) Man vgl. hierüber Metaph. I, 9. 990, b, 8 ff. XIII, 4. 1079, a. 
2) Metaph. III, 2. 997, b, 5: xoMa}(3 S' ^vtuv SuoxoHav, ouBsiios ijwi 
muco* tb tpavai p.iv itvai Tivaf <pümif irapi ti; h Tijj oi)p«v$, Teilhat Bk ?a( aürät 
fiiKUTHc a?afl7jiotf nMjv Sti t& |iiv ätSia ik &i wBopra- auVe fäp avSpaiJuS* faaiv 
B?v«t ia'i Txnov xa\ ifiirav, äXlo S' oijSiv, napaxXTJou» jeoio3yti( to1{ Üeoui plv iImu 
f ioxouar* avOpiuTtoEiEtTt M- oürt -fip &Eiva« oüfliv ZWo inoiouv, ij iv6pu>7E0U( «Staut , 
oM' oStoi ts tISt] ÖT f, a?a6^Ti iföia. Aehnlioh Motapb. VII, 16. 1040, b, 32: 
KOtoBo» öS» [Tat IB&4] tm a'JTa( Tip tiSti toi; ^QapToi«, aikoivQpiimov xi'i aütii'rotov, 
spo«TLBs*Ttf Tdts atoVo'K tb fr,(ia t'q aM. Ebd. XIII, 9. 1086, b, 10. Vgl. Eth. 
N. I, 4. 1096, a, S4, Eud. I, B. IS 18, a, 10. 
3) Metaph. I, 9, Auf. XIII, 4. 1078, b, 82. 
4) Metaph. I, 9. 991, b, 1: ftil-usi äv aSdvttnw, ifau x"^! **l v oänlay x& o5 
f| oWa. XTU, 9. 1085, a, 23, Tgl. VII, 6. 1031, a, 31. c 14. 1039, b, 16. 
218 Aiiato-teloi, 
genommen werden *)i j» auch von den Ideen selbst müssten die 
meisten andere über sieb haben, zu denen sie sieb als Abbilder ver- 
bleiten, so dass dasselbe Urbild und Abbild zugleich wäre *); es 
müsste ebenso von jedem Ding, da es unter mehrere einander unler- 
und übergeordnete Gattungen fällt, mehrfache Ideen geben 3 }j die 
allgemeinen Merkmale, welche zusammen den Begriff bilden, müss- 
len gleichfalls besondere Substanzen, und es müsste so eine Idee 
aus mehreren Ideen, eine Substanz aus mehreren, ja auch aas ent- 
gegengesetzten realen Substanzen zusammengesetzt sein *}. Wenn 
ferner die Idee Substanz sein soll, so könnte sie nicht zugleich all- 
gemeiner Begriff sein 6 ); sie ist nicht die Einheit der vielen Einzel- 
dinge, sondern ein Einzelding neben den andern •), es müsslen 
denn umgekehrt die Dinge, von denen sie prädicirt wird, keine 
Subjekte sein 0; es lasst sich daher auch von ihr so wenig, als 
von einem anderen Einzelwesen, eine Begriffsbestimmung geben 8 ); 
wenn die Idee derZahl nach eins ist, wie das Einzelwesen, so muss 
ihr auch von den entgegengesetzten Bestimmungen, durch welche 
der Gattungsbegriff getbeilt wird, je eine zukommen, dann kann sie 
aber nicht selbst die Gattung sein *)• Sollen weiter die Ideen das 
Wesen der Dinge enthalten, und doch zugleich unkörperlicbe, für 
«ich bestehende Wesenheiten sein, so ist dieses ein Widerspruch; 
denn theils redet Plato, nach der Darstellung des Aristoteles, auch 
von einer Materie der Ideen, was sieb damit nicht vereinigen lässt, 
dass sie ausser dem Räume sein sollen 10 ) , theils gebort bei allen 
1) Metaph. I, 9. 990, b, 11 ff. 23. 991, b, 6. XIII, 4. 1079, a, 19. c. S. 
1084, a, 27. Anal, poat I, 24. 85, h, 18; VgL lata Abth. 446, 1. 
2) Metapi). I, 9. 991, a, 29. XIII, 5. 1079, b, 34. Au der enteren von die- 
sen Stellen lese man: o&v tb T&Of, <«t frfvO(, eKcÜv (sc. jcapWsirfin Ärcai). 
3) Metaph. I, 9. 991, a, 26. 
4) Metaph. TO, 18. 1089, a, 3. o. 14; vgl, c 8. 1088, b, 19. I, 9. 991, », 
39. XIII, 9. 1085, a, 28. 
5) Metaph, XIII, 9. 1086, a, 82 Tgl. In, 6. 1003, a, 5. 
6) Metaph. I, 9. 992, b, 9. XIII, 9 t. a. O. 
7) Metaph. VII, 6. 1031, b, 15; vgl. Bosite and Scdweolkr *,. d. St. and 
wm 8. 144, 1 ans Kateg. o. 2 angeführt wurde. 
8) Metaph. VII, 16. 1040, o, 8—27. 
9) Top. VI, 6. 143 , b, SS : Di« Unge an «ich- mauste en*w«det UUit 
oder JtlitOf e^ov, die Gattung alao »uglaich «ine Art Bein, 
10) Phya. IV, 1. 209, b, 33; vgL iadeatt» Abth. 1, 8. 424 f, 47« f. 
i „Google 
Kritik »einer Vorginge*; riato. 319 
Natargegenständen die Materie und das Werden mit zu ihrem Wesen 
und Begriff, dieser kann daher nicht gelrennt von demselben für 
sich sein '3; auch die ethischen Begriffe jedoch lassen sich nicht 
schlechthin von ihren Gegenständen trenne»: es kann keine für sich 
bestehende Idee des Guten geben, denn der Begriff des Guten kommt 
in allen möglichen Kategorieen vor, und bestimmt sich je nach den 
verschiedenen Fällen verschieden, wie sich daher verschieden« 
Wissenschaften mit dem Goten beschäftigen, so giebt es aueh ver- 
schiedene Güter, nnd unter diesen seihst findet eine Stufenfolge 
statt, die an sich schon ein für sielt existirendes Gemeinsames aus- 
schiiesst *). Dazu kommt, dass die Annahme von Ideen folgerichtig 
zum Portgang in's Unendliche führen würde; denn soll überall eine 
Idee angenommen werden, wo Mehrere in einer gemeinsamen Be- 
stimmung zusammentreffen, so würde auch zu der Idee und der 
1) Pbys. II, 2. 193, b, SO ff. 
2) Eth. N. I, t (Eud. I, 8), Tgl. 8. 818,9 nnd Aber den Grundsatz, d aas sich 
dasjenige, was aich als xptapov und uartpsv verhalt, «of keinen gemeinsamen 
Guttnngs begriff aarilck führen lasse, Polit. III, 1. 1275, a, 34 ff. t&v xpaftUaiov, 
heisst ea hier, iv ot; ti Snou([i4va SicHptfp« tö eISei, x«i x'o (ilv aüttüv inil jtpütov 
to St StiiTipov to B' ^öjuvov, 5) to napinav oiSft fort», ?j toiiut«, i'o koiv'ov, ij yM- 
r/fim. So verhalte es sich mit den Staatsverfassungen: sie seien der Art nach 
verschieden nnd augleieh stehen sie im Verhältnis» begrifflicher Abfolge, denn 
üe fehlerhaften seien spHter, all die richtigen. Es lassen stob daher keine 
Merkmale angeben, welche einen bestimmten Begriff (im vorliegenden Fall: 
den dea Staats bilrgurs) so bezeichneten , dass er auf alle Staats vcrfassmi gen 
xntrlfe. Nach demselben Grundsatz wird Eth. N. s. a. O. gegen die Idee dea 
Guten bemerkt: die Anhinger der Ideenlehre seihet sagen, dase es von dem, 
wai im Vernlhniss des Tor nnd Nach stehe , keine Idee gebe; eben diess sei 
aber beim Outen der Fall, es finde stob in allen Kategorieen: ein substantielles 
Gutes sei s. B. die Gottheit nnd die Vernunft, ein qualitatives die Tugend, ein 
quantitatives das Haass , ein relatives das NUtsliche n. s. w.; nnd da nun das 
Substantielle froher sei als das Relative u. s. f. so stehen diese versohl edeuen 
Güter im Verhältnis« des Tor and Nach, sie können mithin unter keinen gs 
moinsamen Gattungsbegriff, keine Idee, fallen , sondern (1096, h, 25 ff.) nur in 
einem TerhUtnlss der Analogie (s. o. S. ISA, 2) stehen. — Diesen Auseinan- 
dersetinngen entsprechend wird sich, um diese beiläufig zu bemerken, auch 
die Frage, inwiefern Plato Ungnen konnte, dass es von den Idsslzsblen eine 
Idee gebe, noch eiafaeher beantworten lassen, st* diess in unserer 1. Abth. 
tS4 f. versnobt wurde: nämlich dahin, dassfSr sie, wie für alles, bei dem das 
Vor and Nach stattfindet, nicht blos ein xombv £ti)0ta"tbv, sondern jedes xonbt 
gelAugnet wurde. 
JigilizBdby G00gle 
220 ArUtoteW». 
Erscheinung du diesen gemeinsame Wefen als Dritt« hiaxttkoBr- 
men *> — Wäre die Ideenlehre indessen auch begründeter uad 
haltbarer, als sie ist, so könnte sie doch, nach der Ansicht det 
Aristoteles, der Aufgabe der Philosophie, welche die Grande der 
Erscheinungen aufzeigen soll, in keiner Weise gesogen. Denn dt 
die Ideen nicht in den Dingen sein sollen, so können sie auch nicht 
ihr Wesen bilden, und mithin zu ihrem Sein nichts beitragen *); 
ja man kann sich das Verhältniss beider gar nicht klar denken — 
denn die Bestimmungen der Urbildlichkeit und der Theihtahne, anf 
die es Plato zurückfuhrt, sind. nichtssagende Metaphern 8 ). Das 
bewegende Princip vollends, ohne das doch kein Werden und keine 
Naturerklärung möglich ist, fehlt ihnen gänzlich 0, und ebenso- 
wenig ist die Endursache in ihnen enthalten "). Auch für die Er- 
kenntniss der Dinge leisten aber die Ideen nicht das, was von ihnen 
gehofft wird; denn wenn sie ausser den Dingen sind, so sind sie 
nicht das Wesen derselben, ihre Erkenntniss gewährt uns mithin 
über dieses keinen Anfschluss 6 ). Wie sollten wir aber überhaupt 
zu dieser Erkenntniss kommen, da sieb doch angeborene Ideen nicht 
annehmen lassen? T ) 
Diese Bedenken werden noch in hohem Grade vermehrt, wenn 
mau mit Plato und seiner Schule die Ideen zu Zahlen macht, und 
zugleich zwischen sie und die sinnlichen Dinge das Mathematische 
einschiebt. Die Schwierigkeiten, welche sich hieraus ergeben wür- 
1) Melaph. I, 9. 091, a, 2. VII, 18. 1039, a, 2 tgl. VII, 6. 1031, b, 28. 
Aristoteles drückt diese Einwendung hier auch so aus, das« er tagt, die Ideen- 
lehre fäbi-e auf den Tpfa< wApomot. Vgl. PUt. Stnd. B. 267. Ute Abtn. 8. 472, 
4. Den Paralogismus des Tfito; SvOpmicoj, der aber ebemo Ton den Ideen aaltet 
gilt, findet er soph. sl. c. 32. 178, b, 86 in der Verwechslung de* AUgeneiwn 
mit einem gleichnamigen Einielnen. 
2) Metaph. I, 9. 691, *, 12 (XIII, 6, An£). 
3) Metaph. I, 9. 991, a, 20. 992, a, 38. (XIII, 5. 1079, b, 24.) I, 6. 987, h, 
IS. VIII, 6. 10*6, h, 7. XU, 10. 1076, b, 84. 
4) Metaph. I, 9. 991, «, 8. 19 ff. b, 8 ff. {XIII, S) 992, », U ff. b, 7. c. 7. 
966, b, 3. VII, 6. 1088, b, 26. XII, 6. 1071, b, 14. c 10. 1076, b, 1«. 97. gea- 
et corr. II, 9. 885, h, 7 ff. vgl. Etb. End. I, 8. 1217, b, 28. 
5) Metaph. I, 7. 966, b, 6. c 9. 992, a, 29 (wo itatt Sie ja lue» fct: ti' i). 
6) Metaph. I, 9. 901, a, 12. (XTÜ, 6. 1979, b, 16.) TU, 6. 1081, a, 80 f. 
vgl. Anal. poit. I, 22. 83, a, 32: ti yk? iffli) ^aipfao' «pfrioiMrci ti yip vre 
7) 8. o. B. 184. 
3,g,1:zedBy G00gle 
Kritik «einer Vorginget; PUto. 831 
den , hat Aristoteles mit einer für uns höchst ermüdenden Gründ- 
lichkeit auseinandergesetzt; in jener Zeit mag sie allerdings nöthig 
gewesen sein, um der pythagomsirenden Scholastik eines Xeao- 
kreles nnd Speusippus jeden Ausweg abzuschneiden. Er fragt, wie 
wir uns die Ursächlichkeit der Zahlen denken sollen *}, und welchen 
Nutzen sie den Dingen bringen *); er zeigt, wie willkührlicb und 
widerspruchsvoll die Zahlen auf die Gegenstande angewandt wer- 
den s ); er weist den wesentlich verschiedenen Charakter der Be- 
griffsbestimmungen, welche qualitativer, und der Zahlbestimmungen, 
welche quantitativer Natur sind, in der Bemerkung nach, dass zwei 
Zahlen Eine Zahl, nicht aber zwei Ideen Eine Idee geben, und dass 
es unmöglich sei , unter den Einheiten , aus denen die Zahlen be- 
stehen, qualitative Unterschiede vorauszusetzen, wie diess doch bei 
der Annahme von Idealzahlen geschehen müsste *); er widerlegt 
die verschiedenen bei Plato und seinen Schülern aufgetretenen Vor- 
stellungen aber das Verhältniss der mathematischen zu den Ideal- 
zahlen, nnd die Wendungen, deren man sich bedienen konnte, um 
einen begrifflichen Unterschied der Zahlen nnd der sie bildenden 
Einheiten zu behaupten % mit der eingehendsten Sorgfalt s ), wo- 
bei aber der Hauptgrund doch immer der ist, dass jene Artunter- 
schiede der Natur der Zahl widersprechen — um solche Einwürfe, 
welche der Zahlenlehre mit der Ideenlehre gemein sind ')» biar 
sieht zu wiederholen. Nimmt man aber einmal Ideen und Ideal- 
zahlen an, so verlieren, wie Aristoteles weiter bemerkt, die mathe- 
matischen Zahlen ihre Berechtigung, da sie nur die gleichen Bestand- 
teile, und in Folge dessen auch nur die gleiche Natur haben könn- 
1) Metaph. I, 9. 991, b, 9 mit der Antwort: wenn die Diage gleich faöi» 
Kahlen seien, so sehe man nicht, wu die Ideaiaahlen für sie leisteten; seien 
andererseits die Dinge nur uaoh SSaMbeatimmnngon geordnet, so müsste du 
Gloiohe von ihren Ideen gelten, diese wtren nicht Kahlen, sondern \6yo: h 
äii6f«l£4 tmwv (OKomifirwov). 
9) Metaph. XIV, 6, Anf. ebd. 1093, b, 31 Tgl. c. 3. 1090, a, 7 ff. 
3) A. ». O. von 1093, b, 39 an, vgL die ConunentiKe i. d. St. 
4) A. a, O. I, 9. 991, b, 31 ff. 993, a, 3. 
6) VgL 1. Abth. S. 432 f. 657 f. 668 f. (wo Aber Xenofcrates auch MeUph. 
VII, 3. 1038, b, 34 anzufahren war}. 683 £ 
6) Mataph. XIII, 6—8. 
7) Wie Hetaph. XIII, 9. 1086, a, 28 und was XIV, 3. 1090, a, 7 ff. c. S. 
la *0,a, •&&. — b,6 gegen SpOQiipp »ingewandet wird. 
i „Google 
222 Arlitotele«, 
ten, wie die idealen ')■ Ebenso unsicher ist aber inch die StelkiPf 
der Grössen, welche tbeils als ideale den idealen, iheiis als mathe- 
matische den mathematischen Zahlen folgen sollen *), nnd ans der 
Art, wie sie abgeleitet werden, ergiebt sich die Schwierigkeit, dass 
entweder die Fläche ohne Linie nnd der Körper ohne Flache mässle 
sein können, oder alle drei dasselbe wären B ). 
Was endlich die obersten Gründe betrifft, in denen Piato and 
die Platoniker die letzten Bestandteile *) der Zahlen und Ideen, 
und weiterhin auch der abgeleiteten Dinge gesucht hatten, so finde! 
es Aristoteles zunächst schon unmöglich, die Bestandteile alles 
Seienden zu erkennen, weil diese Erkenntniss ans keiner froheren 
hergeleitet werden könnte s ) ; er bezweifelt, dnss Alles die gleichen 
Bestandtheile haben könne "), dass ans der Verbindung derselben 
Elemente das einemal eine Zahl, das anderem«) eine Grösse ent- 
stehen sollte '); er bemerkt, dass sich solche Bestandtheile nur von 
den Substanzen, und unter diesen nnr von denjenigen angeben las- 
sen, welchen Stoffliches beigemischt ist 8 ); er neigt endlich, dass 
dieselben weder als ein Einzelnes gedacht werden dürften (weil sie 
dann nicht erkennbar und nicht die Bestandtheile mehrerer Dinge 
oder Ideen sein könnten), noch als ein Allgemeines (weil sie dann 
nichts Substantielles wären) 8 ). Weiter nimmt er an der Verschie- 
denheit der Bestimmungen aber das materielle Element Anstoss 10 J; 
noch weniger kann er natürlich Speusipp's Annahme mehrerer ur- 
sprünglich verschiedener Principien gnt heissen"). Indem er sodann 
1) A. a. 0. t, 9. 991, b, 27. XIV, S. 1090, b, 32 ff. 
2) Metaph. I, 9. 992, b, 18. XIV, 3. 1090, b, SO. 
3) A. a. O. I, 9. 992, a, 10. XIII, 9. 1085, a, 7. Sl. 
4) Srotvßa, wie diese Urgrilndo in der platonischen Schul« genannt wor- 
den (vgl. Mutaph. XIV, 1. 1087, b, 12: t«* ■$>-/« St orw/sta xaloüan). HlharM 
Aber dieselben lste Abth. 8. 476. 616. 
6) Metaph. I, 9. 992, b, 24, wogegen freilich »eine eigene Unterscheidung 
■wischen demonstrativer und induktiver Erkenntnis» »u kehren wftra. 
6) Obne Vlato *ti nennen, geschieht dleH Metaph. XII, 4. 1070, a, SS ft 
vgl. was S. 206 angefOkrt wurde 
7} Metaph. III, 4. 1001, b, 17 ff. 
8) Ebd. I, 9. 992, b, 18. XIV, 2, Anf. 
9) Metaph. XIII, 10. 1086, b, 19—1087, a, 4. 
10) Hetaph. XIV, 1. 1087, b, 4. 12. 26. c. 2. 1089, b, 11 vgL Abth. 1, 
8. 476, 1. 
11) Ihr gilt Hetaph. XIV, 8. 109«, b, 18 ff. CHI E 
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Kritik leiner VorgEager; Plato. 223 
auf die beiden platonischen Urgründe, das Eine nnd das Grossund- 
kleine, näher eingeht, erklärt er beide für verfehlt. Wie kann das 
Eine, fragt er, etwas für sich Bestehendes sein, da doch kein All- 
gemeines eine Substanz ist? Der Begriff der Einheit drückt unreine 
Eigenschaft, and näher eine Maassbesthnmung ans; eine solche setzt 
aber immer ein Gemessenes voraus, und selbst dieses muss nicht 
einmal nothwendig ein Substantielles, sondern es kann auch eine 
Grösse, eine Beschaffenheit, ein Verhältnis«, es kann überhaupt von 
der verschiedensten Art sein, und je nachdem es beschaffen ist, wird 
auch das Eine durch diesen oder jenen Subjektsbegriff näher zu be- 
stimmen sein *)- Wer diess leugnen wollte, der müssle das Eine 
mit den Bleuten für die einzige Substanz erklären, ebendamit aber 
ausser allem Andern auch die Zahl selbst unmöglich machen *). 
Setzt man überdiess mit Plato das Eine dem Goten gleich, so ent- 
stehen bedeutende Unzuträglichkeiten *)> keine geringeren aber 
freilich, wenn man es mit Speusippus als ein eigentümliches Princip 
von ihm unterscheidet *}• Was das Grossundkleine betrifft, so be- 
zeichnet dieser Begriff fiir's Erste gleichfalls blosse Eigenschaften, 
ja sogar blosse Beziehungen; mithin ein solches, was am Aller- 
wenigsten für ein Substantielles ausgegeben werden kann, nnd am 
Augenscheinlichsten eines Substrats bedarf, dem es zukommt. Wie 
können aber Substanzen aus dem bestehen, was nichts Substantielles 
ist, wie können andererseits Bestandt heile zugleich Prädikate sein?*) 
Wenn sich sodann dieses zweite Princip näher zu dem ersten 
verhalten soll, wie das Nicbtseiende zum Seienden, so ist diess 
durchaus schief. Plato glaubt nur durch die Annahme des Nicht- 
seienden der parmenideischen Einheitslehre entgehen zu können; 
allein dazu ist diese Annahme nicht nöthig, da das Seiende an sich 
selbst nicht blos von einerlei Art ist ')> und sie würde auch nicht 
nicht tntiioiiiüBn? Ztnup fj,ox&i)pä lasyiiitlx, nnd XII, 10, Sohl, du odx ä-yaflbv 
iwluxoipavbj. Weiter Tgl. m. Abth. 1, 668 ff. und die dort angefahrten Stellen. 
1) Hetaph. X, 2. XIV, I. 1067, b, 63 auch XI, 3. 1060, a, 36; vgl. S. 
214, ö. 186, 2. 
3) A. a. 0. HI, 4. 1001,», 29. 
S) Metapb. XIV, 4. 1091, a, 99. 86 ff. b, 18. 30 ff. 
4) A. a. 0. 1091, b, 16. 33. e. 6, Anf. 
5) Motaph. I, 9. 993, b, 1. XIV, 1. 1088, a, 15 ff. 
6) A. a, 0. XIV, 3. 1QM, b, S& ff. vgl. 8. 2 18. 
J, S ,:z K i:vC00gIe 
224 Aristoteles 
ausreichen , denn wie soll die Mannigfaltigkeit des Seienden an 
dem einfachen Gegensatz des Seins und Nichtseins erklärt wer 
den ? Aber Plato hat sein Seiendes und Nichtseiendes gar nicl 
genauer bestimmt, und bei dem Mannigfaltigen, was er daraus ab 
leitet, nur an die Substanzen gedacht, nicht zugleich an die Eigen 
Schäften, Grössen u. s. w. 2 ), und ebensowenig an die Bewegung 
denn wenn das Grdssundkleine die Bewegung hervorbräche 
müssten ja die Ideen, deren Stoff es ist, gleichfalls bewegt sein K 
Der Hauptmangel der platonischen Bestimmungen liegt jedoch da 
rin, dass überhaupt Entgegengesetztes als solches das Erste um 
der ursprünglichste Grund von Allem sein soll. Entsteht auch Alle. 
aus Entgegengesetztem, so ist es doch nicht das Entgegengesetzt! 
rein als solches, die Verneinung, aus der es entsteht, sondern nui 
ein beziehungsweise Entgegengesetztes, das Substrat, welchem du 
Verneinung anhaftet: Alles, was wird, setzt einen Stoff voraus, am 
dem es wird, und dieser Stoff ist nicht einfach das Nichtseiende 
sondern ein Seiendes, welches nur das noch nicht ist, was es wer- 
den soll. Diese Natur des Stoffes hat Plato verkannt: er fasst nu 
seinen Gegensatz gegen das formende Princip in's Auge, er niacli 
ihn zum Bösen und NichtSeienden, die andere Seite der Sache, da» 
er das positive Substrat aller Formthätigkeit und alles Werdens ist 
fibersieht er *). Damit verwickelt er sich aber in den Widerspruch 
dass der Stoff seinem eigenen Untergang, das Böse dem Guten zu- 
streben und es in sich aufnehmen müsste 5 ); dass ferner das Gross- 
undkleine, wie oben das Unbegrenzte der Pythagoreer, etwas 
Fürsichbestehendes, eine Substanz sein müsste, wahrend es doch 
als eine Zahl- oder Grösseabestimmung diess unmöglich sein kann; 
und dass es als Unbegrenztes aktuell gegeben sein müsste, was 
gleichfalls undenkbar ist *). Fragen wir schliesslich, wie sich 
die Zahlen aus den Urgründen ableiten lassen, so fehlt es an jeder 
klaren Bestimmung. Sind sie aus jenen durch Mischung, oder dorci 
1) A.a.O. 1089, a, II. 
2) A.a.O. Z. 16. 31 ff. 
8) Metaph. L, 9. 99!, b, 7. 
4) Metaph. XIV, l', Ant c *. 1091, b, SO ff. XJI, 10. 1075, *, 32 ff. Fty- 
I, 9. Tgl. lata Abth. S. 465. 
6) Phva. I, 9. 192, a, 19. Uetap b. XIV, 4. 1092, a, 1. 
C) Phya. III, 6. 204, «, 8-34 vgl. o. 4. SOI, a, 1 ff. 
JigiiizBdby Google 
Kritik a. Vorging«; Fiat«. 325 
Zusammensetzung, oder durch Erzeugung, oder wie sonst eitstan- 
den ? Wir erhalten darauf keine Antwort >)• Ebensowenig wird 
ans gesagt, wie sich aas dem Einen und dem Vielen die Einheiten, 
bilden konnten, aus denen die Zahlen bestehen s ), und ob die Zahl 
begrenzt oder unbegrenzt ist a ); die erste ungerade Zahl wird nicht 
abgeleitet, von den andern nur die zehn ersten *); es wird nicht 
nachgewiesen, wo die Einheiten herkommen,, aus denen die unbe- 
stimmte Zwciheit zusammengesetzt ist, welche mit dem Eins zu- 
sammen alle übrigen Einheiten erzeugen soll 5 ); es wird nicht ge- 
zeigt, wie die Zweiheit des Grossen und Kleinen mit dem Eins auch 
solche Zahlen hervorbringen kann, welche nicht durch Verdopplung 
des Eins entstehen *}. Noch mancher weitere derartige Einwurf 
Uesse sich aus Aristoteles beibringen, doch wird es an dem Ange- 
führten mehr als genug sein. 
Diese Einwendungen gegen die platonische Lehre sind nun 
allerdings von ungleichem Werthe, und nicht ganz wenige von 
ihnen beruhen wenigstens in der Fassung, welche ihnen Aristo- 
teles zunächst giebt, unverkennbar auf einem Missverstfindniss T ). 
Nichtsdestoweniger lässt sich nicht läugnen, dass er die Blossen 
jener Lehre mit scharfem Auge bemerkt und ihre Mängel erschöp- 
fend dargethan hat. Er hat nicht allein der Zahlentheorie ihre 
Unklarheit und Ungereimtheit aufs Vollständigste nachgewiesen, 
sondern er hat auch die Ideenleere und die platonischen Bestim- 
mungen über die Urgründe für immer widerlegt. Unter den Grün- 
den, mit denen er sie bekämpft, treten aber vor Allem zwei als 
entscheidend hervor, auf die alle andern mittelbar oder unmit- 
telbar zurückführen: erstens, dass die allgemeinen Begriffe, wie 
die des Einen, des Seieoden, des Grossen und Kleinen, des Un- 
begrenzten, und ebenso alle in den Ideen niedergelegten Begriffe, 
nichts Substantielles seien, dass sie nur gewisse Eigenschaften 
und Verhaltnisse und besten Falls nur die Gattungen und Arten, 
1) MeUph. XIV, 5. 1092, a, 21 ff - Sin, 9. 1085, t, 4 ff. Tgl. o. 7. 1062, u, 20* 
2) Metaph, XIII, 9. 1085, h, 12 ff., zunächst gegen Spausippni. 
S) A. a. 0. 1086, b, 23. c. 8. 1083, h, 86 ff. XII, 8. 1073, a, 18. 
4) 8. late Abth. 8. 4«, 8. 
5) Metaph. I, 9. 991, b, 31. 
6) Metaph, XIV, 8. 1091, a, 9. 
7) 8. Plmt. gtod. 8. 2W ff. 
PhOM. d. Gr. II. Bd. 1. AMD. 15 
liigilzedBy G00gk 
nicht die Dinge selbst bezeichnen; zweitens, dass es ihnen an 
der bewegenden Kraft fehle, dass sie den Wechsel der Erschei- 
nungen, das Entstehen und Vergehen, die Veränderung und die 
Bewegung, und ebendamit die hierauf beruhenden natürlichen Eigen- 
schaften der Dinge nicht blos nicht erklären, sondern geradeso 
unmöglich machen *). Man wird in dieser Richtung seiner Polemik 
den naturwissenschaftlichen, auf die volle Bestimmtheit des Wirk- 
lichen und die Erklärung des Tatsächlichen ausgehenden Geist 
des Aristoteles nicht verkennen. An der Kraft der Abstraktion 
fehlt es ihm zwar so wenig, alsPlato, ja er ist diesem an dia- 
lektischer Uebung entschieden oberlegen; aber er will nur solche 
Begriffe gelten lassen, die sich an der Erfahrung bewähren, in- 
dem sie eine Reibe von Erscheinungen zur Einheit zusammen- 
fassen oder auf ihre Ursache zurückführen: mit Plato's logischem 
Idealismus verknüpft sich bei ihm der Realismus des Naturfor- 
schers. 
Je mehr aber dessen ist, was unser Philosoph an seinen Vor- 
gängern zu tadeln hat, um so begieriger werden wir, seine eige- 
nen Antworten auf die Fragen zu vernehmen, deren Lösung ihn 
bei den Früheren nicht genügt. 
6. Fortsetzung. B. Die metaphysische Hauptunter- 
suchnng. 
Es sind drei Hauptpunkte, um die es sich hier handelt. Wenn 
es nämlich die erste Philosophie mit dem Wirklichen überhaupt, 
dem Seienden als solchem zu thun hat 1 ), so wird jeder anderen 
Untersuchung die Frage nach dem ursprünglichen Wesen des 
Wirklichen, nach dem Begriff der Substanz vorangehen müssen. 
Diese Frage hatte nun Plato in seiner Ideenlehre dahin beanl- 
1) Welche« Gewicht Aristoteles diesem Einwurf beilegt, sagt er selbst 
wiederholt. Vgl. i. B. MeUph. I, 9. 991, a, 8: tk&vtuv 6t [lü.i«b Siaxapijnin 
ä* Xtf, li xon ?u|ifl&XXE?a[ ti sTSjj to*( JcTBfo« tüv atoOi)tüSv I) tolf •jvpo^imi id 
f fli ipopiyo i( ■ qEti fis xtvrjeta); oSte jutaßolijt oüStpiSf Irntv ahm (circttf. Z. 20: 
■cb !l Uftn ^npaisifiiaia onäti eTvii xal [iitc^siv iiItüv tJXÄi mvoIo^eTv l/rtt *& 
tUTBfüpi; Uyiw itenjitxaV t! 70p im 10 [pyajipiiov Ttpb; Tat ISiii inojÜiKOi ; 
ebd. 993, a, 24: 3Xu{ E^ ^todm]; "rijt y i).ooo<pLo; mpl rüv favipG>v tb otftiov touto 
|ih «ttxa(i» (oüfltv Tip WfO[AEv jwft ijj( altiw S0*v ü äf ^ ^ |«ti^oX%) n. 1. w. 
3} 8. 0. B, 197 it. 
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Dm Einselae *. daa Allgomeine. JJ7 
wortet, dsss das wahrhaft und ursprünglich Wirkliche nur in dem 
gemeinsamen Wesen der Dinge, in den Gattungen zn suchen sei, 
deren Ausdruck die allgemeinen Begriffe sind. Aristoteles ist da- 
mit, wie wir wissen, nicht einverstanden. Nur um so wichtiger 
ist aber für ihn gerade deashalb das Verhältniss des Einzelnen 
und des Allgemeinen: in der unrichtigen Fassung dieses Verhält- 
nisses hegt der Grundfehler der platonischen Ansicht, von feiner 
Bestimmung wird jede Berichtigung derselben aasgehen müssen. 
Das Erste ist daher hier die Untersuchung über den Begriff der 
Substanz, oder über das Verhältniss des Einzelnen und des All- 
gemeinen. Indem nun aber Aristoteles dieses Verhältniss so be- 
stimmt, dass die wesentliche Wirklichkeit auf die Seite des Ein- 
zelnen fallt, so löst sich ebendamit auch die Form, oder das Eidos, 
welches Plato dem Allgemeinen gleichgesetzt hatte, von dem letz- 
leren ab, und erhält eine veränderte Bedeutung. Die Form ist 
das Wesen nicht als allgemeines, sondern als bestimmtes, zur 
vollen Wirklichkeit entwickeltes, und ihr tritt die unbestimmte 
Allgemeinheit, die Möglichkeit eines so oder so bestimmten Seins, 
ils der Stoff gegenüber. Das Verhältniss der Form und des Stoffes 
bilde! mithin den zweiten Hauptgegenstand der Metaphysik. Die 
Form aber ist wesentlich auf den Stoff, der Stoff auf die Form 
beugen, jenes Verhältniss daher das Bestimmtwerden des Stoffes 
durch die Form, die Bewegung. Alle Bewegung aber setzt einen 
ersten Grund der Bewegung voraus, und so ist die Bewegung 
und das erste Bewegende das dritte Begriffspaar, mit dem es die 
Metaphysik zu thun hat. Wir versuchen im Folgenden, ihren 
wesentlichen Inhalt unter diesen drei Gesichtspunkten darzustellen. 
1. D»s Einzelne und d»i Allgemeine. 
Plato hatte das Allgemeine, welches im Begriff gedacht wird, 
für das Wesenhafte in den Dingen erklärt, er hatte ihm allein 
sin ursprüngliches und volles Sein beigelegt. Nur durch eine Be- 
schränkung dieses Seins, eine Verbindung von Sein und Nicht- 
sein, sollten die Einzelwesen entstehen, welche desibalb die all- 
gemeinen Wesenheiten, oder die Ideen, als ein Anderes ausser und 
über sich haben. Aristoteles kann sich diese Vorstellung, wie wir 
gesehen haben, nicht aneignen: gerade in der Trennung des be- 
Kfilichan Wesens von den Dingen liegt seiner Ansicht nach der 
15» 
■ 
aas Ariitouui. 
Grundfehler der Ideonlohre 1 ). Das Allgemeine ist somit nur in 
Einzelnen, die Gattung ist die Einheit der Dinge, welche unter 
ihr enthalten sind, indem sie ihnen allen zukommt, nicht indem 
sie neben ihnen besteht: Plato's £v uapi Tat ■ndüi, verwandelt sich 
in das Jv xjxtä teoaMIv ■)• kt aber das Allgemeine nichts für sich 
Bestehendes, so kann es auch nicht Substanz sein. Substanz 9 ) 
nennen wir dasjenige, was weder als Wusensbestimmuflg von 
einem Andern ausgesagt werden kann , noch als ei« Abgeleitetes 
einem Andern anhaftet*)) "üt anderen Worten: dasjenige, was 
nur Subjekt and ms -Prädikat ist'); die Substanz ist das Seieade 
im ursprünglichen Sinn, die Unterlage, von der alles andere Sein 
getragen wird e ). Solcher Art ist aber nach Aristoteles nur das 
, 1) 8. ü. 8. 317, 4. Metaph. XIII, 9. 1086, b, 2: toöto &' (die Ideen lehre) 
. . . exivtjoe jiiv SiunpiTiji 8rä Tob( 5p(3[iou( , ou jj.Jjv Ey lipto^ f E TÜv x«8* IxadTQV ' 
xa\ tdÜtd ipflöJt Ivo^oev oi yojp!oat . . . öveu (iev f ip tou xa9Jl.su oux ottw iximjpiv 
Xaflilv, Tb 81 xupICcfl k'tiov Töly ou|iß«iVQ'vttiiv 8ucjr*p(yv rap\ tIj Biat 2orh>. VgL 
c. 4. 1076, h, 80 ff. 
2) Anal, post. I, 11, Auf.: iftq uiv a5v (7vaiiifv *i mepi TS ko^Jl» ojx äuÄpr„ 
■I «KÖStu;:; ferai- etyai jjevtoi tv itü isollü» äljjöti ibttlv ivayxi]. De Ali. III, 8 
(s. o. 138, 2). 
8) Mit diesem Ausdruck bezeichne icb sowohl hier, als sonst, du aristo- 
telische aialx, und ich finde el seltsam, diese Uebersetzung (mit BtbOhfku. 
Gesch. d. theor. Phil. b. d. Gr. 213 f.; vgl. unsere lste Abtb. 423, I) deashalli 
»u tadeln, weil von Aristoteles untsi der uüoia nirgends „der unbekannte, be- 
haxrliohe, reale Triger der wechselnden Merkmale verstanden werde." Dm 
Letztere ist anbedenklich zuzugeben; aber dass wir für einan aristotelischen 
Ausdruck das seit anderthalb tausend Jahren dafür übliche Wort desshalb 
nicht gehrauchen sollen , weil Herbart mit diesem Wort einen anderen Begriff 
verbindet, ist doch eine anbillige Ziramtbiing. 
4) Est. o. 5 : oäc(» $i eVciv J] xupK&TOTÄ te xa\ :cptünm xo\ jittioto IrfsuifR, 
t) pfre xaB' SnoxEip^vou tivo; M^trai utjt' ev unoxn^yio tivi farn , olav ö fi; övOpw- 
K(* f) o fi f Ixw Vgl. S. 144, 1. TsBVVBi^uciaa Uist. Beitr. I, 53 ff. 
6) So bestimmt Arist selbst den Begriff anderwärts. Metaph. V, 8. 1017, 
b, 13: Sita«« 81 tbutb Myitw ouoia Sri ou xaS' SnoxEiuivou Xs^etch, iUi x«i 
todtiov t« SM.B. VII, 3. 1028, b, 86: tb 8' uirexriusviv «Vui x«6' o5 -tl äiXa Xsjt- 
tou, Äufivo 81 «ütb [U]xin xat' äXXog. 8ib spütov iteb\ tmStou Staptartov (MtXtaT« fip 
Soxit slvai oäoia i8 unoxiJ|uvQ* rcpühuv. . . . luv [iin o&v Tiimp plpigtai tI kot' sVdv f| 
aW«, Sti tb [J) xa6' frnwcijjivau äXü xaO' öS tä äiXtt. Vgl. AnaL pri. I, 37. 43, 
«, 26. longit. t. 3. 465, b, 6. 
6) M. s. die Belege S. 197, 4, namentlich Metaph. VII, I: tö Bv Wtetw 
noUa^ü; (nach den verschiedenen Kategorieen) . . . fBVipbv Sri TOiltuv Jipötw 
Bv tb ft Intv, Emp oidjloIw ttjv odeia» . , . t« £' tütXa Xr^Ettti äna t^i to5 oExtit 
sy Google 
Das Einzelne n. !•■ Allgemeine. 329 
Einzelwesen. Das Allgemeine M ja, wie er gegen Plato nach- 
gewiesen bat, nichts Försicltbestehendos: jedes Allgemeine, auch 
das der Gattung, hat sein Dasein- nur an dein Einzelnen, von dem 
es ausgesagt wird, es ist immer an einem Andern, es bezeichnet 
bot eine bestimmte Beschaffenheit, nicht ein Dieses; das Einsei* 
wesen allein gehört nur sich selbst an, ist nicht von einem An- 
dern getragen, ist das, was es ist, durch sich selbst, nicht blos 
auf Grund eines andern Seins 1 ). Nor abgeleiteterweise können 
auch die Gattungen Substanzen genannt werden, sofern sie das 
gemeinsame Wesen gewisser Substanzen darstellen *); und das mit 
tmof -.k jiiv B(M<ätijra( eIvbi, ta 81 7coi6-npoj; u. s. w djore to irptorun Sv xeA 
sü':i h (was kein von ihm selbst Verschiedene! ist, keinem Andern zukommt, 
vgl. AnsL post.1, 4, folg. Anm.) iXX' Bv torlSJ? Jj eiotnöv tfcj. c 7. 1080, a, 22: 
to t! Bart» SnXöt tt[ oiaia finip^tl. 
1) Kateg. c. 5. 2, ji, 34: ti ff äXXa te&vtb tJtoi xafl* faouqUwn Wrcwi tSv 
itptuTuv oiaifflv J| f; finonsifiÄFaic näTa1( fariv . . . (iJ) oJocüv o!v tSv KpdreH otaiöv 
iä-Jvaiiiv tüv äXXuiv tt ifcai. Anal. post. I, 4. 73, b, 5: Aristoteles nenne xafl' 
strb dasjenige, S jj.^] xxfl' 6rraxEi[iivoD Xiytzai. iXXou Tinb;, oTov to flaBC^ov Itepdv ti 
iv JiSi^ov la-d. *o\ liuxbv, J] 5' oilaia, xa\ Bas t68e ti, oijf TTepäv ti övtb farlv Smp 
liriv tb |tiv B)] [ii) xafl' unonEL|i^vou [seil, lejöfisva] xafl' »St« X^fiu, ti 81 x«6' 
fcaxsi^ou mtjxStpViiTa. Metaph. VII, 1. 1028, a, 27: {joSefaxaWoxaO'fxaoTov. 
o. 3. 1039, a, 27 : to vwpiorbv xa\ rb ■riSe ti oicipxov BoxeI fiiXwta TjJ odafa. o. 4. 
1030, a, 19: t)jv oSaiav xat tb T6"6t ti. Ebd. c. 6, wo ausführlich gezeigt wird: 
l-.i t& tbv npurnuv xa\ xa&" «ira XeYoiiivdiv T ^ Sxiffru eTybi xa\ fxa<iTov tb afiri> xa'i 
fc fen {1032, a, 4), -das» das Wesen nicht (wie die Ideen) vom Einzelwesen 
verschieden sein könne, c. 10. 1035, b, 38: xaOdXou 8' oix iVttv oiJai«. o. 12. 
1037, a, 27: fj ouofa Fv ti xa\ r6Be n arjuaivs: £>; ^ijitv. c. 13. 10S8, b, 10: KpÜTI) 
<rj«i IBio; Sx4t™ ij oäy GidipX* 1 JXXij, to 3e xaWXou xowiv. ebd. Z. 34. : St t* W] 
Tü-JTidv fiiüipouai pnYEpov Eti o'jBb tö>v xxtjXoj Gnap^ävTu» o'iol* fiVA, xbi Eti oiJflh 
ii[wivti t£5v xoivjl xaTr|7opou|tESwv tue ti, JXXä toiövSs. e. 16. 1040, h, 23: xotvbv 
r5h aJab' oSBiVt ^*p Sltapx« f) oüaia äXX' 1j a6tr t TE xa\ TÖ e^ivti «ä-rijV o! lirftv 
'Ai«. ebd. Schi.: tüv xxSdXou Xä T i-]j.^wv oilBtv oMa. XII, 6, Auf. teti S' ^rt ™ 
fl« j^iupiara, Ta S' oü ^n>pioTj, o-jcnai jxttva. xa\ 8:1 toütq n&VTcuv »Ttio TaÜra. soph. 
cl. c. 22. 1T8, b, 37 (vgl. ebd. 179, a, 8): Tb yäp ävSpuixo; xol Sftav to xoiv'ov od 
tßt ti, IXl« TOWjvSi ti ij Tcpi; Tt )] nSj J) Töiv toioiJtüiv ti oijjurfm. (Selbst *on 
den danlierien Eigenschaften der Dinge gilt dless, s. o. S. 159.) gen. an. IVi 
B. TB7, b, 38: To xa6fxaoTov toSto yhp f] odora. 
2) KaL c. ft. 2, a, lfi: SiiiTipai &i oäotai X^ovTai Iv oT; iTaccnv a! ftptiruf, od-f 
*->i Xryd|uva[ äftap^Quui, TaU-ra xe xoit t« tSv tfööv toiJtuv f evi^ . .. oTov E te äy6poj- 
W( xd xb Cfiiov. Ebenso Im Weiteren. Sonst kommt der Ausdruck Btirrfp* od- 
'i* bei Arist. nicht vor; da er aber doch für „Substanz im ursprün glichen 
Sinne" anch anderwärts nptkrj oMo, fBr „dritte Klasse von Substanzen" Tpf-nj 
Ma sagt, so ist diess, wie schon 3. 60 bemerkt wurde, unanstOSsig. 
SSO ArUtotale». 
not so grösserem Rechte, je naher sie der Biniehubstanx Habe», 
80 dass demnach die Arten jenen Namen in höherem Grad ver- 
dienen, als die Galtangen 0; nach dem strengeren Begriff der Sub- 
stanz jedoch kommt er innen überhaupt nicht zu, da sie von den 
Einzelwesen ausgesagt werden 0* und da auch von ihnen, wie 
von jedem Allgemeinen gilt, dass sie hiebt ein Dieses, sonders 
ein Solches, nicht die Substanz, sondern die Beschaffenheit der 
Substanz ausdrücken *)• So lassen sich auch die weiteren Merk- 
male der Substanz, welche Aristoteles angiebt, so weit sie wirk- 
lich diesem Begriff eigentümlich sind, nur an der Einselsobstani 
nachweisen *). Kann daher die sog. zweite Substanz auch nicht 
1) Kat. o. 5. 2, b, 7 ff. Du Gegentbeil scheint Arial freilich HeUpb. VIII, 
1. 1042, a, IS tn sagen: sn SXXtas [oupSouvu] TD T^°< (UÜUov töv tlfiwv (oüoiav 
&i<t<\ xot to xaBdXou rfiv naflExanra. Allein damit will er nicht »ein« eigene An- 
rieht aussprachen; Tgl. VII, 13. Bonn n. Bchwebi.ee z. d. St 
2) Kit. o. 5. 2, a, 19 ff. b, lö — 21. 
3) 8. 8. 229, 1. Kat. c B. 3, b, 10: xwra 51 ofafo Soxtf TÖ% tl anjJ.«ivEiv. 
Von den TtpÄTtt'. cAiun gilt diese such unbedingt; tüv &i Stutipuv oüiuuv <asivs- 
Wl [ilv öjiota; T(ü tr//ipa.v ttj; Jtposufoptis täSe ti or.jiaivsiv, . . . od |aJ)» iXi)ß^( f(, 
öiXi uÄiov Ttoidv Ti <TT,[iaLvsr oJ -ap £v Jon to £rto«f[iEvov SajiEp j| npiutTj oüoi'i, 
äXli HttTa xQÄXtuv ä äv8f*fltü( Wymoi xat tb Jijiov. 
4) Dm erste Merkmal der Substanz war tb |aJ) x«6' &coxi4^vau UycTtu. 
Dass dieses nur von der Ein sei sab» tanz gilt, ist gezeigt worden. — Ein zweites 
(*. a. Ü. 3, b, 6 ff. u. oben 226, 4) ist tb pi) sv Or.onf^htf tUat. Dieses kommt 
nun allerdings auch der Gattung zu; aber nicht ihr allein, sondern ebenso 
(Kat. o. 6. 3, a, 21 ff. s. o. 145, 1) dem artbildenden Unterschied, denn dieser 
ist gleichfalls in dem Begriff dessen, dem er zukommt, enthalten, während £> 
SnoxiuxcVt|t nach Arist. a. a. 0. nur dasjenige ist, waa nicht zum Begriff dessen 
gehfirt, Ton dem es ausgesagt wird, waa in einem von ihm selbst unabhängigen 
önbetrat ist; so dass also z. B. in dem Satze: „der Körper ist weiss" das 
Xiunbv ii 6soxiuis*(|> ist, dagegen in dem Satz: „der Mensch ist zweibeinig" dal 
Bfaouv nicht lv finoxuurvu. — Eine weitere Eigen thfimtiebkeit der Substanz ist 
, (Kat. o. 5. 3, b, 24) to [ujStv au;»T; tvavrfov gW. Indessen bemerkt Arist. selbst, 
das Gleiche finde sich bei den Grosaenbestimmungen and vielen andern Be- 
griffen; und dasselbe Hesse sich einwenden, wenn (a. a. 0. Z- 33) gesagt wird, 
die Substanz sei keiner Gradunterschiede (keines Mehr und Minder) fUüg, ds 
-zwar vielleicht gesagt werden kannte, Einer sei mehr oder weniger Mensch 
als ein Anderer, keinesfalls aber, er sei mehr oder weniger zweibeinig. — Wird 
endlich (a. a. 0. 4, a, 10. b, S. IT) als die entschiedenste Eigenschaft" der Sub- 
stanz bezeichnet : tö tiutov zott tv üptfipj^ Sv TöJv liavvjav eTvju ätxTmbv , to xati 
t)]m Eoturjjc |UTctßoXi)v 3axtix)|v tüv fvauTtiov iHytu, so gilt diess theils nur von der 
Ein lelsubs tanz, denn die Gattung ist keine Zahlainheit und keiner Veränderung 
Da* Einielno u. du Allgemein«. ,231 
schlechthin der Qualität gleichgesetzt werdft, so ist Sie doch eigent- 
lich auch nicht Substanz zu nennen; nie bezeichnet die Substanz, 
aber nur nach der Seite ihrer Qualität, sie ist die Zusammen- 
fassung der wesentlichen Eigenschaften einer bestimmten Klasse 
von Substanzen 0; jenes Selbständige und Fürskhbesteheude da- 
gegen, welchem der Name der Substanz ursprünglich zukommt, 
sintl nur die Einzelwesen. 
Diese Bestimmung ist nun aber nicht ohne Schwierigkeit. Wenn 
es alles Wissen mit dem Wirklichen zu tiuin hat *)> so wird nur das 
Wirkliche im höchsten und ursprünglichen Sinn den höchsten und 
ursprünglichen Gegenstand des Wissens bilden können; wenn das 
Wissen Erkenntnis« des Wesens ist '), so wird es sich zunächst auf 
das wesenhafte Sein, die Substanz der Dinge, bezieben müssen*). 
Ist daher jede Substanz Einzelsubstanz, so folgt, dass alles Wissen 
in letzter Beziehung auf das Einzelne geht, dass die Einzelwesen 
nicht allein seinen Ausgangspunkt, sondern auch seinen wesent- 
lichen Inhalt und Gegenstand bilden. Diess zieht jedoch Aristoteles 
huFs Entschiedenste in Abrede. Die Wissenschaft bezieht sich sei- 
ner Ueberzeugung nach nicht auf das Einzelne, sondern auf das All- 
gemeine, und auch wo sie am Tiefsten zum Besonderen herabsteigt, 
richtet sie sich doch nie auf die Einzeldinge als solche, sondern 
immer nur auf allgemeine Begriffe s ). Diesem Widerspruch lasst 
sich auch nicht durch die Bemerkung entgehen , nur im Gebiete 
des natürlichen Seins sei das Einzelne, im Gebiete des Geistigen 
dagegen das Allgemeine das Erste. Denn Aristoteles selbst weiss 
ftUgt thetfc liegt darin eine bedenkliche Gleichstellung der Bnbatans mit dem 
Stoffs, auf die wir später noch xarttokkonunen mSieen. 
1) Kat c 5. 3, b, 16 (naoh dem S. SSO, 8 Angeführten); o&g, isläf ft 
*m&> ti Tr^alnt, Asntp to Xtuxiv. oiSiv fip aXXo cnjfisfoi to iiunav üX f, koiSv. 
™ St i&K *ai tö f i*<n rcspt «Mi* tb aoibv s?op&[ ■ xMav ybp tiva oMw aijfiacvtc. 
Vgl 6mn. liateg. 26, ß Bm., welcher die icoia tis oCoii durah rnuirijc okuMnc 
■tklkrt. 
I) 8. o. S. 109 f. 
3) Ebd. and 147, 1. 
4) Metnph. VII, 4. 1080, b, 4: axtfvo St <p«v(pbv Sri S npiivm x«l axlüc öpis- 
fbt "tt 1 . Tb t( ijv eW tSv oiotSv JVwi. Weitere» S. 147, 1. 
5) S.S. 110,3. 111,2. 148,3. ISO. Vgl. Anal. po»t. 1, 2*. 85, a, 10 ff. den 
Naohweii, diu die allgemeine Beweiaführang voraflglieher sei, ala die parti 
knllre, und ebd. c 14. 79, a, 38: to Gl ti Jon tSv xaflOou «Wv. 
6) Biese Fhiloa. d. Artet. 1, 56 f. 
i BV Google 
232 Ariitotola». 
nichts von dieser Unterscheidung; er sagt ohne jede Beschränkung: 
das Wissen gehe nur aufs Allgemeine, and ebenso anbedingt: nur 
das Einzelwesen sei ein Substantielles, und er wählt für beide Sfilie 
die Beispiele, mit denen er sie belegt, gleicbsebr aus der natürlichen 
wie aas der geistigen Welt 0- Selbst die Gottheit ist ja Einzelsub- 
stanz. Dass aber die Substanz auch wieder der Form gleichgesetzt 
wird, kann nichts biegegen beweisen, de sich in der Bestimmung 
dieses Begriffs, wie wir finden werden, die gleiche Schwierigken 
wiederholt, welche uns gegenwärtig in Betreff der Substanz be- 
schäftigt. Einen andern Ausweg scheint Aristoteles selbst, welcher 
diese Schwierigkeit in ihrem vollen Gewicht anerkannt bat*), mit 
der Bemerkung •) anzudeuten , die Wissenschaft als Vermögen be- 
trachtet sei unbestimmt nnd gehe auf das Allgemeine, in der Wirk- 
lichkeit dagegen gehe sie immer auf etwas Bestimmtes. Auch diese 
Auskunft reicht aber nicht entfernt aus. Denn das Wissen des Be- 
sonderen entsteht nur durch Anwendung allgemeiner Sätze, von 
deren Gewissheit die seinige abhängt, und es hat ebendesshalb, wie 
diess Aristoteles ausdrücklich anerkennt*), nicht das Einzelne als 
solches znm Gegenstand, auch das Einzelne wird vielmehr nur in der 
Form der Allgemeinheit *) erkannt; soll dagegen das Einzelne das 
ursprünglich Wirkliche sein, so müsste es gerade als Einzelnes den 
eigentlichen Gegenstand des Wissens bilden, und das Wissen des 
Allgemeinen müsste hinsichtlich seiner Wahrheit undGewissheit von 
Ihm abhängen: nicht das Allgemeine, wie Aristoteles lehrt 8 ), son- 
1) M. vgl. in Betrnff des Ersten Motaph. XIII, 10. 1086, b, 88 ff. I, 1.981, 
•,7. Ans!, poüt. I, 31, in Betraft des üweifen Kateg. o. 5. 3, b, 14 f. Mettpb. 
VTJ, 10. 1085, b, IT. o. 16. 1040, b, 31. XII, 6. 1071, a, 2. 
2) Motaph. III, 4, Anf. "Eon 8* ifa-iirr] te xoiirtuv oxopta **\ nafföiv x*tan*- 
rimi x*t ävcrpuuOT&Ti] Quapfjaai, jttpl ffi & W-ps Ifimpit vOv- ifrt -fip [^ <<rn ti 
xspä t« meUkowts, ti Gl xaäixama ämpa, Tffiv S' «ulpa» xäthü^cau \a$in 
faumjp] v ; o. 6, Sohl : il yh afa xaftdXou at itffjii, toDts ou]*p«iv6i (ntmlieb, wie 
oa TOib.Br heisa t: nix esovicu oüatar ouÖlv ^äfj tüv xotvüv t6& ti ai][Ut(vc(, üü 
TaidvSt, f| 6' oüoi« x6tt Ti) ti Sl jii) xalWlo-j, aXX' ü{ to x«te«ara, aus ?oovtni im- 
«rjnrf- xrfiJXoii yip al imadfrja nScmn. Vgl. Motaph. XI, 2. 1060, b, 19. XIII, 
10, auch VII, 18. 1069, ft, 14. 
8) Motaph. XHI, 10; s. o. 118, 1. 
4) 8. o. namentlich ß. 148, 8. 160, 5. 
5) Tö x«661oo ie T a>, wie es Motaph. TU, 10 (i. o. 148, 8. 149, 2) beisit. 
6) 8. o. 186, 2. 
i „Google 
Dai EI meine n. üas Allgemeine. 238 
den das Einzelne wSre an sich bekannter und gewisser *'). Wollte 
man aber, diess zugebend, sagen, an sich sei die Gattung mehr 
Wesenheit, als die Art, für uns dagegen sei es die Art mehr als die 
Gattung *), so würde man sich mit den bestimmten Erklärungen des 
Philosophen in Widerspruch setzen, welcher schlechtweg behauptet, 
dass jede Substanz im strengen Sinn Einzelsubstanz sei, nicht dass 
sie uns so erscheine. Nur in Einem Fall tiesse steh diesem Bedenken 
entgehen: wenn es ein Frincip gäbe, welches als Einzelnes zugleich 
das schlechthin Allgemeine wäre, denn ein solches könnte zugleich 
»ls ein Substantielles Grund der Wirklichkeit, und als ein Allge- 
meines Grund der Wahrheit sein. Ein solches Princip scheint sich 
nun bei Aristoteles im Sehlussstein seines ganzen Systems, in der 
Lehre vom reinen Denken oder der Gottheit, zu finden. Sie ist als , 
denkendes Wesen Subjekt, als der Zweck der Beweger und die 
Form der Welt zugleich ein schlechthin Allgemeines; ihr Begriff 
existirt nicht blos zufälligerweise 3 ) , sondern seiner Natur nach 
nur in Einem Einzelwesen , während in allem Endlichen das All- 
gemeine sich in einer Hehrheit von Einzelnen darstellt oder doch 
darstellen könnte *). Von hier aus könnte man die oben angeregte 
Schwierigkeit so zu lösen versuchen, dass man sagte, in Gott als 
dem höchsten Princip falle die absolute Gewissheit für das Denken' 
mit der absoluten Wirklichkeit des Seins zusammen, im abgeleiteten 
Sein falle die grössere Wirklichkeit auf die Seite des Einzelnen, die 
grössere Erkennbarkeit auf die Seite des Allgemeinen. Allein dass 
1) Ans diesem Grunde genügt mir »ach die Lösung von Rissow (Aristo*, 
de notiouis defhutione doctrina 8. 57) nicht, welcher mit Berufung auf Metaph. 
VII, 10. 1035, h, 28 (wo fibrigens zu den Worten iö; mSiXou, die im Gegen- 
satz in dem Folgenden *aft ' fxaorov stehen , einfach ein rfnflv ?.n suppliren äst) 
oed c4. 1019, b, 19 den Widerspruch durch die Bemerkung an heben sucht, dass 
in dar Definition und überhaupt in der Wissenschaft du Einseifte niabt ab 
Einselnea, sondern nach der allgemeinen Seite seines Wesens betrachtet werde, 
Gerade damit müaste es sich anders verhalten , wenn das Einzelne das Sub- 
stantielle wäre. 
S) Buidib II, b, 668, dessen Antwort anf unsere Frage mir Oberhaupt nicht 
recht klar ist 
S) Wie etwa der der Sonne oder des Mondes, s. o. 160, 4. 
4) Metaph. Xlt, 10. 5 074, a, IS: 6m «pi6ji<Ö JtoUi SXjjv lytr elf fhp XS-fOc 
«ü& dt04 iuAXüi, vlov «vflpiniwu, S(uxp4t»|( *l etj- ti 81 t! ^v ervai aix fysiBlijv 
to Ttpürov, inMftun fif. 
i „Google 
834 Atiatotslu. 
die» nach aristotelischen Voraussetzungen möglich ist, wäre «aral 
ucbt bewiesen, und so bleibt schliesslich doch nur übrig, na diesen 
Punkte nicht blos eine Lücke, sondern einen hockst eingreifenden 
Widerspruch im System des Philosophen anzuerkennen ')• Di» 
platonische Hypostasirung der allgemeinen Begriffe hat er be- 
seitigt, aber ihre zwei Voraussetzungen: dass mir das Allgemeine 
Gegenstand des Wissens sei, und dass die Wahrheit des Wissen« 
mit der Wirklichkeit seines Gegenstandes gleichen Schritt balle *), 
lägst er stehen; wie ist es möglich, beides in widerspruchsloser 
Weise zu vereinigen? 
Auch von den weiteren Bestimmungen werden wir diess nicht 
erwarten dürfen, mittelst deren Aristoteles die Fragen zu loses 
sacht, welche die Ideenlehre und die mit ihr zusauuneahängenden 
Lehrbestimmungen unbeantwortet gelassen hatten. 
3. Die Form und der Stoff, da» Wirkliche und darf Mögliche. 
Zunächst müssen wir auch hier auf die platonische Lehre zu- 
rückgehen. Plato hatte in den Ideen das unsinnliche Wesen der 
Dinge von ihrer sinnlichen Erscheinung unterschieden. Aristoteles 
weiss sich dasselbe als ein ausser den Dingen für sich bestehendes 
t Allgemeines nicht zu denken. Aber jene Unterscheidung selbst will 
er darum nicht aufgeben, und seine Gründe dafür sind die gleichen, 
aufweiche schon Plato sie gestützt hatte: dass die unsinnliche Form 
allein Gegenstand der Erkenntniss, sie allein das Bleibende im 
Wechsel der Erscheinungen sein könne. So gewiss die Wahrneh- 
mung etwas anderes ist, als das Wissen, sagt er mit Plato, so 
gewiss muss auch der Gegenstand des Wissens ein anderer sein, 
als die sinnlichen Dinge. Alles Sinnliche ist vergänglich und ver- 
änderlich, es ist ein Zufälliges, das so oder anders sein kann; du 
Wissen dagegen bedarf eines Gegenstandes, der ebenso unver- 
änderlich und nothwendig ist, wie es selbst, und sieh ebensowenig 
in sein Gegentheil verkehren kann, als es selbst sich jemals in Un- 
1) Nachdem schon BiTTMt III, 130 auf disM Schwierigkeit a 
gemacht hatte, ist fie von Hanta* Vergl. d. arist. und hegel. Dial. ISO. 181 f. 
nnd in unserer ersten Aufl. 8. 406 ff. weiter beaproebM worden, welcher 
Boirrz Amt Hetaph. n, 569. Schwwjli« Ariat. Hetaph. III, 186 beitreten. 
Vgl. auch SraOüFBLi. öesoh. d. thaor. Phil: 361 ff. 
3) 8. lata Abtti. 8. 413 f. 
i „Google 
Foifa and Stoff. 29$ 
wissen»«» verkehrt: vt» de» sinnlichen Dingen giebt ei weder 
eines Begriff noch einen Beweis, die Form allein ist es, worauf sieb 
das Wissen bezieht 1 ). Sie ist aber auch die unentbehrlJclieBedingunf 
■lies Werdens; denn alles Werdende wird aus etwas und zu etwas, 
das Werden besteht darin, dass ein Stoff eine bestimmte Form an- 
nimmt; diese Form muss daher vor jedem Werden als das Ziel des- 
selben gegeben sein, and gesetzt auch, im einzelnen Fall wäre sie * 
selbst erst entstanden, so kann dies» doch nicht in's Unendliche so 
fortgehen, da es dann gar nie zum wirklichen Werden kommen 
könnte: das Werden überhaupt lästt sich nur erklären, wenn allem 
Gewordenen die «»gewordene Form ä ) vorausgeht 0- 
Aus demselben Grunde muss aber der Form der Stoff gegen- 
überstehen, und das Verhältnis! beider darf nicht (mit Pinto) ein- 
1) Metaph.VII.il. 15 (s.o. 148, 3), wozu m. vgl., was lsteAbth. 6.412 f. 
ins Plato angeführt wurde. Ebd. ITT, 4. 999, b, 1 : e? ;<tv otSv pifiii Ion napä ti 
iri' fxooXK, adBi« lv ei*] vorjtbv iiXa itoVT« a!afli|ra not $niOTr[iu] odSsvbt, e! |atj tif 
lfm Ufa ti» oiWhjow äcm>J|Miv. Ebd. IV, 5. 1010, a, 26: xati tb eBo« tncmta 
ji^Ytuoiiojisv. 
2) E13o(, |wp<pj), \6~;<ii (vgl. 8. 147, 1), odoia (hierüber unten), tb fi fj* tW 
(i. S. 146, 1). 
3) Metaph. III, 4. 999, b, 5: «1X4 ^v tT ?e «ffiiov od6& iony, odSt yeW™ 
eTisi Buvwdv ■ äwiyiq y»P »I™' w ti yi-fiiufvov xcA B; oä YfrpMttti "•* ***** * 
xyxwi äfhinNV ikip Tstmbi te itlfi p.i; övtoj ysMioflai oä'J vatu» . . . . Iti S ' cursp 
tj 5Xi] fort Bio tö äfivv^ro; eh«, jcoXu In iiäXJiov eSXoyov tltta xJ]v ouoiotv 8 jtore 
Wrt] -fCyvrrai" eI yip jjjIt« -routo Errat jm(™ exeIw,, odBiv eotki ti icapannv. ei 1 Sc 
:ovto iäiivatov, iviym] tt iftal Tiapi tö jdvoiov ijjv (i°P?V *& T ° E ^°f- v ^> 8: 
eke'i Se isd tivöf te ^lYvitai tb 7Cfvifuvov . . . xat ix tivo( (z. B. aus En) . . . xa\ B 
^Tvrnt (z. B. eine Kugel) ... Sarep oiSs tb äTiaxttfiEvov iroiil tdv yoAxbv, oEtiu< 
oJil t*|v a^sfipav eI [J.J] n«tl oup-ßißi]xij; Xe'y'o 8' 8tt tbv ^otlxbv 3Tpo-fT^ ov 
soiflv foifcy ad tb etpe-fpäity )) -rijv «fafipov jroiiiv, ÜA* (npiv B, olbv tb sBo( to&ro 
sv sÜm. Die Form könnte ja wieder nur aus einer andern entstehen und so 
ra's Unendliohe, da alle Entstehung Einbildung einer Form in einen Stoff ist. 
injf'ov öpa Bti oüSl tb eBo( ... oü fifmat ... odSfc tot! ^vsfrjtt axitb (iiv As 
■&>( ij auaia JLe^pfVOv od YiJvtTäK , f, Be aiivüöo; f] jtati -raünju J,Ef t L ^'"i y'T V£ ™> 
(J 1 ! iv. iv !ta«i tip YtvouÄip GX>] svesTi, xal stm tb pkv toSe to Se töSe. c. 9. 
1034, b, 7 : od [iovqv Se ictp'l rq{ ouofoc h Äiv^ 6i]Xq"! tö u.J] y^ 50011 to ^ So 'i ^^ 
Jsfl xnrruv üjj.o!ü>( tüv icpi&Ttuv x«vb( i \&~(<n, oTav araaoü itoioS u. e. w. Nicht die 
Kugel and niaht das Erz entsteht, sondern die eherne Kugel, nicht das itolov, 
Boadem das icoibv SüXov. XII, S, Anf.: od Y'T VJIt " °''' tE ^ ^1 °'' TE TD £ ^°t> ^T"* 
8 - ii ea^are. icsv fäp luroߣOiE( ri xil ämi tivo; xai eTc tu if ' «ä [j.iv, toü itpc^tau 
xiVDüvtot' 3 Se, Sj öaj)- äis o Se, tb eTSo«. e?4 äratpov d3v e&iv , «t (if r ^dvov a /_iix'o; 
|tptwi otpOYT'Aot, äXlä ksü tb arpOYT^ * 1 « X*A»*C ' Mnfin|.tt otijvai. 
236 AMitotete». 
fach als ein gegensätzliches bestimmt werden, so dass «Hes Sein 
ausschliesslich auf die Seite der Form Sele und für den Stoff nur die 
Bestimmung des NEchtseienden übrig bliebe. Es handelt sieb auch 
hier um die alte Frage nach der Möglichkeit des Werdens 0- Ans 
dem Seienden scheint nichts werden zu können, denn es ist schon, 
«us dem Nichlseienden nicht, denn aus nichts wird nichts. Dieser 
Schwierigkeit lässt sich nach Aristoteles nur dadurch ausweichen, 
dass wir sagen, alles, was wird, werde »us einem solchen, das nur 
beziehungsweise ist und beziehungsweise nicht ist. Was etwas wird, 
kann nicht schlechthin ein NicMseiendes sein, es kann aber auch 
noch nicht das sein, was erst daraus werden soll, es bleibt also nnr 
-übrig, dass es dieses zwar der Möglichkeit, aber noch nicht der 
Wirklichkeit nach ist. Wenn z. B. der Ungebildete ein Gebildeter 
wird, so wird er dieses allerdings aus einem Nichtgebitdeten, zu- 
gleich aber aus einem Bildungsfähigen; nicht das Ungebildete als 
solches wird ein Gebildetes, sondern der ungebildete Mensch, das 
Subjekt, welches die Anlage zur Bildung hat, aber in der Wirk- 
lichkeit noch nicht gebildet ist Alles Werden ist ein Uebergang der 
Möglichkeit in die Wirklichkeit; das Werden überhaupt setzt daher 
ein Substrat voraus, dessen Wesen eben darin besteht, die reine 
Möglichkeit zu sein, welche noch in keiner Beziehung zur Wirk- 
lichkeit geworden ist *). Alles wird das, was es wird, aus seinem 
1) Vgl. S. 207. 213, 4. 
2) Dieser Zusammenhang ist Phys. I, 6 — 10 ausführlich entwickalt. Um 
siebt den ganzen Abschnitt abzuschreiben , will ich die folgenden Stellen her- 
ausheben. C. 7: (pififcv fip •(tvtaiau t% äXXou äUo xii 1% hipm Eupov J) il äxU 
Wyovt£( fl ■rJ-fKEitAsvi (jenes, wenn ich sage: der Mensch wird gebildet, oder: dar 
Ungebildete wird gebildet, dieses, wenn ich sage: der ungebildete Menach wird 
ein gebildeter Mensch), tüjv Se -y-tvofiivwv ü{ T&. irelö WfO[AEV ^VEsGat , tb piv 
fnojiivov X^djiev ^CveoS«, rb B' oi^' &xou£iai- h }t\i -jap ävflpioTto; ixa^fta u.ou- 
01x04 yiv6\nvai ävOpuiCDf xal Jan, to 51 |»ij |iO'jaixbv *A to «[iouotv oute ilcXSt süti 
3UVTifli'[i£V0v SnopivEi. 3»upio]iEvu>¥ 81 toJtiuv, eE änavTiuv tSv t rfVwAwv Toüro in 
Xaßfiv iav t[( ImßX^tjii), ßoiiEp WfO[j.EV, StlSeIti A& äiroxrfafloti to yiv6|ievov, isi 
toQto ei na'( äpifljiiö iortv tv, iXX' eiSei y* o^X ^ ■ ■ ■ <™ yip Taürbv Tb ävflpiüitoj «\ 
Tb ä(10liot(l efc*l. X«! TÖ JJ.EV SlTOUiVEl, Tb B' oäX fitOflÄFE! ■ Tb [liv '(«Jl aVTlXE([lEVOV 5ira- 
[ievei (S -jap ävflpaixo( äjuojjivEi) Tb fioumübv 61 nfl to öjiouaov oä^ SftOfit'vEi. EM. 
190, «, 31: bei allem Anderen, was wird, ist die ofloin das Substrat der Verän- 
derung; 5ti 81 x«\ at oiaiai xii Sau äXXs ä^XÜJ; övra 2£ SjtoxitfiEvo'j Ttvin y!vET«i, 
i'iciOTWJtoSvTi ysvoit' Sv »aiiEprfv. Diess wird sofort am Beispiel der Pflanzen, der 
Tbiere , der Xmutprodukte , der chemischen Veränderungen {iXloi&oiisJ naoh- 
. ;:: ;i -,G00Qlc 
Form und Stuff. $$f 
Gegeatheil: was mm wird, nmss vorher kalt, wer ein Wissender 
wird, ntoss vorher unwissend gewesen sein 0- Aber das Entgegen- 
gesetzte als solches kann sich nicht in sein Gegentheil verwandeln 
oder auf sein Gegentheil einwirken: die Killte wird nicht zur Wärme, 
die Unwissenheit nicht zum Wissen, sondern jene hören auf, wenn 
diese eintreten; das Werden ist nicht Uebergang einer Eigenschaft 
in die entgegengesetzte Eigenschaft, sondern Uebergang aus einem 
Zustand in den entgegengesetzten Zustand, Vertuschung einer 
Eigenschaft mit einer andern. Alles Werden setzt daher ein Sein 
voraus, an welchem dieser Uebergang sich vollzieht, welches den 
wechselnden Eigenschaften und Zuständen als ihr Subjekt zu Grunde 
liegt, und sich in ihnen erhält. Diese Unterlage ist in gewissem 
Sinn allerdings das Gegentheil dessen, was sie werden soll, aber 
sie ist diess nicht in sich selbst, sondern abgeleiteter Weise: sie hat 
die Eigenschaften noch nicht, die sie erhalten soll, und hat statt ihrer 
die entgegengesetzten, sie steht insofern zu dem, was aus ihr wer- 
den soll, im Verhältniss der Verneinung; aber dieses Verhältnis« 
betrifft nicht ihr eigenes Wesen, sondern nur die Bestimmungen, 
geniesen, und dann fortgefahren: öq-te Sijio» h tüv eiptjpiwdv, Bti t'o fivd|uvov 
•Mv öd oüv&etöv coli, xal toxi [liv tt -f ivdjuvciv , itm 8: tl o toüto ffvrt«, xi'. toüto 
SrcroV !] Y«p t'o [iconEijiivov i) to ä«ixii[«VQY. Xfrai 6i ivTHiloBo: fih -o ä^iausov, 
wtoxEiafl« St tov ävflpuinov, xal T>)v |iiv äoy^jiQayvTjV xai ttjv a(iuf^iav i) tijv iia- 
fim ib iytixfeii«vov T tov 8t ^oAxbv )j toi* üflov 1\ tov ^poobv tö ircoxtijiEVov. gwnehv 
ow . . . Sit -jiyviTai Jtiv sx TS toD Shoxelujvou xal rij{ [topfte . . ton 5t cd br-oxti- 
|uvc> MiBji^ fit» tv, eläei St Siio, uütnlich 1) der Stoff als solcher und 2) die 
Negation der Form (die tneprp'-i) als Eigenschaft (oujtßcßqxbf) des Stoffes. Eben 
diese Unterscheidung, fährt nun c. 8 fort, löse nach die Bedenken der früheren 
Hulosophen gegen die Möglichkeit des Werdens. Diese nämlich haben dos 
Werden gans geUügnet: oün ifap ro Ev Tfi««fl«t (tl'«' T*P *ßr ( ) ** " V$ «m>i 
•fiiät» ki v£U£oOai . . . ijjiet; St x»t «üto( yajttv Yipicqflai (iiv ouBlv tbcXüt ix (it| öviof, 
'[UuS pivTOI -J-l-pHEjOat ix [iij OVT0(, oIÖv X«ti OU(lft^IJllÄ( * ix f Op TJj( OTEplfalülf , S 
tni uB' a&to jij) Sv, odx ävuj;äf ^ovtos Ytyvsral ti (d. b. ein Ding wird das, was 
m nicht ist, aus der Negation, welche an und für sich ein Nichtseiendea ist, 
der Mensch z.B. wird das, was er nicht ist, gebildet, ans einem Ungebildeten) 
■■■ ik |*iv Sil Tpoxef oStoc, äXXo« 8' Sil iviifirxt raüri. M-fE» xar.s rf.v 8Jvn|uv xsl 
V eripruav. Gen. et oorr. I, 3. 317, b, 15: xpanov (itv twa ix [i)| övco; izlüi 
Twtteu, Tpaxov Bt ällov i? övtoj «ti. TO Y*P äaiifif. 5v ivw^tia St [ii] Sv JivJrfx^ 
«foiraifX,"v Xrrdusvov suforipu*. Vgl. Hetaph. XII, 2. o, 4. 1070, b, 11. 18, 
ü- S. 1071, b, 8. IV, 5. 100», a, SO und oben 235, 3. 
1) B. u. und Phys. U, 6. 205, a, 6. 
i „Google 
338 Artitot«l«B. 
welche ihr ankommen *). Als die Voraoasatiwg dies Werden* 
ktnn dieses Substmt niemals entstanden sein; und da alles, vn 
vergeht, sich zoletit darein auflöst, ist es unvergänglich S J. Dien 
«gewordene Grundlage des Gewordenen *) ist die Materie *): n 
der Form kommt als Zweites der Stoff. 
Hiernach bestimmt sich nun der Begriff und das Verhältnis! 
dieser beiden Principien naher dabin, das« die Form das Wirk- 
liche ist, der Stoff das Mögliche 6 )- Beide Begriffe sind ja nur 
1) M. vgl. ausser den letzten Anmm. und S. 224 Phys. I, 6. 189, a, 20: et 
können zur Erklärung der Erscheinungen nicht blos zwei Principien ange- 
nommen werden, welche sich rein gegensätzlich verhielten, änopifatiE -f"P «* ''A 
XiÖf J) f-, tuuxvqtij; t)|v p.ar6tr t Ta rtairftv ti nifWi Jj dilti) tJ|» JWxvitqta. O[ioio>s S 
x«1 iXXn bnoiaaw bannten u. s. w. o. 7. 190, b, 29: 8i foti |*iv w; 6iin Xntttol 
tftat tot ifX.«i *"' S' io( tpeV xott foti [liv üc tävsvtld, Otoi t" TIC Myoi tb [tou- 
owbv ksi tb !|*ou<iov j) tb 6ei;|ibv xoi tb fu^pov 1 t0 ^Pr""r l ^ , ' <,v ""^ ™ iv&prioOTOY, 
&tl E* w{ oü' 5z* iXXijXwv fäp Ttäa^Eiv t«v«vtw aBiWatov. Drei Principien erhalt 
man (a. a. 0. 191, a, 12), wenn man ausser dem ixo«!p.s>ov und dem Wyo( dl« 
srtp7|j<; besonders Buhlt, andernfalls nnr «wei; da« Entgegengesetzte ist Prii- 
cip, eofern der Stoff mit der aTipijon, dem Gegen thoil der Form, welche er er- 
halten soll, behaftet ist, ein Andere« als du Entgegengesetzte, sofern er an sieb 
selbst der einen Bestimmung so gut, wie der andern, fähig ist e. 9. 193, b, 16: 
Plato fehlt, wenn er die Materie einfach dem Nicbtsefenden gleichsetzt, iitr,; 
f 4p tivqj Oei'oj xa\ ä-faloB xnt ipttoü, tb uiv evovriov ailxiTj tpajtrv sfvat, re 5t 3 irf- 
fuxEV JoieoBbi xat opejEtrOat auTou xbt! tt,v EauroÜ ipiiaw. tois St »ujipWwi rb iWf- 
Ttov OpffEiBat rr,; laursü fBopäf . xahoi oütte niib faumrii o&» ts E^ieaftat tb sTBof Sil 
, tb [i)) E?vat hBsej, oEte tb e'vivil'ov. tpBapttxi yip iXXiJXtoV ta statt*. öXXit toBt' 
fotrv jj BXi), Jiaiwp 5v eI BfjXu ädpcva; xa\ als^pb* xaXoü. (B. o. 8. 324.) l'hy*. 
IV, 9. 217, a, 22; (erb Gin u.ia töiv etartuiv, BepfioS x«\ fw " xs4 tfiiv * Ul *™ 
tiüi T u<jtxü>v eVavtu&SEtov, xat ix 6-jvip.E.i Üvto; jvcpfcfa 3v ftVETSt, Mit oi ^«piad{ 
iiiv [sc. tuv ävavr:Ä7Eujv] J] 5Xtj , x<ä 8 * elvat frspov. 
2) 3. o. 235, 3. Phys. I, 9. 192, a, 28: äfSaptov xat &fivvr,mv atipiij n>rf;v 
tlvou. cTts yäp ^y'T" 10 ' taöxEtoBai ti Eil npütav, tö ef öS cvmtdp][ovtot . . . efri ffct- 
pETBl, et; TOÜTO äflf^CTBl Jb^OTOV. 
3) Tb j-n«f([LjvOT, tb SexTixöv, s. folg. Anas-, 8. 286, 2 und gen. et corr. 1, 10. 
328, b, 10: BxtEpav uev Sixrixdv Batipav &' iTBo:- De an. II, 2. 4H, a, 9: u.np«r 
7»\ eTSd; ti <ai Xdfo; xol olov Ivitfi'-a toü StxtixoÜ. Ebd. Z. 18: &m Xö^o« tt( ä* 
inj [fj <J«xt;] xa\ eßo(, £XX' o^x SXij xa\ td uitoxstp^vov. 
4) Phys. a. a. O. Z. 31 : Xt^" T«P ^M* *° "pötov fi«oxslu4wv exijTüi , t? oü 
Tinetal tt E'voz4px oVT °f r 4 *! ""?" «w r l P»P , l x **- Gen ' et w" 1 "- ! i 4 i 8oh1 - 1 *«i ** SJa 
piXiora jiev xa\ xupioit td fiTtaxEtjUvo« f^inttui xat oflopi; Etxtixdv, Tpdxcv äi tna 
xat td toi« äXXctt« |utaßoXa1{. Metapli. I, 8. 988, a, 29: itspa» El [afc'«v ppkt 
ihm] -ri)v uXi;v xo\ -.6 uTKjxEipjuov. Vgl. die vorigen Anmm. 
6) De an. II, 1. 412, a, 6: Xffoutv yeVoj iv tt tÜTÄvtuv riji tJaias, tniln)c 
L r.zedB V G00gle 
Das Wirklich« n. das Mögliche. tSt 
dadurch gewonnen worden, dass die zwei Grenzpunktc unterschie- 
den worden, zwischen denen jedes Werden und jede Veränderung: 
& -i piv iu; SÄ7]v, 8 jwi& ' nitö [iiy oüx wn ttf 5i ti , fupay Si (j.opsi)i xsl (Bo(, xaä ' 
f,y iJSi{ li-f EtnL t°^ ! T1 *** tpltev to £x toütiuy. etiri S' jj jiiv EXjj Biiva[J-i(, ib 3' eTSo; 
evtlL^eib. Ebenso c 2. 414, a, 14 ff. gen. et corr. II, 9. 335, a, 32: ü( ;j.ev ouv 
UXtj ts"k tewiitoI; eow hTtiov tö" Buvktöv eTvki xb\ iif, eTvxi. Meiapli. TU, 7. 1033, 
>, 20: Skhvti 8t ti -fiy»^»« 1) eJas: ^ ^"ft Ix." 8Xljv. B'jvütov yäp xoft Aou xai 
[iJ] (hat !kckjtc<v aJtGv, ToSta 3' (dal was sein oder nicht sein kaun) iam it ixk- 
«np Elij. e. 15 (s. O. 148, 3). VIII, I. 1042, a, 27: tftnv 81 X^w fj u.i) t*8s w 
sjca EvspyEia BuvifMi eVil tiSBe xi. o. 2. 1042, b, 9: fr.z'i £' f, |*iv üf 5jeoxiuiev() *qä 
■'■•i Ur\ oiaia ä[iolo-fiiTa[, «Bttj 6' fort» ^ Swau«. Ebd. 1043, a, 12: f; evipvawi 
üh\ Sühn OIt;; xoft ö Xö-fo;. Z. 20: «11 EiSou; xat T7Jt EVEp-jEitif. Z. 27: 3| uiv vip 
n'nSXi] [oitri« icrin] f| 8' ihs iiopfJ] &ft h^p-jEia. o. 3, Anf.: ri|v ivSpTCiav xA tt)v 
Pfsijv ... Tijs änpfiEtit «ii toQ eBou(. c. 6. 1046, a, 23: e? S' (VA* ... t'o uA* EXi] 
ts Es fiepen^ not Tb ulv Buvifui ™ * topT« 1 ?- IX, 8. 1060, a, 16: J) tiXij sVt\ Su»o- 
[iEi, S-n IXBoi av E?;TbttSof- Brav 6^ T ' tvtprti«- j\, tiSte ("v tu »TBii farf*. b, 2, 27: 
fj oWa x«i to (.Bot hip^ttk £u™ ... fj oiaia [tüv tpOaf töv] BXij xat Sttvafiii oioa, 
owiYEpfEiti. XO, 5. I071,a, 8: IvepTifa (liv f«p tö eBo; ... Suvijui El ^ fSXi), 
Z. 18: jcivTiov 8t) «pütoi ipx«l ti *v*p-fs£a icpörov, ti eSsi, ttat äXXo 8 8uvo»m. 
Du o'JvifiEi Sv fSllt nach dieaen ErklUnmgen, deren Zahl Hieb leicht vermehren 
Hesse, mit der QXi;, das (ys^i'.a Sv mit dem «%o; der Sache nach dorchani m- 
Hmmen, und nicht einmal das scheint nur richtig, daas bei der SXjj mehr an 
die -puTi] , bei dem 8uvo(isi öv mehr an die i«x<xn| EXr ; (s. 8. 240, 3) gedacht 
i werde (Bokite Arist. Metaph. II, 398). Will auch Aristoteles Metapb, IX, 7 die 
Frage: jk5ti 8uvä|i£! iotlv Ji:a3Toy; aunüchlt durch die Angabe der i<r/&n\ äXij be- 
antworten, so mÜBSto er doch ebenso auf die Frage naeh der 51ij txäcnou , dem 
Stijff dieser bestimmt en Dinge, antworten: wenn die Erde nicht £uv(i|ut ävBpu- 
Mi genannt werden soll, ist sie naeb Metaph. VIII, 4. 1044, a, 36. b, 1 ff. auch 
nicht der Stoff des Menschen xn nennen, nnd wae unsere Stelle Suvöjitt o!*io 
nennt, bezeichnet dieselbe 1049, b, 8 ff. als SXr,. Die npürn GXr{ umgekehrt ist 
iufaibpti Sv aohlechthin. Sofern daher zwischen den beiden Begriffs paar so 
noch ein gewisser Unterschied Übrig bleibt, betrifft er doeh nicht sowohl ihren 
Inhalt, all den Gesichtspunkt, unter den er gestellt wird. Den Qegensatl von 
Fora und Stoff erhalten wir aunftohst dadurch, dass wir verschiedene Be- 
"undtheile, den des äviafEia und Suvajui dadurch, dass wir verschiedene Zu- 
stande der Dinge unterscheiden. Jener besteht »iah auf das Verb<niss dea 
Substrats sur Eigenschaft, dieser auf das Verhältnis» der früheren Beschaffen- 
seit is der späteren, des unvollendet«!) cum Vollendeten, Da aber das Weseo 
ta Btoffes nach Aristoteles darin besteht, das Mögliche, das Wesen der Form 
isrm, das Wirkliche au sein, so lüsst sich kuin Fall denken, in dem mehr, als 
e ine Aeaderiing in der gcammati sehen Form, nisthig wttre, nm jenen Ausdruck 
"lit dieaem an vertauschen; und auch das Umgekehrte , dass statt des Mög- 
hehtn und Wirklichen Stoff und Form gesetzt wird, ist weit in den meisten 
Fallen inlKwig, nar dann macht es Schwierigkeit, wenn nicht von aweiDingM 
loogle 
sich bewegt »J. AMnkiran wir in einen) gnfebenenFtüe von aUea 
dem, was ein Gegenstand erst werden soll, so erhalten wir einen 
bestimmten Stoff, welchem eine bestimmte Form fehlt, welcher mithin 
erst die Möglichkeit derselben enthält; abstrahiren wir schlechthin 
von allem, was Brgehmss des Werdens ist, denken wir uns ein Ge- 
genständliches, welches noch gar nichts geworden ist, so erhalten 
wir den reinen Stoff ohne alle Formbesliauniing, dasjenige, wis 
nichts ist, aber Alles werden kann, das Subjekt oder Substrat, des 
von allen denkbaren Prädikaten keines zukommt, das aber eben- 
desshalb für alle gleichsehr empfänglich ist, mit anderen Worten 
das, was Alles der Möglichkeit und nichts der Wirklichkeit nach 
ist, das rein potentielle Sein ■) ohne alle und jede Aktualität J ). 
die Bede ist, welche »ich ab Magliebe« und Wirkliohea verhalten, sondern tob 
Einem und demselben Ding, welches von der Möglichkeit au Wirklichkeit 
übergeht, wie e. B. l'hys. U, 3. 195, b, S. VIII, 4. 356, a, 33. De au. U, 5. 
417, a, 21 ff. gen. an. II, 1. 736, a, 9; auch hier wird aich aber immer zeigen, 
da» ein Ding nur insofern Suviuft ist, als es die GXn, an sich hat. Wiewohl da- 
her daa Euvaust und bcpyt&f logisch tie trachtet einen weiteren Umheg hat, als 
SXtj und if&a (denn dieses drückt nur ein Verhältnis« «weier Subjekte zu ein- 
ander ans, jene« auch ein Verhältnis« Eines Subjekts sd sieh selbst), so ist 
doch in metaphysischer Beziehung «wischen beiden kein unterschied. 
1) Das« der aristotelbehe Begriff des Stoffe«, und ebendamit die Unter- 
scheidung von Form and Stoff, auf diesem Wege, ab eine Voraussetzung zur 
Erklärung des Werdens, gefunden worden «ei, liegt auch in der Bemerkung: 
nur das habu einen Stoff, dem ein Werden «ukommt; Metaph. VIII, 5. 1041, h, 
37: o'jSc xavTo; GXtj itrtlv äXÄ' Sotuv fiv'ali ion xat jjktb^jW) ik äi)j)l.a. San i' 
iivcu toÜ [lEia^ÜXäiv ftniv J] |*)j, oiix iVii Toiinav Slij. Vgl. VII, 7 (vor. Anm.). 
2) Tb Buvifui öv. Eine etwa« andere Bedeutung bat Blivap.i< , wenn e> die 
Kraft oder das Vermögen im Sinn der äpx*l (istapiijf.xi) bezeichnet, mag ea sich 
nun um ein Vermögen au wirken oder ein Vermögen «n leiden, eine vernünf- 
tige oder eine vernunftlose Kraft handeln (m. s. hierüber Metaph. IX, 1 — 6. 
V, 12); Aristo teks vermischt aber beide Bedeutungen auch, nieder (vgl. Boim 
«. Metaph. 379 f. und üben S. 160, S), An die «weite derselben schlieft« t es 
sich 'an, wenn 5JvBp.it auch für den Stoff steht , demeine b oh timmte Kraft an- 
wohnt; wie part, an. II, 1. 646, a, 14 ff., wo daa Feuchte, Trockene, Warme 
und Kalte, gen. as. 1,18. 725, b, 14, wo gewisse Säfte, Meteur. II, 3. 369, b, 12, 
wo Safoe und Langen, De «ensu Ö. 444, », I, wo Wohlgerfache Suvojuk ge- 
nannt werden. 
8) Diesen reinen Stoff, der aber (». u.) nie ab solcher vorkommt, nennt 
Arial die «ptärrj BIj). Dun steht ab die CX>) lTfkrr\ [Bios, olxst« ix4«oi*) derje- 
nige Stoff gegenüber, welcher «ich mit einer bestimmten Form unmittelbar, 
ebne noch weiterer Zubereitung an bedürfen, verbindet: dw xptVrn ÜXn ist die 
Google 
Das Wirkliche und das MUglicue. 341 
' Abstrabiren wir umgekehrt bei einem Gegenstand von allem, was 
an ihm noch unfertig und erst auf dem Weg zur Vollendung be- 
griffen ist, denken wir uns das Ziel des Werdens schlechthin er- 
reicht, so erhalten wir die reine und vollkommene Verwirklichung 
seinefjBegriffs, welcher nichts Ungeformtes, kein erst zu gestaltender 
Stoff mehr anhaftet: die Form oder das begriffliche Wesen eines Dings 
füllt mit seiner vollkommenen Verwirklichung, und die Form über- 
haupt mit der Wirklichkeit L ) zusammen. Wie eine Bildsäule in 
dem unbearbeiteten Stoff erst der Möglichkeit nach enthalten ist, 
zur Wirklichkeit dagegen nur durch die Form kommt, welche 
der Künstler dem Stoff einbildet, so versteht Aristoteles über- 
haupt unter dem Möglichen das Sein als blosse Anlage, das un- 
bestimmte, anentwickelte Ansich, welches zu einem bestimmten 
Sein zwar werden kann, aber es noch nicht ist, unter dem Wirk- 
lichen dagegen dasselbe Sein als entwickelte Totalität, das Wesen, 
welches seinen Inhalt zum Dasein herausgearbeitet hat; und wenn 
> er die Form dem. Wirklichen, den Stoff dem Möglichen gleich- 
setzt, so beisst diess: jene sei das Ganze der Eigenschaften, 
welche dieser für sich genommen nicht hat, aber anzunehmen 
fähig ist*). Der Stoff als solcher, die sogenannte erste Mate- 
Msterie, wie sie den elem entarischen Unterschieden vorangeht, die &rx£fl) EXij 
äoi Bildsäule z. B. iHt das Era oder der Stein, die co^äti) SXi] des Menschen sind 
die Katunenien. Metaph. V, 4. 1015, a, 7. c. 24, Anf. VIII, S. 1045, b, 17. 
o. *. 1044, a, 15. 34, b, 1, IX, 7. 1049, a, 24. Einige Verwirrung bringt ea 
biebei fär den Sprachgebrauch hervor, dass der Ausdruck TipÜTi] BXij sowohl 
für den schlechthin ersten als fär den relativ ersten Stoff (die SXuj irpdtJi nnd 
die np'ot tuhb jrpoirr, Sil)) vorkommt; s. Metaph. V, 4. a. a. O. VIII, 4. 1044, a, 
18. 23. Phys. IT, 1. 193, a, 28 vgl. m. Metaph. V, 4. 1014, b, 26. 
1) 'Ev^>f£ia oder imktftta (konkreter; t'o Jvjpfti« ot, tb ivstXr/tb} ot), 
"siehe beide Ausdrucke sich nur eigentlich so unterscheiden, dass Iviayiui 
sie Wirksamkeit oder Verwirklichung, ('vteXe^eio den Vollenduagsssustand oder 
"he Wirklichkeit bezeichnet , welche aber von Arist. gewöhnlich unterschieds- 
los gebraucht werden. Wir kommen hierauf später noch einmal zurück. 
2) Metaph. IX, 6. 1048, a, 30: ton 3' f, eWpfEia -tb icäp^eiv rb Tcp^u.« [ij| 
»!tiu( lumttp Xfrou» Buvifwi. Ufopvi 61 SuvifiEt oTov e*v tSI Sitte^ *Epu.5jv xoil lv tSJ 
**B 'dp fyugs««, Kti äipaipiflELT] äv, x«t snioTiJiiovo; xa\ tot pi] BsiupoÜvt«, öv Buvat'ot 
1 8nupi]o«- t'o 8* ävspTEi«. BijXov B' Ml tu* xatexturca -cfi ha-jai-jf i 8ouXo>t9a Xt*- 
1"v,w\oä BsTTtivcbs 800» frnffe) «XXI xal Tb äviXoYov uuvop^v, Sti «n Tb o?xo8o- 
f>"t tp'm t'o o!j(oBo[iixbv , xal t'o ^fp , i'r o p' f n p°4 to xafltKiOT, xal tb opffiv Jcpbt xb 
F&* «iv tyn 8i i^ov, int tb ä«oxtxpi|ievov ex tt[s BXtj< npb; t)jv BXjjv, xoft tb äitiip- 
l^ht-a-Or. ILBd. ».Abtl,. 16 
242 Aristoteles. 
rie *), ist dai Form- und Beatimmun gslose, denn er ist eben das, was 
allem Werden und aller Gestaltung vorangeht, das Weder-Noeh 
aller Gegensätze and Bestimmungen, die Unterlage, welcher noch 
keine von allen den Eigenschaften zukommt, in denen die Form 
der Dinge besteht *); er ist insofern auch das Unbegrenzt«"" oder 
Unendliche, nicht im räumlichen Sinn (denn ein räumlich Unend- 
liches giebt Aristoteles, wie später gezeigt werden wird, nicht 
zu), sondern in der weiteren Bedeutung dieses Begriffes, wor- 
nach er überhaupt das bezeichnet, was durch keine Formbestim- 
mung begrenzt und befestigt, zu keinem Abschlags and keiner 
Tollendang gelangt ist *). Und da das Bestimmungslose nicht 
yeapJvov Ttp'oc tb iiiff »ttqv. muTT,; ii tSJ( S'.aif oai( BiTEpov |idpiov «nw 5] aVp-fin 
«upwptttpivTl , Bst^u) tl to 6uv«rfv. o. 8. 1050, a, 21. Phya. I, T. 101, «,7: *} 1' 
6*oxcipiw, fäati i»iat7|rij x«t' iv«Xo-f!ai. ™t T*P ''P** »wipiAyi« ^oükxbt ^ xpoc 
xWyijv frfXev ü| icpbf tüv «XXiuv ti tüj» ?x.4y;iuy [wp^Jjv J] UXt) xa: ts ä|»p<p<w Ix" 
icpVf Xnßll» tJ]v [lop^y, q1jtiü4 «Bxr, jtpb( oiltnsv t/n xal ti tÄ8e ti xsl to Sy. Ebd. 
III, 1. 101, a, 29. 
1) B. o. 240, 3. 
2) Metaph. VH, S. 1039, a, 30: l^rtu 5" !l))v fj xaO' ovWjv |«jt» t\ [ufa «o- 
oöv |ü[te »XXo |«]61f Xc^irai oÜ «piur« tb öv. C. 11. 1097, a, 37: p*ra pb f«p 
t9|; GXijj oäx larv» [Xifo;], aipiorov yip. IX, 7. 1049, s, 24: iIUt! fatt npwTOv, 
S [Aijxtr: xot* SXXou Xe^rrai sWviikiv (so und so beschaffen) , toSw xp&ci] SXjj. 
Till, 1; t. o. 8. 239, IV, 4. 1007, b, 28: zhyaf Suväpi öv jum pJj tvTtXcxib to 
aopisniv 2an. Phys. I, 7; «. o. 241, 2. IV, 2. 209, b, 9: die Ausdehnung ist diu 
lttßtC£ä|UVov Sieb toC «ISoi* (der Gestalt) xa't Mpi«[iivnv ■ . . fori & idioUtov J] GXi] 
xai tb äopwroy. De ooelo III, 8. 306, b, 1 7 : üttSlf xal öfispyev Sü Tb äj»«!ii*vo» 
•Twi- [liXiTta yäp 5v oGttu Silvaito (Suflnifc ifln , xafliwp ft t$ Tifiaiio Yrrpssrt«, 
TÖ KEvSf^' 
8) Aristoteles »ersteht unter dem ÖJttipoy eanftehst das rfcnmlinh Unbe- 
grauitn, und in diesem Sinn untersucht er dieson Begriff in einem später doc)i 
■q besprechenden Abschnitt, Phys. III, 4 ff. Indem er nun aber findet, daai et 
in der Wirklichkeit keinen unendlichen Baum geben kBnne, 10 fallt für ibn 
du Unbegrenzte »ohlleaslich mit dem ddpio-rov oder der 5Xi| zusammen. Tgl. e.6. 
207, a, 1: man habe vom Unendlichen gewöhnlich eine falsche Vorstellung; oä 
■jap oB pifilv i^oj, iXX* öS id ti fju toxi, to3t' äniipov hm ... räwpov [iiv o3v 
forW öS xatä xoebv Xipgivouaiv ocC ti Xb^eiv ?otiv i^io. öS äs p.T,Skv j^u, toüt' IsA 
tOiiw xcu IXov (was De ooelo II, 4. 280, h, 19 wiederholt wird) .... xOwi l' 
ootkv (iJ) ^(ov t&o(' t'o SJ tAo( jdpo; — o-i fäp Xivo* Äivu twtein £M oi 
Sxkvti xk\ EXtp tb iünipov .... fort f'P ™ äxsipov vf,; iafl jityAout teX; uJ-njTO; IXi) 
xal tb äuvijui SXov, cvrsXc^iia 8' o3 .. . ml oi KEpic^ii zXXä lccfliftxm, % cnwpov. 
Sie xi\ trpnxTt» f[ ämipov * iTäoj 70p oJx rj^ci Jj GXt) .... otqitov Sc xat öj Jicrcov, ti 
>y«*>«tov xal tö äopiato* Äcpir^civ xal Sp(Cm. e. 7. 207, b, 86: fsvtpch Sti &i GXi] 
Form «ad BtoK. <|43 
erkannt werde« kann, so ist die Materie als solche »erkennbar: 
mir durch einen Analogieschlüsse gelangen wir zu ihrem Begriff, 
indem wir für das Sinnliche Oberhaupt ein Substrat voraussetzen, 
welches sich ebenso zu ihm verhält, wie der bestimmte Stoff M den 
Dingen, die aas ihm gemacht sind *)• Auf die Seite der Form dagegen 
Allen alle Eigenschaften der Dinge, alle Bestimmtheit, Begren- 
zung und Erkennbarkeit. Form und Stoff bedürfen deashalb auch 
keiner weiteren Vermittlung, um Ein Ganzes zu bilden, sondern 
sie sind unmittelbar vereinigt: die Form ist die nähere Bestim- 
mung des an sich unbestimmten Stoffes, die Materie nimmt die 
ihr fehlende Formbestiaimung unmittelbar in sich auf; wenn das 
Mogliehe zu einem Wirklichen wird, stehen sich beide sieht alt 
zwei Dingo gegenüber, sondern ein und dasselbe Ding Ist seinem 
Stoff nach betrachtet die Möglichkeit dessen, dessen Wirklichkeit 
seine Form ist *>, 
So wenig wir uns aber den Stoff und die Form in ihre» ge- 
genseitigen Verhältnis» wie zwei verschiedenartige Substanzen doa- 
ken dürfen, ebensowenig dürfen wir uns auch jedes einzelne dieser 
Principien nach Art einer einheitlichen Substanz denken , so dass 
Ein Stoff nnd Eine Form die Grundbestandteile bildeten, ans deren 
verschiedenen Verbindungen die Gesammtheit der Dinge herzulei- 
ten wäre. Kennt auch Aristoteles in dem göttlichen Geiste ein 
Wesen, welches reine Form ohne Stoff ist, so betrachtet er dock 
dieses Wesen nicht als den Inbegriff aller Formen, die allgemeine 
geistige Substanz aller Dinge, sondern als ein Einzelwesen, neben 
dem alle andern Einzelwesen als ebensoviel Substanzen ihr Da- 
sein haben. Kennt er andererseits Einen Grundstoff, welcher in 
den Elementen und allen besonderen Stoffen überhaupt zwar ver- 
tdäwtpiv imn «mo», *a\ Sri lö [ib tkal a&~.<$ ot^tjoi;, ud St xttfl* «Sto faexiC- 
|u*OT rf ouvejtit xail «io%rov. IV, 2 a. Tor. Anm. 
1) Phy*itir,6;*. vor. Aam. KM. 1,7. Metaph. IX, 6; a. 8. 241, 3. Hetapb. 
TU, 10. 1088, *, 8: Jj 8' Uli) ärvwCTWf xaft' (tinjv. M. Tgl. Um S. 148, 9 and - 
m* Abtb, 1, 8. 4V 0, 3 mu Platu angefllart würfe. 
1) Metaph. VIII, fl. 1046, b, IT: man hat gefragt, wie die Bcataadtheile 
°n«t «egriEf« oder einer Kahl eins »sin können. Die Antwort liegt darin, dan 
ri » ■iah ala Stoff und #oim an einander vnrhalten (». o. 148, 1): Ira B' &«nf> 
<W* *A *j &K*ai SS-JJ^Jerübar S. 340, 8) x«l i, |iopip)i raürd xat h z6 yh Suva- 
1«' Tiä Sl äviffeta, (So Bof ( ti i. i. 8t. Bbkibe hat: Tafeä »st SuvifKt to »&.)... 
« Tip fl (motto» xai iii Suv&ptt ant td Jvep-f»^ b rai; im». 
■ • 
244 Ariltotalni. 
somedene Formen and Eigenschaften annimmt , an sieh selbst aller 
in allen Körpern Einer und derselbe ist: so ist doch theils dieser 
Urstoff nie als solcher, sondern immer nur in einer bestimmtes 
elementarischen Form gegeben '), und es kann dtess auch gar 
nicht anders sein, da der reine besu'mmnngslose Stoff nnr ein 
Mögliches, aber in keiner Beziehung ein Wirkliches ist; theils ist 
mit diesem körperlichen Grundstoff der Begriff des Stoffes noch 
nicht erschöpft, sondern Aristoteles redet auch von einer un- 
sinnlichen Materie, welche er z. B. in den Begriffen und des 
mathematischen Figuren findet; dahin gehört alles, was sich, ohne 
ein Körperliches zu sein, zu einem Andern ähnlich verhält, wie 
im Körperlichen der Stoff zur Form *)■ Joder dieser Begriffe be- 
zeichnet daher nicht Mos Ein Wesen oder eine bestimmte Klasse 
von Dingen; sondern wiewohl sie zunächst unverkennbar vom 
Körperlichen abstrahirt sind, werden sie doch überall gebraucht, 
wo ein analoges Verhäitniss stattfindet, wie das, welches sie ur- 
sprunglich ausdrücken >). So giebt Aristoteles von den zwei Be- 
standteilen des Begriffs der Gattung die Bedeutung des Stoffes, 
1) Phya. III, 5. 204, b, 32: oik lim toioütov «iujia aEaBijTdii sap i t! arm-fili 
xaXoitpiva, sonst mUesten die vier Elemente sieh in diesen Stoff auflösen, »u' 
doch nicht der Fall sei. Gen. et oorr. H, 1. 338,«, 8. Ebd. Z. 24: %ut!c Bl ?<n<b 
jllv A*i Tiy« GIVtjv iüv auipitojv töv eiofliiTÜv, ÜUbtbijtiiv oü ^upio^jv , «IX' M 
fUJ 1 JvovTU&atMf , ^ $f yfvn« ts xaXoiijuva oTol][(ta. 
2) Metaph. VIH, 6. 1045, a, 33: fort 61 tjJs QXn; f, jj.Iv vorjrf, ij 8' aWM> 
ini iit toB \6you ~.o jj.1v &Xr) ro B'tWpfsta fowt. VII, 11. 1036, b, 35: eroti flf 
GXi) £v!tuv aal (d) «bOijTöJv xs\ 7t«vtoc yis 6Xi] ti's forn 3 pij Jon -rf tfv irW xa 
tttet «hd xb«* «äti aXU to6e ti . . . . 6m fap f] Blij i) ji« a(afejri) jj 81 vo«) w(. Ebd. 
O. 10. 10S6,«,9: üXi) ä'ij jj.iv .akfyTij ebtiv i) äl vaiyri) ... voijri) Bl jj ev xtfit olaftf 
TÖi< ijtop^suoa |n\ ?j abSr t TCi , olov ti |MB)][umxa. 
3) MeUpb. XII, 4: tb ä' wfti« xsl al äp^at äXl« Jlluiv sar.v Sk, Jon S' fts, 
av xaflttou X^ti -vis t»t x«t' ävaXo-fiav, raikä hbvtojv .... aTov Tnoij tmv «Wijtüv 
awfjiÄtu« id{ |i«v eüBot td Sepiiäv xal sXXev tojSjüov Td ijmjrpdv J| <n^pr,<ns, SXi) Bl dl 
tuv%it tsStb RpÄiov xafl' ai-.ö ... icövtwv £1 o&fni [ilv ctntfv oiix sVtiv, tfii iv£- 
Xoyov Sl , üajeep e" Tit ibcoi 011 «px*^ '' 01 T P^' ) ^ ! ^ ' *"' *) «f'p1<n( »'I 4 '^t- 
äJX' Fxbq-tov toiJtwv fmpov ™ol fcwmev y'vos fori*, e. 5. 1071, a, 3 : fn 8* älXw 
tadicov tu. ävüoyov «px.b\ al «ätal, 0T0*, ävipfiii xal 8dva|Uc äXlä xot taüra iXXi 
ti iXXoi; xA SXkbif. Z. 24; älla 31 äXUov «ms xat oror^fia, Santa iX^Bij, wi ji^ 
Jv -MiiiTö ysvsi, xp<i>(jAruv, v}djpuv, oaotmv, kooötT|T0(, jcX^v t^ ivftloyuv ■ ut tov J* 
Tailtiii Y^vtiftipa, odx iISu, äXX' In tüv xbO' Etan» äXXa ij xs nj) EXj] xa> ti *i~ 
"5ja«v xat td eBo( xal ^ i[jl , tu xaSeXou Sl X*tci -nuki. 
i^Google 
Form nnd Stoff. 245 
da» ArtuWerschieuen die der Form 0; im WeltgebÄude »eilen 
sieh die oberen Sphären und Elemente zu den unteren '), in den 
lebenden Wesen die Seele zun Leibe *), in der Thferwelt da* 
Männliche zum Weiblichen *}, in der Seele die tbätige Vernunft 
nur leidenden B ) als ihre Form verhalten. Das Gleiche gilt selbst- 
verständlich von den Begriffen des Möglichen und des Wirkli- 
chen; auch sie drucken nnr ein bestimmtes Verhältnis« ans, weK 
dies sieh zwischen allen möglichen Gegenständen finden kann, 
and welches am Besten durch Analogie klar gemacht wird 8 ), 
und sie werden von Aristoteles ganz in derselben Weise ange- 
wendet, wie die der Form nnd des Stoffes: z. B. am die Ver- 
knüpfung der Gattung und der unterscheidenden Merkmale imBe- 
griff, und überhaupt die Möglichkeit zu erklären, dass Einem und 
demselben mehrere Bestimmungen zukommen '), oder um das Ver- 
hftltniss des leidenden Verstandes zum thatigen zu bezeichnen *). 
Ein nnd dasselbe Ding kann sich desshalb in der einen Bezie- 
hung als Stoff, in der andern als Form, in jener als Mögliches, 
in dieser als Wirkliches verhalten; die Elemente z. D., welche 
den Stoff aller andern Körper enthalten, sind Fennen des Ur- 
stons, das Erz, welches der Stoff einer Bildsäule ist, bat als die- 
ses Metall seine eigentümliche Form, die ttuerisebe Seele, welche 
die Form ihres Körpers ist, verhall sich zum Geist als ein Stoff- 
liches *) ; ja wir werden finden, dass Alles, ausser dem unend- 
1) S.o. 148,1. 
9) De coelo IT, 8. 4. S10, b, 14. 313, a, 12. gen. et eorr. I, 3. 318, b, 89. 
11, 8. 335, «, 18. 
5) De an. II, 1. 419, b, 9 ff. c. 9. 414, a, 18 ff. u. 6. 
4) Gen. an. I, 9, Anf. II, 1. 739, a, 3. II, 4. 788, b, 90 u. ö. Metaph. I, 6. 
988, a, 5. V, 98. 1094, a, 84. 
6) De an. III, 6. 
8) Metaph. IX, 6; i. o. 941, 2. Ebd. 1048, b, 8: lt*«*i !' h*i?ft(a <& 
*l<nx ijioiwj, all* f, ti iviXo-fov, üi? touto iv taiiTü) J] Jtpof wOto, Ti 8' Iv ztytt %■ 
x?k täEe- rn jiiv fäp '"i xtiTpn (tpö; 8dvaji<v, tiS' i( oiioia rtp<5( Ttva Z'kffi. XII, t. 
1071,», 3; i. S. 944, 3. 
7) HeUph. Till, 8. 1046, a, 93. b, 16; e. o. 193, 1. 243, 9. Pby«. I, 9, 
9ehl,j t. o. 207, 9. 
8) De an. III, 5. 
9) Tgl. gen. et corr. II, I. 829, a, 32. Phya. III, 1. 901, a, 29; «bei dia 
SmIb Da an. II, 1. 419, », 37. c. 9. 414, a, 13 ff. III, 6. HatapM. T1I, 11. 
W97,a,6ir. 
jgiiödby Google 
<U8 Aristoteles. 
Heben (Mate, etwas Stoffliches an sich Int »), wttnod anderer- 
seits, wie wir bereib wissen *), die Materie in der Wirklich- 
keit nor als geformte gegeben ist. El sind daher in der Ent- 
wicklung des Stoffs zur Form verschiedene Stufen zd unterschei- 
den. Wie die erste, schlechthin formlose, Materie allen Dingen 
an Grande liegt , so hat andererseits jedes Ding seinen eigeo- 
thtinüichen letzten Stoff, and »wischen beiden Hegen alle die 
stofflichen Gestaltungen in der Mitte, welche der Grundstoff durch- 
laufen mnss, um der bestimmte Stoff zu werden *), mit den sich 
die Form des Dings unmittelbar verbindet *)- Und das Gleiche 
gilt von dem Vermögen. Wir können ein potentielles Wissen 
nicht Mos dem Gelehrten beilegen, welcher nicht eben in wis- 
senschaftlicher Thatigkeit begriffen ist, sondern anch dem Lernen- 
den, oder anch dem Menschen überhaupt, aber in verschiedenem 
Sinne *}; wir Blässen unterscheiden, ob die Möglichkeit der Wirk- 
lichkeit naher oder ferner steht *). Jedes Ding gelangt nur all- 
mählig .rat Verwirklichung dessen, was es zuerst nur der Anlage 
nach war, and in der Gesanuntbelt der Dinge liegen unendlich 
viele Zwischenstufen zwischen dem Mos Potentiellen oder der 
ersten Materie and dem schlechthin Wirklichen, der reinen Form 
oder der Gottheit. 
Die Form stellt sich nun in der Erscheinung unter der Ge- 
stalt einer dreifachen Ursächlichkeit dar, im Stoffe liegt der Grand 
alles Leidens nnd aller Unvollkommenheit, der Naturnotwendig- 
keit und des Zufalls. 
Aristoteles nennt gewöhnlich viererlei Gründe oder Ursachen 7 ) : 
1) Vgl 8. 34+, a. 
3) 8. o. 944, 1 TgL ra. 240, 3. 
3) M. Tgl. die Stollen, welche 8. 240, 3 ■sngofülut worden, *. B- MeUpL 
VIH, 4. 1044, a, 90 : yipioVTai 8i nXtbu; SX« wB odtoü , Stbv Bcntpou f[ htfpa j, 
als» v Wy[W ix XtiMpoS x«t fXmiot, tl xi Ximpev ix w3 -flu«**, in, & xoXijs *T 
AmUuSgu tk ri|» jcpoiniv Oatjv -dp yjMp. 
4) Hiertiber s. in. 8. 34S, 2. 
6) Phys. Vin, 4. 955, », 38. De an. It, 6. 417, », 31 ff. 
6) den. an. II, 1. 736, *, 9: lyynty» Bi *& ko^ut^mü «ätä «4roB (vWfcrtfi 
Au Suvifui, &mxp i xoBeiiScuv -fuiiprcj»]; toü ifp1T u P^ T0 < «o^i!"^pfc> *«ü eint w! 
•tiassftm* 
7) kpyai. Deber die Bedeutung dieses Ausdrucks vgl. m. MeUph. V, L 
nobst den Commsntsren von BcmraoLi» u. Bmmtb. XI, 1 , Sohl. gw. et oonr. 
3,g,1 EE dby G00gle 
DU vier Uriiahen. 247 
die stoffliche, die begriffliche oder formale, die bewegende and die 
Endursache *). Diese vier Ursachen kommen jedoch bei näherer 
Betrachtung auf die zwei ersten zurück. Der Begriff jedes Dings 
ist von seinemZweck nicht verschieden, da alle Zweckthätigkeit der 
Verwirklichung eines Begriffs gilt; derselbe ist aber auch die be- 
wegende Ursache, mag er nun das Ding als seine Seele von innen 
heraus in Bewegung setzen, oder mag ihm seine Bewegung von 
aussen kommen; denn auch in diesem Fall ist es der Begriff des- 
selben, der sie hervorbringt, sowohl in den Werken der Natur als 
in denen der Kunst : nur ein Mensch kann einen Menschen erzen- 
gen, nur der Begriff der Gesundheit kann den Arzt bestimmen, auf 
Hervorbringung der Gesundheit hinzuarbeiten i ). Ebenso werden 
I, 7. 824, a, 27. Phys. I, 6. 188, a, 27. VIII, 1, Sohl. gen. an. V, 7. 788, a, 14. 
Poet c. 7. 1450, b, 27. Waits AriM. Org. I, 457 £ oben S. 172, 2. 'Apvj) be 
zeichnet du Ente in jeder Reihe, und inabezondere die ersten Ursachen, d. b. 
diejenigen, welche au keinen höheren abzuleiten lind, und es wird in diesem 
Sinne von allen Arten von Ursachen gebraucht. Vgl. Metaph. V, 1. 1013, a, 
17: ncuriäv [ifcv ouv xoivbv xüv ap^üv xb jcpöJTov chtu aütt !j foxiv ? ( yiTVExa; i) f'i- 
wäaxtxar toütcov S< al iiiv iwr.xp/vjaai eIoh o! äs tixis. 
1) Phys, 11, 3. 194, b, 23: fva uiv oSv Tporcov ainov Wytxai xö e? o! ytvzwri 
xt i*uicipx oyT0 5 1 °^ ov X*^*' 4 T °ü ävBpiavxot n. s. w. aXAov 8fe xb eTBo( xa" 1 . xb napi- 
Snyua' -eoüto B* iVtU i X6fti ö xaü x! J[v eTvai xat xä xoiixou f^V7j (die über ihm 
«lohenden Qattnngen) . , . tri Z&tv f| äp^Tj tiif ftaßolijt f) npiuxr, ?, xfj( TJpEpjtntuf 
■ . . ixi A4 tb tAof toüto B' iatt xb oä lv«a. (Wörtlich gleiob Metaph. V, 2.) 
135,1,15: ein Tbeil der Ursachen ist Aj tb ft aZ «Ttia, nnd davon xa |uv ü( 
xb inowiuivov, xä Si *j$ xb t( J[v tlmt, eine weitere Klasse sind die üAeu 1) apy^ 
"&H |«tapo),i]5 JJ «iathj; xal xivijotw«, eine letzte wf xb xfl.ot xa\ xä-fa8dv. Metaph. 
I] 3, Auf.; -ex S' «Ttia Xt'fiTai xstpaj^öf , cuv p.(av ji.lv alxlav sapEv eTvbi xi)v oäo:»* 
»ö xb xi ffl eTvai , . , . Wpav 31 tJ,v uätjv xat xb ärraxsipavov , tpvtnv 51 30sv Jj «PX^I 
xijs xmjaeioc, xcxapX7{V St ti;v ävTixEijj/vijv afxiav xaiixn, xb öS fvixa xal xäyafliv. 
Ebd. VHI, 4. 1044, a, 32. Anal. ]>ost. II, 11, Anf. gen. an. I, 1, Anf. V, 1. 778, 
b, 7. Ueber die verschiedenen Anadrücke zur Bezeichnung der vier Ursachen 
*gL m. Wiiiz Ari»t Org. H, 407; zum Folgenden Bitter 10, 166 ff.; die »ei- 
teren Modincationen , unter denen sie nach l'hy». II, 3. 195, a, 26 ff. (Metaph. 
7 j 2. 1013, b, 28) vorkommen, sind für uns unerheblich. 
2) Phy*. II, 7. 108, a, 24: ipx««t äs xä xpi'a ik tb h «oUfaif xb piv vap 
«' im xA tb oJ i*vsxb f» ^ox: (vgl. 198, b, 3), tb 8" !flev (] xfw]«f Jtpülxov xtp slitt 
wAriwhoif äuBpUÄo; f ap ävOpuwv Y«vf Vgl, I, 7. 190, b, 17 ff. De an. II, 
*■ *16» b, 7: 3sxt Se )| i]i«x4 toü Cüvtot s<öjiatO( alxia kA äpX*i' taCxa Sl ixsUa^ui 
^Ttai. äuoinj; B' j| i-jyi; xata xoüf Stn>pia|iEvouf Tpdnou; xpß( a!x:a- xa\ vip 3B» 
*1 «Iwim (täri), xa\ öS Evtxa, xa\ k.( ^ oiloia xüv ty^iiv_iuv aiujiixiuv ^ ^u^Jl aWa, 
vu dann aofort näher nachgewiesen wird. Metaph. XU, 5. 1071, a, 18: ixavxtuv 
i „Google 
248 Aristoteles. 
wir in der obersten Ursache oder der Gottheit, die reine Form des 
höchsten Welt2weck und den Grund aller Bewegung schlechthin 
vereinigt finden; auch für die Natnrerklärung unterscheidet aber 
Aristoteles nur die zwei Arten von Ursachen, die notwendigen und 
Srj ItpoVcai äp/* 1 , to ittsyi'.a «püirov, tb iiBei, xa'i öÄXo o Bwajiti. Anderwärts wird 
bald die eine bald die andere von diesen drei Ursachen auf die dritte zurück- 
geführt So Metaph. Till, 4. 1044, b, 1 1 Tuu>( 81 raüia (du cTSo« nnd tAos) 
äp<po> to aiti. Gen. an. I, 1, Anf.: önÄxfivtai fäf afiin TEtrapEt, t* te a3 htxa 
•J>! riXoi, xat S Xäyot Tlfc oüalaf - tavta ptv u3v i( fr tt o](l8bv üroXapVtv Sa% ictTo« 
Ei xaV TftapTov J| CXi) Mit SB» ^ äpv^I -riii kwiJohi)(. Ebd. II, 1. 793, a, 3 wird daa 
Weibliche die EXj] genannt, das Männliche die ahia xivoBaa itpiio], jj o Xiyos fiiap- 
/ee xa> to JS&i, und c. 6. 742, a, SS wird, wie I, 1, die Form mit der Endursache 
znsammengefasst, indem nur drei Principien geiRhlt werden: das tAo; oder 
oi Evfxa, die iffii xivt|tix)| koTi ycvvtjtixjJ nnd du x,prj«st»v t5 -/pj^a: tb tAos. Part 
an. I, t. 641, a, 25: Tijs ^iSo-eoh; JV/öJ; XE-fopivr^ xa't ouotjc, ttj; pi* i; BXijt t% 3' 
Ac, o$a!a( (was = c1Soe)- xa\ Srnv aüti; xal *>; fj xivoüai xa't As to tfto?. Phys.11,8. 
199, a, 30; xa't Ijiei f, oiiai; !'.tt)j f| [*ev »( BXj; f| S' ü{ pop<p)j, teXo( S' «Sri], . . . 
«Btij iv tn] jj aWa i) o3 tTvExa. Ebd. o. 9. 200, a, 14: to 8' o! evsxa ev tm X6y<a. 
Z. 84: tö tAo; to öS Evtxa xa\ fj ip^i] aitb toO opio[io& x«\ toü Xä-jou. Wie der 
Künstler verfahre, so auch die Natur: ir.z\ fj olxia tottSvot, t48e Sit yl-fvcodw . ■ . 
oBtwj xal tt ivBpiujios to5l ta8£. Part. an. I, 1. 639, b, 14: oalvEvai Bb rcpotai 
[airii] V Xffopsv fvexi tivoc Xo^o; fi? oStot. De an. I, 1. 403, b, 6: t'o eTSos, 
Evtxa ToivSi. Gen. et corr. II, 9. 335, b, 5: <!>[ piv GXtj taut' Iotiv altiov toi; y£vr r 
toTj, ü( Se t'o o8 Svjxev J] [lop^j] xa'i ts eßof touto S' eotiv £ Mvof £ Trjf SxioTou 
oivlai> und vorher: tioAv o3v [a? äpx.a' tij; y ev ^ e '°<] "^ ' ov *p ! V uv * 9< " '^ ^ 
Yt^Ei a! «ÜTaft atlcEp iv tote eßEgif Tt xa\ npiutoi; ' ij [iiv yap limv iti; SXrj , tj S 1 in 
jioppij- Sei Si xa'i TJ|V tsi'vi]» tri npo«unap^eLv. Metaph. XII, 3. a. o. 235, 3. Metapb. 
VIT, 7, Anf.: itivta t« Y l T v ^ ie,a ^JCd tt - tivof yi^vstoi xa'i ix tivo; xal -rf. üeber 
daa äsp' o3 heisst es nun spater: xal iy oi, J) xarä Tb eTBo^ XEfo|x<VT| yjvii f) Spo- 
EiäiJ« (seil. t6J yrfvojiAiji)- aBn) B' iv öXXü) 1 ävBptuitof yip ävflfxujrov T EV »?i ""^ 
weiter 8, 1032, b, 11: &<m ouußafv» Tpöitov tivä t^ Syuiat t^v är^ray yiverf«, 
xal djv oEb!«v ^ oixlaj, T^f ö^eu CX>]4 tJ]v l^ourov 6X»]¥" ^ fap larpixij ?o-n xoi % 
o[xoBopixJ) tb eBöj t*J( 5f 1E '"S * H ^ ™IZ lW*t" ^^Tw 6' oiaiav ävtul3Xi]( tb t(rjv Aac 
(Vgl. gen. an. H, 4, 740, b, 28: )] Sl rfx»1 p-'P?*! TÖV T w f* wv ^ v «^¥- P" 1 
au. I, 1. 640, a, 31: ^ Gl tE^vi] Idy ' W^ ?pfou S öveu Tij; 5X?]t jotfv; ebenso 
entspricht gen. et corr. II, 9. 335, b, 33. 35 der te^vi; die [ittpanj; die Kunst 
aber wird auch sonst als die eigentliche wirkende Ursache, der Künstler nur 
ab Zwischenursache behandelt, so %. B. gen. et corr. I, 7. 324, h, 34.) Metaph. 
XII, 4, Schi.: licit te tb xiveOv h ph töT( attwwdt« avBpiujcoi* (1, ävflpcSjco), was 
auch Schweqlek und Bohite gutheissen) ävflpuno;, bi Sl tdIs änb Siavolof tb 
'e]Go4 )[ tö E^avtlou, tpino* tivi tpto afnaäv ibj, d)5"i 8e -rfttapa- (^1(1« f*P ""' ( 
latpntj), xoi otxla; eTSo; jj oboSopixi), xo't ävSponco« ävOpoircov yv/vS. Gerade von 
der Gesundheit heilst es freilich auch wieder gen. et corr. I, 7. 316, b, 15, il* 
sei all dal oi fvixa kein notnttxoY 
isy Google 
Die vier Dtsachen. 249 
die Endursachen ')> d. h. die Wirkung der Materie und die der 
Form oder des Begriffs *). Nur dieser Unterschied ist es daher, 
welchen wir als ursprünglich zu betrachten haben, die Unterschei- 
dung der formalen , wirkenden und Endursache dagegen ist eine 
blos abgeleitete, und sind auch im Einzelnen nicht immer alle drei 
vereinigt *), so sind sie doch an sich, ihrem Wesen nach, Eins, nur 
in der sinnlichen Erscheinung fallen sie auseinander •): das Ge- 
wordene hat mehrere Ursachen, das Ewige nur Eine, den Begriff"). 
Wie nun die Form zugleich die bewegende und zweck- 
IhStige Kraft ist, so ist der Stoff als das Formlose und Unbestimm- 
te 8 ) zugleich das Leidentliche und die Ursache aller blinden, durch 
keine Zweckbeziehung geregelten Wirkungen. Ein Leiden kommt 
nur dem Stofflichen zu, denn alles Leiden ist Bestimmtwerden, und 
bestimmt werden kann nur dasjenige, was noch nicht bestimmt ist, 
nur das Unbestimmte , welches eben als solches das Bestimmbare 
I) Nähere» hierüber tiefer nuten; hier mag vorläufig nur auf die Stelle 
part an. I, 1 verwiesen worden. Vgl, 8. 642, a, 1: tfoiv äpoc Bii' «Mai oSvai, ti 
V :i Etcxb xo\ to i£ ävif"]!- Derselbe GegeneaU wird Z. 17 in den Worten ba- 
icichnel: öpy*i *fip ^ ^uu'-f nSMov -rij^ Slijt . wor.n inan weiter Tgl. was B. 248 
tue pbya. IL 8. part an. r, l angefahrt würde. 
I) Denn wenn gen. an. V, 1, 778, a, 34 die bewegende Ursache mit mm 
oothwendig Wirkenden gerechnet wird, au bemerkt Kittee a. a, O. 8. 175 mit 
Becht, unter Berufung »nf Pbys- II, 8. 200, a, 80, daaa hier die bewegende Gr- 
ieche sieht an sieb, sondern nur in ihrer Verbindung mit der Materie gemeint 
■ei. Vgl. auch a. a, O. Z. 14; h vap tfj 61i) xo dvaf xalev , ™ 8' öS Ivtaa h t(S 
S) Bo data, wie Pbye. H, S. 195, a, 8 bemerkt wird, von awei Dingen je- 
des Unaohe des andern aein kann, aber In verschiedener Beziehung; die Lei- 
betabnng a. B. die bewirkende Ursache der Gesundheit, diese die Endursache 
Ton Janer. Daher Pbra. II, 7 (247, 3) das noU&tif. 
4) Vgl. Mataph. IX, 8. 1049, h, 17: tö 81 Xpdvip icpinpOT tö n> äUt ■& 
■Are hfpyouv npitipov (d. h. «tlem Potentiellen mnsa ein gleichartiges Aktuelle« 
vorangehen), ififljAÖ 8' öS — denn, wie diess erläntert wird, der rlame ist zwar 
Hier, als die Pflanao, die daraus wird, aber dieser Same selbst kommt von 
einer andern Pftatue, ea ist also doch nur die Pflanze, welche die Pflatne her- 
vorbringt. Ebd. VII, 9. 1084, b, 16: Üiov rift oiaü« . . . ort ivaraij jupolisäpx.sw 
itfcn ouots» iraixyu* oftjto fj wotö, ofov £ö30V, il fifvstai Z<? »v. 
5) Gon. an. II, 6. 742, b, 88: As/,*) 6' a» ui» Teij «xhiJtok to ri eenv, tt «t 
*«< rmpiVcfc t[B>j nXslout, Toinov 8' äXXin *tü au bSosi iov «'jtov- um [ifa w 
äfifliö», EOni ij xivr,oi« Arm. 
6) 8. o. 8. 841 f. 
i „Google 
ist, in letzter BuMrong ilso Dir der Stoff, der gerade dosshalh 
eile Wirkangen und Eigenschaften aufzunehmen fähig ist, weil er 
für sich genommen schlechthin keine Eigenschaft oder wirkende 
Kraft besitzt 0- So wenig ihm aber eine solche als positives Ver- 
mögen zukommt, so entschieden glaubt doch Aristoteles jede Hem- 
mung der von der Form ausgehenden Gestaltung auf ihn zurück- 
führen zu müssen, denn wo könnte sie sonst herrühren? und da 
nun die Form Zweckthätigkeit ist, so wird im Stoff der' Grund 
aller von dieser Zweckthätigkeit unabhängigen und ihr wider- 
strebenden Erscheinungen, der blinden Naturnotwendigkeit und 
des Zufalls, liegen müssen. Die erstere beruht darauf, dass die 
Natur bei ihren Schöpfungen gewisse stoffliche Mittel nicht ent- 
behren kann, von welchen dieselben ebendesshalb mit abhängen; 
ist dieses Stoffliche auch in keiner Beziehung als wirkende Ur- 
sache zu betrachten, so ist es doch die unerlassliche Bedingung 
für die Verwirklichung der Naturzwecke, es ist nicht an sich, 
aber bedingungsweise nothwendig: wenn dieses bestimmte Wesen 
entstehen soll, müssen diese bestimmten Stoffe vorhanden sein *> 
1) Gen. et oorr. I, T. 324, b, 4: So* (i*¥ öS» )d) b Blfl lyi tift poppet, radns 
[iiv ijcaJHj tüv xoniTnuSv, Eos 8' h 61t], nsOqrui. -ri]v ph y*P ^1 v Wf !«™ ij«(«t 
ni( «tafln rtjv aütigv Aal tu« lytixiipiviuv SitotrpBuouv, fojnp ytroi ÖY . Z. IS; f\ 6' 
61i) Ü Wij 7üs9t)twov. II, 9. 336, b, 29: rijc (ii< yäp GAi)( w w»e)(tiv lWi not -.i 
xntfrtot, t'o 61 xivüv xsl xoifiv tripm ot>*&(uu{. Von dum Stoff all dem Beweg- 
ten, der Form als dem Bewegendim, wird sogleich weitet *n sprechen »ein. 
Wie ausschliesslich Arist das Leiden auf den Stoff hesohrfnkt, teigt sieh na- 
mentlich auoh in «einer Anthropologie. 
I) Schon Plato hatte die ilna Ton den ouwCtu, die bewirkenden Ursachen 
(SV (Sv ■fE , p'ita( ti) Ton den onerllaaltohen Bedingungen (ä*eu &t aZ flfmm) 
scharf unterschieden; vgl. 1. Abth. 487 ff. Aristoteles folgt ihm in dieser Un- 
terscheidung. Seine ganze NatnrerkUrung dreht sieh um den Gagenants der 
Zweckthätigkeit und dar Naturnoth wendigkeit, dessen, was durch den Begriff 
oder die Form eines Dings gefordert ist, und dessen, was aus der Beschaffen- 
heit seines Stoffes hervergeht; jenes ist das 6V 8, dieses dss oä odx äwu, Jenes 
ist unbedingt nnd an sieh salbst, dieses bedingterweise, im des Zwecks willen, 
nothwendig. Zn beiden kommt als dritte Art derNothwendigkeitdiedesÄwsn- 
ges hinin, welche ans aber hier nicht weiter angeht (m. s. über dieselbe, in 
ihrem Unterschied von der Notwendigkeit des Begriffs, Phys. VIII, 4- 264, 
b, IS. An. post. II, 11. 94, b, 87. Metsph. V, 5. 1010, a, 26 ff. VI, 8. 1026, b, 
27. XI, 8. 1064, b, 68). Vgl UeUph. XII, 7. 1072, b, 11: t. T «p iwrpwtw 
toaavtcxGit, to fiiv ßta ?rt itupi tJ)v eppJ)*! tb St et oix ävsu rö «5, tu 64 fiij htt- 
X.4|**vov äUu; 1XV ebtiffit. Part. an. I, 1. 682, b, 21 : ta ß' 1% i&pafi od xsan 
3y Google 
Di« Nstttrnethweiidigkeit. Sfti 
»ist aber der Umftutg, in wekhem der Nalurzweck 
sich verwirklicht, die Art und die Vollkommenheit, in welcher 
die Form zur Erscheinung kommt, durch die Beschaffenheit die- 
ser Stoffe, durch ihre Fähigkeit zur Aufnahme und Darstellung 
ä-ipjßi ton xecrl ftfoiv S(io((uc - ■ ■ . Sitipx £1 & ™ r^* <«cXuj{ töli i&lott, to V Et 
faaUami u\ Ttfts £v Y*vtet xSaiv. Ebd. S42, a, 1: elAi äpa Sil' afriat aortu, ti 6' 
oiSivixBxiu t« iE ä»4Y^S" «oXXi ylp fi»«« ort Mcpm« fc"* 8' sv Tic. isopifati» 
not» Xapuon *»4yxtiv et Iffovtis Ü Tticp^f tüv jiiv 7&P EJo todkuv ouSfrapov 
&K* iE fatap^Eiv, iSy Suupujuivmv (v ~.o'i xaTi fiXocoiptaii (die Nuthwendigbcit des 
Begrünt und des Zwang*). Jon B 1 tv ^e Hffc r^oa« y^ wiv ?l ^P* 1 "!- Wpiwv Y&p 
rf,irpttf)i« äverfitalov ti ««' oJBftipov toiJtiuv töv tpiniuv, «XX' ort oi5/_ oTov te 
mm i«Jti]( eIv«. towco 8' Äffrlv ömtip S SnoWmm;. Gen. an. I, 4. 717, n, 16: tcot 
f, sära ?, Sii tö «Wfxcflcr* jtoie! J| 3tn tö JWXtiqi. II, 6. 143, b, 16: x&rat 54 Tautet, 
idfirap ;Iko|aev (743, », St), Xucrfov ytvsrfat tj] i*tv if av«Y*>i4, rfj 8' oix $ öv&y- 
«b 4XX' Ivwi -civos. IV, 8. 778, b, 82 1 SV äuKpoTEpo* tat afrfat , Ivex« ts toÜ BeX- 
rinw xä «? i*irjxiis. Phys. II, 9, Anf.: tö !* $ ävgt-fxr,: jcdTipov t? ärcoÖianut 
foipX« i| xoit änXii ; gewöhnlich wiche man die Notwendigkeit in der Natur 
itt stofflichen Bestand t heile; äXX' Sfuuf uüx ävsa pviv tobtiüV y*T ovcv i °& jiAtot 
äii taiira nU)v <ü; Si" 5Xr,v . . . ö^ioiui^ $i *xi h tötf JXXoij nioiv , fv Baoo; to evexi 
WuijtLv, oOx Jwa piy tüJv ävayxalcn i^ävriov tJjv ^liniv, aO juSrroi -[£ Siä trvita. 
«XV f h ü; 61)] v . . . £E fctoWoMot Si] to ivapHdov , iXV oty J>( tiXo( ■ £v y«P tjj EX]] 
ti iwfxjiioVj tö S' öS Fvtxa h Tiji XcS-pifi. Z. 30: ^ovepbv Si] Kti t'o äv^YnaTov it toi; 
;w;ioi; to Jf( GXi) Xe|4[i£vov jisü a! xmjotit %\ txitr^. De an. II, 4. 416, a, 9: 
ä«Ei & Tum ^ TOÜ JtupÖ4 <pusi4 ÖieXu« »Itis tij; Tpof ^( xoi) t)]; cev^üeuc eTvoi 
TO& auvctiTiov |aev 7«üs eotiv, oi p.)|V iiXtät y« oe^iov, öXXa (läXiov f] ijiaxij. Gen. 
&Uorr, II, 9. 885, b, 24 ff.: nicht der Stoff iat das Ersengende, denn er itt nur 
du Leidende und Bewegte ; die xupKütspo akia iat das d t t v eIvou und die [iopfi{. 
Du Körperliche ist blonu Werkteng der begrifflichen Ursache; 10 wenig die 
%<s aelbat eflgt, ebensowenig bewirkt die W&nae selbst die Erzeugung. Part. 
U- III, 2. 663, b, 22: auf Si -rij; ittrptalai tpuasw; ^oifoi;; tfltt i-Tap^ounv B^ 
mi^ijä f| xots tb» XäyQV piiai; fvMlt TOU »awxdjffiifaL, Xeym(UV. Aehnlioh unter- 
Kaeidet Arkt- Anal. -puet. D, 11. 04, b, 27 das luexi Ttvo; und it ivi T xi( , und 
Uetaph. T, 5 nfthk er die mehrerw&hnten Bedentungen des ävoYxawv auf: daa- 
j*nige o5 ivtu 01k jvSc^tttu Cgy n, s. w. iii ouvoitCou, das ßfaiov und als das övaY" 
**w» im eigentlichsten Sinn tö öotXoini ^=äxXüf dmiYxaio«}, das |i.j| JvSi^juvcn 
■U«( l/fn. Ganz in seiaiem Sinn ist es »neb , wenn Eudemas b. Siutl. Phjs. 
e 3. «, m. den Stoff and den Zweck die awei Drsaohen der Bewegung nennt, 
brnsru-lbdu bedingt Nothwendigen wird gen. an. II, 6. 742, a, 19 ff. (wo aber 
Z. 23 nicht öS Kvtxs, sondern mit Cod. P S tadTou ev., oder vielleiobt anoh 
«Jau Iv. tn lesen ist) wieder ein Doppeltes noterschieden: dasjenige, was als 
■nkenda Ursache die Entstehung eines Wesens bedinge, und das, was ihm 
*lt Werkseug seiner TbAtigkeit nuthwendig sei; jenes mOsse dem Wesen, 
»Elcbea s*b Zweck ist, der Entstehtug nach vorangehen, dieses nachfolgen. 
M- vgL mm Tonteheoden Wuts ArisL Org. II, 4OT f. 
JigilizBdby G00gle 
352 Aiiitotala*. 
der Form bedingt, und in demselben BfaasS, wie es innen an die- 
ser Fähigkeit gebricht, werden sich theils unvollkommene, von 
der reinen Form und dem eigentlichen Naturzweck abweichende 
Bitdungen, theils auch solche Erzeugnisse ergeben, die über- 
haupt keinem Zweck dienen, sondern bei der Verwirklichung der 
Naturzwecke nur nebenher, vermöge des Naturtusammenhangs 
und seiner Notwendigkeit, hervorgebracht werden ')• Wir wer- 
den später finden, wie tief dieser Punkt in Aristoteles' ganze Na- 
turansicht eingreift, und wie viele Erscheinungen er ans dem 
Widerstreben des Stoffs gegen die Form herleitet. Dieselbe Be- 
schaffenheit des Stofflichen ist es aber auch, von der alle Zu- 
fälligkeit in der Natur *) herrührt. Unter dem Zufälligen s ) ver- 
steht nämlich Aristoteles, welcher diesen Begriff zuerst genauer 
untersucht hat *), im Allgemeinen alles das, was einem Ding 
gleichsehr zukommen und nicht zukommen kann, was nicht in 
1) Part. an. IV, 2. 677, a, 15: xxar/ffimi |iiv oBv ivfoti f\ e-fa; efc; i* (ütp- 
Xi[iov Tdlc jnptTtt&|iatj[V , oi jjjj» Bio Touro 5fi ft^ni üivTl ?vexi "rivot, aXXSc tcnn 
Övtiuv to'.o'jiiuv ficps ff ivivx)]s oup.Biivn Sin toeBt* jioXXä. Die Mondt&iaterrusie 
e. B. scheinen nach Metapb, VIII, 4. 1044, b, 12 keinen Zweck an haben; fei 
o Zc'u; gü^ ' nü) t *' BV ^~ üv «ä&faüi üV $ ivifxr,;- tb Top avoyOkv ifu^Bjjvai Sil 
xal tb iJiujfKv BBiup Yevdiino« xaTslfltfv ' tb 8' oJtjivjafltn tdiItdu f avopivou iiw tffro* 
7U|ißaIv£[. öiioiu; Bi xai eI ini ÖjtöXIutii e 3ira< 'v -rij «Xüi, oti toiStou Evtxb fki 
8*w; äirilivrai, iUü toöro auiißi'Bigxtv (Pbys. II, S. 198, b, IS); einzelne 
Organe der Tbiere haben keine Zweckbestimmung: die üalle int ein TtEpixtü^o 
xtli aiy_ Ivtxk -nvoj (part. an. a. a. 0. Z. 11), die Hirachkühe haben ihr Gewoüi 
in keinerlei Gebrauch (ebd. m, 2. 663, a, 7. 664, a, 6), und das Gleiche gilt 
von allen übers chüssigen Stoffen, die nicht weiter verwendet werden; Belebe 
Stoffe aind ein x-fjrffr.u* adar gar töv itapä f&an ft (gen. an I, IB. 725, a, I. 4), 
nnd es ist desshalb bei einem und demselben Stoff wohl an nnteraoheiden , ob 
er einem Zweck dient, oder nicht: der wSsgrigc Blutsaft (lyi>p] i. B. , welcher 
theils aus halb verkochtem theils ans verdorbenem Blut besteht, ist in jenem 
Fall otpt<TO( x*P tv ! in diesem il ävsrrxigc, (part an. II, 4, Sohl.). Die Nottüren - 
digkeit der letzteren Art fallt, wie diese auch Phys. II, 8 a. a. O. angedeutet 
Ist, mit dem Zufall zusammen. 
2) Ob auch die Wahlfreiheit des Menschen, ans welcher allein wirklich 
anfällige Wirkungen entspringen (nur auf sie beruft sich wenigstens Aristo- 
teles interpret a. 9. 18, b, Sl. 19, a, 7 ffir dieselben), sagt der Philosoph nicht. 
Pbys. I, 5. 196, b, 17 ff. sebliesst er die freie Zwecktbatigkeit als aolche vom 
Begriff der -.iyr, ausdrücklich aas. 
3} 2up.jJejät;xp( im engem Sinn, ro &x6 viyr,t. 
4) Wie er selbst sagt, Phys. IT, 4. 
i „Google 
Dar Zufall. 253 
seinem Wesen enthalten und durch die Notwendigkeit seines 
Wesens gesetut ist 1 ), was daher weder nolhwendig, noch in der 
Regel stattfindet '). Dass ein solches angenommen werden müsse, 
und nicht Alles mit Nothwendigkeit geschehe, beweist er zunächst 
aus der allgemeinen Erfahrung *), und insbesondere aus der 
Thatsache der Willensfreiheit *); genauer jedoch weist er den 
Grund des Zufälligen darin nach, dass alles Endliche die Mög- 
lichkeit des Seins und Nichtseins in sich habe, dass die Materie, 
als das Unbestimmte, entgegengesetzte Bestimmungen möglich 
mache 6 ). Anf dieser Natur des Stoffes beruht es, dass Vieles 
geschieht, was in der Zweckthätigkeit der wirkenden Kräfte nicht 
enthalten ist. Die letztere richtet sich immer anf einen bestimm- 
ten Erfolg; aber sie kann ihn theils wegen der Unbestimmtheit 
des Stoffes, mit dem sie arbeitet, oft nur unvollkommen verwirk- 
lichen *), theils bringt sie aus demselben Grunde nebenher auch 
1) Au. post. I, 4. TS, a, 34. b, 10: Aristoteles nenne *a6' aäta, Saa Sitipx* 1 
u b t^ Tt hm . . *«i Boot* tön huKap^vtiiiv «fadfc aüti t* t$ Urpf ivuxip^ouoi 
16 tuen SijXoÜyri ... Eaa Be luiSflipuf Sitipx* 1 ! eujißtßuxita, ferner tb \fh Bi' 
aJti inip^ov txaoTiü xofl'fkä, fo St (ii) SV afab <njpfafax6t. Top. I, 5. 102, b, 4: 
m^Eä)]xa4 ti Ivwx . . i fo$£/t rai Snap^civ otuoüv lv\ xal trji aÜTÜ xa"i jit] izip-fii* 
vgl. waa 8. 160, 2 ober daa iv&cx6|uvw und Suvarov, 3. 143, 3, 6 über das uuji- 
fcäixoi angeführt wurde. 
2) Metaph. V, 30, Anf.; auiiSipV * Ufna> B Sisipx« 1 t"' v ™ l "■*' «M 8 *! 
ibnw ou ii^Toi «!;' i£ Jva-pnn cur' fcA to jcolil. Dieselbe Definition VI, 2. 1036, 
b, 31 ff. (XI, 8.) Phys. II, 5, Anf. De coelo I, 12. 283, a, 32: tb itiv Y«p airri- 
jiniv Jan xa't t'o änb nl^Tj; jixpi tq «t xi: to ü( ixt to JtoXb r) Iv 1) Y LV °I UV0V ' 
Pbji. II, S. 196, b, 34: Lieue sich nicht die scbuinbar »weckmHssige Ein- 
richtung der Natur daraus .erklären, das» von ihren zufälligen Erzeugnissen 
nur die lebensfähigen lieb erhielten? Nein, raüra \iXi jap xak Jt&vta t« filatt J) 
«i o5tu -pvirni 1) in iz\ tb icoXb, tum B' äitb vifjA *«<■ too adwjiitoti oÜfo. Aehn- 
lieh De coelo II, S. 289, b, 26. „ 
3) Phye. a. a. O. 196, b, 18. 
4) De iaterpr. o. 9. 18, b, 31. 19, a, 7. 
5) De interpr. c. 9. 19, a, 9: es müsse einen Zufall geben Sxi tijot tiriv fo 
^S Ht| iii evspYowi to tuvorev arMn xol p)) 5|ioiu(. Metaph. VI, 2. 1027, a, 13: 
"au ^ SXtj Eorai «Wo, ^ sv3a^o|iivi| icapä tb ü^rxtmicoXb äXXwc, to5 aup.jäifl]]K4tot. 
VQ, 7 (i. o. 8. 239). V, 30. 102&. a, 24: oi6a 8} aItiov üf «nu'vov oMlv -reu oup- 
Wl**™!, äJJti tb tui_äv, toüto !' iopiawv. Vgl. 8. 254, 1. 
6) S.o. 8. 351 f. gen. an. IV, 10. 778, a, 4: SoJiltei l»1v odv J[ ? Jo« tat« Toi- 
""» [twv aorpcjv] äpiSjMiU äpifljiüv ib$ Y^stic xai lif «ltuii(, oüx äxpiBel Sa fiii 
w ^« tij( tH>n iopwrfay «u 3ui A f!y»qflaiitoXli(«p^«(, a5 iä( -(Eveotif t« »aii 
i „Google 
3M *YrUtot«l«a. 
solches hervor, worauf sie sieh ihrer ursprünglichen Aiebtmg 
iirach nicht bezog *) i das Zufällige entsteht dadurch , das» eine 
freie oder unfreie Zweckthfitigkeit durch sie Einwirkung äusserer 
Umstände anf einen ihrem Zweck fremden Erfolg hingelenkt 
wird *)■ Und da nnn diese einwirkenden Umstände doch immer 
in der Beschaffenheit der materiellen Mittet, durch welche eine 
Zweckthfitigkeit sich vollzieht, und in dem Naturznsammenhang, 
dem dieselben angeboren, zu suchen sind, so Hesse sich der Zu- 
fall im Sinn unseres Philosophen auch als Störung der ZwecktUtig- 
keit durch die Mittelursachen definiren. Eine Zwecklhätigkeit ist 
aber diejenige, in welcher das Wesen und der Begriff eines Ge- 
genstandes sich verwirklicht *); was nicht aus der Zweckthfitigkeit 
hervorgeht, ist ein Wesenloses, und Aristoteles sagt desshalb, das 
Zufallige stehe dem Nkhtseienden nahe 4 ). Dan ein solches auch 
rtefv. Wetteret Kap. 7. 
1) 8. o. 2fi!, 1. Pbys. II, 5. 166, b, 17: töv & -fivouiwov Ti H*" ***** *" \ 
-fCyvtt«, ti 6' oü .... im 5' tvixi tsu Soa n «jcb Binvolat 5v itpagOtbi tub Saa öirö 
jif ono(. rä 4S) ToiBCt« Brav xott« suußsßiptbc fÄnjrat , *w'° wfxts W** *^* u ■ ■ ■ ** 
|ilv obv iaO' afitb sTnov u'jpitjy.Evov , to Bl xars a-jjifU Bijxb; iiptirrov ■ ämtpa yap äv 
i<S iv'i aupß«{n. Ein Zufall ist es ■- B. wenn Jemand wo einem andern Zweck , 
wohin kommt, und hier eine Besabliing erhalt, an die er bei seinem. Gang nicht 
gedacht halte, oder wann er (Metapb. V, SO) ein Loch grSbt und einen Schab 
findet, wenn er an einen Ort segeln will and an einen andern hin Totschlagen 
wird, Überhaupt also, wenn aus einer anf einen bestimmten Erfolg gerichteten 
Thiltigkcit dnrch das Hinantreten äusserer Umstände ein anderer all der be- 
absichtigte Erfolg hervorgeht {ötav uJ) -coli euu-ßamc hixa ftn^aa, off c£w ™ 
«fciov Plays. II, 6. 197, 1), 19). Ist jene Thätigkeit eine Willenethltfgkeit (wpa- 
■upttov) so ist ein solober Zufall (nach Phya. a. a. O.) t-J^"!, abgesehen davon 
aäto'fMrnw in nennen, so dass also dieses der weitere Begriff ist. Beide aber 
stehen gleichmänsig im Gegensata aar Zweck thätigkeit; 5n' irretSij iäpiar« ri 
o&roif aliia, xa'i fj tuv_i] Üpiorov (a, a. O. c. 6. 197, a, 30). 
3) Verwandter Art, aber für die gegenwärtige Untersuchung unerheblich, 
ist du seitliche Zusammen treffen zweier Begebenheiten, zwischen denen gar 
kein ursächlicher Zusammenhang stattfindet, wie etwa eines Spatsiergangi 
und einer Mo od »finster niss. Ein solches Zusammentreffen (In welchem sieh 
die Natur des Zufälligen eigentlich am Reinsten darstellt), nennt Ariaf. aipx- 
Ttipji, Dir», p. s. 1. «3, b, 26 ff. 
8) S. o. 8. 247. 
4) Metaph. TI, t. 1096, b, II: Saffsp -ras otojnn pevov to ouuBp.pi]ii4( itro. 
Sie {fA&rtüV rpoxov wl od xaxffic xj)v ooowrosV »p> ib «Jj 8» fcd>#. «fcn fip o* 
Bedeutung d. itc-ffl'ohen Uraaehe. 255 
nicht Gegenstand der Wissenschaft sein kann *), braucht nach 
Allem, was früher Aber die Aalgabe des Wissens bemerkt wurde, 
kaum ausdrücklich gesagt zu werden. 
Zeigt es sich aber schon hierin, dass der Stoff etwas weit Po- 
sitiveres ist, als man nach der anfänglichen Bestimmung seines Be- 
griffs erwarten möchte, so kommt diess anderwärts noch stärker 
zum Vorschein. Aristoteles leitet ans der Natnr des Stoffes nicht 
allein dasjenige ab, was man als zufällig und unwesentlich zu betrach- 
ten geneigt sein kann, sondern auch solche Eigenschaften der Dinge, 
welche wesentlich zu ihrem Begriff gehören, und ihren Gatiungt- 
charakter mitbestimmen. So soll z. B. der Unterschied des Männ- 
lichen und des Weiblichen nur ein stofflicher sein *), so gross auch 
die Bedeutung ist, welche der Philosoph der Erzeugung sonst bei- 
legt Oi (üe ohne Um doch nicht möglich ist *)■ So werden wir später 
finden, dass Aristoteles die Thiere, welche er doch sonst immer, 
«ach ihrer physischen Natur nach, in einen Artgegensatz zum Men- 
schen stellt, zugleich als unvollkommenere Bildungen betrachtet, in 
denen die Entwicklung zur menschlichen Gestalt — durch die Be- 
schaffenheit des Stoffes, wie man wohl annehmen miiss, — gehemmt 
worden sei. Weiter soll die Veränderlichkeit and Vergänglichkeit 
' '-m jofinrS» X6yat nip\ to «uiißiBTjxbt Üif sfcifiv [tiliota xinwv. Z. 21: «u'wrai 
flp TS OUpßEßTJKD; tjfäi W ™S jj.)) Övtot. 
t) Anal, poet I, 6. 75, a, 18. c 30. 33, Anf. Metapb. i. a. O. 1026, b, 2. 
1027, a, 19 (XI, 8) vgl. S. 109 f. 
i) Metupb. VII, 6. 1030, b, 21 wird er awar eu den wesentlichen Eigen- 
schiften, den xa8* akk 'ixipyor.a gerechnet, aber X, 9, Anf. wird gefragt: Sii 
tlpvi) ävBpbt bux iTBel Sisf/pii ... oiSt %&av OSjXu x*l äp**kv fapov tö) »TSei, xsthot 
uB' iiiö roü ijtjiou oCtt] J| Äia^opi xal ofy <.'•( Xruxdrrjc xst |itXavia, öl' f, (iäov, 
*»'i to tHp,u xal t'o S|3fev äjtap^i; und die Antwort ist: einen Artuntersohied be- 
grändui nur die fvo*tidT>]TK h riT> Xä-j-oj, nicht die 2v -cf[ BX*]. to Si äp>v x«1 8sjl.u 
to5 J^ou olxfia piy niftjj , öl* oJ xorri -ri)v oäofov , üX b tj 81fl xal Tip w&|wn. 
W ii slto 8itt*piiix (rTjlu )| ädfjEv ftfVETai Jt«8o* Tt niOof. Vgl. gen. an. IV, 3. 767, 
l , 8 ff. II, 3. 737, is, 27 nnd oben 3. 245, i. 
3) De an. II, 4. 415, a, 26 n. a, 8t Dass sieb diese mit Metapb. X, 9 
nicht recht vertrage, ist eine richtige Bemerkung von Ehuel Ccb. d. Bedeut. 
IBaikArhi, Rhein. Mus. K. F. Vn, 410. 
4) Wirklich findet nach Arist. gen. an. I, 2. 716, a, 17. b, 8, dass Hielt 
VlmilicheB nnd Weibliches durch ihre verschiedenen Funktionen x«to tdv 
^f" Wteracheiden , und dass dieser Unterschied die Thiere oJ xati ti vyfi» 
tAquu oä3\ xotv* t4jv Tuyoäaov !ilva|iiv betreffe. 
~ „Google 
256 Aristoteles. 
des Irdischen von seiner stofflichen Natur herrßbren '), und das ■ 
Gleiche mnss von aller Schlechtigkeit nnd Unvollkommenheit gel- 
ten *). wiewohl die onvergänglicben und vollkommenen himmlischen 
1) Metaph. VII, 11. 15; s. o. HS, 3. IX, 8. 1050, b, 7: feti S'dJMvBuvijui 
orfBiov. (oder wie dieas Phys. III, 4. 20ß, h, 30 ausgedrückt Ist: «vot/waBi T ip 
% ihm o-JBev BiaajipEt tv toi: i<3lor(.) Xiy<n 51 Mi. unoa Büu*)«( äu.a T^( ävtiqsioeoi; 
Satu (was nur sein kann, das kann auch nicht Rein n. i. it.) ... tx «p* Suvaiiiv 
eTv«i IvU/txai «al itvaixnl [irj eTubi (vgl. S. ISO, 2) ... to B' ivBeY^vav C^l £ '" ; 
yoapTov {Aehnlich XIV, 2, Anf.). Fat alles Vergängliche ist daher auch seine 
Bewegung mit Anstrengung verknüpft, weil sie nur dadurch zu Stande kommt, 
dass die Möglichkeit des entgegengesetzten Zustandes (die SJvajits t?js ävtiipi- 
owot Z. 25. 30 ff.) überwunden wird; f, -rio oüaia 51t] xot BJmuih ollaa, owx Mo- 
yeta, ahta ToiStou. VIII, 4. 1044, b, 27: oifii 7umbc Qli) W« iXl' !«uv ftwiris 
toxi xat u.K«ßoM| tk aXXnXa. ob« B' Sveu to5 juxoSiUiLV itrrtv ?, (*}], »üx &ti tw- 
tiuv (0.1). VII, 10. 1035, a, 25: 6aa |ilv o3v «uvtiXiiUjjiva :h eTBos kai Jj üXn, eotW 
,. . touti [ih ipflsipETai st; raüra . .. oa« 61 pJj ouveiXtj jitm -rij GXij, iXX' äveu BXt ( ; 
.i. tsüm 8" na tp6cip£tm ?j JX'»; ^ oütoi oStm f«, (Dieser Beisatz wohl dess wegen, 
weil auch Uukörperliebes, wie das Wissen, aufboren kann; vgl. longit. v. 2. 
465, ii, 19 ff.; dieser Fall gehört aber nicht bisher, hier handelt es sich um 
den Untergang von Substanzen.) XII, 2. 1069, b, 24: j:ivra ä" SXipi f/jsi San p- 
TaftiXXti. longit. v. 3. 465, b, 7: i5 [uj etrnv Evavriov x« 1 . Sjcou u.ij Imv äBiSvarM 
Sv tTi) 9 flapijYai. Aber daraus darf man nicht auf die önvergHnglichkeit eines 
Körperlichen schliessen. äSüvatov ylp Tili SXi|V lyatti uJ] oxboy^eiv mut to cVsmfov. 
jc&vtii ulv y>P svetvsu to Gepiibv ?, w eJSü «Voty«« , jcäv S' eh« äSilvaiov 3} Beptib» 
I] (JBu 3) XtuxdV £n« fap ti itaDrj xc^upmuivs („denn€ann wären diese Eigen- 
schaften etwas Fürs ich besteh endes"). ff o3v, l-.xi äu.« j> y to nonrcnibv iw tö jib- 
Ihjtixbv, ät\ to [ilv noitl to Si näu^Ei , aäJvaTov |ii] jitTaßiXXEiv. De coelo I, II. 
283, a, 29: kein Ungewordenes kann vergänglich und kein Unvergängliches 
entstanden sein, denn es konnte diess nur sein, wenn es in seiner Natur lSge, 
bald zu sein bald nicht zu sein, tüv St toioJtojy f] aürii Siivau.i( ttj; ävTipajEiu; 
«ii ij BXi; aitia tcü ;Tv i: xa'i jai{. 
2) Metaph. IX, 9. 1051, a, 15 scheint iwar Aristoteles selbst das Gegen- 
tbeil au behaupten, wenn er sagt: iviyxii Sk x^ fnt tiüv xkxÜw tb täo; xal tt,- 
tWpYCtav eTvbi X,(tpov Tvj; Suvatuu>(' to vip SuvzpiEVOV t»jto äjitpiu rivavxia. Bijiov 
äpa Bit ojx euti t'o xaxbv Ttapi tb rcpiYH-OTa' uaTEpon f«p t^ ifiiatt xb xaxbv Tijt Bu- 
u&|Utu(. Diess heisst aber doch nur: da jede äüvai«; die Mügliclikeit entgegen- 
gesetzter Bestimmungen in sich sc b Hesse (s. o. 160, 2), so könne dem Suvöut' 
Sv nicht schon eine von zwei sieb ausschlies senden Bestimmungen, wie gut 
und boee, beigelegt werden, wie diess in der platonischen Schule geschehen 
war, wenn die Materie hier für das Böse erklärt wurde (vgl. lato Abtb. 487, 4. 
489, 1). Der letzte Grund des Bösen kann darum aber doch in dem SuviiU! 
Sv, der Materie, liegen, and Aristoteles selbst deutet diess a. s. O. an, wenn er 
fortfährt: o-Jx äpa ouB' eSi to1< e'£ ip^Jj; xa'i Tot; äi'Bioi; oÜSe'v tanv QÜtc xcmbv oün 
«[iapt)i|ia oEte luf 8of [livov ■ xa\ ykp i\ BiafBopä tüv xkxüv Jctt!v. Im Ewigen ist 
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Badentaug d. stofflichen Urssehe. 387 
Körper gleichfalls ans einen bestimmten Stoffe besteben '). Die 
Veränderung und Bewegung hat nur im Stoff ihren Sitz und wird 
von einem den Stoff in wohnenden Streben nach der Form herge- 
leitet *). Nur im Stoffe werden wir endlich den Grund des Einzel- 
dasems finden können. Die Form, wie diese im Begriff gedacht 
keine UnvoUkommenheit, weil ei immer hc^ e;'i ist und somit die Möglichkeit 
entgegen gesetzter Best im man gen »usschliesst, well sein Begriff immer schlecht- 
hin in ihm verwirklicht war und verwirklicht sein wird; die Schlechtigkeit 
und UnvoUkommenheit aber könnte doch nur darin bestehen, dass die Be- 
schaffenheit eines Dinge seinem Begriff nicht entspricht. So wenig daher du 
Suv4|mi Sv selbst schon das Böse ist, so ist es doch der Omnd und die Bedin- 
gung desselben; Aristoteles selbst redet desshalb Phys. I, 9. 192, a, 16 von 
dem «utoicot'ov der 3Xr„ und giebt er »ach za, dass sie nicht an sich nnd ihrem 
Wesen nach, sondern nur abgeleiteter weise das BGse sei, sofern sie nämlich 
als das Formlose des Goten ermangelt (vgl. S. 334. 338, 1), so ist es doch eben 
dieser Msngel nnd diese Unbestimmtheit, worin für die Dinge die Möglichkeit 
begründet ist, neben dem onten auch die entgegengesetzte Beschaffenheit an- 
»nnehmen: dss Ewige, welches entweder gar keinen oder einen schlechthin be- 
iturunten nnd geformten, keiner entgegengesetzten Beechnffenheiten fähigen 
Stoff hat, ist nicht faofa, wo umgekehrt Wandelbarkeit und Wechsel ist , weist 
dies« immer auf eine Schlechtigkeit und UnvoUkommenheit, (Hiertiber vgl. m* 
auch Etb. N. TU, 15. 1154, b, 38: [UTaßoXi] äi itavtuiv viumSraTov , xatä tbv 
T»tT|-rfjw, Gut sovijptav i'.va. tüajitp yap ävSpuno; tujirtajioXo; a noVTjpbc, xcü }) »«Satf 
ijttop&ni [incßoXij:' oü fif äx\f[ ou8' tictiutifc.) So werden wir anoh finden, dass 
Aristoteles alle on vollkommenen Formen des naturlichen Daseins aas dem 
Widerstreben des Stoffs gegen die Form ableitet, nnd ebenso hatte er für die 
Erklärung des moralischen Uebels auf den Körper zurückgehen müssen , der 
äherbaupt in seinem System dss einsige Subjekt des Leidens nnd der Verän- 
derung sein kann, wenn er nicht diese Frage, nie sich nns später ergeben wird, 
in grosser Unbestimmtheit gelassen hatte. 
1) Aristoteles selbst hat diese Einwendung nicht Obersehen, und begegnet 
ihiMetspb, VIII, 4. 1044, b, 6 mit der Bemerkung: Irft 5i t5W fuolxüv uiv «S- 
3iw> 51 oüoiü». SOXot Wyo;. loiu; yis evia oux fyei ZXry', ?, oi lotonjTrjv (wie die 
¥'jsw«\ xoi veWTjTai o4o;m) nXla [ijvov xoxa xijtov xrvijTijv. Aehnlioh XII, 2. 1069, 
b, 34. Der Aether nämlich, aus welchem der Bimmel nnd die Bimmelskörper 
bestehen, soll (wie «einer Zeit gezeigt werden wird) ohne ivavn'uieic und dcsi- 
bilb «ach ohne SubsscnsveriUiderung sein, er hat keine der Eigenschaften, auf 
denen ter Gegenaefl» der Elemente nnd ihr Uebsrgang in einander beruht. 
Aber die Friige ist eben, wie diese sein kann, wenn er doch ein Stoff, jeder 
Stoff aber ein iuvtyit Bv nnd jede StWautc die Möglichkeit entgegengesetzter 
Zustande ist. 
3) Hierüber sofort das Nähere. 
raUos-LOr. n. Bd. I.*büi. 17 
3V Google 
wird, ist immer ein Allgemeines *), sie bezeichnet nicht ent Dieses, 
sondern ein Solches *); zwischen den Einaelwesen, in welche die 
untersten Arten auseinandergehen, findet kein Art- oderFonnunter- 
schied mehr statt*), sie können sich somit nur noch durch ihren 
Stoff von einander unterscheiden *}. Jedes Einzelwesen bat dess- 
halb die Materie an sich 6 ), und jedes körperliche Ding ist ein Ein- 
zelwesen °): Aristoteles gebraucht „sinnliche Dinge" und „Einzel- 
dinge" als gleichbedeutend *}• Wenn die Materie alles dieses be- 
wirkt, so kann sie sich, sollte man denken, nicht blos durch einen 
Mangel, durch das Nocbnichtsein, von der Form unterscheiden, 
sondern sie müss etwas Eigentümliches zu ihr hinzabringen. 
1) ß. o. 148,$. 160. und dWäMtlSo« ais Gegenstand de« Begriffs 146,1. 
386, 1 Tgl. m. 8. 110, !. 
8) MeUph. VII, 8. 1038, b, 31 : die Form Ut nicht aueer den hu einem 
beatiinmten Stoff bestehenden Dingen, iikkä tb toidvSi ut^atm, tqge St xA üfto- 
pivw oix forty, iXXk xoi»1 ul yiw? fx nStt xomSvos. Eben dieses Ut aber Ate 
unter* cheidende Merkmal de» Allgemeinen; *. o. 139, 1. 
8) S. o. 160, 6. 146, 3. 
4) MeUph. VII, 8, SchL (vgl. o. 10. 1086, b, 37 ff.): A ie Fom verbindet 
' eioh mit dem Stoff, iö 3' Snav t[Si] x'o xouivoi 1T804 lv totffe ttfls eap£\ xai iormf 
)ücXi!«< xat S<oxpfrnji' nei Sxipov [ilv 3rä xijv SXijv, Mob 70p, xaihb 6t xtjl iBct- 
öro|j,oy fip tu eßo(. X, 9. 1068, m, ST: ijaiäij im t'o |itv lifo« t'o FEXt,, Bomuiv 
tv 1$ lÄ-füi sWty ^avTiiTTjTt; (ß|[ xonSoi JitfOpiv , fioai 3' tv tu ouviür,(ij(iinu Ttj 
Sil] oü «oiauoiv. Bio avSptamu XnaoriK ou xoufi oüSi [uXavii .. . <öf Blij fap S «*- 
9pwno4, od jroifi 81 Sufopi» (einen Artautersohisd) J] S3u)- olx «vBp&itoi» -f«p e^i 
»lex» ot ÜvSpuicoi 6>.a toöto, xsItm Exepsi al aif xi( xat x£ iura i\ tav S6t xak 53s ' 
sili io oiivolo* iripov [iiv, EiStL 3' ou^ twpov, ün ev t&) lifoi oJx lim» Ivmxlbint. 
So werden wir auch finden, dui das echleobthin Immaterielle im Menichei, 
der v«3«, nichts Individuelles sein soii. 
6) MeUph. VII, 11. 1037, a, 1: xat tunrot yip BXi) tts I«™ o («i fori Tf jfr 
■bat x«\ £Äo; eritb xa9' aixb «Ali iu5c «. XII, 10 s. o. 333, 4. 
6) M. b. s. B. MeUph. I, 6. 988, a, 1: Plato macht die. Materie tum GtmiA 
der Vielheit, xouhoi aupßalvii f ' ivayxuuj . . . ol p*y y *p ix xi|[ ZXqt ntOXk icotoüaiv ' 
. , . f atnpn ä' ex [«« Blitf nU tpantCa, wu aber Plato freilich auch nicht Uug- 
net, denn gerade weil derselbe Stoff mir Gin Exemplar giebt, bilden die kör- 
perlichen Dinge aneh dann noch eine Vielheit, wenn kein Artttntsisohied unter 
ihnen lUttfindet, wie dieai Arietotelei «elbst ja gleiolif alle annimmt. 
7) So Metaph. HI, 4 («, o. 8. 336, 1): wenn es niehU anaser den Einiel- 
dingen gäbe, eo existirte nur Sinnliche«. XII, 8. 1070, a, 9: ofatu Ss xpüf, i. 
usv Sir, t6tt Tt oSaa xjp ipaivKrflai . . . jj 6s «itoic (bior=Ef6oj) xdSr xi, 1I4 ijy, aok fii; 
Tic Jti Tptxi] ij ix touTuj«, Jj xafl' sxaoxa. De ooelo I, 9 (nach dem S. 160, 4 An- 
geführten): tiut o3v loiv oipavöt alo%tb(, xß» x«6' £xoaxov S> id|- to ^ip ab> 
»•ITb» Snov iv xjt Wfl ftic^x». 
.. L :' ;i ,GOOgk"- 
Di« Form und die S'nbstan*. 259 
Diese Bedeutung des Stoffes werden wir aber um so höher an- 
schlagen müssen, wenn wir uns erinnern, dass der Philosoph nur das 
Einzelwesen für etwas Substantielles im vollen Sinn gelten lässt >). 
Ist nur das Einzelne Substanz, ist andererseits die Form, wie wir 
soeben gehört haben, immer ein Allgemeines, und liegt desshalb 
der Grund des Einzeldaseins im Stoffe , so lässt sieh die Folgerang 
schwer umgehen , dass in ihm auch der Grund des substantiellen 
Seins liege, dass nicht die reine Form, sondern nur das ans Form 
und Stoff Zusammengesetzte Substanz sei. Ja da die Substanz als 
die Unterlage (üwoxifftevov) definirt wird *), die Unterlage alles Seins 
aber die Materie sein soll J ) , so könnte diese sogar für sich allein, 
scheint es, den Ansprach machen, dass sie als die ursprüngliche 
Substanz aller Dinge anerkannt werde. Diess kann jedoch Aristo- 
teles unmöglich zugeben. Nur der Form soll ja volle und ursprüng- 
liche Wirklichkeit zukommen, der Stoff dagegen als solcher ist die 
blosse Möglichkeit desjenigen, dessen Wirklichkeit die Form ist; 
es kann mithin nicht allein der Stoff nichts Substantielles sein, son- 
dern es kann auch aus seiner Verbindung mit der Form kein Sein 
hervorgehen, welches höher, als das der reinen Form, wäre. Und 
Aristoteles setzt ja auch unzahligemale die Form ausdrücklich der 
Substanz gleich *); er erklart, bei allem Ursprünglichen and Für- 
sichbestehenden sei das begriffliche Wesen von dem Ding, welchem 
« zukommt, nicht verschieden 5 ), so dass demnach in ihm die Sub- 
1) 8. S. 237 ff. 
J) S.o. 197,4.229 1. 
3) 8. 8. 237 f. 
i) Z. B. Hetaph. I, 3. 983, a, 27. in, 4. 999, b, 12 ff. VII, 4. 1030, b, 5. 
*■ '. 1082, b, 1. 14 (dSoc 8k X£f<ü tö zi ?,t (hat {x&truou x«1 "ri]v itpunjv oäotav . . . 
Wf« P oWow ävsu ÜXijs tb x! Jjv sTvou). o. 10. 1035, b, 32. o. 11. 1037, a, 29. 
c 17. 1041, b, 8. VIII, 1. 1042, a, 17. c. 3. 1043, b, 10 ff. IX, S. 1050, a, 5. 
gm. et corr. H, 9. 335, b, 6. Meteor. IV, 2. 879, b, 26. c. 12. 390, a, 6. part. 
".1,1. 641, a, 25. gen. au. I, I. 714, a, 5. Vgl. 8. 146, 1. 
5) Hetaph. Tu, 6 wird auf die Frage {1081, a, 16) jrfttpev rairiv iVnv i) 
t«fw> te ti JJv iTvai f, bootav; geantwortet: verschieden seien sie uar dann, 
wenn ein Begriff einem Ding xat« aup.ß>8nxi>c (all blosses Prädikat) ankomme, 
wein er dagegen sein Wesen Belfast ausdrücke, seien sie Ein nnd dasaelbe: 
aar Begriff de» Weissen z. B. sei etwa« anderes als der !UukÖ( «vSpumot, da« 
t<\ cW dagagim ron dem h, da* ayatl™ iTvai rem dun i-p&W, «d>aneo (wia c 
10. 1036, a, 1 Tgl. VIII, 8. 1043, b, 2 beifügt) das x&tAW Am von dem »ii*A*v 
3V Google 
360 Aristoteles. 
stanz des Dings liegt; and als das schlechthin Wirkliche lisst er 
nur die schlechthin stofflose Form, den reinen Geist, geltet. Et 
liegt hier also eine Schwierigkeit, ja ein Widersprach vor, welcher 
die tiefsten Grandlagen des Systems zu erschüttern droht. Es ist 
diess dem Philosophen auch nicht ganz entgangen: in der Metaphysik 
wirft er die Frage auf, in was die Substanz der Dinge denn eki 
eigentlich zu suchen sei, ob in der Form oder dem Stoff oder dem 
Ganzen, aus beiden Zusammengesetzten? 0- Allein seine Antwort 
lautet ziemlich unbefriedigend. Er giebt XU, dass der Stoff eigent- 
lich nicht Substanz genannt werden könne *); andererseits wagt er 
ihm aber diesen Namen auch nicht ganz abzusprechen, da er doch 
die Unterlage alles Seins, das Beharrliche im Wechsel ist •>; die 
Auskunft jedoch, dass der Stoff eben in einer anderen Weise Sub- 
stanz sei, als die Form, diese in Wirklichkeit, er nur der Mogücb- 
das fy-jyf! tlvoi von der tyuyii ttfoht verschieden ; andernfalls hatte (um ändert 
Gründe in übergehen) der Begriff kein Dasein und die Dinge kein« Erkenn- 
barkeit (tiv [ilv oix tcrttti fatrojun, Ta S' oix for« Svn 1031, b, 8). Dien gut 
von Allem loa pi] xaV iXAo [äXXou) Xtynai, iXXi xafl' aSti xoi Jtpöka (ac. tW>). 
1031, b, 13, vgl. 1032, a, 5: twv Xpe&ttH xar *a6' aüii kfojjAiov to kicKu [Tili 
x«.1 Exkettov -rb «kb xa\ Fv fori. c. 11. 103T, s, 33 ff. 
1) TU, 3, Anf.; alt Subnte.ni kennte viererlei betrachtet werden: dwni 
■f[v slvii, das xafl.fl.ou, das ffvo;, da* fi»roxiiu*vov. Unter dem letzteren aber kau 
entweder die CXi) oder die [Mpyfi oder du aus beiden Bestehende vorstanden 
werden. Ton diesen Stücken wird aber daa xaf)i\ou und ebendamit stillschwei- 
gend auch daa -(evoc (Aber dessen TerhUtnias *nun(eQftou S. IST f. gesprochen 
wurde) c. 13 beseitigt (vgl. S. 229, 1), und da nun die e. 3 auffallender Weise 
unter dem uitoxilguvoy aufgeführte uappi) mit dem x'. ^v cTvst zusammenfallt, so 
bleiben nur die obengenannten drei Bedeutungen der oüaia übrig. Vgl. B. 13, 
Auf. Till, 1. 1042, a, 23 ff. Ebd. c. 9. 
2) Metaph. VII, 3. 1029, a, 37, nachdem mehrere Gründe dir die An- 
nahme angeführt sind, dass die Substanz im Stoff bestehe: äBiiwarov M* xtäfif 
Tb xwpio-ubv xol Tb tW« ti Snip^tiv BoxeT |iilnrra Tf[ oüirfa, Bio to tftot xa\ to S 
ijiaölv »Wi SifetEV äv sTvai uÖUbv r?,( iiii](. Weiter rgl. m. 6. 233 ff. 
3) Metaph. VIII, 1. 1042, a, 82: ort 3' fett» oisä xoi 5j EIjj ffißov- tv eis«! 
-fifj toi( övnx(t|ievcu4 [Utaßo^oT; fcrrt ti to ÜKoxEifiEVov Tat; uaraßolcuf. Vgl. 8. SM l 
IX, 7. 1049, a, 34: das Substrat des TdBi ti ist 51ij xat c&ria liiixjj. VH, 10. 
1086, a, 1 : tt oäv liril to |tiv SXn] t'o B ' eQoi tö 3 ' ex w Jtwv, x«\ oioia )j -re 61j] «* 
ti (TBoc xa'i tb ex ToiiTb». Phys. I, 9. 192, a, 3 (vgl. S. 236, 1- 224): tj)i(1( |itv fk 
BJiijv xott trrfpTjtiiv fttprfv pafuv iT«ki, xoi toJtiuv to [ib oüx Bv sW «rr« <juj*.p«pn»-«t, 
t^v üli)» , t)|v äi artpqstv xri' afivijv, x« 1 ! djv \th «Vyb* *"1 oiioiav «**, tVS1j)», 
t^v £i aT»fiiiliv-oiBau.5(- 
,Godgle* 
Di« Form und die Subatanc. 261 
keil nach '), ist sehr unzureichend, denn was sollen wir uns unter 
einer Mos potentiellen Substanz, einem Anundfürsichseienden, wel- 
chem die Wirklichkeit noch fehlt, denken? Soll ferner die Form 
die eigentliche Substanz der Dinge, das Wirkliche im höchsten Sinn 
sein, und wird sie als solches nicht allein dem Stoff, sondern auch 
dem aus Stoff und Form Zusammengesetzten entgegengestellt *), so 
hat doch Aristoteles nicht das Geringste getban, um uns zu er- 
klären, wie diess möglich ist, wenn die Form als solche immer ein 
Allgemeines, das Einzelwesen umgekehrt mit der Materie behaftet, 
die Substanz dagegen ursprunglich Einzelsubstanz ist. Ebensowenig 
sagt er nns, wie die blosse Form das Wesen und die Substanz sol- 
cher Dinge sein kann, zu deren Begriff eine bestimmte stoffliche Zu- 
sammensetzung gehört '), und wie der eigenschafts- und bestim- 
mungslose Stoff die individuelle Bestimmtheit der Einzelwesen er- 
zeugen kann, welche sich doch nicht Mos wie verschiedene Abdrucke 
Eines Stempels verhalten, sondern sich qualitativ, durch bestimmte 
Eigenschaften, unterscheiden. Nicht unbedenklich ist es endlich, dass 
das Entstehen und Vergehen nur den Dingen zukommen soll, welche 
ms Form und Stoff zusammengesetzt sind, nicht der Form oder dem 
1) Metaph. VIII, 1. 10«, a, 26: fori 8' ouda tö Sjioxeiiuvov, äX\u>( [itv *i 
&H, ... ÖXluf 8' S Xiyosxoit J) ftopfi), ... Tpfcov 61 tb ix toJtiuv. c. i, Anf.: fttrt 
3' f| [ilvwi 6ftOKEi|jivii xot ü( BXjj oüoia ä-j.oloyv.im, 06-715 8' lf-'- v *1 Suvdtjü i, Xotit'ov 
iV ü; bspyttov oüolav xffiv obOijTSv alicltv ti{ hui. Ebd. Schi.: »awpbv Srj ix xüv 
flpijitW ti! f, «bBijTti aiaia iar\ xit jrüj ■ fj jüv -jap ü; SXij, f, S' Jjj [ioptfr,, Üti 
■Wofiia- f| St TpiTJj J; eh TOjTiuv. XIV, 1. 1088, b, 1 (gegen dag platonische Groan- 
rnidkleine) ; oviyxr, Ti inajt&u SXnv tTvai t'o Biiviiui tolqÜtov, rära xa'i oMic tb 
S sfös ti oBte Buviu.£i 0Ü7!* otrn ivtpYtfa- 
2) Metaph. VIII, 3, Anf.: (vioit lavtovii jciTspcv ai|iwlvB ti övoiia rijv aüv~ 
inov oMav I) ri|» ivip-jiiav xel t)|V |iapfd)v, sfov i| olxf« nänp«v Wjjifiov toB xoivoE 
In ox6:a»p.K & itXfotuv xa'i Xiflwv i&*l xtiiiiviuv , 1) 1% «vep-j-eiat xat wB itooui Sn 
<nm*3)i«. Vit, S. 1029, ft, 5: si Tb eToo; ttj< SXijs lupänpov xat tiüliov Sv, xoft toB 
5 tpf 6b nporepov fmn. Z. 99 : Tb ißoc xat -a % äjie'tirv oiWa Bit-tiCT äv Aai jmX- 
lo* Tiii tDugc.. ri)v [itv Totvuv i£ i(j.yotv oäoistv, Xfrio 81 -rtiv & te t^( BXj]( xa\ rfj( 
I^Wfc, äfE-riov- iaripa 7»p xa'i aVpWj. 
3} Aristoteles unterscheidet öftere solche Begriffe, die eine reine Form, 
und lolcbe, die eine an einem bestimmten Stoff haftende Form ausdrücken; 
fa stehende Beispiel fflr die letzteren ist das otp.bv im Unterschied vom xdtXov, 
ferner die Axt, die SHge, das Hans, die Bildsäule, auch die Seele. M. vgl. Phys. 
B, 1. UM» a, 1!. II, 9, SchL (i. 8, 149, 1). De an. I, 1. 408, b, 2. D, 1. 412, b, 
11. sbtapb, VII, ä, u. 10. 1035, a, 1 ff. b, 14. e. 11. 1087, s, 29. 
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an Ariitotele». 
Stoff selbst 0; denn kann anch der Stoff als solcher nicht eitstan- 
den sein, so ist es doch schwer, sich die Formen des Gewordenen 
ungeworden zu denken, wenn dieselben weder als Ideen für sich 
existiren, noch anch der Materie ursprünglich anhaften. In allen 
diesen Schwierigkeiten stellt sich das Gleiche heraus, was wir früher 
bei der Bettachtuns; des Substanzbegriffs bemerken konnten: da» 
in der aristotelischen Metaphysik verschiedenartige Gesichtspunkte 
verknüpft sind, deren widerspruchslos« Vereinigung ihrem Urheber 1 
nicht geglückt ist. Einerseits halt er an dem sokralisch-platonischen 
Grundsatz fest, dass das wahre Wesen der Dinge nur in dem liege, 
was in ihrem Begriff gedacht wird; dieses ist aber immer ein All- 
gemeines. Andererseits erkennt er doch an, dass dieses Allgemeine 
nicht ausser den Einzelwesen dasei, und er erklärt daher diese für das 
Substantielle. Wie aber beide Behauptungen zusammenbesleben kön- 
nen, diess weiss uns auch Aristoteles nicht zu sagen, und so ent- 
stehen denn die obenberührten Widersprüche: dass bald die Form 
bald das Einzelwesen, welches aus Form und Stoff zusammengesetzt 
ist, als das Wirkliche erscheint, dass der Stoff Wirkungen hervor- 
bringt, welche sich dem blos Potentiellen unmöglich zutrauen lassen, 
dass derselbe zugleich das unbestimmte Allgemeine und der Grund 
der individuellen Bestimmtheit sein soll u. s. w. Wenn daher die 
aristotelische Lehre über Stoff und Form, Einzelnes und Allgemeines, 
schon bei den griechischen Peripatetikern , in noch weit höherem 
Grad aber im Mittelalter, die verschiedensten Auslegungen erfahren 
und zu den entgegengesetztesten Behauptungen Veranlassung ge- 
geben hat, so können wir uns darüber nicht wundern. 
Nichtsdestoweniger ist diese Lehre von der äussersten Wich- 
tigkeit für das System. In der Unterscheidung der Form und des 
Stoffes, des Wirküchen und des Möglichen, liegt für unserri Philo- 
1) Metaph. VII, 15 (». o. 148, 3). e. 10 (a. o. 256, 1). VIII, 1. 1042, *, 2»: 
TptTov 81 tb h Toiituv (Form und Stoff) , oi yiikm povou xot ?Bop& fort. o. 1 
1043, b, 10: OÜS16J) 5 öv(lpiuirf( eoti to £<uuv toi Sixouv, äXXä u Sei shm '4 jwpi 
Taüxi &w , il th38 ' GXf) ... f\ o-Jaio ■ o füaipoürct i tJjv 5Xt) v Xiyoumv. t! o3v tob: 
arnov to5 (Tvai xst nüainj (so Besitz), touto *ütf,v «y tjjv oOniav Xfjoitv. äviy*?i or, 
wüir,» 9J itötov «Not ?) pflaprtjv ävni toü pSifpiatt« *«i Y!T &yi ' UB1 * ,!U T0 " TT" 8 "" 
... Tb slfiaj oöfiäc notit oijfii ysvvä, iXXs noifirat püe (wofür Bon. vermnlhet: icwÄ 
ttt t48») yffvHai St tb tx toiItidv. 0.5, Auf.: tesi S' eW sviu ynfouuf not yflop« 
fori xsi oOx fony, ofov a\ orif ja«"!, äittp tlar», xat 81tu< ii tTSr) xoi *t fi.of<f i'i, oü fif 
to leuxbv TtTViiai, iAXi to &JXoy Xsuxqv. Vgl. S. 23S, 8. 136, 3. 
i „Google 
Wechselbeziehung tob Form und Stoff. $■$ 
soptaa des hatiptaicUkhate Mittel mir Lösung der Schwierigkeiten, 
treldie die «eteehysiscken Fragen den Früheren ja den Weg legtet. 
Mittelst dieser Untarfebeidinig erklärt er es, dass du Einheitliche 
zugleich ein Mannigfaltiges sein kann, dass die Gattung und die 
unterscheidenden Merkmale zusammen Einen Begriff, viele EtueL- 
wesen Eine Art, Seele und Leib Ein Wesen Bilden '}; dtreh sie allein 
gewinnt er die Möglichkeit des Werdens, an dessen Erklärung mit 
allen Andern auch Plato gescheitert war; gerade um diese ist es 
ihm aber, wie wir gesehen haben, bei jener Unterscheidung vor 
Allem zn thun. Wenn sich Stoff und Forin als das Mögliche und 
das Wirkliche verhalten, so stehen beide in wesentlicher Beziehung : 
es liegt im Begriff des Möglichen, dass es ein Wirkliches werde, und 
im Begriff des Wirklichen, dass es die Wirklichkeit des Möglichen 
sei; wie alles, was wirklich sein soll, möglich sein muss, so kann 
auch umgekehrt verlangt werden, dass das, was möglich ist, irgend 
einmal wirklich werde, denn was niemals wirklich werden wird, 
das ist auch nicht möglich '}. Aristoteles versteht ja unter der Mög- 
lichkeit nicht blos die logische oder formale, sondern zugleich die 
reale Möglichkeit: der Stoff ist an sich, oder der Anlage nach, das- 
selbe, dessen Wirklichkeit die Form ist, er weist daher durch sich 
selbst auf die Form hin, ist der Formbestimmung bedürftig, er hat, 
wie Aristoteles die Sache darstellt, ein natürliches Verlangen nach 
der Form, bewegt sich durch ihre Anziehungskraft ihr entgegen, 
wird durch sie soUioitirt, sich zur Wirklichkeit zn entwickeln *)- 
Die Form andererseits ist dasjenige, was dem Stoff seine Vollendung 
giebt, das in ihm nur der Möglichkeit nach Gesetzte zur Wirklich- 
1) VgL 6.148, 1. 243,2. 268,4. Dean. 11,1. 412, b, 6. e. S. 414,», 19 ff. 
2) Ariit widerspricht mar Metapb. IX, 3 der megarischen Behauptung, 
diu etwas nur so lang« möglich sei, ab es wirklich ist; aber er verbietet auch 
(ebd. c. 4, Auf.) eu sagen: Eti Suv&rov jjiv ™Sl oux ärtai Si, weil das, In dessen 
Natur es liegt, nie *u sein, auch kein Mögliche« sei, und er läugnet deasbalb 
(wie 8. 256, 1 nachgewiesen wurde), data bei Dingen Ton ewiger Dauer etwa» 
vorkommen könne, was nur möglich, aber nicht wirklich wäre. 
3) M. vgl. was S. 238, 1 aus Fhvi. I, 9 angeführt wurde, und was sieh 
uns später über die Art ergeben wird, wie die Gesammtbeit dea Stoffliche*, 
oder die Welt, durch die Gottheit, und der Leib dnreh die Seele bewegt wird. 
Nu darf man bei dem Btrebeu oder Verlangen (iipkrScu, öpiSY&jBai) , welches 
Arial, dem Stoffe beilegt, natürlich nicht an eine bewuaste TbUigkeit, sondern 
blos im Allgemeinen an einen im Stoffe wirtenden Trieb denken. 
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2M Aristoteles, 
k«it bringt, sie tat die Energie oder KaletecUe der Mtterie •)■ 
Die Bntelechie der Materie aber, die Verwirklichung dee Möglichen 
als solchen, ist die Bewegung *): d»s Verhiltnisi von Form und 
Stoff führt ans zu der Untersuchung aber die Bewegung and ihre 
Grunde. 
1) Diese beiden Ausdrflcke werden ran Amt. (wie Tbkbdej.brbuib De 
in. 296 f. und Sob.webi.eb Arist. Metaph. IV, 221 f. 178 f. Beigen , und wie . 
auch schon S. 341, 1 bemerkt wurde) in der Regel nicht unterschieden , und ( 
wenn er dies* an einsehen Orten in thun scheint, bllt er doch den Uatn- 
schied so wenig feit, das» sich ihr Terhiltniss bald so, bald umgekehrt be- 
stimmen würde. So wird die Bewegung gewöhnlich die Entelechie des Stoffes, 
die Seele die Entelechie des Leibes genannt (vgl. Phys.III, 1. 200, b, 16. 
201, a, 10. 17. 28. 30. b,4. Till, 1. 251,«, 9. De «n. II, 1. 412,», 10.21. 
27.b,5. 9. 28. 418, n, 5 ff. 0.4. 415, b, 4ff.); Metaph. IX, 6. I jedoch (1048,6, 
6 ff. Tgl. Z. 1. 1 060, a, 80 ff.) wird die Bewegung aar Energie gerechnet, wah- 
rend sie sich doch andererseits von ihr (ebd. c 6. 1048, b, 18 ff.) unterscheiden 
soll, wie das Unvollendete vom Tollendeten, so daas nur die Thntigkcit Ener- 
gie Messe, deren Zweck in ihr selbst liegt, wie das Sehen, Denken, Leben, 
Glückseligsein , diejenige dagegen, welche Ihren Zweck ausser doli Bat und 
mit seiner Erreichung aufhört, wie das Basen, Gehen u. s. w., Bewegung. 
(Uaber diese zweierlei Thltigkeiten s, m. auch c. 8» 1060, a, 23 ff.). Ja Me- 
taph. IX, 8. 1047, a, 80 scheint itTtXfyeia den Zustand der Vollendung, ivfyjta 
die auf seine Erreichung gerichtete Thätigkeit, die Bewegung, eu bezeichnen 
(Soxsl fkp äVp-fd« [lilicr« f, xlrijOif eTvai), ebenso C. 8. 1060, a, 22. Für den 
Vollendungasustand steht tnMfjm »och De an. 11,6. 417, b, 4. T. 10. 418,*, 4. 
(DessMetsph.XI,8. 1066, h, 16.33 wiederholt tvtprn« steht, wo Pbye. HI, 1 fctt- 
idyua hat, ist bei derUnsohtbeit dieses Absahnitta unerbeblioh.) Anderswo heiast 
die Bewegung eine tWpYtis änXJ)(, lv. tou «mIoÜ^, und wird als solche von dar 
öcltXöf fWp-fS!! tqü Tsrelco|i£vou unterschieden (a. n. 266, 3). Auch für diese steht 
aber h-.{kifiix, e. B. De an. II, 5. 417, a, 28, und der gleiche Ausdruck kommt 
für die reine stofflose Form, die Gottheit, vor, Metaph. XII, 8. 1074, a, 35. 
c. 6. 1071, a, 86. Phys. III, 3, Anf. wird die Wirksamkeit des Bewegendes 
•Wp-fita, die Veränderung des Bewegten l-mkiyaa. genannt, was auch gsni pas- 
send erscheint, da dieses, nicht jenes, durch die Bewegung anr Vollendung ge- 
bracht wird; im Folgenden steht jedoch ivxtXfyux von beiden, und Metaph, 
IX, 8. 1060, a, 30 ff. heisst es mit Beziehung auf die oben unterschiedenes 
awei Arten von ThStigkeiten ! bei denen, welche ihren Zweck ausser siel 
haben, sei die Energie in dem Bewegten, bei den andern in dem Wirkende!. 
Es IBsst sich so für die Unterscheidung der beiden Ausdrücke kein fester 
Sprachgebrauch nachweisen. 
2) Phys. III, 1. 201, a, 10. b, 4: Sj -raS Suvijui 3vto< ArrcX^cut )j ToraGw, 
xfviioit lotiv ...j] toÜ SuvbtoB, fj Snvatby, ImXfyua pswpb» Bn xtvqafg iemv. TUM* 
261, B, fl: ysjjiv 6i] rf,v xfvtiaiv Am brnkfytnv tou xiwjtoÖ f) xiviridv. Dasselbe 
Metaph. XI, 9. 1086, b, 16. 83 ; ». vor. Amu. 
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Bewegung. 2d5 
8. Die Bewegung and das erste Bewegende. 
Was Aristoteles mit der eben angefahrten Definition ausdrucken 
will, bat er selbst erläutert. Die Bewegung ist die Entelechie dessen, 
was der Möglichkeit nach ist, d. h. sie ist diejenige Th&tigkeit, wo- 
durch das vorher nur als Anlage Gesetzte Dasein erhält, das Be- 
stimmtwerden der Materie durch die Form, der Uebergang von der 
Möglichkeit in die Wirklichkeit *)» die Bewegung des Banens z. B. 
1 besteht darin, dass das Material, aus dem ein Haus werden kann, 
wirklich zu einem Hause verarbeitet wird. Sie ist aber die Ente- 
lechie des Möglichen, nur als eines solchen, d. h. nach der 
Beziehung, in welcher es ein blos Potentielles ist; die Bewegung 
des Erzes z. B-, aus dem eine Bildsäule gegossen wird, betrifft 
dieses nicht, sofern es Erz ist, denn insofern bleibt es unverändert, 
insofern war es aber auch schon vorher der Wirklichkeit nach, son- 
dern nur sofern es die Möglichkeit, zur Bildsäule gestaltet zu wer- 
den, in sich enthält *). Diese Unterscheidung findet übrigens, wie 
natürlich , nur da ihre Anwendung, wo es sich um eine bestimmte 
Bewegung handelt, denn diese vollzieht sieh immer an einem sol- 
chen, das schon irgendwie wirklich ist; fassen wir dagegen den 
Begriff der Bewegung allgemein, so ist sie überhaupt das Wirklich- 
werden des Möglichen, die Vollendung der Materie durch dieForm- 
bestimmung, denn die Materie als solche ist ja blosse Möglichkeit, 
die noch in keiner Beziehung zur Wirklichkeit gelangt ist. Unter 
diesen Begriff fällt nun aber alle und jede Veränderung, alles Wer- 
den undVergehen; nur auf die absolute Entstehung und Vernichtung 
würde er nicht zutreffen, da bei dieser auch der Stoff hervorge- 
bracht oder aufgehoben würde, eine solche nimmt aber Aristoteles 
auch gar nicht an *). Wenn er daher auch das Werden und Ver- 
1) Dm* nur ditsser Uebergang, Dicht der dadurch erreichte Zuatand, nur 
die Verwirklichung, moht die Wirklichkeit mit dem Ausdruck Ente- 
kcliio oder Energie gemeint iit, liegt theils in der Natur der Sache-, tbeila in 
der wiederholten Bezeichnung der Bewegung als einer unvollendeten Energie 
(9. !68, 3, tQi, 1). Auch sonst unterscheidet Aristoteles mischen beiden: die 
hut i. B. soll deeshalb keine Bewegung «ein, weit die Bewegung in jedem 
Augenblick unvollendet, sie dagegen vollendet, jene ein Verfolgen, sie ein Er- 
reichthaben des Ziele, eine Folge der vollendeten Thätigkeit ist; Eta. N. X, 
3.4. VII, 18. 1153, a, 1!. 
3) Pbya. III, 1 (Metäpb. XI, 0). 
t) S. o. 235, 8. 288, 2. 
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9fß AiiitottUi. 
gehen für keine Bewegung gelten lassen will, and desshtlb ngt, es 
Bei zwar jede Bewegung eine Veränderung, aber siebt jede Ver- 
änderung eine Bewegung l ) , so ist doch auch dieses nur ein rela- 
tiver Unterschied, der sich im allgemeinen Begriff der Bewegung 
aufhebt; wesshalbauchAristoteles selbst anderwärts *) „Bewegung" 
und „Veränderung" gleichbedeutend gebraucht Das Nähere über 
die verschiedenen Arten der Bewegung gehört der Physik an. 
Alle Bewegung also ist ein Mittleres zwischen potentiellem 
und aktuellen) Sein, eine Möglichkeit, die zur Wirklichkeit hinstrebt, 
und eine Wirklichkeit, die noch an die Möglichkeit gebunden ist, 
eine unvollendete Wirklichkeit. Von der blossen Polentialität unter- 
scheidet sie sich dadurch, dass sie Entelecbie ist, von der reinen 
Energie als solcher dadurch, dass in der Energie die auf einen Zweck 
gerichtete Thätigkeit zugleich ein Erreichthaben des Zwecks ist, das 
Denken z. B. im Suchen zugleich geistiger Besitz des Gedachten, 
wogegen die Bewegung im Erreichen des Ziels erlischt, und darum 
nur ein unvollendetes Strebes ist *). Auch jede bestimmte Bewe- 
gung ist daher Uebergang von einem Zustand in einen entgegen- 
gesetzten, von dem, was ein Ding zu sein aufhört, in das, was 4 
erst werden soll; wo kein Gegensatz ist, da ist auch keine Ver- 
1) Phys. V, 1. 226, a, 10. 34 u. ö. s. n. 
1) Z. B. Pbys. III, 1. 101, ■, 9 ff. c. 2, Auf. IT, 10, Sohl. VIII, 1. 
!6l, a, 9 u. 0. 
3) I'hye. III, 2. 201, b, 27: toB 81 Soxliv nSpinov ihai ri)v xtvqotv afctov 5c 
oüte efe Sürajw tujv SvTKiv oüts ilt btipTttan Im 8flv«! criri]» öocXcfc- oilts Y«p w 
Suvircbv juwbv «Tvnf xivtttccE iE avifXT;; oän i'o rVip/fiü» icoobv, fj n xlvr-otj itkfn 
fiiv Tt{ «&«i Boxe!, ä-nM)c 6'' «fl™» 6' (w itiUf ti <uvnbv, sä iaiiv 4)iyepYu«. Sit 
«ei des»halb weder eine ar^ijois , noch eine 6jva|u; , noch eins tvipyua «U;. 
(Paaielbe Metapb. XI, 9. 1066, a, 17). VIII, 6. 267, b, 6: xivünt tb «vjjriv 
toüto S ' äarl äuva|ui xivoiifiivov oix sVeXi^eis' vt 3i Bwipi et( iviii^eiav {kSAju- 
?3Ti 8' f| k(vi)«c iVtiM£«a xiwjtoS i-ralijt. Tb 5e xivoüv irjätrj Svspysia soriv. Meupt 
IX, 6. 1048, b, 17: erat 31 xüv npc&uv iuv irrt xipat oü&pfc TÜ*t ölÄi xöv inp 
t'o tA»(, otbv tou ia/valvctv f| is^vawia, ai:i 31 Stbv (ay vaivfj oStbjc «Wv Iv xtmjoi. 
|1J) &Kapxovta """ * vlsa h *ivT,(ri(, oüx fori tbütb späS« i) oil teXiIs yi- oü yip tu«, 
ÖXA ' ixEtvi] iWip^ii tb rtXo; *al f, Jtpö^tt . . . oü ynp «(»« ßaöiCti xai ^Eßoöan, 
oJB' olxoSajiit xai uixoSopiXE* a. u. w. JcLpaxt 31 xaä öpi ä|ia to ajxb xot voclw . 
V(vi7]x£v Ti)V pl* o5v Tounltijli tVpY«OT l^f<u, Ex*!«]* 31 xmptv. VgL o. 8. 1050,1, 
23 ff. und oben 8. 264, 1. Dean. 11,6. 417, a, 16: xat y«p i'irev jj xf^m; Mp< 
yeii Tt( ättMjt pAwL III, 7. 431, a, 6: Jj ykp xivjjoif tou öteXoS? fotpfiui r[v, f ( f 
änXüf Jv(pY»B tt^pa ^ tou 
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Bewegang. 207 
indemng l > Aus (Kweoi Grunde setzt nun alle Bewegung zweierlei 
vorans, ein Bewegendes und ein Bewegt«, ein aktuelles und ein 
potentielles Sein. Das blos Potentielle kann keine Bewegung er- 
zengen, denn ihm fehlt die Energie, du Aktuelle als solches eben- 
sowenig, denn in ihm ist nichts Unvollendetes und Unentwickeltes; 
die Bewegung ist nur tu begreifen als die Wirkung des Aktuellen, 
oder der Form, auf das Potentielle oder die Materie *), und auch 
in dem, was sich selbst bewegt, mnss doch immer das Bewegende 
ein anderes sein als das Bewegte, wie in den lebenden Wesen die 
Seele ein anderes ist als der Leib, und in der Seele selbst, wie wir 
unten noch finden werden, der thätige Theil ein anderer, als der 
leidende 8 ). So wenig daher ohne den Stoff oder das potentielle 
Sein ein Werden möglich wäre, so wenig ist es ohne ein Wirk- 
I) Phy». V, 1. 234, b, 36 ff. 336, a, 10. Metaph. VIII, 1. 1042, a, 33. 
XU, 2, 1069, a, IS: al; ivmtuävttt «v itn ttti xdUxoavav <tt [irr«{toX«l' avtrpni Sj] 
imaBöJkXuv tj)v 5Xi)¥ Suvc^Uvt|v ipyw ivA äl Sirr'ov t'd Sv, [mtiS&Iu sav h toÜ 
iuvi|ui öviof dt to ivtfyilq ov. 
3) Phys. III, 2 (8. 366, 3). VIII, 5. 267, b, 8. Metaph. IX, 8 bes. 1050, b, 
8 ff. XII, 8. s. o. 286, 3. Phys. VII , 1 : Sxav to xivoujuvov &isi xtvot ma-pm w- 
väiln: auch bei dem scheinbar aicli selbst Bewegenden könne die beiregte 
Miterie nicht zugleich du Bewegende sein, denn wenn ein Theil derselben 
ruhe, so ruhe such das Gante, Bnbe und Bewegung des sich selbst Bewegen- 
den aber könne siebt von einem Anderen abhängig sein. Der wahre Grund 
jener Bestimmung ist indessen der oben und Phys. TU, 2 angegebene. Gen. et 
c-orr. II, 9:fweder die Fenn für sich, noch die Materie für sieb erkläre das 
Werden; Täjt jae« -fip SXjjj t* jciaj_Ei* isi'. xed tö xtväaQcu, xb Sl notEtv xel xivit» 
&pat Gws^üu^ Weiteres 8. 234 ff. 
3) S. vor. Anm. and Phys. III, 4. 366, », 12: ein anwyti xcd auji^ufej kann 
nnmüglieh eich selbst bewegen; fj fäp tv xot ouvigEt |iv) «pjj, toiItji ämB^ (vgl. 
Hetaph. IX, 1. 1046, a, 38)- all' fj xsjjwpisrai, rail-nj to |isv MfintE icouEv Tb Gl 
lia^iu. Kein einheitliches Wesen bewegt demnach sich selbst, iXk' ävfrf»] 
äffjjiijsSai tö xivoüv h IxitiTüi njHK W xivotfjuvov, o!ov im "cuv äi(.-j^uv Qpwfuv, ötsv 
»inj ti tS» fjj.i^ujruv aütä- älXa ouu.fla£vti xoi TaÜra üni tivo; äil xivilrfai- fEvaiTo 
i'iv favspbv Staipoüal tat «hi«. o. 6. 257, b, 3: «Mvitov 8i) tö oüto s&to xivouv 
wij xwfiv suVtb «StiJ ■ (pEpotro fap Üv SXev xsü tp^pot tjjv aux^v ipapiu , Iv Sv not 
3-o[isv t& ilSei u, s. w. eti Siupinai Sri xivihat to xivjjtiIv u. s. w. (s. 8. 366, 3). 
Von einer „Identität des Bewegenden und Bewegten 11 (Bibsb PhiL d. Arist. I, 
W2, 7. 481) kann daher gerade nach Aristoteles am Wenigsten gesprochen 
"erden, und data es solche* giebt, das mgleioh bewegt und bewegt wird (Phys. 
III, 3. 302, a, 3 u. ü.), beweist nach den eben angeführten Erklärungen nicht 
du Geringste dafür. 
JigiiizBdby Google 
368 4riit*talM. 
liebes möglich, das ihm als beweg«»»} Ursache Torausgeht, »ad 
auch wo sich das Bmzeine «tu der blossen Mögttokkeit rar Wirk- 
lichkeit entwickelt, wo mithin jene in ihm selbst früher ist, als diese, 
mnss ihm doch ein anderes Einiemes in aktueller Existenz voran- 
gehen : das organische Individuum entsteht ans den Samen , aber 
der Same wird von einem andern Individuum berrorgebraoht — das Ei 
ist nicht früher, als die Henne ')• Ebenso aber umgekehrt: wo ein 
Wirkliches mit einem Möglichen zusammentrifft, and keine Süssere 
Hemmung dazwischentritt, da entsteht immer die entsprechende 
Bewegung *). Der Gegenstand, worin diese ihren Sitz hat, ist du 
Bewegte, oder der Stoff, der von welchem sie bewirkt wird, du 
Bewegende oder die Form, so dass sie also eine gemeinsame Tha- 
tigkeil beider ist, die aber in entgegengesetzter Richtung von ihnen 
ausgeht ■}. Die Wirkung des Bewegenden auf das Bewegte aber 
denkt sich Aristoteles durch eine fortdauernde Berührung beider 
bedingt*}, und diese Bestimmung erscheint ihm so nothwendig, 
1) Metaph. IX, 8. 1049, b, 24: äA Ix toü Suv£|ut «vrof YiYvrtcu to Jvcpyilt 
Sv iüo ivtfätla Övtoj, oTov sv9piuTra( &i ävBpt&nau, p.0U9txb( iah («iwixou, SA xrvuEv- 
xii tivo; npÜTOU' 1050, b, 3: ^avspöv Sti Jtpittpflv TrJ oi<j(a Ivtpyuo. Buva[uo*' *<>'■ 
£oicEp e"7:o[i£v, toD ypiävou SA xpoXapß&vii sWpTEia top* irpo topaf tut t% «ä in 
Kivoüvioj' soiiTti«. XII, 3 («. o. 385, 8). XII, 6. 1071, b, 22 ff. c. 6. 1072, «, 9: 
icpOTEpov eVpviia Suva^E»( . . tl oe |iAXsi yivtatt kA a6&p« ihm, üXa Sfi bTvii iv. 
EVEp^aSv SXXiot x«L JXXm;. Gen. an. 11, 1. 7S4, b, 31 : im fiati ffvccoi )) -e^ttj 
Sic' ^vtpftE? övtoj f(vET«t tx toQ SuvipiEt toiojtou. Phya. III, 2, Schi.: eTBo; 61 kö 
oIoETai ti rb xtvoüv, .. B iorat apj^)] xo> afnov tSJs xivjJtews, Brav xlvjJ, oTov & ^v-eeXe- 
/e!» ävOpiiKtot itoiEi eh toü Buvijui övto( ävflptüwrou «vBpiorto*. Ebd. c. 7. VHI, 9. 
265, a, 22. Metapb. VII, 7. o. 9, Bcbl. IX, 9, Sohl. XU, 7. 1072, b, 80 ff. De 
an. II, 4, Auf. III, 7, Auf. V#J. auch 8. 247. 
2) PIivb. VIII, 4. 265, b, 8 ff. Ueber den Grand davon s. m. 8. 28B. 
8) Phys. III, 3, wo diesi ausführlich erörtert wird. T, 1. 224, b, 4. ebd. 
Z. 26: -fj x(vj]oi( oix Ev tö iT&ei iXk' h tö xivw|wVm xal xmjtö xar* &ipvuw. 
VTI, 3: die «IXotwoii kommt nur beim Körperlichen vor. Do an. III, 2. 43B,a,t: 
ei 8 ' eotiv ^ xfoigot; xa\ f] tuo(t]3i; xtft ti JtiBo; iv tfii iroioupÄru . . . ^ yip To3 wonf- 
TixoB xoit xivt)twou EvtpYEi« eSi nji sfcrYovrt Eyrivrwt. 8i)i oix i»«Yxi] t'o xroüv xi- 
vEiaBai ... ^ itohjais x«\ J| JiiBijoit iSi to) itiffX.oyn äXV oiJx iv tö «oioBvtt. Wei- 
teres 8. 349 f. 
4) Phys. Ol, 2, Schi.: f| x!vt](n( (vrtJivtts toü xtvnTOS )j xtwjTäV oujiBaivti S 
toSto 8fl-(l toü xivrjTtxolj , Sofl' ä[ia xa*t niayji. VII, 1. 342, b, 24. TU, 2, Am".: 
TÖ 81 itpffirav xivoSv ... äua t<J xtvoti|iEvtji Ini- Xffto Gl to ä|j.a, Btt oiSA rätn 
«ärßv [utoH' toöto y^P xoivök M navr'af xtvoujiivDu xeft xivoSvtdi isriv, im w- 
fort von allen Arten der Bewegung bewiesen wird. Gau. et oorr. 1,6. 322,h,!l. 
Bawegangi JjflQ 
daes er neb von dam schlechthin Uiikörperlicben belnnptet, es 
wirke durch Berührung; selbst das Denken soll das Gedachte durah 
Berührung desselben in sich aufnehmen 0, — das Gedachte verhält 
sich aber flu Denkenden, wie die Form zur Materie *) — und eben- 
so soll sich die Gottheit als das erste Bewegende, wie wir sogleich 
finden werden, mit der Welt berühren s ). Welche Bedeutung freilich 
dieser Aasdruck beim Unkörperlichen haben kann, hat Aristoteles 
nicht weiter erläutert. 
e. 9. 327, a, I. Gen, an. II, 1. 734, a, 3: xivstv ti fkp ja); «nänfvov ääüvatov 
Vgl. 8. 360, 3. Das* diese Berührung de« Bewegenden mit dem Bewegten nach 
Aristoteles nicht Mob eine einmalige, durch die ei nur den eisten Anstoss er- 
hielte, sondern sine wahrend der ganzen Dauer der Bewegung fortgehende 
sein soll, erbellt namentlich aas seinen Annahmen über die Wurfbewegung. 
Hier scheint eich ein Korper au bewegen, nachdem ei aufgehört hat, mit dem 
Bewegenden in Berührung zu stehen. Diess kann aber Aristoteles nicht zu- 
geben; er nimmt daher an (Phya. VIII, 10. 266, b, 37 ff. 267, b, 11 vgl. IV, 8. 
315, a, 14. De ineomn. 2. 469, a, 29 ff.) , der Werfende bewege zugleich mit 
lern geworfenen Körper auch daa Medium, durch welches der letztere sich be- 
wegt (wie Luft oder Wasser) , und zunächst von diesem gehe die Bewegung 
des Geworfenen aus, wenn es sich rom Werfenden entfernt hat. Weil aber 
diese Bewegung fortgeht, nachdem die des Werfenden aebon aufgehört hat, 
wahrend doch nach seiner Voraussetzung die des Mediums zugleich mit der 
du Werfenden aufhören muss, greift er su der seltsamen Auskunft, dasa das 
Medium noch bewegen könne, wenn es auch selbst nicht mehr bewegt werde; 
'ty Ü[A» **&»[ XIVOÜV XOt XlYO'jfAEVQV, aXXi KW0U|UUSV |l£V iüut StXV Ö HIVÜV lt«lj- 
ir,wi xtvüv, xivdÜv Si sti M (267, a, 6). Das Gesetz der Trägheit, kraft dessen 
jede Bewegung fortdauert, bis sie durch eine Gegenwirkung aufgehoben wird, 
iit ihm demnach noch sieht bekannt. — Wie sieh freilich die natürliche Be- 
wegung der Elemente, vermöge deren jedes derselben dem ihm eigenthüin- 
licluu Ort anstreben soll, ans einer Berührung mit einem Bewegenden ableiten 
Uwe, wurde schwer zu sagen sein; ist doch durch das, was t'hys. VIII, 4. 
251, b, 33 ff. De coelo IV, 3, Sohl, steht, nicht einmal dargetban, dass sie fiber- 
t wpt von Anderem bewegt werden. 
1) Metaph. XII, 7. 1 073, b, 20 vgl. IX, 10. 1051, b, 24. 
2) Ebd. XII, 9. 1014, b, 10. 29. De an. III, 4. 439, b, 22. 39 ff. 
3) Gen. et oorr. I, 6. S22, b, 21: nichts kann auf Anderes wirken, was 
tkh nicht mit ihm berührt, and bei allem, was zugleich bewegt und bewegt 
wird, muss diese Berührung gegenseitig sein (823, a, 20 ff.); frei 5* tu; blart 
W*" ti> xneQv earaotiai [iivou toÜ xivoupmu, is S* änrf|uyov |i)| Sjectoöoh irrro- 
r^w (das Berührende berühre kein solches, von dem es wieder berührt wird) 
' ■ - &en ä ti xtvß ib;iv7]TOv 5v , ixäm jtsv äv Sbttwco toü xivqtoQ , ixdvm St ovSiv • 
W« fip Ivvnt tot Xuieowres Surnrtai 4jj«Üv, ilX' oix aüt&l ixefvou. Dasa dies* 
fralUiaichtimehrlBt.alseni Spiel mit Weiten, liegt am Tage. 
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270 AriitoMat. 
Aus diesem Begriff der Bewegung folgt nun , dass die Bewe- 
gung überhaupt so ewig ist, wie die Form und der Stoff '), deren 
wesentliche Beziehung sie darstellt, dass sie weder Anfang noch 
Ende hat. Denn wenn sie angefangen hätte, so rofisstcn vor diesen 
Anfang Bewegendes und Bewegtes entweder schon gewesen sein, 
oder nicht. Sind sie nicht gewesen , so mössten sie erst geworden 
sein, es hStte mithin vorder ersten Bewegung schon eine Bewegung 
stattgefunden. Sind sie gewesen, so lässt es sich nicht denken, 
dass sie nicht auch bewegt hätten, wenn es damals schon in ihrer 
Natur lag, zu bewegen; war diess aber nicht der Fall, so hätte erst 
eine Wirkung eintreten müssen, durch welche sie diese Beschaffen' 
heit erhielten, wir hätten also auch in diesem Fall eine Bewegung 
vor der Bewegung. Das Gleiche gilt aber auch nach der anderen 
Seite hin. Das Aufhören einer Bewegung ist immer durch eine an- 
dere Bewegung bedingt, die der ersten eine Ende macht: wie wir 
dort zu einer Veränderung geführt würden, welche der ersten vor- 
angienge, so hier zu einer, welche der letzten nachfolgte. Die Be- 
wegung ist mithin ohne Anfang und Ende, die Welt ist nie entstan- 
den und wird nie vergehen *). 
1) lieber dieac Tgl. m. 8. 235, S. SS8, 2. 
2) Phys. VDI, 1. Denselben Sata beweist Aristoteles De ooelo I, 10— 11 
gegen die, welche iwar einen Anfang, aber kein Ende der Welt annehmen. Der 
Hauptgedanke dieses ziemlich verwickelten Beweises liegt in der Bemerkung 
(c. 12), dass Anfang und Endlosigkeit , Ende and Anfiuigslosigkeit eich ans- 
8 cb Hessen. Wu wahrend einer unendlichen Zeit sein kann, da« kann nie sieht 
sein; denn da nur dasjenige möglich ist, ans dessen Wirklichkeit nichts Un- 
mögliche* folgt (a. a. 0. 281, b, 15 und oben H. 160, 2), so m&nts, wenn etwas 
zugleich die Müglichkeit beoHsse, unendliche Zeit in sein und irgend einmal 
nicht an sein, auch ans der Annahme, es sei wirklich naendliehe Zelt und sn- 
gleiob irgend einmal nicht, nichts Unmögliches folgen (freilich kein guia bfln- 
diger Sohlues). Was somit unendliche Zeit sein kann, das kann nie nicht sein, 
und umgekehrt: was ewig sein kann, das ist ewig, was irgend einmal nicht 
sein kann, das ist tob beschränkter Dauer, es hat einen Anlang und ein Ende, 
das rtvrftev fällt mit dem ?8aprbv, das kfttrpm mit den «ipSapTO» und die«« bei- 
den mit dem äfttov zusammen (Tgl. hieau 8. SM, 1). Warum tollte auch, was 
unendliche Zeit nicht war, gerade in dioeem bestimmten Zeitpunkt in sein an- 
fangen, oder das, was unendliche Zeit war, gerade in diesem Zeitpunkt in »ein 
aufboren (a. a. 0. 983, a, 11)? Was usgsworaen od« UTergtagiioh ist, kann 
dien nicht zufälligerweise, sondern nur remOge seiner Natur seht, seine Nato) 
mos» die Möglichkeit des KehtseliM ausflchliossen; nsagekehrt, waa entstanden 
. .Google 
Dsi erste Bewegende. 271' 
Ist aber aaoh die Bewegung -nach dieser Seite hin unendlich, 
so mnss sie doch nach einer andern begrenzt sein. Wenn jede Be- 
wegung «1s solche ein Bewegendes voraussetzt , so lässt sich die 
Bewegung Oberhaupt nur unter der Voraussetzung eines ersten Be- 
wegenden erklären, das nicht wieder durch Anderes bewegt wird, 
denn ohne diese Annahme kämen wir zu einer unendlichen Reibe 
der bewegenden Ursachen; aus einer solchen könnte aber niemals 
eine wirkliche Bewegung hervorgehen, weil sie nie zu einer ersten 
Ursache führte, ohne welche doch keine von allen folgenden wirken 
könnte; nnd dieser Folgerung lässt sich auch nicht durch die An- 
nahme ausweichen, dass das Bewegte sich gegenseitig bewege, denn 
das Bewegende muss immer schon sein, was das Bewegte erst 
wird *)> Dasselbe kann also nicht zugleich und in derselben Be- 
ziehung bewegend und bewegt sein. Es muss also ein erstes Be- 
wegendes geben. Dieses könnte nun entweder selbst wieder ein 
Bewegtes nnd mithin ein sich selbst Bewegendes sein, oder ein 
Unbewegtes. Der erste von diesen Fällen führt aber auf den awei- 
ten zurück, da auch in dem sich selbst Bewegenden immer das Be- 
wegende von dem Bewegten verschieden sein muss. Es muss 
also ein Unbewegtes geben, welches der Grund aller Bewegung 
ist *). Oder wie diess anderwärts kürzer gezeigt wird: da alle 
Bewegung von einem Bewegenden ausgehen muss, da dieses ferner 
nicht Bios ein Mögliches, sondern nur ein Wirkliches sein kann, da 
endlich die Bewegung anfangslos ist, so setzt sie ein Wirkliches 
voraus, das ebenso ewig ist, als sie selbst, und das als die Vor- 
aussetzung aller Bewegung unbewegt sein muss s ). Es giebt dem- 
nach überhaupt dreierlei: solches,, das nur bewegt wird, und nicht 
oder vergänglich ist, dessen Natnr mnss sie mit sieb bringen; es ist daher 
gleich unmöglich , dsu das Gewordene unvergänglich und dass das Ungewor 
(Jene vergänglich sei (h. a. O. 288, a, 39 ff.). Noch ein weitster Beweis für die 
Ewigkeit der Bewegung, welcher vom Begriff der Zeit ausgeht (Phys. VIII, I. 
läl, b, 10 ff.), wird uns im nächsten Kapitel begegnen; das Gleiche liesse »ieh 
xu dem Satze (Phys. VI, 6) dertban , dass jede Bewegung eine frohere vor- 
»nwetse. 
l) VgV 8. M7 f. 
I) Phys. TUT, B Tgl. VH, I. 
3) Metaph. Xltl, 6. c. 7. Anf. Vgl. II, J, wo ausgeführt wird, daes weder 
^* tewegesden, noch die formalen, noch auch die ZwaokurBiioheu einen Bflok- 
pug in'e Unendliche gestatten. 
i „Google 
272 Arietotele*. 
bewegt (die Materie), solches das bewegt und bewegt wird (die 
Natur), und solches, das Dur bewegt, aber nicht bewegt wird (die 
Gottheil) 0- — Wie wenig übrigens diese Bestimmung im aristo- 
telischen System allein steht, konnte auch schon unsere frühere 
Erörterung zeigen. Das Wirkliche im höchsten Sinn kann nur iu 
der reinen Form ohne Stoff, nur in dem absoluten Subjekt liegen, 
welches als Einseines sogleich das Allgemeinste, als die vollendete 
Form zugleich die bewegende Kraft und der Zweck, der Welt ist *). 
Die Stnfenreihe des Seins, welche vom ersten formlosen Stoff auf- 
steigend sich erhebt, kommt erst in der Gottheit xu ihrem Abschlags. 
Und von dem letzteren Gesichtspunkt war Aristoteles wirklich in 
einer der verlorenen Schriften beim Beweis fiir's Dasein Gottes 
ausgegangen *). Anderswo *) hatte er den Götterglauben popu- 
lärer aus zwei Quellen abgeleitet : aus der Selbstbetrachtung, welche 
in dem Ahnungsvermogen der Seele die Spuren des Göttlichen auf- 
zeige, und aus der Betrachtung des Himmels s ); wie laut die Schön- 
heil nnd Ordnung des Wellganzen von der Gottheit zeuge, führt er , 
1) Phys. VIU, 6. 266, b, 20. Metaph. XU, 7. 1072, a, 24. De an. III, ID. 
433, b, 13. 
2) Vgl. Ü. 233. 247 f. nnd wu unten aber die Gottheit als die höchste 
Form, die reine Energie, den obersten Eodeweck »niufBhren sein wird. Metaph. 
XII, 7. 1072, «, 33: fam äpturov öit (in jeder Beihe des Seienden) 4 «vAlot"" 
Tb icpwwv. * 
3) SiHi-L. De coelo, 8choL in Ar. 487, a, 6: Urii 3t rup\ tot toi* li tois *epl 
<t>D.aa<i<fLai (s. o. S. 58 f.). „KaWlou yap iv att Ist; ti Bätiov, rV toifrott iarin 
xai äpunov. eitel ouk Jv to"( oSsiv (crAv Bio £Uou ß&Tiov, ionv öpee ti xai öpiotoi, 
ttKp «fy Sv tb flslov." (Des folgende ist nicht mehr Citat aus dar ariatoteliaohan 
Beitrift, sondern Erläuterung der Stelle De coelo 1, 9. 379, *, 32 ff.) 
4) Vielleicht gleichfalls in einer Stelle der Schrift it. «tiitxjwpiat- 
f>) Seit. Math. IX, 20: 'Apiorot&nj Se inb fiuolv ipyßv e'vvoiov Btüv tlrf; , 
■frf oWv« ev toi; avöpiöjtoi; , in (i tt ttuv inpl tij v 4"*X^I V ct'l'.ßvevniw xa'i in b tü> 
JlETblipWV. äiA ' (btb (liv TWY Jtlf'l tj]V I^U^V OU(lp«lVÖVTIllV Bia to : j( t\ ioi( Sir*oit 
ynopAouc Tailrr,; JvflouOiM(A0ü4 uzt ti; fiavisia;. orav yip , fijaiv, iv Ttji Sltvoii 
xa6 ' loutjp -[i'vr.tai f] ijta^J] , toti t)jv TSiov inoia^o Üoi tpäsiv ttpapavmJtT« ti x»'i 
TtpoaYOpsiitt ti |i&Äovta, TOia^Trj 6e Jori xai iv tüi x«i tbw OavxTov ^tupCJsaOai tun 
aufianav. So lasse ja Homer Patroklus and Hektar im Sterben Weissagungen 
aussprechen. U toüttov ouv, ?»|dT¥, faivdi)BHv ot ävQpioitoi dvai ti Bshv, tu x«fl' 
lautbv [-b] foixbc tij ijiuxfi *Ä ä«vtiiiv •itianjjiovLtijbiJiTov. iUa 8J| wä mco rfiv |«- 
Tiiupciv 6saoi[«voi fip |ut' fjptpay [aev fjXiov TtipiRsXoGvta, viIxTjip 51 t9)v IÜTBXT0» ' 
tum ilÄuiv itrripiuv xtwjjiv , (vcifuaav (Tvai riv« Stöv TOV tij( T0iC«iT>|4 wfliasox wl 
iiHa£iaf altiov. 
3,g,1 EE dbyG00dk 
Du eilte Bewegende. JJ8 
in eiqeui bekannten Bruchstück ans ')- Auch diele Darstellungen 
finden ihre Berechtigung in seinem System, wenn wir auch immer- 
hin Einzelnes darin ohne Zweifel aus ihrer minder strengen Haltung 
oder aus einer älteren, dem Piatonismus noch näher stehenden, 
Gestalt seiner Lehre zu erklären haben. Das Ahnungsvermögen, 
das sich in weissagenden Träumen und enthusiastischen Zuständen 
offenbart, ist nur eine unklare Aeusserung jener Kraft, welche als 
thätiger Verstand das Band zwischen dem menschlichen und dem 
göttlichen Geist bildet *); die Schönheit der Welt, der harmonische 
Zusammenhang ihrer Theile, die Zweckmässigkeit ihrer Einrichtung, 
die Herrlichkeit der Gestirne und die unverbrüchliche Ordnung ihrer 
Bewegungen weist nicht allein auf die Sterngeister, in denen wir 
später die Lenker der himmlischen Sphären erkennen werden, son- 
dern auch über sie hinaus auf das Wesen, von welchem die einheit- 
liche Bewegung des Wellganzen und die Zasammenstimmung alles 
Einzelnen zum Ganzen allein ausgehen kann ')• Wenn daher Ari- 
1) In der glttnienden Stelle b. Cic. N. De. II, 37, 9ft, welche in ihrem An- 
fang an das platonische Bild von den Höhlenbewohnern (Rep. Vif, Auf.) erin- 
nert: «i essen! , gut tub terra eemper habitaviteent , . .. aceepütcnt uutemfama st 
oudätone, ea*e quoddam numen et vim Deorum: demde aliquo tempore, patefaeti» 
terrae faucibtu, es illii abditit ntdibut evadere in haec loca, quae not iacolimtu, 
atque extre petuitieni t cum repente terram et maria cotlumque tridiisent, nubiwa 
iHujHifuiIinBin vtrttorumqae vim eognomuent adtpexuienique solrrn ejutque tum 
iwpütudiinem pulcfirüudinemque tum etiam eßcientiam cognovietenl , guod U 
fa afficeret lato coelo face diffuta t cum autem terra» nor, opaeattet, tum eoc&tm 
tatum cernertmt aitrie dUtinctum. et ornatum lunaeque luminum varieiatem tum 
cracentü tum nenetcoUis eorumque omrmaa ortut et oeeatui atque tn omni aeter- 
«itate ratoi iinmutah'dejque curat«: haec cum mderent profeeto et etee Den* et 
Äset tanta opera Deorum etie arbitrarentur. NachCic. N. De. 11,49, 125 seheint 
Ariil such den IunJJBkt der Thiere inr teleo logischen Begründung den Gütter- 
gkubens heirUtat sfciaben. 
2) BierülJir tiefer unten. 
3) M. vgl. hierüber, ausser der 8. 275, 7 an zufahren den Stelle De coelo 
Ii 9, Metaph. MI, 7. 1073, a, So ff. (». u.), wo die Gottheit all du «pianm oder 
iu oä tvnca beieiefanet und eben hieraus ihre bewegende Einwirkung anf die 
Welt 1 «fahrtet wird ^namentlich aber c. 10, wo die Frage erörtert wird: xo- 
^p"K iyit fj teftEXou füjK ~'o äfaflbv noik tb äprarov , jcÄupov xcxwpieucVov n xcA 
«■jiö ho' aiv'o, j) rij-v t*.v, Ifipjfotfpiüi, £«7tap ircpitsuji». Bei einem solchen 
liege nämlich das Gute sowohl in dem Feldherrn, aj) in der Ordnung das Gan- 
Ka , in jentm aber noch uriprüngliehor , als in dieser. Mit einem Heere wird 
nun das Weltgasse verglichen: nävr« Si euytftaxT*! icuk, öl* afy ip-oiw;, xak 
ruio», d. Hr. IL Bd. g. AWh. * 18 
, p • 
SM Aristoteles. 
stoteles an den angc führten Orten den Beweis für das Dasein Gottes, 
naeb dem sokratischen und platonischen Vorgang *), auf teleologi- 
schem Weg führte, und wenn er anderswo die zweckmässig wir- 
kende Naturkraft der Gottheit gleichsetzt *), so ist diess nicht Mos 
eine Anbequemung an unwissenschaftliche Vorstellungen , sondern 
es hat in seinem System einen guten Sinn : die Einheit und Zweck- 
mässigkeit der Weit lässt sich eben nur aus der Einheit der ober- 
sten Ursache erklären. Indessen hat der Philosoph in seinen Haupt- 
werken den Beweis für die Wirklichkeit des höchsten Wesens nicht 
ebne Grund gerade an die Untersuchung über die Bewegung ange- 
knüpft, denn diese ist es, durch welche das unvollkommene Sein des 
Endlichen an sich selbst zu dem vollendeten der reinen Form hin- 
strebt; hier ist daher der Punkt, wo die Nolhwendigkeit diesesFort- 
gangs am Gegenstand selbst am Unmittelbarsten heraustritt. 
Wie nun dieses höchste Sein naher zu bestimmen ist, muss 
sich aus dem Bisherigen ergeben. Da die Bewegung ewig ist, so 
muss sie auch stelig (ouvc^O sein , sie kann mithin nnr Eine sein. 
Eine Bewegung aber ist die , welche von Einem Bewegenden und 
Einem Bewegten ausgeht; das erste Bewegende ist also nur Eines, 
und dieses muss ebenso ewig sein, als es die Bewegung selbst 
ist '). Dass ferner dieses Eine schlechthin unbewegt ist , erhell! 
itXuTst xtti mrfiä acü puti' *& oü^ ofcuc eyti, &m [ii| Aai OadJHu xpbt D&np« 
\ufitv, «M. ' ä«rri ti, Kpbt piv fap tv Sjcavra ouvt/toxtsi, nur das« jedes Wesen, tob 
dieser Ordnung um so Tollstlndiger beherrscht werde, je edler es sei, Simlitb 
wie in einem Hauswesen , wo die Freien einer strengeren Geschäftsordnung 
unterworfen seien, «Is die Sklaven, toiaürij yäp (xiorou ipf^ aÜTÜv 15 ipiotf 
iazii. Uyu S' oloy ik y% fe fiitnpiOqvsi äy&YXi] üfcastv Ö.f)SIv, xat illx o£tw( feA* 
uv xeivuvil änarcs et; to üXov. Alle anderen Systeme, ausser dem aristotelischea, 
müssen von entgegengesetzten Pricnipien ausgehen, dieses nicht, oi vstp fem 
jvuvtiov ttii Tipiiiü) oiBft (1075, b, 21. 24). Nehme man vollends mit Spensippna 
eind ganne Reihe ursprünglicher Principien an, so hebe man den Zusammen- 
hang alles Seins auf (m. s. die Stelle igte Abth. 8. 651, 1); ts ö Svth 06 ßoi 
lim mlmittoflai x«xü<. „eäa äyaSöv jtoikvxoipavh] ■ iT; xotpivot itrnu." VgL 
XIV, 3. 1090, b, 19, wo Demselben entgegengehalten wird: oilx üuu 8* jj fJsx 
imcftttuBn« eSoa ix tüiv ?ai»opi»*)v, (uj7t£p [ioy Üitfi Tp>>f ( r^' a > an ^ Ober den Aus- 
druck fewtoluifcif Poet c 9. Hol, b, 34. 
1) B. lste Abth. ß. 115 ff. 599 f. 
I) De eoelo 1, 4, Sohl.) ö Bis« xai t\ «iiat( oftSh p^tnv icoioüaiv. 
S) Phys. VIII, *. 259, a, lt. Vgl. S. 178» 3. üeber Stetigkeit und Binhwl 
dar Bewegung wird im wichst« Kapitel weiter an sprechen sein. 
Du erat« Bewegende. 2?S 
ausser dem früher Bemerkten auch ans der Stetigkeit und Gleieh- 
mässigkeit der Bewegung; denn was bewegt wird, das kann, da es 
selbst sieb verändert, keine ununterbrochene und gleichförmige Be- 
wegung- mittheilen '3; das erste Bewegende ist demnach ein sol- 
ches, dessen Wesen die Möglichkeit des Andersseins ausschliesst, 
es ist schlechthin noth wendig, und eben diese seine absolute Noth- 
wendigkeit ist der Zusammenhalt der Welt *). Unveränderlich aber 
and die Ursache einer ewigen Bewegung kann nur das Unkör- 
perliche sein, denn das Unkörperliche allein ist keiner Veränderung 
fähig *), alles dagegen, was einen Stoff hat, ist der Bewegung 
and dem Wechsel unterworfen 4 ), kann sich so oder -anders ver- 
halten s ); alles Körperliche ferner hat eine Grösse, und jede Grösse 
ist begrenzt, das Begrenzte aber kann unmöglich eine unendliche 
Wirkung, wie die ewige Bewegung, hervorbringen, da Bewegtes 
sa wenig eine unbegrenzte, als Unbegrenztes eine begrenzte 
Kraft hat *). Das erste Bewegende muss also schlechthin un- 
körperlich, uniheilbar und ausser dem Räume, ohne Bewegung 
Leiden und Veränderung, es muss mit Einem Wort die absoluta 
Wirklichkeit, die reine Energie sein 0; woraus dann auch wieder 
1) Phy«. VIIT, 6. S&9, b, SS. c. 10. S6T, », M ff. 
2) Metapli. XII, 7. 10TS, b, 7 : for'i B' tml n xtvoüv «äti «xlvt|Tov Sv, btp-rek 
i>, rotfro oix h&f/t -ii *W.w( 1/ eiv o!Sa]iü j . . 1% avi-ptj]( äp« la&i h m xal f, äviyxfl 
'üCm (d. b. lofent ea noth wendig igt, ist es gut, denn, wie dicas sogleich er- 
W*rt wird, seine rTothwendigkHit ist -weder eine anwere noob eine bloi re- 
liuYe, sondern die sbsolnto, du ^ hSi^ijMvov SAliu(, äXX' iri.iu( iva-fxiflov) . . 
äxiomSrilJ Spa äpy^S lJpTt]T«[ £ oüpayfl; x«"i J) ^llülj. , 
3) Wie dies» nacb dem Früheren keines Beweite« mehr bedarf. Alle Yer- 
Indenug ist ja Uebergang von der Möglichkeit zur Wirklinbkeit; dleserTJeber- 
(ug i«t nur da abgeaoli. litten, wo kein Stoff, mithin kein Suvipji Sv int. Vgl. 
»Her 8. 860, 1 aueli Pbyt. VI, 4, Anf. den Nachweis, dass alle*, was tich rer 
ändert, theübar Bein »(lue. So werden wir auch finden, dass die Seele an rieb 
»lbit unbewegt sein soll. 
4) Fbya. VIII, S. 269, b, 18. Tgl. vor. Ann. and 8. SM, 1. 
5) Metapb. XII, 6. 1071, b, 20 vgl. TU, 7. 1083, *, 20. o. 10. 1034, e, 16. 
0, 8. 1060, », 8 ff 
6) Phys. VI«, 10. 26.6, s, 10 ff. 267, b, 17. Meunb, XII, 7, Sohl. 
7) Metanb. XII, fi. 1071, b, IS ff. o. 7. 1073, b, 6. c 6. 1074. a, SB. e. 9. 
l »M» b, 28. IX, 8. 1050, b Tgl. d. vor. a. ä. folg. An«. De coelö I, 0. 319, a, 
i5: 'S" ö toü ojpaveQ Maurte Sri &6Y ürw» e5n (iWxitm ■f«»'**«" «ujut. ftMpbv 
■P« Sti ettj teim ouw iuv*v «Ott yjtwf rrin *M*v Bttmp oät' «t lamf tax«! 
, ., 18» 
Google 
976 Aristoteles. 
angekehrt mittelst des Satzes, dass alles Vielfache einen Stoff 
habe, auf die Einheit des obersten Princips und des von ihm Be- 
wegten zurückgeschlossen wird ')• Der Grund aller Bewegung, 
oder die Gottheit, ist mithin überhaupt das reine Wesen, die ab- 
solute Form Orä -rf üv eivoti tö «pflrov), die schlechthin ankör- 
perliche Substanz. Diese ist aber das Denken. Nicht allein in 
körperlichen Dasein ist die Form an den Stoff gebunden, son- 
dern auch die Seele hat eine wesentliche Beziehung zum Leibe, 
mir das reine, für sich seiende Denken at frei von aller Mate- 
rialität. Nur im Denken ist auch eine vollkommene ThätigkeiU 
Weder die hervorbringende Ocowtu»)'), noch die handelnde Op«- 
Tixri) Tbätigkeil ist vollkommen, weil beide ihren Zweck ausser 
■ich haben, und insofern gleichfalls eines Stoffes bedürfen 1 ); 
isffuxev, oStt xpövof ailta naicIpipäaxitY, oi6' faito oäBcvot oSBejaib pTapoX)] tmv 
Jtrlp tJ]v i^idtaTid tiTBTii^yii« ijjopin, ÜX' haüXoliota ia\ änaEüj -ri]v api«njV fiprm 
CwJ,v xot xijt aar ipxE(nÄt7]v ätatiXs! tov focarai bI&vb. Nach einigen Bemerkung bb 
aber den Ausdruck *K™ fuhrt »udann Aristoteles fort: tb toS narret oCpavaü 
tAo« x«1 t'o töv navr« x.P^'" v *■* ^i y äiMipia* mpäfm tAoj «luv £«tiv, öjrb wE 
&1 eTubi «Q.i]f u; iJ;y fjtoiviijiiav , äSavatoi xa\ 8slo(. S6cv xoi töI; öUoi; ^iJp-njTtti, 
Tat; H-^ BXpipYtTOptm -tS( B' ä|iaup£S(, tb [Jvai Tl xat tjjv. So »ei ja anerkannt, dass 
die höchste Gottheit (xb Oiisv tibv to upiÜTov xsl äxpiTorrav) uu veränderlich sein 
müsse. oü;t yip ällo xpifrtdv &rriv S Tt (Nominal.) xwijoei . . . , oüi' lj(Ei paöXov 
mWlv, oEt' Iv&tbz tüv aütsü xa^üjv o-jätvi; iartv. Ob diese Schilderung freilich 
aaf du» erste Bewegende oder das erste Bewegte (die äusserate Himmelsspliare) 
in beziehen sei, darüber waren schon die alten Ausleger getheüter Meinung; 
nach Bimfl. z. d- (it. gab Alezander, nnd so wohl auch seine peripatetisohen 
Vorganger, der zweiten, die jüngeren (neuplatonischen) Ezegeten der ersten 
Erklärung den Vorzug. Für Alezanders Ansicht scheinen im Folgenden die 
Worte: xst\ wtauaTon Srj xlnjaw xiveliat iiXiSfu; su sprechen, in denen duxNErtta 
mit einigen der von Simpl. beniitaten Handschriften in xwfl in verwandeln 
wegen des Weiteren kaum angeht; indessen kann als Suhjekt hiefür füglich 
2 aüpavbt erglnzt werden , wenn auch im Vorhergehenden von der Gottheit ge- 
sprochen wurde. Diess aber müssen wir deeahalb annehmen, weil der Gegen- 
stand dieser Erörterung ausdrücklich als das bezeichnet wird, was e£u toü od- 
pavoB, fijrlp tijv iJüiTÄTw <fopiv ist, als das L'nkörperliche, Unbewegliche, All- 
umfassende, das 8iio» itpürov xsi*. äxporaTov, der Grund alles Seins und Lebens. 
1) Hetaph. XII, 8. 1074, a, 31 : Sti Ge sT; oOpavbj, «aiif 6-i- H fap rcWeui 
oipaveä utimp ävflpiojtoi, fcnat eISei |ua fj inp't (mbotov äcj^i) , dpiflprfp W yi noD,i!' 
ÜA' Ü9K ipi6[iij> noXXi, CXijv ("xsi- £?; fäp lij-fo? xai h «ätbj felXßv . . tb Ök vi ^« 
dm qüx fyu SXtj» to Jcpüiov JvTcXl^sta yif. 
3) Eth. K. I, 7. c. 8. 1178, b, 8 ff., wo ausgeführt wird, dass man der 
Oottheit keine uraktiache Thatigkeit zuschreiben könne; Fcdit. VU, 3, Seil. 
Da« ente Bewegende. 277 
das höchste Wesen aber hat keinen Zweck ausser sich, weit es 
selbst der letzte Zweck ist '). Auch im Denken freilich ist noch 
die Möglichkeit von der Wirklichkeit, die Fähigkeit zu denken von 
dem wirklichen Denken (der OEupfaQ zu unterscheiden. Auf die 
Gottheit jedoch kann dieser Unterschied keine Anwendung fin- 
den, denn in ihr kann keine Möglichkeit sein, die nicht zur 
Wirklichkeit herausgearbeitet wäre, wie es denn auch im Men- 
schen nur seine endliche Natur ist, die ihm eine ununterbro- 
chene Denkthätigkeit unmöglich macht; ihr Wesen kann nur in 
unaufhörlicher, nie schlummernder Betrachtung, in schlechthin voll- 
endeter Thätigkeit besteben *), und diese Thätigkeit kann sich 
nicht verändern , denn für das Vollkommene würde jede Verän- 
derung ein Verlust an Vollkommenheit sein '). Gott ist also die 
absolute Denkthätigkeit, und eben sofern er diess ist, ist er der 
absolut Wirkliche und Lebendige, und der Urquell alles Lebens *> 
Was ist aber der Inhalt dieses Denkens? Alles Denken erhält 
De ooelo II, 12. 292, a, 22. gen. et corr. I, 6. 323, a, IS ff. (es könne dem Un- 
bewegten kein jcoifiv beigelegt werden, da dieses im Gegensatz gegen ein jtib- 
XttVBtehe). Vgl. S. 124,4. 
1) De eoelo II, 12. 292, b, 4: tö 8' i? äpiora e"xqvti qSGev Sil itpASttof Em 
■jap airb ib o5 hexa, J) 81 Ttp5?i( öei law lv iuo-lv, Ktkv x«l öS Ivex« )| xol tb toJ- 
tou rvEx«. 
2) Etb. N. X, 8. 1078, b, 20: t$ SJ) (Ski tö3 xpkmtt äcpcupoufiAsu, fci 61 
y-ÖUov toü wiceIv, t{ Itbtnni xltp hräpfo; Sert Jj toÜ BeoO ivipftia, (j.axapi<Jrnn 
Biwplpouoa, fl(iopi)TixJi Sv i% xol tölv ävAptuinW 3)] f] raiSri] juYYEVKrr&t») sJ8at[xo- 
VRWrihn. Metaph. III, 7. 1072, b, 14: Bicrriur)) 8' faw [tö npcuTOi xivouvn] ot» 
Jj apion) )iixpbv xpivov l)|fl>- oBi» -[4p £jt Ixdvö ETttv . . . IvEpytl 8t [o votsj f;(wv 
[to voijTiv] ... s!oSv oBtiuf c5 s/a, iöt Iju4i( Toxi, 5 6sb( itl, Dbujmwto'v ■ ff 81 jj.öX- 
3iov, fn 8«un«oicit£po» ■ e"j<_ei 3t 1I1S1. xa"t (ui) Be' y* tjcipx. 11 ' ^ T«P *•" ^PT et * ^ w 'li 
eVlvoj 81 ff eVp-jEta. c. 9. 1074, b, 28: man könne sieh das göttliche Denken 
weder ruhend, noch auch im blossen Potenzznstande befindlich denken, denn 
ä [it] wSijtiis (aktuelles Denken) lartv, äXla oiivajuc, [üXo-pv ftrironov eIvii tö auv- 
£jU »Stm tijj yoiJoEwt (vgL IX, 8, oben 256, 1). Ebd. Schi, (nach Bosits): wie 
das diacursive menschliche Denken (5 «vflpo'ijiivot voifc £ tüv ouvSfnov) sich in 
einzelnen Augenblicken verhalt, wenn es das Gute nicht an dem oder jenem, 
sondern als Einheit anschaut: ofj-ft* 8' e/ei h.M, a!>i;r t i $] viijoi; rbu Siravia «tüva. 
S) Metaph. XII, 9. 1074, b, 25: 8ijXov rotvuv Sn t'o Biiörarov xol tifiiÜTaro» 
VOfi X(Ä oä jlCTOßoäXci- E?( X^P° V T*P *1 H*™poMj xs\ XlV1]<j!( Tl( JjBl] TO TOLOUTOV. 
4) Metaph. XII,' '• 1072, b, 26: <paplv 81 xav 8tbv eftai Cffiov JfBiov Öpwtov, 
t&TTE Cw)l XOÜ a!ü)V aUVE)$( X« - : Ö(ElO( ÜTtÄpJ(_ £1 *9 ^*^f' Tt '''' :o T*P ^ " E( ^' ^ e c 08 ' 
II, 3. 266, a, 9: BtoÜ 8' Evs'p-fE'.a äüxiaiiz ■ xaüra 8' fori Z"\ ätöi'oj. 
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378 Aristoteles. 
seinen Werth vom Gedachten, das gdltlicbe Denkea aber kam 
Sin von nichts ausser ihm Liegendem erbalten, und nichts ande- 
res, als das Beste, zum Inhalt haben; das Beste aber ist nur a 
selbst 0- Gott denkt mithin sich selbst, und sein Denken Ul 
Denken des Denkens *) ; so dass also im göttlichen Denken, wie 
diess beim reinen Geist nicht anders sein kann, das Denken und 
sein Gegenstand schlechthin zusammenfallt *)■ Dieses wandellose 
Beruhen des Gedankens in sich selbst, diese nntheilbare Einheil 
des Denkenden und Gedachten ist die absolute Seligkeit Gottes *). 
Diese Suetze des Aristoteles über den 'göttlichen Geist enthal- 
1) Noch weniger kann natürlich ein durch Andere» hervorgerufener Afieki 
in Gott »ein; daher iler Sats (Eth. N. Till, 9. 1158, b, 36. 1169, a, i, bestimm- 
ter Eud. VIT, S und ans dieser Schrift M. Hör. II, 11. 1208, b, 27), naei die 
Gottheit niofat liebe, sondern nnr geliebt werde, daae zwischen Ihr und den 
Menschen wegen ihre» allartgrossen Abstände ron denselben keine tpiXla atttt- 
ftwto. 
3) Metaph. XII, 9. 1074, b, 17: trrt väp |u]6h wal, t( Sv i&j ti oi|«nv, tU' 
fytt & "xi il h xsBiiiBuv irrt vott, -roiitou S' äXXs xdptov, . . . <A% m t,'ipwn; 
oiaia in] ' Bti fap tou voüy to t£[iiov oOtS uTiap/^i. eti 61 . . . rf vo;t ; Jj -yöp aüri>4 
ouVov J) fnpdv it. . . . itittpov oäv Bte^pEt ti 9| oOOfcv tb voflv to xaXbv l| to tj^w; 
]) xett gttoxov -tb StavolMn mpl Wbiv; BijXov totvuv n. s. w. (s. 377, 8). Z. SS: 
wenn der veüt als solcher nur das Termitgen, in denken , wSre , SijXov , Gn üU° 
tt &» 1%) tb TijiuÜTtpciv I) 5 uouf , Tb vorjiip.Ei(ov ' xsl fap rb vortv x«t i\ 7675014 üaipie 
x«1 xb jilpiarOT vmuvti- Aar' it ftuxtbv toEto, ... oüx iv e1t| to äptorov Jj vaqaf 
«Stov ipnoii, Elicep (ort Tb xpÄTtoToV, xtt! ETTiv f] vär,ji( voijotu>c vÖTjaij. c. 7. 1072, 
b, 18: ?i 5s viijatt i) xaö' aürijv (das reine Denken) tou xaB' afirb öpforou [sc. tnij. 
x«l rj [iiXiTca TOÖ Li&XiaTDt' aü-cbv £1 voiff o voü( uti |uTal.i)<jmi toü votjtoQ- wrf-% 
■jap yttvet» Btr-r&vttV xa't voüv , iura twItov vou; xa't voirrfv. De an. III, 6. 410, 
b, 2*; ti Wtm inj ioriv jvovrlov tmv airfwv, ai-cb {autb fivc&axu xa't rSKpyc!« i« 
X«l ^BfptOTJV. 
8) 8. tot, Anm. n, HeUph. XII, 9 r ipaivncu 6' <w\ ällou fj fntmjiu] u, a. »> 
I) in' Mov +J fctLoDjfU] tb jtpäYl*«; 'rf' (iiv töüv kohitixüv ävEu BItjs Jj oioE« ij'i ti 
t£ J[y ttWc, iiA 61 tüIv 8Eiopi]Tixöiv ä lifos Tn itpäyLi« xa'i f| vSrjan. oilx Enpeti A 
5vto( tou vooujuSiou xal raä veü, Eosi [J] 61r|v ?xh tö «^Tb forat, xsu tj vdi)oi{ w 
VMUfiAau |iia. De an. III, i, Schi. (vgl. 0. G. 0. 7, Auf.): eWt |ib yip tüv im 
CXiji to «ärf fatt to vooliv xal Tb vooJ;j.eyov. 
4) Metaph. XII, 7. 1073, b, 14: Biaytu^r, 6' tVAv eT« f, apiirr, iiutfbv fjiwi 
tipülv u. S. w. Z. 37; Jv^pytia St f) xa6' air))v ixtivou [toü voü] (utJ äpiorrj xai älist 
O. 9. äBuilpriov icSv tb u.fj lfm SlijV . . . oGtu* 6' r/^tt wlri) airi); jj viTjaif tiv önnrl 
aKJva. Eth. N. TU, 16. 1164, b, 26: 1" tou Sj cptSo-i« sxXtJ ioj, äel 4j eaM) xf ; ^ 
f)6(o-TVj 6rt«f 61b £ 8tb( itt iilsv xbi än^v Ä »siii JjSovriv. Tgl. PoUt. VII, 1. 133*. 
b, 23. S. 277, 2. 4. 276, 7. 
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Dan erite Bewegende. g/$ 
teo die erste wissenschaftliche Begründung des Theismus, sofern 
hier zuerst die Bestimmung der selbstbewußten Intelligenz in Gott 
nicht blas ans der religiösen Vorstellung aufgenommen, sondern 
ins den Principien eines philosophischen Systems folgerichtig abge- 
leitet wird. Zugleich kommt aber auch hier schon die Schwierigkeit 
tum Vorschein, deren Lösung die letzte Aufgabe aller theistischen 
Spekulation ist, den Gottesbegriff so zu bestimmen, dass weder die 
persönliche Lebendigkeit Gottes über seiner wesentlichen Verschie- 
denheit von dem Endlichen, noch diese über jener verlorengeht. 
Aristoteles, um dieser Forderung zu genügen, will die Gottheit 
zwar als selbstbewussten Geist gefasst wissen; dagegen soll nicht 
Mos der Leib nnd das sinnliche Seelenleben, sondern auch die Wil- 
lensthätigkeit, ja auch alles Denken eines Andern, ausser ihr selbst, 
von ihrem Wesen ausgeschlossen, und nur die Selbstbetrachtung 
als ihre eigentümliche Tbätigkeit übrig gelassen werden ; denn 
wenn er da und dort von einem Thun oder Schaffen Gottes zu 
reden scheint *), ist diess nur Sache des Ausdrucks. Diese 
Lössog befriedigt jedoch keineswegs. Denn einerseits gehört zum 
persönlichen Leben die Tbätigkeit des Willens ebenso wesentlich, 
als die des Denkens; andererseits ist auch dieses, als persönliches 
betrachtet, immer im Uebergang von der Möglichkeit zur Wirklich- 
keit, in der Entwicklung begriffen, es ist ebenso durch die Verschie- 
denheit seiner Gegenstände, wie durch den Wechsel der geistigen 
Zustande bedingt; indem Aristoteles diese Bedingungen aufhebt, 
und die Tbätigkeit der göttlichen Vernunft auf ein durchaus ein- 
töniges, durch keinen Wechsel und keine Entwicklung belebtes 
Denken ihrer selbst zurückführt, so geht in dieser Abstraktion der 
Begriff der Persönlichkeit wieder unter. 
Keine geringere Schwierigkeit ergiebt sieb auch, wenn wir die 
Wirksamkeit Gottes auf die Welt in's Auge fassen. Da das höchste 
Wesen schlechthin unbewegt sein soll, und weder schaffend noch 
handelnd thätig ist, so scheint ihm auch keine Einwirkung auf ein 
1) Wie Polit VII, S. 132Ö, b, 28, wo abor die -päfo Gottes ausdrfckjioh 
"rf Mine olxjlot «pifen, im Unterschied von den itunpuuit np&Eii; bwohr&nkt, 
ta Wort >Ljo in demselben weiteren Sinn ganommen wird, wie Eth. N, VII 
15 (TOr. Anm.) und vorbei 2. 21. 1336, a, 21. De ooelo I, 4, Sohl.: i Sl lebe 
«u jj ^j I(t ol Jäb |UR)|V iraioEoiv, WO SCOOH dat 8»( im popullinKe» Sinn = 
tWitett. 
Higillzedb/GoOglS 
Andfres möglich zu seift; da es andererseits das erste Bewegende 
ist, ist sie nothwendig. Hier tritt nun die früher CS. 263) erwähnte 
Vorstellung ein, wornach die Form, ohne sich selbst iu bewegen, 
eine Anziehungskraft auf den Stoff ausübt, so dass dieser sich ihr 
entgegenbewegt. „Gott bewegt die Welt also; was begehrt und 
gedacht wird, bewegt, qhne sich zu bewegen. Dieses beides aber 
ist auf der höchsten Stufe dasselbe (der absolute Gegenstand des 
Denkens ist ebendamit das absolut Begebrenswerthe , das Gute 
schlechthin); denn Gegenstand des Verlangens ist das anscheinend 
Schöne, ursprünglicher Gegenstand des Wollens das wirklich Schöne, 
das Begehren aber hat in der Vorstellung (vom Werth des Gegen- 
stands) seinen Grund, nicht diese in jenem. Das Erste mithin ist 
der Gedanke. Das Denken aber wird vom Denkbaren bewegt, » 
nnd für sich denkbar aber ist nnr die eine Reihe *)* und in dieser 
ist das Erste das Wesen, und zwar das einfache und schlechthin 
wirkliche". „Die Zwecknrsache bewegt wie das Geliebte, das (von 
ihr) Bewegte aber bewegt das Uebrige" *). Gott ist also das erste 
Bewegende nur sofern er der absolnteZweck der Welt ist, gleich- 
sam der Regent, dessen Willen Alles gehorcht, der aber nicht selb«. 
Hand anlegt *). Dieses aber ist er dadurch, dass er die absolute 
Form ist. Wie die Form überhaupt die Materie dadurch bewegt, 
dass sie dieselbe sollicitirt, sich ans der Möglichkeit zur Wirklich- 
keit zn entwickeln , so kann auch die Wirksamkeit Gottes auf die 
Welt keine andere sein. So fügt sich nun allerdings diese Lehre 
auFs Beste in's Ganze des Systems ein, ja sie bildet den eigentliche» 
Schlusspunkt der Metaphysik,., da in ihr erst die ursprüngliche Ein- 
heit der formalen, der bewegenden nnd der Zweckursache und ihr 
' Verhaltniss zur materiellen vollständig zu Tage kommt; nur umso 
1) Noj|t)| 81 f| Stsp« rjttwfjjx xaO' s&nj». Unter dieser litpa owtotfj* '<& 
wie die neueren Ausleger richtig bemerken, nnd auch au» Z. 35 erhellt, die 
Reibe des Seienden oder des Guten zu verstehen. Der Ausdruck bezieht sict 
auf die pythagoreisch - platonische Lebre von den dureb Alles sich hindurch- 
siebenden GegenstUcen des Seienden und Nichtseienden, Vollkommenen «*' 
Unvollkommenen n. ». w., welche Arist. besonders in der 'ExXofJ) tSv 'Ewi*"' 
(s. o. S. 49) entwickelt hatte , und auch sonst öfters berührt ; vgl. Mettpt ■ W 
2. 1004, a, 1. IX, 2. 1046, b, 2. XIV, 6. 1093, b, 12. I, 6. 986, a, 33. Phjs.nl. | 
J. 201, b, 26. I, 9. 192, a, 14. gen. et oorr. I, 3. 319, a, 14. 
2) Hetapfa. XII, T. 1072, m, 26. b, 8 und dasu Bornas und Schwimm- 
8) Tgl. Hetapfa. XII, 10, Ant und Schi. 
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Gott and Welt. 281 
deutlicher tritt aber auch hier die schwache Seite der aristotelischen 
Bestimmungen über dieses Verhältnis* heraus. Ausser dem Mysti- 
sches and Unklaren der Vorstellung von einem Verlangen des Be- 
wegten nach dem Bewegenden zeigt sich diess auch noch in einer 
weiteren Bestimmung. Wir haben oben gesehen , dass Aristoteles 
annimmt, das Bewegte müsse immer vom Bewegenden berührt 
werden, und diese Annahme ist ihm auch schon wegen der später 
noch iQ erörternden Behauptung, dass die räumliche Bewegung die 
ursprünglichste sei, Bedürfniss. Das Gleiche mnss nun auch vom 
Verhältnis des ersten Bewegenden zur Well gelten, wie diess auch 
unser Philosoph ausdrücklich sagt*). Nun sucht er freilich die Vor- 
stellung eines räumlichen Zusammenhangs aus diesem Begriff zu 
entfernen : denn theils gebraucht er den Ausdruck „Berührung" in 
Verbindungen, in denen er offenbar nicht ein räumliches Zusam- 
mensein, sondern nur Überhaupt eine unmittelbare Beziehung zweier 
Dinge bezeichnen soll \); theils behauptet er auch *), das Bewegte 
verde zwar vom ersten Bewegenden berührt, nicht aber dieses 
'on jenem. Ist aber schon dieses ein Widerspruch, so kommt die 
tratellang des raumlichen Daseins noch auffallender in der weite- 
i Bestimmung herein, dass Gott die Welt von ihrem Umkreis aus 
in Beiregung setze. Da nämlich die ursprünglichste Bewegung 
Oberhaupt die räumliche sein soll *), von den ursprünglichen Be- 
wegungen im Raum aber keine schlechtbin stetig und gleich- 
nissig ist, als die Kreisbewegung a ), so kann die Wirkung des 
ersten Bewegenden auf die Welt zunächst nur darin bestehen, dass 
w ihre Kreisbewegung hervorbringt 7 ). Diess könnte es nun , nach 
I) ffor»nf »chonTumomsABTMoUph. o. 2.S10,24Br.nnfmerb8ammsnht: 
■'^<Vm, äXXiu? « Jtal'TOÜ äaitnou, \itrk iJwJ(.*Ki "■ ■pW ** £ oi T * xivoiiptvo. 
iehnüeh fingt später I'romlu« in Tim. 82, A. (vgl. Schjudes Arist. de Tolnnt 
fatr. BnndtDb. 1847. 8. 15, A. 42): llydp Ifi i xio[j.o{, &i tpijoi xa'i 'ApiMoti- 
%trt «Exil xwflTai icp<j( sirbv, xäBev fyti tt&Ofirifl Ifiaii; 
1) Oul st com I, 6. 323, u, 30. Pbyi. VIII, 10. 266, b, 25 ff. 
I) Metaph. XII, 7. 1072, b, 20. IX, 10. 1051, t>, 24 (s. o. 278, 2, 185, 4); 
•gl. D« «,. I, 3. 407, «, 15 ff. Theophr. Hetapn. c. 6. 819, 2 Br.: s-jtö t«ö vijl 
t ä>wfio trrdvn xat oft» KJiaji&iii. 
4) Gen. et corr. s. s. O. ■'. o. 269, S. 
•) Pbys. Vin, 7. 9[ t. xl 
6) Ebd. c 8. f. De ooelo I, 2. Met«pb. XII, 6. 1071, b, 10. 
7) %«. Till, 6, &$. c 8, Schi. M«Upb. XII, 6, Sohl. e. 8. 1078, a, IS ff. 
i BV Google 
Aristoteles, entweder vom Mittelpunkt oder vom Umkreis, der Wd 
aus, denn diese beiden Orte sind die beherrschenden (öpxctO da 
ganzen Bewegung; er giebt jedoch der zweiten Annahme dessball 
den Vorzug, weil sich der Umkreis offenbar schneller bewege 
als das Mittlere, das aber, was dem Bewegenden am Nächstet 
ist, sich am Schnellsten bewegen müsse '}■ Dabei kannte er nui 
wohl dem Vorwurf, dass er die Gottheit in einen bestimmte 
Baum versetze, durch seine Ansicht vom Räume zu entgehe) 
glauben, derzufolge (s. uj das, was jenseits der Grenze der Well 
ist, nicht mehr im Raum sein soll, Wir indessen würden dies« 
Grund natürlich nicht gelten lassen. Wie ferner der Gottheit in 
Verfaaltniss zu sich selbst nur die einförmige Thätigkeit eines durcb- 
aus gleichmässigen Sichselbstdenkens übrig blieb, so wird ihr in 
Verhältnis! zur Welt nur die ebenso einfache Wirkung augeschrie- 
ben, die Kreisbewegung derselben hervorzubringen. Dass sich au 
dieser einfachen und gegensatzlosen Wirkung der Reichthum des 
endlichen Seins, die Mannigfaltigkeit seiner unendlich gespaltenen 
nnd getheilten Bewegung nicht erklären lasse, hat in Betreff der 
Himmelskörper Aristoteles selbst ausgesprochen, unddesshalbaebea 
dem ersten Bewegenden noch eine Anzahl weiterer gleichfalls ewi- 
ger Substanzen angenommen, von welchen er die ei genthüm liehen 
Bewegungen der Wandelsterne herleitet *}. Das Gleiche nuiss aber 
von jeder eigenlhümlicben Bewegung nnd allen besonderen Eigen- 
schaften der Dinge überhaupt gelten: durch das erste Bewegende 
können sie nicht hervorgebracht sein, denn dieses übt auf die Welt 
nur jene Eine allgemeine Wirkung aus, wir müssen uns somit nick 
einer besonderen Ursache für sie umsehen '), Nur wird es siebt 
genügen, in dieser Beziehung wieder nur auf solches zu verweisen, 
dessen Wirkung gleichfalls allgemeiner Art ist, wie die Neigung 
der Sonnen- und Planetenbahn, aus welcher Aristoteles den Wecn- 
1) Phya. VIII, 10. 267, b, 6. De uoelo I, 9. 279, a, 16 ff. (e. o. 915, J). 
Daher die Behauptung (Seit. Math. X, SS. Hypotyp. ffi, 218), Gott sei de™ 
Aristoteles tb rcäpis roü oäpavoit. 
2) Metaph. XII, 8. 1073, m, 36. Dm Qeuraere hierüber K. 8. 
3) HeUpb. XII, 6. 1072, a, 9: wann die QleicbmäMigkeU dea Weltluft 
möglich sein soll (das nipidBu Z. 10 halte ich mit Schweuls« fflr ei« milcht« 
Einschiebsel), 86 ti i& jiAeiv iteufr&n ^vtpfoüv. «f Ei pAXji y{w.$ xa't ytapb Hai. 
i „Google 
Gott und Welt 283 
sei des Entstehens und Vergebens herleitet '), du Eigentümliche 
jedes Dings and seiner Bewegung wird sich vielmehr nach allem 
früher Erörterten nur auf seine individuelle Form, auf das Wesen 
ind die Natur dieses bestimmten Gegenstandes zurückfahren lassen *> 
In welches Verhältnis« sollen nun aber diese besonderen Formen, 
welche in den endlichen Dingen als schaffende Kräfte thätig sind 
uaifer eigenthümliches Wesen ausmachen, zu der höchsten Form 
und der ersten bewegenden Kraft, zur Gottheit, gesetzt werden? 
Brandis glaubt, Aristoteles habe sich unter denselben die ewigen 
Gedanken der Gottheit gedacht, deren Selbstentwicklung die Ver- 
änderung der Einzelwesen herbeifähre, und deren harmonische 
Wechselbeziehung durch die Einheit ihres letzten Grundes verbürgt 
sei '). Allein diese Annahme hat Vieles gegen sich. Auf aristote- 
lische Aussagen kann sie sich nicht berufen *), und mit der unzwei- 
1) Gen. et Mrr. D, 10. SM, a, HS; auch hierüber wird K. 8 weiter h 
sprechen sein. 
i) Die Sab* tan s jedes Dings soll ja. in seiner Form liegen (s. o. S. 259 l.\ 
jede Substanz aber Einzelsubstanz (8. 228 ff.), and jedes Ding nur ans seinen 
üfenthQmlichen Gründen zn erklären sein (S. 170, S. 173, 3). 
S) Gr.-rBm. Phil. II, b, 57fi: Um die aristotelische Metaphysik ganz an 
•sritehin, »aasen bedeutende Mittelglieder ergänzt werden. „Zwar dass alle 
Wesenheiten auf lebendige göttliche Qedanken zurückgeführt und diese als 
die einfachen, ihnen an Grunde liegenden Träger der konkreten Wesenheiten 
and ihrer Veränderungen betrachtet werden sollen , brauchte wohl kaum aus- 
drücklich ausgesprochen tu werden, und wird durch die Frage [Metaph. XII, 
). i. o. 378, 2] angedeutet: erreichte er (der gottliche Geist) nichts durah sein 
Denken, wo blieb« d* seine Wird«? Auch dürfen wir wohl annehmen, Aristo- 
teles habe — ein Vorläufer der Leibmtziscben Monadenlehre — die Verände- 
rungen in oder an den Einzelwesen auf Selbetentwioklung der ihnen zu Grunde 
liegenden göttlichen Qedanken und die Hemmungen and Störungen in dieser 
SWbttentwioklung auf ihr Gebondansein an Stoff oder Vermögen, die harmo- 
nischen Wechselbeziehungen in den Entwicklungen der verschiedenen Einzel- 
wesen, mit Torahnung des Begriffs einer harmonia praeitabilittt, auf die Ein- 
heit und Vollkommenheit ihre* gemeinsamen letzten Grundes, des anbedingten 
göttlichen Geiste*, zurückzuführen mehr oder weniger bestimmt beabsichtigt." 
Vgl. 8. S78, wo der Mittelpunkt der aristotelischen Theologie in der Lehre ge- 
sucht wird, fldaas alle Bestimmtheiten der Welt auf Kraftthfttigkeiteu und diese 
saf ewige Gedanken Gottes aarflekzufUhren seien." 8. 677 ant: „Wie die Ton 
Sott ausgegangenen KraftthAtigk eiten , mithin auch das endliche Ton ihnen 
beseelte Sein , zu ihm znrfick streben sollen , begreift sich freilich ganz wohl." 
4) Auch die Stalle aas Metaph, KU, 9 enthalt nicht, was Bbahdib in ihr 
JigilizBdby G00gle 
284 Aristoteles. 
felhaflen Lehre des Philosophen lösst sie sich in mehr als Einer Hin- 
sicht schwer vereinigen. Den Gegenstand des göttlichen Denkens 
kann seiner bestimmten und ausführlich begründeten Erklärung zu- 
folge nur Gott selbst bilden; die endlichen Dinge können nicht Mos als 
diese einzelnen nicht darin vorkommen, sondern auch die Artbe- 
griffe oder Formen, welche das innere Wesen derselben ausmachen, 
müssen ihm fern bleiben, da sie doch immer ein Anderes, als er 
selbst, wären and tief anter dem stünden, was er allein denken 
kann, dem Göttlichen und Vollkommensten ')■ Die Formen der 
Dinge umgekehrt können nicht Gedanken der Gottheit sein, denn 
die Form ist nach Aristoteles die Substanz des Dings, Substanz aber 
ist nur das, was weder an noch in einem Andern ist *}: Gedanken 
können keine Substanzen sein, denn sie sind in der Seele als ihrem 
Substrat '}. Für die Vorstellung ferner von einer Selbstentwick- 
lung der gültlichen Gedanken in den Dingen fehlt bei Aristoteles 
jede Analogie; diese Vorstellung würde vielmehr dem Satz *) wi- 
dersprechen, dass im göttlichen Denken keine Veränderung, kein 
Uebergang von dem Einen zum Andern stattfinden könne. Wenn 
sodann Brandis alle Dinge desshalb dem Göttlichen zustreben 
lässt, weil die von Gott ausgegangenen Kraftthätigkeiten zu ihn 
zurückstreben, so legt Aristoteles selbst dieses Streben vielmehr, 
wie jede Bewegung, dem Stoffe bei, weicher sich mit der Form zo 
erfüllen und durch sie zu ergänzen begehre 6 ]. Nicht der schwäch- 
ste Einwurf gegen seine Ansicht liegt endlich darin, dass sie sieb 
sucht. Aristoteles fragt dort, wie es sich mit dem Denken des göttlichen Gei- 
sten verhalte; wenn er nichts denke (nur so darf man die Worte: ehe väp jjtSev 
voeI Obersetzen), so wftre sein Denkvermögen so wertblos, wie das eines Scbls- 
fenden, wenn er anderes, als sieb selbst, denke, wäre der Werth desselben von 
diesem seinem Gegenstand abbüngig, er nHro also nicht an and für sieb seilst 
das Vollkommenste. Dass göttliche Gedanken das Wesen der Dinge ausmachen, 
ist hiemit, wie mir scheint, nicht angedeutet. 
1) 8. 0.278,2.277,3. 
2) B. o. 228 ff. 269 f. 
3) Gerade die jittemfl") wird tob Aristoteles ab) Beispiel dessen genannt, 
was sowohl an als in einem Substrat ist; s. o. 144, 1. 
4) Oben 8. 277, 3. 
5) Vgl. 8. 279 f. 238, 1, 263, 3, und fiber die Bestimmung, dass die Be- 
wegung im Bewegten, mithin im Stofflichen, ihren Sita bat, 268, 3. 
3V G»ogle 
Gott and Welt. 385 
mit dem ganzen Charakter des aristotelischen Systems nicht ver- 
trägt. Denn wenn die Gedanken der Gottheit die Träger der kon- 
kreten Wesenheiten und ihrer Veränderungen wären, so wäre das 
Verhältniss des Endlichen zur Gottheit das der Immanenz: die Gott- 
heit würde mit ihrem Denken den Dingen inwohnen, diese hätten an 
jenem den beharrlichen Grund ihrer veränderlichen Eigenschaften; 
statt des aristotelischen dualistischen Theismus hätten wir ein Sy- 
stem des dynamischen Pantheismus. Ein solcher liegt aber nicht 
allein in den Schriften des Philosophen offenbar nicht vor, sondern 
aach seiner Schule blieb er fremd , bis der Einfluss der stoischen 
Lehre jene Verschmelzung des Verschiedenartigen und ursprüng- 
lich Getrennten herbeiführte, welche dem anächten Buch von der 
Welt und in grösserem Maasstab dem Neuptatonismus zu Grunde 
liegt *). Wie nun aber freilich das Verhältniss der besonderen und 
individuellen Formen zur Gottheit positiv zu bestimmen sei, darüber 
lässt uns Aristoteles gänzlich im Unklaren. Nach allem, was er sagt, 
können wir nur urtheilen, dass er beide nebeneinandergestellt habe, 
ohne das Dasein und die eigentümlichen Bewegungen der endli- 
chen Dinge aus der Einwirkung der Gottheit befriedigend zu er- 
klären oder eine solche Erklärung auch nur zu versuchen. Sie sind 
ihm eben ein Gegebenes, ebenso, wie ihm der Stoff ein Gegebenes 
ist, das er aus der Form oder der Gottheit abzuleiten keinen Ver- 
such macht. Die Einheit des Systems freilich, das oüx iya6ov iro).u- 
xupfzvfa, ist damit verlassen *). 
Mit dem Vorstehenden sind wir araSchluss der Metaphysik an- 
gelangt : indem Gott als das erste Bewegende bestimmt wird, geht 
die philosophische Untersuchung vom Unbewegten zum Bewegten, 
zur Natur über. 
1) Auch durch den so eben ertchienenen dritten Tu eil des Werkes von 
Bundis (8. 113 f.) »cb einem mir die obigen Bedenken niobt beseitigt in 
werden. 
2) Vgl. Theofhb. Hetaph. c. 2. 310, 11: Tb « i«ti «wt' r[5i] Xärcw Mxai 
lüUiovot jBtpl Tij; Ifiauin, aoi* xA ttvtüv, £nE(5J| jilsiw t« xuxXmä (die himmlischen 
Sphären) xat al ? opal Tf^nov p.vi Snivivriat xn'i -b iv^wtov {? man sollte eher 
ifa6bv oder Sowtov erwarten) xai öS -fipiv ätpavE(. tln jxf h tb xivoQv, öroitov tl^ 
ji^l x&vra -ri|v autfiv (sc. ?opiv Tuvfbstai) • litt *«6' Uomov Sttpov, lä t 1 «f X"' 1 "Xiiou«, 
«Wie (?) to aiiivbiw) aÜTÜv »!( optfiv Uvnuv vJjv ipiixtjju oüOijiüt yovcpdv. 
DigilizBdby G00gle 
2S6 AtlitoteU«. 
7. Die Physik. A. Der Begriff der Natur und die allge- 
meinen Grflodfl des natürlichen Daseins. 
Wenn sich die erste Philosophie nach der Absicht des Aristo- 
teles mit der unbewegten und körperlichen Wesenheit zu beschäfti- 
gen hatte, neben der wir freilich auch das entgegenstehende Princip 
in den Kreis unserer Untersuchung »eben mussten, so hat die Na- 
turphilosophie zu ihrem Gegenstand die Gesammtheit des Bewegten 
und Körperlichen als solchen ')■ Alle naturlichen Substanzen sind 
Körper oder mit Körpern verbunden; Naturwesen nennen wir die 
Körper und Grössen, das, was sie an sich hat, oder sich auf sie 
bezieht. Den wesentlichen Gegenstand der Naturwissenschaft bildet 
daher die Körperwelt *); sie betrachtet die Form nur in ihrer Ver- 
bindung mit dem Stoffe '), und auch die Seele nur in ihrer Ver- 
bindung mit dem Leibe •). Naher jedoch gehört das Körperliche 
in das Gebiet der Natur und der Naturwissenschaft nur wiefern ihm 
Bewegung und Ruhe zukommt: die mathematischen Körper sind 
keine Naturkörper, gerade dadurch unterscheidet sich vielmehr 
die Mathematik von der Physik , dass es jene mit Unbewegtem, 
diese mit Bewegtem zu thun hat *), Auch das Bewegte ist nur dann 
ein Naturding, wenn es den Grund der Bewegung in sich selbst 
hat; und dieses Merkmal ist es, wodurch sich die Naturwesen von 
1) Vgl. 8. 184,5. 
2) De coelo 1, 1, Auf.: I) xipt fiiocuc &t<onhu] afMrt fj *Xaiori| faEwnu mpi 
u <nb\utm xai [MfÄb] x«1 tb toilouv tftat -koAt, x&\ t«« xcvifatif, ht Skma\TÖc äpX'Ki 
Baai-rijs toiaüir,; oiiaiaj eioiv tüv 70p püeti ffuvwtuWv ti »A fan awfiata nai 
(iff^l (wie der menschliche Leib), tb S' Ij^ci ofijj.« nii [U-riflo( (wie der Mensch), 
tb 8' «px*\ tüv tybnwi staiv {wie die Seele). III, 1. 298, b, 27: eftit 51 toiv fisa 
lE-pjiivmv tb [jev ioriv o'JotBi tb 6' tpf a xat itbAtj toiftbiv (unter oJ(T!Bi vorstehe er 
aber hier tbeils die einfachen theila die zusamm eng ob Otiten Körper) .... <p««- 
pbv Sti tijv xXeItttjv 9Ujj.ßB(vei Tijf ntp't <piia«ii( IiropLaj «cpi uu|iAtuv fr»«' neun: 
yip b[ tp uoixot oäoiai J) oiifiM» 1) (MTB 3ü)|iiro>v YffMVTSI Mit pavftffiv. 
3) Metaph. VI, 1. 1025, b, 26 ff. (XL 7.) tt. a. 8t.; i. u. 
4) Metaph. VI, 1. 1026, a, 5: JWpt ^u^c svlb( 8ttußij«ai tou <puowo3, 8<JJ) (jlJj 
ävtu viij BXtjs JtrcCv. De an. I, 1. 403, b, T. part. an. I, 1. 641, a, 21. SB. 
5) Pbya. II, 2. 193, b, 81: der Mathematiker beschäftigt siob ebenso, wie 
der Physiker, mit der Gestalt der Körper, ÖXV aiy jj a uatxofl o<ii|a«to( tcEp&f taa- 
«TOU- OllSt TB OU|lßtj}l]xdT« StlOpß j TOSOlJtOlC (SC. SUtJlXotc,) OCMTl 3U[IpWp*»]XfV. &• MÄ 
^UpQfu' * wpi(Jtä -f Bp TiJ VQ7J1E! X!Vi;3*tü( j«tl TÖ |lkv f»P XtptTtOV «TIBI X«l t* 
äptiov n. s. w. 5m« KnijmiiX, oipE 8i x«ä fetoDv xat mdpenrat «Wn. Weiter«» *»- 
gleich, und eben, 124, 6. 
i „Google 
Die Natur. 987 
Knnsterzeugnissen unterscheiden '); wogegen es doch nur einen 
Unterschied innerhalb des Naturganzen betrifft, wenn die vernünf- 
tigen Kräfte gegen die vernunftlosen durch die Bemerkung abge- 
grenzt werden, jene können sich auf Entgegengesetztes gleichsehr 
richten, diese nicht, jene seien mithin frei, diese gezwungen *)■ 
Wie nun aber an Allem Stoff und Form zu unterscheiden sind, 
so entsteht auch im vorliegenden Fall die Frage, worin das eigent- 
liche Wesen der Natur bestehe, ob in der Form oder im Stoffe. 
Für die letztere Annahme könnte man anführen, dass doch Alles 
eines Stoffes bedarf, ohne den es das, was es ist, nicht sein könnte *). 
Aristoteles jedoch kann sich nur für die andere Seite entscheiden. 
In der Fora liegt ja überhaupt das Wesen der Dinge, nur durch 
seine Form und seine Zweckbeziehung wird jedes Naturding zu dem, 
was es ist *); die wahren Ursachen sind die Endursachen, die stoff- 
lichen dagegen sind nur die unerlasslichen Bedingungen des natür- 
lichen Daseins *"). Soll daher der Begriff der Natur im Allgemeinen 
bestimmt werden, so werden wir nicht das Stoffliche in ihr, sondern 
die bewegende und formgebende Kraft in's Auge zu fassen haben: 
die Natur ist der Grund der Bewegung und Buhe in demjenigen, 
welchem diese Zustände ursprünglich and nicht blos abgeleiteterweise 
zukommen, ein Naturding ist das, was eine solche bewegende Kraft 
in sich hat *). Wie wir ms aber freilich diese Kraft näher zu den- 
1) Phy». II, 1. 192, b, 18: ti |iiv y«p piiwi (WM x4w« epatvttai fyovts It 
Saurolf »pxV *'vifasw4 not STooeu*, T« [ilv xni xinov, rä Si «n' aü£r,?iv xa\ fflioiv, 
vi $k x«' iXko-.iumi * xXfvi] 6e xdi Ili«tiov a. e. w. . . . oiiäs(iiav öpp. V ifti [ina[ioXi|4 
ejipUTW, was dann bis mm Schills» des Kapitel« weit« erläutert wild. Metaph. 
XU, 8. 1070, a, 7s fj u.h olv t^vr, äpx4 ' u Z&y h £ < 9^'i »PX*) EV *&*$■ E1 >d. 
IX, 3. 1046, b, 4: die rf(ni sind ap^ai uitap^msl ev e&lru J äUn. 
2) Metaph. IX, 2, Auf. o.5. c. 8. 1050, a, 30 ff. De intern», c 18. 22, b, 89," 
8) Pbyi. II, 1. 198, a, 9—80. Metapn. V, 4. 1014, b, 26. 
4) PbyB. II, 1. 198, 4, 28 ff. c. 2. 194, a, 12. Metaph. a. a. Ü. Z. 35 ff. 
part au. I, 1. 640, b, 28. 641, «, 29. b, 28 ff. 
5) Dm Genauere hierüber tiefer unten und S. 260 i. 
6) fhTI. U, 1. 192, b, 20: A« o5stk tijt ftfseo« äpxij« w»( «Ä «W*f "3 » 
vffafl« xcl ijp£[ifi» iv w fliipx" tpü-cw« jt«6' aite xa'i fii) laii autißcßqxät. Z, 32 : 
?tac |üv o5v iari to £t]0t'v ■ qsiimv 8i tysc Boa Totatf-njM e^ti äp/ii«. Metaph. V, 4, 
Bohl.: fj np<iTi] ipijatt xxt xupiuc Xeyo(Uvi] igit* f, oüata 5j TÜv tydvta" ipxV *t**i- 
tuai iv «Antft J «ä™. VI, 1. 1025, b, 19 (XI, 7. 1064, s, 16. 30): nipt fäp t^» 
WKwlop irt* eOaim ft ipuotxi]] iv jj ^ ipxft i^s »miof«* ui «i«ut & ««^ (»der, 
i „Google 
268 Aristoteles 
ken haben, darüber giebt uns Aristoteles keinen genügende« Arf- 
schluss. Einerseits behandelt er die Natur als ein einheitliches 
Wesen, er legt ihr eine bestimmte, alle Theile der Welt durch- 
dringende und verknüpfende Zweck Hurtigkeit bei, er redet von den 
Absichten, welche sie in ihren Erzeugnissen zn verwirklichen 
strebe, wenn sie auch dieselben wegen der Beschaffenheit des 
Stoffes nicht immer durchzusetzen vermöge, kurz, er äussert sich 
so, dass man sie sich kaum anders vorstellen kann, als nach Ana- 
logie der menschlichen Seele und der platonischen Weltseele '); 
und bestreitet er auch die letztere in ihrer platonischen Fassung 
ausdrücklich, bemerkt er ferner, dass die Zweckthaligkeit der Natur 
nicht aus Ueberlegung entspringe, wie die eines menschlichen Künst- 
lers *), kann überhaupt an eine wirkliche ernstlich gemeinte Per- 
sonifikation der Natur bei ihm nicht gedacht werden, so wird 
jene Analogie dadurch nicht aufgehoben ')- Andererseits be- 
trachtet er aber doch unläugbar die lebenden Wesen als Einzel- 
Substanzen, er schreibt ihnen ein individuelles Lebensprincip zu, 
und wie sich dieses zn jener einheitlichen Naturkraft verhält, hat 
er nirgends angedeutet, und ohne Zweifel gar nicht untersucht. 
Ebensowenig belehrt er uns irgendwo über das Verhaltniss der Natur 
zu der göttlichen Ursächlichkeit *)■ Wenn er es mit dem Begriff 
des Göttlichen strenger nimmt, legt er nur der vernünftigen Natur 
Göttlichkeit bei B ); die Natur im Ganzen will er auf diesem Stand- 
Z. 26: Ktr.\ toidüto« ot SS tari iuvarbv jttvflrttn). Dabei ist ea gleichgültig, ob die 
Katar nnr als Grand der Bewegung-, oder zugleich aueb als Grand der Rabe 
bezeichnet wird, denn Bähe (^pepfc, ainai;) kommt nach Arist. nur dem au, 
welchem auch Bewegung zukommt oder doch zukommen kannte, sie ist nV 
die oripiptf xmfoeu«, Pbya. III, 2. 202, a, 8. V, 2. 226, b, 12. c 6, Auf. VI, 3. 
234, a, 32. e. S. 239, a, 13. VIII, 1. 251, a, 26. 
1) Belege hiefttr finden sich unzählige; statt alle« Andern wird es genü- 
gen, auf unsere demnächst folgenden Erörterungen über die Zweakthitigk«it 
In der Natur tu verweisen. 
2) Wie diess beides an seinem Orte gezeigt werden wird. 
3) „Analogie" bezeichnet ja nicht Gleichheit, sondern Aehnliehk^it. 
4) M. vgl. tum Folgenden Bbasdis III, a, 1 IS ff. 
5) So B*rt. an. II, 10. 656, a, 7: *, *fip u*»» prellt [tb töJv ivdjxümn 
•fimt] toD Ottou twv Jjjttv ■j-vtupiij.uv !;<iiuv % [*iXiOT* ximn. IV, 10. 686, a, i'l: 
der Mensch hat aufrechte Gestalt 8ii tu tJjv ftSatv ailroü ist rijv oämani jh*i Otiw 
tp-rov St toü OEiotiTou Tb voiiv *ai Dpmtlv. Eth. N. X, 7, 1177, a, 18 ff. (Tgl. obn 
3V Google 
pnnkt nicht göttlich, sondern dämonisch genannt wissen *> Anders- 
wo redet er aber auch wieder im Sinn der griechischen Volksan- 
sicht, welche das Walten der göttlichen Kräfte unmittelbar in den 
Naturerscheinungen erkennt und verehrt: »Gottheit* und »Natur« 
stehen gleichbedeutend '), und allen Naturwesen, auch den gering- 
sten, wird etwas Göttliches zugestanden "). Das gleiche Schwan- 
ken ist aber auch im System des Philosophen begründet. Sofern die 
Gottheit das erste Bewegende ist, müssten alle Bewegungen im 
Weltganzen von ihr ausgehen, die Naturkraft könnte mithin nur ein 
AosQuss ihrer Kraft, die Naturursachen nur eine bestimmte Erschei- 
nung ihrer Ursächlichkeit sein. Sofern sich dagegen die Wirksam- 
keit des ersten Bewegenden darauf beschränkt, die Drehung der 
äussersteo Himmelssphäre hervorzurufen, ist diess unmöglich: wenn 
vielmehr schon innerhalb der himmlischen Welt der obersten Gott- 
heit in den Sphärengeistern eine Reihe von untergeordneten ewigen 
Wesen zur Seite tritt, so wird sich die ungleich grössere Mannig- 
faltigkeit der Bewegungen in der irdischen Welt noch viel weniger 
ohne die Annahme selbständiger Substanzen mit eiser eigenartigen 
Bewegungskraft erklären lassen. Wodurch dann aber die Ueber- 
einstimmung dieser Bewegungen, ihr Zusammentreffen in einer 
iweckmässigen Weltordnung bewirkt wird, lässt sich schwer sagen; 
durch die natürliche Einwirkung des ersten Bewegenden auf die 
Welt kann sie nicht erzeugt sein, an ein unmittelbares Eingreifen 
der Gottheit in den Weltlauf aber kann auf dem Standpunkt des 
uutoteliscfaen Systems auch nicht gedacht werden, nnd eine bei- 
läufige Berührung des gewöhnlichen Vorsehungsgtaubens *) giebt 
Ul, 1); der vouj ist das Göttliche im Menschen, daher die theoretische Thltig- 
töt die hOohete. . 
1) Divin. p. a. o. 2. 46B, b, 12: da anch Thiere trBumen, können die 
Trlnm« nicht gottgesandt sein, wohl aber dämonisch; Jj yip tfümt Bwfiovia, 
tß! rf Bau*. 
S) De coelo I, 4, Schi.: £ Üsbj *A 5) fiaii oi&kv liitr^ itoioGoiv. Gen. et ooir. 
A 10. 336, b, 27 ff. Eth. N. X, 10. 1179, b, 21 : tb [ilv oJv tfy «pilotu; (die sitt- 
liche Anlage) . . . Bii nvi; ÖEta; aitia; to"; ü; akrfiSii tÜTu^aiv bx&ffzi. Die (tfai 
*W entsprechen hier der platonischen fit!« [lolpa (s. 1. Abtb. 372, 5). 
3) Eth. K. VII, 14. 1153, b, 38: xbna yip fvut ex« xi efiov. 
4} Eth. N. X, 9. 1179, a, 22: £ St x«i voüv ivcpfuv xot tqütov Otpamduv 
<• iuxtlptvot äpitrca xoH feo<pLXsoT«TO( Joimv et«» - tl fäp tu iiiiji&Ein tüv ä»8pe>- 
"w»n Wo fltöjy ^Evran, fiomp Soxft, aal eTt] äi eüXb-jov xaipeiv tt aCtout tu ipiariu 
PWm. i Ot. II. Bd. t. AMh. 19 
i „Google 
290 Aristotoles. 
uns kein Recht, diesen Glauben Aristoteles selbst zuzuschreiben. 
Es bleibt so im Dunkeln, ob wir uns die Natur als eine einheitliche 
Kraft oder eine Gesammllieit von Kränen , als etwas Selbständiges 
oder als einen Ausfluss der göttlichen Wirksamkeit zu denken, oder 
ob wir vielleicht nnd wie wir beide Betrachtungsweisen zn ver- 
knüpfen haben. — Doch lassen wir unsern Philosophen seine Nalur- 
ansicht weiter entwickeln. 
Der wichtigste Begriff für die Naturphilosophie ist dem eben 
Erörterten zufolge der Begriff der Bewegung. Wir mussten nun 
diesen Begriff seinen allgemeinen Bestimmungen nach Schon früher 
erörtern; es ist daher hier nur noch übrig, dasjenige nachzutragen, 
. was die physikalische Bewegung im engeren Sinn betrifft, und 
desshalb im Bisherigen noch nicht berücksichtigt werden konnte. 
Die Bewegung ist, wie früher gezeigt wurde, im Allge- 
meinen das Wirklichwerden dessen, was Mos der Möglichkeit nach 
ist. Seine nähere physikalische Bestimmung erhält dieser Begriff 
durch die Untersuchung über die Arten der Bewegung. Aristoteles 
unterscheidet deren drei: die quantitative Bewegung oder die Zu- 
und Abnahme, die qualitative Bewegung oder die Verwandlung, 
und die räumliche oder Ortsbewegung, wozu dann als Viertes noch 
das Entstehen und Vergehen hinzukommt *). Alle diese Arten der 
xA ity 8«ntvs9T«T(ii (toSho S* äv A\ h VDÜ4) x«\ Toi*t %a!cü)VTat (jJAltcb toTfto i«i 
»pirwywe. 2n % x&rui -raika trä ao^S, [i41:t6' 6itb(>yti., ai>x äSqXoir. Isaf Afcwtrat 
Spa. Es liegt am Tage, das» Arist- hier nur rom Standpunkt der ga wohnlichen 
Vorstellung aus folgert; er selbst schreibt ja der Gottheit keine nach aussen 
gehende Wirksamkeit su. 
1) Phys. T, 1. 226, a. o. 2. 226, a, 28. Oasselbe MeUph. XI, 11. 13 vgl 
ebd. Vin, 1. 1042, *, 32. XII, 2, Auf. PhjB. VIII, 7. 260, «, 26. 261, a, 82 ff. 
VII, 2, Auf. gen. et wirr, I, 4. 819, b, 31. De an. I, 3. 406, », 12. long. r. 3. 
466, b, 80. De coelo IV, S. 810, a, 25. Kateg. c. 14, Anf. Aristoteles unter- 
scheidet hier im Allgemeinen drei Arten der Veränderung (juiaßo)J|): der 
Uebergang ans einem Seienden in ein Seiendes, aus einem Seienden in eis 
Nichts eien des, und aas einem Niohtseienden in ein Seiendes. Das Erste ist die 
Bewegung im engem Sinn, das Zweite das Vergehen, das Dritte das Entstehen. 
Von der Bewegung nun werden die oben angefahrten Arten (die xlvjjais xcu 
(Kartet, xercä JtnOos nnd xaiä idxov, wie es Phys. VIII, 7. 260, b, 26 heisst) sn- 
(egeben, das Entstehen nnd Vergeben aber auch wieder susammengenoraiBen, 
und insofern vier Arten der [itraßoMl anfgesählt: i] xa-i w zi (ftVsoit aa\ (Dopa), 
)) xatä vt jtoabv {aü^rjait xei fSiat;), J| x«i tb Jtwbv (iXloteiiait),, f[ xati tb mw 
Arten der Bewegung. 291 
Bewegung führen aber in letztet Beziehung auf die dritte, die räum- 
liche Bewegung zurück. Untersuchen wir sie nämlich genauer, so 
besteht fur's Erste die Zunahme oder das Wachsthum darin, dass 
zu einem irgendwie geformten Stoff anderer Stoff hinzutritt, der 
mit ihm potentiell identisch, aktuell aber von ihm verschieden ist, 
und die Form des ersten Stoffes annimmt, also in der Vermehrung 
der Materie beim Beharren der Form; ebenso die Abnahme in der 
Verminderung der Materie, während die Form dieselbe bleibt *~). 
Alle quantitative Veränderung setzt mithin theils eine qualitative 
theits eine Ortsveränderung voraus *). Ebenso ist aber von diesen 
die zweite Voraussetzung der ersten. Denn jede Verwandlung ent- 
steht durch das Zusammentreffen eines solchen, das sie hervorbringt, 
mit einem solchen, in dem sie hervorgebracht wird, eines Wirken- 
den und eines Leidenden *); dieses Zusammentreffen ist aber nur 
durch räumliche Berührung möglich, denn immer muss das Leidende 
vom Wirkenden berührt werden, wenn auch nicht nothwendig 
dieses von jenem; die Berührung aber kann nur durch räumliche 
Bewegung zu Stande kommen *)■ Auehdie letzte Art der Verfln- 
(ipof i). Dm die Bewegung in keiner andern ausser den genannten Kategorieen 
möglich sei, wird Phye. V, 2 des Näheren nachgewiesen. Die 8 ubstana Verän- 
derung (Entstehen and Vergehen) will Arlst. hier nicht Bewegung genannt 
nisten (ebenso c 5, 229, a, SO); anderswo befesst er auch sie darunter, indem 
er Bewegung und Veränderung gleichbedeutend gebraucht. 8. o. S. 266, 2. Von 
der räumlichen Bewegung werden Pbys. VII, 2. 243, a, 21 {vgl. De an. I, S. 
106, a, 4) zwei Arten unterschieden: Seibetbewegung und Bewegung durch 
Anderes. Die letztere hat wieder vier Formen: &£■(, iüat{, oytpti, Smjtrif die 
dritte uiid vierte derselben lassen sich jedoch auf die zwei ersten zurückführen. 
Vgl. VIII, 10. 267, b, 9 ff. De an. III, 10. 433, b, 36. ingr. an. c 2. 704, b, 22 
(mot an. c. 10. 703, a, 19); minder genau iet Ehet I, 5. 1361, b, 16. Die üjl; 
ilt entweder töai( im engeren Sinn oder 7tli)Y»i; Meteor. IV, 9. 386, a, 33. De 
an. II, 8, 419, b, 13 Tgl. Prob). XXIV, 9. 936, b, 38. Ideleb. Arist Meteor. 
0,601. 
1) M. s. die ausführliche Erörterung gen. et corr. I, 5. 
2) Phys. VIII, 7. 260, a, 29. b, 18. 
3) noieiv im physikalischen Sinn ist dem Aristoteles gleichbedeutend mit 
«ümoS», nio^iiv mit äUoioüuflai. Vgl. Phys. III, 3, Schi.: «XXotow« jilv -jap Jj 
flS ttXAoiWWU, jj ÖXJoUütbV, llT&ijtUf fCI Sk YVtl>pip.lUTEpOV f| TOU SmliflEl ^OlTjTlXOÜ 
wi nSsjuoG fi TOMtfw, Gen. etcorr. 1,6. 822, b, 9. 323, a, 17: oO -jap oTov K 
**" tb xwoBv iwrfiv, tr«p tq itotoüv ivti8rjoo[«v tö nio^over toüto ä' otj fj n!vi)- 
«« ««W R&Bct St *«,6' Saov iWoioüTM povov. 
4) PhjB. VIII,, 7, 360, b, 1 ff. wo nach weiter bemerkt wird, das's alle 
19* 
L zsd ,Gooq1c 
292 Arlitotele«, 
derung jedoch, die Ariitoleles nicht mr Bewegung im' eigentlichen 
Sinn gerechnet wissen will '}, das Entstehen und Vergehen, beruht 
am Bnde doch wieder auf der räumlichen Bewegung. Denkt man 
sich freilich ein absolutes Werden oder Vergehen, so könnte ein 
solches keine Bewegung genannt werden, da das Substrat der Be- 
wegung selbst dadurch erst entstände oder wieder aufgehoben wurde; 
dieses absolute Werden oder Vergehen ist aber in Wahrheit nicht 
möglich *), Alles wird vielmehr aus einem Seienden und löst sich 
in ein Seiendes auf 8 ); nur dieses bestimmte Ding entsteht und ver- 
geht, aber sein Entstehen ist das Vergehen eines anderen, and Bein 
Vergehen das Entstehen eines anderen *)■ Sofern sich daher du 
Entstehen und Vergehen von der Verwandlung unterscheidet, be- 
trifft dieser Unterschied doch nur das Einzel ding; dieses verwan- 
delt sich, wenn es als Ganzes bleibt und nur seine Eigenschaften 
sich verändern, es entsieht oder vergeht, wenn es als Ganzes zu 
sein anfängt oder aufhört 6 ); sehen wir dagegen auf dasWeltganze, 
so fallt das Entstehen und Vergehen theils mit der Zusammensetzung 
und Scheidung theils mit der Umwandlung der Stoffe zusammen *> 
qualitativen Veränderungen auf Verdünnung und Verdichtung zurückfahren, 
die nicht ohne Orts Veränderung müglich seien. Gen. et corr. 1, 6. 332, b, 21 ff. 
o. 9.327, a, 1 Tgl. S. 268 f. 
1) 8. o. Dasselbe sagt von der peripate tischen Schule üherhaupt Bjkit.. 
Phys. 201, b, n.; doch bemerkt er selbst, dass s. B. Theophrast sich nicht 
streng an diesen Sprachgebrauch binde. 
2) Wie diess gen. et corr. I, 3 unter Anderem auch daraas bewiesen wird, 
dass langst aller Stoff aufgezehrt sein müsste, wenn das Vergehen wirkliche 
Vernichtung wäre (818, a, 13). 
8) Phys. Yin, 7. 861, a, 3: 60W7' äv $ ytYKrtf iUca icptÜT7) töv normal 
81I toCto, !ti ftv&Q« 3(1 tb 7rp«Y]j.a itpuWov. ii 6' ly' Ivb? [ikv i-muouv t«3v ynop*- 
viuv oBtoj( t/it, all' feepev avaYxsftov icpörEpov ti mviloBai tGv yneixivuv 8» ritb 
xat [i)j -fivJjjLEVav, *«i roiirou Erspov jtp inpov. Vgl. 6. 268. 
4) Gen. et oorr. I, 3. 8 18, a, 23 : 6i4 rfe tty to58c pflop&v öliou ttvm -rtvwi*, 
*»\ tJjv toüBs yeifHFiv ällou ilvai <p9opiv äjcausrtov ävorptoüov tTvai rijV [utkSoIij». 
ebd. 819, a, 20. II, 10. 886, b, 24. Vgl. 8. 270. 
5) Gen. et corr. I, 2. 317, a, 20: «cm yip f eW( inlfl Ml fflQpa ei ovripiotf 
k»\ Stampfe«, ÖX' 8™ (xet«G41X>] &t TotS8e tlt Toät SXqv. Eine älloWi; finde statt, 
wenn die jcäöj) , ein Entstehen und Vergehen, wenn das 5ite<xt![iCTov entweder 
seiner Form (Wyo;) oder seinem Stoff nach eich andere. 0. 4. 319, b, 10: 
«Alotwoiä |iav fataj, 8t«v SnopAonot toO änoiEipivou, ato9>]ToiS ävwj, (iXTSJWXA;) h 
to1( a4wü niflwiv . , . , itov ff Slov |i6taß41Xji [iij finouivovTos olat^TOÜ ttvoj 0« 
ijtomipivou, to5 aätoD . . . ytnmt »[ÜJ] To toioüiqu, tou Sc ci flopa. 
6) VgL Meteor. IV, 1. 878, b, 81 ff., wo gefolgt wird, das Word« hetUfci 
, ;) ,Gooq1c 
Arten der Bewegung. 293 
Diese aber sind beide durch ihre räumliche Bewegung bedingt *)• 
Alles, was entsteht, hat seine Ursache, alles Werdende setzt ein 
Seiendes voraus, durch das es hervorgebracht wird, und da nun 
dieses (nie oben bei der Verwandlung) nicht ohne räumliche Be- 
wegung wirken kann, so muss eine solche allem Entstehen voran- 
gehen *)■ 1*1 abor di e räumliche Bewegung früher, als die Ent- 
stehung, so muss sie auch früher sein als das Waehsthnm, die Ver- 
änderung, die Abnahme und der Untergang; denn diese können 
doch nur an dem vor sich gehen, was vorher entstanden ist B ). 
Diese Art der Bewegung ist mithin die erste sowohl der Ursächlich- 
keit als der Zeit und dem Begriff nach *). 
Nichtsdestoweniger ist Aristoteles weit entfernt, die Natur- 
erscheinungen blos aus ihr und somit blos mechanisch erklären zu 
wollen, wie diess die Atomistik versucht hatte. Schon für die rein 
physikalischen Vorgänge reicht diese Erklärung seiner Ansicht nach 
nicht aus, da sich viele derselben nur als qualitative Veränderung, 
als Umwandlung der Stoffe, auffassen lassen 6 ). Die physikalische 
Betrachtung erschöpft ja aber überhaupt den Begriff der Natur nicht: 
über den stofflichen Ursachen stehen die Endursachen, denen jene 
zu dienen haben; diese finden aber in der mechanischen Naturer- 
flsrin, dasa bestimmte Stoffe durch die wirkenden Kräfte nach einem gewissen 
Verfall tuiss gebunden und umgewandelt werden, das Vergeben in der Uabsr- 
wlltigung des Bestimmenden (der Form) durch das Bestimmt«. 
1) Vgl Phys. VIII, 7. 260, b, 8: x&vtwv töh nsßr^cttav äpx>) ^""vüjoi; x*l 
|imuxjt; . . . Jtdxwoot; Sl xcä li&yiuai; oijpipiaii xat Siixpimt, xafl' &', f evwif x>\ <pflopi 
UftTMTSl oilorüv. au^xpivdjuva Bi sott Siaxpivifisvi tt&fxtj xari tiitov [uTajmXfiv. 
2) A. a. 0. 261, a, 1 ff. gen. et corr. II, 10, Auf. 
3) Phys. VIII, 7. 261, b, 7. Weiter wird hier für die Priorität der rftnm- 
liehen Bewegung angeführt: dass sie ohne die andern, diese nicht ohne ele 
möglich seien, denn ohne die Bewegung de* Himmele wäre weder Entstehen 
eoeh Vergehen, weder Waehsthnm noch Ötoffv er wandlang, wogegen jene ohne 
sie sei, da auf den Bimmel keiner von diesen Begriffen Anwendung finde (960, 
b, 19 ff. Tgl. gen. et corr. a. a. O.); daas sie allein dem Ewigen ankomme, und 
ebne Unterbrechung in's Unendliche fortgebe (260, b, 29. 261, a, 27 ff.); daai 
sie gnade desahalb ihrer Natur nach die erste sein müsse, weil sie beim Ein- 
r.tlwesen der Zeit nfctth zuletzt komme (260, b, 30. 961, a, 13); das« diese Be- 
wegung die Natur des Bewegten am Wenigsten verändere, und das aioh selbst 
Bewegende sie vorzugsweise hervorbringe (361, a, 20). 
4) A. a. 0. 360, b, 15 ff. 
5) 8, 8. 209, 1. 210, 5. 
JigiiizBdby Google 
jfQ4 Aristoteles. 
klärung eines Demokrit keinen Baum l }- Wenn eudljch alles Werden 
als ein Uebergang vom Möglichen nun Wirklichen, als Entwicklung, 
zu Tassen ist, und trenn die Bedeutung der aristotelischen Natur- 
philosophie nicht zum kleinsten Theil darauf beruht, dass sie zuerst 
diesen Begriff der Entwicklung möglich gemacht und mit Bewusst- 
sein an die Spitze gestellt bat, so liegt am Tage, dass Aristoteles 
Ansichten nicht gutheissen konnte, welche ausdrücklich von der 
Läugnung des Werdens und der qualitativen Veränderung ausgin- 
gen, um dafür nur eine räumliche Bewegung unveränderlicher Stulle 
übrig zu lassen. Neben die Ortsveränderung tritt daher noch in 
Gebiete des Stofflichen die qualitative Veränderung als eine aweile 
Quelle natürlicher Vorginge; beiden aber sieht die ZweckthättgkeÜ 
der Natur gegenüber, welche das Körperliche und Natornothweii- 
dige als Mittel für sich verwendet- 
Auf die räumliche Bewegung beziehen sich nun zunächst die 
Untersuchungen, durch welche Aristoteles in der Physik den Begriff 
der Bewegung näher erläutert: über das Unbegrenzte, den Baum, 
die Zeit, die Einheit und Stetigkeit der Bewegung *) u. s. w. 
Das Unbegrenzte 8 ) hatte in der bisherigen Philosophie eine 
bedeutende Bolle gespielt; Plato und die Pytbagoreer hatten es so- 
gar zu dem einen Bestandteil eller Dinge und insofern zu etwas 
Substantiellem gemacht. Aristoteles zeigt zunächst, dass diess un- 
möglich sei, dass das Unbegrepzte nicht einen Subjekts-, sondern 
nur einen Eigenschaftsbegriff ausdrücke *). Sodann weist er nach, 
dass sich eine unbegrenzte Grösse überhaupt nicht denken lasse. 
Denn wenn sie ein Körper sein soll, so ist der Körper das, wis 
durch Flächen begrenzt ist; soll sie eine Zahl sein, so ist jede Zakl 
1) B. o. 211, 3 vgl, iq. S. 250, 2. 
2) Et bezeichnet zw« diese Begriffe III, 1. 200, b, 16 ff. o. i, AnLin 
Allgemeinen aU not che, welche au der Erörterung fibar die Bewegung gehören 
und die drei ersten bespricht et B. III. IV vor dem Abschnitt Aber die Ams 
der Bewegung, aber die Art, wie er sie behandelt, beweist, daes er dabei dock 
vorzugsweise die raamliohe Bewegung im Auge hat. 
3) Dass er diesen Begriff untersucht , begründet Arist. Pbys. III, 1. 2» 
b, 15 mit den Worten : Boxft 8' f] x-Luijut; ihm xüv auvt/üJ'', -a 5' ämif ov ä|»finR» 
Kpwiov fo Ttj> ouvi^ß, c. 4, Anf. mit der Bemerkung: die Naturwissenschaft*» 1 
siehe eich auf Grössen , Bewegung und Seit, welche slmmtliah entweder bt- 
grenzt oder unbegrenzt seien. 
4) Phys. IU, 5. 204, e, i. o. ß. 214, 8. 224, 0. 
JigilizBdby G00gle 
Dia Unbegrenzte. 295 
en solch«, wtt sich zählen lässt, was man aber zahlen kann, d»s 
ist nicht anendlich *). Was endlich im Besondern die Möglichkeit 
eines unbegrenzten Körpers anbelangt, so könnte ein solcher weder 
zusammengesetzt noch einfach sein. Das Erste ist unmöglich, denn 
da die Elemente der Zahl nach begrenzt sind, könnte aus ihnen nur 
dann ein Unbegrenztes entstehen, wenn eines von ihnen der Grösse 
nach unbegrenzt wäre; neben einem solchen hätten dann aber die 
übrigen keinen Raum *)■ Ebenso undenkbar ist aber anch das 
Andere. Denn fur's Erste giebt es (in der diesseitigen Welt) keinen 
Körper ausser den vier elementariscben, und es kann auch keinen 
geben, aus dem allein Alles wurde, da sich alles Werden zwischen 
Entgegengesetztem bewegt; von mehreren ursprünglichen Körpern 
kinn aber keiner unbegrenzt sein '). Sodann hat jeder Körper sei- 
nen natürlichen Ort, in dem er bleibt und nach dem er hinstrebt, 
and eben hierauf beruht der Unterschied des Schweren und Leich- 
ten; es muss überhaupt jeder Körper in einem bestimmten Baume, 
an einem Ort sein; im Unendlichen dagegen ist kein bestimmter Ort, 
kein Unterschied des Oben and Unten, der Mitte und des Umkreises, 
des Vom and Hinten, des Rechts und Links *). Wenn ferner der 
Augenschein zeigt, dass die Körper sich theils im Kreise bewegen, 
wie die Himmelskugel, theils in gerader Linie auf- und abwärts, 
wie die Elementarkörper, so wäre im Unbegrenzten keine von bei- 
den Bewegungen möglich; die eine nicht, weil jeder Kreis an und 
für sich begrenzt und jede Kreisbewegung Drehung um einen Mit- 
telpunkt ist, den es im Unbegrenzten nicht giebt 6 ), die andere, 
weil sie ihren Anfangs- und Endpunkt hat*); das Unbegrenzte 
könnte sich überhaupt nicht bewegen, denn um irgend einen Weg, 
1) A. s. 0. 304, b, 4. 
2] &. e. 0. 204, b, 11 vgl. De eoelo I, 7, Anf. 
t) A. ft. O. 204, b, 23. 
i) A.a.O. 206, a, 8 bis «um Schlnss des Kan. IT, 8. 316, a, 8. Da ooafe 
U.Ante. 7. 274, b, 8. 29. 276, b, 6 ff. Das Gleiche wird o. 6. 278, a, 21 ff. 
dusni bewiesen, dam unbegrenzte Körper unendlich schwel oder leicht sein 
warnten, ein unendlich Schweres oder Leichtes aber könne es schon desshalb 
'iaht geben, weil sich sin solches nur an endlich schnei], also gsr nioht bowe- 
pB konnte. 
5) Wie diese De eoelo L 5. 271, b, 26 ff. 272, b, 17 ff. o. 7. 276, b, 12 
»oifSirlicher, sie nothwendig, gezeigt wird. 
6) Da eoelo 1, 6, Ant Einiges Weitere c. 7. 276, b, 16 ff. 
i „Google 
296 Arlitotelai. 
euch den kleinsten, zurückzulegen, halte es eine unendliche Zeit 
nöthig ')■ Was endlich bei dem Griechen, der sich kein formloses 
Sein denken kann, für sich schon entscheidet: das Unbegrenzte als 
solches ist das Unvollendete and Gestaltlose; unbegrenzt nennen 
wir das, was der Grösse nach nicht bestimmt werden kann, was 
nie fertig und ganz ist, was sich nicht so begrenzen lässt, dass 
nicht immer ein Theil davon ausserhalb läge *); zum Ganzen und 
Vollendeten wird das Unbegrenzte erst, wenn es durch die Form 
umschlossen wird. Die Welt aber kann nur als Vollendetes und 
Ganzes gedacht werden *)• Das Unbegrenzte kann daher nie als 
solches in einer wirklich vorhandenen unendlichen Grösse gegeben 
sein *}■ Wir können es aber freilich auch nicht ganz beseitigen. 
Die Zeit und die Bewegung, welche von ihr gemessen wird, ist 
ohne Anfang nnd Ende, die Grössen lassen sich in's Unendliche 
theilen, die Zahl lässt sich in's Unendliche vermehren s ). Es bleibt 
1) Ebd. c. 6. 272, s, 21 ff. Phys. VI, 7. 238, s, 36. 
2) A ris t. sagt : oi y™P <& <*>)8fcv föu, aW.' ol aal ti e£<" Ivb, tqut' iittcpiv eotiv, 
wobei aber freilich die Bündigkeit des Gegensatzes uiit in den Worten liegt, 
denn o! [ATjSkv e^iu hdsst: das, intsrr dem nichts ist, öS h.i -.<. t&u dagegen: 
das, von dem immer ein Theil ausserhalb ist, 
3) Pbys. m, 6 s. o. 242, 3. gen. an. I, 1, 715, b, 14 : \ 81 <piiotf <bsJyil t» 
änsipov tb [iiv yfy äntipov ä-reXlt, ^ !t c ifoi; nil £>)tfl tAo(. Den Einwurf »bei 
(c 4. 103, b, 22 ff.), daaa der unendliche Raum auch einem unenAlofcen Körper 
voraussehe, beseitigt er später (IV, 5. 212, a, 31. b, 8. 16 ff. De eoelo I, 9. ». 
o. 275, 7) dnrcli seine eigenlhüm liehe Bestimmung des Raumbegriffs : da der 
Baum nichts anderes sein soll, als die Grenze de« Umsebliessenden gegen du 
Umschlossene, so ist dte Grenze der Welt selbst, seiner Meinung nach, nicht 
im Baume, nnd jenseits ibrer ist kein Banm, weder leerer noch erfüllter. 
4) Phys. III, 5, Schi.: oti [ib oäv itef-six oük Cm oü|>K ämipov, <jsvtpbv h 
toutov. c E. 206, a, 16: tb 61 uJyzÜos Bti x«t' htpfiiov oui forty ämipov, c^ijnr 
ebd. b, 24, 
5) Pbya. III, 6, Anf.: St; 3' d [t»J eVh» iwjpav snXöj;, tnXXa äBihawi ob|*- 
pofvEi, Bijlov. toü te yip ^pfvov lsT«i w< ip;(j) mit TtXttrri), xeft tä [uf*] °& Biaipera 
e?5 p.t"l^fc], *«t ipiV*' °äx &rrat örrtipo;. Im Besonderen beweist Ariat. 1) die 
Anfangs- und Endlosigkeit der Zeit, nnd ans ihr die der Bewegung, derer, 
Maass die Zeit ist, neben dem, was 8. 270, 2 angeführt wurde, Phys. VT1I, 1. 
261, b, I0ff. mit der Bemerkung: dajedesJetct ■wisoben Vergangenheit nnd Zu- 
kunft in der Mitte stehe, jeder Zeitpunkt aber ein Jetzt sei, so lasse siohsch]eoht- 
hin kein Zeitpunkt denken , welcher nicht eine Zeit vor und hinter sieh hatte, 
mithin keiner, welcher ein erster oder ein letzter, Anfang oder Ende de*- Zeit 
wäre. 2) Fttr die unbegrenzte Theilbarkeit der ■ Grossen macht er gehend: 
sy Google 
Dw Unbegrenzte. 297 
somit nur übrig, dass das Unbegrenzte in gewissem Sinn sei, in 
linderem nicht sei, dass es, mit anderen Worten, zwar als ein Mög- 
liches, aber nicht als ein Wirkliches Dasein habe. Die Theilnng der 
Raiimgrössen geht in's Unbestimmte, aber es giebt ebendesshalb 
keinen anendlich kleinen Theil, die Vermehrung der Zahl hat keine 
Grenze, aber es giebt keine unendlich grosse Zahl 0, das Unend- 
kein Stetiges , weder Eaumgröese noch Zeit noch Bewegung, könne aus Un- 
theilljsrem bestehen, denn eine stetige Grösse bilden (nach Phj-s. V, 3. 237, e, 
10) nur solche Theil grossen, die einen gemeinsamen Endpunkt haben, im Ueb- 
rigen iber ausser einander Hegen, nntheilbare Grössen dagegen müssten ent- 
weder ganalicb ausser einander sein, so dass sie gar keinen Berflhrnngapnnkt 
killen, oder ganzlich «Mammen fallen (Phya. Vt, 1, Anf. Tgl. gen. et corr. I, 2. 
31",«, 2 ff. De coelo III, 8. 306, b, 22); die Annahme an tbeilbarer Körper, 
Fliehen oder Linien sei mit den Grnndbestimmangeu der Mathematik unver- 
träglich (Dp ooelo III, 1. 2SS, b, 33 ff. c 5. 803, a, 20. c. 7. S06, a, 26 Tgl. die 
Schrift it. irf|i«>v -fp a|iu.<7jv) ; ebenso würde sie aber die allgemeinste physika- 
lische Erscheinung, die Bewegung, unmöglich machen, denn an einer nntheil- 
huen GrüHsencd in einer antheiibaren Zeit lasse sieb nicht Eines früher durch- 
wandern, als das Andere, es könnte mitbin in Betreff eines jeden von den Un- 
heilbaren, nnd also anch in Betreff des Ganzen, da« aus ihnen zusammengaaetst 
ist, immer nur ein Bewegtge Wesens. ein, nie ein Bewegtwordea stattfinden (Fbys. 
Vi, 1. 231, b, 18 ff. Tgl. c. 2. 233, a, 10 IT. c. 9. 239, b, 8. 31), es wäre daher 
anch jeder Unterschied des Langsameren und Schnelleren unmöglich (ebd. c. 2. 
233, b, 15 ff.). Ein Untheilbares könne sich nicht verändern, denn was sich 
verändert, sei theilweiso in dem früheren, theilweise in dem späteren Zustand 
(Pnve. VI, 4, Anf.). Was dann noch insbesondere die mitheilbaren Elementar- 
torper und Elementarilficbun Demokrit's und Plato's betrifft, so werden an« 
uuser den angefahrten noch eine Reihe weiterer Einwürfe gegen sie spater 
begegnen. Daas es endlich 8) keine grösste Zahl giebt, und somit die Zahl 
einer unendlichen Vermehrung fähig ist, dies« bedarf, da es niemals bestritten 
worden Ist, aunh keines Beweises. 
1) Phys. III, 6. 206, a, 12 ff.: xß« iitv lim [tb Actio»], ic5( ff o5. Xt^ti« 
^ to sW vb (iiv SuvJiiue tb St h-^Xf/sii, xa\ tö äireipav fest iuv 7tpocBeati fett St 
tu ifouptet- to Bt [t/yiflof !ti filv xar' htpfiiav oix form Sjciipov, Etpijtii, fy.ztpisr. 
i' imvf oü -räp ^aXtnbv ävelstv Tat ärd|ioue Ypou.[j.i(- JUlxtsoi c5v Suv&pti itrxi tb> 
ntipov, Mar dürfe diess nicht so verstanden werden, als ob diese Möglichkeit 
jemals rar Wirklichkeit werden könnte. ätti si ibsitpov od Sß Xajipivsi* ü; 
tue Tl.. . iU' ätt h -rtvfon 1) fdgef a. s. w. o. 7. 207, b, 11 (über das Unend- 
liche der Zahl); uns Suvafui jiiv iotrv, ^vrpfefa 8' öS- ÖXV 4t\ äwpfÜXXsi tb X»|t- 
Saviuevo» *avri>< topisfi&rnj icXi]6ouc. ÖXX' od jrupurabt h jepc9ia.be oEtoj -rift Biyota- 
|>ia{, QijSi [jivii f, aitttala iXXä fitem, fiorap xal h xpovos xa\ 8 aptflitb; tdE jrp jvou. 
Von der unendlichen Theilnng wird auch gen, et corr. I, 2. 816, a, 14 ff. nach- 
gewiesen, dass sie nie wirklich vollendet lein könne, also nur der Möglichkeit, 
i „Google 
liehe kann mit Einem Wort nie als ein fertiges dargestellt «erden, 
sondern es ist nur als ein Werdendes gegeben, und zwar in ent- 
gegengesetzter Richtung: denn die Ausdehnung ist einer unendli- 
chen Theilung fähig, aber keiner unendlichen Vermehrung, die Zahl 
umgekehrt einer unendlichen Vermehrung, aber keiner unendlichen 
Theilung, da das Eins die kleinste Zahl ist *). Nur im Gebiete des 
Unkörperlichen ist ein wirklich Unendliches, das Unendliche der 
Kraft, möglich; auch dieses bringt sich ja aber nur in einer Reihe, 
welche nie abgelaufen ist, in der endlosen Bewegung der Welt, zur 
Erscheinung *}. 
Fragen wir weiter nach dem Begriff desRaumes, so ist dieser 
nach der Ansicht unseres Philosophen für's Erste nicht die Grenze 
oder die Gestalt der einzelnen Körper, denn is diesem Fall würden 
sich die Körper nicht im Räume, sondern mit ihrem Räume bewegen, 
es könnten nicht mehrere Körper nach einander in denselben Raum 
eintreten. Ebensowenig fällt er mit der Materie der Körper zu- 
sammen, denn auch diese ist von dem Körper, der im Raum ist, 
nicht zu trennen, und sie ist nicht das Umfassende, sondern das Um- 
fasste. Er besteht aber auch, drittens, nicht in der Entfernung zwi- 
schen den Enden jedes Körpers, denn diese wechselt gleichfalls mit 
den Körpern, der Raum bleibt aber immer derselbe, was sich auch 
in ihm befinden und bewegen mag. Der Raum ist vielmehr zu be- 
stimmen als die Grenze des nnuchliessenden Körpers gegen den 
umschlossenen *). Der Ort jedes einzelnen Körpers 5 ) wird daher 
von der (inneren) Grenze des ihn umfassenden gebildet, der Raum 
im Ganzen von der Grenze der Welt *). 
nicht der Wirklichkeit nach gegeben sei. Ebendeuhalb, weil ee Hob äuviju: 
ist, wird du Unendliche den stofflichen Ursachen srageishlt (». o. 343, 3). 
1) Phyo. III, 7. Die Zeit allerdings ist auch nach Arial, »wohl Back 
rückwärts «1* nach vorwärts unendlich. 
3) S, o. 375, 6. 
3) Ph7s.IV, 1— 4 vgL besonders 311,0,6 ff. 209, b, 31 ff. 
4) td jap«; tou jcipir^ovroc o<ü[iaio(, oder genauar ; tö toS mpvl/wmi K^jfwt 
ÄxIyijtov lcpüio*. Vgl, De ooelo IV, 8. 310, b, 7. 
5) Der TGiot to"*oj, wie er Pbys. IV, 3, Anf. genannt, und dem *o«*t sonst 
entgegengesetzt wird. Derselbe beiast auch JcpStot Tic*; £t <5 jodv taasm<; 
etic. 4. 211,4,28. 
6) Phva. IV, ö. 312, a, 31. b, Ib. Auffallend ist, dass hier, wie aohon & 4. 
312, s, SO (vgl. Anm. 4), derBaiunToiioi^«a3itT«bx im va«\ax^wowt«Ssjas/ 
3,g,1 E edby GoOgk 
K»n.ai und Zeit. ,299 
Auf ähnlichen! Wege gewinnt Aristoteles auch den Begriff der 
Zeit '). Die Zeit ist nicht ohne Bewegung, denn nur durch die Be- 
wegung- der Gedanken wird sie wahrgenommen; sie ist aber auch 
nicht die Bewegung gelbst, denn diese haftet an dein Bewegten, und 
ist desshalb in dem einen Fall schneller, in dem endern langsamer, 
die Zeit dagegen ist überall dieselbe und ihre Bewegung immer 
gleich schnell. Die Zeit muss daher etwas auf die Bewegung Be- 
zügliches eher von ihr selbst noch Verschiedenes sein: sie ist das 
Haass oder die Zahl derselben in Beziehung auf das Früher und 
Später *)■ Die Einheit dieser Zahl ist das Jetzt. Durch die Bewe- 
gung des Jetzt entsteht die Zeit. Dieses ist es daher, welches die 
Zeit sowohl zu einer stetigen, als zu einer gelheilten Grösse macht: 
zu einer stetigen, sofern das Jetzt im gegenwärtigen Augenblick 
dasselbe ist, wie im vergangenen, zu einer getheilten, sofern das 
Sein desselben in jedem Augenblick ein anderes ist '). 
Schon aus diesem Begriff des Baumes und der Zeit würde nun 
ilie Begrenztheit des einen und die Unbegrenztbeit der anderen fol- 
gen; wir kennen ja aber bereits auch die weiteren Gründe, die 
Aristoteles für beide Bestimmungen anführt *). Ebenso ergiebt sich 
tdü nu|in«c xifot T^p EU.6Ü1 genannt wird; denn du Himmelsgewölbe soll »ick 
j» («. n. and 8. 866 f.) uaahl&Mig im Kreise bewegen. Allein Aristoteles meint 
(c.4.212,a, ISff. c. 5. 212, s, 31 ff. VIII, 9. 265, b, 1 ff.), von einer Kugel, 
«eiche «ich, im Uebrigen unbewegt, um die eigene Achse dreht, bewege sich 
der Umkreis so wenig, wie der Mittelpunkt, da er ja immer den gleichen Raum 
einnehme, die Kreisbewegung gehe nur ihreTbeile an, denn nur diese verän- 
dern ihren Ort; und er sagt desshalb, der oberste Himmel bewege sich nur in 
K«»iaier Bsiiehong und sei nur x«T(t 7U)ißtßi]xä; im Baume, sofern seine Theile 
<ieh bewegen und. im Räume sind (De coelo V, 5, woran Hrakdis II, b, 748 mit 
Unrecht Anstoss nimmt). Aehnlich soll (212, a, 18) der Flass sich nicht be- 
legen, sondern nur die einzelnen Wellen. 
1) Phji. IV, 10. 11. 
I) 'ApiAj^bt Knrjato* norcitb np6u?<n xal S-rrifiav a. 11, Schi. De coelo I, 9. 
m,»,u. 
3)A.a.O,c. 11. »gl. 8. 220, «,6: auvtxrff « 3i l S XP ivo ( T V v5v . * A s li- 
Piwt wl -A vBv 219, b, 9: &ntep f, xfvr,ait «si ilXt) x«i JXXi], xat a fj?6voe S S' 
V «St xpdvot o «SteV tb 70p vüv ro etürb o »cot' *Jv tb 5" tW mJtß fttpov. Ebd. 
«■ 15, Anf. tb tk vuv fatt aiw^ua j^povou- ... atmest Y«p tbv xpiv« tdv jcapeilWvw 
w\ iidpiov , xat Blut nipai xpo>ou dorlv ■ . . . Btaiptf St Suvijui ■ xoü ?j jtiv toioöto, 
« fopoii iä vSv, ft 81 auvStt, ät\ tb «fito" . . . Jbtt 31 wiJtö xatl xat« tcuSto J| Siaiprait 
wi ?! füüwtt, tö 6' sTvai od taäto. 
*) Vgl. 8. 294 11'. 270. Dabei unterscheidet aber. Aristoteles, wie schon 
i „Google 
300 Aristoteles. 
aus seinem Raumbegriff die Unmöglichkeit des leeren I 
Denn wenn der Raum die Grenze des nmschtiessenden Körpers 
gegen den umschlossenen ist, so versieht es sich von selbst, dass 
kein Raum sein kann, wo kein Körper ist: ein leerer Raum wäre 
ein Umschliessendes, das nichts umschliesst. Indessen hat sich Ari- 
stoteles auch in eingehender Einzeluntersuchung bemuht, die ein- 
greifende und in der damaligen Naturlehre namentlich durch die 
Atomistik verbreitete Annahme des leeren Raums zu widerlegen. 
Was für diese Annahme angeführt wurde, findet er nicht be- 
weisend: die Bewegung lasst sich auch durch die Voraussetzung 
erklären, dass Anderes den Raum verlässt, in welchen das Be- 
wegte eintritt; ebenso die Verdichtung durch den Austritt, die Ver- 
dünnung durch den Eintritt von Luft oder anderen Stoffen in die 
betreffenden Körper; die Zunahme der Ausdehnung, welche z.B. 
das Wasser beim Uebergang in Luft Cd- h. in Dampf) erleidet, 
durch die Umwandlung des Stoffes, welche einen anderen Dich- 
tigkeitsgrad zur Folge bat; die Erscheinungen der Schwere durch 
das Streben der Elemente, an ihren natürlichen Ort zu gelangen '} 
Der leere Raum würde vielmehr alle Bewegung unmöglich machen. 
Denn da das Leere nach allen Seiten hin gleichsehr nacbgiebt, 
lasst sich nichts denken, was einen Körper bestimmen könnte, 
sich nach einer Richtung eher, als nach allen andern, zu bewe- 
gen, es wäre darin kein Unterschied der natürlichen Orte, es 
könnte zu keiner bestimmten Bewegung kommen. Ebensowenig 
wäre für das Bewegte im unendlichen Leeren ein Grund zum 
Stillstand zu entdecken. Wenn ferner ein Körper um so schneller 
fällt oder steigt, je dünner das Medium ist, durch welches er 
sich bewegt, so müsste im Leeren, als dem unendlich Dünnen, 
Alles unendlich schnell fallen oder steigen; wenn andererseits, 
anter sonst gleichen Umständen, die grössere Masse schneller 
fällt oder steigt, als die kleinere, weil sie den Widerstand des 
Mediums rascher überwindet, so müsste sich im Leeren, wo kein 
Widerstand zu überwinden ist, das Kleinste mit der gleichen 
Pluto (Tim. 37, D. 38, B), die endlose Zeit, in welcher sich das Veränderliche 
bewegt, von der Ewigkeit (ol&v), dem teitlown Sein des Uu veränderlichen; 
Phyi, IV, 12. 221, b, 3. Do coelo I, 9. 379, b, II— SB, s. o. 275, 7. 
1) Phys. TV, 7. 814, «, 24 B. c. 8, Auf. e. 9. 
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Baum uuil Zeit 301 
Geschwindigkeit bewegen , wie das Grösste. Wie lässt es sich 
endlich denken, dass es ausser dem Raum, welchen die Körper 
einnehmen, noch einen leeren Raum gebe, da ja dann, wenn ein 
Körper in diesen Raum eintritt, zwei Räume, ein leerer and ein er- 
füllter, in einander sein müsslen? und wozu ist ein solcher 
leerer Raum nöthig, wenn doch jeder Körper seine Ausdehnung 
an sich selbst hat? Zudem geräth man, wenn ein leerer Raum 
und ein Raum überhaupt ausser der Welt sein soll, in den Wi- 
derspruch, zu behaupten, dass ein Körper da sein könnte, wo 
keiner sein kann *}. 
So wenig es aber einen leeren Raum giebt, ebensowenig 
kann es eine leere, durch keine Bewegung erfüllte Zeit geben, 
wenn die Zeit nichts anderes ist, als die Zahl der Bewegung *). 
Und Aristoteles behauptet ja auch die Anfangs- und Endlosig- 
keit der Bewegung *). Dabei wirft er aber die merkwürdige 
Frage auf, ob es anch eine Zeit geben könnte, wenn es keine 
Seele gäbe, und er entscheidet sie dahin: an sich sei die Zeit 
mit der Bewegung gegeben, in der Wirklichkeit jedoch sei sie 
nicht ohne die Seele, weil die Zahl nicht ohne das Zählende, und 
das Zählende nur der Verstand sei 5 ). Doch worden wir uns 
1) A. e. 0. o. 6, vgL Do coelo IV, 3. Den Werth dieser Gründe raus» 
mau natürlich auch dem damaligen Stand der Naturwissenschaften und nach 
den Voraussetzungen bemessen , welche die Atomistik mit Aristoteles theilt. 
VgL 8. 807 f. 
2) De coelo I, 9. 279, a, 1 1 : 5(1» St KjXov in oOSl tokos oilBs xtvbv oiSt 
Xpivof Mh e&u -coü oiSpovoü' lv änavTi "[ap tätci;) äwitecbv fixAffoH aüjj.a 1 xev'ov 8' 
tW ysraiv iv tji [iij ivuTcifx 51 '"r 11 ! Suvbtov B' Ioti fv&thi . . . t£<ii 8i w5 oflpavoü 
3Seixt«u Sri oüt' £mv oüt' bStyixai yivioQM 3<Öfi«. 
8) Phys. Vin, 1. 251, h, 10: w ;tpo«pov xnt Bawpov «Üic fetai XP 0V(n ' 1*4 
övrot; ?| £ Xfövo; ji)] oÜsi]4 mvij«(i)(; A Sif j«w S xpovof, XtViJoMK äptDjibs ^ xlvTjffi; 
t«, Elxipat'tyjovotfat'lv, ävi-Y 1 "! *«* »tvijsiv «töiav A«. Ebd. Z. 26: ävi^xT] ...sfiwi 
«\ j(p Ä»ov. ilis (Jj* ifye X?^ vov i r ' aVE F° v 5ti ivifxTj (mn zA xinjatv, iTjtip ä j^pdvo; 
-iöo? ti x:vr|muf. De coelo I, 9. 279, a, 14: ausser der Welt ist keine Zeit, 
dann yj-Aiai ipi8jiö< xtvijosiuj- xIvtjois B' s«u ^uaixou mifiira; oüx eVtiv. Vgl. 
8, 296, 5. 
4) 8. o. S. 270. 
5) Phys. IV, 14. 323, a, IG ff., wo u. A, Z. 25: il Bl |u]6tv JUo irApuxt» 
ifidjiüv % tyv/<)i xa\ 4"%% woü;, äSilvarav ttm fp6vev ^^f_^i (xj) oiorit, iXX* ^ toÜto 
1 «ort öy fanv S XP* V0 ' ('•• Zoit *!" solche kann nicht ohne die Seele sein, son- 
dern nur dasjenige, was, wie immer beschaffen, die Zeit ist, das Reale, was der 
loogle 
302 Ariitotwle«. 
irren, wenn wir desshalb eine Neigung zu der idealistischen 
Ansicht von der Zeit bei ihm finden wollten, welche in der neueren 
Philosophie eine so grosse Bedeutung- erlangt hat. Dieser an- 
scheinend idealistische Zug hat vielmehr seinen Grand nar darin, 
dass Aristoteles die Begriffe der Zeit und des Baumes noch nicht 
so rein und abstrakt fasst, wie wir es gewohnt sind. Geht er auch 
in dieser Beziehung nicht mehr so weit, wie Plato, welchem der 
Baum mit dem räumlich Ausgedehnten und die Zeit mit der Bewe- 
gung der Gestirne zusammenfiel '), so ist doch auch er noch weit 
entfernt, Baum und Zeit als die allgemeinen Formen des sinnlichen 
Daseins von dem, an welchem sie sind, streng EU unterscheiden, 
Er kann sich den Baum, wie wir gesehen haben *), nicht ohne dea 
Unterschied der physikalischen Orte, des Oben und Unten, des 
Schweren und Leichten denken '); er will ein räumliches Dasein 
im vollen Sinn nur demjenigen zugestehen, was wirklich von einen 
andern, von ihm selbst verschiedenen Körper, umgeben ist; er sag! 
aus diesem Grunde, ausser der Welt sei kein Baum, und nicht die 
Welt als Ganzes, sondern nur ihre einzelnen Theile, seien in 
Baume *); ebenso sollen die gleichartigen Theile eines zusammen- 
hängenden Körpers, als Theile dieses Ganzen, nur der Möglichkeil 
nach im Räume sein, in Wirklichkeit erst, wenn sie vom Gamet 
losgetrennt werden 5 )- Aehnlich geht es ihm nun auch mit der Zeit: 
da die Zeit die Zahl der Bewegung ist, setzt sie einerseits ein be- 
Zeit als ihr Substrat su Grande liegt; m. vgl. Aber den Ausdruck Thobbtmci 
im Hb. Mus. XII, 1867. 8. 161 ff.), albv ti be%TSj xivntnv tftw ävtu fyfa. Nicki 
ganz übereinstimmend beantwortet Ariel, hiebei die Frage, welchem Theil der 
Seele die Vorstellung der Zeit angehöre. Nach unserer Stelle und De an. in, 10. 
433, b, 5 ff. mfissteu wir sie aas der Vernunft ableiten und auf die vernünf- 
tigen Wesen beschranken; dagegen wird sie De mem- 1. 450, a, 9 — 33 den 
npÜTov rIuöijtiiiöv zugewiesen, und die Erinnerung, deren nur ein solches Wesen 
Und nur dasjenige Seelen vermögen fähig sein soll, welches die Zeit wahrnimmt 
(a. a. 0. 449, b, 28), wird manchen Thieren beigelegt («. a. O. und 0. 2. 453, *, 
7 ff. Hist. an. 1, 1. 488, b, 25). 
1) S. lste Abth. 8. 464, 5. 6. 521, 1. 
2) S. 285. 
3) Er sagt desshalb Phys. IV, 1. 208, b, 8: die Bewegungen der einfaches 
Körper (Feuer, Erde u. s. w.) beweisen ai pevov Eti tum n S TtJJiot , aW.' in ti: 
tga Tiv« Sdvofiw (eine reale Bedeutung). 
4) S.d. 290,3. 
5) Phys. IV, 6. 212, b, 4. 
i „Google 
Baum und Zeit 303 
wegtes Objekt, andererseits ein zählendes Subjekt voraus. Aus- 
drücklich sagt er aber, wenn sie die Zahl der Bewegung genannt 
wird, so sei hier unter der Zahl nicht das zu verstehen, womit, 
sondern das, was gezählt wird *), die Zahl nicht im subjektiven, 
sondern im objektiven Sinn. Die Zeit ist ihm so wenig eine blosse 
Form unserer Anschauung, dass er sie vielmehr als etwas betrach- 
tet, was der Bewegung, und weiterhin mit dieser dem bewegten 
Körper anhafte: wo keine Körper mehr sind, ausser der Welt, da 
ist auch keine Zeit *). 
Von den weiteren Erörterungen der aristotelischen Physik über 
die Bewegung sieht besonders dasjenige unsere Aufmerksamkeit 
auf sich, was mit der Lehre des Philosophen über das erste Bewe- 
gende und das Weltgebäude in näherem Zusammenhang steht. Ari- 
stoteles bestimmt die Begriffe des räumlichen Zusammenseins, der 
Berührung, des Zwischenraums, der Aufeinanderfolge, des Stetigen 
u. s. w. s ). Er unterscheidet die verschiedenen Beziehungen, in 
denen von Einheit der Bewegung gesprochen werden kann *), um 
die unbedingte Einheit der Bewegung in der stetigen oder ununter- 
brochenen, d. h. in derjenigen Bewegung zu finden, welche einem 
und demselben Gegenstand in derselben Beziehung zu einer und 
derselben Zeit zukommt *). Er fragt, worin die Gleichmässjgkeit 
1) Phyg. IV, II. 31», b, 5. 
2) De coelo I, 9; s. o. 301, 2. S. 299, 4. 270. 
8) Phya. Y, 8: Su.«i |ilv oov X^eteu tkut* cTmu *«tb tökov, Um lv tu rfmp 
iW npojrc]), X'"?'t ^ °™ &* ^ T -P's>i «ttehDch 51 "n xa äxpa ä(is, u-et«^ £1 a\ 3 
ictjpuxf TtpöJiuv äftxvetaOai tg jAEtupiXiov (das Folgende, ^e!;1il b. w., bei dem 
mit PaiNTi/s Uebersetanng aus sachlichen, Bbandib' Erklärung II, b, 826 f. 
iub sprachlichen Clründun nicht genügt, scheint ein unechter Ziuats). ... i<ft- 
%%i Sl üu juti T>)v «pxV l'-iw «»"toi ■ ■ i |»|8ev jutb^u iW töiv ev -.s'j'.iü fitti xtfi 
(mit naürSi in verbinden: demselben wie da» Geschlecht dessen) oü l^efr,-; inz'.i. 
... iy_6pzvov 31 (unmittelbar aufeinanderfolgend) 3 iv Efeljijf Sv iumjTai .. .. W-ju» 
i' tJvai a-jve-fli (zuiammenhSngend, stetig), otav wäto fivijTou xal iv tb ixcrrfpou 
7ttp«5 o% SicTovrai. Dm a-jvejftt sei daher nur wo die sich Berühren den Eins 
werden. Die Definition der ä<p)| auch gen. et oorr. I, 6. 323, a, 3. 
4) Phye. V, 4, Anf.: die Bewegung ist entweder y&iu, oder tßti, oder äitXZi 
[iia. Nocb weitere Bedeutungen, in denen die Bewegung Eine heisse, ebd. 
228, b, 11 ff. Vgl. VII, 1. 4. S. 126. 139 d. klein. Bekker '«chen Ausg. 
6) A. ». O. 227, b, 21 : nntla* St [iia x£wjOt( i\ tij oiji!» |iia not tö aprittu, 
das Letalere aber ist der Fall, wenn nicht allein da« Bewegte und die Art der 
Bewegung (oXXoiwuif, ?opa n. s. f. nebst ihren näheren Bestimmungen), sondern 
sy Google 
304 Aristoteles. 
und Ungleiehmässigkeit der Bewegung bestehe % in welchen FiHen 
theils zwei Bewegungen, theils auch Bewegung und Buhe entge- 
gengesetzt zu nennen seien, und inwiefern in beiderlei Hinsicht 
das Naturgemässe und Naturwidrige einer Bewegung in Betracht 
komme *). Nachdem er weiter gezeigt hat, dass alle stetigen Grössen 
in's Unendliche theilbar sind ')» dass Zeit und Raum in dieser Be- 
ziehung sich entsprechen, und dass bei der Bewegung in Wirklich- 
keit immer nur begrenzte Räume in begrenzter Zeit, unbegrenzte 
Räume dagegen nur in demselben Sinn durchlaufen werden, in wel- 
chem auch die Bewegungszeit unbegrenzt ist *)> weist er die (Jn- 
theilbarkeit des Jetzt nach, und er schliesst daraus, dass im Jetzt 
weder Bewegung noch Ruhe möglich sei s ); er erörtert die Thtil- 
barkeit des Bewegten und die der Bewegung °), und knüpft hieran 
die Bemerkung, dass jede Veränderung in einem untheilbaren Au- 
genblick sich vollende, von keiner dagegen der Moment ihres An- 
fangs bestimmt werden könne '); or erklärt es für gleich unmög- 
lich, in unbegrenzter Zeit nur einen begrenzten und in begrenzter 
einen unbegrenzten Raum zu durchmessen, daher auch für unmög- 
lich, dass eine unbegrenzte Grösse sich in begrenzter Zeit irgend 
eine Strecke weit bewegen könnte *); er widerlegt auf Grund die- 
anch die Zeit derselben die gleiche ist. 226, a, SO: t>{v ti ixk&i ptaw [xifqen] 
ävi-pti; xa\ ouVi)(ij elvM ... xai ä <swrfrfi, (iIs. 
1) A.a.O. 228, b, 16 ff. 
2) A. a. O. c. 6. 6. 
3) VI, 1 f. ■. o. 296, 6. Das räumlich und zeitlich Dntb.eU.bare (der Punkt 
und das Jetzt) iat desabalb, wie De an. III, 6. 430, b, IT ff. bemerkt wird, nie 
für sich, als ein ^lupiorbv, gegeben, sondern nur Suväjui in dem Theilbaren ent- 
halten, and es wird nur durch Verneinung erkannt. 
4) A. h. O. c. 2. 233, a, 13 IT. 
5) A. a. 0. c. 8 and dann wieder e. 8, hiermit dem Zugati: beim Ue bor- 
gang Ton der Bewegung in Hube daare die Bewegung eo lang fort, all dieser 
Uebergang, während mithin etwas zur Bube kommt, bewege* es sich noch. 
8) C. 4 (vgl. auch S. 296,6). Die Bewegung ist nach dieser Stelle [n dop- 
pelter Hinsieht theilbar: einmal, sofern es die Bewegungsaeit , und sodann, so- 
fern es der bewegte Gegenstand ist 
7) A. a. 0. e. 5. 6. Dass übrigens schon Theophraat nnd Eudcmne hier 
Schwierigkeiten fanden, aehen wir ans Simfl. Phys. 380, a, m. 231, b, m. 
Tbbuist. Phys. 55, a, m. 
8) A. a. 0. u. 7 vgl. oben 296, 1. Dass auch seine Vorginger die rlum- 
i „Google 
Bin mit ehe Bewegung. 305 
set Erörterungen Zeno's Einwurfe gegen die Bewegung *) ; er be- 
weist ans denselben Voraussetzungen, dass das Untheilbare sieb 
weder bewegen noch überhaupt verändern könne *); er bahnt sich 
endlich den Weg zu den Untersuchungen über die Bewegung des 
Weltganzen und ihre Ursache durch die Frage *), ob es eine ein- 
heitliche Bewegung von unbegrenzter Zeitdauer geben könne. Und 
nachdem er nun die Anfangs- und Endlosigkeit der Bewegung und 
die Notwendigkeit eines ersten Bewegenden dargethan hat 4 ), be- 
antwortet er diese Frage dahin: wenn es eine stetige und einheit- 
liche Bewegung gebe, welche anfangs- und endlos sei, so werde 
diess nur eine räumliche Bewegung sein können, denn theils gebe 
■lese überhaupt jeder anderen voran *), theils gebe auch jede andere 
von Entgegengesetztem zu Entgegengesetztem e ) , wo aber diess 
der Fall sei, komme die Bewegung in einem bestimmten Punkt zur 
Rohe, in dem wohl eine neue Bewegung in anderer Sichtung be- 
ginnen, aber nicht eine und dieselbe sich stetig fortsetzen könne ')• 
Der gleiche Grund beweist aber nach Aristoteles auch, dass unter 
den räumlichen Bewegungen nur die Kreisbewegung der Anforde- 
rung entspricht Denn wenn jede räumliche Bewegung entweder 
geradlinig oder kreisförmig oder gemischt ist 8 ), so würde eine 
gemischte Bewegung nur dann von endloser Dauer und zugleich 
stetig sein können, wenn es die beiden andern sein könnten; von 
diesen aber kann es die geradlinige nicht sein, denn jede begrenzte 
geradlinige Bewegung B ) hat ihre Endpunkte, in welchen sie er- 
liefe Bewegung als die ursprünglichste behandeln, neigt Arial Phyi. Till, 9. 
265, b, 16. 
I) A. A. O. o. 9 Tgl. c. 2. 233, », II. Till, S. 263, a, * und oben 215, 6. 
I) Ebd. c 10. 
3) Am Bchln» diese? Kapitel«. 
4) Phyi. Vin, 1—6 «. o. B. »70 ff. 
5) Phyi. TOI, 7; i.o. 8.291 f. 
B) Du Entstehen vom Nichtsein «um Sein, da« Vergehen vom Bein nun 
Nichtsein, die Zunahme von der Kleinheit snr QrStce, die Abnahme von der 
Uroaie cur Kleinheit, die Umwandlung von einer Beschaffenheit tn einer ent- 
gegen gesetzten , t. B. von der du Wassers in der der Luft. 
7) A. t. 0. 361, s, 31 ff. 
8) Zu den gemischten Bewegnngerlobtnngen müssen bei dieser Einthei- 
hnur alle Carren ausser dem Kreise geikhlt werden. 
9) Eine unbegrenzte kann ea aber theils an iloh (». o. »96, 6), theils deu- 
Wb nicht geben, weil die Welt nicht unbegrenit ist. 
*aaw.t.ar. H.Bd.l.A1rth. 20 
3,g,1:zedBy GoOgk 
3Q6 Aristoteles. 
lischt, and kann sie »ich auch zwischen diesen Endpunkten unend- 
lich oft wiederholen, so bilden doch diese sich wiederholenden Be- 
wegungen nicht Eine stetige Bewegung-. Die Kreisbewegung ist 
mithin, die einzige , welche als eine und dieselbe ununterbrochene 
Bewegung anfangs- und endlos sein kann *); in ihr ist die Rübe 
des Weltganzen mit seiner unaufhörlichen Bewegung vereinigt, denn 
in ihr bewegt es sich ohne als Ganzes seinen Ort zu verändern *); 
sie ist das Haass für jede andere Bewegung; sie ist auch allein 
durchaus gleichmassig, wogegen bei den geradlinigen ') die Ge- 
schwindigkeit mit ihrer Entfernung vom Ausgangspunkt zunimmt*). 
Wie aber diese ewige Kreisbewegung durch die Einwirkung des 
ersten Bewegenden zu Stande kommen soll, ist froher gezeigt 
worden 6 ). 
So wichtig aber die räumliche Bewegung als die ursprünglich- 
ste, alle andern bedingende, Art der Veränderung ist, se wenig kann 
doch Aristoteles der mechanischen Physik zugeben, dass sich alle 
Veränderungen auf sie allein zurückführen lassen, dass nur eine 
Verbindung und Trennung, nicht auch eine Umwandlung der Steile 
1) Du Obige wird Phys. VIII, 8. 261, », 27 — 268, b, 3. 264,»,7tt 
e. 9, Auf. ausführlich auseinandergesetzt. 
I) Phy*. Tin, 9. B66, b, 1 vgl. 8. 298, 6. 
3} Bei denjenigen nRralioh, welche Ariat. mls die natürlichen Bewegung» 
du Elementarkörper betrachtet, der nach unten gebenden dst Schweren sai 
der nach oben geltenden des Leichten, denn bei den gewaltsamen Bewegungen 
findet das Gegentheil statt. 
4) A. «. O. 266, b, 8 ff. 
6) Das siebente Blieb der Physik babe ich im Obigen desshalb über- 
gangen, weil es keinen ursprünglichen Bestandteil dieses Werks bildet (s.o. 
8. 61). Sein Inhalt ist dieser. Nachdem e. 1 auseinandergesetzt bat, das« ja» 
Bewegung von einem ersten Bewegenden ausgeben, und c 2 (s.o. 266,4. 290,1* 
dass sieh dieses mit dem Bewegteu berühren mfisse, zeigt e. 3, die iÜütK 
betreffe nnr die sinnlichen Eigenschaften der Dinge; c 4 untersucht, in wel- 
chem Fall awei Bewegungen Kommensurabel sind; c 5 endlich fährt ans, du 
die gleiche Kraft die halbe Masse in der gleichen Zeit doppelt und in der Sil- 
ben Zeit gleich weit bewege; dass ebenso die gleiche Masse von der gleich« 
Kraft in der gleichen Zeit gleich weit, in der halben Zeit halb so weit and die 
halbe Masse von der halben Kraft gleich weit bewegt werde; dagegen köcjt 
man nieht schliessen, dass die doppelte Masse von der gleichen Kraft, odtrdi< 
gleiche Masse von der halben Kraft halb so weit bewegt werde, weil fei 
vielleicht Uberhanpt nicht fähig sei, sie an bewegen. Ebenso verhalte es sich 
auch mit den andern Arten der Veränderung. 
i „Google 
Bestreitung der mechan ieohnn Physik. 307 
anzunehmen sei. Näher bandelt es sich hiebei um drei Fragen. 
Giebt es überhaupt qualitative Unterschiede unter den Stoffen? giebt 
es eine qualitative Veränderung der Stoffe? giebt es eine solch« 
Verbindung der Stoffe, bei der. ihre Qualitäten sich verändern? Die 
Atomistik hatte alle drei Fragen, Anaxagoras undEmpedokles hatten 
wenigstens die zweite und dritte verneint. Aristoteles glaubt sie 
simmtlich bejahen zu müssen, und er bekämpft aus diesem Ge- 
sichtspunkt die mechanische Physik jener Vorgänger, indem er 
zugleich in den eigentbümlichen Begriffen seines Systems die 
Mittel sucht, um ihre Einwürfe zu lösen. Dass ihm diess durch- 
aus gelungen sei, wird die Naturwissenschaft unserer Tage aller- 
dings nicht zugeben; ja sie wird vielleicht nicht selten geneigt 
sein, mit Baco *) Demokrit's Parthei gegen ihn zu ergreifen. In- 
dessen ist gerade hier einer von den Fällen , in denen wir allen 
Grund haben, uns vor einem vorschnellen Urtheil über den Mann 
so hüten, welcher nicht allein unter Philosophen, sondern auch un- 
ter den Naturforschern des Alterthums eine der ersten Stellen ein- 
nimmt. Will man Aristoteles in seinem Streit gegen die mechani- 
sche Physik und in Betreff seiner eigenen Ansichten richtig beur- 
teilen, so darf man nie vergessen, dass er es nicht mit der Atomi- 
stik unserer Tage, sondern mit der himmelweit von ihr verschiede- 
nen demokrilischen zu thun hat ; dass ihm so gut, wie seinen Geg- 
nern, von den Beobachtungen und Methoden, welche uns in so un- 
ermesslichem Umfang zu Gebot stehen, kaum die dürftigsten An- 
fange vorlagen; dass er die physikalischen Grundbegriffe für eine 
Zeit zu bestimmen halte, deren Beobachtungen nicht über den 
Bereich des unbewaffneten Auges, deren Versuche nicht über ein 
paar einfache und dazu meist noch sehr unzuverlässige Erfahrungen 
hinan sgiengen; welche von allen nnsem mathematischen, optischen, 
physikalischen Instrumenten ausser Lineal und Zirkel kein einziges, 
and nur für einige wenige die unvollkommensten Surrogate bessss; 
in welcher an chemische Analysen, an genaue Messungen und Wä- 
giiDgen, an eine durchgreifende Anwendung der Mathematik auf die 
Physik nicht gedacht wurde *); welchem von der allgemeinen An- 
1) Vgl. K. üWue* Frans Muco S. 166 ff. 149 f. 
!) IL vgl. hierüber auch Bukdii II, b, 1213 f. 1320 £ und die Naohwei- 
xmgen Mixn'a (Ariel. Thierknnde 419 ß) Über das Verfahren des Aristoteles 
bei Prüfung dar Warn». 
.Google 
308 Aristoteles. 
Ziehungskraft der Materie, von den Gesetzen des Fans, von den Er 
scheinungen der Elektricität, von den Bedingungen der chemische: 
Verbindungen, von den Wirkongen des Luftdrucks, von der Natu 
des Lichts, der Wärme, der Verbrennung u. s. w., kurz von allei 
den Tbatsachen, auf welchen die neueren physikalischen Theorie« 
beruhen, nichts oder so gut wie nichts bekannt war. Es wäre metai 
als ein Wunder, wenn Aristoteles nnter solchen Umständen natur- 
wissenschaftliche Begriffe gewonnen hätte, die wir jetzt noch un- 
verändert gebrauchen könnten; die geschichtliche Betrachtung hsi 
nur zu zeigen, wie er sich die Erscheinungen, dem damaligen Stand 
des Wissens entsprechend, erklärte. 
Die mechanische Physik stellt sich in keinem von den alt« 
Systemen so rein dar, wie in der Atomistik, welcher auch die phi- 
lolaisch- platonische Lehre über die Elemente nahe verwandt ist 
Beide beseitigen die qualitative Verschiedenheit der Stoffe, um als 
einen ursprünglichen und realen Unterschied nur den der Gestalt 
nnd der Grösse übrigzulassen. Aristoteles widerspricht dieser An- 
sicht nicht blos desshalb, weil sie kleinste Körper oder Flächen be- 
hauptet, sondern auch weil sie den Artunterschied unter den Stoffen 
läugnet. Am Auffallendsten sind ibm zufolge in beiderlei Beziehung 
die Schwächen der platonischen Lehre *)■ Hit der Mathematik steht 
sie im Widerspruch, weil sie die Körper aus Flächen zusammen- 
setzt, was folgerichtig zu der Annahme untheilbarer Linien *), ji 
zu der Auflösung der Grössen in Punkte führen würde *}; weil sie 
die Theilbarkeit der Körper aufhebt *}; weil die von Plato ange- 
nommenen Figuren der Elemente den Raum innerhalb der WeR 
nicht ausfüllen, während er doch keinen leeren Raum zugiebt')) 
1) Vgl. meine PUtou. Studien S. 170 f. 
3) Wirklich waren aueh Plato und Xenokntes in dieser i 
kommen; TgL unsere lata Abth. B. 617, uat. 669 f. 
3) De coelo III, 1. 399, a, 6. 300, «, 7. o. 7. 306, a, 23. Vgl. gen. t 
H, 1. 329, a, 21: da die Ttpiu] ZXr, des TimB.ua keine FlHchc sei, konna 
die Elementarstoffe sieb nicht in Fliehen anflögen lassen. 
*) De noelo III, 7. 306, b, 31. 806, a, 26: die ElemontarkÜrperubea kflnntS 
nicht theilbu sein (was sie Ja auch wirklich nach Plato nndDemokrit nicht süidjr 
denn jeder ThsB eines Feuer- oder WaaserkSrpers Ist wieder Feuer oder Wu- 
ser , die Theile einer Engel oder Pyramide dagegen sind ntont Kugeln ei* 
Pyramiden. 
6) A. «. 0. o, 8, Auf. TgL unsere Ute Abth. 617; 9. 
Gegen die platonische Elementenlehre. , 309 
weil steh kein zusammenhängender Körper ans Urnen bilden l&sst 1 )- 
Nicht minder gewichtig sind aber auch die Gründe, welche vom 
physikalischen Gesichtspunkt ans dieser Ansicht entgegenstehen. 
Denn wie kann das Körperliche, welchem doch Schwere zukommt, 
■os Flächen bestehen, denen keine zukommt? ■) und wo sollte un- 
ter dieser Voraussetzung die speeifische Schwere oder Leichtigkeit 
der einzelnen Elemente herrühren? das Feuer müsste ja da um so 
schwerer werden und um so langsamer aufwärts steigen, je grösser 
seine Masse ist, viel Luft müsste schwerer sein, als wenig Wasser s ). 
Wahrend ferner die Erfahrung zeigt, dass alle Elemente ineinander 
übergehen, kann Plalo diess nur von den drei oberen zugeben *)i 
auch bei ihnen macht aber derllmstand Schwierigkeiten, dass über- 
flüssige Dreiecke zurückbleiben B ), und dass sich neben der von 
Plato angenommenen Zusammenfügung auch eine Aufeinanderlegung 
der Flachen denken lässt '). Weiter widerspricht die Annahme un- 
veränderlicher elementariscber Grandformen der Thatsache, dass 
sich die Gestalt der einfachen Körper, namentlich des Wassers und 
der Erde, nach dem umgebenden Raum richtet '). Wie sollen wir 
ans endlich die Eigenschaften und Bewegungen der Elemente aus 
den platonischen Annahmen begreiflich machen? WieDemokrit das 
Feuer wegen seiner Beweglichkeit und seiner trennenden Kraft aus 
Kegeln bestehen liess, so lässt es Plato aus Pyramiden bestehen, 
die Erde dagegen wegen ihrer geringen Beweglichkeit aus Wür- 
feln. Aber beide sind, wie alle Elementarstoffe überhaupt, in ihrem 
eigentümlichen Ort schwer, in einem fremden leicht zu bewegen, 
weil sie nur von diesem, nicht aber von jenem, hinwegstreben *). 
1) A.m.0. 306, b, 22 ff. , 
2) De eoelo III, 1. 299, a, 26 ff. b, 31 ff. (wo aber t« ot&fumi tO* itaxOmn 
so Ismh ist, so da» tiei Genitiv ixiniban von icXiffa regiert wird) ; Tgl. die ent- 
sprechende Einwendung gegen die PTthagoreer, oben 214, 4. 
>) De eoelo IV, 2. SOS, b, S ff. o. 5. 312, b, 30 ff. Wie wir vom dieee 
Einwendungen im Munde dea Aristoteles in erklären haben, wird ■ogieioh ge- 
■eigt werden. 
4) De eoelo III, 7. SO«, *, 1 ff, vgl. Inte Abth. 614, 1. B. 
») A. a. 0. 7.. 10 vgL Plato Tim. GS, D f. 
I) De ooelo HI, 1. 299, b, 38. 
7) C. S. 806, b, 9. 
8) A. a. 0. 306, b, 29 ff. Weiter wird hier eingewendet: Kugel und Pyra- 
mide seien nur im Kreise leicht an bewegen/die Bewegung dea Fettem dagegen 
i „Google 
310 Aristoteles. 
Aristoteles kann daher die platonische Ableitung der Elemente in 
jeder Beziehung nur für verfehlt holten ')• 
Hit ungleich grösserer Achtung spricht er von der Atomen- 
lehre des Demokrit und Leucippos *). Aber doch ist auch ihr, wie 
er glaubt, der Nachweis, dass sich Alles aus einem qualitativ 
gleichartigen Urstoff ableiten lasse, entfernt nicht gelangen. Denn 
für's Erste wird sie von allen den Einwendungen getroffen, welche 
der Annahme antheilbarer Körper entgegenstehen*). Sodann müsste 
gegen sie so gut, wie gegen Plato, gelten, dass die Stoffe ihre Ge- 
stalt dem Raum, worin sie sich befinden, nicht anpassen könnten, 
wenn sie eine bestimmte elementarische Figur hätten *). Wenn es 
ferner der Gestaltsunterschiede unter den Atomen unendlich viele sein 
sollen, so haben wir schon früher 5 ) gesehen, wesshalb Aristoteles diese 
gehe nach oben; wenn die wärmende Kraft des Feuer« von «einen Winkeln 
herrühren sollte, müssten alle Elementarkörper wärmen, da alle Winkel haben, 
ebenso aber auch mathematische körperliche Figuren; daa Feuer verwandle 
Ale Dinge, welche es ergreift, In Feuer, eine Pyramide oder Kugel da«, wu da- 
mit getheilt wird, nicht in Kugeln oder Pyramiden; daa Feuer trenn« blas da* 
Ungleichartige, vereinige dagegen das Gleichartige; wann die Warme an ein« 
bestimmte Fignr geknüpft sei, müsste such die Kälte an eine geknüpft sein. 
1) Ihre'Vertheidigung gegen seine Einwürfe versuchte später Proklns in 
einer eigenen Abhandlung; Simpl. , Schol. in Ar. 515, «, 4. 
3} M. vgl. die Stelle gen. et corr. I, I. 815, b, 30 ff., deren HanptaStse 
Bd. I, 685, 3 angefahrt wurden; über die platonische Theorie auch De eoala 
DJ, 7. 306, a, 5 ff. 
3) M. s. hierüber, ausser S. 210, die S. 396,5 angeführten AeuMernngen, 
welche alle theils ausdrücklich theils stillschweigend gegen die Atomistik ge- 
richtet sind. Auch hiebet rause man aber den damaligen Stand der Wissen- 
schalt und das Eigentümliche der Annahmen im Auge behalten, mit denen ei 
Aristoteles au thnn hat Wenn dieser i. B. zeigt, dass ans Atomen keine ste- 
tige Gross« werden konnte, so darf man dabei nicht an die Atome der heutigen 
Physik denken, welche sieh in den verschiedensten Verhältnissen anstehen ttia 
abatossen, in Spannnng gegen einander kommen u. s. w., sondern an die item»' 
kritischen Atome, die nur mechanisch, dareh Druck nnd Stoma, Huf einander 
Wirkern könueo. Wie aas solchen ein msammenhängender KBrper werde» 
sollte, Usst sich allerdings nicht absehen; denn das Mittel, dessen sich Demo- 
krit hiofftr bediente, den Atomen Winkel nnd H&ekchen zu geben, daroh wel- 
che sie sich an einander hangen (s. ansern lsten Bd. 606, 3. 609, 3), mochte 
Aristoteles ebenso phantastisch erscheinen, wie (nach Cic. Aoad. IT, 88, 111} 
seinem Nachfolger Strato. 
4) 8. o. BOB, T. 
O) 8. 310, B. » 
i „Google 
Gegen 41« Atomenlehre. 31i 
Bestimmung missbflhgt; wenn die ElementarHtome sioh hmsi«MHofc 
ihrer Grösse unterscheiden sollen, so könnte nicht ein Element am 
dem anderen entstehen *). Wenn alle Atome gleichartig sind, be- 
greift man nicht, dass sie getrennt' sind, und auch bei der Beruh» 
rang sich nicht vereinigen; bestehen sie aus verschiedenartigen 
Stoffen, so wäre der Grund der Erscheinungen hierin, und nicht in 
den Gestaltsunterschieden zu suchen, und sie mflsstes dann auch 
bei der Berührung auf einander wirken , was die Atomistik doch 
läugnet s }. Ebenso müsste eine gegenseitige Einwirkung anter 
ihnen stattfinden, wenn mit einer bestimmten Gestalt gewisse Eigen- 
schaften, wie z. B. die Wärme, verknüpft sind; es ist aber freilich 
gleich unmöglich, sieh die Atome eigenscbaftslos und sich diesel- 
ben mit bestimmten Eigenschaften versehen zu denken ■). Ebenso- 
wenig sieht man einen Grund, wesshalb es nur unsichtbar kleine 
und nicht such grosse Atome geben sollte *). Werden endlich die 
Atome von Anderem bewegt, so erfahren sie eine Einwirkung, ihre 
Apathie Kit aufgehoben; bewegen sie sich selbst, so ist entweder 
du Bewegende in ihnen vom Bewegten verschieden ' und dann 
sind sie nieht sntheitbar, oder es Bind in Einen und demselben 
entgegengesetzte Eigenschaften vereinigt *). 
Auch die physikalischen Eigenschaften der Dinge weiss 1 Demo- 
krit, wie Aristoteles findet, so wenig, als ■'Plato, zu erklären: der 
Bine giebt dem Feder die kegelförmige, der Andere die pyramida- 
hsche Gestalt, aber jenes ist so verfehlt, wie dieses B ). Der ent- 
scheidendste Gegengrund gegen die Gleichartigkeit aller Stoffe Hegt 
aber für ihn in derselben Erscheinung, welche der neueren Natur- 
lehre für ihren Hauptbeweis gut: in der Erscheinung der Schwert. 
Dass alle Körper eine Anziehung gegen einander ansagen, dass 
1) De «socio III, 4. 803, », 24 ff. loh komme noch einmal snf diese Stelle 
ntraok. 
2} Gen. et oorr. I, 8. 326, a, 29 ff., worauf flieh freilieb Mitworten He»*, 
lia Tneinigen sieh nicht, weil sie nieht flüssige Körper seien, sondern feite. 
3) A.A.O. 326,», 1 — 24. 
4) A. a, 0. Z. 24. 
5) A. a. 0. 326, b, 2. 
6) In der S. 309, 8 angeführten Stelle bestreitet Aristoteles, wie bemerkt, 
beide in dieser Beziehung gemeinschaftlich und mit den gleichen Grunds». 
Vgl. euch gen. et eorr. I, 8. 826, a, 3. 
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312 Arintotele*. 
innerhalb der Erdatmosphäre alle dem Mittelpunkt der Erde a 
ben, da« im leeren Raum alle gleich schnell fallen, und bot der 
Widerstand der Luft eine Ungleichheit in der Geschwindigkeit ihres 
Falles hervorbringt, dass der Luftdruck allein das Aufsteigen des 
Feuers, der Dampfe u. s. f. erzeugt, wusste weder Demekrit noch 
Aristoteles. Jener glaubt, im Leeren fallen die Atome zwar aDe 
nach unten, aber die grösseren schneller, als die kleineren; uns 1 
eben hieraus leitet er den Zusammenstoss der Atome und den Druck 
ab, durch welchen die kleineren nach oben getrieben werden; au 
demselben Grund soll die Schwere der zusammengesetzten Körper, 
bei gleichem Umfang, ihrer Masse, nachAbzug der leeren Zwischen- 
räume, entsprechen 1 )- Aristoteles weist ihm nach 0, dass jene 
Voraussetzung falsch sei, dass in dem unendlichen Raunte kein Oben 
und Unten, mithin auch kein natürliches Streben nach unten mögliefe 
wäre, dass im Leeren alle Körper gleich schnell fallen raflssten *), 
und dass auch das Leere im Innern der Körper sie nicht leichter 
machen würde, als sie an sich sind. Weil er aber mit dem Thal- 
sächlichen, das erklärt werden soll, ebenso unvollkommen bekannt 
ist, wie sein Vorgänger, giebt er gerade dag, was an Demokril's 
Annahmen richtig ist, auf, um den Folgerangen zu entgehen, derea 
Zusammenhang mit den atomistischen Voraussetzungen er erkannt 
hat, deren Wahrheit aber weder Demokrit noch er selbst kennt 
Um der vermeintlichen Thatsachen willen widerspricht er einer 
Theorie, welche, zunächst spekulativen Ursprungs, sieb nur durcs 
eine Berichtigung der tatsächlichen Annahmen halten Hess, wie sie 
der damaligen Wissenschaft noch fremd war. Im Leeren müsste 
Alles, wie er bemerkt, mit gleicher Geschwindigkeit fallen; diess 
scheint ihm aber so undenkbar, dass die Annahme des leeren Raums 
in seinen Augen mit dieser Folgerung unmittelbar widerlegt ist *)■ 
l) Vgl. Bd. r, S91 f. 602 ff. 
8) Phyu. IT, 8. 314, h, 28 ff. De coelo IT, 2. SOS, a, 84—809, a, 18 i. o. 
8; 396. 
8) Dien bat dann , wie Bd. I, B, 604 , 3 geneigt Sit , Bpikut anerkannt, 
aber nicht ru einet wirklichen Tefbesietang der atomii tischen Lehre, sondern 
nur rät seine wülkOhrliahe Annahme über die Abweichung der Atome benfltat. 
B. «. 310, 6. 
' 4) M. Tgl. Pnya. IT, 8. 216, a, 18: fpüutv tip tl jisitw fxnip fyon* Jj Sa- 
pevc Jj xou^ngtoc, iiv tIXXs 4|io!uif Zyr, toTj tr/ifii.«« , 6Xrtov <ptpdn*va ts bov 
X"p'u* , xat aata lifo* l» t/ourn tk |«*fÄi] «p'oj äUujXa. &fpi xeft Si^tt* «woS- 
ioogle 
Gagen die Atamenlefare. 313 
Wenn alle Körper au demselben Stoffe bestanden, sagt er weiter, 
so müssten alle schwer sein, es gäbe nichts, was an sich leicht ist 
und vermöge seiner Natur nach oben strebt, sondern nur solches, 
was in der Bewegung nach unten hinter Anderem zurückbleibt, oder 
von Anderem in die Höhe gelrieben wird; und wäre such von gleich 
grossen Körpern jeder am so schwerer, je dichter er ist, so raüsste 
doch eine grosse Masse Luft oder Feuer schwerer sein, als. eine 
kleine Menge Wasser oder Erde. Diess aber ist unmöglich 'X 
Diese Unmöglichkeit soll aber daraus erhellen, dass sich gewisse 
Körper immer aufwärts bewegen, und zwar um so schneller, je 
grösser ihre Masse ist. Diese Erscheinung lässt sich, wie Aristo- 
teles glaubt, nicht erklären, wenn wir die Gleichartigkeit aller Materie 
voraussetzen. Denn sollte sich die Schwere nach der körperlichen 
Masse richten, so raüsste eine grössere Masse des dünneren Kör- 
pers schwerer sein, als eine kleine des dichteren, und sich also 
nach nnten bewegen; sagt man umgekehrt, dasjenige sei leichter, 
was mehr leeren Raum enthält, so ist mehr leerer Raum in einer 
grossen Masse des dichteren und schwereren Körpers, als in einer 
kleinen des dünneren; soll endlich die Schwere jedes Körpers dem 
Verbillniss seiner Masse in den leeren Zwischenräumen entspre- 
chen, so könnte sieh ein noch so grosser Blei- oder Goldklumpen 
nicht schneller nach unten, ein noch so grosses Feuer nicht schnel- 
ler nacb oben bewegen, als die kleinste Menge der gleichen Stoffe. 
Es muss mithin gewisse Körper geben, welche an sich schwer oder 
leicht sind, der Mitte oder dem Umkreis der Welt zustreben *), und 
äU' äSJvaTov. Sil t(va T«p ofrlav oiahfattai 8£nov; it u'ey ykp z'Jii 7tl»jpEoiv ff 
wtfxiK - Dircov -jap BuupA tfl itr/JT tö jaeICov . . . laom/ij äp« icotvc ' eViai (nfimlieh 
im Leeren). aXX* «Sdvorcov. 
1) De coelo IV, S. 810, •, 7: U) (so Pbaxtl mit Becht für tb} 8s (i(m 
xwitv f iJeri xSn Tip |u-fs%t Sta^ ipoVcwv ävayxoifov tsiItoy ai»[i[äa£viw toI; p.iiv itoi- 
ofcm SXqv, xal fiiffl' Ö7tl.tÖ; eTvoi |0]8kv M&f ov |«[ts ^Epd|UVav nvu, aXl' 1) irapftov 
1 iiüXipäpEvov, x«\ nolXi jiixpä (kleine Atome) JXIyuiv |i£-;i),iuv ßapu'npa sftai. i! 
ii toüto iurcu, oujißTJmTai noXlv KEpa x«l RoX'u nSp Säota; »TW ßapihipa xas y>}( 
äXipjt tqEtb S' ioi>.i oBJmrov. Tgl. die vorhergehende Ausführung. Ebd. c. 5. 
312, b, SO ff. (wo aber Z. 32 zu interpnngiren ist : tav 8k 8iio , ti (israEil süf - 
fern jtuioüvta n. ■. f., wm auch Pxantl xwar nicht im Text hat, aber in der 
Üeberaetming wiedergiebt). 
9) Aristoteles folgt hierin der platonischen Ansicht, s. lsteAbth. 8.516, 
3. 4. Sichtigere Begriffe von der Schwere rinden wir ein halbes Jahrhundert 
i „Google 
314 Arittolele». 
dtess wird nnr möglich sein, wenn sie sich durch ihre rtoflrcbe 
Beschaffenheit als solche, und nicht blos durch die Gestalt nndGröne 
ihrer Grondbestandlheile nnterscheiden *). 
Wie aber die Stoffe qualitativ verschieden sind, so sind sie 
auch einer qualitativen Veränderung unterworfen. Will man die» 
nicht angeben, so muss man die scheinbare Umwandlung der Stoffe 
entweder (mit Empedokles, Anaxagoras und der Atomistik]) auf eine 
blosse Ausscheidung vorhandener Stoffe, oder (mit Plaio) auf eine 
Veränderung der Elementarfiguren zurückfuhren *)■ Wie wenig in- 
dessen Aristoteles mit der letzteren Annahme in ihrer platonischen 
Fassang übereinstimmt, ist schon früher gezeigt worden '); wollte 
man sich andererseits die Sache so denken, dass ein nnd derselbe 
körperliche Stoff, wie Wachs , bald diese bald jene elementarische 
Grundform annehme, nnd dass die Umwandlung der Stoffe eben 
darin bestehe, so mfisste man diese elementarischen Grandkörper 
Tür untheilbar erklären *), was der Natur des Körpers widerstrei- 
tet 5 ). Was die atomislische nnd empedokleische Lehre betrifft, so 
sind ihr zufolge die Stoffe, in welche sich andere zu verwandeln 
scheinen, diesen vorher schon als diese bestimmten Stoffe beige* 
mischt, so dass sie aus ihnen blos ausgeschieden werden. Allein 
diese Vorstellung widerspricht für's Erste, wie Aristoteles ghnnbt, dem 
Augenschein "). Die Erfahrung zeigt uns eine solche Umwandlung 
nach Aristoteles bei Strato, wie dies» später nach Sikfu De coelo, Schot, in 
Ariist. 486, a, 5. Stob. Ekl. t, 348 geaeigt werden wird. 
1) A. ». 0. 808, a, 21 ff. 309, b, 27 ff. e. S. SIS, b, 30* Weheres il 
dem Abschnitt über die Elemente. 
3) Vgl. De coelo III, 7. 
3) S. 308 ff. 
4) De coelo III, 7. 305, b, 28 ff. 30Ö, a, 30. Man tonnte, Ut die Meinung, 
die Hypothese, dass jedes Element aus Urbestandtheilen von einer gewissen 
Figur bestehe, die Erde i. B. aus Würfeln , das Feuer ans Tetraedern, auch 
(wie Philolaua) ohne die platonische Construction dieser Korper aufstellen, 
und den Uebergang eines Elements in ein anderes nicht aus der Auflösung des- 
selben in seine Elementarflächen und der veränderten Zusammensetzung dieser 
Flachen, sondern aus einer Umformung des allen Elementen gleichm&asig in 
Grande liegenden Stoffs erklären; daraus würde sich aber, wenn man die Ele- 
mentarbeatandtheile nicht untheilbar setzte, die S. 308, 4 berührte Schwierig- 
keit ergeben. 
5) ö. o. 296, 6. 
6) Gen. et corr. 1, 1. 314, b, 10 ff. De coelo in, 7. 305, b, 1. Metaph. 1,8. 
989, «, 32 ff. 
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Umwandlung der Stoffe. 315 
der Stoffe , bei der ihre elementarischen Eigenschaften sich verän- 
dern, ein Stoff in einen anderen fibergeht, oder aus mehreren Stoffen 
ein dritter sich bildet: wenn des Wasser friert, oder das Eis schmilzt, 
so hat sich nicht blos die Lage und Ordnung der Theile verändert, 
es ist auch nicht blos eine Trennung oder Verbindung des Stoffs ein- 
getreten, sondern während der Stoff blieb, haben gewisse Eigen- 
schaften desselben gewechselt 1 ); wenn aus der Luft Wasser wird, 
so entsteht ein Körper, welcher schwerer als die Luft ist, was doch 
nicht blos eine Folge davon sein kann, dass Theile der Luft ausge- 
schieden nnd zusammengedrückt werden; wenn umgekehrt durch 
Verdampfung aus Wasser Luft wird, so nimmt diese einen so viel 
grösseren Raum ein, dass sie selbst die Gefasse zersprengt; wie 
soll man sich diess erklären, wenn sie vorher schon als derselbe 
Stoff im Wasser gewesen ist? ■) wenn ein Körper wächst oder ab- 
nimmt, so treten nicht blos neue Theile zu ihm hinzu, sondern alle 
seine Theile vergrössern oder verkleinern sich, was sich ohne eine 
allgemeine Stoffveränderung nicht denken lässt ') ; wenn sich aus den 
Nahrungsstoffen Knochen nnd Fleisch bilden, werden diese nicht 
blos unverändert ans jenen genommen, wie die Ziegelsteine aus 
einer Mauer, oder das Wasser aus einem Gefäss, sondern sie gehen 
in einen neuen Stoff Über*). Wenn ferner am Tage Hegt, dass 
auch die Elementarstoffe entstehen und vergehen, dass das Feuer 
sich entzündet und wieder verlischt, das Wasser sich aus der Luft 
1) Gen. et oon. I, 9. 327, a, 14 ff. 
2) De coelo a. a. 0. 306, b, 5 ff. Dass die giüsserc Schwere des Wassers, 
in Vergleich mit dem Waaserdampf, nur eine Folge seiner grösseren Dichtig- 
keit sei, kann Aristoteles, nach seiner Vorstellung tos der Schwere, nicht an- 
geben; noch weniger konnte damals, auch nicht von at umist isolier Seite, daran 
gedacht «erden, die Ausdehnung der Flüssigkeiten beim U ebergang in Dämpfe 
am einer gesteigerten Abstotsnng der Atome in erklären (Demokrit's Atome 
lind ja keiner innem Verändern ng fähig); sondern wie Empedokles und Anns 
goras (mit denen es Arial", a. a. O. nach Z. 16 wohl zunächst an thnn hat) den 
Dampf als eine ans dem Wasser aastretende Luft betrachten muteten, so 
konnte ihn aneb die Atomistik nur für einen Complex von Atomen halten, die 
im Wasser eingeschlossen sich ron ihm ausscheiden. Solehen Vorstellungen 
gegenüber ist aber Aristoteles im Rechte. 
■) Gen. et oorr. I, S. (87, a, 23. 
4) Ebd. II, 7. 334, a, 18. 26 vgl. De coelo III, 7. S05, b, 1. Weiter« 
aber die Stoffutisobsng sogleich. 
i BV Google 
316 AtUtouUs, 
niederschlägt und sich in Dampf auflöst, wie soll man sieb die« 
ihre Entstehung und Auflösung vorstellen? Ihre bestimmten An- 
fangs- and Endpunkte muss sie haben, wie jedes Werden, da wir 
ja sonst in einen doppelten endlosen Verlanf kirnen. Diese werden 
aber nicht in untheübaren Körpern bestehen können, weder in 
schlechthin untheilbaren Qa Atomen), wie schon Früher gezeigt 
ist 0* noch in solchen, die ihrer Natur nach (heilbar doch nie wirk- 
lich getheilt würden: denn warum sollte das Kleinere der Tfaeilung 
widerstehen, wenn ihr das gleichartige Grössere nicht widersteht? 
Ebensowenig können die Elemente aus einem Unkörperlichen *), oder 
aas einem von ihnen verschiedenen Körper entstehen; denn wem 
dieser keines der Elemente sein soll, könnte er auch keine Schwere 
und keinen natürlichen Ort haben, er wäre mithin kein physikali- 
scher, sondern ein mathematischer Körper, er könnte nicht im Räume 
sein. Es bleibt somit nur übrig, dass die Elemente aus einander 
entstehen *). Diese Entstehung werden wir uns aber nur als eine 
Umwandlung denken können. Denn wenn keine Umwandlung der 
Elemente, sondern nur eine Ausscheidung dessen stattfinde vu 
als dieser bestimmte Stoff bereits in ihnen ist, so könnte sich ein 
Stoff unmöglich vollständig in andere auflösen, sondern am Ende 
müsste ein unauflöslicher Rest übrig bleiben, es könnte mithin der 
vollständige Uebergang der Stoffe in einander, weichen die Erfah- 
rung aufzeigt, nicht stattfinden *}, es könnten namentlich grobtbei- 
ligere und feintheiligere Stoffe nicht vollständig in einander umge- 
setzt werden 6 ). Wie soll man sieb endlich die gegenseitige Ein- 
wirkung der Stoffe anfeinender vorstellen, wenn diese keiiier qua- 
litativen Veränderung fähig sind? Empedokles und Demokrat lassen 
die Körper durch die Poren in einander eindringen. Aber diese 
1) In der 8. 210, 6. 6. Sil, 1 benutzten Stelle De eoelo IH, 4. 
2) Wie dies! nun Ueberflnas, und »iemlioh unklar, S. 305, a, 16 C be- 
wie* BD wird. 
3) De eoelo III, 6. 
4) Die» wird Pbya. I, 4. 187, b, 22 ff. auniebjt Anaxagoraa, Da coslo 
III, T. 306, b, 20 ff. allen denen entgegengehalten, welohe die StoffVerwind- 
lnng auf Ausscheidung tnrflokfubreu — ihnen gegenüber mit Recht, denn 
wenn der Dampf cB. aai einem anderen Stoffe oder anderen Atomen beeteben 
■oll, ala das Wattot, konnte wohl Dampf au dem Walser anigeiclueden, ab« 
dieaea nicht vollständig in Dampf an fgolöet werden. 
5) De coeio 111, 4. SOS, «, 24, wo die Werte: inoXsi^ti f«p ui u. s. f. >n 
Umwandlung der Stoffe. 317 
Annahme ist theils entbehrlich, denn die Körper brauchen nur [heil- 
bar, nicht wirklich gelheilt zu sein, um Einwirkungen von einander 
zu erfahren; theils würde sie auch nichts nützen: wenn zwei Körper 
nicht durch Berührung auf einander wirken können, so werden es 
auch die Theile dieser Körper nicht können, welche sich durch die 
Poren neben einander einschieben ')■ Während daher die mecha- 
nische Physik nur eine räumliche Bewegung der Grundstoffe zugeben 
will, behauptet Aristoteles eine qualitative Veränderung derselben; 
während jene diese Stoffe nur durch Ausscheidung aus einander 
hervorgehen lässt, nimmt er an, dass sie sich anter gewissen Be- 
dingungen wirklich in einander verwandeln, während jene die ge- 
genseitige Einwirkung der Körper auf Druck und Stoss beschränkt, 
erstreckt er sie auf die innere Beschaffenheit der Körper, so dass 
sie in Folge derselben ihre ursprünglichen Eigenschaften ändern, 
und eben diess ist es, was er allein im engern Sinn als Wirken und 
Leiden bezeichnet wissen will *). Die Bedingungen einer solchen 
Veränderung liegen, wie bei jeder Bewegung, in dem Verhältnis* 
des Möglichen und des Wirklichen. Treffen zwei Dinge zusammen, 
von welchen das eine der Wirklichkeit nach das ist, was das andere 
der Möglichkeit nach ist, so verhält sich jenes, so weit diess der 
Fall ist,' wirkend, dieses leidend *); es entsteht eine Veränderung in 
dem einen, welche von dem anderen ausgeht *). Das Wirken und 
Leiden setzt, wie jede Bewegung, einerseits den Unterschied des 
erklären Hein werden: bei der Ausscheidung der grosseren Atome ans dem fei- 
neren Stoffe müssten dieselben ausgehen , so dass x. B. von der Lnft ein Rest 
übrig bliebe, der nicht mebr ta Wasser werden kann. Das Gleiche mdsste 
aber anoh umgekehrt gelten. 
1) Öen. et eorr. I, 8. 836, b, 6 — 38. o. 9. 837, a, T ff. 
!) Gen. et oorr. 1, 6. 323, a, 13: wenn das Bewegende theils gleichfalls 
bewegt, theils unbewegt ist, moss diess auch von dem Wirkenden gelten; xoä 
T*p Tt hvoüu xattft tf paot iii ih jtoiouv xnffv. ai ]iJ)« iXXi Gioylpct ft xat Sfi fiio- 
&">' ei f*P °^ v f *■* T ° *™*5» koiüv , inttp to tcoidQv £vtitojaO|av toi xsnyoixi. 
*ta S' ol; Jj Kfv7]oit xIAet- iteiBot Sl x«9' Soov «Ukoiolitai pdvev, oToi to Xeuxiv 
W Vo Btpji^v ■ iXXi tb xivdu ftA sXiov toü iroislv iWv. 
3} i. a. O. c. 9, Auf.: rivi 6t tpöitov iitipx" toTs alii -rtwöjv xatt jroisfr xa\ 
■*■](■», Wywjuv )«8jvtts äpxV *%* itoXlixit *ipi)|«iv»iv. li fip faxt te uiv äuvau« 
n « traXt^ifo toioutov, xjfuxiv od Ti< |ilv njf 8* oQ nia^siv, iXXi «i«») xafi' 800» 
'«■1 ■wtoüTov , Jjttot El xcä [uOlXov fi tomSw [leEUdv turt xat JJttov. 
*) Dau jede Bewegung in dem Bewegten, nicht in dem Bewegenden sein 
»ü, »urdo schon 8. 268, 8 gezeigt. 
i „Google 
31g Ariatotole». 
Bewegenden und Bewegten voraus, andererseits ihre mittelbare oder 
unmittelbare Berührung: wo die eine oder die andere dieser Be- 
dingungen fehlt, kann kein Leiden und keine Veränderung eintretet, 
wo beide vorhanden sind , müssen sie eintreten '}■ Näher beruht 
dieser Erfolg darauf, dass das Wirkende dem Leidendentheils gleich- 
artig, tbeils entgegengesetzt ist; denn von Dingen, welche gani 
verschiedenen Gattungen angehören, wie z. B. eine Figur und eine 
Farbe, kann keines in dem andern eine Veränderung hervorbringen; 
ebensowenig aber von solchen, die sich völlig gleich sind, denn jede 
Veränderung ist ein Uebergang aus einem Zustand in einen entge- 
gengesetzten, was aber mit einem Andern in keinem Gegensatz 
steht, kann auch keineu entgegengesetzten Zustand in ihm erzeugen. 
Wirkendes und Leidendes müssen sich somit zwar der Galtung nach 
gleich und ähnlich, aber der Art nach entgegengesetzt sein, und 
es löst sich so die alte Streitfrage, ob Aehnliches oder Unähnliche! 
aufeinander wirke, dahin, dags weder das Eine noch das Andere 
schlechthin, sondern beides in einer bestimmten Beziehung der Fall 
sei *) : sie sind sich entgegengesetzt innerhalb derselben Gattung *), 
und die Veränderung besteht eben darin, dass dieser Gegensatz sich 
aufhebt, indem das Wirkende das Leidende sich selbst ähnlich 
macht 0- Das Leidende verhält sich biebei als der Stoff, auf wel- 
chen von dem Wirkenden eine bestimmte Form übertragen wird s ); 
sofern es diese noch nicht hat, oder statt ihrer eine andere hat, ist 
es dein Wirkenden entgegengesetzt, sofern es für sie empfänglich 
sein muss, ist es ihm gleichartig; und wenn das Wirkende gleich- 
falls ein Leidendes ist, so dass beide Theile gegenseitig auf ein- 
ander einwirken, so müssen beide den gleichen Stoff haben, und 
eben in dieser Beziehung derselben Gattung angehören B ). Indessen 
1) Ä. a. 0. 327, », 1. c. 8. 326, b, 1. longit. v. 3. 466, b, 15. TgL S. 361 t 
2) A. s. O. c. 7, besonders 8. 328, b, 15 — 324, *, 14, «renn n>. vgl. »«• 
ß. 236 ff. angeführt wurde. 
5) Wie alle Ivavrk ■. o. 162, 3. 
4) Gen. et oorr. a. a. O. 324, a, 9: Bio xoii (BXofOV ffa xi w «3p Scppobin 
xa'i tb ijnr/pbv |Jjiiv, ioi BXu>C to iTOiJ)ttxl>v op.oio'jv iauTbi To nitr^o* ■ 16 w fip 
noioBv kosI td Ttirr/ov cvaviia faA, xal fj -f&ttQii iU ToiSvavtiov. iÜctt' m«y*>j " 
Kirr/ ov eit to ttoioDv (utbS&XXiii - aütu y Bf ta™ il; tqiJykv t!o» fj -j&nan. 
6) Wie man sieht, das Gleiche, was ju der 317,3 angeführten Stelle durch 
die Begriffe dea Möglichen nnd Wirklichen anagedrückt ist 
6) A. a, O. 324, b, 6: x^v piv T «p Blijv Xiy opev ÖjaoIw; &t ikTtv *)p .■*♦ 
3,g,1 EE dby G00gle 
Wirken s. Leiden; Mischung. 319 
trifft diese Voraussetzung nicht bei jedem Wirkenden zu: wie viel- 
mehr das erste Bewegeade unbewegt ist, so ist das erste Wirkende 
ohne Leiden, und somit auch ohne Stoff, das Letzte dagegen, was 
unmittelbar auf ein Anderes wirkt, ist ein Stoffliches, and seine 
Wirksamkeit ist durch ein Leiden auf seiner Seite bedingt *). Dass 
aber diese Wirksamkeit und die dadurch hervorgebrachte Verände- 
rung alle Tbeile des Leidenden betrifft, diess beruht eben auf der 
Natur des Körperlichen: als ein Potentielles ist dieses in seinem 
ganzen Umfang dem Uebergang zur Wirklichkeit, der Veränderung 
unterworfen, und da es an allen Punkten theilbar ist, stellt es dem 
Einwirkenden nirgends einen unbedingten Widerstand entgegen *). 
Nach den gleichen Gesichtspunkten ist die Frage über die 
Mischung der Stoffe zu beurtheilen. Eine Mischung ist a ) eine 
solche Verbindung von zwei oder mehreren Stoffen *), in welcher 
weder der eine in dem andern untergeht 5 ), noch auch beide un- 
verändert zusammen sind, in welcher vielmebr aus ihnen ein Drittes, 
Glfiiclitfiejliges 6 ) wird; sie besteht mit Einem Wort weder in der 
Absorption eines Stoffs durch einen andern, noch in einer blos 
sVm tüW ävrtMEpivuv (xoTipottoSy, ffloKtp ytvo« St. Du fitat verhält sich ja über- 
haupt cum cTSo; wie der Stoff; g. o. 148, 1. 
1) Dm Obige nach gen. et corr. a. a. 0. 324, «, 16 bia iuni Schlues des 
Kap.; Tgl. c 10. 338,a, IT. 
2) Gen. et corr. I, 9, Anf. (§. o. 317, 3). Ebd. 327, a, 6 ff. 
3) Nach gen. et eorr. 1, 10. 
4) Data nur die Verbindung von Substanz sn (^wpurri), nicht die der Eigen- 
schaften oder der Form mit dem Stoffe, oder der immateriellen wirkenden Ur- 
sache mit dem Leidenden eine Mischung (i^'-f) zu nennen sei, zeigt Aristoteles 
a. a. 0. 327, b, 18 ff. 328, a, 19 ff. Uns erscheint diess überflüssig ; nach Me- 
taph. I, 9. 991, a, 14 (vgl. unsere Ist« Abth. 689, 6 und Bd. I, 675 ff.) hatte er 
aber Anläse zu einer solchen Verwahrung. Dass dann weiter die Substanzen, 
welche sich mischen, nur stofflicher Art sein können, versteht sich von selbst; 
das Unkörperliehe ist ja örtdhf(. 
5) Wie bei der Verbrennung (a. a-O. B2J, b, 10), wo nicht eine Mischung, 
sondern ein Entstehen des Peners und Vergehen des Holzes, oder mit andern 
Worten eine Verwandlung des Holze« in Feuer stattfindet. Ebenso bei der Er- 
nährung und Überhaupt der Umsataung eines Stoffs in einen andern (ebd. Z. 13. 
■18, n, 13 ff.). Auch hier ist nicht (*&<, sondern iXloiruo^. 
6) A. a. O. 338, a, 10: vousv 5' i&itp Sa* \uptfid n, ■& [«xWv ouetoutpst 
Aai, (oder wie es Torfaer heilst: l^ii WV ainv X6jt>f tu SXta tö juipiov) xo\ &mrtp 
tdÜ Harro; to fUpof ~£wp , oÖtoi tuk toü npaBsVroj. Ueber das Sj«no(ypi{ spater; 
rgl. Bd. I, 678, S. 
JigilizBdby G00gle 
320 Aristoteles. 
mechanischen Zusaminenfügung otfcrVcrmengung derselben *}* son- 
dern in einer chemischen Verbindung. Wenn zwei Stoffe gemischt 
lind, so ist keiner von beiden mehr als solcher, mit seinen ursprüng- 
lichen Eigenschaften, vorbinden; sie sind nicht blos in unsichtbar 
kleinen Theilen vermengt *), sondern durchaus in einen neuen Stoff 
übergegangen, in welchem sie nur noch der Möglichkeit nach enthalten 
sind, sofern sie aus ihm wieder ausgeschieden werden können *). Ein 
solches Verhältnis^ tritt aber dann ein, wenn die Stoffe, welche zusam- 
mengebracht werden, beide der Einwirkung auf einander fähig und 
beide dafür empfanglich sind*}; wenn ferner beide hinsichtlich ihrer 
Kraft in einem gewissen Gleichgewicht stehen, so dass nicht einer 
vom andern aufgezehrt wird and seine Eigenschaften an ihn verliert, 
wie ein Tropfen Wein in hundert Tonnen Wassers; wenn sie endlich 
leicht zu theilen sind, so dass sie an möglichst vielen Punkten auf 
einander wirken können, wie das Flüssige s ). Wo diese Bedingun- 
gen zusammentreffen, da werden die Stoffe so auf einander wirken, 
dass beide, indem sie sich verbinden, sich zugleich verändern; eben 
1) Einer otSv*tiiti, wie Ärist. a. a. 0. 828, a, 5 ff. (vgl. Metaph. XIV, 5. 
1092, a, 24. 26) die mechanische Verbindung im Unterschied tob der u£k odsr 
Kpiai( beseichneL Im weiteren Sinn steht aibBtatf Metaph. VII, 2, 1043, b, 16 
für den Gattungsbegriff, unter welchen die tpaiit, tUllt. 
2) Wie An&xagoraa trad die Atomiker, apiter Epikar wollten. 
3) A.a.O. 327, b, 22: JnA S ' fort w ptv Sovipt ti S* huffd* tftv im», 
tV8t£ttai ts fir/OMa 3nii cu{ xat ;iJ] sfvoi, ivtpytla (iiv litpau övtof toi -ft-favdTo; 
e£ aütäiv , Sutijitt S' £T[ bwt^pou Snip j[aav itptv ptx&rjveu xat oilx iitoXutXdra .... 
acüCsti; fip j) Süvequi autö«, eben weil sie nllralicii wieder ausgeschieden wer- 
den kennen. Ebd. Z. 31 ff, du Weitere. Im späteren Snrttehgobraaoh wird 
eine solohe vollständige Mischung (tb mkrtji |M[ir>_Gst De sensu cS. 440, b,ll), 
im Unterschied von einem blassen Gemenge kleinster Tbeile, I) 8:' Bio« xpam 
genant, 
4) Dieses aber findet dann statt, wenn ihre Materie gleichartig ist, ihn 
Eigenschaften dagegen von «ntgegengesetxter Beschaffenheit sind} a. a. 0. 
328, a, 10 ff. SI vgl. oben 8. 818. 
5) A. a. O. 328, a, 18 bis «nm Bohlnss des Kapitels, wo das Vorangehende 
so zusammengefaaet wird: die Mischung entstehe iiwinip joftv «W tetsfira ol» 
naftirwti te ix' iilijicijv aal riopora xa't eiSuupEt« (dieses beides nimlich fallt 
nach b, 1 zusammen)- tsSwi fip oBt' fpSipfan ava-piTj |U]»tff*rv* oit' frt t«M 
inlil« «bat, oüti aihOw» rivai t!)v |«Etv oitüi, oüti icpb( tfjV etWtipiv (die oben er- 
wähnte scheinbare Mischung)' aXk' fett utxtw usv a ftf «Adpemv tv «aftstiatt 
|J raft xoaitnte« xut towlt« pxtdv. 
i „Google 
Zweekthltigkett der Natur. 321 
diess aber, Vereinigung unter gleichzeitiger Umwandlung der ver- 
einigten Stoffe, ist die Mischung *)■ 
Aristoteles begnügt sieb aber nicht damit, der mechanischen 
Physik die Lehre von der qualitativen Verschiedenheit und Verän- 
derung der Stoffe entgegenzustellen: die physikalische Ansicht der 
Dinge, welche die stofflichen Ursachen und ihre Gesetze in's Auge 
fassi, genügt ihm überhaupt nicht; die stofflichen Ursachen sind 
blosse Zwischenursachen, blos die Mittel und die unerlässlichen Be- 
dingungen der Erscheinungen; über ihnen stehen die Endursache», 
über der materiellen Notwendigkeit steht die Zwecktbätigkeit der 
Dinge, über der physikalischen Naturerklgrung die teleologische. 
Das« Alles in der Natnr seinen Zweck habe, würde sich schon 
■qs unsern bisherigen Erörterungen ergeben. Denn wenn die Natur 
der innere Grand der Bewegung ist, so hat jede Bewegung ihr Ziel, 
durch welches ihr Maass und ihre Richtung bestimmt wird *); wenn 
dag eigentliche Wesen der Dinge in ihrer Form besteht, so ist diese 
von ihrem Zweck nicht verschieden 8 ); wenn alles, was sich be- 
wegt, nothwendig von einem Anderen bewegt wird , so liegt die 
letzte Ursache der Bewegung in denjenigen, welches die Welt als 
ihre Endursache bewegt 4 ), und die Bewegung überhaupt lässt sich 
nur als eine Wirkung der Form auf den Stoff* begreifen, bei der 
jene für diesen der Gegenstand des Begehrens und somit, das Ziel 
ist, dem er zustrebt E ). Aristoteles denkt sich alle Bewegung nach 
Analogie der lebendigen Kräfte; er erkennt in der Anfangs- und 
Endlosigkeit der Bewegung das unsterbliche Leben der Natnr *); er 
will selbst den Elementen eine Art von Beseelung zuschreiben 7 J. Jede 
1} A. ». O. 338, b, 22 : ij Sfc |i$ic tüv (wctüv äUouuMvruiv Evuet;. 
3) 8. o. 8. 235, S. 
J) 8. 8. 247 ff. 287. 323, 3. 
4) 8. 8. SSO. 377, 1. 
6) 8. 8. 367. 
5) Phya. VIII, 1, Auf.: II<iTipov St -ffjnii xaa xivi)«« oäx o&r« «jiÄnpov, xol ' 
ffeiprt« niltv oü-uu; fiirrc xivtioflm tu|Siv, tj o5r" bfivrzo oüti f flsipttai, «XI ' «t i|v 
*« «t wrai, m'i toir' iflöya-tov xoü äftsutnov äicApjti ttfl( oSoli, olov (anj Tit «los 
wij ffett «uvtnüai köwiv; Bei diesen Worten isbeint Aristoteles die her*ldi- 
lache Stelle yorsuseh weben, welche Bd. I, 409, 2 »agefQtrt ist. 
7) Gen. n. IH, 11. 763, a, 18: -fb«« 8* h tfj *«& b 5 T p$ t« CÖa ui fi 
fta !cl to n yfi [4v Wup faipTEi*, h 5' Bo*n icv£Ü|i«, sv £i toilr^ jtavii 6*p|i4- 
1 ^ Ta 'W)l lx *l ¥ i &"> Tpiwov -nvi uavta 4 rJ X*5c A« *Mp*>- 
FUIm. i. Hr. n. Bd. *. Abtfc. 21 
. aqnizeday G00gk 
LebtnsthätigkeU ist aber, wie wir später ') noch finden werden, 
Zwecklhätigkeit, weil in den lebenden Wesen Alles auf die Seele, 
als die unkörperliche Einheit des Körperlichen, bezogen ist. Indem 
die Natur als ein lebendiges Games betrachtet, indem ihre Bewe- 
gung von den unkörperiichen Formen hergeleitet wird, welche alle 
stoffliche Veränderung und Gestaltung beherrschen, ergieht sich für 
Aristoteles, wie aus ähnlichen Gründen für Plato *}» mit Nothweit- 
digkeit eine teleologische Natoransichl *}. Gott und die Natur, sagt 
er, Ihun nichts zwecklos; die Natur strebt immer, so weit es die 
Umstände verstatten, nach dem Vollkommensten; nichts im ihr ist 
überflüssig, nichts umsonst, nichts unvollständig; gerade von ihren 
Werken gilt es vielmehr amileisten, und noch mehr, als von denen 
der Kunst, dass nichts darin zufällig ist, sondern alles seinen Zweck 
hat *)i und in dieser ihrer Zweckmässigkeit besteht die Schönheit 
der Natnrerzeugnisse und der Reiz, den auch die geringsten der- 
selben der Forschung darbieten b ). Das Wesen der Natur, zeigt er, 
t) Im enteil Abschnitt de* 3ten Kapitels. 
3) S. Abii. I, 487 ff. 
3) H. vgl. Kam Folgenden die gründliche Auseinander« etiang Ton Rjtib« 
HI, 218 ff. 265 ff. 
4) De coelo I, 4, Schi.: b flsbs xA f, fiiai; oJBb [linjv itoioSatv. IT, 8. 
3S9, b, 96. ISO,», 81: ofa fortv JV ™l( fiati TO in im-fii .... «Wiv &( Sriyt 
Jtoul f> fja«. e. 11. S9J, b, 13: ft 8t fiiaic oiifliv iXäru* aüSi p&rqv nout c. 6. 
388, a, 2 : f, 9 Jor; ölt Beult tüv ivBtjtOfiiituv x'o ßAttutov. l'olit. I, 8. 1866, b, 30: 
sl oüv !) filmf pjBtv jitjtt aTsXt; noifl Lujtt li4ti|*. part. an. I, 1. 639, b, 19: p.SX- 
Xov 8' io"A to oB tvw« *n\ tb xiXbv £v tois Tifc filoeuij IpfOtt J| (v Tolt t^( T^X'lf' 
IV, 10. 687, a, 16 (vgl. II, 14): f, <pdai( fe tüv k&xoj^vüiy Jtoitf tö BÖrturiOT. 
c. 13. 694, a, IG: oMev jj f fac 7coiß itep&pYDV. Dean. 111,9. 483, b, 31 : fi fslrt 
|ufrt Ttoifl jurnjv fi>]8fev |iijt' räroldm it -räv <hrar««!<uv Jti.J|v h -tote mjptifiaai iii 
tiflf «tiXeViv, gen. et corr. II, 10. 886, b, 37 : e\ Sjcmiv ist toS SiXtiuvo; ip^of« 
fsfisv t)jv -pii^rv- De Tita et m. c 4. 469, a, 38 : tj)v 9 i(stv ipüf«Y j« www fct t£> 
Suvsrüv jioioütittv t'o x4XXotmv. gen. an. II, 6. 744, b, 36: oüflh Jtoifl iwpfepY«» 
eilSt iti-ojv {) fp'Juif. Bbenao c. 4. 739, b, 19. ingr. an. o. 2. 704, b, 15: i\ «4n 
' odttv xoiit Litbqv «XX ' iü ja tQv ivet^oiurtuv -rif oiai« ice^i Exnoiov f A">t Etpou 10 
äftnov Siontp ti Bfttiov «ii"t, oQtiu( xai i^h xst« pistv. Selbst in den geringsten 
Naturen engniseea Hast sieb da« Streben naoh dem Besten wahrnehmen; Tg). 
Mg. Anm. und Eli. N. X, 3. 1178, a, 4: lau; 8t xal äv Tdtj ettiiXott ■MnsiA- 
xbv «Y»äbv x(j«ttov J| xaS' «4rä, 3 ^rainü oktlou i T n8ou. VII, 14. 1163, b, 88: 
xivta rip 9 Joti ivn T( 8AM. 
6) Part. an. I, fr. 646, «, 16: Sie Sei id| 8u(Xif«(vnv NcutaS« tJjv ntfft to- 
an)Mintpii>v J^kot Uswft*. «v »Boi -riprti; ipiwix»^ Ivkiti v Bsujt«ord*. WieB*»' 
. «d»Googlc 
ZwaektUtigkelt Att Natur. SSS 
«ei üt Form, die Form jede« Dings aber lichte sich nach der Tb** 
tigkeit, für die es gemacht ist l ); alles Werden habe sein bestimm- 
tes Kiel, der Endpunkt jeder Bewegimg sei auch ihr Endzweck *). 
Den Erfahrungsbeweis für diese ZwecktMHigkeit der Natur liefert 
ihm die Ordnung und der Zusammenhang des Weltganzen und die 
Regelmassigkeit, mit welcher in demselben durch gewisse Mittel 
gewisse Erfolge hervorgebracht werden; denn was immer oder 
doch gewöhnlich geschieht, das lässt sich nicht auf den Zufall zu- 
nkkTnhren *)> im Besondern beruft er sich auf die Bewegungen dar 
Himmelskörper, auf die Entstehung der lebenden Wesen a« deaa 
Samen, auf den Instinkt der Thiere, den zweckmässigen Bau von 
Taieren und Pflanzen, Und auch auf das menschliche Thun, sofern 
wtalich alle Kunst nur Nachahmung oder Vollendung der Nitur ist* 
die Zweckthätigkeit der einen mithin die der andern voraussetzt *). 
klit die Fremden, welnhe ihn um Backofen trafen, getrost eintreten hiese, weil 
«ich hier Götter seien, oBtiu xa\ Ttpbj d|V tjjTT]ooi irepi ixiorou tüv C<|uow «poiiivu 
äfi [iij äuicunotipivov i'n hi Snaaiv «vre« ™b[ f uoixou ml xaXoü. tb yäp pu) tirfimn 
all 1 fmi titoj e'y to?; t^e f i!o«ut ffpi; faft xai |jiXiTra' o3 B' Ivni ouvtot»jxiY J| 
(i'fiVE tß,OU( TJ)V tOÜ XaloB /lUpBV lD,T|piV. Vgl. C. 1 (•. Tot. Aum.). 
1) Hierüber Tgl. m. auch Meteor. IT, 12. 390, a, 10: fccavTa 8* f.stW itipi- 
3|irVi tw fyyuf t« |*iv fap äuvifuva noulv t'o aätiiiv fpyo» ü))6tt>j (otId txaaxa, 
°Io« 5 tf 8«X|iö( (sc. äXijflwj *f SaXjjuij farw) t? Spä, to 61 |ii) 6uv£;«vov ipwvii|«*{ t 
&* ö TlflvEiüf >1 5 liÜlVQi. 
I) Phra. II, 2. 19*, •, 38: fj Sa T ilaic tAo( xol oü Enxa- uv rlji own^oCf 
n"il xwijottos oüo)]4 toxi ti tAgc t^( xmjeuui, toüto toyarov xai to öS Evixa. c. 6. 
199,1,8: h Soqi( t0.o( Arri n, tovtou Fnxa Jtpirtrtoü tb Kpitxpov xal TS foijiji 
u.i.w. *bd. Z. 30. s. o. B. 2«, m. part. an. I, 1. S41, b, 23: navTejoS Si Xrfouai 
"<& toBSt fvtx*, Sxau äv f alvijtai tAo: ti xpb; o j) xfvijait ictpalvu jmSivb; ipwoBt- 
l°v:o{. ini iTvai f Bvipöv Sn mti Tt toiowtov, SJ] xak xaXoujin ^lioiv. Pb ys. II, 1, 
193, b, 12: jj (pum; j, Jjrouin] ÄS T**<"t <»■ Metaph. V, 4, Auf.) öSi; fem iE« 
««<» ,..jj äpa pnipj] filnc. De an. II, 4. 415, b, 16: ueiup fip voi( Ivixi TW 
Wfi, teil au-.bv ?p&Kvi k& TJ yJin. 
1) Pbva. II, 8. 198, b, 34. 199, b, 15. 23. part. an. III, 2. 668, b, 98. neu. 
**■ 1, 19. 327, b, 19 Tgl. 8. 253, 2. De coelo II, 8. 289, b, 26: o3x fonv h vXt 
tfou to 1L5 ETuxev, oiBt to KayTij(oü xal Tcäaiv inapxov tb oxb nixi(- 
4) PhyB. U, 8. 198, b, 33 — 199, b, 26 vgl. VIII, 1, 262, a, 11: Ulk (tj)v 
^* 7« itaxrov tüv viIoei iaV xara yvmv jj f äp (pusi? altia säoi TJjawt. part w. 
!> 1. 641, b, 12 — 30. De. coelo II, S. 289, b, 25. Gen. an. III, 10. 760, 
■,11. Hetapb. XII, 10, Anf.: Hat die ToUkommenbeit de» Weltgaoaen 
ilir Da&eiü in einem Einaalweaen, oder in dar Ordnung dea Ganzen, oder (wu 
o^nbu die Aaoiont de« Ariit. Ut) in beide»? »rut ii avnkwmd it*t, ÜX' 
21* 
324 ArlitoUles. ■ 
Wenn schon in den sterblichen Wesen, bemerkt er, eine durch- 
gängige Zweckthitigkeit sich nicht verkennen lässt, so mnss diess 
von dem Weltgenzen noch viel mehr gelten, dessen Ordnung weit 
strenger, dessen Regebnissigkeit weit unverbrüchlicher ist; dem 
woher sollte sie bei jenen stammen, wenn nicht aus diesem? ') 
Die Aufsuchung der Endursachen ist daher die erste tmd wichtigste 
Aufgabe der Naturforschung; sie soll ihren Blick nicht auf das Ein- 
zelne richten, sondern anf das Ganze, dem jenes zu dienen bat, 
nicht auf den Stoff, sondern auf die Form *)- Meint man aber, um 
nach Zwecken wirken zu können, müsste die Nalnr bewusster Ue- 
berlegung fähig sein, wie ein Mensch, so findet diess Aristoteles 
seltsam: auch die Kunst, bemerkt er, beratbe sich nicht, auch sie 
also schaffe im Künstler unbewusst *); «berdiess ist ja aber, wie 
ofy ifioiiu;, xal 7tXüj;i ndi im) vi «an suts- xtt'i oty otkiuf hfu ÖOTS (iij eTvai flcrapcu 
npb( flsuEpov |")6ev, SäX Sari xi. xpöf (iev -fip tv «Ttavta awrfraxttu u. H. w. ebd. 
XIV, 3. 1090, b, 19: o3x foixt &' f, piioi( exe^oäciJSiiioiiWx-twv^aivopiviüV uarcs 
1) Part an. t, 1. 641, b, 12: )j tpJoi; fvtxi nu «ort! navta. ««(vrrai -rip, 
fmp h tolf TsyvaaTo'ic ioflv fj t^vj), oEtu>( iv avTÖt; to"( icpct)-|tgraiv Olli] nc äpj^ 
xsl oiili micnln), 7)v t/. ^ xafliras (ao gut, wie) to 6<p|t«v xa\ iu^f öv ix toö xn- 
Ti;. Bio (i&lov lad; Ttlv oäpavdv yrf£vi)odai find toimJtt.s itrfoi, et ffyovf. , seil eTvm 
Jut toioiJt>]v ahfov |»5Xlov 3) xi £üa tä Ovrjri ■ ri y o «> Tttayjj.6™» «oi ™ ü>p«ip&ov 
*oXt> (uEUov faivEToi iv Tai; oSpovCotf 3) Ttipl fj(täs, td B' iXIot' ölXiiS xaft ü; fiux' 
nipY to Gv^xa |i£XXov. ol 8i Töiv |iev IJtpwv foaorov <pilni couAv stvsi xal ■ym^oBsu, in 
8' oilpivbv im vjfjfi xtti teU avTouirou toioÜtov ouot?,vai, (v tS «jib tJ^ijt xtd iw- 
Ef*s nug' onou* oaiveToi. Vgl. hinzu 1. Abtb. 8. 498, 4. 4S9, 1. 
2) Pfays. II, 9. 200, a, 32 (nach dem S. 251 Angefahrten) : xal «jup» pb 
Tfjl futnxiu lexTesi a! atrial, (jlSJlov St J] rfva; evexa- a'riov yap toüTO Trjt UXijt (so- 
fern für jedes Haturding die seiner Beatimmang entsprechenden Stoffe gewählt 
werden), «JLV o$x «ör») toÜ tAou(. Gen. et oorr. II, 9. 335, b, 29: m genügt 
nicht, die materiellen Ursachen anzugeben : der Stoff ist nur das Bewegte, das 
Bewegende ist, hei Natur- und Ennsterzeugniasen, ein Anderes; die xupnuripa 
aWa ist die Form. Die materialistische Physik giebt statt der Ursachen nni 
die Werkzeuge an, sie macht es wie der, welcher anf die Frage, wer das Bali 
sage, antwortete: die Sasge. Vgl. S. 260, 2 und was 8. 208, 2. 211, 3 und Bd. 
I, 599, 3. 600, 1—9. 686, 4 Ober die Vernachlässigung der Endursachen in der 
alten Physik angeführt ist Part. an. I, 1. 639, b, 14! tpaiv«w6iicp«&tn(so.«lT{«) 
V Xfyopjv hixi tivoc M-pc ylp oSroi, ipy-fj S* i Xifoj öpolüi? ev tc toT( xiti t^- 
vijv aot h rotf ipilan auvca*ri]xdaiv. c. 5. 645, «, 80: es handle sich bei der Unter- 
snebnng Ober den thierisehen Leib nicht tun seine eincelnen Theilo als solche, 
tun den Stoff, sondern tun die SX*. pop?^ um die oilvflioif und die Vh\ ojqfa. 
S) Pbjs. IL 8. 199, b, 36: ötonov 61 to p.j) oajvSat tWai tttu -rteefcu, ttv ^ 
■ . Google 
Zweektkltigkeit der Natur. 325 
wir bereits wissen, eben diess nach aristotelischer Ansieht der Un- 
terschied der Natur von der Kunst, dass die Werke der letalem das 
Princip der Bewegung ausser sich, die der Natur dieses Prinrip in 
sich selbst haben *> Es tritt so hier zuerst der wichtige Begriff der 
immanenten Zweckmassigkeit auf, eine Bestimmung, die im aristo- 
telischen System so wesentlich ist, dass wir die Natur in seinem 
Sien such geradezu als das Gebiet der inneren Zweckthatigkeit de- 
Gniren könnten. 
Diese Zweckthatigkeit kann jedoch in der Natur nicht zur unbe- 
schränkten Herrschaft kommen; denn neben der freien Wirkung der 
Form ist in ihr auet die notwendige des Stoffes, welcher von der 
Form Dicht schlechthin überwältigt werden kann. Es ist schon frü- 
her (S. 250 ff. ') gezeigt worden, dass Aristoteles in der Materie den 
Grund des Zufalls und der blinden Naturnotwendigkeit findet, und 
dass ihm diese beiden in letzter Beziehung zusammenfallen, sofern 
nämlich das Zufällige eben das ist, was nicht um eines Zweckes 
willen geschieht, sondern in der Verfolgung eines anderweitigen 
Zweckes nur nebenbei, durch die Wirkung der unentbehrlichen 
Mittelursachen, hervorgebracht wird. Diese Beschaffenheit des 
natürlichen Daseins macht es nun unmöglich, für Alles in der Welt 
einen Zweck anzugeben; die Natur wirkt wohl nach Zwecken, aber 
in der Verwirklichung ihrer Zwecke bringt sie auch Vieles neben- 
her, aus blosser Nothwendigkeit hervor *), wenn sie gleich auch 
dieses selbst wieder so viel wie möglich zu benützen sucht, das 
jSiur. to xivoÜV (äouXeuanjiEvov. xnfroi xa! f| rfjjvi] od ßauXE&ntt' xal yip tl Jvijv lv 
rfiEÄu^ vttumjfix)], ouoituj Sv ?Joii (noisi- fiot' tlh Tjj ■nf/vn. Ivsm tb P/ex4tou, 
'<>< b fiau. Aristoteles hat bei dieser Bemerkung eine solche künstlerische 
Tätigkeit im Auge, bei der ein gewisses Verfahren dem Künstler zur festen 
Regel, inr anderen Natur geworden ist; diese Thätigkeit bezeichnet er aber 
nieht als die des Künstlers , sondern als die der Kunst, weil seiner Auffassung 
nach das eigentlich Schöpferische nicht der Künstler selbst, sondern der in 
üun wirkende Begriff des Kunstwerks ist, weleber daher auch der tfyv'i 8 e ' 
rafeiu gleichgesetzt wird; vgl. was 8. 248 aas Metaph. VIT, 7. gen. an. H, 
L pari an. I, 1 angeführt ist, and gen. et aorr. I, T. 334, a, 34 : Saa vis ^ iyv 
^ air!)v BIijv, jeo«I ärcoBij üvta, otov fj tatpanf- alt)] ^ip jcolo3oti Sv'""* °ä&» 
tioX« fotö toB (rfu£op£v<H>. 
1) 6. p. S8T, 1. In diesem Sinn wird die Natur, welche im Lebendigen Ton 
innen heraus wirkt, auch ausdrücklich dem von aussen ber wirkenden mensch- 
lichen Verstand (dem Gtipiflsv veü;) entgegengestellt; gen. an. II, 6. 744, b, 91. 
3) 8. o. 253, 1. 
JigiiizBdby Google 
336 Aristoteles. 
Ueberschussige in ihren Erzeugnissen gleichfalls sweckmSsaig ver- 
wendet, and nach Art eines guten Haushalters nichts umkomme« 
liest *). Auch die Naturwissenschaft kein desshalb nicht immer 
gleich streng verfahren, sie muss dieStörungen, welche NaturnouV 
wendigkeit und Zufall in die Zweckthitigkeil der Natur bring«, 
mit in Rechnung nehmen , sie muss Ausnehmen von der Regel lu- 
geben und sich begnügen, wenn ihre Sätze nur in den meisten Fäl- 
len zutreffen *}■ 
Aus diesen Widerstand des Stoffes gegen die Form erklärt 
non Aristoteles zunächst alle unregelmässigen NaUirerscheimingea 
CTtp«ToO, wie Missgeburten u. dgL Alle solche Erscheinungen be- 
trachtet er nämlich als ein Stehenbleiben der Natur in einer unvoll- 
endeten TtuUigkeit, eine Verstümmlung *), als ein Verfehlen des 
Zwecks, den die Natur ursprünglich verfolgte 4 ), und er findet 
1) Gen. an. II, 6. 744, b, 16: üonip outovopof äy«8öi, xak Jj yiioi; oifib iao- 
ßilXiiv eüuQev ii; uv Um rcotiJW u j[pi|OT4"v. Hieraus leitet Aristoteles namontlioi 
die Art ab, wie bei der Bildung und Ernährung de» thierischen Organismus 
die überschüssigen Stoffe (mpiTTu>jj.aTsi — m. s. über diese gen. an. I, 18. lü, 
b, 33 ff.) verwendet werden; a. a. O. ebd. c. 4. 738, a, 87 ff. III, 2. 663, b, 31. 
Vgl. auch 8. 262, 1 und put. an. IV, 6. 6T9, a, 29, wo A. Ober den Saft de» 
Tintenfisch*» tagt: J] Ei fi&n Siitt tS Totoittu mp rm&fiMt xoTOxpiJTai xpo< pW r - 
Qsia» x*l awtijpkv oOtüv. 
2) Part. an. III, 2. 663, b, 2.7 v K L MeUph. II, 8, Scbl. und oben 8. 111,4, 
6. Die Angabe Rittf.b's a. a. O. S. 212, das* die Naturlehre nach Aristoteles 
„mehr der unsicheren Meinung angehöre, ala der Wissenschaft* , beruht wohl 
anf oiner unrichtigen Ueberaetiung der Worte Anal, post I, 38. SS, a, 5. Hier 
heisit ea nämlich: $ n -fip So^a äßi^aiov xs\ i, <f iSokj ^ waita), „denn dieser Ge- 
genstand (das Torber erwähnte ivät^o'fiivQv xit ültut e^eiv) ist ebenso nnsieba, 
als die Meinung"; Ritter aber scheint die Stelle verstanden sa haben, als oi 
es hiense: xat jj oüots toiaiftjj, »und die N stör ist eine solche", nUmlich aß['fi:w 
3) Gen. an. IV, 8. 769, b, 10 ff. Aristoteles handelt hier Ton den Hirn- 
gebarten, sowohl denen, welchen wesentliche Theile des menschlichen Körpeu 
fehlen, als denen, hei welchen dieselben in za grosser Zahl vorhanden siot 
und erklärt beide in der oben angegebenen Weise: tAoj yöp -Gut ;aev xrrfpHti 
(die formbildende Bewegung) J.uopivuv , rf,j 6' W>]j oü xparoup/njc, |uvci ta n 
O&ou [lüroia- toüto 6' lern (üov . . . xb ispac ävemr ( f(« r!( ('o-rre. Vgl, vorher B. 
767, b, 13: to 81 tipac oux avarptatov 7vpb k t!)v iWi tou m4 TJjy. tou. T&auf alns», 
Dji xarä ao|*ßcßi}xi>{ «tiorpMifw. 
4) Fhjs. II, 8. 199, b, 1: e! BJj eutiv tvia xata r£x v 1 v ' v ofc. tWjiflwt &e» 
tou, iv St to1( äjisoTBV«(iivo« Evsx« jitv nvoj iicixiipflt»; tdX. Jwwixiwtsa, opa^tK 
1» Ijjoi xft iv idtt f uoiatfl4 xai ii iEs«Ta «u,oepTi{ji«Ta ixtivou toQ &m« tou, 
Hemmung d. ZwockthUtigkait durch d. Stoffe. 937 
ihren Grund darin, dass die Form ftber die Materie Riefet vollständig 
Herr wurde 0- Weiter aber gilt es ihm bereits als etne Art Mist- 
geburt oder ein Verfehlen des Natnrzwecks, wenn die Kinder den 
Eltern und namentlich dem Vater nicht gleichen *), wenn ein Guter 
einen Schlechten oder ein Schlechter einen Guten erzeugt *), wenn 
die Beschaffenheit des Leibes der der Seele nickt entspricht *); ja 
er halt alles Weibliche im Vergleich mit dem Männlichen für ein 
Unvollendetes und Verstümmeltes, weil die formende Kraft des 
Mannes in seiner Erzeugung den vom Weibe genommenen Stoff 
nicht zu überwältigen vermocht habe 6 ). Alle Thiere ferner sind, 
mit dem Menschen verglichen, zwergartig, weil in ihnen die oberen 
Theile des Körpers mit den untern nicht hn richtigen Verhaltrdss 
sieben s ), sie sind unvollendete*Versuche der Natur, den Mensehen 
hervorzubringen , eine dem Zustand des Kindes analoge Entwick- 
lungsform T ); "«eh unter den Thieren sind einzelne Arten verstüm- 
melt, wie der Maulwurf B ), oder genauer, es sind überhaupt voll- 
kommenere und unvollkommenere Thiere zu unterscheiden: die 
Thiere z. B., welche Blut haben, sind vollkommener, als die, welche 
1) Gen. an. IV, 4. 77o, b, 9: im yip to rfpn; tüv isipi oiJaiv tt, jtapi ipJnm 
ä' ii Jtäio» äXX J t)]< b'( ftft to r.nXh ' nepl ^sp -ri)v ää *.& tJjv il; övxf tn^i eJKv y £- 
«tat xapi ipifviv (ein Satz, der spfiter In der Theologie auf die Wunder ange- 
wandt wurde und in dieser Anwendung grosse Beriihmthuit erlangt hat, ohne 
dus man doch in der Kegel seine Quelle kennt). Auch das rtpa; daher, wird 
bemerkt, sei gewiss ermasaffl r.a-.z cpJotv, Btjv p.!] Kpanjajj t}|v xarä t)]V 31j]U J] 
"trci Tb *1Sq( tpün(. Vgl. vorl. Anm. 
2) Gen. an. II, S. 767, b, 5: Sulj £oixüf idit yovtüsiv jjäij Tpöirov tev! Wpa« 
W». 
1) Polit. I, 6. 1255, b, 1: «EioUui yip, Äonjp ^ 4vftf>tÄJT0u äv9pu«»v mft & 
ttylm ^Liiuflai tijptoi, otku xett iE ö-pOüv t<Y*8Ä¥- f| 81 ?Jtji( ßodXrtw [iH teBto 
»Kh selXimf, oä pJrtot Sifvoten. 
4) Polit. I, 5. 136-1, b, 27: ßo&rcai filv oüv {] fijotf xert tei oüjtSTK Sta^ovr« 
*M» li Tfiv IXeuMpuv lai tßv SouXiuv, . . . oufißafvei 5k reXläxtt Toävsvtfov. 
5) Der Nachweis hiefür (ans gen. an. IV, I, 786, h, 8 ff. o. 3. 767, b, B ff. 
B. 3. 7S7, a, 37. I, 30. 738, a, 17. ProM. X, 8) wird sptter gegeben werden. 
6} Part. an. IV, 10. 686, b, 2. 20: itsVrti yip Itrn t* C<t>« vavtMi) tJXXo napi 
™ ävtpuxov. Vgl. c . ig, 695 ] S; g. Navoüi] sind aber aas demselben Grund 
■MhäieKinder; put. an. IV, ID. 686, b, 10. Inge. au. 11. 710, b, 13. De mem. 
«■ h BebL n. ö. 
1) VgL Htot. an. VTÜ, 1. 888, a, 81: die Seele der Rinder antersoheide 
«icb kram tob der tWeri« oben. 
8) Hlst an. IV, «VoftYs, 9. 
jignizBdby Google 
keines haben *); die lähmen tolltommener als die wilden *), die, 
welche nur Einen Mittelpunkt des organischen Lebens haben, voll- 
kommener als die, welche mehrere besitzen ■)■ Ebenso sind die 
Pflanzen im Vergleich mit den Thieren unvollendet*): denn auch 
in ihnen istZweckthätigkeit, nur weniger entwickelt 9 ), auch sie 
haben Cwie noch gezeigt werden wird) ein Seelenleben, nur erst 
die niederste Stufe, erst die allgemeine Grundlage desselben. Jt 
auch im scheinbar Unorganischen wird von Aristoteles ein geringster 
Grad von Leben anerkannt *). Die Natur als Ganzes ist somit eine 
stufenweise Ueberwindung des Stoffes durch die Form, eine immer 
vollständigere Entwicklung des Lebens; was an sich das Erste ist, 
die Form, muss der zeitlichen Entstehung nach das Letzte sein, 
weil alles Werden eine Bewegungvaas der Materie zur Form, und 
in allem der Anfang (das dem Begriffe nach Erste) aucb das Ende 
ist 0; und es muss aus diesem Grunde das Zusammengesetzte später 
sein, als das Einfache, das Organische später, als das Unorgani- 
1) Gen. u. II, 1. 132, n, 16. 
2) Polit. I, 5. 1354, b, 10: t& [ih yip fjjupa [Jffia] t&* irphav ßcXn'u n> 
tpuaiv. Indessen bezeichnet A. selbst part. an. I, 3. 643, b, 3 die Bintheilnng der 
Thicre in zahme and wilde als fehlerhaft, da alle zahmen auch im wilden Zu- 
stand vorkommen. Die höhere Vollkommenheit der zahmen ist mithin als 
wirklieh vorhandene erat erworben, «ofern sie dagegen tpitai ist, beatehl *» 
Eunlohst in. einer blossen Anlage. 
3) Part an. IV, 5. 682, a, 6, auch hier mit dem Beulte: die Natur wob 
solchen Geschöpfen eigentlich nur Ein Centralorgan geben, da sie diese »bei 
nicht vermöge, müsse sie ihnen der Möglichkeit nach mehrere geben, — in 
den Problemen (X, 45) werden die Bütte über das «Bitweise Unvermögen d« 
Natur dahin ausgeführt, dus gesagt wird, die Natur bringe die wilden Tbiers 
und Pflanzen dssshalb in grösserer Menge hervor, als die zahmen, weil a 
leichter sei, Unvollkommenes in bilden, als Vollkommenes, und weil die Nitnr, 
wie die Kunst, das Bessere erst nach längerer Uebung su schaffen vermögt. 
Dies« ist aber unaristotalisehe Uo bertreib aug. 
4) Vgl. gen. an. III, 7. 757, b, IB. 34. 
5) Pbys. II, 8. 199, b, 9:' xaUv -ötr, f irtffc JW« to Bmi toa , Jjtiot Silttf 
6) S. o. 321, 7. Wir kommen hieran! noch einmal lurüek. 
7) Put an. II, I. 646, a, 25: t* Cntf« tj[ rtvemt jcpoTip« ri)v (ptfen stA 
r.x\ xpoiTQV to '.f, -ytvt/ctl TtlluTOiov . . . tfi fiiv oSv %päv<f xpaiipav , tJiv SX^v iMy- 
aoäcv srvw y.a\ t))v ^iveuiv, tui livai El ri)v oiriav xrn -rf,v Exartou (Mpfqfv. Metspi. 
IX, 8. 1050, a. 7: Sic» in' ipyifi ßaS&i to -riv»ö|jL*vov mit xtkof- ip^t) ran v> vi 
fwM, wo tAou; 8' Fvtxs ij r6*oi(. 8. auch oben 8. 188, 3, 
)KHlizedby G00gk 
Himmel «na Erde; dar Aether. 920 
sehe *). Am Bestimmtesten tritt dieser Gedanke, wie wir nuten noch 
finden werden , in der Betrachtung der organischen Natur hervor, 
in der unser Philosoph den stetigen Uebergang vom Leblosen zum 
Lebendigen, vom Unvollkommenen zum Vollkommenen, zuerst mit 
scharfem Auge entdeckt hat. 
8. Fortsetzung. B. Das Weltgebäude und die 
Elemente. 
Wenden wir uns von den allgemeinen Untersuchungen aber 
die Natur und die natürliche Bewegung zur Betrachtung der Dinge, 
welchen die Bewegung zukommt, so zieht zunächst der Gegensatz 
ihrer Hauptmassen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das Weltganze 
Itaeilt sich in zwei Hälften von entgegengesetzter Beschaffenheit, die 
irdische und die himmlische Welt. Dieser Gegensatz ist schon 
der Anschauung gegeben, und auch Aristoteles ist gewiss auf keinem 
anderen Wege darauf gekommen: die unveränderliche Natur der 
Gestirne und die unwandelbare Regelmässigkeit ihrer Bewegungen 
stiebt seiner Ansicht nach gegen die Vergänglichkeit und den Wech- 
sel des Irdischen zu stark ab, als dass nicht beide wesentlich ver- 
schiedenen Gebieten zugewiesen und verschiedenen Gesetzen unter- 
worfen werden mussten *). Aber je wichtiger dieser Gegensatz 
für ihn ist, um so weniger unterlässl er es, auch seine Notwendig- 
keit aufzuzeigen. Alle natürlichen Körper, sagt er, sind der räum- 
heben Bewegung fähig *). Alle räumliche Bewegung ist aber 
entweder geradlinig oder kreisförmig oder aus diesen beideu 
Sichtungen zusammengesetzt; und da nun die dritte von diesen 
Arten aus den zwei ersten abgeleitet ist, so bleiben als einfache 
1) A. a, 0. part. an. 646, b, 4. Meteor. IV, 13. 889, b, 29: «ei 8k paUov 
äi^oi [t( Exatrrov] äst tüv iffWptuv *ii oXiuj in« oTov 3p|iv« xal Ivekix tou. Beim 
Menschen sei klarer, worin Hein Weien bestehe, als bei Fleisch, Knouben 
u- »■ *., bei diesen klarer als bei den Elementen. Tö fip ol fvtxet f,xtrra EVTaüfla 
äUa ittp' lüdjv, f| 8' oiiaia oüfllv iUo J] & Xifo;, to 81 piralpf aviX'jyou tE> i^yän 
Au RUOTSV, fet\ lii TOliTUIV JtioS* fotiv ?Vl*4 TOU. 
t) Data es «machst diese Wahrnehmung war, welche den Philosophen 
Nf die Unterscheidung der beiden Welten führte, sieht man aas ihrer ganzen 
Beschreibung. M. Tgl. auch die unten an sn führen de Stelle De ooelo I, 8. 270, 
Ml ff. 
8) De ooelo X, 2. 166, b, Wf vgl. S. 390 ff. 
jignizBdby Google 
330 ArUtoteU», 
und ursprüngliche Bewegungen nur jene zwei übrig: «"e gerad- 
linige und die Kreisbewegung, die Bewegung nm den Mittelpunkt 
und die Bewegung vom Mittelpunkt weg oder zum Mittelpunkt hin. 
Sind nun dieas die ersten natürlichen Bewegungen, so muss es auch 
gewisse Körper geben, denen dieselben ihrer Natur nach zukom- 
men, und eben dieses müssen die ursprünglichsten Körper' sein; 
alle diejenigen dagegen, welche eine zusammengesetzte Bewegung 
haben, werden aus ihnen zusammengesetzt sein und die Richtung 
ihrer Bewegung von ihrem überwiegenden Bestuirdtheil erhalten; 
denn da das Naturgemässe immer früher ist, als das Naturwidrige 
und Gewaltsame, so muss die kreisförmige so gut, wie die gerad- 
linige Bewegung, für irgend einen Körper naturgemass sein, und das 
um so mehr, da sie allein ununterbrochen und endlos ist, was ein 
Naturwidriges nicht sein kann. Es muss somit zweierlei einfache 
Körper geben, solche, denen die geradlinige Bewegung, und solche, 
denen die Kreisbewegung ursprünglich zukommt 0- Die gerad- 
linige Bewegung nun hat entgegengesetzte Richtungen: sie geht 
entweder nach oben oder nach unten, entweder vom Mittelpunkt 
nach dem Umkreis oder vom Umkreis nach dem Mittelpunkt; die 
Körper, denen sie zukommt, werden daher von entgegengesetzter 
Beschaffenheit sein, es wird entweder diese oder jene Bewegung 
naturgemass für sie sein, sie werden entweder schwer oder leicht 
sein. Der Kreisbewegung dagegen ist keine andere entgegengesetzt: 
sie geht von jedem Punkte des Kreises zu jedem ; der Körper, des- 
sen natürliche Eigenschaft sie ist, wird mithin gleichfalls gegensatz- 
los sein müssen , er kann weder schwer noch leicht sein, du ihm 
weder die Bewegung nach oben , noch die' nach unten, sondern 
überhaupt keine geradlinige Bewegung natürlich ist; ja es wird 
ihm die Bewegung nach oben oder nach unten nicht einmal gewalt- 
sam mitgetheilt werden können, denn wenn ihm die eine als eine 
naturwidrige zukäme, müsste *) ihm die andere als naturgemässe 
zukommen s ). Derselbe Körper wird dun aber auchr uuamrordea 
1) Dm Obige nach De cofllu I, 2. 
2) Nach dem Bobon c. 3. 269, a, 10. 14 ffii ditsa gute« Erörterung Tor- 
amgasetiten Grandssts (•. o. 152, 8), welcher ia dieter AHgeraouiBmt freiliek 
bedenklich istt fa Mhonfov. 
3} A. a. 0. c. 8. 269, b, 18—270, a, 13. Den Satz, welcher für dien Ab 
leitung allerdings Ton Wichtigkeit itt, i*MderKreiil>eWetu»gkebM«Stg«gee- 
3,g,1 EE dby G00gle 
Dar A et her. 33t 
wd unvergänglich , keiner Zunahme und keiner Abnehme, keinem 
Leiden und keiner Veränderung unterworfen sein l ); denn »lies 
Werdende entsteht aus Entgegengesetztem, alles, was vergeht, 
löst sich in solches auf a ); alle Zu- and Abnahme beruht auf dem 
Elinxntreten oder dein Abgang des Stoffes, woraus etwas geworden 
ist, was daher als unge worden keinen solchen Stoff hat, kann auch 
nicht au- oder abnehmen; alle Körper, welche sich verandern, 
sehen wir auch zu- oder abnehmen, wo diess daher nicht der Fall 
ist, wird auch keine Veränderung sein 3 ). Auch die Erfahrung 
spricht aber für diese Annahmen. Denn wenn nicht allein der Raum 
zwischen Himmel und Erde, sondern auch der Himmelsraum seihst 
mit Luft oder Fever angefüllt wäre , so würde die Masse dieser 
', bei der Grösse der Gestirne and ikrer weiten Entfernung 
*, zu der der übrigen so ausser aller« Verhaltniss stehen, 
dass ihnen die letztem nicht mehr das Gleichgewicht halten könnten, 
sondern von ihnen aufgezehrt wurden; ein richtiges Verhaltniss 
zwischen den Elementen *> lasst sich nur herstellen, wenn man den 
gmetit sei, sacht Aristoteles c. 4 noch besonder! zu begründen. Du Schiefe 
<n& Unrichtige desselben kann er »her damit natürlich nicht boseicigen , denn 
"au sich zwei Bewegungen entgegengesetzt sind, welche auf derselben Linie 
od« auf zwei parallelen Linien in entgegengesetzter Richtung verlaufen, so 
macht es in dieser Beziehung nicht den geringsten Unterschied, ob diese Linien 
Sende oder Kreislinien sind. Und wirklich sollen ja auch Fixstern- und Pia- 
oetenspbAren sich in entgegen gesetzter Richtung bewogen; warnra konnten 
lie sa nicht «ach aus Terschiedeneni ätherischen) Stoffe bestehen? An Aristo- 
-ale»' klar ausgesprochener Meinnng zu. zweifeln (wie Mhh Arist. Thierknndn 
393 geneigt ist) geben, ans freilich aolche sachliche Schwierigkeiten kein Eecht. 
1) Er h eis st De coelo I, S. 370, a, 13, b, 1 ä-jrViiTav xc&SfSafTovxtäävau^ 
"=■ "aUoiiuTov, ÜBtOY. i« nur' aüfijaiv i/_ov oüte f Oiajy, i't.X' i-fjjpsTOv «ü ivaAXoi- 
»»» w htttäk. Vgl «etapb. VIII, 4. 1044, b, T. 
2; Hierübet »gl. m. auch S. 236 f. 
3) A. a: O. 270, a, 13 — 36. För die Unverändert cbk ei t des gegenaata- 
lil «'äi Körpera hatte sich der Beweis einfacher und bündiger aus dem Satse 
(oben S. 31Ä). fuhren lassen, dass alle Veränderung- Uebergang aiu einem 
friatind in den entgegengesetzten ist, alle« Leiden am. der Einwirkung eines 
k^S"! geasteten entspringt; Artst schlagt aber diesen Weg hier desebalb 
"iott ein, weil ei des Begriff der Veränderung und des Leidens erst spater, in 
ktSsbrift »om. Entsleben und Vergeben, untersucht. m 
*) QMJenigu nämlich, welches sieb ergiebt, wenn inan annimmt, dass es 
H «de Luft, und so viel Feuer gebe, ala stob bei der Auflösung alles Wuseas 
3, g ,i EE dby Google 
333 Aristoteles. 
Himmelsraum mit einem von den eiementarischen Stoffen verscbie- 
denen Körper erfüllt setzt l ). Dass sodann dieser Körper über alle 
Veränderung erhaben ist,-müssen wir schon desshalb glauben, weit 
in der ganzen Vorzeit, so weit irgend die UeberÜeferung reicht, 
von keiner Veränderung des Himmelsgebäudes oder seiner Tbeile 
auch nur das Geringste bekannt ist *). Hieniit stimmt endlich der 
unvordenkliche Glauben der Menschheit überein, der als ein 
Erbstück uralter Zeiten alle Beachtung verdient *); denn desshalb 
haben alle Völker den Göttern den Himmel zum Wohnsitz angewie- 
sen, weil sie ihn unsterblicher und göttlicher Natur glaubten; und hier- 
auf geht auch der Name des Aethers, welchen Aristoteles mit Plato *) 
nicht von aifctv, sondern von iti 6stv, von dem rastlosen Umlauf der 
Himmelskugel herleitet 6 ). Der Aether ist daher von allen eiemen- 
tarischen Stoffen wohl zu unterscheiden : gegensatzlos und un- 
wandelbar steht er über dem Streit der Elemente, sie gehören der 
irdischen , er der himmlischen Welt an, aus ihm sind die himmli- 
schen Sphären und die Gestirne gebildet, er ist das Göttliche in der 
Körperwelt '). 
Anders verhält es sich mit den vier Elementen. Wenn dem 
Aether die Kreisbewegung eigentümlich ist, so eignet ihnen die 
in Luft and aller Luft in Feuer, nach dem erfahrnngamfissigen Anadehnunga- 
verhUtniss dieser Körper, bilden würde. 
1) Meteor. I, 3. 389, b, 18—840, a, 18. 
■i) De coelo I, 8.270, b, 11. 
3) o'j fip 5n«S — ao wird diese De coelo 270, b, 19 und fast wortgleieh 
Meteor. 339, b, 27, ähnlich auch Metajth. XII, 8 g. E. begründet — o-iBt SK 
«XV ämipaxLt iii vo|4.[^£iv xit ailiä; äfutvitsSat 5o£ai tk %äs. 
4) Krat. 410, B. 
5) De eoelo I, 3. 279, b, 4— 26. Meteor. I, 3. 339, b, 19 ff.; nach diesen 
Stellen De mundo c 8. 392, a, 5. Tgl., den Namen dea Aethers betreffend, Bd. 
I, 688, 4. 
6) Wird er auch Meteor. I, 3. 339, b, IG. 840, b, 11 das icpürov orogj&w 
genannt, so wird er doeb auch bier von den vier uroryjta bestimmt untorsehio- 
den; noch bestimmter beisst er gen. an. II, 3. 736, b, 29 trspov oüpia xn\ 6ii4- 
Tipov twv ialoau.EV(uv avnyjitw. 
7) 8eTo{ wtrd er auch Meteor, a. a. 0. 339, b, 25 genannt; ebenso De coelo 
a.a.O. 270, b, 11.20: tj xptitt] oäofa tffiv auifiaTiuv, x'a »püiTOV oöSjm, Enpav m 8» 
napäpy xa\ i:Sp xal kipa. xa\ Giiup. Spätere, nie der Epikureer Cicbbo'b (N. De. 
I, 13, 33 vgl. K mg che Forsch. 306 ff.) und der angebliche Justib Cohort. c 5. 
86, machen daraus den Satz, daaa die Gottheit mit dem Aether anaammanlalle. 
JigiiizBdby Google 
Der Aother; die Elemente. 333 
geradhaige Bewegung. Diese ist aber, wie bemerkt, eine entge- 
gengesetzte, nach der Mitte und nach dem Umkreis, nach unten und 
nach oben. Was sich von Natur nach unten bewegt, ist schwer, 
was nach oben, ist leicht. Die Elemente stehen daher im Gegen- 
satz des Schweren und des Leichten ')> und dieser Gegensatz kann 
nicht auf die quantitativen Unterschiede der Grösse , der mathema- 
tischen Figur, oder der Dichtigkeit zurückgeführt werden, sondern 
er ist ein ursprünglicher und qualitativer: die Eigentümlichkeit der 
Elementarstoffe lasst sich weder mit Plato und Demokrit aus den 
mathematischen Eigenschaften der Atome, noch mit der. älteren 
Physik aas der Verdünnung und Verdichtung eines und desselben 
Ifotoffs erklären. Yon der ersteren Annahme ist diess bereits nach- 
gewiesen ■); denen, welche die Stoffunterschiede von der Verdich- 
tung und Verdünnung Eines UrstofTs herleiten, wird neben Anderem 
entgegengehalten, dass sie den Unterschied des Schweren und Leich- 
ten gleichfalls nicht begreiflich machen können, und dass sie den 
Gegensatz der Elemente auf ein Grössenverhäliniss beschränken, 
md somit zn etwas blos Relativem machen müssen "). Für Aristo- 
teles ist ihre qualitative Verschiedenheit unmittelbar durch den Ge- 
gensatz der geradlinigen Bewegungen und der natürlichen Orte ge- 
fordert. Da die geradlinige Bewegung ebenso ursprünglich ist, wie 
die Kreisbewegung, so mnss es auch gewisse Körner geben, denen 
sie von Natur zukommt *); und da sie wesentlich in den entgegen- 
gesetzten Richtungen nach unten und nach oben verläuft, so müssen 
vir zunächst zwei Körper annehmen, von denen sich der eine na- 
togenäss nach unten, der andere nach oben, jener gegen die Hitte, 
dieser gegen den Umkreis der Welt bewegt. Ebenso dann aber auch 
cm Mittleres zwischen beiden, und zwar ein doppeltes: ein solches, 
das dem einen, und ein solches, das dem andern von jenen beiden 
naher steht. Die zwei ersten von diesen vier Körpern sind Erde 
und Feuer, die zwei andern Wasser und Luft. Die Erde ist absolut 
schwer und schlechthin ohne Leichtigkeit, das Feuer absolut leicht 
i) 8. g. sso. 
1) S. 8. 808 ff. 
s ) Aristoteles bejoWftigt «ich mit dieser Annehme De eoelo III, 6, r Tgl. 
"i >■ «», b, SO. Metopb. I, 8. 988, o, » ff. 
<) 8. 8. SSO. 
jignizBdby Google 
334 Aristoteles. 
und schlechthin ohne Schwere; jene bewegt sicfc anbedisVgt ssoh 
der Mitte, und sinkt desshalb unter alle andern Körper, dieses be- 
wegt sich unbedingt nach dem Umkreis und erhebt sich desshalb 
Aber alle. Wasser und Luft dagegen sind nur relativ schwer and 
daher auch relativ leicht; das Wasser ist schwerer, als Luft aad 
Feuer, aber leichter, als die Erde, die Luft schwerer als das Feuer, 
aber leichter, als Wasser und Erde, Das Feuer sinkt von Natu, 
und abgesehen von gewaltsamer Bewegung, unter keinen Um- 
standen an die Stelle der Luft herab, ebensowenig erhebt sich 
die Erde an die des Wassers; Loft and Wasser dagegen sinken 
an die tieferen Orte herab, wenn nun die Stoffe, welche diese 
ausfüllen, wegnimmt 0; die Erde ist überall schwer, das Wasser 
überall, ausser in der Erde, die Luft überall, ausser in Erde und 
Wasser 1 ), das Feuer nirgends *); und es kann desshalfc vod 
zwei Körpern derjenige, welcher mehr Luft enthält, als der an- 
dere, in der Luft schwerer, im Wasser leichter sein, *ls dieser: 
wie z. B. ein Centner Holz im Vergleich mit einem Pfand Blei *> 
Dieselben vier Grundstoffe ergeben sich »her noch bestissmler 
von einer anderen Seite her *). Alle sinnlich wahrnehmbaren Kör- 
1) Eigentlich mflssten sie lieh freilich ebenso in die höheren erbebe»; in- 
denen erkennt Aristoteles De ooelo IV, 6. 812, h, ff. selbst an, Ute* &*» ab- 
gesehen von äusserer Gewalt nicht der Fall »ei, ohne diesen für sein« Theorie 
so bedenklichen Umstund an erklären. 
2) Das» auch die Luft ein Gewicht hat, soll daraus erbellen , daas aufge- 
blasene Schläuche schwerer wiegen, als leere; a. a. O. o. 4. 311, b, 9. 
3) So erklärt sich Aristoteles a. a. O. von seinon VorauMtanngaa ans dm 
Unterschied der absoluten und der speelfieohen Schwere, 
4) De coelo IV, S — 5. Etwa« anders gewendet begegnen uns dieselbe! 
Gedanken vorher, II, 3. 286, a, 12 ff. Es könne, lesen wir hier, nicht der gante 
Körper der Welt aus Aether bestehen, denn sie müsse doch einen unbewegli- 
chen Mittelpunkt haben; es mflese mithin einen Körpur geben, in dessen Natur 
es liege, in der Mitte an rohen and »oh gegen die Mitte an bewegen, also aneh 
einen ron entgegengesetzter Beschaffenheit- Haben wir aber nientil Erde nai 
Feuer, so seien aneb Wasser und Loft als die Zwischenglieder zwischen diesen 
gefordert 
5) Da* Folgende nach gen. et corr. II, 2. S. Der eigentlich« Urheber die- 
ser Theorie über die Elemente soll nach Ideleb (Arist. Meteor. II, 889), wel- 
cher sich hiefor aof (Uu> De eleys. see. Hippoer. I, 9. Opp. ed. KCbm I, 4SI f. 
beruft, Hippokrates sein. Diese ist jedoch in mehrfacher Hinsicht nngeaso. 
FOr's Erste nämlich ist von den hippokrs tischen Schriften, um die et aioh hisi 
Elemente. 335 
per sind greifbar; alle durch den Tastsinn wahrnehmbaren Ei- 
genschaften lassen sich aber, abgesehen van der Schwere and 
Leichtigkeit Oi mif vier zurückführen: Wärme, Kälte, Trocken- 
heit, Feuchtigkeit *). Die zwei ersten von diesen Eigenschaften 
werden von Aristoteles als wirkende, die zwei andern als lei- 
dentliche bezeichnet *). Stellen wir nnn diese vier Grnndbe- 
handelt, n. fiatot aväptuxcu und ic. sapwüv, keine fBr lebt an halten; die entere 
int vielmehr ohne Zweifel du Werk oder der Auszug ans einem Werke von 
Hippokralea' Schwiegersohn Poly bus, die iweite naeharistoteli sehen Ursprungs ; 
vgl. KObk Hippocr. Opp. I, CXLVII. CLV. LlTTBti Oeuvre» d' Hippocrate 1, 
345 ff. 384. Was femer die Schrift X. auaioj ävSpiira* betrifft, so kennt sie «wer 
die vier empedoklelschen Elemente (o. 1, Anf.), eis bezeichnet auch das Warme 
and Kalte, Trockene und Feuchte als die Grundbestandteile jedes lebendigen 
Körpers (c S), sie bat aber dieses beides noch nicht so, wie Aristoteles, ver- 
knüpft, und jsdei der vier Elemente auf eine von den paarweisen Verbindungen 
jener vier Eigenschaften snrttekgefiihrt, wie denn auch Galeb a. a. 0. dieas 
Hiebt ron ihr aussagt. Die Schrift K, oapxüv tungekehrt weist swar I, 425 K. 
Inf die aristotelische Ableitung der Element« bin, dien beweist aber eben nur, 
<Um sie jünger, als Aristoteles, ist Dasi In Entliehen Schulen seiner Zeit das 
Wanne und Kalte, Trockene und Feuchte als die Elemente aller Dinge ange- 
sehen worden seien, bestitigt auch Plato Srmp. 166, D. 187, D; den Gegen- 
sst» des Warmen und Kalten hatten schon die alten Physiker an den Anfang 
der Weftentwiakhuig gestellt, und den des Trockenen und Feuohten nicht sel- 
ten damit verbanden, wenn sie »uoh diese vier Bestimmungen noch nicht ans- 
drttckliob als die Grnndbastimmangen xasammenstellen. Vgl. Bd. I, 169 f. 196. 
WS f. 
1) Diese sollen hier nicht in Betracht kommen, weil es sieb bei ihnen 
sieht um eine bestimmte Art des Wirkens nnd Leidens bandle, die Elemente 
■Wim Verhältnis, des Wirkens nnd Leidens stehen (a. s, 0. 329, b, 20), um 
"dolus sieb die Schrift vom Entstehen nnd Vergehen überhaupt vorangsweise 
dreht 
i) A. ». O. 819, b, Sa: ftepjibv 8t *s; ijuyabv mit 4rps» xgu {japsv t« |iiv <ip 
TOn^nxi iTvm t« Si tS safiirrniE Uv««i- itpj*ev yip htt t'o auYEptiov tb ijiofivij 
(nur eine Folge davon sei es, dasa das Pener Ungleichartiges scheide), 4°'/?" 
Si t'o owj^ov »a» aorptfiia» i|ie(iot ri t* myftv¥i na"l ti jj.il Sfidf uXa , ivpbv 8£ ve 
"iftrsm oluuu fiwü sidpiirov Sv, £i]po* & tri dipiOTov pav oExilu) S?<n, Bufipurev 
*■ <TaL Meteor. IV, 4, 831, b, 39.) Anf diese GrondbesÜmmangen werden die 
äe* Wbv, xa^ti, f\'.ay_pov } xpaBpov, füÄaxbv, oxlijpöv surBokgefBhrt; Arten des 
Genahten sind das BkqIjv und jispptT; |»ivov , des Trockenen das Eqpbv im enger« 
Sinn und das jrEjnjYÄf. 
i) Meteor. IV, I, Anf. : ira\ St tsnapot iiüpUT™ mttta i&i aroi^a» ,...£) 
T i ah U« icoiTj-nni , td ttsjüv aal tl fugen*, ** S* Bio wathyrixi, ts f-e^cv K«t ts 
»TpoV t{ Bi iciotif Teilte» sa TJ)4 sxwrw-f ij(. tpaivitoi väp £v nwnv J| psv leppdvijt 
336 Aristoteles. 
Stimmungen paarweise zusammen, so erhalten wir, nach Abng 
von zwei unmöglichen, vier mögliche Verbindungen, in denen je 
eine tbätige und eine leidentliche Bestimmung verknöpft ist, und 
demgemäss vier einfache Körper oder Elemente *): warm and 
trocken — das Feuer; warm und feucht — die Luft *); kalt and 
feucht — das Wasser; kalt und trocken — die Erde *). Diese vier 
Stoffe sind es, aus denen alle zusammengesetzten Körper bestehen, 
die aus allen ausgeschieden werden und in die alle sich auflösen 1 }; 
nai "]"U)(jnST)i( ipitouaiii xott <n>p.fiJouotti *al j*«ap4Äloaff«i ti ijMTytvij xa\ to [it^ öj«- 
-fiv}], xat i-fpa(vo-j3at in ^rjpafvouaai xal mÄijpüvo'jaoi xa\ fjaXirrouoai , xi ££ Sr.po 
xa> i-fpi JpiJ4[i£va x«'i xälX« Tot i[pi]|(ivo Tcith) naajravr*. Vgl. c. 4, Auf. c 5. 382, 
a, 27 ff. o. 10. 38S, a, 21. o. 11. 389, a, 29. 
1) In der Bezeichnung dieser Tier Grundstoffe and der innen im Grunde 
liegenden ursprünglichen Bestimmtheiten bleibt sich Aristoteles nicht gani 
gleich. Gen. et oofr. II, 2, Anf. c 8, Anf. c. 4, Auf. o. 1. 328, b, 31. 329, s, 26. 
Meteor. I, 2. 339, a, 13 nennt er die letzteren (iuWnme, Kalte u. s. f.) sowohl 
stoi^tla, als aoya'i, die Körper, denen sie zukommen, änXä oiiftata, oroij^*ia da- 
gegen nur mit dem Beisatz: -ca jaloiifiEva <mtyzia, dei auch sonst vorkommt, 
(Phya. III, 5. 304, b, 33. gen. an. II, 8. 786, b, 39. Meteor. I, 3. 339, b, 5; Tgl. 
Metaph. I, 4. 985, a, 34: ™ ü; h 85u)j cTSu Xevdiuva aiotftBa), part. an. II, 1. 
646, a, 13 sogar: ti xoXotjutva 6* 6 tivwv aror/rta, so dass man deutlieh sieht, 
er folge hier nur einem fremden Sprachgebrauch. Gewöhnlich dagegen steh! 
V.arfCm, welches im. Allgemeinen alle Bestandthoile (r\nHcipX 0,T ") nnd insofern 
selbst die Bestandthelle des Begriffs oder der Beweisführung, und die Form ab 
Bestandteil der Dinge , vorzugsweise jedoch das huxafyyi &t 6Xi|j beaeichnet 
(Metaph. V, 3. VII, 17, Sohl. I, 8. 988, a, 8. c&. 986, a, 1. o. 6. 967, b, 19. e. 8. 
989, a, 30 □. o. De ooelo III, 8, Anf, Bhet. II, 22. 1396, b, 21. c 26, Anf. Top. 
IV, 1, Anf. nnd oft Polit. IV, 11. 1396, a, 84. V, ». 1809, b, 16 vgl. B. 1B2, 6. 
Waite Arist. Org. I, 817 f. II, 863. Bokitz au Metaph. V, 8), für die letzten 
stofflichen Bestandteile der Körper selbst, dasjenige, ik ä tinntltat xa t«[is» 
&(_&-.*, &siva Se jiijxi't' tli SUa ilSfi iiaifipmXtt (Motaph. V, 8. 1014, a, 32), tis ! 
TaiXa atupa tu Biaip(lT«i , ivuxapyov Suvi|Hi I) eWpYlii , auro 6' lärm £Sialprtov dt 
tripa Tai (IG« (De coelo III, S. 303, a, 15) , die «cX3 «bfjurta (wie die Element» 
auch De coelo in, 3, Schi. Metaph. 1, 3. 984, a, 6. c. 8. 988, b, 80. T, 8, Auf, 
VIII. 1. 1042, a, 8. XI, J. 1067, a, 1 heiseen; vgl. Boxitz in Metaph. 984, a, 61. 
So gen. et corr. II, 7, Anf. Meteor. I, 1 Anf. (töv ator/ila* tön oommcrkSt). li, . 
2. 3B5, b, 1. IV, 1, Anf. De coelo III, 3, Anf. c. fi, Anf. und un »ahligem ale. Dit 
ursprüglichen Gegensätze, welche nach der ersten Materie das zweite, wie dit 
Elemente das dritte, Prinoip bilden (gen. et corr. II, 1. 820, a, 81), htii 
dann arri« tujv stoc/ekuv Meteor. IV, 1. 
2) „OTov trade fop o äjjp" gen. et corr. II, 3. SSO, b, 4. 
8) Oen. et corr. II, 8. Meteor. IV, 1, Anf. 
4) De ooelo HI, 3. Metaph. V, 8 (s. Anm. 1) n. a. St 
sy Google 
Elemente. 307 
während sie selbst ihreUreprünglichkeitdarait beweisen, da« sie zwar 
durch Umwandlung in einander übergehen, aber keinen andern Kör- 
per aas sich ausscheiden l }- «a jedem zusammengesetzten Körper 
im Bereiche des Irdischen sind alle enthalten *)• In unserer Erfah- 
rung kommen sie jedoch nie ganz rein vor *); was namentlich 
das Feuer betrifft, so ist das Element dieses Namens nicht mit 
der Flamme zu verwechseln, welche vielmehr ebenso aus einer 
Steigerung seiner Wärme entsteht, wie das Eis aus einer Stei- 
gerung der dem Wasser natürlichen Kälte: das Feuer als Ele- 
ment ist der Wärmestoff, oder die warme und trockene Aus- 
dunstung *), die Flamme dagegen ist kein beharrlicher Stoff, 
sondern eine bei der Umwandlung des Feuchten und Trockenen Cder 
1) De coelo III, 3. 302, a, IS ff. 
2) Wie diess gen. et corr. II, 8 des Näheren nachgewiesen und be- 
gründet wird. 
3) Gen. et Dorr. II, 3. 330, b, 21: odx &*t 61 tb Jtöp xsA 'o 4J)p kb\ feaoTOV 
tSy df*i[idihiv MtXoOv, iW.i jj.ixto'v. t* 5' räcXS totautn [tiv jmtv, ati jjj-'vioi toütä 
(besser rieUeicht taütoi}, ofov il ti tili nupt Sfioiov, 7ropoEi8it, °^ t3p, xat ta tS ispi 
wpo«S£i' öp.owuf Sl xiitt luv £Uuv. Vgl. Meteor. II, 4. 359, b, 32, wo aus An- 
hus der spater zu besprech enden Unterscheidung von feuchten nnd trockenen 
Dünsten. bemerkt wird: äni S' oürt tb üypbv Sveu roÜ (ji)pD5 oüti ib Eijpbn övtu toö 
ifpou, äüi JiävTa t«Üto X^itoit xaxi T7ju ÜJEtpOYJJv. Ebd. 11,5. 362, a, 9: trockene 
Dünste entwickeln sich nur dsna, wenn das Trockene einige Feuchtigkeit in 
sich hat. Ebd. IV, 6. Nach Phya. IV, 7. 214, a, 32 ist dem Wasser Luft beige- 
nÜBcht, wogegen dies« De sensu c. 5 443, a, 3 allerdings bestritten wird; Tgl. 
MmEs ÄrisL Thierknnde 404 f. 
4) Gen. et corr. II, 8. 330, b, 25: tb 31 jtiip Itrilv £meBoU| BepttdTijwx, üartsp 
xat xpuorai).0( i)iu^piiTjTOC ä) fip .ctj^if xost J| Jim* impjioXal Tivis tfoiy, f] |iiv io- 
XpiTt)™^ Tj Es fl;p|iÖTrjT0i. (t olv J ifjvztüJi&i iW nij$if 'jTpaü $ir/poS, xol tö Jtüp 
iruai C^at; (npoü 9sp|u>Ü. iib'xai oJSlv oät' Ix npuazaXknu ft-fvarai oüt' ex cupa;. 
Die Bemerkung aber das Feuer findet sich auch Meteor, i, 3. 340, b, 21. c, 4. 
S41, b, 23 Tgl. Z. 13: rcpaVcov uiv yaf fco t))v fytdxXtov fopiv Jan tb Btpjibv xat 
Slpbv, 2 Urous* s5p' ävüyuiiov fäp tö xmvov n, s. w. Dieses sogenannte Feuer, 
sei eine Axt Brennstoff (tixaxxaujM), welcher n«r geringer Bewegung bedürfe, 
um sieh an entcundei, wie der Bauoh. Schon Heraklit hatte unter dem Feuer 
das Warme überhaupt veratauden (a. Bd. I, 460); in seiner Schule kommt die 
Unterscheidung »wischen dem Fener nnd der Wärme im Feuer vor (I'i.i'10 
Krat. 413, 0). Aristoteles hat am Hervorhebung dieses Unterschieds einen 
besondern Grund, auf welchen die Stelle der Meteorologie hindeutet: das« 
nämlich unmöglich «wischen dem Lnftkreis nnd der Gestiniregion noch ein 
Feuerkreis liegen könnte, wie er doch annimmt nnd annehmen muss, wenn 
unter dem Feme/ nur das sichtbare Feuer, die Flamme, zu verstehen wS.ro, 
Phüoi. d. Hr. tt M. 1. Atrtb. 22 
.Google 
338 Aristoteles. 
Luft and Erde) sich «mengende Erschemnng 1 > Wen ferner 
jedem Element zwei wesentliche Eigenschaften mkoamen, so ist 
doch eine derselben für jedes die Gnindbestmmung: flr die Erde 
die Trockenheit, für des Wasser die Kalte, fiir die Luft die Feuch- 
tigkeit (Flüssigkeit), für das Feuer die Wim» ■). Da endbci 
jedes Element eine leidentliche und eine wirkende Eigenschaft m 
sich hat ■), so folgt, dass alle anf einander wirken und von ein- 
ander leiden, dass sie sich mischen nnd in einander umwandeln, 
wie sich diess ja auch an und für sich nicht anders denken 
llsst 4 ). Alle Elemente gehen in alle aber, denn Alles wird sni 
Entgegengesetztem und zu Entgegensetztem; die Elemente sieben 
aber alle ebenso, wie ihre unterscheidenden Eigenschaften (warm 
und kalt, trocken und feucht), mit einander im Gegensatz. Je 
vollständiger dieser Gegensatz ist, um so schwerer und lang- 
samer, je unvollständiger, um so leichter werden sie in einsä- 
ten; schwerer und langsamer also, wenn zwei Ele- 
1) Meteor. II, 2. 355, *, 9; \ yh ykp fXbg 8i& auvtyoüt 6ypo3 *<& fj]f»u («r»- 
ßaUovruv ytyvsrai xa\ oü tpiytxat (womit das un ei gentlich gemeinte tpofj) long. 
Tit. S. 465, b, !4. Tita et ra. c. 6. 470, a, 3 nicht «reitet)' od -fip h "^ o5 "* Bl "- 
|i*>« oMi xpiwt «5 etat*. Ebd. c. 8. 367, b, 31 : «nOtap « t&i feoVcw* S6A- 
twv Mt Tb Tijs tp^oyoc ftüfia. Vit« et in. «. «. O. 
3) Gen. et corr. a. a. O. 33], a, 3: oO u.J]v W iicXüif -fs -rfrtopa Svm [t> 
0TW)[iT«] Ivbt fxaordu Jim, ^ |ih fr,poü [isUov I) $i>XpoS, OSup K ^XP 6 " t*^ 41 
^ifpoü, «J)p 5' fi^p 03 liäUio»1 Sipjiou, nüp 81 OspaoO pöUov)) £r)poQ. Meteor. IV, 4. 
882, a, 3. Ad der letitem Stelle bemerkt Arist. u. A.: nur Erde and Waaaet 
seien von lebenden Wesen bewohnt (hierüber tiefer unten), weil nur diese BIjj 
tOv jw[iiT«v seien. Wiewohl nämlich die Kalte Grundeigeneohaft de* Witwer«, 
die Feuchtigkeit die der Luft sein soll, so wird doch auoh wieder behauptet: 
M-fit« Gl Töjv trroi^tiuv TBtiirara Eijpaü [iiv yjj, ä-fpoü 51 ttwp ... TiSquSa 61 iypoB 
ctö|t« üScop, £>jpoB St -fTJv (IV, 4. 6. 382, a, 8. b, 8); und da nun du Trockene 
und Feuchte all die leidentlichen oder stofflichen Eigenschaften betrachtet 
werden (s, o. 386, 3), so aollen Erde und Wasser der Stoff aller Korper »eis. 
Das Feuer umgekehrt wird als das Element beaeiehnet, welche« vorsogsweiM 
auf der Seite der Form stehe (gen. et corr. I, 8. 336, a, B ff.), wie > tWhaupt 
das Umfassende, auch unter den Elementen, eich mm llmfassten verhalten soll, 
wie die Form inm Stoffe (De ooelo IV, 4. 81!, a, 11); Ähnlich wird dem War- 
men mehr Wesenheit beigelegt, ab dem Kalten, denn Jene* enthalte eine Be- 
jahung, dieses eine Verneinung, jenes ein Sein, dieses ein Nichtsein (gen. et 
corr. I, 3. 318, b, 14). 
3) S. o. 8. 886, 1. 
4) den. et oow. U, 3. «», b. It. 0. 7 o, a. 8t; s, O. S. SU ff. 
i „Google 
RloÄente. ' tä9 
merrte a»l dm beiden wesenthchen Eigenschaften eines jeden einen 
Gegensatz bilden, als wenn sie eine gemein haben und nur mit 
der andern sich entgegengesetzt sind; denn im ersten Fall üjt 
durch die Veränderang Einer Eigenschaft in den einen der Ue- 
hergang in das andere vollbracht, während im andern dadurch 
zunächst nur das zwischen beiden in der Mitte stehende Element 
entsteht, welches nun erst wieder durch eine zweite Verände- 
rung in jenes umgewandelt werden mnss. Wird a. B. die Kille 
des Wassers aufgehoben, so entsteht Luft, und erst wenn auch 
noch die der Luft und dam Wasser gemeinsame Feuchtigkeit auf- 
gehoben ist, Feuer; wird die Feuchtigkeit des Wassers aufge- 
hoben, so entsteht Erde, dank aus dieser Feuer werde, mnss auch 
noch die der Erde and dem Wasser gemeinsame Kalte aufgehoben 
werden. Es gehen mithin diejenigen Elemente, welche in vollstän- 
digem Gegensatz stehen, nur mittelbar, die, welche in unvollständigem, 
Himittelbar in einander aber: das Feuer unmittelbar in Luft oder 
Erde, mittelbar in Wasser, die Luft unmittelbar in Feuer oder 
Wasser, mittelbar in Erde, das Wasser unmittelbar in Luft oder 
Erde, mittelbar in Feier, die Erde unmittelbar in Wasser oder 
Feuer, mittelbar in Luft 0- Alle Elemente bilden so, wie diese schon 
HeraklH and dann Plato gelehrt hatte *}) insammen Ein Ganzes, 
Einen in sich geschlossenen Kreis de» Werdens und Vergehens 8 ), 
dessen Theile sich unaufhörlich aus einer Grundform in die andere 
umsetzen , aber in dieser rastlosen Veränderang das Gesetz ihres 
Wechsels unerschütterlich festballen, bei beständiger Umwandlung 
des Stoffes die gleichen Formen und Hassenverhaltoisse behaupten *). 
1) Gen. et oorr. IT, i. 
2) Vgl. Bd. I, 472. Bd. H, Abth. 1, 617 £ 
S) den. et corr. ». a, 0. 881, b, 2: &ns fanphi öti hiJsXbj te &usi J] y&t- 
ui( -tfts öttXtff; 'oibuaai n. «. w. ■ 
4) Meteor. II, 8. 867, b, 27: es fragt lieb, wfrcspov %<& Jj Öilarr« all 8is- 
|iAe Twv oütüv oäoa jMptuv opiöfuü, Jj t™ s'Ssi neu tfy rcnoG [utapaXXävTwv iß 
Ttöv [Upwv, xaSoiEEp äJ)p xa\ -.'o reinp-ov G&up xat tb u5p. ml -jip SXXo xat älio -jl- 
wcai toJtuiv (xaorov, t'o S' iläoj toD jtX-ijflou; (xiirtou toJtoiv ^liva, xaBfatip tq tüv 
ftivrojv iäÄTioy *ol Tii iSjj (pXoyo( fsü}j.a. (pavtpiw Sj] tdCtd x«l jilBotov, «)( «SiivaTOv 
pi) -cbv airäv iTvtti m(A nivciuv toiItdiv 1<5 ■» ov , xal Biaipipiiv T«jr;uTiJTi x:A ßpaSutijTt 
Tiji tunßoXiJc Wl Tiivriuv te {sollte nieht dafür 51 in losen iein?) xtü isQopiv tTvit 
xal ftWni, TaJo)v |Uvtoi Ttr«Y^«il ouii^aivtiv iraaiv aito'c. 858, b, 29: gute asl 
w «St« (itfi] Biojitoi, »5ti p)i oBu ÜaXiroit,, ölii juWov £ tc«( ÖptO(. xsl -|-ap xa\ 
22* 
loogle 
340 Ariitotsl««. 
Schon ans dielen Saiten über die Natar der Korper folgt tun, 
da» es nur Eine Welt geben kann. Denn da jeder Körper seinen 
natürlichen Ort bat, nnd da eben darin sein Wesen bestellt, so 
müssen alle Körper, sobald Sie nickt mit Gewalt verbindert werden, 
sich an diese ihre natürlichen Orte bewegen, die Erde in die Hüte, 
der Aether in den Umkreis, die übrigen Elemente in den Rann 
zwischen beiden. Es ist also unmöglich, dass es mehr als Eine 
Brd-Wasser-Luft-Feuer- nnd Aetberregion (rieht; also auch un- 
möglich, dass es nasser der Einen, in der wir sind, noch eine Welt 
giebt. Denn auch daran, dass ein Körper gewaltsam an einem Ort 
ausser ihr zurückgeballen werde, ist schon dessfaalb nicht zu den- 
ken , weil dieser Ort dann doch der natürliche Ort eines andern 
Körpers sein müssle: wenn alle Körper in dieser Einen Welt ihren 
Ort haben , so kann ausser derselben kein Körper, und somit auch 
kein Ranm sein , denn ein Raum ist nur das, worin ein Körper 
ist oder sein kann ')• Das Gleiche ergiebt sich aber auch noch 
von einer andern Seite. Mehrere Welten würden mehrere erste 
Beweger voraussetzen, welche der Art nach gleich sein mtssten, 
und sich also nur durch ihren Stoff unterscheiden könnten. ■ Das 
erste Bewegende aber hat keinen Stoff an. sich, es ist überhaupt 
nur Eines. Nothwendig muse es dann aber auch die Welt sein, 
welche ihre stetige und ewige Bewegung von ihm erhält *). 
Wendet man aber ein, der Begriff der Welt müsse sich, wie 
jeder Begriff, in mehreren Einzelwesen darstellen, so antwortet 
unser Philosoph: diess wäre nur dann richtig, wenn es ausser 
der Einen Welt noch einen Stoff gäbe , in welchem dieser Be- 
griff sich verwirklichen könnte; da sie alten Stoff in sich be- 
greife, sei sie nothwendig einzig in ihrer Art, wenn auch immer 
noch zwischen ihrem Begriff und dieser bestimmten Erscheinung 
desselben za unterscheiden sei'). So wenig es daher jetzt mehrere 
JttpL -|TJ! S]JL0lh)( lil fijtoXaßflv " ta jilv yip tWpxntu to Bi K&iv ouvxiTajiaivEi xil 
to'j; T&»vf au[J.[UTOß&UEt t£ t' äitirtoXitovra noi vi xotTidvn jküiv. Vgl. M«n 
Bd. 1,464, 1.8". 472,5. 
1) De coelo I, 8. c. 9. 878, b, 21 ff. 279, a, 11. 
2) Dieser metaphysische Beweis, Da coelo I, 8. 277, b, 9 in Aussicht ge- 
»tellt , wird Metaph. XII, 8. 1074, a, 31 ff. geführt; vgl- auch S. 271 f. und 
über den Stoff als Grund der Vielheit 8. 257 f. 
3) De coelo I, 9 vgl. 150, i. 
i „Google 
Einheit u. Gestalt d. Walt 341 
Weiten gebe, so wenig könne dies« in Zukunft der Fall seih 
oder irgend einmal der Fall gewesen sein: diese unsere Welt 
sei eins nnd einzig nid vollkommen ')• 
Durch die Natur der fünf einfachen Körper ist auch die Ge- 
stalt des Weltgebäudes bestimmt. Da einem derselben die kreis- 
förmige, den übrigen die geradlinige Bewegung eigentümlich ist, 
so scheiden sich zunächst die obenberührten zwei Hanplgebiete, 
dasjenige, in welchem die Kreisbewegung, and das, in welchen 
die entgegengesetzten Bewegungen nach unten und nach oben 
herrschen, das, welches vom Aether, nnd das, welches von den 
vier Elementen erfüllt ist. In jedem von beiden werden sich fer- 
ner die Stoffe kugelförmig um und über einander lagern. Denn 
da die gleichartigen Stoffe gleichmässig ihren natürlichen Orten zu- 
streben, diese aber durch ihre Entfernung vom Mittelpunkt .der 
Welt bestimmt sind, müssen sieb die Stoffe jeder Art in einer nach 
allen Seiten hin gleichen Entfernung vom Mittelpunkt, also kegel- 
förmig, zusammenballen. In der Mitte des Ganzen liegt demnach als 
Vollkngel die Erde *)> ihrem Umfang nach ein verhältnissmässig 
kleiner Tbeil der Welt 3 ); dass sie hier ruht, folgt theils aus der 
1) A. a. 0. 279, a, 9: &ot' oüt» vEv cMl icXctov« oipnyoi oBt' i^ttwrn oüt' 
IvStymu -ftvirflsu icXttouf «XX ' eT; xttt (idvof xoi xikaoi nStot oflpavtJt iaiiv. Ebd. 
I, 1, Sohl.: die einlernen Körper sind endlich; th 51 r.av oä ta&r« pjipia tüUw« 
ävByxaiov ätn xai xifltep Toüvopa. srj[i.«ivtt , jiivtij, xak |iii tJ( p-lv li] 5' ou. 
3) Ihre Kngolgeatalt beweist Aristoteles De coelo II, 14. 297, e, 6 ff. 
ausser dem im Text angefahrten Grunde anch aas der Gestalt des Erdsohat- 
tens bei Mondsfinsternissen , der Verschiedenheit der im Süden lind im Norden 
wahrnehmbaren Sterne nnd der (auch schon 396, b, 18 berührten) Thataaoha, 
daas frei fallende Körper sich sieht in parallelen Linien , sondern nnr unter 
gleichen Winkeln gegen die Eide bewegen. 
8) Für diese Usbeneugnng bernft «ich Aristoteles Meteor. I, 3. 899, b, 6. 
840, a,6 im Allgemeinen auf die ampaXo-j-txi Oiupijpata, De coelo s. a. 0. 
397, b, SOff. führt er dafür an, das* schon hei einer massigen Entfernung nach 
Nord oder Bfld ein Theil der Ober dem Horiaont siebtbaren Sterne wechsle. 
Er bemerkt hier, Mathematiker berechnen den Umfang der Erde auf 400,000 
Stadien (10,000 geogr. Heilen, also immer noch fast um die Hälfte iu riel), 
wie im Terhtltniss inr Grösse der Himmelikorper nicht viel[hsissen «rolle; die 
Vermnthnng (welche spitor für die Entdeckung dee Columbus so wichtig 
wurde), dass der indbohe und der atlantische Ocean Ein Heer sei, habe Man- 
ches für lieh. 
JigilizBdby G00gle 
342 * Aristoteles. 
Natur ihres Stoffes '), theils ins ibnr Stoütmg im Wettgannen *), 
therls wird es «nefc durch die Beobachtung bestätigt *). Die Heh- 
langen der Erdfläche füllt des Wasser aas, dessen Oberfache 
gleichfalls kugelförmig ist*); um Wasser nnd Erde ist als hohle Kugel 
der Luftkreis and um ihn der Fenerkreis gelagert; diese beiden 
msat aber Aristoteles nicht selten auch wieder zusammen, indem er 
bemerkt: das, was man gewöhnlich Luft nenne, besteh« theils am 
feuchten theils aus trockenen Dünsten, von denen sich die entern 
ans der Erde, die anderen aus dem Wasser und der in der Erde be- 
findlichen Feuchtigkeit bilden; die trockenen nun steigen in die 
Hohe, die feuchten sinken als schwerer herab, jene erfüllen dm 
oberen, diese den unteren Thoil der Atmosphäre *)• 
1) De coelo II, 14 bukimpft Ana totales die Annahme einer Erdbewegung, 
sowohl in der Gestalt, welche sie bei Philolaua (s. Bd. I, 306 f. 3 1 1), als in der, 
welche sie bei Hioetas, Ekphantne and HerakHdes (Bd. I, 862. Bd. II, Ablb. 1, 
8. 887) hatte. Sein Hauptgrund ist der (29«, a, 27. b, 6. 25), daw eine Kreis- 
bewegung der Erde der Natur dieses Element! widerspreche, Tonnage der ihn 
die geradlinige Bewegung gegen die Mitte eigentümlich sei, das* sie aber, ui 
demselben Grunde sich überhaupt nicht bewegen kenne; denn wenn die natür- 
liche Richtung ihrer Bewegung gegen die Mitte hin gehe, so kenne die Bewe- 
gung von der Mitte weg keinem ihrer Thelle, nnd somit auch dem Genies 
nicht naturgamaes sein ; wie ja überhaupt jeder Körper an dem Orte in Bah« 
kommen raus« , sn dam seine natürliche Bewegung hingeht. 
3) Weil nämlich die Kreisbewegung der Welt einen ruhenden Mittelpunkt 
Torauasetse, den sieb nun aber Aristoteles als Körper denkt; s. o. 884, 4, 
3) In dieser Beziehung wird a. a. O. geltend gemacht: daas sehwere Kör- 
per, in gerader Linie aufwärts geworfen, auf ihren Ausgangspunkt eurttckfalien 
(196, b, 26 ff.), nnd dass sich die astronomischen Erscheinungen anter der 
Voraussetsung des Ruhens der Erde befriedigend erklären (207, a, 2), wahrend 
im entgegengesetzten Fall sieb Unregelmässigkeiten ergeben mßaaten, die Ge- 
stirne a. B. nicht immer an denselben Orten auf- nnd untergehen konnten 
(39S, a, 34 ff.). Die Bewegung der Erde, welche Anal, post IL. 1. 89, b, 86 er- 
wlbst wird , besieht sieb auf die Erdbeben, 
4) Der Beweis dafür De coelo IL 4. 287, b, 1 ff. lautet so: da das Wasser 
immer in den Vertiefungen ausammenriünt, tiefer aber dae ist, was dem Mittel- 
punkt nther ist, so muas das Wasser so lange in die Tiefe laufen, bis alle Tie- 
fen ausgeglichen sind, d. h. bis seine Oberfläche an allen Punkten gleich weit 
vom Mittelpunkt entfernt ist. Der eigentümliche Ort des Wassers ist der 
Raum, welchen daa Meer einnimmt. Meteor. 11,2. 365, e, 35. b, 16. 356, a, 33. 
5) Meteor. 1, 3. 340, b, 19 ff. 841, a, 3. c. 4. 341, b, 6 — 2B TgL L 1. 
844, b, 8. 0.8. 3*6, b, 32. 11,2. 354, b, i ff. De coelo 11,4. 287, e, 30; über 
den Unterschied der trockenes und feuchten Dünste (jene ä 
ßeatalt d. Welt. 9^3 
Scfcw die Kugelgestalt der unteren Weh bringt es un net 
sieb, den «ach der Himmel die gleiche Gestalt hat, der jene um- 
giebt und sich es ihrer ganien Grenze mit ihr berührt ] ); auch m 
«ich seihst aber kann man ihn keine andere zuschreibe» 0, weil 
diese die erste and vollkeminenste körperliche Figur ist, und 
dessfailb dem ersten Körper zukommen muss; weil ferner nur diese 
Figur sich innerhalb des Baums drehen kann, den sie selbst ein- 
nimmt s ), ausser dem Himmel aber kein Raum ist; weil endlieh 
die Bewegung des Himmels, als das HaaBS aller Buweguug, die 
schnellste sein muss, die schnellste aber die ist, welche den kür- 
zesten Weg bat, und der kürzeste Weg von Demselben au Dem- 
selben der Kreis ist *). Und je feiner und gleich massiger nun sein 
Stoff ist, um so vollkommener wird auch die Kugelgestalt des Him- 
mels sein müssen 6 ); wie sich ja ohnedem in dem vollkommensten 
KMtvb«, diese itu.'lt genannt) auch Meteor. II, 4. 359, b, 28. BGO, a, 21. III, 6. 
878, a, 18. 
1) De ooelo II, 4. 287, a, 30 ff. Die durchgängige Berührung de« Him- 
mel« mit der Feueraphire folgt schon w der Unmöglichkeit de» leeren Kaum 
(oben 8. MO f.). 
S) Das Folgende nach Da ooelo II, 4. 
3) A. a. O. 387, a, II. Dieser Bat* ilt freilieh auftaUend, denn wie sehen 
Alu. b. Sinei,, b. i. 8t. Sohol. 49B, b, 23 einwendet: eine gaue Reihe kör- 
perlicher Figuren tbeilt diese Eigenschaft mit der Kugel (alla diejenigen 
nämlich, welche durch die Drehung einer ebenen Figur entstehen, hei denen 
daher jade auf ihrer Achte senkrecht aufstehende Durchschnittsßäche omni 
Kreis bildet, dessen Mittelpunkt anf jener liegt). Simpliciua hilft sich doai- 
halb mit der Bemerkung: bei allen andern treffe dies» nur unter der Vor- 
aaeaetaung einer bestimmten Drehungsachse in, von der Kugel dagegen gelte 
ea für jede beliebige Achse ; was bei einer so spielenden Beweisführung immer- 
hin genägon mag. 
4) D. b. wohl, wie Simpl. *, d. St. erklärt: von allen Linien, welche an 
.ihrem Anfanganaakt lurtLokkebren und somit einen Banm eineehlietaeu, ist 
die Kr"W iw ?« die kürzeste, sofern tob allen gleich grossen Flächen der Kreis, 
Ton allen gleich grossen Kornern die Kngel den kleinsten Umfang bat — 
Aach mit dieser, Kelün terung ist freilich der Beweis schief. Man siebt deutlich : 
die Kugelgestalt de* Weltganien steht Aristoteles aus der Anschauung vorhat 
fest, die Gründe dafür sind nur nachträgliche Nachhalfen. 
Ö) A. a. O. 387, b, 14: Bii uiv o5v uotupoiiSifc «omi & x&ruot SijAov ix wi- 
t«v , xol Sri xsr ' iapf psiav tvropvos oStetc ück u>]8tv |iiJts xi'.p<3x(iipov iyivt jtap*- 
wlnai*>t ui|t' äXlo uaiBt* tu» icap' *,|d* ti eeSaXuol« ? suvojuVtun, da kein irdischer 
Kflrpar eo geeignet sei, eine durchaus gleiehmlssige und genaue Form ausn- 
JignizBdby Google 
344 Ariitotelei. 
Körper der Stoff der Form vollständig fügen muss, t*d wie es 
durch alle die Gründe gefordert ist, welche überhaupt diese Gestalt 
für ihn verlangen *)• FBr ganz gleichartig jedoch werden wir 
anch den Himmel seiner stofflichen Beschaffenheit nach nickt hal- 
ten können; wie vielmehr die Notar nach Aristoteles alle Gegen- 
sätze durch allmfihlige Uebergänge in vermitteln pflegt, so liest er 
anch die Reinheit des Aethers, ans welchem der Himmel besteht, 
mit seiner Annäherung an die Erde and den Luftkreis abnehmen *). 
Wollen wir nun die Einriebtang des HimmelsgeUndes näher 
kennen lernen, so werden wir mit unserem Philosophen von der Be- 
obachtung ausgeben müssen ■). Alle Himmelskörper bewegen sich 
1) Anoh die kleinste Erhöhung oder Vertiefung an der 
dar Himmebkugel »Aide ja nach dem Obigen einen leeren Baum 
3) Meteor. I, S. 340, b, 6. Doch wird man hiebe! nicht an eine Ver- 
mischung mit eleraen tarischen Stoffen, welche ja in das Gebiet der kreisför- 
migen Bewegung nicht eindringen können, sondern nur an Unterschiede der 
Feinheit und Dichtigkeit denken dürfen. 
3) Schon Pluto hatte nach Eudemcs (b. Sihpl. De coelo, Schul, in Ar. 
498, a, 45) der Astronomie die Aufgabe gestellt : tivw» Sto-mOe intTiv £|iil5i ui 
■ttwrfjisvMv xivtjcwmi ftia»o)8jj li npi to; xmjmit -cüv jcIivuijifWv ycmdfuv«, und 
an dieser Fassung ihrer Aufgabe: Hypothesen au finden, welche die Ersdiei 
nungen erklären, hält die griechische Astronomie seitdem ebenso fett, wie» 
der (allerdings übereilten) Voraussetzung, das» die Bewegung der Gestirne u> 
lauter gleiohmlssigen Bewegungen au erklären sein müsse. Das ato^Enflai :i 
«taivo'tuva ist immer der höchste Maasstab für die Bicbtigkeit der Theorie. M 
Tgl., am nur einige Beispiele aneufAhren , wa* Ute Abth. S- 687, 5' and bei 
Böckh d. kosm.ßyet. d. Piaton 184 ff. ans und Aber Heraklides beigebracht in, 
was Aristoteles Metapfa. XII, 8. 1073, b, 36 Aber Kaiiippas äussert (tS 8' tym 
xeä tS e«Xi{vr|t Buo üero Ixi spotflitfas äiai aaalpa;, ts ^etivd^uva et giftXit ttt; in- 
Sr&cntv), was Bdipl. Pbys. 64, b, u. aas Obmikds mittheilt, was Derselbe De 
coelo, Sohol. in Ar. 47), a, 43. 498, a, 4S. 498, a, 7. 500, «, BÖ. 501, b, M. 
MS, b, 5 ff. 603, a, 28. 604, b, IS ff., mm Thefl nach Btmmnrs und Boeiaaav, 
Aber die alten Astronomen sagt. Kein anderer Gesichtspunkt ist es, von des 
auch Aristoteles Ausgeht. Er will diejenigen Bestimmungen aufstellen, welch 
Ton den Thataaohen gefordert werden, nnd wo diese nicht hinlänglich bekam« 
sind, oder nicht deutlich genug sprechen, beschaidet er sieh, keine TolUtls- 
dige Gewissheit und keine ausreich enden Beweise, sondern nur Wahraebebv 
Uohkeit geben in können. So sagt er MuUph, XII, 8. 1073, b, SS. 1074, a, 14, 
nachdem er schon 1078, a, 11 erklärt hat, die Untersuchung sei noch nicht ab 
geschlossen: Avayxxtov 8k el fiöXouoi duvn8sttiii( xöaai t« ftwipsn ÖKottüatn, 
xafl' ixgtemv töv nXentapAuov Iripas ofalpac fiiä 0.crtrov«f ihm a. s. f. ... m st> 
Weltgabtod«; Btarnaphtien. 345 
inscheinend jeden Tag in der Richtung von Ost nach West, sieben 
derselben aber l ) ausserdem noch in längeren Zeilräumen von sehr 
verschiedener Dauer in der entgegengesetzten Richtung von West 
nach Ost um die Erde. Dass dieseKÖrper Im Weltenraume frei schwe- 
ben könnten, ist ein Gedanke, welcher der damaligen Astronomie 
fremd war; man dachte sich jeden Stern in seiner Sphäre befestigt 
«od mnsBte demnach mindestens eben so viele himmlische Sphären 
annehmen, als man Gestirne von ungleicher Bewegung und Um- 
lanfszeit wahrnahm *). So auch Aristoteles. Sowohl die Sterne, 
o3v rclijGof tüv 9f aipüJy Ivtw toooütov ... t'd -fap jva-fnü'jv ätpsioGiu rot( itr/upo- 
rfpoK Wysiv. De eoelo II, 12. 293, a, 14: Ttep'i !J) toütiuv CiteTv uiv x«Xws s/ei xal 
ri]v bit icXitov aiivttrw, xi&sp [iixpä; i^ovtjc äfoppat n. a. w. c. 6. 267, b, 28: 
Allu Ergründen in wollen , acheint ein Beweis Tan grossem Unverstand oder 
grossem täfer. Indessen verdient diesen Bestreben nicht immer don gleichen 
Tadel: ea kommt darauf an, welchee seine Beweggründe aind, und wie fest 
man dabei von der Richtigkeit seiner Ansichten überzeugt ist, tt&Ufw ävSpcu- 
sinu( fl xaa TEpoHÖrtpov. nfir, piv o3v äxpißtoT^oit «viyxait St&v ti[ foitvXfi , TOTt 
fwi fytiv Set -tdtj iSptoxouoi, vüv 81 tb ftavo'|uvev p\]Täov. Vgl. anch S. 114, 1. S; 
ferner pari. an. 1, 6. 644, b, 81 : die Betrachtung daa Himmels bat unendlichen 
Biit, d tii xttta (iixpbv t^KumJutFJa, and über die Mo th wendigkeit, von der Be- 
obMbtnng »usiu gehen, ebd. c 1. 639, b, 7: särepo», xaflinEp o! [A«{h]fi.aTixo'[ ti 
es! t)]v irrpoXo-ffav GiixviSounv, oütoj SA xst tot puaubv tb (pKtvöfiEVa npüTov Ta 
«pl ti t§* fltwpjjoavra xa\ ti [Uprj ti jttpl Sta^ro», ?rai9' oEtio Xeye:v to Sta t! xoA 
tif ilTiaj , )l cÜkXax Jttof. (Dass sieh Aristoteles nur für die erste Hälfte dieses 
Dilemma entscheiden kann, liegt am Tage.) Arial, selbst bemühte sich nm 
möglichst umfassende Beobachtungen ; s.o. 41,3. 
1) Dann es handelt sich hier natürlich nur nm die den Alten bekannten, 
Ab iu an bewaffnete Auge sichtbaren Gestirne. 
ä) Unter den alteren Philosophen finden sich zwar manche , welche die 
Gestirne von der Luft oder dem Umschwung des Weltgangen getragen werden 
Itsien; so ausser Xenophan es und Heraklit, welche sie zu blossen Dunstmaascn 
machten, Anazagoraa und Demokrat, vielleicht auch Anazimenes, nnd in Be- 
treff der Planeten Empedoklea, wlhrend sich dieser die Fixsterne im Himmels - 
(wölbe befestigt dachte (s. Bd. I, 390 f. 474. 689, 8. 609, 4. 183. 684). Die 
at Segcngeaetate Meinung wird zuerst Anaximander, von Einigen auch Anmi- 
»om3 baigelegt (a. a. O. 170, 0. 1S3, 2) ; bestimmter lttsst sie sich bei Panne - 
sides (ebd. 410), und bei den Pythagoreern (ebd. 808, 1. Theo Astron. S. 212 
a,rt nachweisen, welchen Plato anch hierin folgt (Bd. II, Abth. I, 619 f. 
'gl 8, 491 f.) ; ebenso wird sie uns sogleich bei den bedeutendsten Astronomen 
fai aristotelischen Zeit, Eudoxus und Kallippus begegnen. Was sie diesen 
"npfeUen musste, war xiinSchst schon die Schwierigkeit, welche es für sie 
aatta, sieh die Gestirne frei schwebend an danken; denn von allgemeiner Gra- 
Titation hatte jene Zeit bekaontllcb noch keine Ahnung. Zugleich schien aber 
loogle 
346 AiUtauUi. 
sagt er *), *b der |WH Himmel, scheine« rieh zu bewegen, und 
da die Erde ruht, läset sich diese Erscheinung nur ans einer wirk- 
lichen Bewegnag des Himmels oder der Sterne oder beider ablei- 
ten. Dass aber beide sich bewegen, ist nicht denkbar; denn wie 
sollte man es sich in diesem Fall erklären, dass die Geschwindig- 
keit der Gestirne mit der ihrer Kreise immer gleichen Schritt hielte? 
Eine ausnahmslos regelmassige Erscheinung kann man doch nicht 
von zufälligem Zusammentreffen herleiten. Aehnlich verhält es sich 
mit der Annahme, dass nur die Sterne sieb bewegen, ihre Kreise 
dagegen ruhen: auch in diesem Fall müsste die Geschwindigkeit der 
Gestirne der Grösse ihrer Kreise entsprechen, während doch zwi- 
schen beiden kein wirklicher Zusammenhang stattfände. Es bleibt 
also nur übrig, dass nur die Kreise sich bewegen, die Gestirne da- 
gegen in ihnen befestigt ruhen und von ihnen getragen werden *). 
Bei dieser Annahme begreift es sich vollkommen, dass von den con- 
cenlrischen Kreisen die grösseren sich schneller bewegen. Dieselbe 
ist aber auch schon desshaib nothwendig, weit die Gestirne bei 
ihrer kugelförmigen Gestalt *) um sich au bewegen sich entweder 
auch die .Bewegung derselben dies« Annahme tu verlangen. Denn wenn die 
Fixsterne bei ihrem tSgliohen Umlauf um die Erde eine und dieselbe Bewe- 
gung zeigten, so war es allerdings weit natürlicher, diese der ginnen Fisatern- 
sphärc, als den einseinen Sternen beizulegen; wenn andererseits die Planeten 
neben dem eigenen Umlauf in der Sichtung von West nach Ost sugleich dem 
taglichen des Fixsterabimmels von Ost noch West folgen, so schien eich diesi 
nur durch die Voraussetzung erklären so lassen, doia die Kreise selbst, auf 
denen sie sich von West nach Ost bewegen, an den tob Ost nach West um- 
schwingenden Fixsternhimmel befestigt seien, in welchem Falle nie aber nicht 
mathematische, sondern körperliche Kreise oder Kugeln sein mossten. 
1) De coelo II, 8. Ich theile diese Beweisführung auch desshaib etwas 
ausführlicher mit, weil sie deutlich zeigt, wie Arist. die Hauptsache, daa Da- 
sein verschiedener SternaphSren, immer schon Toraussetst. 
3) Taut jilv xdxXouc Ki&vOm ts 6i äorpa fy([idv (d. fa. sie haben keine 
eigene Bewegung innerhalb ihrer Kreise , sondern bewegen sich nur mit ihnen) 
■tu evfeSEpiva to"; xu*Xoi4 o^peaB» 289, b, 32. 
3) Dass ihnen diese zukommen, wird a. ». O. o. 11 theile aus der Gestalt 
des Mondes in seinen verschiedenen Phasen, theils auch mit dem teleologischen 
Grunde bewiesen, in welchem einer der oben angeführten umgekehrt wird: da 
die Natur nichts ohne Grand thue, werde sie den Gestirnen, die keines Bewe- 
gungsorgan* bedürfen, die Gestalt gegeben haben, der ein solches schlechthin 
fehle, die runde. 
i „Google 
Weltgeb»ade; »tetnsphireu. 347 
drehen oder anmuten m-sstra. Durch blosse Drehung kamen sie 
aber nicht rvn der Stell« *)» dass sie sich nicht umwälzen, beweist 
der Mond, welcher nns immer die gleiche Seite zukehrt. Und sie 
heben ja auch die Gestalt, welche von allen am Wenigsten für eine 
fortschreitende Bewegung gemacht ist , da sie ohne jedes Bewe- 
gungsergan sind; offenbar weil sie die Natur zu keiner solchen Be- 
wegung bestimmt bat *'j. Nur die Sphären mithin bewegen sieb, 
und die Gestirne nur mit ihren Sphären 8 ). 
Um nun die Bewegung der Himmelskörper unter dieser Vor- 
aussetzung an erklären, nahm die damalige Astronomie an, dass 
sich jede Sphäre mit vollkommen gletchmässiger Geschwindigkeit 
nach einer bestimmten Richtung um ihre eigene Achse drehe; so- 
fern daher die Bewegungen einzelner Gestirne von der reinen Kreis- 
linie abweichen oder ungleichmässig fortschreiten, betrachtete sie 
dieselben als zusammengesetzte Bewegungen, welche in reine und 
gleichmässige Kreisbewegungen aufzulösen seien, und sie forderte 
liemgeroäss für jeden Stern so viele Sphären, als sie zur Erklärung 
seiner scheinbaren Bewegung reine Kreisbewegungen nöthig fand. 
Diese, Annahmen mussteu sich unserem Philosophen um so mehr 
empfehlen, da auch er nicht bezweifelt, dass den himmlischen Sphä- 
ren und dem Stoffe, aus dem sie bestehen, nur jene Kreisbewegung 
zukomme, für welche die sinnliche Anschauung zunächst spricht, 
und da die Sphären innerhalb der Weltkugel, in der schlechthin 
kein Leeres sein soll, auch zu keiner andern den Baum haben *). 
1) Und überdies«, fügt Artet, bei, acheint uns auuh nur die Bonns beim 
Auf- and Untergang sich in drehen, tu aber ebenso, wie das zwitschernde 
Lieht der Fixsterne, optische Tlusohnng ist. 
I) Tgl. bieaa lau Abth. 619, 1. 
3) Noch einen weiteren Grund giebt Arist. c.9, Schi-, in der Widerlegung 
der Lehre von der Sphlrenlutrmoirie (die wir Übergehen können) an, dass näm- 
lich die Steine bei freier Bewegung ein ungeheures Getöse erzeugen wurden. 
4} M. Tgl. was 8. 848 aber die Bewegung des Himmels, and 3. 339 f. 
Sber die Kreisbewegung des ersten Körpers bemerkt winde. Das« die Bewe- 
gung der Sphären eine durchaus gleiehmsoaige sein müsse, ist die allgemeine 
Vorauisatsung der alten Astronomie, welche namentlich auf Plato zurtickge- 
flUut wird (a. o. 344, 3 und daa nuten Über Eudozus nud Kallippua Anzufüh- 
rende); Aristoteles sacht diese Annahme De ooelo II, 6 EunUtshat in Betreff 
des xpünot o&pavbt, der FixatemaphlLre , zu begründen. Steigerung und 
Verringerung der Geschwindigkeit, behauptet er, könne nu bei einer llewo 
i „Google 
348 Aristoteles. 
Er verbindet aber mit denselben seine eigestbantioke Lahra äher 
die Bewegung. Wie jede Bewegung auf der Berührung eines Be- 
weglichen mit einem Bewegenden beruht , so wird diess auch von 
der Bewegung der Sphären gehen müssen ; nnd da nvn Em Bewe- 
gendes in demselben Stoffe immer nttr einerlei Bewegung erzeugen 
kann '). da ferner jede Bewegung in letzter Beziehung von einem 
unbewegten , und jede anfangslose Bewegung von einem ewigen 
Bewegenden ausgeben muss *), so müssen wir als Ursache der 
Sphärenbewegungen so viele ewige und unbewegte Substanzen 
voraussetzen, als bewegte Sphären zur Erklärung der Erscheinun- 
gen nöthig sind *); die himmlischen Körper sind nicht todte Hassen, 
guiig stattfinden , die Anfang, Hitte und Ende habe, nicht bei einer aiifsnga- 
und endlosen Kreisbewegung; eine ungleiehmassige Bewegung setze eine Ver- 
Anderung des Bewegten oder des Bewegenden oder beider voraus, woran beim 
Bimmel nicht iu denken sei; dm dieTheile des (o berat««) Himmels sich nicht 
ungleich bewegen, zeige die Beobachtung, vom Himmel im Ganzen lasse sich 
diess aber auch nicht annehmen, denn eine ungleich mänaige Bewegung sei nur, 
wo Ab- nnd Zunahme der Kraft sei, jede Abnahme der Kraft (äSuvofxfa) aber 
Bei ein naturwidriger Zustand, wie er dem Himmel nicht zukommen könne 
u. a. w. Alle diese Gründe passen auf die Planetensphlren, sofern wir jede der- 
selben für eich in ihrer eigenth (unlieben Bewegung betrachten, und von den 
Einfluaa der Sphären auf einander absehen, so gut, wie auf den ersten Himmel, 
und Aristoteles will sieb a. a. O, 288, a, 14 auch nur dessbalb auf diesen bc 
schränken, weil die Bewegungen der unteren Sphären neben ihrer eigenen aus 
denen der höheren susammengeseUt seien. Was aber in Betreff der Planeten- 
bewegnng das allein Richtige ist, eine wechselnde Beschleunigung und Ver- 
zögerung derselben: toStc ii navnXüf äXo-fov xai nXaaujrrt Sjaoujv. 4. a. 0. 
289, a, 4. 
1) Phys. VIII, 6. 269, a, 18 (s. o. 274, 3): jila 8' [i xiwjcmj st ff ' bot m 
toü xivoüvtq; xai svbc roQ kivouusvou. 
8) Vgl 8. »Tl. 
S) Nachdem Aristoteles Metaph. XII, 7 die Notwendigkeit einer ewigen 
und unkörperlich eD. Ursache der Bewegung nachgewiesen hat, wirft er e. 8 die 
Frage auf: jtfrnpov jj.(kv flrrfov tj]v ™etii-npi otfefav 5) nXsCouf , xat tpSos; ; und er 
antwortet 1073, a, 26: ir.z\ 8i -ro xivoiSiievov ävsfxi) tot ""vo? xrrfEsfai, xaS tb xprö- 
tqv KtvoQv äxiwiTW cN«i xa9' oSto, xit ri)v ifätoy /!vjj<nv fijuö ö'tSiou xtvttaOw xa'i -ri[v 
jiiav 5p' Evb(, SptäuEv 81 isapi t)|v iqj navrbf rfjv ömlilv fapavijv *t>Mni faubtV 
TcpuTfjv ouoisv xal axbirrav, äXXaj ipopij oäaat ta( tüv iiXavijtiiiv £ie^ouf . . . dvttpnj 
■i\ TQtiTiuv ix&arrp tiüv ipopöiv an' bx:vi{tou Vi xivtffoÖai *»8" niib xtö aiSüju oM*(. 
^ iE *fip TtüV äorpwv fpüoij äfSioj oiJaia ti( oloa, xai rb xrvouv Sttiov xi't jtpirepu» 
toC xivoujiftou, xA Bb n pfapW ciiJb(«( oWav iyarjwrtov ehw. (pavtpöv möw 5fl to- 
Weltgeblnde; Btaraspharen. 349" 
»Odern lebendige Wesen 1 ): so viele ihrer sind, so viele Seelen 
müssen es sein, die ihren Bewegungen vorstehen. Das Himmelsge- 
bande bildet demnach ein System ooncentrischer Hohlkogeln oder 
Sphären, die ohne leere Zwischenräume *) in einander geschach- 
telt sind. Den Mittelpunkt dieses Systems nennen wir das Unten, 
den Umkreis das Oben; die äusseren Sphären sind daher die oberen, 
die inneren die unteren, und jeder Ort im Räume liegt um so tiefer 
oder höher, je nachdem er dem Mittelpunkt näher oder ferner ist a ); 
nur abgeleiteterweise, mit Beziehung auf die Bewegung der Sphären, 
kann das Oben und Unten auch an entgegengesetzte Punkte des Um- 
kreises verlegt, und im Zusammenhang damit von einer rechten 
und linken, einer vorderen und hinteren Seile der Welt gesprochen 
werden; in diesem Fall ist vom Standpunkt der Fixsternsphäre ans 
die südliche, vom Standpunkt der Planetensphäre die nördliche 
Hälfte der Weltkugel als die obere zu bezeichnen *)• Jede Sphäre 
miJto? n wkrin; ävByxiiiov tfvai tijv tt fiirttv läUout xa'i ixLWJTOU( xaft' «Slif *al 
heu ivrflouc. 
1) Da eoelo n, 12. 292, a, 18 (vgl. b, 1): «XX' fyifli u< wp\ atDjjjrraiv euküv 
uAwv xa'i |iava8uv Tifiv jjiv ifirtan äijidvaw 6k Jtiftstav GtavooiI|uSa' Sei S' w; [aeTi- 
(övtwv IntoX*[ipiii[v Trpi^Eui; xat £iuvji. Du Subjekt für afcüv , welches im Vor- 
hergehenden nicht bestimmt bezeichnet int, können nicht die einzelnen Ge- 
stirne, sondern nur die Sphären «ein, denn nach Metaph. XII, 8. 1074, «, IT ff. 
nimmt Aristoteles durchaus nur so viele ewige W es tsnh ei ton an, als es Schüren 
»inj. Nnr die Sphären, nicht die Gestirns als solche, sind mithin beseelt, wie 
»achsie allein sich bewegen; denn sn ihnen verhall sieh der sie bewegende- 
Geist nicht anders, als die Seele des Menschen zn ihrem Leibe, den sie ja 
gfoicUaUj bewegt, ohne dass sie selbst bewegt würde. De coelo II, 2. 285,«, 28: 
ö 8' «jpov»* t|mjiu](o; n'i iysi xrofote« ipx>fv. Dasselbe 28«, b, 32. Vgl, part. an. 
1, 1- 641, b, 16 ff. 
2) Ein Leeres giebt ob ja überhaupt nicht (s. o. 300 f.). Aristoteles setzt 
daher ai cht allein von den Gestirn Sphären , sondern auch von der untersten 
unter diesen und der Fsnerregion voraus , dass sie sich unmittelbar berühren ; 
Meteor. 1,8. MO, b, 1« ff. 84t, a, 3 ff. De coelo II, 4. 267, a, 6 ff. 
8) Vgl. 8. 330. 883. Phys. III, 5. 306, b, 30 ff. De coelo I, 6, Anf. II, 4. 
ä87, s, 8 n. a. St. 
4) M. a. hierüber De ooelo II, 2 (vgL Phys. a. a. 0.) nebst der lichtvollen 
Erläuterung bei Bocks d. kosm. Syst d. Piaton S. 113 ff. Die genannten Un- 
terschiede beliehen sich nach dieser Stelle wesentlich auf die Bewegung, and 
kommen desshalh im eigentlichen Sinn nnr dem, was sioh selbst bewegt, dem 
Lebendigen so; bei ihm ist das Oben (386, a, 28) ib SBtv Jj xhn)crif , das Rechts, 
"is'ol, das Vordere TÖ-ty o i] *(vi)o»t. (VgL ingr. an. e.4. 706, b, 18 ff.) Denkt, 
sy Google 
btt ihre eiirenthümHche Bewegung-, welche ihr tob den ihr ver- 
stehenden unkörperiichen Wesen mUgetneilt wird; dieselbe besteht 
man sich nun die Weh, welche js nsoh dem Obigen gleicbf«)!» ein lebendig«) 
Wesen ist, nach dieser Analogie, io wird für den npÜTOf oflpavo; die rechte 
Seite dtejenige nein , von welcher Beine Bewegung umgeht, also die östliche. 
Diese Bewegung soll nun aber (285, b, 19), wie schon bei Plato («. lato Abts. 
6!0, 2). eine nach Rechts fortschreitende Kreisbewegung «ein, d.i. eine solcht, 
wie sie sich ergieht, wenn i, B, in einer kreisförmig gebildeten Keine von Men- 
schen irgend etwas (wie beim Bechtsumtrinben oder Rechtsum reden bei Tische 
Plato Symp. ITT, D. 214, B. C. 222, £. 223, C) von Jedem seinem Nachbar 
rechts angeschoben wird: der ftpüroc odpsvbc wird (285, «,31 ff.), so vorgestellt, 
als stftnue er in der Hlmmelskngel in der Sichtung ihrer Achse, den einen ihrer 
Pole mit dem Kopf, den andern mit den Füssen beröhreud, and gib« nun der 
Kugel an einem Punkt ihres Aequators mjt dar rechten Hand den An» ton« an 
einer seitlichen Drehung. Die einsog natürliche Richtung dieser Bewegung 
wird die sein, bei welcher sich der Punkt der Peripherie, an dem der An« tou 
erfolgt ist, vor dem in der Drehungsachse Stehenden vorne vorbei, nicht hinter 
ihm her, dreht, bei welcher also die Bewegung von der rechten Seite nach 
vorne und von da nach links geht. Dieas findet aber bei der Bewegung der 
Fixstern aphBre nur dann statt, wenn der Kopf des in ihr Stehenden im Südpol 
ist, wogegen et sich mit den Planetensphajien, die eich von West nach Ost be- 
wegen, umgekehrt verh<. Aristoteles sagt desehalb, unsere Antipoden seien 
in der oberen Halbkugel der Welt, welche er euch ihre rechte Seite nennt 
(diess aber offenbar von einem andern, als dem eben geschilderten Standpunkt 
aus), wir auf der unter □ und linken, wogegen von den Planetenbahnen wir der 
oberen und rechten, sie der unteren und linken Sehe angehären. Dabei deutet 
er swar an, daes man in Beziehung auf das Weitgenie eigentlich nicht von 
einem Rechts und Links sprechen kitune (*. a. 0. 384, b, 6 — 18: &cstB)| W 
■aili siaiv oT f oaiv iTval ti SeEtöv nai äpimpev tou e&psrfoü . . . tbcsp fisi xpog&iran 
■tih tou notvTa; tiüjabti rsilTi^ in; &QX&i ■ ■ • *' 6«. 8ß mu tqi oiipovü rcpoiinTtiv a 
tüv «loütojvj ; aber Pbys. III, 6. 205, b, 38 sagt er doch, die Unterschiede det 
Oben und Unten, Vom und Hinten, Rechts und Links seien oi p&vav xpec iffäl 
■KBt fle'oti, iXXi xat iv *ut<ü tu GXu vorhanden, ingr. an. 5. 706, b, 11 findet er es 
natürlich , dass die Bewegung von der oberen vorderen und rechten Seit« aus- 
gehe, ij fi.lv yaf äpx'3) Tiuiov, to 5' övbi tou HXTu iit To Kpowfliu to6 ösioBiii'Kal ts 
Stgtöv rau äpianpoS tiaiuütipov (wiewohl nun freilich auch umgekehrt sagen 
könne, u< fiii tb t«4 öp^Oi iv toiJtm( eTVoi t«Öt« Ttjiitonp« t&t sVRxttfisVfuv |uplui 
iirriv), und De coela III, ö giebt er auf die Frage, warum sich der Himmel van 
Ost nach West bewege, und nicht umgekehrt, die Antwort, welcho allerdingt 
blosse Wahrscheinlichkeit für sich in Anspruch nimmt; de die Natur Alles 
möglichst vollkommen einrichte, and die vorwKrtsgehende Bewegung vorzüg- 
licher sei, sie die rückwArtagehende , habe auch der Himmel diejenige Bewe- 
gung erhalten, welche nach dem c. 2 über das Rechts and Links Bemerkt«) 
als «ine vorwärtsgehende zu betrachten eei Da« Meteor. II, 6. 3C*, «, St & 
3V Google 
Waltgeblade; Sternsphlren. 35( 
bei illen in einer anfangs- and endlosen durchaus gleichförmigen 
Drehung um die eigene Achse, nar die Richtung und die Geschwin- 
digkeit dieser Drehung ist bei den verschiedenen Sphären ver- 
schieden. Zugleich sind aber alle Sphären so mit einander ver- 
banden, dass die inneren Coder unteren) von den anstieren bei 
ihrem Umschwung in derselben Weise mit herumgeführt werden, 
nie wenn die Achse jeder Sphäre an ihren Endpunkten in die 
nächst obere eingefügt wäre 1 ). Es entsteht mithin die Aufgabe, 
nuh gewöhnlichem Sprachgebrauch der Nordpol der obere, der Südpol der 
nntere genannt wird, bat nichts auf sich. 
1) Einen solchen Zusammenhing der inneren Sphären mit den sie umge- 
benden hatte schon Pinto wenigstens für da* Verhältnis« der Planeten Sphären 
int Fixatem sphlre angenommen, wenn er Tim, 38, C. 39, A. (vgl. late Abth. 
3. 520} jene mit ihren Achten In diese eingefügt werden laut, und desehalb 
den Planeten eine aus den Bewegungen beider Kreise ■usammeugesetate spi- 
ralförmige Bewegung anschreibt. Auch von Eudoxus und Kallippus sollte man 
nich Abist. Metaph. XII, 8. 1075, b, IS. 16. Sinei.. De coelo, Schot, in Arial. 
498, b, 86 glanben, dass sie die tämmtlichen Gestirne durch die Fixsternspbnre 
und die sfimmtlichen Planeten durah eine in der Richtung der Ekliptik sich 
bewegende Sphäre haben herumführen lassen; indessen erhellt aus der wei- , 
leren Auseinandersetzung des Simplioins und aus der aristotelischen Berech- 
nung der Sphären, welche sich von der des Kallippus nur durch dia Hinzafü- 
Einig der o^olpat ivcXlTTouasi unterschied, daas diesa nicht wirklich der Fall 
wir. Plato'a Begründung der Annahme, daas die Planetensphären von der Fiz- 
nerniphkM mit herumgeführt werden, war ihnen wohl au phantastisch. Nur 
die in demselben Planeten gehörigen Sphären liessen sie in einander haften. 
Dagegen debnt Aristoteles diese Annahme auf das Verhältnis« aller oberen 
Sphären an den in ihnen hefaaaten überhaupt ans, wie diese aus seiner Hypo- 
these Ober die rückläufigen Sphären (s. u.) deutlich hervorgeht. (Vgl. auch De 
coelo n, 12. SOS, a, 6: koU.b atüpetta xtvoäoiv al jrpb ti[; TiXtuTatac xa'i ttj; h 
önpo» t/oianf *N> xoXXat; -jap soalpait tj tiXtunuot o^atpa tVflassttiv)) <ptpm«. Ebd. 
c 10.) Die Berechtigung dein konnte er thsils in dem Satze, dass sieh die 
oberen Sphären zu den untern verhalten, wie die Form zum Stoffe (De coelo 
IV, 3. 4. 910, b, 14. SIS, a, 12 a. o. 245, 9), theils in dem Umstand finden, daaa 
»11c Sphären sieh berühren, ohne durch einen leeren Baum getrennt in sein 
(i. S. 340, 2), und daaa somit jede ihre Bewegung der nächst unteren mitthei- 
len kann. Auf die elementar!) eben Sphären brauchte sich dieses Verfaältniss 
nicht ebenso zu erstrecken, wie auf die himmlischen, weil sie nicht, wie diese, 
au) einem KBrper besteben, in dessen Natur es liegt, im Kreise bewegt au wer- 
den; doch nimmt Ariel. Meteor. I, 8. 841, a, 1, II, 4. 861, e, 80 ff. an, daaa die 
Winde desshalb rings um die Erde strömen, weil sie vom Umschwung des 
Wollgarnen mit herumgeführt werden. 
i „Google 
353 Aristoteles. 
tbeils die Zahl der Sphären tlieils die Richtung und die Geschwin- 
digkeit ihrer Umläufe unter den angegebenen Bedingungen so m 
bestimmen, dass die Bewegungen der Gestirne, so wie sich diese 
der Beobachtung darstellen, vollständig erklärt werden ')■ 
Zu diesem Behufe hatte nun der berühmte Astronom Es- 
doxus aus Knidos, der erste Urheber einer ausgeführten, auf ge- 
nauerer Beobachtung ruhenden Spbärenlheorie Ö, ein System von 
27 Sphären entworfen, von welchen 26 anf die Planeten fallen. 
Während er nämlich für den Fixsternhimmei bei der einfaches 
Natur seiner Bewegung nur die Eine Sphäre nöthig fand, in der 
seine sämmtlichen Sterne befestigt sind, gab er von den sieben 
Wandelsternen den fünf oberen je vier, Sonne und Hond, denei 
er mit Plato die unterste Stelle anwies, je drei Sphären. Die 
erste Sphäre jedes Planeten sollte seinen mit dem des Fbaten- 
himmels zusammenfallenden täglichen Umlauf erklären, indem sie 
jeden Tag eine Umdrehung in der Richtung von Ost nach West 
machte; die zweite, in dieser haftend, dreht sich in der entge- 
gengesetzten Richtung, und in der Zeil, welche jeder Planet 
braucht, um den Thierkreis zu durchlaufen (bei der Sonne ü 
■ 365 1 /* Tagen), in der Ebene der Ekliptik; die weiteren, in äha- 
licher Weise von den sie umgebenden getragen, aber in ihrer 
Richtung und Umlaufszeil von jenen abweichend, sollten dun 
dienen, die Abweichungen zu erklären, welche zwischen der 
scheinbaren Bewegung der Gestirne und der dnreh die zwei 
ersten Sphären gegebenen stattfinden. Die unterste Sphäre jedes 
Planeten trägt den Stern selbst 3 ). Kallippus*) fügte sieben wei- 
1) Vgl a. 344, 3. 
2) EuDBKUa und Bobiu^se» b. Sinn- De ooalo, Behol. in Ar. 498, a, 45. lt. 
47 vgl. S. 844, 3. Idblxb lieber Eudoxus, Philosoph. Abh. d. Bari. Akarf. T.i 
1830, 3. 67 f. 
3) Das Nithere Aber die Thoorieen de» Eudoxus und EaUippos giebt «** 
Aristoteles' knappen Angaben (Metaph. XII, 8. 1078, b, 17) Bimi-l. a.a.O. «s 
b, 6—500, a, 15, welcher sich biebei (heilt an Endoius' Schrift je. Tegra» theik 
an eine Darstellung des Bosigenes halt, aber doch nicht alle Verstösse veraifr 
den hat, und Thbd Astronom. 8- 376 ff. ed. HasTia, dem aber sein Horacupto 
3. 56 f, erhebliche Irrthümer nachweist Zar Erläuterung TgL m. Imm t. lO. 
73 S. Kriscbr Forschungen 8. 388 f. , denen auch Bohiti Arist, lfstapli. H 
607 f. und Schwsoi.8» Arist, Mataph. IV, 374 f. folgen. 
4) Dieser Astronom war nach 8imti_ a. a, G, 488, b, 38. 600, a, » •» 
3y Google 
WaltgaUUa«; Bt«riaphftr«n. 953 
tere Sphären hinzu: für Sonne und Mond je zwei, Kr Merkur, 
Venus und Mars je eine ')■ Aristoteles nimmt diese Theorie als 
die wihrseheinlichste anf *), ohne zu beachten, dass durch seine 
Lehre von dem Zusammenhang aller Sphären bei jedem Planeten 
die erste von denen, welche ihm Eudoxus und Katlippus zuge- 
teilt bauen, entbehrlich gemacht wird *); zugleich findet er aber . 
n derselben, eben um dieses Zusammenhangs willen, eine wesent- 
liche Berichtigung nöthig. Denn wenn jede Sphäre die eämmt- 
[iefaen in ihr befassten mit sich herumführt, so müssten die Be- 
legungen der tiefer liegenden Planeten durch die über ihnen be- 
findlichen im höchsten Grade gestört und das ganze Ergebnis« 
des vorausgesetzten Sphärensystems von Grund aus verändert 
werden, falls nicht Vorkehrungen getroffen sind, um der Fort- 
setzung der Bewegung von den Sphären eines Planeten auf die 
des andern entgegenzuwirken. Zur Beseitigung dieses Bedenkens 
schiebt nun Aristoteles zwischen die unterste Sphäre jedes Plane- 
ten und die oberste! des nächsten (mich unten]) einige weitere 
Sphären ein, welche die Wirkung der ersten auf die zweite wie- 
der aufzuheben bestimmt sind, Diess ist aber nach den Voraus- 
setzungen dieser ganzen Theorie nur dadurch möglich, dass sie 
•ich mit derselben Geschwindigkeit 4 wie die Sphären, denen sie 
Mgegenwirken sollen, aber in der genau entgegengesetzten Rich- 
Müler des Eadoitu (oder rielleieht auch nur seine! Schülers Polemarehna), 
"clehur sieh nsch dessen Tode ED Aristoteles nach Athen begeben hatte. SimpL 
taat keine Schrift von ihm, beliebtet aber «na Eudemnn' Geschichte der 
aifronomie Einiges Aber die Qrflnde, welche ihn in seiner Abweichung tob 
Enioiuj bestimmt hatten. 
1) Abjit. a. a. O. 1073, b, SS. Boipl. a, B, O. 500, a, 15 ff. Theo a. s,, O. 
M8f. Idele« 81 f. Kniicim 294 f. 
S) Dan er ihr keine rolle Gewlasheit beilegte, erhellt aoa dem 8. 8*4, 3. 
^föhrten. Nach Simfl. 508, a, 8 hatte er auch in den Problemen einige Be- 
mktt dagegen erhoben. In unserer Bearbeitung dieser Schrift findet sieh 
°>!m Stelle nicht ; um so weniger können wir benrtheilen, wie ei sich mit ihrer 
**l"tlwit wbidt 
*) Da nämlich vermOge dieses Zusammenhangs (Aber den 8. 851, 1 i. Tgl.) 
™ Bewegung der Fiseternipfatre sieh anf alle too ihr amfassten fortpflanit, 
"^»rf es toiuer eigenen Sphären, am den täglichen Umlauf der Planeten ron 
°« naeh Watt m erkWren , wie diese anoh Simfu 508, a, 88 ff. bemerkt (wo 
■™ 2. ii owaitoMt6iaT£>«ocv in lesen sein wird). 
ftfe i. Ot. II. M. ». Abu. 33 
i „Google 
154 Aristoteles. 
tnng bewegen '); und dieser rückläufigen oder «urückföirenfian 
Sphären *) werden es nach den gleichen Voraussetzungen 
ebensoviel lein müssen, als Bewegungen durch sie aufgehoben 
werden sollen. Dieis gilt aber von den semmtlichen eigenlhum- 
liehen Bewegungen jedes Planeten: diese dürfen sich nicht anf 
den folgenden fortpflanzen, wogegen der durch die erste Sphäre 
eines jeden vertretene tägliche Umlauf von Ost nach West nicht 
aufgehoben zu werden braucht '). Nur der Mond bedarf teiaer 
1) Denn wenn zwei eoncentrisohe Kngeln, deren Achsen in Einer Linie 
liegen, und von denen die innere an den Endpunkten ihrer Aehnc in die Hatten 
befestigt ist, sich mit gleicher Geschwindigkeit in entgegengesetzter Richtung 
not die gemeinschaftliche Achse drehen, so ist jeder Punkt der inneren Engel » 
jedem Augenblick genau an dem Orte, an dem er sich befinden würde, wenn beide 
Kngeln ruhten , die beiden Bewegungen haben eich in ihrer Wirkung auf die 
innere Kugel und alles von ihr Abhängige vollständig aufgehoben — wie So- 
■laMBs b. BtHPL. a. a. 0. 600, b, 39 sachgemäsg erltlntert. 
3) Speitpoi 4vi1(ttous«i (sc. tä; twv Siioxinu ftpophm iorptov cjfatpac, nicht 
wie SoüioKSEg h. BiifPL. a,. a. O. S02, a, 43 will: tit tmv üict[>i»o> iwjat;], 
■eiche Sphären, welche dazu dienen, die unter ihnen befindlichen rückwärts 
cn drehen, ihnen eine Bewegung mitzath eilen, welche der der nüahst oberen 
entgegengesetzt ist, und sie dadurch in derselben Lage gegen die Fiuten- 
sphäre zu. erbalten, wie wenn von den über ihnen liegenden Planetenephlnn 
kenne Einwirkung anf sie nuagienge (j,t«j MeXitioiSom xaY efc xb aiSrn «imttfk- 
irtioaf Tij Hau -ri)» icptÜTqv oyolpov äsl toG iitoxitii) ttray[jivou ürrpou" — der Ge- 
nitiv surrpou igt Ton tb aJib regiert); Metaph. e. ». 0. 1074, a, 1 ff. Theophrut 
nannte diene Sphären ivrivat^pouaai, weil ale die unter ihnen befindlichen «■ 
ruektragen, und Jvaertpot, weil nicht bloa einzelne derselben, sondern auch «11» 
■uaunmen, kein Gestirn tragen (Swru a. a. 0. 498, b, 41, wo aber die rück- 
läufigen Sphären mit den sternlosen der einreinen Gestirne verwechselt *u asis 
soheinen; ebd. 502, a, 40). 
8) Diese Voraussetzung ist freilich ebenso unrichtig, wie die 8. 353, 3 
besprochene Annahme, daas auch im aristo tauschen SpbärenBystem für jeden 
Planeten eins besondere Sphäre mit täglicher Drehung von Ost nach West in- 
lässig seL Denn da ihm zufolge die Finstemsphäre bei ihrer Drehung alle ii 
ihr enthaltenen mit herumfahrt, so würde durah jede weitere Sphäre, wslabt 
die gleiche Drehungeriohtang und Drebaugsgesobwindigkeit hätte, die Z*U 
der täglichen Umläufe für das von ihr Utnfuste um einen vermehrt werde* 
wenn nicht diesem Erlolg durch besondere rückläufige Sphären vorgeben? 
würde. Aristoteles hat diese aber offenbar übersehen, und wenn er es M*> 
bemerkt hätte, so würde er die dem Fixsternhimmel parallel laufenden entei 
apbäran jede» Planeten doch nicht durch rückläufige ■eutnliairt, sondern gu» 
gestrichen haben. 
i „Google 
WeltgebkmA«; flterniphiren. *,".$ 
räckläöfigen Sphären nnter der, weiche ihn selbst trägt, 4a er 
keinen Planeten unter sich hat, den er stören könnte. Zu den 
33 Planetenspharen des Kallippus kommen mitbin bei Aristoteles 
noch 22 rückläufige Sphären hinzu, für Saturn und Jupiter je 
drei, für Mars, Venus, Herkur und Sonne je vier, und wir erhallen 
so im Gassen fiinfundfünfzig, oder mit Eiaschlnss des Fixsternuim- 
mels sechsundfünfzig Sphären, und ebensoviele ewige unfaörper- 
liche und unbewegte Wesenheiten, von denen die Bewegung dieser 
Sphären ausgeht *). Dass die Sphärentheorie freilich auch in dieser 
Fassung zur Erklärung der Erscheinungen nicht ausreiche, ntusste 
bei fortgesetzter Beobachtung bald bemerkt werden, und so trat ihr 
schon um die Mitte des dritten vorchristlichen Jahrhunderts Apol- 
lonius aus Perge mit der Lehre von den Epicykela siegreich ent- 
gegen *); aber als ein scharfsinniger Versuch zur Verbesserung 
and Ergänzung der von Eudoxus aufgebrachten Hypothese ist die 
Lehre des Aristoteles über die rückläufigen Sphären auch von Geg- 
nern anerkannt worden *). 
Der vollkommenste Theil dieses Sphärensystems ist der Kreis 
1) Metsph. «. a. 0. vgl. Sihpl. a. a. 0. 500, a, 3* ff. Kauern«. ».0.296 ff. 
Idüler «. a. O. 62. Bositz und Schweslir z. d. St. der Metaphysik. Aristo- 
teles bemerkt dabei Z. IT ff. ausdrücklich, mehr Sphären dürfe man nicht an- 
nehmen, denn da jode Bewegung tan des Bewegten willen da «ei, kürine es 
keiae Bewegung und mithin such keine Sphäre, am Himmel geben , die nicht 
tun eine« Gestirns willen da sei. Man sieht nuoii Heraus, dass es die Beobaeh- 
tung ist, tod der seine Theorie ausgeht. — Im Einzelnen macht die Bemerkung 
1. 11: wenn man Senne and Mond die früher erwähnten Bewegungen nicht 
mlegte, so würde die Zahl der (Planeten-} Sphären 47, so grosse Schwierig- 
keit, dass schon Sobiqbbb» einen Schreibfehler in der Zahl (47 statt 49) Ter- 
mutbete (Sinei» a. a. ü. 502, a, 11 ff.). Kauen«, welchem Bosrrz, und wie es 
scheint auch SanweaLua, beistimmt, will die Bemerkung auf die 8 rückläufi- 
gen Sphären zwischen Merkur und Sonne und zwischen Sonne und Mond be- 
liehen; aber theil» redet Arist. ausdrücklich tou Bewegungen dar Sonne und 
des Mondes, theil* lüsst sich nickt absehen, wie die auf sie bezüglichen Ofuflpoi 
»«/(rrsuotu hatten ausfallen können. 
I) M. vgl hierüber, um Anderes zu Übergehen, Idei.er a. a. 0. 88 f. Lüa- 
lsit disTheorie der Mondbahn bei den Griechen, Itbein. Mus. XII (1657), 120 f. 
3) (Jeher den berühmten alexandrinischen Astronomen Sosigenes, den Vt~ 
lieber des Julisnischen Kalenders, dessen Einwendungen gegen die aristoteli- 
sche Theorie Sihpl. a. s. O. 602, b, 5 ff. mittheilt, sagt Derselbe 500, a, 40; 
nütz ia!yuv tou 'Apwwn&out auvräfue« oBruf m\ aa?S( tlpixdtec, i Zuarftv^i fy- 
»Husozt i^v drxboun «JtoS n, s. w. 
23« 
i BV Google 
350 Aristoteles. 
der Fixsterne, der „erste Himmel", wie Hin Aristoteles nennt. Der 
Gottheit als dem Besten und Vollkommensten zunächst stehend, er- 
reicht er durch eine einzige Bewegung sein Ziel ; in Einer Sphäre 
trägt er eine zahllose Menge himmlischer Körper 1 ~); seine Bewe- 
gung ist die reine und unveränderliche, schlechthin gleich-massige 
Kreisbewegung ■}, sie geht von der besseren Seite aus und folgt 
der besseren Richtung von der Rechten zur Rechten fl J. Hübet« 
sich bewegend bedarf er weder eines Atlas, der ihn stutzt, nock 
einer Seele, die ihn gewaltsam umberföhrt *); seine Bewegung om- 
fasst alle andern, und ans ihr entspringen sie alle; ungeworden tmi 
unvergänglich, von keiner irdischen Mühsal berührt, allen Rann 
und alle Zeit in sich begreifend, erfreut er sich von allem, wu 
einen Korper hat, des vollkommensten Daseins B }. Weniger voll- 
1) De coelo II, 1 2 wirft Aristoteles die Frage auf, wie os komme, dua die 
Zahl der jedem Planeten zukommenden Bewegungen nicht mit ihrer Entfernung 
vom ersten Bewegenden steige, sondern die drei mittleren Planeten je eine Be- 
wegung mehr haben, als die zwei obera and die zwei untern; wcsshslb fanrr 
die erste SphHre mit so vielen Sternen ausgestattet sei, wahrend hei allen fei- 
genden umgekehrt mehrere Sphären zusammen immer nur Einen Stern haben' 
Seine Antwort auf die erste Frage ist nun diese: das Vollkommenste beduf 
gar keines Handelns (s. o. 276, 3. 277, 1. 2) ; ron dem, was unter ihm steht, komm 
Einiges durch wenige Handlungen zu ihm, Anderes braucht dazu deren viele, noch 
Anderes strebt gar nicht darnach, sondern begnügt sich mit einer entferntere! 
AnnRherung an das Beste. Die Erde bewegt sieh gar nicht, der oberste Him- 
mel vollbringt seinen Umlauf mit einerlei Bewegung, das, was ■ wischen beidei 
liegt, bringt es zwar gleichfalls »um Umlauf, aber es braucht dazu viele Be- 
wegungen. Znr Beantwortung der »weiten Frage bemerkt Aristoteles: die ata 
Sphäre übertreffe die andern weit an Lebenskraft und Ursprüngliehkeit [wp& 
■fip 8(1 tSJs £0% xat -fifi ipX*!* Mmn weAM)» £iKptiyJ)v tfau rift itpi&t7)( *pw W 
öXXat 293, a, 38); aueh von diesen bewege aber jede um so mehr KSrperje 
naher sie ihr sei, da ja die unteren Sphären von den oberen mitbewegt werfen, 
3) S. O. 847, 4. 
B) S. S. 849, 4. 
4) Wie in der auch De an. I, 3. 406,' b, SB ff. bestrittenen Darstellung de 
TiroBus. De eoelo II, 1. 384, a, 18 ff. wird dieser Darstellung vorgeworfen, d« 
die Weltseele wie ein Ixion ihr Bad wMze, wenn es nicht in der Natur det 
himmlischen Körpers liege, sich im Kreis zu bewegen. Plato hatte ja dem Bio- 
mo! keinen ihm ei gen th (unlieben Stoff gegeben, erat seine Nachfolger kein« 
au der philolelsohen Lehre vom Aether surück. S. lste Abth. 518, 6. S7G.J' 
«8, 1.' 
5) De coelo H, 1, Anf.: fam (T( xeA Utrnt {i *3( oäpmbt, Aristoteiei ad 
aber dabei innaohst immer den xpötof oäpivbi im Auge, Welcher nach I, '■ 
Weltgeblude; Sternipbaren. 3$7 
kommen ist das Gebiet der Planetensphären. An die Stelle der 
Einen viele Himmelskörper tragenden Sphäre tritt hier eine Vielheit 
toq Sphären, deren aber mehrere zusammen immer nur Einen Stern 
in bewegen haben; diese Bewegung geht von der linken Seite der 
Welt ans, und ist sie auch, jede einzelne Sphäre für sich genommen, 
eine reine und gleichförmige Kreisbewegung, so ist sie diess dock 
nicht schlechthin, weil die unteren Sphären von den oberen mit her- 
umgeführt und dadurch zusammengesetzte und von der Kreislinie 
abweichende Bewegungen erzeugt werden •). Auch die Geschwin- 
digkeit dieser Bewegungen ist durch das Verhältniss der unteren 
Sphären zu den oberen nutbedingt a ), so dass sich demnach hierin 
218, b, 11 vorzugsweise und schlechtweg oäpavb; genannt wird] öpx.jjv yh Utk 
nXcutJ)v oix ifiov tou navTo; aiüvoj, J^u» 5k na\ juEpif/wv h «4rö> xiv «jnipov fjp&- 
im ... i'rSjtEp xalfiis ifii <TU[iiciIStni iiuTov wlif äp^afauc xak [lilim« itarpfouf }|pa5ii 
ÄT|Bti( iTvat X6yo-Ji , iü j Ectriv iöiva-räv ti Kai Ofiov tSv ^ovtw> [liv xivijoiv tfim&l 
8 TOl«UT7]V 6)JT£ UTJ9eV iTvat «ep»( *itij( , ÖUkS [läU.OV TaJtlJV T(ÜV ÜXJ.IUV ictpaf . xi 
tifäp irfpc« tö>» itipcexivTuiv tVtl, xn"! «9ti) j| xuxXopopia tfl*M( oüa« jcip^« ti( 
JhxUt( xat T&4 fyoiiaixf n^pa; xa~i icnuXav , aar); (jiv oü5(]j.iav sür' «px."l v *> 0IJOa °'' 11 
ttXcorijv, äXX' änauoro; olaa tsv sr.tipav j(pdvov, tüv S' iÄluv rüiv [ih oItCb Tfjc 
äf/ijs tüv Ss Si^o)iivi] ti;v iroüXav. Mit Recht haben. die Alten den Himmel, aJt 
den allein unsterblichen Ort, den Göttern angewiesen, denn er igt ö«8ap to? xsä 
ifAniw{, ftt fi' ÖhbW); jcaiatj; 6"iTijj St^Epslat lvfa, JCpi« Bi toitoic änovoj Bii ti 
jU-jäsjuä; lepojMoGai ßisia; ivifxi]( , ij xxnr/_(i xuXJouaa fipuAtu ns^wdre «utbv 
iUuj' *5v yip t'o roioütov teiTtovov, Socpmp 3» aßitfirtpov Jj, xal SiaSeatiaf fijf 
ipHTi;; xiioipov. 1,9. 279, a, 10: •$( xo\ |*ivo( xoit tfatOf o5to( oäpovit ioit*. Aach 
4*» Wettere, was 8. 275, 7 angeführt wurde, gehört theilwsise bieher, wenn 
mch der nächste Gegenstand dieser Schilderung nicht der Himmel, sondern 
die Sattheit ist. Vgl. was 8. 830 f. aber den Aetber bemerkt ist; auch dies» 
gilt im höchsten Sinn TomxpÜhof oiSpsvbc, welcher (nach S. 344, 3) den rein- 
neu ätherischen Stoff bat, 
1) Vgl. B, M7 ff. 
2) De coelo II, 10: Die Bewegungsgeecli windigkeit der Planeten (bei 
welcher aber Arist. hier, wie Pluto Tim. 39, A f. Bep. X, 617, A. Gess. VII, 
IM, A. f., nicht an ihre absolute Geschwindigkeit, sondern aaihreüml«.ufa»ejt 
lenkt, und desslialb die, welche eine kürzere Umlanfsieit haben, die schnelle- 
ren nennt — anders c. 7. 289, b, 15 ff. Meteor. 1, 3, 341, a, 21 ff.) stehe im um- 
gekehrten Verhältnis ihres Abatands von der Erde, je entfernter einer sei, um 
>° Ungar brauche er in «einem Umlauf, weil die Bewegung des Fhuternhim- 
nelt von Ost nach West der planetariachen von West nach Ost um so attrker 
entgegenwirke, je naher sie ihr sei. Den letzteren Satt weiden wir, da sich 
Arist. ffir denselben ausdrücklich auf die Beweise der Mathematiker beruft, da- 
'cin iu verstehen haben, dass von Concentrin eben Kreisen oder KugeUUtchea, 
358 Ariatateles. 
ebenfalls ihre geringere Selbständigkeit äussert. Nichtsdestoweniger 
gebären auch sie noch zn dem Göttlichsten unter dem Sichtbaren, 
zu dem , was der Wandelbarkeit und dem Leiden entnommen der 
Vollkommenheit Iheilhaftig ist- 1 )- Wie der Aettter den vier Ele- 
menten, so stehen die Gestirne ohne Ausnahme der Erde als du 
Höhere gegenüber, sie bilden die jenseitige Welt, gegen welche 
die diesseitige nur als ein geringer und fast verschwindender Tbeil 
des Ganzen erscheint *); und da sie Aristoteles mit Plato für be- 
seelte, von vernünftigen Geistern bewegte Körper hält, so erklärt 
welche sich in derselben Zeit um ihre Achat drehen , die änderen eine eehnd- 
lere Bewegung haben, als die innern, dass mitbin die Geschwindigkeit ihrer 
Bewegung (im vorliegenden Fall: die der täglichen Bewegung um die Erda) 
gegen da* Centruin bin stetig abnimmt. 
1) Vgl. 8. SSO f. 366, 6. und Phya. II, 4. 196, a, 88: feV ouponrbv u\ ■ä 
anaum twv faivofitvuv. Metaph. XII, 6. 1074, a, IT (nach der Erörterung über 
die Zahl dar ewigen Wesenheiten und der ihnen entapre oh enden Sphären;: A 
& [inBtuklm oTiv t' iIW tpop<b jjltj suvTtivouoav npb« äotpo« y opau, ki 8i xöeav fk« 
xal itöoav oiatav ärotttij not nafl' at ri]v -»3 opfere» Teru^ijxulav 16,04 (so Bonn dl 
t&ouc) iW. 8(i vofiiCuv n. a. w. Z. 80: tAos ünou itäei;; fopöc tüv attpouttai t. 
OBIUV O01[li-(dV xa-rä ibv odpKvdv. 
3) Part. au. I, I. 641, b, 18: te yoSv trcBytiCVDv xai ro «piajuWv xeU pfl- 
Xov ipalWrai ev totf oJpavioi; ^ japt f|u.5( to 5' «XIot' äXXu>< xaY tö( tTvye ncpi ti 
•vrrrä uäXXov. Hetaph. IV, 6. 1010, a, 28: S y&p nep\ ijfiäf to3 ale&rjroü tos« (• 
yhpät aat juttau SirctXA uiuoi üiv - HX oätot oä&lv «it ibrfv jidpiov tau iravri; 
In». Für diese twei Haupttheile des Universums bedient sich Ariat. der Ana- 
drUoka: Dieiieit« und Jenaeita, indem er mit jenem den Tbeil des WeltgwHi 
bezeichnet, innerhalb deasen Entstehen, Vergehen nnd qualitative Teraademf 
stattfindet, die Welt unter dem Monde, deren Stoff die vier Elements bildm 
mit diaaem die Welt der himmlischen Sphären, die ans Itberisehem Stoffe be- 
stehend nur der räumlichen Bewegung aber keinem Werden und keiner Waid 
lang unterworfen ist. So De coelo I, 2. 269 e, SO. b, 14: ftfyuxi'Ttcoäafeai&pmf 
£0.1) xapa tot jvtaüfta euaraaiif, Ofurtpa xovt xpodoB Todtuv änavTtuv im ti 
xjipa t« oni|ia?« ti Siüpa xsl nip\ ^jwf frcpev xix,wpio[i£vov toauiltto tipjui^o 
tfw ttjv filetv JSnpKtp ä^o-njM töv tVratiAe; itiUtov. e. 8. 376, », 28 ff. b, 3. II. 
13. SOS, b, 1, wo tüv äorpew nnd eVrtüfl« eich entgegensteht. Meteor. 11,3. 
US, a, 25: toüY it\ yivttAm xsra Tiva t&£iv, iu( ivS^rnai jin^rav ti evraSfa ij- 
fluf. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch bezeichnen ivttriSts und fxii die Ober- 
nnd Unterwelt (z. B. Sofhozl. Aiaa 1972. Plato Bep. I, SSO, D. V, 451, & 
Äpol. 40, E. 41, Bf.», o.) , bei Puto weh die sinnliche nnd die ideale W«fe 
{Theat 176, A. Phldr. 260, A), ebeneo bei Aristotelat in der DarsteUong •> 
platonischen Lehre, Metaph. I, 9, 990, b, 84, 991, b, IS. HL 6. 1001, b, 15. 
17, BS. 
JigilizBdby G00gle 
Weltgeblndei de* Himmel. 9JJf 
er sie mit jenem für Wesen von einer weil göttlicheren Hatnr, als 
der Mensch *}. und er legt desshalb jeder, euch der geringsten 
Kenntniss, die wir von ihnen haben können, einen unschätzbaren 
Werth bei ')■ W' r werden hierin nicht blos Folgesätze einer Me- 
tipbysik, welche alle Bewegung in letzter Beziehung von nnkör- 
periiehen Wesen herleitet, sondern auch eine Nachwirkung jener 
Denkweise zu erkennen haben, welche der griechischen Naturreli- 
gion eu Grande liegt, und welche sich auch bei Plato in ähnlichen 
Anschauungen ausgeprägt hat *), und das um so mehr, da Aristo- 
teles selbst sich dieses Zusammenhangs seiner Lehre mit dem alten 
Glauben seines Volkes vollkommen bcwussl ist *)• 
Auf dem Verbältniss der unterbimmlischen Welt iu den himm- 
lischen Sphären beruht nun die Bewegung und Veränderung der ir- 
dischen Dinge. Dass hier andere Gesetze walten, als dort *), die» 
i) Eth. N. VI, 7. 1141, a, 34: JySpt&ttou SXXa jroXb fewttpa rty fifew, «Im 
witpü-mi -je i£ wv !> xoa[W( niiiin\-A.vi. De ooelo I, 8 a. vor. Aura. 
2) Put an. I, ö, Auf.: die Naturwesen sind theil» tiogeworden und nn- 
'Kglaglieb, theils geworden und vergänglich, ou[ipEpiixe 31 ft(pl |üv tWvos Ti- 
fia; cÜoa; xol (Ufa; £XXar»U4 f||i"v Snip yj.iv iaapiat . . . r.i?\ Bt TÜv f flapTQ* ouTÜiv 
ti xtA fijuijv siicopoCjicv jiäXXon rtpb; Wjv -püja'.v Siä t'o jiivTsopov. j^ei 8' fxinpa 
■(.mb. luv |iiv fop *t xat xora fuxpbv äipaKTifuSa , Efuot 8ii tJjv tijui-njTa toü yvm- 
ffljnv ^Jiov f| ri Jtap' J|fCi< anavra , fionip xat nüv JpuijieWv ti> tu^bv sa'i (iixpiv 
fip«v xbtiBeTv F.Ssiäv J<mv )| icoXXi txzpx xa\ tu-fiXa 5i' äxpißräc IMw xl N !ii Vo 
fäXUi »ü icXeliü Yviupfo" auTüiv XapßavE! t)]v Tifc c'itignffu)! Siwpo;(J]v , iri Si Sta 
n rcXtitnal-npa f^iöji gTvsi sufi -rij; fiiafiu; olxudtipa «yTUtttraXlArmTal ti Jtpbf t)|v 
«(« ii Itfa «nXosoyfav. Vgl. koch De ooelo II, 12 (oben 114, 3. B44, 8). 
3} lrte Abth. 8. 522 ff. 
4) 8. o. 366, 5. 332. Metaph. XII, 8. 1074, a, 38: napaSt'Bow 6k jrapä tfiv 
K-faim xal Jca|ijcainLuiv h (auSqu a/ijftaTi xaTaXEXiiiifis'va to3( Kmtpov Sil B«oi Tt" 
iW oStot (der Himmel und die Gestirne) xa\ «cpiifci t'o BeIov t}|» 8Xij» fiavl. t! 
Ö Wä |uiSixw{ j"St; npopjxxai Jtp'04 tJjv tiel6üj töiv noXXöW x«t npb; tj|v i?( toii{ 
™J5'J( xa\ |b oufi^Kpov /pijo-LV ' ivGpuifuosiäti; TS Y^p toÜT&'j; xai rüiv öXXwV tcjmv 
] fwu( Ttit Xe^ousi, xal toüfoif lnpa äxdXouBa xal napajtXijaia rol( tip>)piw>i<. 2v 
B :^ jr^uif tau; aürb XißflL p.iävov t'o npürou Bti Begu; Jiovtd tb; itpt&raf oilofac irMit 
"-•"t « Elpqofiai vop.iaiiEV xa'i xarn to sfcb( troXXaxi; Gipii[iEvijC t?( ta Suvalöv ixi- 
'■"!( *)i T^>t]5 xa\ f iXooQfLac xa'i naXiv (p6cipo[jivuiv x«\ TaiiTij tb< Mfa; JubMV 
sfct Xd^sva rapioeofüoBai (I^XP 1 roIi vC *- 4 f '* ™ v ^*"p'04 ä4S» xa\ 5] Jtopi tfiSv Kpti- 
Iu " ttl WooEtov ^(*Iv ^avepä [liw». 
5) Nur diese n&mlicb ist arietotelisoli ; chriatliohB und heidnische Gegner 
(ta PUfoniket äitikcs b. Edsbbl praep. er. XV, 5, 6. Cleufks Strom. V, 
58 1, D. Eun B . »,«.0,6,lo, A.) nwoben duktil du SM>, dwi dia gSttliiiiu 
JigilizBdby G00gle 
-900 ' AiUtotalei. 
ist allerdings schon durch die Beschaffenheit der Stoffe gefordert 
Es liegt in der Natur der Elemente, dass sie sich in entgegenge- 
setzten Richtungen bewegen nnd entgegengesetzte Eigenschaften 
an sich haben; dass sie ebendesshalb auf einander wirken und von 
einander leiden, in einander übergehen nnd sich vermischen '). Abu 
wie alles Bewegte durch ein Anderes bewegt wird, so mnss auch 
die Wechselwirkung der Elemente ihren Anstoss von aussen erhat- 
ten; und das, wovon er zunächst ausgeht, sind die Himmelskörper 1 ); 
denn ihre Bewegung verursacht den Wechsel von Wärme und Kälte; 
Wärme und Kälte sind aber nach der Ansicht unseres Philosoph« 
die allgemeinsten wirkenden Kräfte in den elementarischen Körpern *). 
Wiewohl nämlich die Gestirne und ihre Sphären an sich weder 
warm noch kalt sind *), so erzeugen sie doch durch ihre Bewegung 
in der ihnen zunächst liegenden Luftschicht Licht und Wärme, wie 
ja jeder rasch bewegte Körper die ihn umgebenden durch die Rei- 
bung erwärmt nnd selbst entzündet; nnd diess gilt namentlich von 
der Stelle, an welcher die Sonne befestigt ist, da sie sich weder » 
langsam bewegt, wie der Mond, noch in so weiter Entferung, wie 
die Fixsterne *)• Auch wird durch diese Bewegung nicht selten du 
Vorsehung nur bis anm Mond reiche, auf die Erdregion dagegen «ich nicht et- 
■trecke. Wie sieh dieser Bau an der Höhten aristotelischen Lehre verhtlt, wirä 
«tu unaern früheren Erörterungen 8. 280. SSI ff. erhellen. 
1) 6. o. SIT f. 382 ff. 
3) Meteor. I, 3. 339, a, 31: sott 5' $ övfrptijj owix'fc I1D * °5roi (4 japl ri,i j 
ffjv xdo|*o;] to!t; ivm tpopaTc, &rtc xÖoav sütoü tJ.v BiJvoji« xußapviräS« ixßki.... I 
(5(7T£ twv ou[j.ßa!vJvT(i>v «Epi sutov icSp plv xil "[■>)' xi'i ** nuTTevjj toiStoi; •',!£ cv ILfi ; 
riBtt töJv -[i-popiviuv «Tri« XP^I «"[ifl^i», - - - Ta C oü"""« a"nov iL; !9ev )) fifa xtmjat« 
äp^Jj -ri)v tüv M xivouj^vuv attiareov SJva^itv. o. 3. 840, », 14- 
8) 8. o. 3S5, 8. 
4) Sie kOnnen diese nicht sein, weil dem Aether, aus dem sie bestellet 
keine von den entgegengese taten Eigenaohaften der Elemente mkoajmt. Einigt 
wettere Gründe gegen die Meinung, das« sie feuriger Natur seien, s, tn. Met«". 
I, 8, Sohl. 
6) De coelo II, T. 389,«, 19: die Gestirne bestehen nicht ans Feuer. *,f 
l«p[iengf in' titaii xa\ to f üf -rlvirat xaptKTptßOpieWi to3 «cpo( Sieb tij; fcuhu' 
fopit . Dnreh die Bewegung enttflnden sich Hols , Steine und Eisen ; du Blei 
an Pfeilen und Sohlenderkngeln schmelae (Aber diese bei den Alten verbrei- 
tete Irrige Meinung Tgl. Ide&ei Ariat. Meteor. I, 859 f.), und somit müsse auch 
die Lnft um sie her «ich erhitzen, taüra iilv aSv aki ExOcpfucfwni B;i tu b ty 
fjptnflw, Sf 8'i -ri|v hAijyJjv irfj mvijasi yIyvtoi w*p ■ tSv St ävu bsoMV t* -rij afaf« 
JigilizBdby G00gle 
DU irdiiehe Welt 3ffl 
Feuer, welches an die Lnfl gelagert ist, zerrissen und nach unten 
geschleudert ')■ Wäre dieselbe nun immer von einer and derselben 
Beschaffenheit, so würde sie auch nnr einerlei Wirkung in der ir- 
dischen Welt hervorbringen,' entweder Entstehen oder Vergehen; 
■ber wegen der Neigung der Sonnenbahn ist sie angleichmfisstg: die 
Sonne ist den verschiedenen Thetlen der Erde bald näher bald fer- 
ner, und eine Folge davon ist der Wechsel des Entstehens und 
Vergehens *); mag man nun das Entstehen von der Annäherung, 
das Vergeben von der Entfernung der Sonne, jenes von dem Ein- 
treten der wannen, dieses von dem der kalten Jahrszeit herleiten s ), 
oder mag man genauer dos Entstehen aas einer symmetrischen Mi- 
riprat, ort' aürä piv (j.!j t'xnupaüo&ai , zaü 8' idpoi fab rijv toÜ xuxXtxou aaijAiroc 
tfüfa Övroj mif*!] otpopiviic fxiLVtjf ixflepjjjiLVwOai, xa't Taiitj] pHw.i jj b fjXto; 
aruxi)«v ivBtSefiivot. äib B)j nl,TjqL^ovTd; tc chjtqü xa\ avio^ovro; xa\ flirip Jjp-ät 
sts; fffViTat f| Bip^idrijc. Dur gerade die Soiine diese Wirkung habe, wird 
Meteor, 1,3. 841,«, 19 im Verlauf einer mit der vorstebeuden Stelle Qberein- 
nimmcndüB Erörterung in der im Text angegebenen Welle erkUrt. Weiter a. 
■. Meteor, a. a. 0. 340, b, 10. I, 7. 344, a, 8. Bei dieser ganzen Erklärung 
»erden aber freilich selbst einem ArUtotelikec manche Bedenken turaok- 
bleibsn. Dana wie kann Licht und WSrme von diesem eineeinen Himmala- 
kirper augeben, wenn sie doch durch Bewegung und Reibung der ganaen 
(ptlie bewirkt werden, man mutete denn annehmen, de» jener all Knauf aus 
«in« Sphäre hervorrage? nnd wie reimt es aioh femer mit der angefahrten 
Erkllrang, da» die Faner- und Luftregion tod der fionneuaphire durah die 
■Maphllre getrennt ist? 
1) Meteor. I, 8. 841, s. SB. 
2) Gea. et Barr. II, 10 : ir.ii f| xiTa ri)v tpopiv xbrjai; EAuxTSt !rn äßio(, - 
**T*i| toifrejv övxow xA fitem tf»«i amtywf i) fap yopk noiijan t)|V ytnwt «6i- 
«X'^l Sii Vi xpot&f*"' lc " «tiT uv T ° T £VVI l nxo ' v ■ - ■ ■ Di nun »ber uiaht allein da« 
BMttehen, londern auch das Vergehen ewig iat, tpovEpbv ort |uäc [i£v oämj! t?h 
«fit oui bUgcn«! ftVMDW äjiipu) äti Tb evavTt« tT»«i- tb -ritp ooto tat üastftbit 
h m «i *o «Jtb irfeuxi ÄOiflv. San rfroi yeviatf «i eotoi I| ipSopi. Sei 81 JtXeiouf 
A« tij «vlj«i; *a\ tvavtfa;, )| xfj fOp^ J] Tij daujjiaXia ' civ y«p havriwv livavria 
«~«. Sto xu o^x. h wpioTi] fopa «itie 'ort 7fvlinit»c xat fSopS«, äXT f| xata to» Äo- 
&» wixXov b tauTfi Y«P **' ™ auvejf f< eoxt tat to ttvrtrttt Süd arnjoti« . . . Tijj [tiu 
*" ro«](_lfi( }| TOÜ SXdu 900I aW«, Toä SfcnpOfuW xAiitdtai rj ifxXist; ■ BujijäocW 
T'f »TC piv jcijäf ti Ylvmftai on S' ^T 1 '!- "' oou St toS BiatmjfiaTO! ävrof ivuip-aXo; 
^"^ xltngaif ■ firr' Eity npo{u(vai xol Jn^f *' VM T* v ?i Ti H •*•**•* xbuto» toüto 
W itd$u Yi«o6ai fBtlpic xai t! T<j> icoU-axt« Ttposievat Y £vv »! ««^ '■<? koUclkh 
•nlilelv ettlpw tüv Yflf ivavxduv Tavavtia skia. Vgl. Meteor. I, 9. 846, b, 20. 11, 
'•*S4,b,ae. 
1) Wie die» in den toi. Anw. nnd & 868, 1 angeführten Stellet, geiukieiib 
JigiiizBdby Google 
362 AriitoteUs. 
sthung, das Vergehen ivs einem Uebermaiss von Wine und Kife 
erklären ')■ Durch die doppelte Bewegung des Himmel« wird die 
Wechselwirkung der Elemente hervorgerufen, and indem diese des 
Uebergang des einen in das andere herbeiführt , so wird verhindert, 
dass sie an die verschiedenen Orte des Weltganzen auscinandertre- 
ten, an die sie, sich selbst überlassen, sich vertheilen wurden; es 
werden in unablässiger Strömung die Stoffe, in andere Elementar- 
formen sich umwandelnd , von oben nach unten nnd von unten nach 
oben geführt *). In der Endlosigkeit dieses Wechsels nimmt riis 
Vergängliche an der Vollkommenheit des Ewigen in seiner Art theil: 
da das, was der höchsten Ursache ferner steht, kein unvergängli- 
ches Sein besitzen konnte, so bat ihm die Gottheit statt dessen eil 
unaufhörliches Werden verliehen, und so alle Lücken im Weltgan- 
zen atisgefüllt *). Und so spiegelt sich auch in dem Gesetz jenes 
Wechsels eine höhere Ordnung; wie sich die Himmelskörper in glei- 
1) Geu. an. IV, 10. 777, b, IS: die Erzeugung Entwicklung and Lebma- 
dauor der Thiem bat ihr« uatBrlichon Perioden, welche durch den Uailsnf ix 
Bonne nnd dea Mondus bestimmt sind. Diese ist euch gu*. in der Ordnung. 
sA f ip Btpfidi^rit nai ^i^tm j**Xf i supfirrpEsf rubf ltotoüet t«? yfviaui , prii fi 
tvSta täf f fapof. ravituv 5' irouot ib xtpn nal t% äfrffa «Ä Tij« -0X1x1% d vti- 
TWY wvjjwiij Tiüv ädrrp«>v. Die Veränderungen in der Luft hingen von Sonn» ebI 
Mond, die de« Wassers von Luft nnd Wind ab; nach ihrem Zustand hat sink 
aber daa an richten, was in ihnen ht nnd entsteht. (Hierauf das ß. 253, 6Afr 
gefährto.) 
I) Gen. et corr. II, 10. 337, a, T: i\ut S* SijXov Ix toutoiv 5 imt ixopofan, 
Biä -ri IxaWraD tö» ou^äriuv i?c rj]v obulotv f«po|*cvou x. ( i'P av & 1 *<•> ä*«pi{> XP^f * 
StiTtäai tx OMfiotta. arciov ^ap totttou iaitv i) ife sXXijXa ptiißams • tl -fap 6001* 
apsvn jv tj] oStoö X^P? ""' 1*^1 [^WpalXEv £nö toü jcJ.tjtiov, i[8j| öv SicanjxEoav p 
xBpüJiEi oäv äti t!)v fopav SmXiSv o5«w 8ii Sa ts [wt«B£Uiw o&t ivts^trai |iAs< 
oUsi aitniv h oOSifuS yiupa reti-ruini. Auch hier kann es nur die tmgleiehinli- 
sige Erwärmung sein, wodurob die Sonne den beständigen Uebergang dar Ele- 
mente in einander bewirkt, wie diese ja auch durch den sogleich an betnä- 
tenden Inhalt der M eteorologie ausser Zweifel gestellt ist. 
3) Gen. et eora. II, 10. 336, b, 36: xwra 3* tilirwt oupß4V»- ha) fif ■ 
fatsnn äst toü ßtXTfovo; dpfftoflai eo^uv ttp bJ«v , ßiCUtov St x'o Ata J| tb fdj J"i 
. . . rovro 5' ifiuvarov ff oxksw inap^tw 61« iö 7rijipo) xSJs «p XTO äbpiaraoftai, iß «■-■ 
icepsV^t Tpdmp av>ssXi|po>ai ™ SXav 6 6ti(, jvaJUxij (besser: svS*l.) «unJTOt t*i 
frfreotv* oBru 70p Bv |iil.iox» auvtfpotTo 10 eTwu (so entsteht im Bein am Wenig- 
sten eine Lacke) Bii te fp-ikan« ilm -rijj eftefoc to -rbajtat est *a\ -ri]» yAtm 
Ebd. c. 11, Schi: daa Vergängliche kehrt nicht JpiSji$ aber zt&*i an ssise« 
Aafiwg «nrtok. VgL hieau nneate lato ibth. 8. 386. 
„Google 
Meteorologie. Q63 
chan Zeiträumen der Erde nähern und t<hi ihr entfernen , so erfolgt 
das Entstehen und das Vergehen naturgemass nach demselben Zeit» 
Baisse '); und wie die Bewegung des Himmels eine Kreisbewegung 
ist, so biegen auch in der unterhimmlischen Welt die entgegenge- 
setzten Bewegungen der Elemente, indem jedes von ihnen in jedes 
übergeht, und am Ende wieder in sich selbst zurückkehrt, zum Kreis 
Hit den Erscheinungen, weiche die Bewegung, die Wechsel- 
Wirkung and die Mischung der Elemente hervorbringt, beschäftigt 
sich die aristotelische Meteorologie 0, indem sie zuerst diejenigen 
bespricht, welche dem Feuerkreise, dann die, welche dem tieferen 
Tiieiie des Luftraums *) angehören 5 ), um sodann fl ) zu denen über- 
zugehen, die im Innern der Erde selbst vorkommen. Diesen Theü 
der Schrift scheint aber Aristoteles nicht vollendet, und statt seiner 
Fortsetzung die abgesonderte Abhandlung vertagst zu haben, wel- 
che jetzt das vierte Buch der Meteorologie bildet, und welche durch 
Erörterungen , die wir im Wesentlichen zum Gebiete der unorgani- 
schen und organischen Chemie rechnen würden, den Uebergang zur 
Betrachtung der lebenden Wesen vermittelt T ). In dem ersten von 
den ebengenannten Abschnitten werden nicht allein Meteore, Stern- 
I) A. a, O. S86, fa, 9: h fooi XpJvu xat -fj ipBopa xal 7| yiwns jj xrrä tpitftv. 
»a wl ol fpini xal o! fäi'oi IxiffTtov äprUp.0« e^otivi xa\ TOtSnu Siop^ovtai- Jiivreiv 
T*P ■* *>%H xotl ita( piftt Xoft XpJVOf [iftpfiTBi nspröBti), teIijv ou tu aürGi TC&VTiC. 
buk die Etfihrung stimme mit dieser Theorie: ipüjuv -fip öxi jipo(LivTOf ulv 
"°5 jjliiu -jftial; iirnv, ärciiivTOf Ei p6ioi( , xa\ ev Tom XP^P Exaitpov. In manchen 
"Um erfolge allerdings der Untergang schneller; wovon der Grund in der 
""gleichartigen Mischung der Stoffe zu suchen sei. 
1) A.a.O. 837, *, 1. c. II. 888, b, 3. 11 ff. vgl. c. 4 (oben S. 339), Aber 
Jen Kreislauf de« Werdens Oberhaupt auch Pbye. IV, 14. 223, b, 23 ff. 
3) Als ihren Gegenstand bezeichnet diese Schrift selbst c. 1: Sna 3ujj.(kfr«t 
IITl ■ liaw pjy, ätaXTOTipaV [ItVTOl Ti]i TOÜ «piiTOU «Ol^efoU T(ÜV OlOfittlUV , 7lEp\ TOV 
pmiüifta [liXiita Torcov Tij f opä töv äurpiuv, . . . Saa iE BEiijfitv 3v Wpoj An xolvs 
*&j i« 1 ! 68«o4, tri El vlfc Es« elBn xa\ pip») xal 7t46i] tüv jitpöiv. An diese Dnter- 
mchw,gen sollen sich dann (a. a. 0. und IV, 12, Bchl.) die übet die orgaoi- 
Koen Wesen anscbliessen. 
V Den» zixoi Tij Bfoit (iiv Bwirepoc |iträ toHtoy (nach dem Feuerkreis), apfi- 
^ * tif 1 ! tJjv f^v, dorn Td»co( xoivb; BBaTÄf Tt xal iipof , I, 9, Auf. 
5] Jene I, 8—8, diese % 9— III, 6. 
& 'l nx, 6. 878, a, IG ff. nach Bekskk, 111, 7 nach Idblbb, 
7)8.0.8,62. 
JigilizBdby G00gle 
3fH Ariitnteles. 
schnuppen und ähnliche Erscheinungen 0) sondern auch die Kometen 
und die Milchstrasse für Ansammlungen von trockenen ond brenn- 
baren Dünsten erklärt, welche sich durch die Bewegung der Gestirne 
entsünden *): die Kometen sind Hassen von solchen Dünsten, wel- 
che in langsamer Verbrennung begriffen sich bald frei bewegen, bald 
dem Zng eines Sterns folgen '}; eine ähnliche Dunstmasse, durtii 
. die Bewegung des ganzen Himmels ausgeschieden und entzündet, 
ist die Milchstrasse *). In dem tieferen Theile des Luftraums haben 
alle jene Vorgänge ihren Sitz, welche mit der Welkenbildung 
zusammenhängen. Unter der Einwirkung der Sonnenwärme verdun- 
stet die Feuchtigkeit auf der Oberfläche der Erde; die aufwärtsstei- 
genden Dünste kühlen sich in der Höhe wieder ab, indem ihr Wär- 
mestoff theils in die Feuersphäre entweicht, theits durch die Kille 
der höheren Luft 6 ) bewältigt wird, sie verdichten sich, verwandeln 
sich aus Luft in Wasser 6 )> und fallen wieder zur Erde. Auf die« 
Weise bildet sich ein Strom aus Luft und Wasser, der sich im Kreise 
auf- und abwärts bewegt: steht die Sonne in der Nähe, so steigt 
der Luftstrom, die feuchte Ausdünstung, aufwärts, entfernt sie sich, 
so rinnt der Wasserstrom herab ')- Aus diesem Hergang sucht nun 
Aristoteles zunächst Wolken und Nebel 8 ), Thau, Reif, Regen, Schnee 
und Hagel 9 ) zu erklären. Ebendamit bringt er weiter die Natur und 
Entstehung der Flüsse 10 ) und des Heeres ") in Verbindung; jene sol- 
1) A. ». O. I, 4. 6. 
2) Vgl. 8. 237 B. 4. 842, 6. 860, 6. 
3) A. a. O. I, 6 f. besonders 8. 844, a, 18 ff. c. 6. 346, b, 32 ff. An» dies« 
Natur der Kometen sucht Arist. S44, b, 18 ff. auch die angeblich ron ihnu 
bedeuteten Erscheinungen, Stürme, Trockenheit u. s. f. zu erklären. Idiler n 
Meteor. I, 896 bemerkt Übrigens, dasi sich diese Vorstell nag über die Kometen 
bei den berühmtesten Astronomen bis auf Newton herunter erhielt. 
4) Ebd. c. 8, besonders 346, b, 6 ff., wo auch der Versuch gemannt ist. 
die Gestalt und dag Aussehen der Milchstrasse von dieser Vorauasetaang uii 
im Einzelnen zu erklären. 
5) Für welche Meteor. I, 3. 340, a, 26 den Grund angiebt. 
6) Wenn die Luft abgekühlt wird, erhalten wir statt des Feuchten und 
Warmen, was die Luft ist. Feuchtes und Kalte«, oder Wasser; s. o. 338 f. 
7} Meteor. I, 9. 
8) A. a. 0. 346, b, 32. 
9) A. a. O. L 10—12. 
10) I, 13. 349, b, 2 — c. 14, Sohl. Dabei eine Uebersicbt der 1 
aten Flüsse und ihrer Quellen. Kap. 14 wird spüler noch berührt werden. 
11) U, 1—8. 
Digilzeday GoOgk 
Meteorologie. 365 
len theüs aus den atmosphärischen Niederschlägen, Iheüs auch duroh 
eine 101 Innern der Erde vorgehende Umwandlung von Dünsten in 
Wasser entstehen; das Heer, als Ganzes so wenig, wie die Welt 
selbst, entstanden, giebt doch immer einen Theil seines Inhalts in 
Dunstform ab, welcher ihm durch die Flusse wieder ersetzt wird, 
nachdem er sich in der Atmosphäre aufs Neue in Wasser verwan- 
delt und als solches niedergeschlagen hat; sein bitterer und salziger 
Geschmack rührt von erdigen Bestandteilen her, welche durch Ver- 
brennung bitter geworden sind: wenn sich nämlich trockene Dünste 
aas der Erde entwickeln, so ist diess eine Verwandlung von Erde in 
Feuer, eine Verbrennung; in jenen Dünsten wird daher verbrannte 
Erde mit in die Höhe geführt, welche sofort dem Regen- und Fluss- 
wasser beigemischt ist, und vermöge ihrer Schwere bei der Verdun- 
stung des Meers in diesem zurückbleibt s ). Die trockene Ausdün- 
stung ist der Entstehungsgrand der Winde, wie die feuchte der des 
Regens; aus der unteren Luft, in der beide gemischt sind, steigen 
die trockenen Dünste in die Höhe and werden hier durch den Um- 
schwung der oberen Regionen herumgeführt; durch dieses Aus- 
scheiden der wärmeren Stoffe erkälten sich die zurückbleibenden 
feuchten und verdichten sich zn Regen; indem sich diese Erkältung 
auf die in der höheren Luftschicht strömenden warmen Dünste fort- 
pflanzt, stürzen sie als Winde zur Erde herab '), Der Wechsel von 
Wind und Regen beruht mithin auf dem Hin- und Herwogen der 
feuchten und trockenen Dünste, welche beständig gegen einander 
ihren Ort wechseln *). Dunstmassen, die als Winde in's Innere der 
Erde eindringen, erzeugen die Erdbeben *)• Aehnlichen Ursprungs 
ist Donner und Blitz, Wirbel- und Gluthwiude 4 ); wogegen der Hof 
um Sonne und Mond, der Regenbogen, die Nebensonnen und die lieh- 
1) I, 19. 349, a, 13 ff. II, 4—6, besonders c. 4, wo ueh Weitere« Aber 
diesen Gegenstand, and daiif Idblbb I, 641 ff. Vgl. anoh Meteor. I, 3. 841, a, 1. 
Probt. XXVI, 26. 
2) lieber diese ävTOWptorwtj, welche bei Aristoteles Überhaupt, wie trüber 
bei PUto {■. lste Abtfa. 516 ff. 550, 6), und spater bei den Stoikern, in der N»- 
tntlebre eine grosse Rolle spielt, 1. m. »ach Meteor. I, 13. 848, b, 2. De sorano 
8. 467, b, S. 
3) A. ». O. II, 7. B. Eine Zusammenstellung der im Alterthttm vorkommen- 
den Hypothesen über die Erdbeben giebt Idslih. i, d. 8t, 683 ff, 
4) n, 9. in, 1. 
jignizBdby Google 
866 Artatotelea. 
teil Streifen in den Wolken ') aus der AbfpiegbBg des üchto u 
feuchten Dünsion und Wasser zu erklären Bind. In der Erde selbst 
entstehen aus trockenen Dunsten die Steine und die übrigen nickt 
schmelzbaren Mineralien, aus feuchten, indem sich diese verhärten, 
ehe sie in Wasser übergehen, die Metalle *). 
Eine eingehendere Besprechung dieser Körner wird am Schlüsse 
des dritten Buchs der Meteorologie verheissen: das vierte jedoch, 
nicht unmittelbar hieran sich anschliessend f) , nimmt einen neoen 
Anlauf. Indem es von den vier elementarischen Grundbestimmnngei 
das Warme and Kalte als wirkende, das Trockene und Feuchte all 
leidende Principien sich gegenüberstellt *)i fasst es zuerst jene dann 
diese in ihren einzelnen Erscheinungen in's Auge. Von der Warne 
und KAlte wird einerseits die Erzeugung andererseits die Verwesrar 
hergeleitet 6 ) : zur Erzeugung kommt es, wenn sie im richtigen Ver- 
hällniss auf die einem Wesen zu Grunde liegenden Stoffe einwirkend 
diese Stoffe vollständig bewältigen 8 3; zur Verwesung;, wenn den 
feuchten Bestandteilen eines Wesens durch eine äussere Wim« 
ihre eigene Wärme entzogen wird, denn in Folge davon verliere« 
sie ihre Form und Bestimmtheit ')• Entsprechende Vorgänge ohne 
Entstehung und Untergang sind das Kochen, Reifen, Sieden, Rost« 
1) lieb« diese Erscheinungen handelt Meteor. III, 1—6. 
3) Meteor. III, 6. 7. 878, a, 16 ff. 
3) Vgl. 8. 868. 
i) S. o. 336, 8. 
5) Meteor. TV, 1. 878, b, 38: Ttpürov ptv o8v xaftiXou J| laci.^ Y«V*ot( **l t 
EpVKlx)] |itTaßoXrj TOlfrldV T&U BuvijltfOV loTCY Jpf OV X«H] ävTUUI{jivT{ V Gopa XBTi f Jfll- 
6) A.a. 0.Z.31: fon ä" f, SjiXJ, r.ct\ (su<Jt*7) y&£0($ jütipoWi Snb loürwv w' 
(irtÄpcu», ärav fftm lärev, ix. riji fnoxttjjivi); BXijf l*äox;i fifacr afoat B' [dietu|] 
tfalv al E?p7{|i^vai Buvijisic RahjTixo^. fEVvSot 8k to fcppbv xat $<sfjim xparoBvra tt|; 
7) A. it. O. 879, a, 2: Brav St [u] xp«rtf[, xata j<ipo( [iiv (icüXua« icä imfi 
Ttvtxcu , tt, B' tmXij ^tv/tn: iwvxfov (jiiXraxa xowoy (riji|ic(. «im y*P 4 *«•■ f^' 
ffopd tt{ xoSfl' Mäf iam. Z. 16: of^ie. 5' iaii f Bapi t^c iv Exänip &YpQ ebutaf x* 
xsta »lioiv 8sp|iÄCT|T0( 5n' aXXoTpCac 8sp)lät»(tO; ■ sitrj £' fortai f| toü Ktpri^ovw. 
Die Verwesung kBnne inaofexn auch als gemeinsame Wirkung der tyvyjpim 
oiaifn and Ocpui-nii oXlorpis bezeichnet werden. Durch dal Feuchte iat sie ab« 
(nach Z. 8 ff.) vermittelt, weil alle Erzeugung darin besteht, das» Treckern 
saittelet dea Fesohten (dea «Sopio-rov a. o. 386 , 3) durah die wirkend« KrVtt 
bestimmt wird; die Zerstörung tritt ein «Ton xpatjj toü opferte« xb Ipttijum 
fcii xo nspifyoY. 
JigilizBdby G00gle 
Wims aid Kilts. StT 
■.s.w. 1 }. Unter den leidenden Priaeipien ist dwfieuchtOfitBLcicht- 
zabestimmende, das Trockene das Schwerin bestimmende; jenes ver- 
mittett daher für dieses die Bestimmungen, die es annimmt, and kei- 
nes von beiden kann ohne das andere sein, vielmehr sind beide, und. 
ebendann! auch die zwei Elemente, deren Grundeigenschaften sie sind, 
in allen Körpern vereinigt '). Ans dieser Verbindung geht weiter der 
Gegensatz des Harten und Weichen hervor '). Jeder Körper femer, 
der an sich selbst eine bestimmte Form hat *) , muss starr sein, und 
jedes Erstarren ist ein Trocknen B ); wesshalb denn hier von der 
Natur und den Arten des Trocknens, Schmeltens und Erstarren» 
und von den diesen Vorgängen unterworfenen Stoffen gehandelt 
wird *). Aas Erde and Wasser sind durch den EinSnss der Warme 
and Kälte die gleichtheiligen Körper gebildet T ), deren Eigenschaf- 
1) Die JCÄJm, itftcavctit, ttyt, iKTrfj\t Ms Wirkungen der Wärme, die Sutityl*, 
mu!to;s, pwuXutr«, oTtauaif als Wirkungen der Kalte. M. s. hierSber Meteor. 
IV, 2 f. 
2) A. a. O. c. 4: eh\ S' af |*iv ap/a't tüv auijj.ariov «! nti&ijtual Sypöv xa\ 
;ipov ... Atel 8' fort to [j.b iyp'uv efloprarov, to 6i ^vjpiiv Sinipioro», {*. o. 335, 3) 
äjioiiv ti -.iit ÖiJkii xa'i Tdt; ffiiap.aai Ttpds öXXijXi Jtiayouw Tb yap tiyp<jv tS ijjpfl 
«msv ToÜ ipfi^aßn . . . not Bii Toüro ö; äfiipolv &rct Tb tdpiojiAov aüfta. XsyETSt Si 
tüi tto7_h'(uv lüiaitaT« &)poU pAv yr;, üfp " Si BBiap (b. o. 396, 2). äia Taürs Sjtavra 
n «ipia^vo •juiu.nta ivraCBa (dieser Beisats, weil e» von der ätherischen Kegion 
nicht gilt) oix ö*tu T*i* *«' 68«Wf . 
B) A. a. O. 882, n, 8 ff. 0. 5, Ant 
i) to iptojjivov cüjui oUsiuj Bpia (worüber auch 8. BSE», 2 s. Tgl.), im Un- 
ttrtohied Von dem, was «ein« Form Ton aassenher erhält, wie etwa Wasser 
durch du Gaffte». 
8) A. a. O. o. 6, Anf. 
6) A. a. O. o. 6—7. 
7) A. ». O. C. 8, Anf. c. 10. 888, », SO ff. Ueber den Begriff des Gleioh- 
ihdligan Tgl. m. Bd. T, 678, 3. Gleichtheilig (ä^ötotMpTJ} sied im Allgemeinen 
solche KOrpor, die ans einerlei Stoff bestehen, gleichviel ob dieser Stoff ein 
alententarfsober oder sin durah Mischung entstandener ist, im engeren Sinne 
<he letzteren: dem G leichtheil igen steht das Ungleiehtheilige (avop.otopjpl;), das 
sos verschieden artigen Steffen mechanisch Zneammengesetste, entgegen, in 
äem inibesondere die organischen Körper gehören. M. s. ausser den a. a. 0, 
beigebrachten Beeilen noch Meteor. IV, 10. 38S, a, 18. c. 12, Anf. De an. I, 6. 
*H, *, 10—21 vgl. b, 24 ff., wo Kt üp.oio(iepjjj auch 6p.o«o% und gonauer Tb 
SlovTft!; (iopioi4 S[j.MiSt; steht, part. an, II, 9. 666, b, 21, wo SjApioppij doreh 
"w»»"*« tdtt SXoi; to pspn erklärt wird. Nach der Stelle ans dem Enden"», 
"«Ich« Philop. De an. E, I, m. anfahrt, bitte Arist. schon in diesem Gespräch 
dai Elementstiscbe Öleiofctheiligo and Organisch« unters ehiedeo, den« st lagt 
316 Aristo**!«. 
ten nod Restandtheile sofort besprochen werden l ). Mit der Bemer- 
kung, dass die gleichtheiligen Körper den nngleichtheüigeii sob 
Stoff dienen, and dass die Zweckbeziehang der Naturerseagnisse ii 
diesen stärker hervortrete, als in jenen *), macht Aristoteles den 
Uebergang zn den anshlb.rlicb.en Untersuchungen über die lebenden 
Wesen. Der Siehe nach gehört aber zu dem in der Meteorologie 
abgehandelten Theile der Physik auch noch alles das, was in späte- 
ren Schriften aber die Gegenstände der sinnlichen Wahrnehmung, 
aber Licht, Farben, Töne, Geräche u. s. w. gesagt ist Wir begnü- 
gen nns, diese Erörterungen hier kurz zu berühren *)» indem wir 
hier; äuupjjeTpLS !st\ tmv tno^ttidv J] vriooj .. luv £|ujio{iip5v J] iottta« .. swt 
iffxnxCiv td tUayot. Vielleicht sind aber, diele Worte nur eine ron Philoponns 
eingeschobene Erklärung. 
1) A. tu O. c. 8 — II. Im Betondern bandelt c. 8 f. von dem Erstarren 
durch Wanne nnd Kalte, dem Schmolzen durch Wärme und Feuchtigkeit, A* 
Erweichung, Biegung, Dehnnng, dem Zerbrechen, Zerstotsen, Zerspalten % 
dgl.; c, 10 f. Ton den elementsrisohen B es tan dt heilen der gloi entheiligen Kür- 
pur nnd den Eigenschaften, an denen man sie erkennen kann. Genaueres fiber 
den letzteren Gegenstand bei Ubyk« Arist. Thierknnde 413 ff. 
2) A. a. O. c. 12. 
3) Ueber das Licht äussert sieb Aristoteles De an. IL 7. 416, b, 3 ff. Da 
sensu c. 3. 439, a, 19 ff. dahin: Die Durchsichtigkeit (t'o Siae*vi() sei eine gs- 
meinsame Eigenschaft (xoivr) tpiioi? xot Siiveqtn) vieler Körper, die ihnen unab- 
trennbar von ihren übrigen Eigenschaften (oi xw 1 ^) ankomme. Die Wirk- 
samkeit dieser Eigenschaft (f) toutou Mpftt* tau S<aipavo5c |J Si«f avif — rj &ra- 
WXira w3 Buna avoüt 418, b, 9. 419, a, 10.), gleichsam die Farbe des Durcbsicb- 
tigen, sei das Licht; diese Wirksamkeit werde aber durch da* Feuer oder den 
Aether (fiicb rt-jpoi II toloiItou oTov t'o svm oüua) hervorgerufen, weeahslb du 
Licht auch als itupbf 3| toioiStou tiyoi nsoouofa i*v tu Bia^avEi deßnirt wird. Di- 
bei widerspricht Arist. (De an. 418, b, 20. De sensu c 6. 446, a, 25 ff.) «m 
drücklich der empedokleisohen Annahme, dass sich das Lieht vom Himmel 
aar Erde bewege, weil man diese Bewegung auf so ungeheure Entfernungen 
doch wahrnehmen müsate. Es soll »war durch Bewegung entstehen (e. c 
860, 5), aber es selbst soll nicht in einer Bewegung, sondern in einem bestimm' 
ten Zustand bestehen, dar in Folge einer qualitativen Veränderung (öUoiuofj 
in einer ganzen Masse gleichseitig eintrete, wie beim Gefrieren (De sensu 
a. a, O. 446, b, 27 ff.); zugleich wird aber doch auch behauptet, du Bebra 
erfolge mittelst einer vom Gegenstand sum Auge dorch du durchsichtige Me- 
dium sieh fortpflanzenden Bewegung (De an. II, 7. 419, a, 9. 13. 1H, 1. 43*, b, 
29. e. 12. 436, a, 6. De sensu 2. 488, b, 3), wu jedenfalls ungenau ist, wen» 
nur eine momentane Veränderung dieses Mediums gemeint ist. Was in de« 
Durchsichtigen selbst durch sein» Anwesenheit Lieht, durch seine Abwawc- 
sy Google 
Dm Gleichtheilige; Lieht, Färb», Tön« n. ■. w. 3«ö 
ras im Usbrigen mit dem Philosophen der organischen Natnr iu- 
w enden. 
heit Dunkel erzeugt, du erzeugt an der Grenze de« Durchsichtigen die Farbe. 
Alle Farbe d Jimlich hat ihren Site an der Oberfläche der Körper, und sie kommt 
daher nur solchen Körpern zu, welche eine bestimmte Begrenzung haben : wie 
Au Lieht b äopiotoi tu SiaoiveT ist (De isnsa o. 3. 439, a, 26), so ist die Farbe 
(ebd. 439, b, 11) tb tou SujetvoOt iv vujiait Mpt^iivtj irfpatj. Dem Lichten und 
Dunkeln entspricht an der Oberfläche der KSrper das Weisse und Schwane 
(13B, b, 16). Ans diesen Grundfarben entstehen die übrigen nicht als ein Uos 
mechanisches Gemenge kleinster Theile, auch nicht blas dadurch, dass sie 
durch einander durchscheinen, sondern zugleich auch durch eine wirkliche 
Mischung, in dem 8. 319 f. besprochenen Sinne. Stehen hiebe! das Schwarze 
und Weisse in einfachen Zahlen Verhältnissen, so entstehen reine, andernfalls 
unreine Farben. Hit Einschlags T<m weiss und schwarz zählt A. sieben Grund- 
farben. (A. a, 0. 489, b, 18 bis znm Schluss dea Kap., c 6. 445, b, 20 ff. c 4. 
442, a, 19 ff. Tgl. Dean. II, 7, Anf. ebd. 419, a, 1 ff. Meteor. HI, 4. 873, h, 82 ff. 
I, 6. 842, b, 4. Von theilweimi anderen Voran Beetzungen geht die Schrift von 
den Farben ans; vgl. Pbiktl Arist. aber die Farben S. 84. 107 ff.; 116. 
142 f., der S. 66 — 169 die aristo telischa Farbenlehre nach den verschiedensten 
Seiten hin mit erschöpfender Ausführlichkeit behandelt). — Der Ton ist eine 
durch den Zusammenetose fester Körper entstehende Bewegung, welche sieb 
durch daa Medium der Luft fortpflanzt; (zur Bezeichnung dieses Mittels be- 
dienten sieh Theopbrast und andere Peripatetiker des nach Analogie von fiia- 
vavifi nengebildeten Wortes Sor^tf, ebenso für das Mittel zar Fortpflanzung der 
Gerüche des Wortes eu»u.of , Philof. De an. L, 4, u. Tgl. ebd. M, 8, o. 10, o.;) 
höh sind die Töne, welche das Gehör in kurzer Zeit stark bewegen, also die 
schnellen, tief die, welche es in längerer Zeit schwach bewegen, die langsamen. 
(De an. IL 8. 419, b, 4—420, b, 6). — Gegenstand des Gerachs sind trockene 
Stoffe, die im Feuchten, d. h. in Wasser oder Luft, aufgelöst sind (Iffy^ot £r,p<i- 
tj]( 443, a, 1. b, 4; die frühere vorläufige Bezeichnung der top.)) als xsm<MT|( 
Miltojiuwif , De sensu 2. 438, b, 24, wird ebd. c. 6. 443, a, 21 bestritten), and 
durch diese Mittel wahrgenommen werden (De sensu o. 6. 443, b, 27 — 443, b, 
16. De an. II, 9. 421, a, 29 ff. 422, a, 6); ebenso hat es der Geschmack mit 
einer Verbindung von trockenen oder erdigen Stoffen mit Feuchtem zu thnn, 
nur daaa das letztere hier nicht Wasser und Luft, sondern allein das Wasser 
iat; sein Gegenstand sind nämlich die T/Jf-ct, der ^up>c aber ist tb Yryvo'uivov 
feto toü tipiipivou &)poS (nämlich toü Tpo<pi{iou fy-fioi) niflos fv tu i Ypö, tt|{ ^iiloiuc 
rijs xata äiivocju» alXowiiTixi« e!c iv/pyiiav (eine Beschaffenheit welche in unserem 
Geschmacks vermögen einen wirklichen Geschmack srsengt 441, b, 19), toS 
ipofiuo« EnpoS icaOot ?, 0T*>jpi4 (a. a. 0. Z. 24). Wie die Farben eine Miaohnng 
Ton Weiss and Schwarz sind, so sind alle Gesohmäcke (das Xixapbv und öX[iv- 
pbv, Üputf) und «uffnjpbv, nrputpvöv und jftt) eine Misobung Ton Süssem und Bit- 
terem; stehen diese Bestandteile jener Mischung in einem bestimmten Zahlan- 
vnhlltniaa, so ergeben sich angenehme, andernfalls unangenehme Geschmacks 
Philo». 4. Gr, D. Bi. *. Abth. 24 
3V Google 
9. Fortsotzung. C. Die lebenden Wesen. 
1. Di« Seele und das Leben. 
Was die lebenden Wesen von »lies anderen unterscheidet, ist 
die Seele *)• Altes Leben besteht nämlich in der Kraft der Selbstbe- 
wegung *), in der Fähigkeit eines Wesens, durch sich selbst eine 
Veränderung in sich hervorzubringen, sollte sich auch diese, wie bei 
den Pflanzen, auf Ernährung Wachsthum und Abnahme beschran- 
ken s ). Jede Bewegung setzt aber zweierlei voraus, ein Bewegen- 
des und ein Bewegtes, die Form und den Stoff, und wo ein Ding 
sich selbst bewegt, da muss diese Zweiheit in ihm selbst sein *). 
Alles Lebendige ist daher nothwendig ein Zusammengesetztes: wenn 
das Stoffliche und Bewegte an ihm sein Leib ist, so muss die Fora, 
von welcher die Bewegung ausgeht, ein eigenes vom Leibe ver- 
(De sensu o. 4. De au. II, 10) — bo dass also du von den Pytbagoreem füi 
den Einklang und fcfissklajig der Töne entdeckte Gesetz der in Zahlen bestimm- 
baren Verhältnisse nicht blos anf die Farben, sondern selbst anf die Gegen- 
stände des Geschmackssinn», die X' J r t0 V ""gewandt wird; Aristoteles vergleich 
De sensn 4. 442, a, 19 ff. c. 7. 448, a, 15 sieben HauntgenehmHoke den aiebw 
Grundfarben. Weitere Untersuchungen Aber die yypÄt spart er De sensu e. t, 
Sohl, der ? uaioXo^E« rapl twv y utSv anf. Ueber aeine angebliche Schrift Jt. Xofiü» 
vgl. m. S. 6S f. — Gegenstand des Tastsinns sind alle allgemeinen Eigen 
teil der Körper (De an. II, 1 1. 422, b, 25. 42S, b, 26), wesshalb hier nich 
solideres darüber anzuführen ist. 
1) De an, I, 1. 407, a, 4: die Untersuchung Über die Seele ist rata, Web-- 
sten Werth für die Wissenschaft, [*£Xmt* Ss ejsw tJ)v 91)9»- £m yap An %| 
S) Ebd. IL 1. 412, b, 16 Tgl. t, 27 s. n. 373, !. 
3) Ebd. II, 2, 413, a, 20: Xeyojisv o3v ... firopfofat tö fttiu^sv teQ tybjw 
t$ JSjv. nXEovo^S; 8k toÜ X$* XiyojjAoo, x5v b ti toihw» ftwtipxjl |«Aw», R* «W 
tp »luv, uTov voC(, aTuOrjoi;, xfv^int xoft OToWtf Jj x«ra TÄrtaV, fti i!vi]m; fj XBT« Tpo?? 
xal jfliaij ts nett aüjijoif. Bio »oft ra fud|uva it&vta Boxet t![v <>o(vitsb Top tV ijto'i; 
Ep«i BiSvujilv koA ipxV *ot«iiTi]V , St' Ifi aEfrjotv tc xot ofllnv Xa(ij)±voüiri . . . oM^ 
p.!i yap altot; fotipxt' Biiva|it( JXXtj i|*r/jli. Da diese unterste Form des: Leknl" 
überall vorkommt, wo sich die höhere findet (s. n.), kann sie auch als das tfl- 
gemeine Dntersoheidungsmerkmal des Lebendigen behandelt werden; a. t. Ol 
0. 1. 412, a, 13: TtÜv 81 pjotxöv [sc oiujjJtTuv] tä |»ev i^n Z>df> ti 8" ook t[H' 
CuJiv Sc Wyo(UY -rtlv St' «ilroü [a6roG] Tpoipifv it x«\ »BEijoiv x* «Wo«. Dfjgtgd 
drüoVt es nur die herrschende Annahme, nicht die genauere aristotelische Be- 
Stimmung am, wenn wir De an. I, 2. 403, b, 25 lesen: tb Jfi+uxo» Wj WS &$.<" 
SudI* jiiXi«« Bis? <pew Boxet, xiwfrei te xsl Tip aMaveofloi. 
4) E o. S. 267. 
i „Google 
Di« Seele. 371 
scbiedenes Wesen sein 1 J. Das gleiche Wesen wird aber auch sein 
Bndzweck sein, wie ja überhaupt die Form von der bewegenden und 
der Endursache nicht verschieden ist *). Sofern nun die Form als 
bewegende Kraft wirkt, nennt sie Aristoteles Entelechie *), und so- 
mit definirt er die Seele als die Entelechie und näher als die erste 
Entelechie eines natürlichen Körpers, welcher die Fähigkeit hat, zu 
leben •> Dieses hinwiederum gilt nur von dem organischen oder 
von d e m Körper , dessen Theile auf einen bestimmten Zweck bezo- 
gen sind und einer bestimmten Thatigkeil als Werkzeuge dienen 5 ): 
1) Deu. II, 1. 418, », 15: &OTI Jtäv oSfia (puolxbv [mW^üv t'iiij; uioiaav tlff, 
ounia ö' oStiui öi( JUvOinj ' Ir.tl 8' £or\ aÜi|m xal vorovffl, CtsJjv yip <X 5 ■ (so TbIB- 
DtLKSBnao; Bbkibb hat: a&pa xmiivS«. Der Sinn ist: da der Leib 1) Leib nnd 
2) sin io und so beschaffener, ein leb endiger Leib iat), oäx 5v t'ij t'q ow|M< i^X*!' 
oü fip im tSv xaQ' 5itox£'|iivou -tb ow|ia , pEUo* S' oi( focwutptvov isl 61». inj. 
«lov ttp« tijv tyqifi oütnav (Tau u( tT8o( oi!i|taTQ! fiwixoO Buvoftu Curff -xevtO(. 
Part, an. I, 1. 641, a, 14—32. gen. an. II, 4. 788, b, 36. Naeh Sum.. Da an. 
62, a, il hatte Arial, «ebon im Endemna die Seele als tßöt ti bezeichnet, 
2} De an. IL 4. 410, b, 7, wo naeb dem S. 347, 3 Angefahrten Z. 13 fort- 
gefahren wird : Eti [*lv oäv lüf oUt [so. aM« iarlv J] tyqi)] SijXo» ■ te -y *p <•*»»¥ 
™S [Tvai xSsiv 4) oioia, te St tjiv toi( Cewt ~'o »Iva! jsttv, altia 8'e xa\ äp^ ioiItoji 
^ 4"XiJ- fn toü Sitvifiii uvTO( lifo. ^ £visl£r_sia. a Ovapöv 8' ü; xa\ oä Evtitv Jj <^»)(J) 
ajtii- igitsp yöp & voü; fvtx« Tdu JWrfi, tov «ütov Tpiito* j] (pilai;, xal toüY temv 
ailfj TÖiO;. toioQtot S ' iv toi« [tpoi; ^ 'f'MX'l "°^ * ara ?<l<nv ' xovta -fäfj ti «pmtixa 
tt'ipota ijjt < r , uy v *i( *PT * va ■ •••>( f™« ■"!? tbuxis övta. Daas die Seele bewegende 
Ursache iat, wie dieaa in Folgenden gezeigt wird, versteht »ich ohnedem. Part. 
an. I, 1. 641, a, 36: die oioia ist sowohl bewegende all Endursache; toioütov 
51 toB C<(mu iftat xmo, ij ^>u^ t) |iip &( n wä-(Sj(. 
S) 8. o. S. 364, 1. 
4) De an. IL 1 fahrt Arist fort: $ S' (M> tatMxttn (die Form iat die be- 
wegende Kraft). roiouTou öpo süfiaroc JVTaUx.ua. Der Ausdruck .Entelechie' 1 
könne aber einen doppelten Sinn haben; man »ersteh« darunter bald die wirk- 
same Kraft, bald die Thütigkait selbst (daa stehende Beispiel für die erste Be- 
deutung iat die £iwnj|U) , für die »weite daa 6ttupatv ; a. a. a. O. Metaph. IX, 6. 
1048, a, 84. Phra. VIII, 4. 855, a, 88. De sensu 4. 441, b, 23. gen. an. II, 1. 
"BS, a, 9. TsnaDBLEaBEÄO De an. 814 f. Bositb Amt. Hetaph. II, 894). Die 
Seele nun könne nur im ersten Sinn (dem dar Kraft) Enteleehie genannt wer- 
den , da sie Ja anob int Schlaf vorhanden sei; nnd eben dieaa loll non der Um- 
satz nprüi)] auadrSoken, wenn ea Z. 27 heisst: ij^u/ij ioriv ävtal^ua f\ jupinj 
oä|iatm foaiaoC Suyäfiei t<u)]v lyjtviai, denn die Kraft iat immer früher als die 
Thatigkeit. 
5) Arial» fahrt a. a. O. Z, 28 f ort : t oioiho 51 [sc. Guv^ut £*>V iytn], l «v ^ opYO- 
tix'gv, indem er bnifügt, aaoh die Theile der Pflanienaeien Organe, nur sehr 
84* 
3,g,1 EE dby GoOgle 
372 Aristoteles. 
die Seele ist die erste Entelechie eines natürlichen organischen Kör- 
pers ')- Von jenem höheren Theil der Seele freilich , welcher hn 
menschlichen Geiste zu den anderen hinzutritt, kann diese Bestim- 
mung nicht gelten; aber mit diesem soll es auch die Naturwissen- 
schaft gar nicht zu thun haben, da er vielmehr Gegenstand der er- 
sten Philosophie sei *)■ 
Sofern nun die Seele die Form und die Bewegerin des Körpers 
ist, muss sie selbst unkörperlicher Natnr sein *); und insofern wider- 
spricht Aristoteles den Annahmen, welche sie seiner Ansicht nach 
zu etwas Stoffartigem machen würden. Sie ist nicht dasjenige, was 
sich selbst bewegt, wie Flato gewollt hatte, denn dann wäre sie 
•iaficbs (rgl. part an. ü, 10. 666, b, 37). Ueber den Begriff de« 
TgL m. wm Tbxidblmhbum *. il. St anführt: part. an. I, 1. MS, a, 9: wie 
daa Beil hart lein mtua, um Beinen Zweck an erfüllen, oBruf noA Ixü rb o»p« 
opfavo* (fia.il twoc yip bafftov tüv |ioptu>v, ifialon 8i x«l tb Ilov) ivorfit] Spa 
toiovBt tfcai xa\ £» -ratavSt, il hiao rärn. Ebd. I, 5. 645, b, 1*: fecA 81 t'o ph 
Jp-f «tov nsv ?« ni tou , tb S' o5 fvcxa np3;i( ti( , tpiivtpev iti xat tb mivoXov eüpa 
auWanjxE xpajjubt two( Evixn nXjjpoui. Wie, die Slge om de« Mgens willen d» 
ist, bo iat Tb süpi neu; -ri^ ^a^Sjc fvtxiv , xai t« [iupia twv J^ruv jcpb; 4 i^finn 
txoetov. Ebd. IT, 1. 6*6, b, 10 ff.: Ton den Beatandtheilen der lebenden Wem 
sind die einen gleicbtb eilig, die andern nngleiohtheilig (■■ o. 867, 7. Bd. I, 
673, 8); Jene aber sind um dieaer willen Tarnenden; ixthta* [so. t&t ävopoio- 
[upüvj; yip ipya xa\ npitsi; tlolv . . . Stomp i£ Aoröv xtii mlpwy n. a. w. auwonjxwi 
ti ipravixa tüv jiopistv. Ebd. II, 10. 666, b, 17: die Pflaumen haben nur wenige 
ungleiehtlieilige Bestandteile; irpb; yip iXl-jat «paarte. iXIyii» ipfavuv (j xpijon- 
Organiache Theile dea Leibea heieaen daher diejenigen, welche an. einer be- 
etimmten Verrichtung dienen; ao ateht a. B. gen. an. II, 4. 739, b, 14: wlj 
ipfanxwi jtpJ>( rijv aavouCTilv jioplois. ingr. an. 4. 706, b, 33: Boa piv -rap efT a " 
vbidlt ptpiai ^pi&pwa (M-po 6" Jov noo'iv )] trttpuEiv i| tivt äAlw toioilnp) tJ|« dpf- 
[!*»]» (UTaßaX^v (die Ort i Veränderung) north« . . . loa Si pi); TOiwJton fiuploi^ 
aha 81 t<j> aaipati ttaXifdvi; icoioilpunia ftpoip/ttiL. Irgendwelchen Tbltigkeitea 
dienen aber alle Theile einen lebendigen Leibea. Daae diese organisoben Tbeile 
anob die nngleiehtheiligen aind, fat ao eben bemerkt worden. 
1) De so. II, 1. 413, b, 4: tt BtJ ti xetve* iiii icfent |u X % Sil Urm, A) *• 
tvraMj(ita ij «püri) ee^urtoc tpjmxoü opYavtxoij. Dan Gleiche besagt der Anadraek 
Z. 9 ff.: aie aei der Uro; (oder die oaai'a xara w lo"fov) (ROfMnetvMMeatoninn 
f/OYioi ip£i]V xtvjjatiof x*l orastiot *» iautfit. 
3) IL a. hierüber part an.' II, 1. 641, a, 17 - b, 10 TgL De an. T, 1. 401, 
e, 87. «,9 ff. H,S.*418,b, 34. 
S) 8. o. 171, 1. De Tita 1. 467, b, 14: oTJXov Sri o*x ofcv t' dvat owpui tf 
«Wn acs-rffc [flfi Ipr/fc], IM' t|u>c Bti ▼' tV im to6 adttanjoc (sa^ti pnsl^ fawf«V 
z ;1 ,CooqIc 
Die Baals, 373 
auch ein Bewegtes, «lies Bewegte aber ist im Räume *}. Sie ist 
nicht die Harmonie ihres Leibes *), denn diese Harmonie müsste 
entweder eine Verbindung von Stoffen oder ein Mischungsverhält- 
niss sein, die Seele aber ist keines von beiden; der Begriff der Har- . 
monie passt eher auf körperliche Zustande, wie die Gesundheit, als 
auf die Seele 3 ). Sie ist nicht eine sich selbst bewegende Zahl, denn 
sie bewegt sich überhaupt nicht, und wenn sie eine Zahl ist, ganz 
gewiss nicht *)• Sie ist nicht ein bestimmter Stoff, wie Demokrit, ' 
und nicht eine Mischung aller Stoffe, wie Empedokles annahm 5 ); 
denn wenn sie ein Stoff wäre, könnte sie nicht durch den ganzen 
Leib verbreitet sein, da nicht zwei Körper in demselben Raum sein 
können, und wenn die Seele alle Stoffe in sich haben müsste, um 
alle wahrnehmen zu können, so müsste sie ebensogut auch alle Stoff- 
verbindungen in sich haben, um diese zu erkennen. Sie ist nicht mit 
der Lull zu verwechseln, die wir einathmen, denn nicht alles Leben- 
dige athtnet *); sie ist nicht allen Stoffen beigemischt 7 ), denn die 
1) De Mi. I, 3. c. 4. 408, a, 30 ff. Die weiteren Gründe, welche liier jener 
Bestimmung entgegengehalten werden, und die Kritik der platonischen Lehre 
von der Weltseele (a. a. O. 406, b, 26 ff. rgL Metaph. XII, 6. 1071, b, 37 and 
die S. 356, 4 besprochene Stelle De coelo II, 1) moss ich übergehen. 
2) M. vgl. über diese Annahme Bd. I, 323. 
3) De an. I, 4, Auf. — 40S, a, 80, wo die» noch mit weiteren Gründen 
belegt wird. Vgl. Pdilop. De an. E, 2, m.: xtfjffltaL 8t xait aütbc 'ApiarorAtit 
...^10 EäBiJuiii tö SwJiOYai Sita Intftipfyiwt Tau rctis. (iiä |jct oütmc ■ Tij appovia, 
$ ijolv , £ar! ti ivevrfov , f, «vapfiosTfa - Tij St ^u/tj ouBtv fvavifov ' ojx äpa f, ty/Ji 
äpfj.o»£» iotiv ... Stur^MX 6(- cfi äppovia, ^r,tfr, toü oiijiarot £vav:;ov i<r&* fj ivsp- 
juKrria ToO atu|iarof ivap[iOoria £1 ioü tpjij^ou oi^j.»to( vöoo; xas äufi^vtia x«l 
olo^oi- uv to (itv a3j|*|isrpia £a;'t tiüv ar&i^Eiruv J] i6ioi, TD Be twv £{u>10|upüv f] 
teoA-uo, tö" 61 tG>v ep-renutüv to afox.04. {Hierüber e. m. jedoch 8. 367, 7.) tl «!- 
vuv f| ävapujMJTLa vooo? xol iafitviux ki! aTir^os , fj äp jiovia äpa iviii xaü [tr^us xsl 
xilloj. 4^X^I 3t oüSiv fori Taiirun, oute *jfda ipi|tt\ oüts !o^J4 qSti xiUoc ^ux*l v 
■jap rfxsv »1 5 6ipaiT>]t ab^iffroj üv. oOx äpa ioitv fj tyvyii ip|*ov£o. xol toOt« piv 
h cxcfvoic. Auch Bihfl. De an. 14, a, o. nnd Olympiodok in Fhld. 6. 142 er- 
wähnen dieser Ausführung des Endemus. 
4) A. a. O. 408, b, 32 ff. rgl. Ute Abth. 672*, 2. 
5) U.a. über die ante dieser Annahmen De an. I, 5, Auf. c. 3. 406, b, 
15 ff. o. 2. 403, b, 28. und Bd. I, 617; über die zweite De an. I, 5. 409, b, 
23 ff. c 2. 404, b, 8. Bd. I, 643 f. Ich gebe auch hier von den rieten Einwür- 
fen gegen Empedokles nur einen. 
6) De«n. I, 5. 410, b, 27. 
7) Arist. findet diese Annahme schon bei Thaies, hauptsächlich aber bei 
loogle 
374 Arlstotelei. 
einfachen Körper sind keine lebenden Wesen, Die Seele ist also 
aberbanpt nichts Körperliches, und es können ihr keine Bestimmun- 
gen beigelegt werden, welche nnr dem Körperlichen zukommen. 
Ebensowenig ist sie aber ohne Körper l ); Aristoteles bemüht sich 
vielmehr, sogar einen bestimmten Stoff aufzuzeigen, in dem sie zu- 
nächst ihren Site habe, und mit dem sie bei der Zeugung von einem 
Wesen zum anderen übergehe *). Das Richtige ist nur, dass die 
Diogenes von Apollonia und Heraklit; Tgl. De an. I, 6. 411, a, 7 ff. und dam 
u. 3. 405, a, 19 ff, und nniern Uten Bd. 8. 162, 3. 199. 194. 460, 1. 4. 479 t 
1) De an. II, 1. 41S, a,*4: En [i±v o!v aix Cmv J] ^t) x.«ip:37}j toü otbpariK, 
1) [ii()Tj x'.vi a-Jvfji, tl [iEp[or}| ici'puxtv, our. äbSi^ov .... otl [i-9jv iXV evi£ ye oiWbi* 
Xikt, Bin ■& |»]Sev)){ ch« «ijASTOf Inikrftlat. Vgl. gen. an. H, 8. 788, b, 28 ff. 
787, a, 7 ff. nnd 8. 873, 8. 376, 1. 
3) Die Hanptstelle hierüber findet »ich gen. an. II, 8. 7S6, b, 99: in« 
fUv o3v 'luxfjj Eiivofii; lupo-j oiufm-ruf Jouu «xopkuv^x*»« n'i fltioTspow tSW ul» 
[ItVtUV QTOf£UUV- <ü( St BlOftpOUOl TlfiliTTjtl OlE ijfWJ^oil XOt i?[p.!I älXjjl(OV, oBfM IM 
fj TOiailTi] SisstpEi qjuoLf . naVTiuv p.iv fip h t(Ö mip|MRi fvu7t&px."i ^ rtE P n oi£t f*»!** 
sTvou t& ^t^pp-ita, tb xiXou|ieyov Oipjiiv. touto fi' od (tup oJSt towiJti] BJvsjilj ima, 
alA* Tb (pjRptXo[i.ßavd|uvov tv tö onlppMTi xot &> t»Ü itpnwSsi itvEÜp.a xsl )] ev ™ 
Kveöfnati ftfotf, malovov oSon tÜ> töv rärniiiv atoiX'bp- Nicht das Fetter, gondern 
die Warme, sei es nun die derSonne oder die Lehen swinne derThiere, erreoge 
Lebendiges. ri> St Ti|{ ■rovJjt oS[«x, Iv (5 auvaici^rnii to ujcepjja tb ttfc <jiv/_tuj; 
«PX?S(, Tb p.£v ^(Upiorbv Sv oiijiaTO?, E0015 £^icipiX«^ß&vatai t'o fetov (totoürof 8' iWfl 
S xsloiitisvo; vo5() , to 8' er/iüpinera , toBto to aitip |ui t^( fOvSJf SiftXuctM n. i. w. 
Da hier der Stoff, in welchem die Seele zunächst ihren Bits hat, ron den Ele- 
menten ausdrücklich unterschieden, nnd mit dem Stoff der Gestirne verglichen 
wird, lag m nahe, bei demselben an den Aether zu denken, welcher ander»«» 
(a. o. 332, 7) fast mit denselben Worten beschrieben wird. Dem steht min frei- 
lich im Wege, daaa der Aether so wenig warm als kalt ist, und dass er, als in 
Element der wandellosen und kreisförmigen Bewegung, in den Gegensatz dec 
irdischen Elemente nnd den Wechsel des Entetehena nnd Vergehens nicht ein- 
treten kann. (8. o. SSO f. 360, 4 und die eingehende Erörterung Meybb'b Ariit 
Thierk. 409 ff.) Auch wird Ja jener Stoff nicht alt Aether bezeichnet, senden 
mit dem Aether nur verglichen, nnd' sonst wird nie von einem Itherfaohen 
Stoff im Körper, sondern immer nnr von der Lebensw&rme und Lebenslnft ge- 
sprochen. So De Tita et m. 4. 469, b, 6: r.kixn St fl p.6pia xsä itöv Tb aäpa •&* 
gifibiv e/jn tiva aiijxipuTov Otpp.iir^-ta foawij»- daher die Wurme des Lebendigen, 
die Kalte des Leichnams, ova-ptaTov S-fj tatStjjt tijm ipfßp ttJc flspjio'TiiTOt i* rfl 
x&pS(s toT4 &«ffion irmtt, reit S^ äva^oi; 1/ t^i ivttofW ipY^f'™ 1 T*P *•' ^ ^, ' 
rui puanl^ 6ep(ifil --jjv -po^v n&vn, jj.U[«te St xb xupiÜTaTov. Mit der Erkamuie; 
des Herzens erlischt desabalb das Leben, Siöt ti t*,v ipxV JvTE3fln t^( fcpuinim 
^p-cvjoBai naai, xoit ti;; ^"X^ f"O^Ep £p.7MftupEU|i£'vTiC " töl! (lopfoif TdiiTOIf (das Hera 
ist gleichsam der Heerd, auf welchem das 8eelenfener brennt) . . . äv(Srfxr, t»wi 
JigiiizBdby Google 
Die Beet« 375 
Seele die Form ihres Körpers ist, denn die Form «t weder ohne 
SfwtiJtt^ijv&K&px. 1 " 1 *»l "V "°" (llpp«" loiiiou »Mtijpiav, x& tbv xaXoJ|i£vov flava- 
to* tTnai tt.j tqiStqu ftop&v. part. au. II, 8, 660, i, 2: da die Nahrung nur durch 
die WBrme gekocht werden kann, bedürfen alle Pflanzen und Thiete einer 
äpxh 0cp|J.o3 (f'jowii). c. 7. 652, a, 7 ff. : die Seele ist nicht Feuer, aber sie ist in 
einem feuerartigen Körpur, sofern das Warme hei der Ernährung und der Be- 
wegung ihr hauptsächlichstes Werkzeug ist. III, 5. 667, b, 26: tJjv toG OtpjioS 
öfxV ava-ptoioi iv Tfjj aiJTfji totiji (wie die empfindende Seele) sTvau De respir. 
c 8. 474, a, 25. b, 10: t'o CjJv xa\ 5-, Tijf <]iux>i( fy-i |«t1 flapjjnä-njTiis itnie fativ , , . 
RUp\ f otp EprJ&t« nivTa. Der Sitz dieser Wärme ist im Herzen. Die übrigen 
Beelenkrafte können nicht ohne die ernährende sein, diese nicht övsu toB f\im- 
xo5 jcupd^' cv toJtu yap !; 'fiiait [(UCEffilptuxm suhifv. c. IS. 477, a, 16; die edleres 
Thiere haben mehr Warme; ijis -y«p svi-p"! *«' 'Ht'rl wwjpl*^ 81 tui«its pat . 
e. 16. 476, a, 26: alle Thiere bedürfen der Abkühlung &i tj)v £v ttJ xttpSia i% 
i^u^f juntipuotv. c. 21, Auf. : xoÜ SfpjuÜ, iv cS ■?, ip^j] j| Öpt^nioj (welches 480, 
b, 1 gleichfalls jrup heisst). Ebd. e. 17. 479, e, 7 ff: die ctpx^TrjiCurfjtgehtatw, 
orav (iT) xaT»JnJ^T,rai tj Stpjibv t'o xoivimoDv oJttj(. Wenn daher durch'a Alter die 
Lungen (beziehungsweise die Kiemen) trocken und unbeweglich werden, nimmt 
das Feuer (die Lehen» warme) allmBhlig ab, und geht bei leichten Anstüssen 
ganz au. fi'.ä y«p to iXifw sTvai to 0Ep|xbv, an toÜ nXtioTou 8i«7[t7r«uxQT05 h x& 
jrXijflti T7J( Ciiwjf, ... xxfiiMi äjcosßi'vvuT*!. De an. n, 4, Schi.: sp^ö^iTcu St tfy» 
xe'ijitv t'o DtpjioV Bio näv ep^u/ov J^ei Q(p|idT7)T«. gen. an. II, 1. 732, a, 18: die 
edleren Thiere sind grosser; toötq B' oiix övtu 8Ep|tdT>)TO( i-jy/.xiji. c. 6. 74Bi 
a, 26: J] St OippSTijf ivuicnpx,« £v tu) nKppartxöi nspimöuoTi. 744, a, 29: der 
Mensch hat die reinste 6ipujSTJ]t cv Tjj xopEio. Vgl. gen. an. II, 4. 740, b, 39: die 
ernährende Kraft der Seele bilde und urnahrc Pflanzen und Thiere, x.f ,u C^"l 
otov öpyivai! (>Efu.&n]Tt xai ^uxpo'iirrt. Nach gen. an. III, 11 (s.'o. 321, 7) ist die 
Lebenswhrme im nvtüjin , die ip/^ xoü nvEiipiarof ist (De somno 2. 466, b, 7) im 
Herzen, von dem alle thierisefce Warme ausgeht; bei den Tbieren, die kein 
Herz haben, Jv flu ävalo-fO» l ° o^|ifuto* i»2ü|ia ivayuo'to r «vov xat ouviE&vov ipal- 
ww (ebd. Z. 11). Dieses xvt&un otiujpurov, welches den Tbieren von Natur in 
wohne and nicht von aussen her in sie komme, geschieht noch öfters Erwäh- 
nung; nach gen. an. IL 6. 744, a, 3. V, 2. 781, a. 23. pari. II, 16. 659, b, 17 
fallt es die Geruchs- und Oebörgttnge, und vermittelt die Empfindungen dieser 
zwei Sinne; part an. III, 6. 669, a, 1 wird bemerkt, die blntlosen Thiere, deren 
innere Warme geringer sei, brauchen nicht zu athmen, sondern das nvEG|ici oni(*- 
puTov reiche für sie zur Abkühlnng aus. Da aber dieses nach dem Obigen 
doch Begleich der Sita der thierischen Wärme sein soll, so werden wir diess 
nnr so verstehen dürfen, wie" es respir. y. 474, b, 31 ff. erklart wird, das« bei 
denjenigen nicblathm enden Thieren, welche ausser der dnreh das umgebende 
Medium (Luft oder Wasser) bewirkten noch einer weiteren Ahlfühlung bedür- 
fen, eine solche durch Hebung und Zusammen Ziehung des swOaa c"u.fuTov .be- 
wirkt werde, indem sie mittelst derselben jenes Häutohen am Unterleib , von 
dem a. B. da» Zirpen der Grillen herrührt, bewegen, und sich damit (denn sc 
sy Google 
378 Aristoteles. 
den Stoff, dem lie zukommt, noch ist sie selbst etwas Stoffliches ')• 
Und ans demselben Gesichtspunkt ist auch die Frage nach der Ein- 
heit der Seele und des Leibes zu beantworten. Ihr Verhaltniss ist 
ganz dasselbe, welches überhaupt zwischen der Form und dem Stoff 
stattfindet *), and die Frage, ob Seele und Leib Eins seien, ist ebenso 
verkehrt, wie wenn Jemand fragen wollte, ob es das Wachs und 
seine Form sei. Sie sind es und sind es nicht: ihrem Begriffe nach 
sind sie verschieden, ihrem Dasein nach untrennbar *); das Leben 
ist nicht eine Verbindung von Seele und Leib *), und das lebende 
Wesen nicht ein aus beiden Zusammengesetztes 5 ), sondern die Seele 
ist dioM auch nach 8. 476, a, 11. 669, b, 1 za verstehen) Kühlung si 
Neben diesen Stellen steht die Aeusserung gen. an. n, 3 sefir vereinzelt, aal 
kann «och das aü|ia Oetitipov tüv monetiuv, von dem sie redet, kein elementi- 
risoLar Stoff', keine blosse ävn6ü[i!aa[( sein, so ist es doch ^andererseits sock 
nicht möglich, ihm eine ätherische Natur beizulegen; Aristoteles seheint viel- 
mehr hier etwas in verlangen, wofür er in seiner sonstigen Lehre die Stallt 
offen m lassen versäumt hat. Eine anadrüoklicbe Erörterung übet das imtiigu 
Jjiftrcov giebt die anflehte Schrift *. IIwd[wnc , welche sich übrigens keinw- 
wega anf diesen Gegenstand beschränkt; wie sich aber ihr Verfasser seine 
stoffliohe Beschaffenheit vorstellt, erführt man •nah ans ihr eicht. 
1) 8. o. 371, 1. 373, 3 undMetaph.VII, 10. 1036, b, 14: (xtt St JjtffivEtW 
ytr/i) (toDto f ip odata toü [[I^ijyou) fj xena Tdv Xdyov oiiofa xal td sBoj xtä tö tl 1/t 
tlvo! xtf tat^St »wjibti. Ebd. Till, S. 1043, a, 35. De an. II, 2. 414, a, 12: w» 
in Allem die Form von dem Stoff »u nntersebeiden ist, der sie aufnimmt, io int 
auch die Seele toBio iS JüJjaev xöb alotevd[u8a xck Siavoou'juBa nptitttu;, üerci X4p! 
ti; i« eo] xst iTSof , äXA ' ofl]( üXt; xail tö bcoxef(uvov. Tpt/ö; ykp Xrfoptvi); lijs oi- 
oiaj, xaBaitip efeojitv, i£v t'o piv *TSo(, Td 31 5Xtj, to Gs i^ ägiciolv" tedtu» S' ^ [in . 
Kli) !üv«|ti!, tö St eTSo( (Vielr^Ei«,* eicä Si tö ^ *p-<p<itv ejt^u^ov, od xa oS[ab ktn 
rtmWyn 'fn'X'itj ***' "^"i v(C>fiatä( tivo;. iar Gut toBto xaXüc taoXsjiftovouaiv, oft 
Boxs! |iijT ! bveu awua-oc eTveu [djts 3<Ü]ia ti ^ ijrt^fjtj. aöjLa [tf.v vif odx fori, aasunt 
Si xi. De an. II, 1. 412, b, 11 ff. wird diess so erläutert: wäre die Axt ein N* 
tnrwesen, so wSre das Axtsein seine Seele, wäre das Auge ein abgesondert» 
lebendes Wesen, so wäre ea die Sehkraft (ötyis) > a *' T7 S T*P odoi« icpÖaAjieÜ S] *ni 
t«v Xdrav. o !' dpBaXp.b( 51 r) ö^ewi, fy din»Xiinoiiei]f "ix Bottv dfdoXpSf, Du 
Seele verhalt sich zum Leibe, wie die Sehkraft zum Auge. 
2) S. o. B. 243, 2. 263, 1. 
B) De an. II, 1. 412, b, 6 : die Seele ist die Enteleebie eines organieohra 
Leibes, Gib x*\ od Sei £ijT!tv e! Iv fj ^ux.'i xo ^ ~° oÄjia, wmeep oiBl tot irjpo* xsl n 
a^iifix, oiS' 8Xto; tJjv ixioroo 5Xt,v xäi rd öS tili]. 
4) Wie es vielleicht in der platonischen Schule, der Definition des Ster- 
ben« im FhKdo 64, C entsprechend, definirt worden war. 
5) Metsph. Vin, 6. 1045, b, 11. Top. VI, 14, Anf.: das Cjjv und das !$»> 
ist Dicht eine edvtWit * oih{fa|io; von Seele und Leib. 
3Y Google 
Seele and Laib. 377 
ist die im Leibe wirtende Kraft, der Leib das nttüriiehe Werkzeug 
der Seele. Beide können daher so wenig getrennt werden, als das 
Auge nnd die Sehkraft *): nur der lebendige Leib ist wirklich ein 
Leib zu nennen *) , und nur diesem bestimmten Leib kann diese be- 
stimmte Seele inwohnen *); die pythagoreische Vorstellung, als ob 
eine und dieselbe Seele die verschiedensten Leiber durchlaufen könnte, 
ist gerade so widersinnig, wie etwa die Behauptung, dieselbe Kunst 
könnte sich der verschiedensten Werkzeuge gleich gut bedienen, 
die Zimmermannskunst z. B. der Flöte so gut, wie der Ast *). 
Besteht nun das wahre Wesen jedes Dings in seiner Form, 
und das Wesen alles Gewordenen in seinem Zwecke s ), so wird 
diess auch von den lebenden Wesen gelten müssen. Jedes lebende 
Wesen ist eine kleine Welt, ein Ganzes, dessen Theile dem 
Zwecke des Gaazen als Werkzeuge zu dienen haben *). Jedes 
1) De an. II, 1. 418, a, 1: ü; £' f) ityif >.a\ f[ äiiviiu; tou ö'pvavou f t ijui/ij [sc. 
trtM/ui imj' to Sa süSpa va 5uv4l«i öv iXX' ütrasp o äipflal.u.bi f] xdp») xcti fj 
äfa, mxß ij tyxfM **& ™ o«|« to £&ov. 
5) A. a. O. 413, b, II. 20. 26. part. an. I, 1. 640, b, 33 ff. 641, a, 16. gen. 
•o. II, 6. 741, i, 10. Meteor. IV, 12. 889, b, 31. 390, a, 10. Metaph. VII, 10. 
1036, b, 24. 
3) De an. II, 2. 414, a, 21 (iiauli dem 376, 1 Aogel'iihrteu) : na! Sii toü» 
sv tia^mri fijcipjn, xa\ fv otfyian toiootiü , Mit otty fxncep ot itpÖTSpov ■!( oöl|ia ^vijp- 
jiotov aüri)v, oiJOiv Äpof StopffovTtf h tIvi xsl 710(10, xairrcp uüSe f anopivoi) teS vrffit- 
to; S^ta6at tb Tu]r_dv. oBtw 8t vfmai xsi xorti Xdyav ix&nou yip ^1 ivraJi^si« iv 
iiji SuvaiiEc ünipxov-Ti xcu Tfj alxEiqt Clrj x^ux» ^ivsofleu. Vgl. Was 8. 149, 1 ana 
Phya. II, 9 11. a. St. angeführt wurde. 
4) De an. I, 8. 407, b, 13: die Heilten (Arial, denkt ennaobjt an Plato) 
machen den Fehler, daw sie von der Verbindung der Seele mit dem Leib 
reden, oiHftv upDtBiopiasvrtj, SiA tiv* sirisi xsl jciÖ; IgovTOf tou 3tu[üxro(. xs(tol 
Wfeitv äv iotfr' öv»Yxcfioy irW Sii v&p tJjv xonwvltxv tb ilsv lmtft to 5e icitayu xat 
10 |iiv xlveitbi tb 8t xtvÄ, totf-twn 6* o-iBlv irrip/ei t;so( «XlrjX« Tai« Tu^aHan. ot 6e 
[iÖDOT felX.EIf*"" UrtIV KÖtrfv TL f| ^"X^l l 1et ? t ^ ~ '' S E? d [ll(v 0'J OtJ)[l*T0i OljBtV IT: 
xpo^SLopt^ouon , ö(icip Jvicy£(i«vo* x*ti tou; HuBorjopixobt u.i!6ou; tJ;u Tuyoüoav 
t r ,u X.*i v *k ™ tu X™ kädtuBsL aüfis' Boxel 70p ixacrtov Siov rj(Eiv ifio? not ["-opspTJv. 
xspanliJoiQv Bl Mvewnv tuunEp e" ti; tpaij] ri|v TtxtevutV iit aiUobs iviieafai- l& 
■flp Ti|V [tb Tr^VT)* va^ofiai toTj ÄpY>voi{ , ti)v St ^u^V -<i> «uigiavi (vgl. 8. 876, 1}. 
6) 8. o. 8. 2B9, 4. 360, 2. 287. S31 ff. Gerade mit Beaiehang auf die 
Torliegende Frage wird diesa part an. L 1. 640, b, 38 anagesproohen; f\ ~äp 
«ot« tj)v (lepfV f deif lupicuTEpa TtJ$ iXix^ ^dnut. 
6) S. o. 871, 6 mad Pbja. VIII, 3. 262, b, 24: «I 0" h Jiiiu toSto Suvitov 
TEvioOsi, ti xcoltiii Tb ailtb onji^vai xa'i MtTa TO ItSv; at yäp fi [iixpiS xioiiu) -fWe~ 
tu, xa\ iv (MyöXy. 
i „Google 
978 Aniitotele». 
Werkzeug ist aber von der Verrichtung abhängig, für die es be- 
stimmt ist; der Körper ist mithin um der Seele willen da, und dir 
Beschaffenheit jedes Körpers ist durch die seiner Seele bestimmt l > 
die Natur gießt, wie ein verstandiger Mann, einem Jedem nnr de 
Werkzeug, das er gebrauchen kann s ). Weit entfernt daher, mit 
der filteren Physik das Geistige aus dem Körperlichen abznlcitea, 
schlägt Aristoteles den umgekehrten Weg ein; das Seelenleben ist 
der Zweck, das körperliche das Mittel; wenn Anasagoras gesagt 
hatte, der Mensch sei desswegen das vernünftigste Wesen, weil er 
Hände habe, so erklärt er seinerseits, dieser Säte sei nur dann wahr, 
wenn man ihn umkehre: der Mensch habe Hände, weil er das ver- 
nünftigste Wesen sei, denn das Werkzeug müsse sich nach den 
Gebrauch richten, nicht der Gebrauch nach dem Werkzeug 5 ). 
Gleichgültig ist freilich die Beschaffenheit des Werkzeugs für den 
Erfolg nicht: man kann nicht aus jedem Stoff und mit jedem Mittel 
Jedes machen *); diess schliesst aber nicht ans, dass die Wahl des 
Werkzeugs selbst von der Rücksicht auf seinen Zweck abhänge 6 ). 
1) PmL an. I, 1. 640, b, 22 ff., wo zum Sohhute (641, a, 3»): &ra w 
o5t<o( Sv Iexi&iv iit] 7(5 Mpl fiacioi OitupqTixCü 7t£p\ T^X^t jjinUav f| ittp"! 1% &afa 
8™ [iaW,ov )j GXi} Si' ixxivrp ?Jait laiti Tj m4raXiv. c. ö. 645, b, 14: iidt&n 
ptv Sp-rwav icäv Evtxi Tau, T&l Sk Tau atöfMtlot jiopiiuu txonxtov hixk tott, i'i f * 
tttxa itpi?!( Ttf, eB«Epöv Eti xtu Tb siiyoIov 3öJ(io owimjxi xpa&üc ttvos fveti tiy 
pou( . . . &3TS xel Tb oS(4.4 K'u( tijj ^"/^t fnxiv, kcCl tä [i.opia twv ipytov xpK 1 
x^umv Ixaarav. MeUph. VII, 10. 1086, b, 14 ff. De an. II, 4; s. o. 371, 2. 
2) A. a. O. IV, 10. 687, a, 10: f] Be filot« ul SuntpEi, x*0Ämp «4pum 
o pivi[iQ4, [kouttov tö Suvapiv») ^pr,a6«t. Ebd. o. 8. 684, s, 28 : l| Bk ipilai; fe»S> 
Btuon cul tbic yj»jaS«u äuva;jivoi( IxaoTov J) [loviot 1| (iöüXov. III, 1. 661, b, 26 !■■ 
tod den sur Yerthetdigang dienenden, überhaupt den mm Leben Halbst nich 
unentbehrlichen organischen Tbeilen (xaoT* äxoSlSuaw ij <ptfci{ roii SuvKjitW 
^piJaOM jxdvou; )) [*£U.ov , fiilima os t<I> ju&tara. Daher pflogen die Verthaidi' 
gungaorgane den Weibchen ganz oder theilweiee au fehlen. 
8) A. *. O. 687,*, 7— 28, wo U.A., nach dem eben Angeführten: ipw^u- 
rip rü övn aüXr, - ^ Soüvat |i£XXov iäXou< fl Tiü «OXo'm fyovti Jtpoaäävii auÄiitcn 1 
tO yip [uECovi xol xusuuTiaei jcpoeÄli)XB toBX«ttov, äW oü Ttj» ÖAttovi to Tquvtt- 
pev xal pßfrv .... tu ouv icXeIotoc Suvcujinu B^noSai t*/va; Tb ercfc itltfaroi w> 
öpfivujv xpijotjiov tt,v x<Ipo 4jceSs3iu«v f| ipiis«. 
4) S.o. 377, 8. 4. 14», 1. 
5) Es nicht daher mit dem voibin Angefahrten, sofern wir den arurtouii 
scheu Standpunkt festhalten, nnr scheinbar im Widewprnoh, wann gen. «■ 
II, 6. 744, a, 30 der Veratand des Menschen als Beweis fb> die c&qmoia sebM 
Central Organs angeführt, put an. II, 2. 646, a, 2 ff. c 4. 651, ■, 12 «öe 
Jiqi-zedby G00gle 
Zwaekthltlg keit d. organische« Natnr. 379 
Gerade bei den organischen Wesen ist diess vielmehr augenscheinlich 
der Fall. Die Zweckmässigkeit, welche in der ganzen Natur wallet, 
kommt in ihnen am Vollständigsten zur Erscheinung •); von ihnen vor 
Allem gilt es, dass die Natur immer das Beste hervorbringt, was sie 
Diiler den gegebenen Umstanden hervorzubringen vermag 1 ). Schon 
in der Ernährung und Entwicklung der organischen Körper lässt sich 
diese Zwecfcthfitigkeit nicht verkennen. Die Ernährung ist nicht 
Mos eine Wirkung der Wärme, wie man wohl geglaubt hat; wenn 
sie vielmehr auch mit Hälfe derselben erfolgt, so muss es doch 
immer die Seele sein, welche ihr ihr Maass setzt und sie auf ein be- 
stimmtes Erzeugnis^ als ihr Ziel hinlenkt"). Ebensowenig läset sich 
das rYachsthum der Pflanzen mit Empedokles daraus erklären, dass 
sich die feurigen Stoffe in ihnen nach oben, die erdigen nach unten 
grossere Verständigkeit von einem dünneren und kälteren Blnt hergeleitet, 
ebd. IV, 10. 686, b, 22 der geringere Verstand der Tbiere Kinder und Zwerge 
»na der erdigen und unbeweglichen Natur ihres Seelenorgans erklärt, De 
respir. IS. 477, a, 16 den wärmeren TMeren eine edlere Seele zugetbeilt, und 
De an. II, 9. 421, a, 32 geengt ist: hinsichtlich des Tastsinns übertreffe der 
Mensch alle andern Geschöpfe, Sie xsl <y povijidraTiSv fait t&v C<{iuv ; auch unter 
den Menschen seien die, welche ein weiches Fleisch und desshalb ein zartes 
Gefühl haben, geistig begabter. (Vgl. auch Metaph. I, 1. 9S0, b, 23.) Die 
geistige Thätigkeit kann immerhin in ihrer Erscheinung an gewisse Beding- 
ungen geknüpft sein, wenn auch diese nnr tun ihretwillen eintreten: was an 
sich das Ursprüngliche und Bestimmende ist , erscheint in der seitlichen Ent- 
wicklang als das Spatere und Bedingte; vgl. psrt. an. II, 1. 646, a, 24. Bei 
«eiterer Erwägung ISsst sich aber freilich das Dialektisch« dieses Verhältnis- 
ses nicht verkennen. Die Seele soll eich nnr so weit entwickeln können, als 
ihrKfirper es verstattet, und der Körper nur so beschaffen sein, wie seineSeele 
üiii gebrauchen kann — was ist hier das Erste und Maassgebende? Wenn es 
die Seele ist, warum hat sie nicht einen Leib, der ihr eine höhere Entwicklung 
möglich macht? Wenn es der Leih ist, wie kann er als ein hlos dienendes 
Werkzeug der Seele betrachtet werden? 
1) Meteor. IV, 12; s. o, 329, 1. 
2) M. a. die S. 322 ff. beigebrachten Aenssernngen, welche sich grossen- 
tbeils zunächst auf die organische Natur beliehen. 
3) De an. IL 4. 416, a, 9: Soxti 6s rraiv f, tqB jrapbf oiiai; iirXSj aMa rijc 
Tßofijt xa'i Ttfi ai^rpzmti ifvcu .... tb 3k auvaiTiov jiev K&i sartv, eil u)jv äxktäi 
je i'tiov, iXkk jiaXXav }| $*>%$■ fj JJ-lv fip ToS «upbj ai£r,at; t!( SjtEipov, tei( av j{ tö 
lautrtbv , TÜV ii fiazi auviaTüji.gWv xhvtiuv ioi\ itepat t.Ä \iyo$ [uy^° u ( TE ***'- 
ri&i««*- T«0tn St tyvtffi, SU' ad icupet xa\ Xa^ou [tÖUov * CX^s- Vgl. 8. 360, 
3'und Aber das «Itiov und ovvaitiov 8. 260, 2. 824, 2. 
i „Google 
360 Arittotelei. 
bewegen, denn was hält beide zusammen and verhindert sie sieh 
zu trennen? ') Nicht anders verhält es sich mit der Bildung des 
Organismas. Bei einem lebendigen Leibe handelt es sich nicht m 
seine einzelnen stofflichen Bestandteile, sondern wesentlich um die 
eigentümliche Verbindung dieser Theile, um die Form des Garnen, 
dem sie angehören *)• Aach die Entstehung desselben lässt sich 
nicht blos aus den elementarischen, im Stoff als solchem wirkende! 
Kräften, sondern nur aus der Wirkung der Seele erklären, welche 
sich jener Kräfte als ihrer Werkzeuge zur Gestaltung des Stoffes 
bedient *}- Die Natur schafft nur die Organe, welche für den Zweck 
jedes Organismus nöthig sind, nnd sie schafft dieselben in der Auf- 
einanderfolge, die ihrer Bestimmung gemäss ist 4 ). Zuerst bildet sie 
die Theile, von welchen das Leben und Wachsthuui jedes Wesens 
in letzter Beziehung ausgeht 5 ), hernach die übrigen Haupttheile 
des Organismus, zuletzt die Werkzeuge, deren sich dieser für ein- 
zelne Verrichtungen bedient e ); zuerst entwickelt sich die ernäh- 
rende Seele, als die allgemeine Grundlage des Lebens, erst in der 
1) A. a. O. 116, b, 28 ff. 
1) Part »n. I, 6. $46, a, SO: wie der, welcher von einem Hau» oderG» 
rltbe redet, nicht seinen Stoff meint, sondern die SX>] ueptp )), so redet auch dei 
Naturforscher nep\ tij( auvWotiui xäi tij( SXijf oOofat , aXXi p.J) iccpl Tod-tm S p, 
oniLJtowu ^oiei^jjuvai tote Tij( oMat aätöiv. 
5) Gen. an. II, 4. 740, b, 12 : fj 81 Si&xptait YtfVitw tGW fiop™v (bei da 
Bildung des Fftlue) oJ^ ws tivsc S^oXnjißivous!, Sii tb itifuxivon yeptofnä 
3]a.otov Jtpbf tb Sliqiqv (also wie beim elementarischen Process); denn in dielen 
Fall «Orden die gleichartigen BestandlbeiJe, Fleiecb, Knocben n. 8. f.ingt- 
trennte Massen zusammengehen ; iXV Eti ib xEp(TT6ip.B tb tou SiJXeuic Buvipe 
TOIOÜTJV EüTTV 0T0V (pJtTEl TD £G)0V, X«t EYETIl Suv&jU! TS |10piEE ivEpfEtB 8' oifliv . . M 
Sri tb sonjTubv itaA to T»6i]Tixbv, ötüv 6(vljciiv, . . tuObj Tb [ib noiA Tb 5t sm^s;--. 
fioiEtp 61 t! fijrb tijs ri^lnjf -fivo'nfvi ^fatci Bi« tSv ipfävwv, ^ JTI °" ■XiflArap 
tfoslv Eli t?js xcvijoeiij? «ärüv , aBti] 8' tat* f| Sv/pfiwi tij( Trj^vijt, Jj 81 t^vij (Wpoi 
töW -ftrvo(ir»niv rv äXliu, oCtu; Jj T^r '^«rrnijt ii^iji Sdvaiu;, &<mtp xot {v riw 
Trffs Ctj»'5 *a"l töli f urolt Buripov I". "C/Js Tpoyfjf jcoitt tijv aBlji]9W, /pouÄT] bfr« if- 
Y&voic BipjmStijti xal J-u)yiiT»]ti (r- ( ap Toiitois fj xhnjotf ixi(vr,j xoft U*feg> nVi bara> 
YivEtai) oCtu xa'i eT; äp^TJ; auv-arija! tb piiati yiYvdiuvov. 
4) A. a. 0. II, 6. 744, *, S6 : Jmi 5' ooiftv jcouT niplcpvov ooSi u.4rr ( v fj oüw. 
StpLOV <I>{ oü3' SoTtpov oö8t npÄnpov. terrat fiep tb YEfovbj [t4n]v 1 nipftpYOV. 
6) Bei den Thieren das Hera oder daa ihm entsprechende Organ; gen. u- 
TJ, 1. 786, a, 23. 
6) Gen. an. II, 6. 742, *, 16— b, 6. o. 1. 734, a, 12—26. 
i „Google 
Zweckthttigkeit d. organlsohon Natnr. 381 
Folge die Seelenthätigkeiten, durch welche sich jede Stufe über die 
vorangehenden erhebt , zuerst entsteht ein lebendes Wesen, dann 
erst dieses bestimmte lebende Wesen *). Aus demselben Grande 
findet bei der Auflösung des Organismus die umgekehrte Ordnung 
statt: das, was zum Leben am Wenigsten entbehrt werden kann, 
erstirbt zuletzt, das Entbehrlichere zuerst, so dass also die Natur hier 
kreisförmig zu ihrem Anfang zurückkehrt *}• An allen Theilen und 
Tätigkeiten der lebenden Wesen fallt die Zweckmässigkeit ihrer 
Einrichtung in die Augen nnd sie lassen sich nur aus dieser Zweck- 
beziefaung erküren. Dieser Gesichtspunkt ist es daher, welchen 
der Philosoph bei seinen Untersuchungen über den Ihierischen Leib 
in den Vordergrund stellt; denn die wesentlichen und entscheiden- 
den Ursachen sind ja , nach seiner oft wiederholten Erklärung, die 
Endursachen. Er sacht zu zeigen, dass jedes Organ genau so be- 
schaffen sei, wie es beschaffen sein musste, um seiner Bestimmung, 
nach Maassgabe der vorhandenen Mittel, am Besten zu entsprechen s ). 
Er weist nach , wie jedem Tfaiere mit Rucksiebt auf seine Lebens- 
weise eigentümliche Werkzeuge verliehen oder die gemeinsamen 
Organe seiner Gattung nach seinem besonderen Bedürßiiss umge- 
staltet seien *)■ Er fasst auch das gegenseitige Verhällniss der ein- 
1) Gen. an. II, 8. 736, «, 27 — b, 14 (vgl. 787, b, 17. c 1. 785, », 4 ff.): 
im Simen ist die Seele, so weit sie überhaupt an einen körperlichen Stoff ge- 
knüpft ist, der Möglichkeit nach enthalten; in der Entwicklung des lebenden 
Wesens tritt zuerst die ernährende, dann die empfindende nnd denkende Seele 
hervor, xnerst bildet »ich ein £üiov, dann erat ein bestimmtet C^ov, Pferd, 
Mensch n. »- w. Bmepov f&p f luetbi t'o tAoj, to B* ffiidv iW t'o Ex&rrou t5S( verf- 
Majl&et, 
t) Ebd. c 6. 741, b, IS: dass du Herz du Centralorgan ist, zeigt aich 
auch beim Tode; anoXdr.t: yb.fi to IJiJv cvteSSiv tcXeotoiov, oup.p'aLVM 3' tri it&vTuv 
W tlXtUTCltov -f [»i|UVOV 7Cpü>TQV ilToXtiTIElV , TD St TCpOJTOV TeXsuTSIOV , SffTCEp TlJ( ^5U- 
nu; St«vXoSpo[io»ai]f x«\ övsXrrrojjivi): liil tJjv äpyjv EBn ^X6ev. fort fäp f, u.rv 
I^"i; Ix Toii [LT t qvtq? di to 5v, fj 6t f flopa ix tsÜ Svto: xaltv s?c t'o uJ) 5v. 
3) Die Belege, von denen uns die wichtigsten anch noch später vorkom- 
men wurden, giebt die ganse Schrift über die Theile der Tbiere von Anfang 
kiiinEnde, und viele Stellen der übrigen zoologischen und anthropologischen 
Schriften. 
4) So bat s. B. der Elepbant an seinem Bflssel ein ihm eigen tbOmliuhea 
Organ innBchat desthalb, weil er ungleich Land- nnd Snmpfthier ist, um bei 
längerem Aufenthalt im Wuser bequem atbioen an können; part. an. II, 16, 
'58, b, U ff. So richtet sich bei den Vögeln die Form ihrer Schnabel nsok 
i „Google 
393 Aristoteles. 
»einen Körpcrtheile in£s Auge: er unterscheidet die Hauptm-gane, 
welche dem Lebenszweck unmittelbar dienen, und diejenigen, welch» 
ihnen zum Schutz und zur Erhaltung beigegeben sind ')> er he"t 
merkt, dass die Natur den edelsten und den schwächsten TheiU* 
immer den stärksten Schatz verleihe *), dass sie da, wo ein Orgai 
seinem Zweck nicht genüge, ein anderes dafür schaffe oder tun- 
bilde *), dass sie Organe von entgegengesetzter Beschaffenheit 
neben einander stelle, um ihre Wirkungen durch einander zu massi- 
gen und zu ergänzen *). Dabei ist Aristoteles weit entfernt, den 
Einfluss der Notwendigkeit zu verkennen, welche hier, wie über- 
all, mit der Zweckthätigkeit der Natur zusammenwirkt 5 J; er ver- 
langt vielmehr ausdrücklich, dass der Naturforscher beiderlei Ur- 
sachen gleichseht nachweise e ). Nur um so entschiedener hält er 
aber daran fest, dass die physikalischen Ursachen als blosse Mittel 
für die Naturzwecke, ihre Notwendigkeit als eine bedingte zu be- 
trachten sei T ), nur um so höher ist seine Bewunderung der Weis- 
heit, mit welcher die Natur die geeigneten Stoffe zn benützen, die 
der Art ihrer Ernährung, wie a. a. O. III, 1. 662, b, 1 ff. IV, 13. «08, «, 10 ff. 
an KaobTÖgeln, Banmipecbten, Haben, Körner- und Insektenfressern, Wuter- 
and Sumpfvögeln im Einzelnen nachgewiesen wird. So haben (ebd. IV, 11. 
693, b, 24) die Delphine und Selacher das Maul oben , damit andere Thiera 
ihnen leichter entgehen können, und damit sie selbst eher davor bewahrt blei- 
ben, sich doreb GefrAssigkeit zu schaden. 
1) Das Fleisch z.B. ist das unmittelbare Werkieug der empfindenden See!*, 
Knochen dagegen, Sehnen, Adern, Haut, Haare, Nagel n. s. w. sind nur na 
seinetwillen da, wie part. an. II, 8 ausgeführt ist. Vgl. auch S. 380, 6. 
2) Part. II, 14. 668, b, 3 ff. III, 11. 678, b, 8. IV, 10. 690, fa, 9. 
3) Ebd. IV, 9. 686, a, 80. 
4) Ebd. II, 7. 662, a, 31 : ail -jap 5] f ifoif Wf*vä:m jrpbf t)jv kinrou iiaf- 
BoM|v [lojjBEiav r))v tov ksvtiou 7Wft8piav, fr* fawAEg t)iv flartpo« £mpßoXj)v Ira- 
pov. b, 16: fett &' imivTs Se"* n tijt jvavtb; jSonij i, Ina Wf/fin) toG jisvpfav xä.:ü 
pioou, eo wurde dem Herzen das Gehirn gegenübergestellt. 
6} M. s. hierüber 8. 250, 2. 326. 
6} S. a. a. O. nnd part. an. I, 1. 643, s, 14; 5yo rpinoi tfji ahioc m M 
UfOVTat -cvjx&viiv |x&X«rta ^ev öpfotv n. i. w. (Vgl. Plato Tim. 46, E ; 1W 
Abth. 487,4.) So stellt er auch bei der Betrachtung der ein seinen Theile nicH 
selten beide Gesichtspunkte neben einander, z. B. part. II, 14. 668, b, i: d« 
Mansch hat die dichtesten Kopfhaare, ii «v&fxiK ph Sii -ri)v Sypo'niM -roürju- 
fiXnj xoi Eii -a( fa? i(, . . . fvixsv 6t pgj]8£ia;, Snu>( oatnö^uei u. s. f. 
7) Die Nachweise worden schon & 260, 2. 334, 2 gegeben. 
i „Google 
Zweokthatigkait d. organischen Natur. 383 
widerstrebenden an überwinden weiss. Haashttlteriscb mit ihren 
Mitteln gebraucht sie auch die Abfälle des thiurischeu Lebens an 
nützlichen Zwecken, nichts lässt sie verloren geben % Alles ver- 
wendet sie so viel wie möglich r ) ; wenn sie mit Einem Organ aus- 
reichen kann, giebt sie einem Thiere nicht mehrere, welche die 
gleiche Bestimmang kitten B ); wenn sie gewisser Stoffe bedarf, 
am einem Körpertheil eine stärkere Entwicklung zu geben, ver- 
kürzt sie lieber einen andern, der neben jenem entbehrlich er- 
scheint 4 ); wenn sie durch Ein Organ mehrere Zwecke verwirklichen 
1) 8. o. 326, 1. 
2) Su sind t, B. (part. an. UI, 14. 676, b, IT ff.) die Gedärms dcsshalb 
eng tuid vielfach gewunden, är.iui To^nijij'n» i) yfon xel u.)[ öBpüo; i) f, ü;o6os toü 
r-tf-axtiiiiaTtii, und «war vorzugsweise bei deu Thieren, welche in einer massi- 
gen Lebensweise bestimmt oiud. Aehnlich schon Plato Tim. 72, E. 
8) So fahrt Aristoteles part. an. 111, 2 ans, daas den verschiedenen Thieren 
Terschiedene Schutzmittel verliehen seien, den einen Hörner, den andern 
Klanen, den einen Grösse, den andern Schnelligkeit, nach anderen widerliche 
Exkremente; Si|ia 3' Ixmot uit nXtiout ßoqOifoc oü BeBiuxev J] fJoic tolf nütut;. 
So bemerkt er ebd. IV, 12, 694, s, 12, data Vügcl, die einen Sporn haben, 
nicht ungleich krnmmo Klauen besitzen; s'tiov 5' Sri oi61v 3| ^ilaii noifl xipisp- 
pv. So reapif. 10. 476, a, 6 ff.i Kiemen und Lungen seien nie beisammen, 
Stil |iöri]v oiBh öpiü|Atv üMOüaav riju p dow , Sualv S' Övioiv 6«TEpov äv ijv [iiT»]v 
(and Torher: K S' j<p' b äp-fnvov ^pijatiiov). Su part. III, 14. 674, a, 19 ff.: die 
Thiere, welche rollkommenere Kauwerkaeuge besitzen (die äjiipiüSonaJ, seien 
mit einfacheren Yardauunga Werkzeugen ausgerüstet, die, welchen jene fehlen, 
haben dafür mehrere Hagen; und nachdem er mehrere Thierklaasun genannt 
hat, die an den enteren gehären, führt er 674, o, 28 fort: eine Ausnahme 
machen solche, die wegen ihrer Grösse und ihrer rauhen Nahrung mit Einem 
Magen nicht ausreichen, wie das Kameel; diese* sei in Zahnen und Magen 
äen bi)rnertragaoden ähnlich Siü za ävayxaio-tEpov sTvai «Jtjj tjjv xoiÄiav e^elv 
■wjiJrT]» T| touc nposftiouf ÄSivtot;, diese entbehre es iü; oCStv 3vta4 icpoüp-reu- 
4) Gen. an. 111, 1. 749, b, 34: Magere haben grösseres Zeugungsvermo- 
gon ; f| yip s fc ia küXb Tpoy ij TpAntou T0I4 lotoijioi( Äz jtspLTTtüjia aitep (iaiixiv ' S 
fi? ii£"i6s7 wpoupEl i] tidoic, jspotri&iioiv EvraäOx. part an. II, 14. 658, a, 31: bei 
lacgBchw&niigan Thiereu aind die Schwänze kurier, bei kurigchwanaigen 
steter behaart, und Ähnlich verhält es sich mit andern Korpertb eilen ; irav- 
;a /.oS f *a äxoSfoatti [jj f liciij] laßoioa siipwDtv icp'or, ÖÄxo jiipwv, vgl. ebd. c. 9, 
fl5 5, i, ST; «ij.a St -rijv ad-ri)v Siupo^v sie noUou; idnou« äSuvttil Suv«[U:v Sj 
fsn«. Zur weiteren Erläuterung bemerkt Meyer Arist. Thierk. 468, den ich 
ia diesem ganaen Abschnitt dankbar benfitze: „So verwendet nun die Natur 
ata erdigen Ausachaidangsf toff entweder su Hörnern oder doppelten Zahn- 
t8 >tcD" (part. au. III, 2. 663, b, 81. 664, a, 8 — oder auch, wie beim Kameel, 
;, s ,:z K i:vCoOgIe 
384 ArUt«t«l«at 
kann, benutzt sie es fnr dieselben *), wiewohl sie tndowsefe, wj 
diess nicht angeht, reich genug ist, am in ihrer Bäuichtmg nicM 
zn kargen*); von den verschiedenen Stoffen, welche ihr zur Ver- 
wendung vorliegen, gebraucht sie die besseren für die edleren, die 
schlechteren für die geringeren Körpertheile *). Selbst in den Ftl 
aber, wo sich von einzelnen Bildungen kein bestimmter Nutten 
nachweisen lässt, sind sie darum noch nicht zwecklos; sende» 
ihr Zweck kann , wie Aristoteles glanbt , auch in der Gestalt in 
eu sinem harten Gaumen ebd. c. 14. 674, b, 2). „Der im gansen Leib behaute 
Blr bat dafür einen Terkümmerten Schwans (ebd. LI, 14. 658, «,86). D» bsi 
den SRngetMeren der erdige Stoff schon nun Schwans Terwendet int, hibsn 
sie keine fleischigen Beine wie der Meosth (ebd. IV, 10. 689, b, 91). Di im 
erdige Stoff bei den Belächeln für die Dicke ihrer Haut verbraucht wird, habai 
■ie ein Knorpelskelet (ebd. II, 9. 665, », SS)." Weitere Beispiele fahrt Mim 
ans part. an. II, 13. 667, b, 7. IT, 9. 685, a, 24 an. Vgl. anch part. an. III, i. 
66S, a, 31. 
1) So der Hand, welcher bei den venahiedenen Thieren neben der ge- 
meinsamen Verrichtung der Nahrungsaufnahme noch rersehiedene andere bat 
und demgemSas verschieden gebildet ist; f) -jap fämt . . ■ 1014 xoiv<Ü( hbytw 
|iopiot; tt( naXka :<Üv ffii'wv unTd^p^-.in . . . . J] ii <pu«( nowra uuinjf ari* dt Ev, *9i- 
eSaa Biaf opäv bütoS tqö p.op[ou icpbc t«( tij; Ip-raoiac Eta?op&(. (Part. an. III. !■ 
B62, a,18 »gl. respir. c. 11, Auf.) So die Zunge (reapir. a. a. O. part. IL, 17). Sa 
die Hand, welche (part. IV, 10. 687, a, 19) oty h äpravov aXX« itolli ist; cm 
Yip üoTCEpEt öpyavov lipo ipriviiiv, sie int (b, B) xak ovuf xal /7)X}j xai x^pac xa\ Mpu 
xsl £(<po; xsl äXXo &jtoiovoSii Snlov xxt Öp-f ovuv n. ■ . w. Bo die Brüste der Weib« 
a. a. O. IV, 10. 688, a, 19 ff., der Rüssel der Elephsnten «. a. O. H, 16. 611, 
a, 20, die Schwänze der Thiere ebd. IV, 10. 690, a, 1 h. A. 
S) Part. an. IV, 6. 688, x, 29.: weeurftp bltyiitu y.p^jOat Bu<r\v U W «pr* ai 
|irj i ■f.r.Q%%t:v jtpb; fnpov , ouÄlv I) ■ lion tluSi icorftv öWntp 5] v^ejtanmxj) xpa; eW- 
Xtuv ipEJittixoXü^yiov (hierüber Tgl. GÖttliko De Maebssra Delphioa. Ind. leel 
Jen. IBÖfi. 8. 8;) &XX' Exeu pJ] Iviiyttttt xanr^B%Mn xü ad-tö Wl xldw räfi. 
Pollt. I, 2. 126!, b, 1 : odflrv Y«p *i fimi no'ii toioEtov ofov j(oAxotJjsoi tip 4«1- 
fM^jv jAH^sipav JTEVi^piT)!, iXX' tv ipöf fv ' oStu f ap äv «roTbXoIto xiüunn tüv ff* 
yAyiov fxaarov , fiJ] Tt&Uiit IpTott ±U>' Wt SouJUSov. Daaa dieaer Qtondaabi m> 
dem bisher beaproebenen der Sparsamkeit nicht ausgeglichen ist, mau i^ 
Meier (b. a. O. 470) einräumen; und würde «nah Aristoteles in dein Exwfr- 
Uvrtai wohl du Mittel gefunden haben, beide an Tereinigen, so wird niti 
doch sine gewisse Willkühr in ihrer Anwendung nicht Ungnen lassen. 
S) Gen. «n. II, 6. 744, b, 11 ff., wo der Haushalt der Natur In dies« Bo- 
■lehnng einem tnenBehliehen Haushalt verglichen wird, in den) ja aaoh d» 
Freien die beste Nahrang erhalten, das Gesinde seUeohtere, die H 
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Zweckthätigkeit <1. organischen Natur. 385 
solcher und ihrer Symmetrie liegen x ) , und es sind aus diesem 
Grande mancUn Thieren Organe verlieben, oder in ihrem Körper 
wenigstens angedeutet, deren sie für sieb nicht bedürfen *)■ Nur 
wo sieh durchaus keine Zweckbeziehang mehr entdecken lassen 
will, entschliesst sich der Philosoph, eine Erscheinung auf den Zu- 
fall oder die blinde Notwendigkeit zurückzufuhren B ). 
Die Zweckthatigkeit der Natur kommt aber, wie früher gezeigt 
wurde CS. 326 ff 1 .), in einem allmfihu'gen Fortschritt, einer stufen- 
weisen Entwicklung, zur Erscheinung. Die mancherlei Lebens- und 
1) So betrachtet er ea namentlich als ein allgemeines Bild uugageaeti, daaa 
alle Organe gedoppelt (Etfufj) vorkommen, weil der Körper überhaupt unter 
dam Gegensatz des Oben und Unten, Vorn und Hinten, Rechts und Links steh« 
(part. an. in, 7, Inf, c. 5. 667, b, 31 ff.), nnd auch wo ein Organ anscheinend 
nur einfach vorhanden ist, bemüht er sich, seine Duplicit&t nachzuweisen (a. 
4. 0. 669, b, 21 : BidJKp xsl o £jxfytü,o$ floßim 8uisp}j( ep/bi Tom xn\ tüjv abSi]- 
Tr;piiuv txaarov. xot» tov ailibv St Xo^ov i] xspäia zeütxoiXiaii. Ebenso die Lunge). 
Ein anderes typisches Gesetz ist es, dass die edleren Theile wo möglich nach 
oben vorne und rechts liegen, weil diese die besseren Seiten sind; part. an. 
1U, 3. 666, o, 23. b, 20. c 5. 667, b, 34 vgl. c. 7. 670, b, 20. 0. 9. 672, a, 24. 
c- 10. 672, b, 19 ff. Derselben ästhetisch- teleologischen Betrachtungsweise ge- 
hört ea an, wenn part an. II, 14. 653, s, 15 ff. bemerkt ist, die Menschen seien 
Tora* stärker behaart , als hinten, weil die Vorderseite die edlere (tijj.iwMpa) 
■ei und desshalb mit Recht vollkommeneren Schutz habe, und wenn ebd.Z. 30 
die Bchwanzhaare der Pferde u. s. w. einfach als Schmuck bezeichnet werden. 
2) So haben die Hirschkühe, obwohl ohne Geweih, die gleichen Zahne, 
Tis sie die mannlichen Hirsche wegen ihres Geweihs haben, weil sie doch zur 
f'jiti XEparoEpopo; gehören; ähnlich haben bei gewissen Krebsen die Weibchen 
die Scheelen, welche eigentlich nur den Mannehen zukommen, in sv t$ 7SVH 
tut 1% vfirtv x.ip.i« (part. an. HL 2. 664, a, 3. IV, 8. 684, a, 33). Die Milz, aar 
den lebendiggebärenden Thieren nothwendig nod desshalb bei ihnen stärker 
entwickelt, soll dach bei allen als eine Art Gegengewicht der Leber wenigstens 
»ndeutungs weiae (*i(*[).ixpo» wtncEp btjjieioj X"F 1V ) vorhanden sein, weil diese 
fttthr auf der rechten Seite liegt, und ihr daher auf der linken ein anderes Or- 
gan ratsprechen muss , um' ävavxaiov u.ev rao;, u.f ( \ixt Ö" tTv 11 iroai to'ij ££ül; 
(part, an. III, 7. 669, b, 26 ff. e. 4. 666, a, 27 vgl. II. an. II, 15. 506, a, 12); 
ebenso bat der Affe, weil er doch noch zu den Vierfüselern gehört, einen 
Bchwanzarwati äcov ot^eiou /ip-.v, H. an. II, 8. 502, b, 22. c. 1. 498, b, 13. Zu 
dum Vorstehenden vgl. m, Mbybb 8. 464 f. 
3) Ein solches Nebenprodukt ohne Zweck, ein ncpltrujj.1, tijt nach Aristo- 
teles (part, an. IV, 2. 677, a, 11 ff. s. o. 252, 2) die Galle; ebenso das Geweih 
fa Einehe ebd. 111, 2. 664, a, 6. Ueber Natumoth wendigkeit und Zufall s.m. 
S. 250 ff, 
PUtea-i. O*. II. Bd. t. Abth. 25 
ftql^GOOQlC 
3Ö6 Aristoteles. 
Seelenthatigkeiten kommen nicht allen lebenden Wesen in gbkkr 
Vollständigkeit zn, sondern es sind verschiedene Jfcrmen der Be- 
seelung, verschiedene Theile derSeele zu unterscheiden, nach deren 
Besitz die Stufen des Seelenlebens sich richten. Die Pflanzen sind 
auf die Ernährung und Fortpflanzung beschränkt, es ist nur die er- 
nährende Seele, die in ihnen wirkt 1 ). Bei den Thieren tritt zu die- 
ser die empfindende Seele hinzu, denn die Empfindung ist das all- 
gemeinste Merkmal, wodurch sich das Thier von der Pflanze unter- 
scheidet 8 ). Die niedrigste Art der Empfindung, welche allcu 
Thieren zukommt, ist der Tastsinn; schon mit ihm ist auch das Ge- 
fühl der Lust und der Unlust und die Begierde, zunächst die Be- 
gierde nach Nahrung, gegeben *}• Bei einem Theil <der lebenden 
Wesen verbindet sich mit der Empfindung die Ortsbewegung, welche 
gleichfalls noch der thierischen Seele angehört *}; bei dem Mw- 
1) Dom. n, 2 (s.o. 870, 3). Ebd. 418, b, 7: 6pejrci*bv BkUffltnäifr 
outov [lipto» TTjf ■iu'/.'it "^ *"' TI T UT " f-^X"' c - 'i Anf. c. 4. 415, a, 23 : f. ;i: 
tpsicmj) $uy$l *°^ ""S =^- 01 t fafyWi **' "p^T>] xal xoivorirj] ievapfc Ion ^ujf,;, 
x«6' jjv foc&px" * ?3 V Snaoiv. % feifcv tp^« fevviio«L xtn Tpoqri) xp5jaflai. Hist in. 
Till, 1. 588, b, 24. gen. an. 1, 23. 781, a, 24 wird nnr die Erzeugung alt eigen 
thümliche ThStigkeit der Pflanzen seele hervorgehoben, und De an. IT, 4. 416. 
b, 23 bemerkt: itcA Bi heb toO tflou; Sjcavta npoiarfipiiw Sfxnov, ,tAo$ 8" 
^»vv^oai otov aJtb, eft] öv 1) icptümj |ux^l Tfjvvijrai}) "Tov sfl-rf, Dagegen zeigt gm. 
an. 11,4. 740, b,84tT. (vgl.c. 1. 785, a, 16), daes es Eine und dieselbe seelisch 
Kraft sei, welche zuerst die Bildung und in der Folge die Ernährung desLsita 
bewirke, nnr dass jenes die grossere Leistung sei; ei o5v aBnj forty fj Öpcnif 
fuyj), öS"] ivA jtal fj -fEvvüoa ■ xat toSt' (VrW ^ o iSois Jj ixnorou, (vuicApjrwra «1 
Jv !f'JToi( **'. fv »i'ioti Kaoiv. 
2) De an. 11,2. 413, b, 1; w (*lv oüv tjjv Bii rir* «pxV ™hij* fijripimtii 
JiÜtn, to fit Oüov Siä t^v aTrfijatv T.ptliTW xi\ yip tl |i)| xivqjuev» [iijS' cUXxnom | 
TiSxov f/ovTa fi' «TuOiptv £tfii X£fO[iev xal oi £Sjv [lävov. De sensu o. 1. 436, b, It. 
De jnvent. c. 1. 467, b, 13 — 27. part. an. II, 10. 655, a, 32. 656, b, 3. IT, 5. 
681, a, 12. ingr. an. & 4. 705, a, 26 ff. b, 8. gen. an. I, 28. 731, a, 30. H, 1' 
732, a, 11. Die meisten von diesen Stellen bemerken ausdrücklich den Unter- 
schied des £Sv and des iCSov. 
8) De an. II, 2. 413,b,4ff. 31 ff. c. 3. 414, b,i— 16. 415, a, SB. IDT, lt. 4M, 
b, 11 ff. c. 18, 485, b, 17 ff. De sensu 1. 4B6, b, 10—18. part. an. n, 17. «1, 
a, 6. H. an. I, 3. 469, a, 17. De tomno I. 464, b, 39. c. 2, Anf. Wenn bisse 
bald nur die ip)), bald die äyi) *«l -fiBcn: als Eigenschaft aller Thiere genau! 
wird, so erledigt sich dieser scheinbare Widerspruch durch die Bemerliu* 
data Arist. den Geschmack als eine Unterart des Tastsinns betrachtete; D* 
sensu 3. 4SS, b, 30. De an. II, 9. 421, a, 19. II, 10, Anf. 111, 12. 434, b, 18. 
•1) De an. IT, 3. 414, b, 16. 
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Untersohiade des Seelenlebens. SfcT 
sehen kommt za der ernährenden und empfindenden Seele die dritte 
und hüclute Seelenltraft, die Vernunft 0- Nur in diesen verschiede- 
nen Formen ist die Seele vorhanden 4 )> diese selbst aber stehen zu 
ejnanderin dem Verhältnis«, dass die höheren Formen nicht ohne die 
niederen sein können, wohl aber diese ohne jene J ): das Seelen- 
leben bildet eine fortlaufende Bntwicklungsreihe, in der jede fol- 
gende Stufe die sinuülichen vorangebenden in sich enthält So 
wird hier die platonische Lehre von den Theilen der Seele, nicht 
gegen den Sinn ihres ersten Urhebers, wenn auch in veränderter 
Fassung, auf alles Lebendige angewendet *}, um in der ganxen or- 
1) A. m. 0. II, 8. 414, b, 18 (Tgl. III, S. 42'/, b, 6. gen. an. I, 28. 731, a, 
JO ff.); Magic i\ [tü>» Cijiiui üsif X«'] *«t TO i(«VO]tmdv ti xai voE(, olov «vSpiuTiotf 
man toidütov Ittpov in™ )) xai iip-iw-uisov . Ueber den letzteren Beisatz später , 
tei der Eiürternng über die Arten der lebenden Wesen. 
2) De an. II, S. 414, b, 19: sc wenig es eine Fignr Oberhaupt ansser dem 
Dreieck, Viereck u.s-i 1 - giebt, ebenso wonig eine Seele ausser den angegeben« 
M. 
3) A. «. 0. 414, b, 28 : jtapttTrXi] 01014 8' e/u Tip :upi tüv g^guütuv xat to 
htb iujij»' äti fip äv iüj ^£^ij{ inip^ti Suväuxi tb itpänpov fo! TS luv a^ii&Tuv 
«i iiö tu* £u,<£iix wv ) oT&v Jv Tiipayibvcp piv Tpifiovov £v aMiytixC 31 t'q Bpiimxuv 
... ävlu piv ■yip toQ SptitnxoÜ tb abBijtntbv ai3x ioriv toü S' «fcjB^tixoi; -/wpSittai 
« tftimna* b -totj furo"«, niliv 6" Svsu uiv w5 öurciioü xüv älluv euaBijaiiuv oi- 
V 11 ; ~if X"' »t^I S ' " ,ED T " v «Xiuv 4n«px*' ■ ■ ■ *«i tuv abSijTmü» Be tö [iiv 
Vi ii xaii Tiitov xiyijTixbv, xi 6' oOx q[su Tilsuxatov St x«t ili^iirta X&ytafibv xat 
äuroisi- oIe (*<v yap ijiipx" ^OfiaLiö'c t«y fSaptSv (diest, weil den tiji« «pflsft»!, 
'es öestimen, ein reiner vowt zukommt), wtiratt xa'i xä Xoiitä navia, oTc B* ixsi- 
''«" fxaaTov, oü Jiäac Xofigy.b;, öXXa Tele usv &u3e ^tiTacia, ti Bk ibütt, lUJvr, ffüalV. 
«fiäsToü OswpTjTixoü voü frspos Xti-foi (hierüber spater). Ebd. e. 2. 418,*, 81 
Stet du öptKiixiv .- ^lupi^saflai Si tquiq jiiv tüv «AXgjv Suvaiav, tb 3' all« TOiir» 
«turaw« tv 1014 6v7|Tii"i(, Vgl, I, 6, Schi. De somno 1. 464, s, 11. 
4} Aristoteles tadelt zwar (De an. DI, fl. 10. 432, a, 22 ff. 483, a, 81 ff.) 
i» platonische Dreitheilnng, weil man, wenn man einmal nach den Seelen- 
Kralligen tbeile, weit mehr Theile erhalten würde, das flpurrixbv, abeijTixbv, 
fwwaiixbv, vaijTtKov, (jogXwnxbv, ÖpexTLxbv, denn die Verschiedenheit zwischen 
üeien sei grösser, all zwischen dem &(Qu|Mj~uibv und 6u[iixbv, und De an. i, 6. 
411, b, 6 hält er Flato die Frage entgegen : t! qSv teotc mwijt 1 xj;v <\uf} t i (l (M- 
P«i) i^finsv ; Der Leib kenne diese nicht sein, da ja vielmehr die Seele den 
Leib iniammenh alte; sollte es eine un körperliche Kraft sein, so wäre diese 
& G eigentliche Seele. Dann milsste man aber sofort wieder fragen, oh sie ein- 
zeilig oder neebrtheitig sei. Wenn jenes ; warum es dann nicht ebensogut die 
Seele selbst sein könne; wenn dieses, so müsste für die Theile des ouvs^ov 
"tedet ein qvWj(oy gesucht werden, und so in's Unendliche t Folgerichtig mtiiiete 
25* 
JigilizBdby GoOgle 
gaiiischen Natur die Entwicklung einer and derselben belebende! 
Kraft zu erkennen, welche sich von ihrer niedersten Erscheinung bis 
zur höchsten emporarbeitet. 
Dieser fortschreitenden Entwicklung des Seelenlebens ent- 
spricht die Erscheinung, deren Wahrnehmung den Philosophen ohne 
Zweifel zunächst anf jene Annahme geführt hat , der stetige Fort- 
schritt der organischen Natur vom Unvollkommeneren und Dürfti- 
geren zu vollkommeneren und reicheren Erzeugnissen. „DieNalnr, 
sagt er, macht den Uebergang vom Leblosen zum Lebendigen so 
endlich jeder Seelen th eil in einem bestimmten Thetl de» Leibes seinen Bis 
halien, was doch offenbar weder in Betreff der Vernunft der Fall sei, die gar 
ktin leibliches Organ hat, noch in Betraff der niederen Seele, welche bei 
Thieren und Pflanz™, die zertheilt fortleben, in jedem dieser Theite ganz sei. 
Indessen redet Aristoteles selbst doch auch von Theilen der Seele (s. o. 386,1. 
De Tita 1. 467, b, IG), nnd wenn er allerdings einen Anlauf nimmt, In dieser 
Vielheit die Einheit des Seelenlebens strenger, als Flato, festzuhalten, so wer- 
den wir doch finden, dass ihm diess in der Wirklichkeit gleichfalls nicht ge- 
lingt, nnd dass namentHoh sein voüj den niederen Theilen innerlich so fremd 
bleibt, als Plato's unsterblicher Seelentheil. Beine Abweichring Ton Flato er- 
scheint daher im Princip nicht so bedeutend, nnd wenn er die Formen des 
Seelenlebens theilweise anders bestimmt, so weist doch auch Plato Ton seinen 
drei Seelen theilen den untersten den Pflanzen, den mittleren den Thieren in, 
and auch er nimmt an, dass der höhere Theil die niederen voraussetze, aber 
nicht umgekehrt; s. lste Abth. 8. 5S9. Der Hauptuntersebied der beiden 
Philosophen besteht darin, dass Flato bei der Untersuchung Aber die Thailt 
der Seele zunächst von ethischen, Aristoteles Ton natnrphiloiopbischen Ge- 
sichtspunkten ausgeht. Viel zu weit geht dagegen StbOmpeli-'s BeJbauptQug 
(Gesch. d. theor. Phil. 334 ff.), welche auch schon Brakdib IL b, 1168 f. sut 
Recht zurückgewiesen hat, dass Aristoteles einem nnd demselben Wesen nickt ' 
blos verschiedene Beelenkräfte oder Seelen theile, sondern verschiedene 
B e e I e n beilege, dem Menschen Tier, dem T hier drei (indem nämlich die est 
pfindende und die bewegende Seele als zwei gezahlt werden). Arist. redet 
wohl von einer ijw/j) OpEjrnxij,, alofljjTi*)), lo-f [*■)], nnd Ton verschiedenen tyr/i 
(s. o., c. B. 8B7.2. De Tita 3. 469, a, 24 u. a, 8t), aber «eine Meinung ist nich: 
die, dass mehrere Seelen als ebensoviele Einzelwesen im lebenden Wesen 
neben einander seien, er bezeichnet vielmehr das Verhältnias dieser sog. ijiuji: 
eufa Bestimmteste als das des Inein anders eins, die ernährende Seele soll po- 
tentiell In der empfindenden, diese in der vernünftigen enthalten sein, wie du 
Dreieck Im Viereck (s. Tor. Anm.), so dass demnach ei» Thier s. B. so wenig 
■wel Seelen hat, als ein Viereck zweierlei Figur. Weiss er auch thatsaehlioe 
die Einheit der Seele nur unvollkommen durchzuführen (s. u. Kap. 10), so darf 
man ihm doch denbalb die Absicht, sie festzuhalten, nicht absprechen. 
. ,!.zed B y G00gle 
Stnfonrnihe dei Organ liehen. $fjß 
ailmihlig, dass durch die Stetigkeit desselben die Grenze zwischen 
baden nnd die Stellung der Mittelglieder unsicher wird. Nach dem 
Reiche des Leblosen kommt zunächst das der Pflanzen, und unter 
diesen sind nicht nur im Einzelnen Unterschiede der grösseren oder 
geringeren Lebendigkeit zu bemerken, sondern auch die ganze 
Gattung ergeheint im Vergleich mit dem Unorganischen als belebt, 
im Vergleich mit den Thieren als leblos. Weiter ist auch der Ue- 
bergang von den Pflanzen zu den Thieren ein stetiger , denn bei 
manchen Seethieren kann man zweifeln, ob sie Thiere oder Pflanzen 
sind, da sie an den Boden angewachsen sind, und nicht losgetrennt 
leben können; ja die ganze Klasse der Schaallhiere gleicht, mit 
denen zusammengehalten, die gehen können, blossen Pflanzen." 
Das Gleiche gilt aber auch von der Empfindung, der Körperbildunn;, 
der Lebensweise, der Fortpflanzung, der Ernährung der Jungen 
u. s. f.; in allen diesen Beziehungen ist ein allmäfaliger Fortschritt 
der Lebensenl wicklung nicht zu verkennen *). Aus dieser Stetig- 
keit im Fortschritt ergiebt sich jenes Gesetz der Analogie, welches 
Aristoteles in den organischen Gebilden und ihrer Lebensthitigkeit 
aufzuweisen bemüht ist. Die Analogie ist, wie früher gezeigt 
wurde *), das Band , durch das verschiedene Gattungen verknüpft 
werden; sie ist es auch in der organischen Natur, welche über den 
Gattungsunterschied übergreift, und da, wo keine Gleichheit mehr 
Riüglich ist, wenigstens Aehnlichkeit hervorbringt *)■ Diese Analo*- 
1) HUt. an. Vin, 1. 588, b,4 ff-, wo dicss noch naher naebgewieaen wird; 
put. in. IT, 5. 681, a, 12, wo im Anlaas der Zoophyten, und mit BnOokeioh- 
n'gnng der Unterschiede , welche auch nnter ihnen noch wahrzunehmen sind, 
bemerkt ist : f) 701p fimt pKapVvet Wiiyßti ä«b tSv äijxi^uv s!( ti ^ijia Iii ttuv 
[ibtuv uiv oux Svttuv 8i %tinav othen &m Soxtfv nijinav [tuepav Sw^pttv Bort^pou 
i) 8. 186, 2. Zum Folgenden vgl. m. Meyek Ariet Thierk, 884 ff. 108 f. 
3) Part. an. I, 4. 644, a, 14. Wanun werden nicht Wisset- nnd Flug thiere 
unter Einem Namen aneammengefaHt 1 äni fip sW itißi) xoivä >.di wihoij xat 
tt'n iXlm; X<i«"i 5r.mv. äAX' 3[iu( ^pflö( Suüftnat ToCrn» tov tfönov. Sm fiiv 
fip äiatpipfi TÜiy yiveiv «■(' fimpo^fjv xxl tb liaXÄov x*i t'o ^tto», taÜra üjkXsux-Cbi 
i»'i T&ei, Em S* Cfti ib svaXoyiiv xwp'f- Zwei Vögel z. B. unter scheiden sieb 
durch das Mehr nnd Minder, wenn der eine grosse, der andere kleine Flügel 
hat, Vogel und Fisch dagegen '.Gl avtto-fov i ya? jxel'vdi jrtipbv, (lati'pip XsTrij. 
Solehe Analogieen finden (ich fast unter allen Thieren ; il -jap icoXXa ^tjjct ava- 
*evov t«4Vq ÄÄiovStv. Ebeaio worden im Folgenden, 644, b, 7 ff. die Unter 
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390 Arletctele.. 
gie Usst sich hier nach den verschiedensten Seilen bin nachweißen. 
Die Stelle des Blutes vertritt bei den blutlosen Tbieren eine ent- 
sprechende Flüssigkeit 1 ); ebenso verhält es sich mit dem Fleische'). 
Da die Weiclithiere kein Fett haben, haben sie dafür einen analogen 
Stoff ')■ Den Knochen entsprechen bei Fischen und Schlangen die 
Knorpeln und Grate, bei den niedrigeren Thieren die Thefle, welcbe 
ah Hall ihres Körpers dem gleichen Zweck dienen, Sensalen, Ge- 
häuse u. s. w. *). Was bei den Vferfüsslern die Haare, sind bei den 
Vögeln die Federn, bei den Fischen die Schuppen, bei den eierle- 
genden Landlhieren die Panzer 5 ); was bei andern Thieren die Zähne 
sind, ist bei den Vögeln der Schnabel 6 ). Statt des Hertens haben 
die blutlosen Thiere ein ähnliches Centralorgan ''), ebenso statt des 
Gehirns etwas Analoges *D; statt der Lunge dienen den Fischen die 
Kiemen, statt der Lud ziehen sie Wasser ein *). Kür die Pflanzen 
schiede dea Mehr und Minder, welche sich innerhalb der gleichen Gattung 
finden, wie Gröt*e and Kleinheit, Weichheit and Hütte, Glätte und Eanhig 
keit, denjenigen eatgegengeaetEt, welche nur eine Aehnliohkeit der Analogie 
fibrig laiaen. Ebenso c. 5. 845, h, 4: r.cXkx xotvä jzoXX'üi fowf/ei tüv Jtywv, ä 
jtiv ixX&j, oTov r.&üci impi IcistBe; , *«l nifo) 8)] tbv «iItöv -cpdrcov touioej, ii V 
«viloYOV. X£fo> 6 1 niXo-joi, Bti T<fn |*iv ünipyti Jtlsüp.ioy , toi? Sb itXnJjioiv |ih 
oD, 8 84 tdlt (jtouoi nX£ii|iov«, Ixe(vol( Srspov ävt\ toiiwu- xoi W14 jaIv aüjna, flüi 
tt th öv(I&oyqv TTjv aiiJ;v ^_ov Biivoejuv fjfjKp töii eV*£[iot{ td alju. Ebd. Z. SO ff. 
Hirt. an. I, 1. 486, b, 17 ff. 467, a, 9. o. 7. 491, o, Uff. II, 1, 497, b, 9. VIII, 
1 (■. *.)• 
1) H. an. I, 4. 469, a, 21. part. an. I, 6. 645, b, S. II, S. 6G0, *, S4. 111,6. 
668, a, 4. 35. gen. an. IT, 4. T40, a, 31. De somno c 3. 456, a, 85 n. e. 
1) Part. an. II, 6, Auf. III, 5. 686, a, 35. II, 1. 647, a, 19. H. an. I, 3. 4. 
489, a, 18. 36. De an. II, II. 422, b, 21. 4S8, a, 14. 
3) Gen. an. I, 19. 727, b, 6. part. II, 3. 650, s, 84. 
4} Part. II, 8. 668, b, 88 —Schi. e. 9. 665, a, 17 ff. c. 6. 655, a, 9. Bul 
III, 7. 516, b, 12 ff. c. 8. 517, », 1. I, 1. 486, b, 19. 
5) Part. IV, 11. 691, a, 16. I, 4. 644, a, 31. Hist. III, 10, Ant l, 1. 4M, 
Mi. 
6) Part. IV, 12.692,0, 18. 
7) Part. II, 1. 647, a, 80. IV, 5. 678, b, 1. 681, b, 14. 28. a, 84. gen. a.. 
II, 1. 786, a, 28 ff. c 4. 738, b, 16. o. 5. 741, b, 15. De respir. c. IT. 478, t, 
81 ff. De motu an. e. 10. 708, s, 14. lieber die Theile, in denen Ariat dieMi 
Analogon des Heriens sachte, e. m, Mkyeb 8. 429. 
8) Part. II, 7. 652, b, 28. 658, a. 11. De'iomno 8. 467, b, 2». 
9) Part. 1, 5. 645, b, 0. DT, 8, Anf. IV, 1. 676, a, 37. HUt n. Vltt, I. 
589, b, 18. II, 18. 004, b, 36. De reap. c. 10 f. 475, b, 16. 476, a, 1. SS. 
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Gesetz der Analogie im Organischen. 3ß| 
.bat die Wurzel dieselbe Bedeutung, wie für die Tkiere der Kopf 
oder genauer der Hund, die Nahrung aufzunehmen *). Einige Thiere, 
denen die Zunge fehlt, haben wenigstens ein analoges Organ *). Die 
Arme der Menschen, die Vorderfusse der Vierfüssler, die Flügel der 
Vögel, die Scbeeren der Krebse sind sich analog a ); der Elephent 
aal anstatt der Hände den Rüssel *), Wenn die eierlegenden Thiere 
»9 Eiern entstehen, so ist euch bei den Säugethieren der Embryo 
von einer Eihaut umschlossen, und die Verpuppung der Insekten ist 
Annahme der Eiform; umgekehrt entsprechen die ersten Anfange 
der höheren Thiere den Würmern, aus denen die Insekten sieh ent- 
wickeln s ). Die Lebensweise, die Thätigkeiten, die Gemüthsart und 
der Verstand der Thiere lassen sich denen des Menschen verglei- 
chen; die menschliche Seele ihrerseits unterscheidet sich in der 
Kindheit kaum von der thierischen 6 ). Es zieht sich so Ein innerer 
Zusammenhang durch alle Gebiete der organischen Natur durch, es 
ist Ein Leben , welches sich von den gleichen Grundformen aus zu 
inner höherer Vollkommenheit entfaltet. Und wie die organische 
Natur hiernach das Reich der Zweckthäligkeit ist, so ist sie selbst 
auch als Ganzes der Zweck, welchem die unorganische dienen muss: 
die Elemente sind wegen des Gleichzeitigen da und dieses wegen 
der organischen Gebilde. Hier kehrt sich also die Ordnung des Seins 
um; was seiner Entstehung nach das Spätere ist, das ist seinom 
1) De an- II, 4- 416, a, 4: ü{ f| xc^aXi] xöv £«>wv, oütu* al £(£«< töiv ^utSSv, 
l! 'tS'\~2 öp-yavi üyeiv laihs xa\ hzoa iol( Epyai(. De JQTent. 0. 1. 468, a 8, 
ingr. an. c. 4. 706, a, 6. 
2) Part IV, 5. 678, b, 6—10. 
3) Part. IV, 12. 693, a, 26. b, 10. c 11. 691, b, 17. Hiat. I, 1, 486, b, lt. 
c- 4. 489, a, 28. II, 1. 497, b, 18. 
4) Part. IV, 12. 692, b, 15. 
6) Hiat. VII, 7. 586, a, 19. gen. an. III, 9 (a. tu). 
6) ilist. an. VIII, 1. 588, a, 18; meto vip b Wij cXsioto« xsl t£v öU,wu 
tr^DV *jryi) tüJv jcEp 1 ! t)]v <^X*1 v tpiitüiv, SitEp eVt tüv ivBpiinüiv «j^ei yxvipoitdpat TB( 
äswopii. Und nachdem diese durch Beispiele erläutert ist: ti \ih fkf lif |i«X- 
Arn iii ^xxov 8ietfispe[ Jtpo( tbv ävBpiuicov . . . t& 81 itjj ivaXoyov Siiftptf üi; fip iv 
»v6(«iitiu T^V7j xa'i aooi« xai auvsais , oStiuj evüh; röv Jcjiiiiv iati ti; I-Mp« ToiaiS-n| 
piaud) BtivafHj. (pavEpioTMQv 6' iVA t'o toloÜtov M tijv tolv ToiBtov ijJLuu« BWi]*. 
w h toiiTOij Y«p 1"* r 1 ^ Sswpov Reuiv Ivo|uWi eotlv !Be1y oWfyvij xa\ «lepji««, 
äuoipEi 8' oäÖtv r!>( stnitv J] |u^i| -rijt tSv ftijpftu» tjiux^* *"™ ** Z.P^ ,0V ™Bw, 
öor' oiStv äXofov, E? ts [jiv Ti'j-i Ta 81 napxi;Xi{sia tb 8' «v«J.o-yov fiirip^ 6 ' T Sf 
zedb( Google 
892 Aristoteles. 
Werth Und Wesen nach das Frühere l y. nachdem die Natur toxi der 
aussersten riimmelssphäre bis zur Erde herab eine stetige Abnahme 
der Vollkommenheit gezeigt hatte, erreicht sie auf dieser den Wen- 
depunkt, in weichein die absteigende Stufenreihe des Seins in eine 
aufsteigende übergehl 0* und nachdem schon durch die Mischung 
der Elemente tue Bedingungen für die Entstehung lebender Wesen 
gegeben waren, sehen wir das Leben in diesen von seinen ersten 
schwachen Anfängen aus zu seiner höchsten Erscheinung im Men- 
schen sich entwickeln '). 
1) Part. an. II, 1. 646, a, 12: tpiüv 8' oüoöv tö» uunWueuiw (worüber 8. 
387, 7 und Bd. I, 673, 3 i,. vgl.) KpÜTJ]* [iiv äv ttf fltb] -rf)v 1% tu» xo).ou[ictiiiv irf 
tiviuv vtoirftilav .... Stu-rfpa 8i aiSotaoif ix tüv jtpct>Tü>v Jj tu» ijioiojitpöv yüsi; & 
tritt Iipoi; änrlv, atov Jmoü xa\ aapxb( xa'i töv SWjov t<5v toioJtwv. tpiti) £1 «£ 
nliutaia Toy äpiB[ibv f| tiÜy ävO|ioiOfi£ptuv , oTov npotiumou xa'i Jiipii xa'i Töiv woii- 
TlUV [tOplIOV. IxA £' IvXrtlbH E7tl T>J4 fEVfelOf EJ^El Xa'i T)]( OUCTia( ' t« Y«p OltEp« ^i 
T-eveW spÄTtpa t)]u tpiiaiv Ivb xa\ npäJTov tb ti] fSveW tEltutolon, denn du H»u 
sei nicht um der Steine und Ziegel, sondern diese um des Hauses, flberbsopl 
der Stoff um der Form und dee geformten Erzeugnissen willen. t<£ [ib oh 
][pjv(p Jtpettpay -rij» 6Xj]M äya-j-xa"ov eTvai xa"l t^v ^veuiv, tS XdfV Sc t*;v oäuim xat 
ti|V Ixautou [AOpfTiv ... öate Tt)y p.iv töy otoi^iiuv 6).i]V äva^xalou tTyai tSv öjiW- 
jiipöiv ivEXEV, Catepa fip eWviov Taüta tt) yeve'uei, toutcüv 81 tä avo|n.oio(Mpj] (du 
Organisehe). ra&ra -f ip jjSi) ti tfl.ot Jj^ei xoil tb jetpa; . . . 1% äp-^orrfoiüV jjiv oäv ii 
Job ogv^irti)xi tüv jiopiiiiv toJtuv, «IXö t& £|U[0{jspi] toiy «vo(j.QK>|up<Jiv Ivtxsv fem - 
ixilvruv -jap i*pf a xa\ Kpi^Eij slinv, oTov o^flaXjioÜ u. s. w. 
i) H. Tgl. in dieser Beziehung auch gen. an. II, 1. 731, b, 24: r.idi fip 
Im iä \ii* äfiiia xal 6da tQv ovtgiv t& S' iiSzy/iptva. xol sTyai x«1 jtij tlWt, tt 8 
xaXbv xa'i to 1 8(1oy a'riov aii xaii -r);y afitoü tpilaiv TOÜ ßtlriovo; h to1( ivSe^ojiAwf) 
ti) Bc [i)| afBiüv ^vSi^j[Mvdv fori xii tfvai xa'i [UTa1.a|ißavcLV i.a\ TOÜ ^Ei'povo; xol toj 
ptXtiovoi, ßftTiov Bi ^u^J] |*iv aunaro;, tb 8' e"(ii|'u;(ov toD äij-ii^ou Ei« t^v ■jn^i', 
xa'i TÖ tftat toü p.)j tlvai xa\ tb 5jjv toü p.)] Sfjv , 8ii taiito; tat aitia« fivtei; C«" 1 
iatfv. 
3) DasB Aristoteles einen solchen Fortgabritt su immer höherer Vollknro- 
menheit annimmt, und dass bei demselben der Mensch die höchste Stufe bildet, 
welcher die ganze Entwicklung zustrebt, und au welcher die Vollkommenheit 
aller übrigen Wesen gemessen wird, erhellt ans Allem, was 8. 385 f. BS8f,MI,l 
E2G, ff. und Anm. 1 angeführt ist, und was sogleich noch weiter angeführt werdm 
soll. Zum Ueberfloss Bei hier auch noch auf part. an. II, 10. 655, b, 37 ff. gm. 
an. I, 23. 731, a, 24 verwiesen. In der ersten von diesen Stellen sagt Arn*-: 
die Pflanzen haben nur wenige nnd einfache Organe, ta 81 itpo; Ttji (ijv atadjsn 
jy_ovTi Jtolupopf o-c^psv eyci t^jv iSlav , xa'i toJiuv Ettpa itpb CtEpcuv [iiilov , xji 15- 
lu^ouffripav, SsioM [i)j piuov toü £}[v äl).i xa'i toü e3 Iflv ^ ftion [itttÄiiftv. touira 
8' ioA tb tüv ivfipiiiciuv f&of Jj -fip p;övov lutt^ei toS Scfou tö» ^jil» ■pupV* 
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Analogie de« Lebern Im Unorganischen. 393 
Die ersten Andeutungen dieses Naturlebens findet nun Aristo- 
teles schon in der anorganischen Natur. Die Bewegung überbauet 
kann als eine Art Leben betrachtet, es kann in gewissem Sinne von 
einer Beseelung aller Dinge, von einem Leben der Luft nnd des 
Windes gesprochen werden *). Auch dem Erdkörper kommt Jugend 
und Alter zu, wie dem der Pflanzen nnd Thiere, nur dass sie bei 
ihm nicht als Zustände des Ganzen aufeinanderfolgen, sondern als 
wechselnde Zustände seiner Theile neben einander hergehen: eine 
[tjw, i) [tiXtata 7i&vtidv. In der zweiten: Tijj pAv 70p töv 9 utüv oüoi'ij oiUt jnw 
JUo tfyov oä81 jcpi?i? oiSep.!« nlt,y fj to3 (nce'pfi.aTOf ftaetf . . . toü Si {tlnu oü 
fim t'o yeyv^oai fp-pov (toüto piv ykp xoiv'ov TÜiv iJiyVTeiiv n&vriuv), «XXI xaft fi&- 
M1I4 ums «mW [lerf^ouoi , tsl [ifo nXi£ovo( , ti 6 ' Äirrovos , xi Si s»|j.7:ct pixpäV 
iMi;<im fip t^ouaiv , f] S' sItStjOI; yvSof( T15. touStik Si to tljakiv xol Iniiov tioX'j 
iawpsi oiortoüoi np'os ipptivtjoiv x«t jcpb; tb töiv ä^u^mv f&0(. npb( jjlv fip tb 
OMväivmaxEp oiiSlv eTvai Soxel tb xeivwvttv öipiji xni vtilacuf p.ivov, jcpbt Si ivnaüj]- 
röv j&twto». Dem steht es nicht im Wege, dui Aristoteles psjrt. an. IT, ie. 
WS, b, 20 ff. Tom Manschen ausgehend bei den verschiedenen Tbierklasseo 
(Joe im Vergleich mit jenem abnehmende Vollkommenheit nachweist, und Hist. 
u. 1,6. 491, a, 19 mit der Beschreibung de« Menschen, als de« uns bekann- 
tsten Wesens, anfangen will; und man kann hieraus nicht mit Fbamtziü« 
(Aristflb. die Theüe d. Thiere 8. 315, 77, gegen den Meyer Ariet. Thierk. 
ttl ff. z. Tgl.) scblicason, das» der Philosoph «einer Betrachtung nicht die Idee 
filier fortschreitenden, sondern einer rückschreitenden Metamorphose an Grunde 
lege, dass er ein ideales Thier durch eine solche Ton der Menschengestalt aus 
durch die Eeiho dar Thiere herab sieh bis cur Pflanz enge ata.lt umbilden lasse. 
D«oa fGr's Erste geht er nicht immer vom Menschen aus , sondern nur bei der 
Betraehtnng der äusseren Theile; bei den inneren dagegen, welche ihm tob 
(taillieren bekannter sind, als vom Menschen, schlagt er den umgekehrten 
Weg eiu (Hist. an. I, 16, Auf. vgl. park II, 10. G5B, a, B). Sodann folgt aber 
flWbiupt nicht, dase das, was uns das Bekanntere ist, auch an sich selbst 
du Erste sein müsse, weder dem Werth noch der Zeit noch, nnd dass, wenn 
irietotelea vom Vollkommeneren auf« Unvollkommenere anrüok blickt, darum 
•neb die Natur jenes au diesem zurückbilde; Aristoteles sagt vielmehr so be 
itbnmt »ie möglich, das« es sieh hiomit umgekehrt verhalt; m. h. ausser allem 
Andern auch Tori, Anm. und 8. 138, 2. Von einer Metamorphoee sollte übrigens 
hier nicht gesprochen werden, weder einer rffeksebreitenden noch einer ror- 
icbrsitenden , denn die Vorstellung des Philosophen ist nicht die, dass , Ein 
ideales organisches Individuum sieh durch die verschiedenen Formen entwickle 
oder lurfickbüde, nicht die organischen Formen selbst geben in einander Ober, 
Hindern nur die Natur macht den Uebergang von der nn vollkommeneren anr 
vollko mm eueren BethSHgung ihrer bildenden Kraft. Vgl. S. 388. 
1) B. 8. 321, 6. 7. und gen. an. IV» 10. 778, a, 1; ßloj yip t« xd* x*stp«rri« 
«n ««1 Tfvesic xa\ ipftfcn«. 
JigilizBdby G00gle 
bewässerte Gegend trocknet aus und altert, während eine trocken- 
liegende durch neue Befeuchtung wieder auflebt; wo die Ströme an- 
wachsen, verwandelt das Land an ihren Mündungen sich allmühlig 
in Meer, wo sie versiegen, das Meer in Land; wenn auch weg« 
der Länge der Zeit nnd der Allmähligkeit dieser Veränderungen die 
Erinnerung daran sich zu verlieren pflegt '). Aus demselben Ge- 
sichtspunkt vergleicht Aristoteles das Meer überhaupt mit den orga- 
nischen Aussonderungen der Thiere *}- Indessen sind dieses dock 
blosse Analogieen, mit denen wir es nicht zu streng nehmen dürfen; 
ein Leben im eigentlichen Sinn sieht der Philosoph nach seinen be- 
stimmten Erklärungen nur da, wo ein Wesen von seiner eigenen 
Seele bewegt wird, bei den Pflanzen und Thieren ! ). 
2. Die Pflanzer.. 
Unter allen lebenden Wesen nehmen die Pflanzen die unterste 
Stelle ein *). Sie zuerst haben nicht blos ein Analogon der Seele, 
sondern eine wirkliche, einem organischen Leib inwohnende Seele. 
Freilich aber nur eine Seele der niedrigsten Art, deren ThätigkeÜ 
in der Ernährung und Fortpflanzung aufgeht 6 > Die Empfindung und 
Ortsveränderung dagegen und die Seelenkraft, von welcher sie her- 
rühren, fehlt den Pflanzen *); sie haben keinen Einheitspunkt ihres 
1) M. Tgl. die ausführliche und merkwürdige Erörterung Meteor. I, 14, ■» 
u. Ä. 651, a, 26: x«\ T7J; -pj« li fvibf, Snctp ri aüparta T* Ttüv <p«öv ul (of, 
icuJj» f/ii x« pjpo«. Die wechselnde ErnHriniLug und Erkaltung bewirke, Am 
die Theile der Erde nur eine Zeit laug bewüssert bleiben, sTta ftjpnivsru'. naift- 
pitraei RÖXtv- PuEpoi El Tinoi ßiaiuxovnu x«"t PniBpoi -fiyvwm nari (iipo(. Äriitf' 
teles beruft sich liiefflr auf die »llmahlige Bildung de* Nildelta, weloho itt 
aus der Vergleichung der homerischen Stellen mit dem spateren Befand ergebt 
auf die zunehmende Seichtigkeit der Maotia und Aehnliohee; und er sohbeai 
daraus, daaa wedei dei Nil noch der Tanaij immer geflossen seien, und dia 
das achwarae »leer in unabaebbarei Zeit Festland werden weide. 
2) Meteor. II, 2. 866, b, 4 ff. 366, a, 36. 
3) S. o. 8. 870. 
4) Ob Aristoteles sein beabsichtigtes Werk über die Pflansen wükli* 
geschrieben hat, steht nicht gana sicher ; für nns ist ea jedenfalls verloren * 
o. 8. 69). Was seine erhaltenen Schriften Aber dieselben enthalten, ist niu 
mengestellt bei Wimheb Phvtologiae Aristo!, fragment» (Breslau 1888). 
5) 8. o. 370, 3. 386, 1. 
6) S. 0. 386, 1. Weil die Pflanaen nie anr Empfindung erwachen, ist ür 
Zustand dem eines ewigen Schlafe Ähnlich, aie aind daher ohne den Weebs» 
tou Schlaf und Wachen (Do BOmno I. 454, S, 16. gen. an. V, 1. 778, b, II *)i 
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Pflanzen. 39S 
Lebens (keine uxabmt), wie sieb die« darin ««igt, dass sie grossen- 
Iheils fortleben, wenn sie zerschnitten werden, und weil sie ihn 
nicht hoben, sind sie unfähig, die Form dessen, was auf sie einwirkt, 
als solche zn empfinden 1 ). Sie gleichen insofern zusammengewach- 
senen Tbieren: sie haben in der Wirklichkeit zwar nur Eine, aber 
der Möglichkeit nach mehrere Seelen*.). So sind auch die Geschlech- 
ter in ihnen noch nicht gesebieden: mit ihrer Lebeosthätiglteit auf 
die Fortpflanzung der Gattung beschränkt befinden sie sich im Zu- 
stand beständiger Geschlechtsvereinigung '). Dieser Unvollkommen- 
heil ihres Seelenlebens entspricht die Beschaffenheit ihres Leibes. 
Seiner stofflichen Zusammensetzung nach besteht er vorherrschend 
aas Erde *); sein Bau ist einfach, nnd auf wenige Verrichtungen be- 
rechnet, für die er desshalb nur mit wenigen Organen ausgestattet 
ist 4 ); für seine Ernährung auf die Erde angewiesen und der Orts- 
tos demselben Grunde fehlt ihnen der Unterst Med desVurne und Hinten, denn 
dieser richtet Bieh nach der Lage der Sinnes werk zenge ; weil sie endlieh ohne 
Bewegung sind, eind sie auch ohne den Gegensatz des Rechts und Links, nur 
den anf das Waohsthnm bezüglichen des Oben and Unten theüen sie; ingr. «n. 
o. i. 705, a, 29 — b, 21. jirreut. c. 1. 467, b, 82. De coelo II, 2. 384, b, 27. 
285, a, 16 Tgl. 8. 349, 4. Ueber die platonische Ansicht von den FfJanien, 
welche der aristotelischen trotz einzelner Abweichungen doch nahe verwandt 
Ut, «. m. 1. Abtb. 8. 561 f. 539, 6. 
1) De an. I, 5. 411, b, 19. II, 2. 41S, b, 16, e. 12. 424, a, 82. long, vitae. 
e. 6. 467, a, 18. jav. et sen. c. 2. 468, a, 28. Weiteres folg. Anm. 
2) Jnr. et sen. 2. 468, a, 59 ff. (von Insekten, welche gethellt leben ken- 
nen): es Tcihalte sieh mit ihnen wie mit solchen Pflanzen, welche in Ablegern 
fortleben; sie haben £vipr*Ca mir Eine, Suvöuei mehrere Seelen, iolxorai ylp tb 
TonüTa ttuv ?i«av noXldT; ^d>oi; oupratpuiuSinv. gen. an. I, 28. 731, a, 21: hv/yrnz 
faxt t! t<?» ßortsp yu?& sTum Siaiptt«. De an. II, 2. 418, b, 18: <Ö; aüor.f ■&& h 
TOii»(( tyvjjts ^vteXe/eis u.iv jiiüj Iv Snäariu fJTÖ, ä'jvifii! St rXiioWv. Vgl. pari 
u. IT, 6. 6S2, a, 6. De reep. c. 17. 479, a, 1. ingr. an. 7. 707, b, 2. 
3) den. au. L 23. 731, a, 1. 24. b, 8. o. 20. 72S, b, 32 ff. o. 4. 717, *, 21. 
II, 4, Schi. IV, 1. 768, b, 24. III, 10. 759, b, SO. Bist. an. VIII, 1. 588, b, 24. 
IV, 11.538, h, 18. 
4) Dens». 13. 14. 477, a, 27. b, 23 ff. gen. an. III, 11. 761, *, 29. Dass 
»ich noch andere Beatandtbeile in den Pflanzen sind, versteht aioh von selbst, 
Khan nach den 8. 88T, 2 Angefahrten; nach Meteor. IV, 8. 3S4, b, 80 be- 
stehen iie ans Erde und Waesw, das Wasser dient ihnen aar Nabrang (gen. 
so. III, 2. 758, b, 25. H. an. VII, 19. SOI, b, 11) und zur Verarbeitung dieser 
Nahrung ist Warme erforderlich (s. 8. 879, 3. 380, 8). 
5) De an. II, 1. 412, b, 1. pari, ml II, 10. 655, b, 87. Phys. VIII, 7. 261. 
», 16. 
JigilizBdby G00gle 
396 Arie to Ml »f. 
bewegung beraubt, ist er im Boden festwurzelt, und fer ober», 
dem Kopf der TLiere entsprechende Theil sieht hiebei nach untei, 
das Bessere nach der schlechteren Seite '}; in. seiner Einrichlnnf 
verbirgt sich die Zweckthätigeit der Natur zwar nicht gänzlich, aber 
sie kommt doch in ihr weniger deutlich zum Vorschein *). So tief 
sie aber im Vergleich mit den übrigen lebenden Wesen noch stehen, 
so hoch ist doch andererseits, dem Leblosen gegenüber, die Wir- 
kung der Seele in den Pflanzen und namentlich die Fortpflanzung 
der Gattung anzuschlagen *); denn wie das Irdische überhaupt in der 
Endlosigkeit seines Werdens die Unverganglichkeit des Himmli- 
schen nachahmt, so ist für die lebenden Wesen die Geschlechts- 
fortpflanzung das Mittel, innerhalb ihrer bestimmten Gattung tn 
Ewigen und Göttlichen theiizunehmen *). Sie ist daher das letzte 
Ziel des Pflanzenlebens 5 ); eine höhere Stufe der Lebensentwick- 
lung findet sich erst bei den Thieren e ), denen Aristoteles einet 
1) Ingr. an. c. 4, Auf. c. 5. 706, b, 3 ff. long. viUe 6. 4S7, b, 2. jor. * 
neu. o. 1, Sohl. part. au. IT, 7. 683, b, 18. o. 10. 68S,b,31ff. Weitere« 8. 391, 1. 
2) Phys. II, 8. 199, a, 23: xsl h Toi; (pwto1( ealvtTBi ti aapftpQVT* yrrt|m« 
itpif tö Tclaj, otov T« fiiiXa tij( toö xapnoü ivtxa Ox6ct}( .... T« firea ti füUi 
Evcxa TÜv xapxüv (sc. e/^i) xo& rä( {i OJat oüx öviu i)J.i xörw fvixa Tij( xpo(> iji. b, 1: 
x«\ tv Tdt; ^VTOlf eueoti t'o fvtxi tou, ^ttov Sl SiijpäpuTai. 
3) Vgl. vor. Anm. u. S. 879. 
4) den. an. II, 1, 731, b, 31: lr.t\ ysp äfiüvato; i) yüois toD toioutoü vmm 
ifiSiO( elvai, xsfl ' öv ävS^iTOU TpÖJtov, uu Toutdv fativ aJSiov ifl yt-fvipsvo». isitu* 
|iiv ouv iBJvarov, iQci 5' evSexerar £u> y^»">4 «k ävBpduiuv xal (töuv isrl i* 
tpuTwv, Ebd. 735, a, 16: iil allen Thieren und Pflcnzon iat da* BpsmixtS*' «3a 
B' fort tb f£Vu>;TtXQY Woou oTov afaf' toüto fip iravtbi pJotL taXtlou ipyov x«l£w» 
xai tputoü. De an. II, 4. 415, a, 26: fuouufmttov föp xüv ipfiai Ttfl( £öwiv, S» 
tAtie xai |ij) rniptöfiax«, ?, tJ|» •( eiieoiv aa)TopLan)V ij>l', ig Jisiijaii Etspov otiv «™ 
I$ov jüv frjov, ipjTÖ» 3? pux'ov, Tvo xoü wl x«\ tau Beleu [üte^cusiv % SiSunw n. »■ *■ 
Polit I, 2. 1252, s, 28. Vgl. die Stellen gen. et cor. II, 10. 11 (e. 0. 36?. J 
welchen dann Oeoon. I, 3. 1343, b, 23 nachgebildet ißt. 
5) De an. II, 4 t. o. 386, 1. 
6) Was sonst noch über die Pflannen bei Arietoteies vorkommt, iat dira* 
1) Von den Theilen der Pflanze werden Wurzel, Stengel, Zweige and BUK* 
erwähnt, die Wurzel (», Aura. 1) ihr ErnahrangBOrgan, die Bluter im V» 
hreitnng de» NehrangMaft* geädert (part. am. IV, 4. 678, e, 9. III, 5. 668,1 
W.Jot. et »on. 3. 468, b, 24); genauer jedoch unterscheidet Arist. (part. an. H 
10, Anf.) bei Pflanzen und Thieren drei Hanpttheile des Leibe», den, durcl 
welehen aie die Nahrung aufnehmen (den Kopf) , den, durch welchen aie «" 
Ueberschdsaige abaondern, und den zwischen beiden in der Mitte liegead"- 
Der Kopf dar Pflanze ist die Wurzel (s. o. 391, 1); einen Aufbewakrnnggort 
für unbrauchbaren Ueberschuss der Nahrung brauchen nie nicht, well sie ihre 
Nahrang schon verdaut ans der Erde ziehen (hierüber vgl. auch gen. an. II, 4. 
740, a, 25. b, 8); Absander ringen aind aber die Früchte und Samen, welche ja 
auch an dem dar Wurzel entgegengesetzten Ende sich bilden (part. an. II, S. 
10. S50, a, 20. 655, b, 32. IV, 4. 678, a, 11. H. an. IV, 6. 531, b, 8, womit De 
sensu 5. 445, a, 19 nicht streitet: als ntpiTtüfiata der Pflanzen nahrung acheinen 
hier die Stoffe betrachtet zu werden, welche die Pflanzen nicht aufsaugen, son- 
dern im Boden zurüok lassen). — 2) Die Nahrung der Pflanze besteht in Was- 
ser and Erde (gen. et corr. II, 8. 336,«, 11. part. an. II, 3. 650, a, 3 und oben 
395, 4 Tgl. H. an. VII, 19. 601, b, 12. gen. an. III, 11. 762, b, 12.); der nllh- 
rende Stoff ist für Pflanzen und Thiere das Süsse (De sensu 4. 442. a, 1—1!); 
zur Verarbeitung dieses Stoffs dient die Lebenswärme (s. o. 379, 3. 380, 3 und 
part. an. II, S. 650, a, 3 ff.), Kelche ihrerseits theils durch die Nahrung theila 
durch die Temperatur der umgebenden Luft erhalten wird, ohne dass die Pflan- 
zen der Einatbmung bedürfton; wird die Luft zu kalt oder zu heisa, so geht 
sie in Gnmde and die Pflanze verdorrt (De sensu c. 6 vgl. respir. IT. 47S, b, 
31). Deber den Einfluss des Bodens und des Wassers auf die Beschaffenheit 
und Farbe der Gewächse s. m. Pol it. VII, 16. 1335, b, 18. gen. an. II, 4. 738, 
b,S3ff. V, 8. 786, a, 2 ff. H. an. V, 11. 548, b, 28. De sensu 4. 441, a, 11. 30 
•gl. Probl. XX, 12. De color. c. 5. — 3) Ans dem Uebersohnss der Nahrung 
bilden sieh die Samen nnd Frilehte (part. an. II, 10. 656, b, 35. c. 7. 638, a, 
14. gen. an. III, 1. 749, b, 27. T60, a, 20. I, 18. 722, a, 11.723, b, 16. 724, fa, 
1). c 20. 728, o, 26. c. 23. 781, n, 2 ff. Meteor. IV, 3. 380, a, 11), welche zu- 
gleich den Keim und die Nahrung der neuen Pflanae enthalten (De an. II, 1. 
«12, b, 26. gen. an. II, 4. 740, b, 6. I, 23. 731, a, 7); kleinere Gewächse sind 
fruchtbarer, weil sie mehr Stoff auf die Samenbildung verwenden können, 
durch aHzugroase Fruchtbarkeit verkümmern nnd verderben die Pflanzen, weil 
lie au viel Hahrungsstoff verbrauchen (gen. an. I, 8. 718, b, 12. III, 1. 749, b, 
«. 750, a, 20 ff. IV, 4. 771, b, 13. I, 18. 725, b, 25 vgl. H. au. V, 14. 546 , B, 
1 — über unfruchtbare Bäume, namentlich den wilden Feigenbaum, gen. an. 
1, 16. 726, a, 6. o. 1. 716, b, 21. III, 6. 765, b, 10. H. an. V, 33. 667, b, 26). 
Ueber die Entstehung des Samens finden sieb gen. an. I, 20. 728, b, 82 ff. o. 
18. 7-22, a, 11. 733, b, 9, über die Entwicklung des Keims aus dem Samen nnd 
die Fortpflanzung durch Ableger juv. et sen. c 8. 468, b, 18—28 (wozu Wih- 
ttt S. 31. Buhdis 8. 1240 t, vgl.), gen. an. II, 4. 739, b, 34. c 6. 741, b, 34. 
11, 2. 762, a, 21. c 11. 761, b, 26. respir. o. 17. 478, b, 38, aber die Selbat- 
wigiuig, welche Aristoteles bei Pflanzen nnd Thieren annimmt, und über 
Selraarozerpflsnaeu gen. an. L 1. 715, b, 15. III, 11. 762, b, 9. 18. H. an. V, 
1. S39, a, 16 einige Bemerkungen. — 4) Uefaer die Lebensdauer und das Ab- 
sterben der Pflanzen vgl. ra. Meteor. I, 14. 351, a, 37. longit. vitae c. 4. 6. 466, 
•, 9. 20 ff. c. 6. De respir. 17. 478, b, 27 vgl. gen. an. III, 1. 760, a, 20, über 
den BlStterwechsel nnd die immergrünen Gewächse gen. an. V, 3. 783, b, 
10 — 22. 
i „Google 
386 Ariitctelai. 
so grossen Theil seiner wissenschaftlichen Thfitigkeit gewidmet 
hal ')■ 
3. Die Thiere. 
Mit der Ernährung und Fortpflanzung verbindet sich bei all« 
Thieren die Empfindung, das Gefühl Tür Lost und Unlust und die Be- 
gierde, bei der Mehrzahl derselben die Bewegung; zu der Pflanzeu- 
seele kommt somit hier die empfindende und bewegende Seele hin- 
zu 1 ). Selbst das sittliche und geistige Leben aber, welches im Men- 
schen zu seiner vollen Entfaltung kommen soll, kündigt sich bei 
ihnen in schwächerer und dunklerer Spur an: wir linden schon bei 
den Thieren Sanftheit und Wildheit, Furchtsamkeit und Muth, Lisi 
und Verstand; sogar die wissenschaftliche Anlage des Menschen bat 
an der Gelehrigkeit mancher Thiere ihr Analogon, wie umgekehrt 
die geringere Entwicklung aller dieser Eigenschaften, welche«! 
bei ihnen wahrnehmen, in der Kindheit des Menschen sich wieder- 
holt "). 
1) Uebsr die Httltamittel, deren er «ich hiefiir bediente, Tgi. m. dia wer* 
Tolle Untersuchung von Bhabdib II, b, 1298-1305. unter seinen Vorging« 
war ohne Zweifel der bedeutendste Demokrit, dessen er auch am Häufigst» 
nnd mit der grflaaten Achtung erwähnt; neben ihm berücksichtigt er cinrf» 
Annahmen des Diogenes von Apollonia, Anaiigor&a, Empedoklee, Parmanidai 
Alkmtten, HerodoruB, Leophanea, Syenneeie, Polybus, einige Angaben im 
Kteeiae nnd Herodot, welche er aber mit kritischem Mißtrauen behandelt, tat 
mehr nur m Schmucke dann nnd wann eine Uichtemtolle. Alle diese V'*- 
ginger können aber nicht so viel geleistet haben, daaa er nicht fnr iom 
Kenntmes der Thiero weit du Meiste eigener Beobachtung verdankte, wel* 
anch wohl durch Nachfrag« bei Hirten, Jägern, Fischern, TUanttdri** "■' 
Thierlraten ergänzt wurde. Seine Theorie ohnedem werden wir, vielleicht att 
Ausnahme weniger E in sei Bestimmungen , ganz für lein eigenes WerkäiU* 
dürfen. 
2) 8. o. S. 386. 
8) H. an. VIII, 1. 588, a, 18: fwro vip u. a. w. (». o. S91, 6). «1 5 
J}[j.Ep^Tr]5 xa\ trtp'.itiit xot RpaäTij( xat )faXtJtin]s xoit äväf.i» xo't SiüUa aal po?» L * 
OiitrS^t] xal 9ujj.ot xal reavouffiai xat rij; ntpl tJjv Stivoia» auvionec iwioiv lt mü* 
aixmv «poio-nmi (Das Weitere a. a. 0.). Ebd. IX, 1, Anf.t »4 6' Jjfa) tSv Sf* . 
iaii x&t |iev öjiaupoTspiuv xat BpajfufkajTaponi ifnw jjjüv rVSaXa xmtb tV aM>** 
töüh St (utxpoßtwr&uv jvSijXärtp*. ? a!vovT»i f ij> ifovxi. tiva Siiraauv mpt Exerv 
TÜv Tij( J/uy % x«6t][iaVnuv <puaui)|V , ju^pi tt eeivnaw xak tihftiu» xal «ySpüw i» 4n- 
X!av , jutpi ti npaoT7]Ta Xfli ^aXtirarnta xa\ ii( äXXat tb( Toiatinc (&t[. & '* ** "* 
vuirf! Tt»b( äfii xat (j.a&rja«u( xoi 5lta<J»aAia«, Tel |ih xap' «UipLuv w Ä irf »p* 
tüv ivOpJmwv , Snactp äxetjf u*xt*T_et, |irj pjvav Iva tüv •Löfbw «XI ' (ob tu w 
onpifoiv SimoMvct« lif 6ia<f«pi(. (Ebenso c. 8, Anf: tit 8' Jjttr, twv tifan — ** 
i BV Google 
Thiere; der tbierlscbe Leib. 390 
Dimer höheren Lebenasfafe der Thiere entspricht die Beschaf- 
fenheit unif der Bau ihres Körpers. Für ihre reicheren Lebensyerrich- 
tungen bedürfen sie zahlreicherer und zusammengesetzterer Organe. 
Heber diese Organe und ihre Bestimmung handelt Aristoteles in der 
Schrift von den Theilen der Thiere l ). Er bespricht hier zunächst 
(II, 2—9) die gleichzeitigen Stoffe, aus denen sie bestehen: Blut, 
Fett, Hark, Gehirn, Fleisch, Knochen, Sehnen, Adern, Haut u. s. w. 
Die Grundbestandteile dieser Stoffe sind die elementarischen, das 
Warme nnd Kalte, Trockene und Feuchte *}; unter ihnen ist das 
Fleisch oder das, was ihm bei den niedrigeren Thierhlassen ent- 
spricht ')? von der unmittelbarsten Bedeutung für das thierische 
w'ai Uli te tkAütv *a'i itptfivr{m xa\ aväpiav xa't fyupSrt,-« «eil votjv te xai äveiav.) 
Nachdem Arist. sodann den Unterschied der beiden (3 es chic cht er hinsichtlich 
ihrer Gemüthüart besprachen hat, fShrt^r 606, b, 4 fort: touttuv 8' fyv>! fiiv 
tüv fflüii estIv lv xüiv cu( iinilv, |m&1.qy Se pavsptuiepa e*v Tat; Cfaum fiaXXov iJBot 
xil |j.iliato tv äv8p«ijcui- toÜto y«P %." tijv <p Jaw isotEtsltapiviiv n. 8. w. Aehn- 
Kchl, 1. 488, b, 12 ff. gen. an. I, 23 (s. o. 392, 3). Ueber die Gelehrigkeit und 
den Verstand mancher Thiere s. in. auch Mctaph. I, 1. 980, a, 27 ff. Eth. N. 
IT, 7. 1141, a, 20. pari an. II, 1. 4. 648, a, 5. 650, b, 24. Aiufubrlich bandelt 
Aristoteles im nennten Btioli der Thiergescbichte, wie von der Lebensweise 
der Thiere überhaupt, ao namentlich von den Spuren des VorataudeB, welche 
darin zum Vorschein kommen. Am wenigsten Veratand antut allen vierfüssigen 
Thieran haben die Sohaafe (e. 3. 610, b, 22), vielen legt der Biracb an den 
Tag (c. 5). Bären, Hunde, Panther und viele andere Thiere suchen die geeig- 
neten Heilmittel gegen Krankheiten und Verlegungen, oder Hülfsmittel beim 
Kampf mit andern Thicren (o. 6). Mit welchem Verstand bauen ferner die 
Schwalben ihre Nester, wie sorgt bei den Tauben das Mannchen für das Weib- 
ahen und die Jungen (o. 7), wie listig benehmen sich die Rebhühner bei der 
Begattung, der Brütung und der Besohützung ihrer Brut (c. 8), wie klug die 
Kraniche bei ihren Zügen (c. 10)1 wie zweckmässig ist überhaupt die Lebens- 
weise der Vögel, die Wahl ihrer Wohnorte, der Bau der Nester, da« Aufsuchen 
der Nahrung (m. s. hierüber a. a. O. c. 11 — 36)! Ebenso bemerkt Aristoteles 
die List mancher Seethiere (c. 37), den Kunstfleiss der Spinneu (c. 39), der 
Bienen, Wespen und ähnlicher Insekten (c. 40 — 43), die Gelehrigkeit und 
Klugheit des Llephanten (e. 46), den moralischen Instinkt von Kameelen und 
Pferden (c, 47), die Menschenfreundlichkeit der Delphine (c 48) und Aebnli- 
ches; wobei natürlich auch manche unzuverlässige Annehmen mitunterlaufen. 
1) Oder genauer in den drei letzten Büchern derselben; s. o. 68, 1. 
2) Part. an. II, 2, Anf. — c. 3. 660, a, 2, mit Rücksicht auf die verschie- 
denen Beziehungen, iu denen Eines wfirmer als das Andere genannt werde, und 
den Dehergang der entgegengesetzten Zustande in einander. 
3) Vgl. B. 390, 2. 
JigiiizBdby Google 
400 Arlit«l«Ui. 
Leben, denn durch das Fleisch ist, wie Aristoteles, mit den Herr« 
noch unbekannt, glaubt, die allgemeinste Empfindung, die des Tast- 
sinns, vermittelt, es ist mithin das allgemeinste Werkzeug der tie- 
rischen Seele* 1 ]); zum Schutz und Zusammenhalt des Fleisches die- 
nen die Knochen, die Sehnen und die äusseren Bedeckungen *), m 
Nahrung für die verschiedenen festen Bestandteile das Blut"), zur 
Abkühlung des Blutes das Gehirn *), welches desshalb aus den kal- 
ten Elementen, Wasser und Erde, gebildet ist 5 ) ; aus dem überschüs- 
sigen Blut entsteht das Mark s ) und andere Stoffe T ). Es ist alM 
hier eine Abstufung von Mitteln und Zwecken: wenn die gleichthei- 
ligen Bestandteile des Leibes überhaupt wegen der organischen k 
sind s j, so dient ein Theil derselben diesem Zweck unmittelbar ab 
Bestandteil des Organischen; eine zweite Klasse gleicbthefligw 
1) Part II, B, Auf.: ftp&tov [wflfrfbv] iufi wtpxbc li tdlc f^ouai uif«?, n 
8i tdlj BXut w ävAXaYC-v- to3to fip <<pX*l *"• «"H*" **"' «5tb tö>v ^ifn« fem. 
Bijlov hk xoii tbv Xtfat ■ tb fap E$°v Spiljifuflo tö ify» aMi)«*, jepfiton Ü ^ 
xp&Tjjv aCti] S' foftv i^J], Taih>]( 3' oidnjrijpiov tb toioütov [lipiiv £oriv. Ueto 
die Bedeutung dos Fleisches für die Empfindung a. m. weiter c. 1. 647, «, 11 
c. 8. 650, b, 5. H. an. I, 3. 4. 489, u, 18. 23, besonders abar*De an. II, II.«!, 
b, 19. 34 ff. 423, b, 1 ff. 29. III, 2. 426, b, 15. Du EmpfmiiuDgsorgan selnU 
ist (s. n.) das Ben. 
2) Patt. II, B. 653, b, 30 ff. 
3) Dm Blnt oder das ihm Analoge (*. o. B90, 1) ist der unmittelbari" 
Nahrungsstoff (die teIiutiIb oder ivfixn Tpop))) de» tbieriaeben Leibe« (D« 
somno c 3. 456, a, 34. part. II, 3. 650, a, 32 ff. c. 4. 651, a, 12. gen. an.IU. 
740, a, 21 n. ;>.), von dessen Beschaffenheit daher in leiblicher und seelische 
Beziehung Vieles abbangt; part. an. a. d. a. O. und c 2. 6*8, a, 2 ff. Nach Jo 
letztern Stelle ist dickes und warmes Blut der St&rke, dünnes und köbles da 
Sinn es Wahrnehmung und dem Denken förderlioher; die beste Mischung rts 
beiderlei Eigenschaften entsteht, wenn das Blut »war warm, aber dann snt 
4) A. a. O. c. 7 (s. o. 382, 4). Nor die Blutthlere haben desshalb eia Gf 
hivu (a. a. 0. 662, b, 23), der Mensch hat ein ye rb Hl miss massig grösseres, >k 
die Thiere, der Mann ein grösseres, als das Weib (653, a, 27), weil sein wii- 
meres Blut stärkerer Abkühlung bedarf. Ein Analogen de« Gehirn» hasai 
aber anoh die blutlosen Thiere; s. □. 390, B. 
5) A. a. O. 652, b, 22. 
6) A.a.O. c. 6, Sohl. ]h u.usXo;J tijt olu.omxiä( Tpoaiifc t5j( tk ioti xA «*«*< 
Uff lCo|isVi|( iortl Tb ^jinEpiXi(ipavinivo» jCEpt-mou.« jriipM». 
7) Wie der Samen, Ton dem spater tu sprechen sein wird, und die Mttai 
(gen. an. IT, 8). 
8) S.O. 867,7. 871,6.392, 1. 
3,g,1:zedBy G00gk 
Der thieriscb« Leib. 401 
Stoffe ist dazu da, die der ersten hervorzubringen; eine dritte be- 
steht aus Ueberbleibseln der zweiten l )i welche aber in dem grossen 
Haushalt der Natur freilich gleichfalls nicht umkommen *). Jeder die- 
ser Stoffe ist aber je nach seiner Bestimmung von besserer oder ge- 
ringerer Beschaffenheil, so dass sich demnach die verschiedenen 
Thiere und die verschiedenen Theile eines Thiers auch in dieser 
Beziehung nicht gleichstehen 8 ). 
Fragen wir weiter nach den Organen, welche aus den gleich- 
theiligen Stoffen gebildet sind, so ist zunächst hervorzuheben, dass 
die Thiere einen Einheitspunkt für ihre Seelenthätigkeit und in Folge 
dessen ein Centralorgan haben *), welches bei den blutführenden das 
Herz, bei den anderen ein entsprechender Körpertheil ist 5 ); nur 
einige der niedersten Thiergattungen haben darin noch Aehnlichkeit 
mit den Pflanzen, dass sie wenigstens dem Vermögen nach mehrere 
Mittelpunkte für ihr Leben haben, und desshalb fortleben, wenn 
man sie zerschneidet 6 ). Dieses Centralorgan bildet sich bei der 
ersten Entwicklung jedes Thiers und kann nicht ohne seinen Unter- 
gang verletzt werden *}■ Seine Tbätigkeit besteht theils in der Be- 
1) Part. II, 2. 647, b, 20 ff. 
2) 8. o. 326, 1. 
3) Part. II, 2. 647, b, 29 (nach der Auseinandersetzung Ober die drei Arten 
der JjioiojjEpij) : oütü>v Be toiJtujv at fitatpopafl 7tpd( £XXt)Xo; toü ßsXxkvoc hsxiv tlan, 
dni tSit te nW.(uv xol «T|asto( npbt aTjia' t'o piEV yip Xetct6te;jov tö Be Tti/_iJT£pov 
>ii tö |il« xaSapcÜTEpov eotl t'o Be ÖoXtpuiTEp ov, hi Sk t'o [ilv ^u^^TEpav t'o Be 6epp.£- 
Ttpov et te iöl( [lopioi; toü Ivb; t<!jou (to yöp ^v Totf äviu (itpEai jrp'oj ti xiriu p.opi« 
SisupspEt Ttnirai; Tal; Sinpopa'!;) xa\ eTepw Tipb; frEpov. Auf ähnliche Unterschiede 
hinsichtlich des Fleisches weist part. III, 3. 665, a, 1. c. 7. 670, b, 2. De an. 
11, 9. 121, a, 25: ot [ilv -jap oxXiipooapxoi ötpuEl; tJ;v Biavoiav, ol Sc [iiXnxdaipxoi 
4) S. o. 395, 1. 2. 
5) S. o. 390, 7 und gen. an. II, 4. 738, b, 16: äp^ fäp tfjs fJ«"5 )j xapSI« 
*ri ti ivilc^ov, lö 81 x&tw jtpo(6ilxii xa"l toiItou j^tptv. De vita et m. c. 2—4. 
patt. III, 4. 666, b, 9 ff. c 5. 667, b, 21. Genaueres ober die Theile, welche 
nach ArisL dos Herz vertreten, und immer in der Mitte des Leibes liegen, part. 
IV, 5.681, b, 12 — 682, b, 8; Aber ihre Lage auchjuv. et sen. 2. 468, a, 20. 
6) Arist. bemerkt diets De an. II, 2. 413, b, 16 ff. juv. et «en. 2. 468, a, 
26 ff. ingr. an. 7. 707, a, 27 ff. part. an. III, 5. 667, b, 2S. IV, 6. 682, b, 1 ff. 
(t. o. 395, 2) ran man chen Insekten (deren Bestimmung noch nicht durchaus 
gelungen ist; vgl. Metes Arial. Thierk. 224); Tgl. S. 328, 3.' 
7) Part. III, 4. 666, a, 10. 20. 667, a, 32. De vita 3. 468, b, 28. gen. an. 
D, 4. T39, b, 33. 740, a, 24, wo Demokrit beatritten wird, welcher die Busse- 
Pbüo«. L Qr. II. Bd. 1. Abth. >- 26 
Google 
reitung des Bluts, thoils in der Vermittlung der Empfindung und Be- 
wegung ')■ Dem Herzen steht als das nächst wichtigste Or- 
rsn Theile sieh morst bilden lasse , als ob ea sieb nm hölzerne oder steinerne 
Figuren handelte und nicht nm lebende Weeen, die sich ran innen her, ra 
•inen bestimmten Punkt au entwickeln. 
1) M. a. darüber Muri« Arist. Thierk. 425 ff. Das Blut wird 1U den 
Nahrnngsatoffen im Hamen durch Beine Wirme gekocht (De respir. 20. 480, 
3 ff.) ; sein Kreislauf iat dem Philosophen noob ebenio unbekannt als der Un- 
terschied der Schlag- nnd Blutadern (part. III, 4. 666, a,6. De respir. 20. 480, 
a, 10 nnd die ganze Beschreibung dei Aderayatewa part III, 6. H. an. HI, 3), 
wenn er auch den Herzschlag nnd den Pula kennt (a. n.), einer doppelten Be- 
schaffenheit dei Blatea erwähnt (s. u. vgl. S. 401, 3) nnd manche Adern geu»u 
beschreibt (part. III, 5. H. an. in, 8. 613, a, 12 ff. vgl. Phimfpso» fXn avBp. 
B. 28). Alls Adern haben ihren Ursprung nicht im Kopf, wie Hippokrates nnd 
seine Schule annahm, sondern im Herzen (part. II, 9. 064, b, 11. III, 4. 616, 
b, 16. 27. c 6, Auf. E. an. III, B. SIS, a, 21. gen. an. II, #. 740, «,21. De 
somno 9. 466, b, 1). In ihm scheidet sieb, wenigsten« bei allen grosseren 
Thteten, das reinere und das dickere Blut; jenes wird nach oben, dieses nach 
unten geführt (De somuo c. 3. 466, a, 18 ff. part. HI, 4. 666, b, 27 ff. H. an. 
III, IS. 621, a, 9). Durch die eingeborene Warme des Heraena (fiber die stach 
8. 374, 2) erbalt das Blut, durch dieses der Körper die »einige (part III, 6, 
667, b, 26); wesshalb das Hera part III, 7. 670, a, 24 der Akropolis verglichen 
wird, in der die Natur ihr heiliges Fener aufbewahre. Durch die Kocbnng des 
Blut* „entsteht (um Mbvf.k's Worte zu gebrauchen) eine Aufdampfung, die eine 
Hebung des Herzens bewirkt, die beständige Puleatiou, ihr folgt die Anadeh- 
nnng des Brustkorbes; in den also erweiterten Baum strömt die Luft ein, durch 
den erkttltenden Einflusa dieaer beschrankt eich Alles wieder auf einen kleine- 
ren Banm, bis die Aufdampfung im Herzen diess Spiel der Bewegung der Pul- 
aation, die sich auf alleAdern erstreckt, sowie der Ein- ondAnsathmong tod 
Neuem einleitet (part. II, 1. 647, a, 24. HI, 2. 666, b. H. an. I, 16. 496, b, 10. 
De respir. 20. 479, b, 30. 480, a, 2. 14. o. 21. 480, a, 24. b, 17). „Als Ursache 
des Atbmens ist das Herz such Ursache der Bewegung; De somno 2. 456, i, 
6. 16 Tgl. ingr. an. c. 6. 707, a, 6 ff. Auch die Sehnen sollen im Henen, wel- 
ches selbst sehr sehnig sei, ihren Ursprung haben, ohne doch durchaus mit ihn 
zusammenzuhängen" (H. an. III, 6. part III, 4. 666, b, IS). In welcher Weise 
aber die Glieder vom Herzen aus in Bewegung gesetzt werden , sagt Arial. 
nicht, s. Hbtbb 8. 440. Das Hers ist der ursprüngliche Sitz der Empfindung 
nnd der empfindenden Seele: part. an. II, 1. 647, a, 24 ff. c 10. 666, a, 37 ff. 
b, 24. III, 4. 666, a, 11. c. 6. 667, b, 21 ff. IV, 6 (s. 401, 6). De somno 2. 
466, a, 4. juv. et sen. 3. 469, a, 10 ff. b, 3. Das Mittel, dnrch welches die 
Sinneeempfinduugen zum Herzen gelangen, sollen die bliitftlbrendcn Theils 
bilden (part III, 4. 666, a, 16), wiewohl das Blut selbst empfindungslos ist (s. 
a. O. und part. II, 8. 660, b, 8. c. 7. 662, b, 6). Die Tastempfindung pflanzt 
sich durch's Fleisch fort (s. o. 400, 1), die übrjren dnrch Gänge (rcopot), welch* 
Der tMerisehe Leib. 403 
g»n das Gehirn gegenüber, dessen Bestimmung, Abkfihhing des Bluts 
und Mässignng der aus dem Herzen aufsteigenden Wärme, wir be- 
reits kennen '); der Annahme, dass es der Sitz der Empfindung 
sei, widerspricht Aristoteles entschieden *). Gleichfalls zur Ab- 
kühlung des Bluts dient die Lange, welcher die Luftröhre *) den 
Athem zuführt 6 ); diesem Zweck entsprechend, richtet sich ihre 
Beschaffenheit darnach, ob ein Thier mehr oder weniger innere 
Warme hat: am Blutreichsten ist sin bei den Säugethieren , luftiger 
bei Vögeln und Amphibien 8 ); die Fische, welche geringer Abkun- 
lich Ton den Sinnet Werkzeugen tun Herten eratrecken (gen. tu. T, 2. TS1, a, 
SO), and bei denen wir zunächst an die Adern iu denken haben werden, wie 
diese Mfi-k« 8. 427 f., und in Betreff der zum Gehirn führenden jtopot (H. an. 
1, 16. 495, *, 11. IV, 8. 633, a, 12. part. an. IL. 10. 656, b, 16) 1'hli.ippsoh a. 
l 0. nachweist; Tgl. jur. et seil. 3. 469, a, 12. part IL 10. 659, a, 29. gen. 
«n. II, 6. 744, a, 1. II. an. III, 3. 614, s, 19. I, 11. 492, «, 21. Beim Geruch 
nad Gehör ist die Einwirkung der wahrgenommenen Gegenstände auf die aum 
Honen fahrenden Adern dann nach weiter durah das rviüjia adu^uTo* Tsrmit 
lelt; gen. an. II, 6. 744, n, 1. part. II, 16. 659, b, 15. Die Nerven aind Aristo- 
teles unbekannt; Tgl. Philipps»» a. a. 0. Meyeh S, 432; sollte er anf die 
eben erwähnten Qänge, bei welchen Scuseibir (Arial. Bist, an. IQ, 47) nnd 
FsiSTsiiTu (Arial, iih. die Theile d. Tbiere, B. 280, 64) an Nerven denken, auch 
wirklich durch die Beobachtung gewisser NerTen gefuhrt worden sein, so 
*ftre doch diese gerade beaeichnend, das» er dieselben nicht all solche er- 
1) Part. IQ, 11. 678, b, 10. 
2) S. o. 400, 4. Anch da« Rückenmark steht desshalb mit dem Gehirn in 
Verbindung, damit «eine Hitze durch dasselbe abgekühlt werde. 
3) Part. II, 10. 656, a, 15 ff. (wo Arisb tanÄObst den platonischen Ti- 
utlns 75, B f. im Auge hat) ; vgl. Meter 8. 481. 
4) Usber diese part. III, 3. H. an. IV, 9, wo die Lnfrohre besonders als 
Bümraorgan eingehend behandelt ist. 
5) Daa Genauere hierüber part. III, 6 nnd in der Schrift «. 'AvemoVjt, 
ron der namentlich o. 7. 474, a, 7 ff. C. 9 f. c 13. o. 15f. zu vergleiche sind; 
b. auch S. 402, 1. Aus der Lunge kommt die I.uft durch die Adern, welche 
■ich Tont Herzen aus in sie verzweigen, in daa Hera. H. an. I, 17. 496, a, 27. 
Metek 8. 431. 
6) Eeaplr. 1. 470, b, 12. c. 10. 476, b, 19 ff. 0. 13, Anf. part III, 6. 669, a, 6. 
H ff. Merkwürdig ist es dabei, tu sehen; wie uu tu 11 stand ige Kenntnis« der 
Thataschen den Philosophen zu falschen Schlüssen vorleitet. Seine Wahr- 
nehmungen ffihren ihn ed. der richtigen Annahme eines Zusammenhangs 
■wischen dem Athmen und der thieriaohen Warme; aber da e? weder von 
der Oxydation des Bluts, noch von der Natur der Verbrennung überhaupt, 
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404 Arlitotalu. 
hing liedürfen, haben Kiemen, nm das mit der Nahrung aufgenom- 
mene Wasser auszustossen, nachdem es die Abkühlung bewirb 
bat *)> den blutlosen Thieren fehlen die Athmungsorgane, deren 
sie bei ihrer kälteren Natur nicht bedürfen *)• Dia Nahrungsstoffe, 
aus welchen das Blut im Herzen gekocht wird '), werden ihm durch 
die Verdauungswerkzeuge zubereitet 4 }; bei allen Bluttbierea sind 
diese von den edleren Eingeweiden durch das Zwerchfell geschie- 
den, damit der Sitz der empfindenden Seele nicht durch die von der 
Nahrung aufdampfende Wärme in seinen Verrichtungen gestört 
werde 6 ). Durch eine erste Kochung im Magen a ) werden die Spei- 
nooh vom Blatnmlanf einen Begriff hat, laset er die Blntwßrme dnKi d« 
Athem nicht genährt, sondern nur abgekühlt werden; reepir. c 6. 473,1 
beatreitet er di« Aniioht ausdrücklich, das» die eingeathmete Laß dem b- 
nom Feuer aur Nahrung diene. 
1) Reepir. 10. 476, a, 1 ff. 22. b, 5. c 16. II. an. II, IS. 604, b, 58 n. i 
8t s. o. 390, 9. Die Annahme Früherer, dass »och die Fische Luft »thiisau, 
bekämpft Aristotoles reepir. a. 2. S ausführlich. Eine Erledigung der Fap 
war (wie Man» 8. 439 bemerkt) erst möglich, ab die GasausUmchiiil 
entdeckt war. 
2) Part UI, 6. 669. a, 1. reapir. e. 9 (a. o. 374, 2). o. IS. 476, b, 3ä. 
Ariit. kennt «war die Athrmmgaworkifiage einiger blutlosen Thiere, »ber«r 
giebt ihnen hier eine andere Deutung. 
3) Daaa dieae aua allen Elementen gemischt aain müssen, bemerkt An- 
atotelea gen. et oorr. II, 8. 335, e, 9 ff. De aenan 5. 445, a, 17 allgemein, uui 
von den Pflanzen; s. o. 337, 3. Daa eigentlich Ernährende loll das 80cm «4 
da dieses, als leichter, tob der Warme verkocht, daa Bittere und Schwere ä>- 
gegen anrüokgelaHen werde; alle* Andere diene dem Süssen nur all War» 
(De sensu 4. 443, a, 2 ff. Tgl. gen. an. III, 1. 760, b, 36. Meteor. II, 2. SS), 
b, S. part. IV, 1. 676, a, 86). Zorn Süssen gehört auch daa Fette (De «ca* 
4.443, a, 17. 33. long. v. 6. 467, a, 4); wie daa s&eie Blut daa gesandt« 
ist (part. IV, 3. 877, a, 27), so ist das Fett ein wohlgekoehtea and nlhreui* 
Blut (part. II, 6. 661, a, 21). 
4) Nur eine Vorarbeit für dieae verrichten die Zähne (part. II, 3. MO, i 
6); aber den Mund, nie Organ zur Aufnahme der Nahrung, daa aber Eugleicb 
einigen anderen Zwecken dient, s. m. part II, 10, Anf. (vgl. S. 384, 1 ). t li- 
669, b, 37 ff. DI; 1. De sensu 6. 446, a, 28. 
6) Part III, 10. 673, b, 8— 24 ; TgL unsere täte Abtfa. & 560. Dan St 
Planaenaeele (die yiimf) unter dem Zwerchfell ihren Sita habe , sagt aoea g» 
an. II, 7. 747, a, 20. Tgl. auch 8. 401, 6. 
6) Dessen Beschreibung bei den verschiedenen Thieren part nl, 14. Wt 
% 21—676, a, SO. H. an. II, 17. 607, a, 24—609, b, 28. IV, 1. 61*, b, S- «■ *■ 
637, k, II n. ». w. 
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Dar thierfsohe Leib. 105 
sen in den flüssigen Zustand versetzt, in dem sie allein in den Kör- 
per übergehen können *); sie verdampfen in die ihn umgebenden 
Adern, nnd werden durch diese dem Herzen zugeführt, um hier 
vollends zu Blut ausgekocht zu werden *), und dann den verschie- 
denen Körpertheilcn , je nach ihrem Bedürfhiss, zuzufliessen *). 
Ihren üebergang vom Hagen in die Adern vermittelt das Gekröse, 
dessen Ausläufer gleichsam die Saugvrurzeln sind, mittelst deren 
das Thier seine Nahrung aus dem Magen zieht, wie die Pflanze ans 
der Erde *). Zur Vermehrung der Kochwärme im Unterleib trägt 
die fettige Umhüllung des Netzes bei *)- Denselben Dienst leisten 
Leber nnd Milz bei der Blutbereitung. e 'J, zugleich gewähren sie, 
tls eine Art Anker, dem Adergeflecht einen Halt *j; wogegen die 
Galle nur ein aas dem Blut ausgeschiedener unbrauchbarer Stoff 
ist 8 ). Die blutreicheren Thiere, welche wegen ihrer wärmeren 
1) Vgl. part. II, 2. 647, b, 26. 
2) Part. II, 3, 660, a, 8—32. De lomno 3. 456, b, 2 ff. 
3) Das* sich jeder Theil aus den Stoffen bilde und nitre, die für ihn 
pusen, die edieren aus den besseren, die unedleren au« den geringer«!, sagt 
Aiutoteles gen. an. IT, I. 766, a, 10, II, 6 (s. o. 364, 3). Meteor. II, 3. 856, 
b, 9; auf welchem Wege diese aber bewirkt wird, erfahren wir nicht. Nur ao 
fiel lieht man am, Stellen, wie gen. an. IV, 1. 768, b, 8. II, 3. 787, a, 18. , 
1. 19. 726, b, 9 vgl. IT, 4. 740, b, 12 ff., daas Arial annimmt, das Blut als die 
isyrä) Tp<Kp+, bewege sieb von selbst in die Tbeile, für die es bestimmt ist. 
4) Part. IV, 4. 878, b, $ ff. II, 8. 600, a, 14 ff. Der Hagen leistet nach 
diesen Stellen den Thieren denselben Dienst, wie den Pflanzen die Erde, er 
nt der Ort, in dem ihre Nahrung aufbewahrt nnd zugleich inst Gebrauch m- 
(erichtet wird. 
o) Part. IT, 3. 677, h, 14, wo auch der Versuch gemacht wird, die Bit- 
iuag des Netzes physikalisch (fi; dva-ftr,?) in erklären. 
' 6) Part, in, 7. 670, », 20 ff. 
7) Part. DJ, 7. 670, a, 8 ff. (vgl. c 9. 671, b, 9), wo das Gleiche anofa 
5W die Nieren nnd die Eingeweide des Unterleibs überhaupt bemerkt wird 
(Uuüioh hatte Demokrit den Nabel dee Kinds in der Untier einem Anker ver- 
rücken 8. Bd. I, 616, 6). Dasa übrigens die Milz mir bedingt nothweudig sein 
mU, ist schon 6. 385, 2 bemerkt worden. Den blutlosen Thieren fehlen diese 
Eingeweide, wie auch das Fett; part IT, 9. 678, a, 25 ff. TI, 8. 661, a, 25. 
Weitorca über die Gestaltung dieser Organe bei verschiedenen Thieren pari. III, 
lt. 673, b, 20. 28. c. 4. 666, «, 38. 0. 7. 670, b, 10. De an. II, 16. 506, a, 13. 
3) 8. o. 866, 3. Nnr das S6sse soll ja nahrhaft sein; die Bitterkeit der 
Galle beweist somit, dase sie ein mplrrwiia ist, part. IT,2. 677, e, 24. Bis fin- 
ärtsieh deesfaalb auch nicht allgemein; ebd. 676, b, 26. III, 12. 678, b, 24. 
IUii. n, 15. 506, s, 20. 31. 
nigi^dDy Google 
4e06 Aristoteles. 
Nttnr mehr flüssiger Nahrung bedürfen, haben an der Blute and im 
Nieren eigene Organe zur Ausscheidung des Ueberschüssigen, wb 
dadurch in den Körper kommt *)> hei allen Thieren findet sich als 
Gegenstück zu dem Munde, welcher die Speisen aufnimmt, und im 
Schlünde, welcher sie dem Hagen zuführt '), in den Gedärmen ein 
Abzugskanal für die unbrauchbaren Ueberreste der Nahrungsmittel 1 ); 
ein Theil derselben hat aber bei manchen auch noch Verdaumigs- 
geschafte zn besorgen *). Die Enge und die Windungen dieser 
Gange dienen zur Mässigung der Esslust, die gehässigsten Thiere 
sind daher die, deren Gedärme weit und gerade sind, wie die Fische 1 ); 
wogegen das eigentliche Nahrungsbedürfniss mehr von der wannen 
oder kalten Natur eines Thieres abhängt "}. Zum Schutz und im 
Stütze der Weichtheüe dient das Knochengerüst und was bei tiefer 
stehenden Thieren dessen Stelle zu vertreten hat 7 )j den Ausgangs- 
punkt aller Knochen bildet bei sämmtlichen blutfuhrenden Thieren 
der Rückgral 8 }, in dem Aristoteles ohne Zweifel zuerst eine ge- 
meinsame Eigentümlichkeit derselben aufgezeigt hat *}. Mit ihm 
sind die GliedmaBSsen durch Sehnen und Gelenke verbunden, weide 
den Zusammenbang zwischen ihnen herstellen, ohne die Bewegung 
1) Part. ID, 8. 9. H. an. II, 16. Für die schon dem Aristoteles bekamta 
Ausnahmen son der obigen Kegel findet er natürlich auch Erkl&rangsgröpdi. 
Besonders eingehend handelt er 672, a, 1 ff. vom Nierenfett, ans dem doppel- 
ten Gesichtspunkt der physikalischen Nothwendigkeit und der Zweekalrif 
seit. 
2) Ueber die Sunia «röhre, die sich «her nicht bei allen Thieren findet, l 
m. part. III, 14. 
B) Port. III, 14. 674, a, 9 ff. 676, e, 80. 656, b, 5. 
4) A. a. O. 675, b, 38. 
5) A. a. O. 676, b, 33: Boa usv oSv ttvai M xSrt Iijiiuv owppovianps spK 
tip T?j{ tpoipijs soiTjoiv täpo^upiac |iiv oiin tfn [irf ü,a( xtnä tJ]v x4tm xoiXIsv, &=■ 
xa$ S ' ifu irXeio'j; xat oix EÜÖnJviepi «Wv. i\ (iiv -f ip t jpojr aipös xottl »lijÖois te- 
8u|iiav, f) 8' eJBut)]; inxuTijT« imSu|x£ac a. t. w. Ebd. 676, a, IB. gen. *n. 1, l 
717, a, S3 ff. Pi.ato Tim. 72, E f. 
6) Part. IT, 5. 663, a, 22 : Tb ykp fep^bv *«i Mw tpoipij; «at jdrto q> 
tpofjlv t«*«««, tö 61 Jn^pöv ärpixpov. 
7) Part, n, 8. 663, b, 35 ff. s. o. 400, 3. Ebd. & 9. $64, b, 37 ff. Defer 
das den Knochen Analoge s. m. S. 390, 4. 
8} Part. U, 9. 664, b, 11: «pxO* t& n«v <pXift£v ^ xopSC«, t&> VeerSif 
itaXou[irvi] pa'^it vlk tgwm iorä Jtäoiv, äsp ' )j( aiwi^t ij tön «OJUm ovtüv fan eJ«- 
9) H. an. 111, 7. 616, b, 23: ji«vt« Ss t* C$a !<ra sva^i Jaroi, ty p«*« * 
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Der thierische Leib. JfJ7 
zo bindern 0- Was die Bewegung selbst und die Bewegungsorgane 
betrifft, so hat Aristoteles über das Hechanisehe derselben manche 
richtige Wahrnehmung gemacht *); in anderen Füllen freilich wer- 
den nicht ganz selten Beobachtungen von zweifelhaftem Werthe mit 
künstlichen and unerweislichen Annahmen begründet *) , und zu 
einer physiologischen Erklärung der Vorgänge, durch welche die 
Ortsveränderung bedingt ist, hat der Philosoph kaum den schwäch- 
sten Anlauf genommen *)- 
1} Dm NBhere hierüber 'pirt.II, 9. 654, b, 16 ff. Ueber einige auffallendere 
Mängel der aristotelischen Osteologie, dies darin da» Beokens nicht erwähnt, 
nni die Parallele ewi«chen den Beinen der Thlere und de« Menschen uiotit 
richtig geiogen ilt, 8. m. Mctib 8. 441 f. 
2) Dahin gehören aus der Schrift n. rjoptiaf IJiuiuv die Slttze: dass alles, 
rni lieh bewegt , eines Stützpunkts bedürfe (c. 3.); dass zur Bewegung min- 
destens zwei organische Theile nöthig seien/ einer, welcher den Druck sus- 
LUt, and einer, welcher ihn hervorbringt (ehd. 70ö, s, 19); dass die Fasse im 
■tr in fender Zahl TorbaodeB seien <o.8. 708, *, 21. H. an. 1, 5. <89, b, 32); 
dssa tlle organische Fortbewegung auf Biegung nnd Streckung beruhe (c. 9. 
c 10. 709, b, 26; weiter enthält dieses Kapitel Erörterungen über den Flug 
der Vögel und Insekten und die Bedeutung der verschiedenen Flug Werkzeuge) ; 
diss der Hensch zu seinem aufrechten Gang nur zwei Beine haben dürfe, die 
oberen Theile seines Leibes im Verhältnis» zu den unteren leichter sein müssen, 
als bei den Thiereu (c. 11, Auf.); ebenso Vieles von dem, was c 12 — 19 Aber 
die Biegung der Gelenke und den Bewegungsmechanismus sowohl beim Men- 
schen als bei den verschiedenen Thieren bemerkt ist. 
3) So sacht Arist. c. 4 f. (wozu S. 394, 4. z. vgl.) den Satz, dass die 
Bewegung immer von du rechten Seite ausgebe, nicht ohne vielfache Kün- 
stelei durchzuführen, offenbar nicht von naturwissenschaftlichen Gründen, 
ionderu von der dogmatischen Voraussetzung (c. 5. T06, b, II) geleitet, dsss 
du Oben vorzüglicher sei, als das Unten, das Vorne als das Hinten, das Beohts 
■1) das Links, -and dass desshslb die äpx.ot ihren Sita oben, vorne und rechts 
liben müssen ; wiewohl er selbst bemerkt, man könne auch umgekehrt sagen, 
diese one seien desshalb vorzüglicher, weil die ipjjii in ihnen ihren Sitz haben. 
Meuterer Beziehung vgl, m. h. a.O. 705, a, 29 ff. DecoeloU, 2. 284, b, 26; 
f )& T 3 ? taiStaf Uyu EBiv äp^oveau npüiov al xtnfaci( tot« sjreuenv. fori Sl suis 
r*' ToÜ hm i\ aü^aif, San 8t TrÜv Be£iüv f, xaia riSnav, änb St tüv s^dooSev fj xati 
tr,v urtTjijiv,) Mit diesen Erörterungen verknüpft dann Arist. c. 6 f. einen gleich- 
Wli war künstlichen Beweis des Satzes (der auch c. 1. 704, a, 11. c 10, Anf. 
H. n. I, 5. 490, a, 25 IT., dass die Mut führenden Thiere sich auf nicht mehr 
tu vier Stützpunkten (Hist. an, schlechtweg : auf vier Stützpunkten) bewegen 
höuneti. Auch was c. 12 ff. aber den Gang der Thiere gesagt wird, ist, wie 
Hmm 441 f. zeigt, nicht frei von Irrlhümeni. 
4) Wir sehen wohl, das« alle Bewegung vom Herzen ausgehen soll, aber 
3, g ,i EE dby Google 
40g Aristoteles. 
Einer von den wichtigsten Unterschieden der Tbiere von des 
Pflanzen liegt in der Art ihrer Entstehung. Wahrend die Pflanzen 
geschlechtslos sind, tritt bei den Thieren die Trennung der Ge- 
schlechter ein, welche sich nur vorübergehend, zum Zweck der 
Fortpflanzung, wieder aufhebt: da sie nicht blos die Bestimmung 
haben, zu leben, sondern auch zu empfinden, so mnss bei ihnen die 
Verrichtung, welche der blossen Fortführung des Lebens dient ')> 
auf einzelne Zeiten beschränkt sein *)- Nor die Schaalthiere und 
die an den Boden angewachsenen ') sind geschlechtslos; an der 
Grenze der Thierwelt gegen die Pflanzenwelt stehend, sind sie gleich 
unfähig zu den Verrichtungen der einen und der andern; sie ver- 
halten sich wie Pflanzen, indem sie nicht durch Begattung aas ein- 
ander, nnd wie Thiere, indem sie nicht durch Samen nnd Früchte 
aus sich selbst zeugen, sondern aus dem Schlamm durch Urzeugung 
entstehen *); wie sie ja auch hinsichtlich der Ortsverändernng die 
gleiche Doppelnatur zeigen *). Naher verhält sich von den beiden 
Geschlechtern das männliche zum weiblichen , wie die Form zur 
Materie 6 ): jenes ist der thätige Theil, dieses der leidende, jenes 
liefert die bewegende und bildende Kraft, dieses den zu bildenden 
wie dies« möglich ist, wird uns Dicht gesagt (s. □. 403, 1). Der Ausweg abor, 
welche» die Abhandlung n. HveiIustoi c 8,'Anf. einschlügt, den Lebensgsiit 
ala bewegende Kraft sich durch die Sehnen ergiessen zu lassen , tat nicht 
aristotelisch. 
1} Dm epyov toÜ IJüvios, du Ifyov xoivbv tü>v Jwvtbiy nöwtoiv. 
2) Gen. an. I, 23. Einiges ans diesem Kapitel wurde schon 392, 3 ange- 
fahrt. 
3) Unter den übrigen nur einige wenige, spater y.a erwähnende, die sich 
alt Ausnahmen betrachten lassen. 
4) Gen. an. I, 28. 731, b,8. o. 1. 7)5, a, 25. b, 16. II, 1. 783, a, 18 vgl. 
III, 11. 761,1, 13—32. 
5) Die Trennung der Geschlechter wird a. d. a. 0. ausdrücklich auf die 
£ös jrapautixa beschrankt, nnd wie die Schaalthiere nach dem eben AngcfBlr- 
ten, als [ists?u övtn tüv (cihuv xal töju s) uTtuv, sich an der beiderseitigen Art der 
Fortpflanzung neutral verhalten, so heisst es ingr.an. 19. 714, b, 13 von ihnen: 
■ti 3' iorpaxi56tp|iB «vtltet yh, xrvifi-ai St irapä y&aw oi yip irti xwqrtxl, öU' 
w( iilv (j.<5vi|Mt xttt itpovapix6t& xtvijtixa, ü; S\ TTpoiuTtxi |i6vuia. Sie bewegen 
sich, heilst ei vorher, wie die Thiere, welche Fasse haben, sieh bewegen wür- 
den, wenn man ihnen die Beine abschlüge. 
S) 8. o. 345, 4. 
JigiiizBdby Google 
Entstehung d. Thiere; Gesohlechtso.otersob.ied. 409 
Stoff '), jenes die Seele, dieses den Leib »}. Aristoteles hält hieran 
so streng fest, dass er ansdräcklich behauptet, der männliche Same 
bilde keinen stofflichen Bestandteil des Embryo *}, sondern er 
gebe dem vom Weibe genommenen Stoffe nur den Anstoss zur Ent- 
wicklung *), wie sich ja überhaupt die Form mit dem Stoffe, das 
Wirkende mit dem Leidenden, das Bewegte mit dem Bewegenden 
nicht körperlich , sondern nur durch seine Wirkung verbinde 5 ) ; 
und eben desshalb, glaubt er, sei überall, wo es angebt, rlos Männ- 
liche vom Weiblichen geschieden: denn da die Form besser sei, als 
der Stoff, so sei es auch besser, wenn sie von diesem so viel wie 
möglich getrennt sei "}• Er unterscheidet daher bestimmt zwischen 
1) Gen. I, 2. 718, a,4: rlj« yr*i<ntat ipjris äi rtc ojy tjxior™ 6ür, tb IHjXu xeit 
to Sjfot, ib jiiv ä^^ev «>( xffi xivifatmt xa'i tt,( f sviotüs ix '* "i v "rV.Vi ™ ^ ^^" 
m( 5Xi;s. c 20. 729, «, 9: tb piv äpftv *«p*x«t«i tj te (Bot xol t)]v äpyi-,v -n;; 
irnjne»;, tö 81 ÖijXo tb aöji« xa\ t}|v BXtjv. Z. 89; tb Sjifiii ferrv tu; xivoüv, tb St 
^Xu, {[ BijXu, <'.$ Jta9i]TO(5v. Ebenso C. 21. 729, b, 13. 7S0, i, SO. It, 4. 738, b, 
äO— 88. 740, b, 12—26 n. o. Tgl. »ach die folgenden Anm. 
2) Gen. an. II, 3 (e. o. 874, 2): tb tifc "rovijj ot3(i.s, & cB mnunfyffrnu tö 
iffitpj«! To rij« ■fux.utijt ipxli. EM. 7S7 t ». Bö {»■ U-) O, 4. 788, b, 26: fen oc tb 
pb ttÖ^,« ix toü thjXtoj , 5] 51 -|w)tj] ix toG äp^svo;. 
3) Gen. an. I, 21 (s. A. 6). e. 12: du Erzeugte bildet sieh in der Mntter, 
weil hier der Stoff liegt, an welchem die bildende Kraft des Hanns arbeitet. 
Der mannliche Barnen gebt niebt als Bentandthp.il dea Embryo in diesen Aber, 
&mp oä6* ixh toB TtVrovo; xpb( ri]* i&i &iltuv 6Xt|v oBr* «iKp^itai odMv, oüts (io- 
pio* otfflfc io-ttv iv tfii YtYvojiAtü Tfj( TiXTOvixijf , iXX' f| [iOpyJ] x«\ tb jBo( äjt' W- 
im eTjivtT« 8ti rift xtvifna>( fc tfl CXn, Xal $ fih tywfil, ** ? T8 *ß°f > *Ä *1 taw*4- 
mr »ivoilci tlj x^P"! ■ ■ ■ «"* X^P*' **" T ^ 'PT ™" T ^l v ^1 v - 
4) Er Tdrgleioht ingofern gen. an. T, 20. 729, a, 11. 11,4. 788, b, 20 den 
Samen mit dem Lab, welches die Milch gerinnen macht. Eine allin genaue 
Anwendung dieser Terglelchnng wird Jedocb ebd. IV, 4. 772, a, 89 abge- 
lehnt 
6) Gen. an. I, 21. 729, b, 1 : Trügt der männliche Samen znr Entstehung 
des Erzeugten bei üf Imr.&pytit xat fx6pcm Bv iilflij; toü ftvopAou oiti(MtT0(, p,rf- 
i'jjifjov tij GXr, t Jj Jtapi tou h|Xeof , 1) to pin oSfia oijfliv xotvüivfl toG mipfiwof, tj 
e' iv iütG) Brfvaiiii x«\ «hngoic; Arist. entsobeidet sich Mir die zweite von diesen 
Annahmen; denn theib od falvtrai j<Y*tpwi l* Ix toü RaBijttxoJj xw toC noroüv- 
*os 'o( tvunap^OvTOf rv tw yiTOfiivoi toü mLOÜvro;, oiS* 5Xiu; 8jj ix tau »ivojii^vo'j 
UBXtnJbtOC, thoili sprechen daffir, wie er glanbt, noch mehrere Thatsaohen, 
welche beweisen, dass eine Ersengnng ohne materielle Berührung des männ- 
lichen Samens mit dem weiblichen Stoffe möglich sei, wie namentlich die 
nachträgliche Befrachtung ron Windeiern. 
6) Gen. an. II, 1. 732, a, 8; SiXtCovo; tk xctl Stiotipac t4|v ipäatv oöai|( Vrfl 
JigilizBdby G00gle 
410 Aristoteles. 
dem männlichen Zeugungwloff oder dem Samen, und dem weibli- 
chen, den er in den Katamenien sucht. Beide sind zwar im Allge- 
meinen gleicher Art und gleichen Ursprungs, eine Ausscheidung 
brauchbaren Nahrtmgsstoßs , sie entstehen aus dem Blut *); diese 
Ausscheidung erfolgt aber bei dem schwächeren und kälteren Theile 
in grösserer Menge und weniger verkocht: bei den Weibern bilden 
sich aus ihr die Kalamenien oder was bei manchen Thiereu derei 
Stelle vertritt, bei den Minnern der Samen ! ); derselbe Stoff erhall 
mithin in beiden eine so verschiedenartige Verwendung, dass er di, 
wo er die eine Form annimmt, nicht zugleich in der andern vor- 
kommen kann *)■ Wie genau übrigens diese Vorstellung über die 
Entstehung des doppelten Zeogungsstoffs mit der Ansicht des Phi- 
losophen von seiner Bedeutung und von dem Verhältnis« der Ge- 
sttfof TJj? xiwnj«]( Ttpuitiji , ft o Xifo t iic&fjju xai tb »Boe. , TT); WlJ)( , ß ÄtlO» i«i n 
Ktf<uf(aia.t t'o xptfttov toB jtipomt. 6ii toüt' iv BcMf hüjttn *a\ xe.8' Bern (nie- 
X"'«i xtxt&pmai tou QijXeoc w nfJ£ev, 
I) Ausführliche Untersuchungen hierüber finden eich gen. ad. I, 17- -2t. 
Arist. widerlegt hier morst (721, b, 11 ff. vgl, c. 20. 729, a, 6. 730, s, II) 
die Meinung, dass sieb der Same ans allen Tbeilen deB Leibes absondern (wor- 
über Th. I, 616, 1, such 689,4. t. Tgl.;; er seigt eodann (7 24, a, 14 ff.), dw 
das mdf |ia nur eines Tun beiden sein könne, entweder eine Ausscheidung t«- 
brauchten Stoffe ans den organischen Thailen (ein oJv-ij^jw), oder ein Utbu- 
Heibsel des Nahrungsetoffs (ein lupknupa.}, nnd im letstern Fall entweder ein 
Ueberbleibsel uub ranchbarer oder brauchbar« Nahrang. Gin mivn)y|u käiiB 
es aber nicht sein, und ebensowenig ein unbrauchbares jcipfrrioji«; es sei mit- 
bin ein Tbeil dee brauchbaren grfptTtwpa. Der brauchbarste NahrnngsstoffM 
aber die toocff, itr/kvr, , das Blut; das ertspiio, sei somit tJ[[ a!jiaTix^( rapiTwp« 
Tpospiji, t»jf sfe t» [is'p») SraSi6oii£V7j! wXwtodaj (c. 19. 726, b, 9). Ebendaher er- 
kläre sieb die Aebnliohkeit der Kinder mit den Eltern : S]»oh>y tob -b Keoejlln 
icpbt -ci [iipi] tö tnaXitf Mm* &m rb oJtipj*« ioVi ti Tifc X"P°i 1 ™ ' to '* *f eeota* 
J) Saou tob ttloo iäiopLiTL); ^£'[p 1) npooteicov 1) Slov Cfflov xsl olov Ueimt fxwtn 
htpftix, toioEtov to mcipjm Svvafui (ebd. Z. 13). lieber die physikalische Be- 
schaffenheit und die stoffliche Zusammensetzung des Samens gen. an. 11, 2. 
3) A.a.O. 726,b,30ff. c. 20. 729, a, 20. Von dem Blutverlust der Weib« 
leitet es Ariet. c. 19, 727, a, 16 ff. her, dass nie schwächere Adern, bleicher' 
Farbe, geringere Behaarung und einen kleineren Leib haben. 
8) C. 19. 727, a, 26: bt& öl tOÖt' icrrtv o fly^trat rols BijltoiY üs !', Teri| wf 
■pfwiv , Biia 3 ' obx iväe^ET»! <]- 1 =ji«-nxi; ä|Mt Y' VES ^ al ibtoxpiaut , fsvipev 8n ■' 
fläjÄu od BujißiXXiTai on^pft« elf x^v ytvtoiv. t! |*iv yip oittpfta tJv, ri xors^njvi« •»< 
äv ^v- vüv Et Sta t'o taüra vi-pta-Bn iniiio oüx iartv. Dass auch kein anderer Stoff 
Ar einen weiblichen Samen KU halten «ei, seigt «. 26 vgl. II, 4. 739, s, 20. 
JigilizBdby G00gle 
Entstehung d. Thiue; GMohlachtaontersohfed. 411 
. schlechter überhaupt Kusammenhängt, liegt am Tage: da die K*ta- 
tnenien aus dem gleichen Stoff bestehen, wie der Samen, nur dass 
dieser in ihnen nicht vollkommen verarbeitet ist, so sind sie ein un- 
vollendeter Samen Oi sie enthalten dasselbe der Möglichkeit, wie 
dieser der Wirklichkeit nach, sie sind der StofT, der Samen dagegen 
giebi den Anstoss zur Entwicklung und Gestaltung. Als Ucberbleib- 
scl des unmittelbaren Nahrungsstofles setzen die Katamenien und 
der Samen die Bewegung, welche sie im elterlichen Leib hatten, den 
im Wachsthum und in der Ernährung sieb belästigenden Bildung«- 
trieb, auch nach ihrer Vereinigung im Embryo fort, und bringen so 
etwas hervor, was den Erzeugenden ähnlich ist *). Handelte es sich 
nun hiebe! nur um ein pflanzenartiges Erzeugnis», so könnte der 
weibliche Tbeil ein solches auch allein aus sich entwickeln, denn die 
Kraft der ernährenden Seele wirkt schon in dem, was er zur Er- 
zeugung beiträgt; soll dagegen ein Thier entstehen, so bedarr es 
des männlichen Samens, da der Keim der empfindenden Seele nur in 
ihm liegt 9 ). Indem das Männliche als thätige Ursache zu dem Weib- 
1) Gen. an. IT, 3. 787, a, 37: xh yöf fl^Xu fiemp i#iv iuü rttmtfu>ui»ov , uft 
tot xorcapjvia aurpfia, od xaSapbv Si. h Y«f oj* ir/ti u.<hov, ri]v "rijs tytyjt* *?'($*, 
wie mau diess an den (ohne mttanlicbe Mitwirkung entstandenen) Windeiern 
sehen könne. Vgl, o. 6. 741, a, 16. 
3) A. ». 0. 737, t, 18: toü ik oxfypjnw iwroe, ittpiTttu|»atot xa\ xinoujiAou 
xLVTjahi T)}v aütjjv xaB' fyiup T*a aüpa ttifivETm |ic^i(o<jivr,{ Tij( io^itvjt TpOf Tfi 
Stow sJ.Gr, tt( tjjv üarfysv auvianjoi not »evtl to rtEfitTiufio TD toü Siflio; Tf|n aOtijv 
xivijOty fj»Ksp «Jtö Tuy/aysi xwoiI[j.evqv xixStvo. xsl Y*p ixilvo icipltttufui xnt nanrra 
Tijiipia fy« Suvijtfi, snpf«la 8' ouMv. xal 704] ta toiaih' e^ei [jäaia 6uvip4t, fj Bia- 
flpci tu flijXti toQ o^fivo;, &nttp yip xal ex tctmipui^vtuv Sri (icv yiviT« nsnjjpio- 
uiv« iti S' oO, oBtuxouix SijXtet £ti plv QijXu ort S' oü, ttl' «f^. w r=9 ^ u 
n. 8. w. (i. toi. Azun,). Vgl. I, 19. 786, b, 18 (s. o. 410, 1>. 
3) Gen. an. II, 5. 741, a, 9: Wenn der Stoff des Erzeugten im weiblichen 
ntpiwoipx liegt, und der weibliche Theil die gleiche Seele bat, wie der mSnn- 
liohe, warum sengt er nicht auch für sich allein? afriov S' Ski SiaeeaEi to Jrpov 
toS fUTOu aiofljjtm ... ü oflv xb äjjp^v t'orrl ia ttj( -joniiTiK jtonjTixöv ^i*x*i'i Sjcou xe- 
X<ipio"rai to Oijlu Mi 1 ! 10 ■$*», ifiüvarov TÖ Sipku 1% aüioS yivväu £iüov. Im Uebrig&n 
■ehe man an den Windeiern, dass auch der weibliche Theil für eich bia au 
einem gewissen Grad sengungsflhlg aei, denn auch diese haben eine gewisse 
Sijva(ii( iluxtxj), nnr die der niedersten Art, die ftpsnrcxi), weil aber zu einem 
Thier die empfindende Seele gehöre, kiinnti kein solches daraus werden. Sollte 
es Thierc geben, bei denen zwar Weibchen aber keine Männchen Yorkommen, 
wie dies» rielleioht bei dar rochen Meerbarbe der Fall sei (festgestellt sei es 
aber noch nicht), so würde hei aolohen das Weibchen allein sengen; wo ds- 
3,g,1 EE dby G00gle 
412 Aristoteles. 
lieben als der leidenden hinzutritt, entsteht sofort diejenige Wirkung, 
welche der Natur beider entspricht, es entwickelt sich ans ihnen das, 
was sie an sich sind, nicht weil die Stoffe, die sie enthalten, räum- 
lich nach dem Gleichartigen hinstreben, sondern weit jedes, wenn 
es einmal in Bewegung gesetzt ist, sich in der Richtung bewegt, zu 
der es die Anlage in sich trügt >), weil schon im Samen die Seele 
der Möglichkeit und dem Keime nach gesetzt ist *). Die wirkenden 
Kräfte, deren sich die Natur hiebei bedient, sind die Wärme und 
Kälte *); das Maass und die Richtung dieser Kräfte aber ist dureb 
die Natur des Zeugungsstoffes und der in ihm angelegten Erzeug- 
nisse bestimmt *): aus jedem Keim entwickelt sich ein Wesen der- 
gegen die Gesehleohter getrennt sind, sei dies* unmöglich, de ja sonst du 
mfcinliche iwecklos wlre; hier bringe vielmehr nur diätes die enipßnAend« 
Seele herTOr. 
I) A. a. O. II, 4. 740, b, 12; fj Bfc Ssinp ins T^ver« -ff* jaoshov (bei der Ent- 
wicklung) oty <5t twif iitoXa|i[ä&vou3L !ti to neip uxtvai ip^peoflii tb 3|toiov r;pof n 
Sjioiov (was sofort des Näheren widerlegt wird) ... äXX' Srt to irapfTrup.« vi 
wS ftrjXcot (uvi|Hi toioStäv irm oTov fiSoei xo twov , xäl &iotl Suviuct ti jj.dpia (V 
Ep-ftf« S * otölv, 8ii taiiTi]v tr)v «friov y!«™i Exaorov «Jtmv, xä iti t'o jtonjraov i»1 
td saftijTotov Bwv flfywoiv, lv Tpdnov iVt\ tb [il* xsinttxBv to Ü iraOijtotW, .... 
tü8 ; j; -d [jiv rroii! tb Si r.fo^i. 6X«v [iiv oov itapfyn TO 1 *i|Xu , t)|v 8' äpy^v ™)i "'- 
vifotu« tä äfft». Das Wirksame ist dabei die Kraft der ernährenden Seele, ihre 
Werksenge sind Kalte und Warme, o. B. 741, b, 7: vom männlichen Theil 
gebt die Entwicklung ans, weil dieser die empfindende Seele hinsnbringt 
hvTcmp/ß'mn 8' Iv t)[ BXt] BuvijMi tüv [topfen, Bt«* «pj$ t»"1TBi xnnfaro^ 
£«KEp I* -ttiis aürojiiToif ftau'jicCTi eowiptrai t« est^ri? mä 8 ßoifXovrai üyi« 
ti«fc( töy ouoixtüv, Tb yipsrtai c!; to Bfioiov, Xtattov i'ff üf tötcov pjTajiiXlovTa a 
|j.4fii xi»(Ta8ai, IXXi [levovra mir iXXoiorfpxva [niotwtniti i«\ oxJ.i]p*TT|Ti xal ja»" 
fj.au xal Tal; äXXait ra"i{ tijjv SpoiopioSv 8ia^opift, ftvaptva tVEpyiis i SjrijpjEv 0TTE 
fiuv&|tt( jcpdtipov. Schon c. 1 (von 8. 783, b, SO an) wird diese Ansicht ausführ- 
lich begründet. 
3) M. s. hierüber gen. II, 1. 783, b, 33. 7SS, a, 4 ff. c. 3. 7SB, b, 8 <£ und 
oben 874, 2. 
8) Welche bei der Erzeugung im eigentlichen Sinn ans der pileif toÖ -fw 
vövtos, bei der Urzcngnng ans der xivijo;; x*\ flepji^n]? T3|f i°=a; stammen; 
a. a. O. II, 6. 743, a. 32. 
4) A. a. 0. e, 1. 734, b, 31: exXnp*. uiv oSv xal p.aXaxtt n. s. w. jj SeppfaK 
x«* iJuxpiTi]; roiiiotwv äv [tb [Utow], tJv3<M-m*v, $ jJSrj t"o [ifc» oäpExb 8' ooroBV, 
oäxiti, «XX* fj xlvt]*( f| äirb toÜ -fEwrlffairra; ttB ävrtltxsia ävros S (WSuvipsi ^ 
(L -.b] t? o5 -flvcTat, was sodanri im Folgenden weiter erläutert wird. c. 4. 740, 
b, >6 (vgl. Anm. 1). c. 6. 743, u, 8 : jj 6s y^vso-f lariv ex rüiv öpHOtupS* on 
tyifox; xal Stpu^ttiT»t. Naobdem sodann erörtert ist, wie sich auf diesen beideii 
i „Google 
Entitehnng d. Thlere; Qeiübleehtaurjtenohiod. 413 
selben Art, wie das, von welchem er herstammt, weil im Blut, als 
dem anmittelbaren Nahrungssloff, der Trieb zur Bildung eines Leibes 
von dieser bestimmten Art liegt, und weil eben dieser Trieb im Sa- 
men fortwirkt; und daher kommt es, dass nicht blos der Gattungs- 
charakter, sondern auch der der Einzelnen durch die Zeugung sich 
fortpflanzt *). Hat hiebet der männliche Samen, von welchem der 
Anstoss zur Entwicklung ausgeht, die Kraft, den ihm gegebenen 
Stoff vollständig zu zeitigen, so folgt das Kind dem Geschlecht des 
Vaters; fehlt es ihm hiezu an der nöthigen Wärme, so entsteht ein 
Wesen von kälterer Natur, ein Weib. Diess nämlich ist es, was die 
beiden Geschlechter in letzter Beziehung unterscheidet, die grössere 
oder geringere Lebenswärme: die wärmere Natur vermag das Blut 
zu Samen zu verkochen, die kältere ist darauf beschränkt, in den 
Katamenien den rohen Stoff zur Fortpflanzung herzugeben 0; das 
Wegen die verschiedenen Stoffe bilden, fuhrt Z. 21 fort: iStt, 81 (die Warme) 
<;£r l n Izir/t noifi oapn j) Joroüv , oüö ' Snq ituvcv, iXla xi> nupvxbc xai Jj ntf vu 
Xl\ itt ldyitWI. OIJTE fÖp XO SuVajlEl 5v Uno tau |jj) TTJV ivip-fSlOV EXOVtDi KtVTjTlxaÜ 
iarai, aStt td tJ)v tWpyeiav fy. " iMUJMi Ix toü m^ovto; ... jj Et Q£pjiörr]( t'viiicipXEi 
tv tcü aictpiutui$ rapiTTBifiom tooaiJ-n]v xat toiaJniv ex ouo «. ^i v *'»i™ *•"* f^ v •*■ 
ifju&r, Zoi) siSpjurpOf e!( baorow tüv popfwv. ... ^ 81 tjitffo rapigat; a ip|iDTi]T{( 
i<mv. jujTJtnt S' öpfQTcpoii I) quillt ^;ouoi p.b SiSvkjjjv iE iuiyxTjj ü<m tb |ikv toB'i 
rö äs ToS"i noiflv, iv piino: toIj Yivorjivoif Ivtxi tlvo( ou^aiva t'o |iiv ^vyti* aÜTtü« 
ib äs BcpjLaivuv a. «. ir.j denn alle« diese* geschieht (Z. 16) tjj gib iE ävi-fxi-,4 _ 
ijl 6 * oüx £E äviY«.j]( iXX ' Evixi tivoi. 
1) 8. o. 410, 1. 411, 2. ge D . an. IV, I. 766, b, 7: rä u*v oispp* ini- 
kiuu iccp(TUbiji,a Tpoipjjs Bv tb «a^atav. ioxitov Et It^fu ib iipi; Ixastov (so jedem 
Theil des Körpers, s. o. 405, 3) fipijfuvov. Bio xsl mixt ib ■y tyv " , !"* ov t $ T EVV1 i" 
2) Nachdem Ariat. gen. an. IV, 1 verschiedene Annahmen Ober die Ent- 
stehung dca GeschleohtsuntersebiedB niderlegt bat, fahrt er 765, b, 8 fort: 
ssei ib öp^Ev aal tö 6iJXu SuüpisTu BuvöjiEt Tivi xoil äSuvgpua (ro |ÜV -]-ap Suvo|uvov 
itfttiiv xai auvurcivat TS xak Exxpivttv cnttpjui i^ov tijh ÄpjJjv tou eT8ou« «pflv ... Tb 
8t Se]^j(UV0v |iiv äSuvatoBv Sei buvi«A™ xas fatpfveiv ÜijXu — das Gleiche I, 20. 
728, a, 18.) In d Jtio« nii/ti jpY^Et« 9sp^.tjj, äva^x»! xai tüv Eij»Jv t« ip'ftva tüv 
^Xctuv Oip|[^tEps slvai. (Beweis: jene scheiden das zu Samen verkochte, diese 
in der Menstination das rohe Blut ans.) äpa S' fj ipiiai; tijv xs fiilvipc« snoät- 
ämaiv t xäuriji xil tb SpY<nov ■ ßiltiov yäo oCtlj; . . . tpiTOv St ttpb; taiJTOt( XijirtEOv 
Ect Eimp J| ipSopH tl( TeAvavrfav, xai cb jij] xpaToiifisvov ü*b iou 8i][j.ioupyoÜVTo; 
iväpiil [uiaßiiXXttv ilt Tojjvovruiv. Ilieraua ergebe sich nun die richtige Erklä- 
rung. San fip (iij xpai^ f| öp^ij p]3f SilvijTBt n/ijigtt Si* c*vEclkv 9sp|iiT)]TOj (ir,6' 
i „Google 
4M ArWtotelet. 
Weib ist etn unfertiger, auf einer tieferen Entwicklungsstufe stehen- 
gebliebener Mann 1 ). Noch dieser Fähigkeit richten sich die Ge- 
schlechtsorgane; diese sind mithin nicht die Ursache, sondern nur 
die Erscheinung des Geschlechtsunterschieds *); sein letzter Grand 
liegt vielmehr in der Beschaffenheit des Lebensprincips und des Cen- 
tralorgans, worin dieses seinen Sitz hat, und wenn er auch erst mit 
dem Hervortreten der Geschlechtstheile zur Vollendung kommt, so 
ist er doch schon beim ersten Anfang der Entwicklung in der Bil- 
dung des Herzens begründet *). Dieser Unterschied greift dessbalb 
auch aufs Vielfachste in's Thierleben ein, so dass nicht allein der 
körperliche Bau, sondern auch die Gemüthsart der Thiere mehr oder 
weniger von ihm abhängt *}; und aus demselben Grund bringt die 
Entmannung bei Menschen und Thferen diese grossen Veränderun- 
gen hervor ); 
Xerv. . . . ir.ü S' t^£[ Sia^upiv rv tij S-jvä|U[, c^ti xat tb gpYguav Sinpcpov- uor' zk 
Tciioitov uETdpäXlfi. Das Gleiche wird dann 766, b, S ff. noch einmal, sehr klar 
und prüeia, wiederholt- Tgl. e. 3. T6T, b, 10. Eine Beibe von ThatMchen, 
welche für seine Ansicht sprechen sollen, filhrt Arist. c. 3. an. 
1) & 0. 411, 1. gen. an. II, 3. 737, a, 17: tb yäs BijX-j &mf öfjpcv tVi 
ItMt>]QU>|*EVOV. IT, 6. 775, a, 14: iaftwt'sttpa yip i"«ti xa'i i|njyj56"T{pa t& SijXra riji 
fäaiv xA iil !tr.o\ap$iie:i fiorap avairripfav eTvbe tt|V frrjXiitTjTs yuawij». I, 20. "28, 
a, 17: eoixe 61 *a'i t^v jj.opipf|V fuvj) xol iteü;, xoe! Jon« f) fuvi] Sittie; ä^ftv öyuvov. 
V, 3, 784, a, 4. Vgl. Probl. X, 8. Damit stimmt übrigens nicht ganz übercin. 
"wüb wir longit, v. 6. 467, u, 32 Icbcd: vaiuiSsorepOT räp toö 9iJXeo( tb 0$**, »dl 
nämlich die oberen Theile beim Mann verhältniumAwig grosser seien, deno 
gerade in der Grosse dieser Theile soll das Zwergartige der Kinder bestehen, 
(pari. an. IT, 10. 686, b, 10. De mem. 3. 453, a, Sl v b, 6), mit deren Bildung 
die weibliche verglichen wird. 
2) 8. vorletzte Anm, 
3) A. a. O. 766, a, 30: tf nJv tb [*h äfjptv äpvjij t« xofc «etiot, «m 8' «$:> 
J S'JvxTx-! ti, SijXu Sl J ISuvartt, vffi Gi Buvapu-u); Spot xö -^t ä8ovau.i*t tb itfimibi 
i&si lj [j.Jj icurtoibv ti]{ S«4tt]( tpo^flt, o ^v [ilv toTt iWu.oi( alpa xaXfitsn b 81 tÄ; 
JXXocf tb Jvilofov, toiitou !t tb oTtiov tv tij äpxfl x°& *$ iLopup tö ixovti tä)v tlfc 
<pu9ixrj< BEpu,it»ito( «pxVi 4v«T*«Iov Jpa £V toi; rwI|Ht{ awftrtaoDai xapSEav, *Afj 
iföct isirfai 1) SvJXu tb Tiväfiivoy. ev (i tot? äXXotc f^Eora 5nxpx (l T '° * 5 5* w ** *■ 
äjjpw tb trj xapBta ävaXoYOv. fj pi» ofc ip'/r, tc4 StjXeos xoä ö^evü; uft f| «Wi afiw, 
xa\ t\ toiitqi *ät(v. IKjXu 8' <[8ji xa\ äiftv täo-r'iv, Btav IJQ) »ot tl p-opia öl* 8i»pipei 
tb fl^Xv toö öp^evo;. 
4) Die Hanptatellen hierüber finden sich H. an. IY, 11, wo die körperli- 
chen, nnd ebd. IX, I, wo die Charaktereigenschaften der beiden flescfcrloehter 
mit Rücksicht auf die verschiedenen Thiergattongen besprochen werden. 
6) Eine Beschreibung derselben siebt H. an. IX, 50; der Grand <Un» ist 
Entatehnag d. Thfere; unvollkommene Bildungen. 415 
Wie der Unterschied der Geschlechter, so haben auch andere 
Erscheinungen ihren Grund in einer Schwäche der zeugenden Kraft. 
Die Bewegung des männlichen Samens geht auf Bildung eines We- 
sens, welches dem Erzeugenden, in dessen Leib er diese Bewegung 
erhalten hat, durchaus ähnlich ist. Vermag derselbe in seiner Rich- 
tung auf Erzeugung eines Männlichen den weiblichen ZengungsstofT 
nicht zu überwältigen, so entsteht ein Weih; vermag er es in seiner 
Richtung auf Nachbildung des sonstigen väterlichen Typus nicht, so 
gleicht das Kind nicht dem Vater, sondern der Mutter; vermag er 
es in beiden Beziehungen nicht, wiediessder gewöhnliche Fall ist, so 
giebt es ein Kind weiblichen Geschlechts, welches der Mutter ähn- 
lich ist ')■ Schwächt sich seine Bewegung an sich selbst ab *), so 
verliert das Erzeugte die individuelle Bestimmtheit, anf deren Nach- 
bildung jene Bewegung eigentlich ausgeht, und es bleibt nur das in 
dem Individuellen mitenthaltene Allgemeine in verschiedener Abstu- 
fung übrig: an die Stelle des individuellen Typus tritt zunächst der 
Familientypus, indem die Kinder statt der Eltern den Grosseltern 
oder noch entfernteren Vorfahren ähnlich werden; weiterhin der 
Gattungstypus, so dass beim Menschen z. B. nur die menschliche 
Gestalt ohne bestimmte Familienähnlichkeit sich erhält; am Ende nur 
der eines lebenden Wesens überhaupt, wie wenn von Menschen Kin- 
der mit thierischen Bildungen geboren werden *). Fehlt es ganz an 
dem richtigen Verhältniss zwischen dem Männlichen und Weiblichen, 
so erfolgt gar keine Erzeugung *>. 
aber (gen. an. IV, 1. T66, a, 28): Sri (Wt tüv popi'u» ipx." *t" v - bpyfe St xivij- 
hfm)( itolli «vi^xt) (itflioTauBai tüv inolouUoihtwv. Eigentlich wBre freilich, 
nach dem eben Angeführten, diese Wirkung nur dann iu erwarten, wenn nicht 
die Hoden, sondern da» He» ausgeschnitten würde, Um au mehr, da Aristo- 
teles gen. an. V, 7. 787, b, 26 jene , ohne Kenntnis» ihrer eigentlichen Bestim- 
mung, nur als ein den Hamengtlngen angehängtes Gewicht behandelt. Wie er 
sich unter dieser Voraussetzung die Sache erkl&rt s. m. sbd. 786, a, 3 ff. 
t) Gen. an. IV, 3. 767, b, 15 ff. 768, a. 2 ff. 21 ff. 
2) Diesen Fall, l&v XuWSaiv cd xmjoi«, unterscheidet Arist. a. a. O. 768, a, 
14. 31 auadrficklich von dem andern, liv ,ui] xpatifeyi fj nivjjjif (toS ävSpif). 
3} A. a. O. IV, 8; vgl. besonders 767, b, 24—768, b, 15. 769, b, 2 ff. 
4) A. a. O. c. t. 767, a, 13 ff. Eine Reibe weiterer Erörterungen, welche 
den Geschlechtann terachied und die Erzeugung betreffen, man ich mich be- 
gnügen knrs xu Teraeicbnen. Von den Geschleob tatheilen der verschiedenen 
Thiere handelt gen. an. I, 2 — 16. II, 8. HUt. an. LH, 1; von riov Mannbarkeit, 
i „Google 
416 Aristoteles. 
Unter den übrigen allgemeinen Lebeuserscheinongen ist hier 
zunächst die sinnliche Wahrnehmung zu Hennen, welche dos durch- 
greifendste Merkmal zur Unterscheidung des Thiers von derPBuie 
bildet '}■ Die Sinnesempfindang tat eine Veränderung, welche in 
dem Wahrnehmenden durch das Wahrgenommene hervorgebracht 
wird *), eine durch den Leib vermittelte Bewegung der Seele *). 
Die Natur und der Hergang dieser Veränderung ist nach den allge- 
meinen Bestimmungen über das Wirken und Leiden 4 ) zu beurthel- 
len. Das Wahrgenommene ist das, von welchem der Anstoss a 
jener Veränderung ausgeht, das Wahrnehmende das, worin sie er- 
folgt; jenes das Wirkende dieses das Leidende s ). Jenes verhält 
sieh mithin zu diesem, wie das Wirkliche zum Möglichen, die Fora 
zum Stoffe: die Wahrnehmung, zu welcher das Wahrnehmende die 
der Menstrostinn und der Milch gen. IV, 6. II, 4. 738, «,9 ff.; von den Beilin- 
gnngtm der fruchtbaren und unfruchtbaren Begattung gen. II, T. 746, s, M - 
c. 8, Buhl. ; ron der 7toXuro*ia, öi-iyotoiiia and (wwotoxEi, von gewiesen Miitge- 
burten, vollkommener and an vollkommener Ausbildung der Kinder, Superß- 
UtioDnndAebnlicbemgen.IV, 4—7; von der Bildung des thierisohen Leib« 
und der Aufeinanderfolge in der Entwicklung aefnerTbeile Hist VIII, 7 f. gea 
II, 1.734,*, 16 — 88. 736, a, IS ff. o. 4. 739, b, SO — 740, b, 25. c 5. 741, b, 
16 ff. c 6. (wo 748, b, 30 die Vergleichang der Natur mit einem Haler, in 
stieret die Umrisso entwerfe, dann erat die Farben auftrage); von der Erntt- 
mng des Embryo durch dun Nabel gen, II, 7. Hirn. VIII, 8; von der Erzeugung 
und Entwicklung der Vögel gen. III, i f. 6.; von derjenigen der Fische in, 
3—6. 7; der Weichthiere nnd Weichschaalthiere ebd. III, '8; von der der bv 
aekten , namentlich der Bienen , (von denen er glaubt, die Königinnen und Ar- 
beiterinnen stammen von Königinnen, die Drohnen von Arbeitsbienen) ebd. 10, 
9. 10. Hut. V, 19; von der Enatehung dnreb Urzeugung ebd. Hl, 11. I, 2!, 
8chL Hist. V, 16 f. c 19. 661, a f. c 11. 643, b, 17. VI, 16. 669, a, 10 ff.;*» 
der Art der Geburt und der Zeit der Trächtigkeit ebd. IV, 9. lieber die Stufen- 
unterschiede der Thiere hinsichtlich ihrer Fortpflanzung nnd Entstehung wird 
noch in diesem, über die Entstehung und «llmHhlige Entwicklung der Seele in 
n&cbsteu Kap. weiter au sprechen sein. 
1) S. o. S. 366. 398. 
.%) De au. II, 6, Auf. 
3) nivTjoij tu öia toü müjiatoi t^j 'lux 5 !; De somno 1. 454, a, 9. Inwiefern 
freilieh überhaupt von einer Bewegung der Seele gesprochen werden kw«, 
wird sp&ter untersnoht werden. 
4) M. s. das S. 817 ff. Angeführte, worauf a. a. 0. 417, a, 1 ansdruekkoli 
verwiesen wird. 
6) Leidend allerdings Dur in dem 8. 184, 6 beieichneten Pinne. 
JigiiizBdby Google 
Sinnesempfindnng. \\f 
Anlage bat, wird durch das Wahrgenommene in ihm zur Wirklich- 
keit gebracht, die Form des Wahrgenommenen wird dem Wahr- 
nehmenden aufgeprägt '), Diess gilt aber von ihnen eben nur inwie- 
fern das Eine wahrnehmbar, das Andere der Wahrnehmung fähig ist: 
was auf jeden Sinn wirkt ist nicht der Stoff der Dinge, sondern nur 
diejenigen Eigenschaften derselben, für welche dieser bestimmte 
Sinn empfänglich ist. Die Sinnesempfindung ist daher eine Aufnähme 
: der sinnlichen Form ohne den Stoff, nicht der körperliche Gegen- 
stand selbst, sondern nur seine Wirkung theilt sich an das Wahr- 
nehmende mit 1 ). Diese Auffassung der Form ohne den Stoff ist nur 
möglich, wo ein Mittelpunkt des Seelenlebens ist, in welchem die 
sinnlichen Eindrücke sich reflektiren, und aus diesem Grund sind 
erst die Thiere der Wahrnehmung fähig 0- Da ferner das Wahr- 
nehmungsvermögen die Kran und Form des körperlichen Organs 
ist, so setzt es ein bestimmtes Verhältniss seiner Theile voraus; 
wird dieses Verhältniss durch allzuheftige Sinneseindrücke zerstört, 
so geht das Wahrnehmungsvermögen verloren *). Der unmittelbare 
1} De an. II, 6. 411, a, 9 bis zum Schlug» des Kapitels, wo die vorher- 
gehende Erörterung in die Worte zusammengefiiBSt wird: tq 8' afafa/nxbv Euvi- 
p£i farlv oTov tb aWbjT'ov <[8t| ivaXsye'.x, xatanrtp tlpntav r.i<r/ti \itv oäv ofy Spotov 
Sv, jcmovObe, fi' öy-oUim xni eanv oTov Ixiivo. III, 3. 425, b, 35: J) 5i toÜ aioSrjToü 
hiiffua xa'i t% linflijosidi J] ttirij [iiv J«i xal |iia, TaS'iTvai od T«rfrov anltoly ■ Xi-ju 
5' oTov >fofos 6 ist' ^vipfsiav *sl ixoj] f, xcn' bff-fuav . . . Sta» S' ewpYJ] tb 5w&> 
pjrvov axoiScn xal ijiotpjj t'o fiuvi|üvsv <j<a<päv , Tili Jj xkt' ^v t'pfiiav ixd] Sp.a f ivtrai 
xal & tttT 1 Jv/pfiu» ifa^of. Und da nun die Wirkung und Bewegung immer in 
dem Leidenden sei, so lei auch diese Wirkung In dem Wahrnehmenden. Vgl. 
folg. Anm. und part. an. II, 1. 647, a, 5 ff. 
2) De an. II, 12, Anf.: fj |iiv aTa6ip{c fori Tb Snrrnüv töv aia&ijTÖv ttSOv 
üvtu ttj( SXr, j, ofov Ö xi)pb( TOÜ SaxTuXfnu Övn) toü JiSijpou xa'i TQÜ ypUOTC itfitn tb 
4n[it1ov, Xajißivci Si tb jtP uoo!iv 11 Tb x«'-* ''« &IV&W, öÄX' o$X J Xr™«'>S 1 X^^t 
op.a!u4 61 xal f) aTo&Tjoi; IxaoTau finb ToS i^ovroc yj^fia ij ;r_u|iOY r] $6t?QV xlayti, 
all' oäx ? Ixbotov JxeIva)V Xs'-f' -ai , iXX' fj toiov8\ xa) xari tbv Xdyov. Vgl. folg. 
Anm. und De au. III, 3. 426, b, 23. Eben daher rührt es, das« alle Wahrneh- 
mung anf ein Allgemeines, ein tqijvSl, gebt; i. o. 139, 4. 
8) De an. II, 12. 424, a, 32: die Pnanaen haben keine sTeOrjaic, wiewohl 
sie nicht ohne Seele sind; afriov fif xb [ii] «xtw [uson)Ta, jn]8t Totailnjv ap-^jjv 
otw Tei üBt] oVxeoöai xüv «Io8t|t£v, oXXi nioxeiv (urn ttj; EXx 4 . III, 12. 484, a, 
29 : ohne aMaatg sind diejenigen tfivin, loa |iij Stx-ruta tüjv il&wv ävci> t5|( BX>](. Vgl. 
faiexn B.3DÖ, 1.2, und was sogleich über den Qemeinainn aniuführen sein wird. 
4) De xn. IL 12. 424, a, 26: du «ra&xv<J|M»ov ist ein Körper (|M<r«6oc.), die 
aWbioie. dagegen ist nicht \ii-pU0i, üXi Xo^oc ti( xa'i 8Jvoüi< jxiivev [toü «Ia6a- 
PWies. d. ür. IL Ba. I. AblU. 27 
i „Google 
418 Arfstoteles. 
Sit« tbeses Vomögens ist immer ein gleiehlheiliger Körper ') ; die 
Einwirkung des Wahrgenommenen auf die Sinne ist durch ein zwi- 
schen beiden liegendes Mittel bedingt, welches dieselbe von jene» 
auf diese überträgt s ). In beiden Besiehungen setit Aristoteles die 
flnf Sinne mit den vier Elementen in Verbindung *), ohne dass es 
ihm doch, begreiflicherweise, gelingt, diese Annahme zu einiger 
Sicherheit und Klarheit zu bringen *)• Die höheren Thiergattungen 
voj^vou], f avtpbv S' « TOihwv x«\ Sii ■:'. «oil töv niafbj-.üiv «I SreppoXoÄ f Bttpoi« 
t4 «trtijn[pKt' (äv yip J5 io^upoTipa toD jIo9ijn]ptou ^ xfw|ui(, Wrrai £ Xö^o?, «ü« 
B' ^v Jj aldttjai;, &<jrap xaVJj aup.fiin'fa x«\ ö tdvQ( xpouopivbiv o^ dSpa t£üv ^opSüv. 
Tgl. III, 13. 4S6, b, 15. 
1} Patt. an. II, 1. 647, e, 3 ff., wo die ats&ijrrjpia in dieser Beziehung too 
Aea ipyKtak uipjj (Gesicht, Hand u. *. w.) unterschieden werden. 
2) Ä. a. O. II, 7. 419, a, 7—35. Die Wahrnehmungen des Gesicht* and 
nach dieser Stelle durch das Licht, die des Gehörs durch die Luft, die des Ge- 
ruch« durch das Feuchte rermittelt ; KEp'i St iinijs *ol -rcilmuf äyist [ikv Sp.ota; w 
tilimi «. Was aie TennHtelt Ist (s. o. 400, 1) das Fleisch. Nähere» im Fol- 
genden and 8. 868, 3. 
8) Wie diess schon Tor ihm geschehen war; Tgl. part. an. II, 1. 647, •, 
13. De aensn in, 3. 487, e, 19 ff. b, 11 f. und daan Bd. I, 641 f. 625, 4, Bi 
II, lste Abth. 648, B. 
4) Es gehOren hieher die swei Stellen De an. III, 1 und De sensit 3. 438, 
b, 1$ ff. In der ersten will Aristoteles seigen, dass es keinen weiteren Silin 
ausser den fünfeu geben könne (das Gegentheil hatte Demokrit behauptet, a 
Bd. I, 636, 3). Diesen Beweis fahrt er so. Die Eigenschaften der Dinge, ssgt 
er, werden theila unmittelbar theils durch ein Medium wahrgenommen. In doe 
ersten Fall sind wir bei den Empfindungen des Tastsinns (such hier aber, nach 
dem Anm. 3. Angefahrten, nur in dem Sinn, dass das Medium im Wahr- 
nehmenden selbst ist, Tgl. De an. II, 11. 433, b, 12), in dem andern wird in 
Wahrnehmung« organ für jede Klasse von Wahrnehmungen ein elementariscba 
Stoff von derselben Art sein müssen, wie derjenige, durch welchen die» 
Wahrnehmungen an die Sinne gelangen; eigentlich handelt es sich aber dabei 
nur um das Wasser und die Luft , denn das Feuer wirkt als Lehens w&rmo ■ 
allen Binnen, die Erde in eigentümlicher Weise (IStmc) entweder in keine» 
oder im Tastsinn (dem A. den Geschmack als Art desselben unterordnet, s. o. 
386, 8). Ans Wasser ist nun der Angapfel gebildet, die TOne nimmt die Luft 
in den GehärgKngen wahr, der Geruch bat in beiden seinen Sita. f£» altgs- 
meinen Eigenschaften der Dinge aber, wie Gestalt, Grosse, Bewegung u. s. w. 
können eben als gemeinsame kein eigeathömliches Wehrnehmungsorgsn haben. 
In 'der (weiten Stelle keisst es: «3 plv njutsrmc -rl oparnxov SSsrto; Socolq«*», 
itpot 6* -cb tüv ^ioojv oZah|twev, nvpes 81 tty 5eepj]iiv. o -f"P ^ v >PT-? 4 Seppen 
toÜTQ 6uvi[«i tö Äifpavrwöv ... fj 6" &(J( x»rev(uB)]i t(j brav äv«B«[uaioii, 4jS'i»a- 
•«Hkfli4 i) nsiKviuäi]{ ix impfe (Das oospsvcubv aelfaat jedoch ist niabt feurig«) 
Jiqi-zedby G00gle 
Sinneiempf indang. 419 
haben die sÄmmtBcben fünf Sinne; den niederen fehlt der ehw oder 
der andere; nur der Tastsinn und der in demselben enthaltene Ge- 
schmackssinn ist allen so unentbehrlich "), dass Aristoteles von den 
enteren geradebin sagt , so wenig ihn ein anderes Wesen , als ein 
Thier, besitzen könne, ebensowenig könne ein Thier ihn entbehren, 
er sei das unerlässliche Merkmal des Lebens, nnd es werde dess- 
balb durch übermässige Eindrücke, die er erfahre, nicht blos, wie 
bei den andern, ein einzelnes Sinnesorgan, sondern das Leben 
gelbst zerstört *)- Diese zwei Sinne sind insofern die niedrigsten, 
sie dienen den untersten Bedürfnissen des Lebens *), das Gesicht und 
Gehör dagegen stehen als Hülfsmittel der Verstandesentwicklung am 
Höchsten ; nnter ihnen selbst aber gebührt dem Gehör noch der Vor- 
zug, weil wir ihm allen) die Möglichkeit der Belehrung durch Worte 
verdanken *). Unter allen lebenden Wesen hat der Mensch den 
feinsten Geschmack und das feinste Gefühl; die übrigen Sinne be- 
sitzen manche Thiere in grösserer Schärfe 6 }, aber ihn leisten sie 
eigenthümüchG Dienste für seine geistige Bildung*). 
■andern kaker Natur: 8uvi|Ui f&p Sipjii) f| to5 <}'JXfoÜ üXt] fatb, nnd es »oll, 
ebenso wie das Äuge, ans dem Gehirn, als dem kältest™ and feuchtesten Kör- 
portheil, stemmen; vgl. auch c. 6. 444, a, 6. 22) ... 10 S' önrix'ov -fit. tO St yiu«i- 
in i1M( Tt ätpSfc M«. Des Erkünstelte und Unsichere dieser Deduktionen 
springt in die Angen. 
1) M. Tgl. hierüber die nicht durchaus übereinstimmenden Aeuiaernngen 
Hirt, an. IV, 8. De an. H, 8. 416, a, 8 ff. DJ, 13. 484, b, 11—29. o. 18. 485, 
b, 17 ff. De sensu 1. 436, b, 12 ff. De Bonmo 2. 466, », 6. Metaph. I, 1. 980, 
b, SS. Mktük Arist. Thierk. 482 f. ttnd oben 8. 886, 8. 
2) De Mi. III, 12. 18. 484, b, 22. 48S, b, 4—19. 
8} Da* Gefflhi ist für jede« Tbier inr Erhaltung de« Lebern nothwendlg , 
die ander« Sinne dagegen lind ei oi toü sftcu tiaa, Ulk ioÜ i3. De an. TJI, 18. 
4», b, 19 »gl. o. 12. 484, b, 22 ff. 
4) De «enan 1. 436, b, 12 bil nun Sohhua dea Kap. Metaph. a. «, O. 
6) De an. IL 8. 421, «, 9— 26. De seniu 4. 440, b, 80 ff. part an. n, 18 f. 
660, a, 11. 20. gen. an. II, 2. 781, b, 17. 
6) De an. a, e. O. wird die höhere Verständigkeit das Menaehen von lei- 
nen foirteren ßeAhl hergeleitet (rgL 8. 878, S); indessen hat Aristoteles ge- 
fiii nicht beiireifalt, dass «neb das Auge und Ohr des Menaehen eine ungleich 
powere Bedeutung für das geistige Lehen hat, als daa der Thiere; Etb. III, 
18. 1118, s, 16 ff. bemerkt er vom Geruch, Gehör nnd Gesicht, De sensit 6. 
448, b, 16—444, a, 9. ebd. Z. 28 ff. Tom Gerann, nur der Mensch erfreue lieh 
m den WehrnelumiDgen dieser Sinne an ihrer selbst nnd nicht Mos um der 
Nahrung willen (übrigens» oll der Qeruoh «ein ichlichtesterSinnaein: Deisnau 
27* 
430. Aristoteles. 
Von den einzelnen Sinnen hat das Gesicht seinen Sitz im Ang- 
apfel *)■ Aas Wasser gebildet erfährt dieser die Einwirkungen der 
Farbe, welche sich durch ein durchsichtiges Mittel zu ihm fortpflan- 
zen *>. Die Töne, mittelst der Luft auf unser Ohr wirkend, werden 
durch die Luft in den Gehörgängen wahrgenommen. Die Gerüche 
werden durch Luft und Wasser zu dem Geruchsorgan getragen, und 
tob den Thieren, welche athmen, aus der eingeathmeten Luft, von 
denen, welche nicht athmen, aus dem Wasser aufgenommen*). Die 
Gefühlseindrücke leitet das Fleisch zum Herzen *), und das Gleiche 
gilt von dem Geschmackssinn, der ja nur eine Unterart des Geföhb 
tat fi ), nur dass für ihn das Fleisch der Zunge der einzige Leiter 
ist '). Gegenstand des Gefühlssinns sind die elementarischen Eigen- 
schaften der Körper, die allen Körpern als solchen zukommen ')■ 
Alle die verschiedenen Sinne fuhren aber auf den Gemeinsam 
zurück. Wenn wir die allgemeinen Eigenschaften der Dinge wahr- 
nehmen, die keinem einzelnen Sinn ausschliesslich zugewiesen Bind, 
wie Bewegung, Ruhe, Zahl, Grösse, wenn wir die Wahrnehmungen 
der verschiedenen Sinne von einander unterscheiden und zur Einheit 
des Gegenstandes zusammenfassen, wenn wir unserer Wahrneb- 
4. MO, b, 81. Do an. II, 9. 491, a, 9); von den Sinnen üb ürhaupt gon. an. 
a. s. O. : ri]v piv o3v irfjifMflev £xp(S«ww tüv «tolhjosuiv (jxiitj an slxiU tnflpomt 
jy*t wr, xata ii^fifloi Tut £(|i«v, t!jv St mpi tij BWsf »pi( (liliota itsVTwvcäataft]™«, 
weil nein Sinnesorgan du reimte, am Wenigsten erdig' und stoffartig, Mine 
Hut die reinste sei. Seine Angaben über die Sinnes werktätige der YersohieaV 
Den Thiere stellt Meyeb a. a. 0. 435 f. zusammen. 
1) Welcher aber doch auch nur Vermittler dieser Empfindung ist, dann 
der eigentliche Sita aller Empfindang ist das Hera; a. o. 403, 1. TgLaacbDe 
sensu I. 438, b, 8: das Ange moas durchsichtig sein; ou -jap *** ra5 ^iw 
ä[i|UjTO( f; 4>u)(j] Tj tijj ^ifa "'° «fofoitijptäv tarn, äiXi 5jj).0* 8n jnf(. 
1) Dmi aber auch die Augen anf die QegenstBnde (und nicht bka duth 
Wtedenpieglnng des Lichts) einwirken, beweist A. De insomn. 2. 459, b, 33 S. 
mit einer märchenhaften angeblichen Erfahrung. 
8) De an. U, 7; s. o. 868, 8 Tgl. 416, 4 und über das Gesicht De sensu 1. 
4M, », 18 ff., Ober den Geruch, welchem Arist die mittlere Stelle t wischen im 
hSheren und niederen Binnen anweist, ebd. c. Ö. 444, a, 19—445, a, 14. 
4) 8. o. 400, 1. De rit* 3. 409, a, 10 ff. 
5) S. 8. 880, 8. 
6) Do an. II, 11. 418, s, 17 ff. 
7) Da an. IE, 11. 42B, b, SS: axtol ykt oäv statt «1 Si»<pop«i to3 aSJpaM \ 
■SSM . ■, flippe», +uxpä», f^piv, irfi^- 
i „Google 
Sinne; Geroeinsinn; Einbildung. 421 
mang selbst als solcher uns bewusst sind, so setzt diess die Ein- 
heit der wahrnehmenden Seele voraus. Das unmittelbarste Organ 
dieses allgemeinen Wahrnehmungsvermögens ist das Herz; durch 
saue Vermittlung werden von der Seele alle sinnlichen Eigenschaf- 
ten der Dinjre wahrgenommen, die einen auf diesem die anderen aal 
jenem Wege *)• Demselben Tfaeil der Seele gehört auch die Ein- 
bildung (pxvraaia) nnd das Gedächtniss an, welche desshalb nicht 
hlos beim Menschen, sondern auch bei manchen Tbieren vorkom- 
men *)- Die Einbildung ist eine durch Sirinesempfindung erzeugte 
Bewegung der Seele, eine Nachwirkung der sinnlichen Empfindung 
in der Seele '), eine abgeschwächte Empfindung 1 )- Während die 
Aussagen der einzelnen Sinne Aber das Eigenthümlichc , was sie 
empfinden, immer wahr sein sollen, sind die Einbildungen und die 
allgemeinen Aussagen des Gemeinsinns der Täuschung ausgesetzt 5 ). 
Wird eine Einbildung auf frühere Wahrnehmungen als Abbild der- 
selben bezogen, so nennen wir sie Erinnerung Cp^r"Oi e ) die be- 
1) Do senan 7. 449, a, 5 — 20, wo u. A.: äviyxi] äpa & n tftai t^< 'jwX'lt, 
$ faim vMkitxtu . . , ällo & rtVot Sr ' 5Xlou. . . . i\Lolo>i Tolvuv Art&v x«"l M 
tfrf i/v/pfi t'o onätb xsii tv 3tan öpiGpip t'd «?o%nxbv TCJnnov , 1$ [iätqi A» fttpov 
«i Erepov iiuv |jfev v£vii tüv Be eTSsi. ölore x«l aiaOavore' nv £|ta -:ö tärff x«1 Ivt, 
Ufa S" oi tä o6r$. De an. III, 1. 436, a, 13. c 3. «6, b, 13 ff. De Bomno 2. 
4M, «, 12—26. De Tita 1. 467, b, 38. c. 3. 4. 489, a, 10 ff. b, 3. De mem. 1. 
«0,1,9. 
3) De «n. I«, 3. 428, », 9. 21. c. 10. 4SS, », 11. C 11, Auf. Bist. an. I, 
1. m, b, 25. De mem. I. 449, a, 28. 4G0, a, 15. c. 2. 463, a, 6. Metsph. I, 1. 
SM,*, 27. b, 26. Daher träumen «ach einige Thiuro, Dedifin.p.s. 2.463, b, 12. 
3) Nachdem Ariat. De an. III, 8 gezeigt bat, daaa dieselbe weder eine &6$x 
noch eine aloOijoti noch eine Verbindung beider sei, fahrt er 438, b, 10 fort: 
«Ü* &EiBJ| for: xtvnMvTo{ touB\ xiveToBw ffrtpov 6reb toiItou, Jj Bi <pavt«o(a x!vt]o({ 
f-4 äoifi A«i xal oüx ivEU «lofliJoEWt -fi'yvEsBat iXk' afaflinopivoie x*l wv oto6i]at( 
iWtv, fort 8e y(w<i6ou xtvijaiv inb t^4 ivjpTEiai tj[5 «Io6iJoeo>(, xa\ TauTj|v op.o!m 
fatpO) tfat T$ aWhj<JEI , f B] IV «BtI] }] XLV»]5[[ oB« äveu aWhjtJEOJt ivBEpflSVl] eDti 
rt «!o9«YOfjiiv!M( Sn&p^Eiv, xot noXXä xar' B'jt)]* xsl noislv xoft k4ox«V Tb E-(ov, xsft 
An irfi ÖItjOi] xsl ^euStJ. . . . d. oSv [uj81v |iiv «Mio cyu t j g?3i][iivs 5J ii)] <pavT«ffinv 
(»offlr ohne Zweifel mit mehreren Handschriften: J) ^nvTaofa oder J| f; fovt. an 
lesen ist, es mflette denn d jjltj qjBVTact« das Ursprüngliche sein), toüto 8' faft 
to Itjiftv , Jj (pavTaat« Sv e&j xivijais fiitb -rijj al gDi j UiuH tifc x«r' «Wp^tt« TT v *|*'''lt 
(Cod. L vielleicht besser: YtYWucVti). De insomn. 1. 469, a, 14 ff. 
4) Bhot. T, 11. 1370, *, 28: ^ Bl fmnanta loitv *Wi]sit tij iaBwif(. 
6) 8. o. S. 141. 
6) De mem. 1: AlleEiinnernng besieht lieh atuTduTerganfane, sütMtat 
, CooqIc 
wüste WiederenseBgnng einer Erinnerung ist de Besinnung (jkti- 
pftfrö- Ihrer ist nur der Mensch fihig, weil er allein im Stande ist 
in überlegen 1 ), wogegen die Erinnerung, wie bomerkt, auch Thiereo 
zukommt. Ihre Möglichkeit beruht auf dem natürlichen Zusammen- 
hang der Bewegungen, kraft dessen eine Vorstellung durch andere 
früher mit ihr verbundene hervorgerufen wird ■); dabei sind aber 
auch die körperlichen Organe wesentlich mitbetbeiligt '). Ans der 
Sinnesempnadnng und der Einbildung entspringt endlich auch du 
Gefühl der Lost und der Unlust *) und die Begierde, tob welcher 
mithin die Anschauung der Zeit Torans. 449, b, SB: Zva ^piivou aiciOoniEt«, 
-iafrapfaaTävC<JKin|WiyMVtiI<i, xalToJriocJ alofliverau (Hierüber s. m. 8. 301,5.) 
Das Vermögen, von dem iie losgeht, lit die Phantasie , denn onprünjjlioh be- 
■lebt iie sich immer auf sinnliche Bilder, und nur abgeleiteter Weil« auf Ge- 
danken, softni diese selbst nicht ohne Denkbild sind; 450, a, 22: t(vq£ [iiv olv 
tSWt^s \<*ffit ^r" ^ ^"il"!) T avt P* v i ^ T ' dSi»p koi f] fovrana' xsA fori |j.vi)jiovEjii 
x«8' afirl |ih Boa iaii es««««, x«i aupßiSqxbc 51 Sera [*)) äveu (pavrwjfcc. Wu 
die Erinnerung erxeugt, ist die SLuiieeempflndung; diese bringt einen bleibet- 
den Eindrauk in dar Seele herror (450, a, SD: tj-rip yivüfuvii xCvqnf ivartpahw. 
oTov nJsw -nvl toC crfo<hI|wco( xafliwp oi WBpctYtC6|uvM toI( BoxTuXioi;); wesshslb 
da* Oedlohtniu auch fehlt, wo die Empfänglichkeit fdr solche Eindrücke od* 
die Fähigkeit, sie festzuhalten , mangelt, wie in dar frühsten Kiaflheit und in 
Alter. (VgL o. 3. 468, b, 4.) Geht ans diesem Eindruck eine Vorstellung her- 
vor, ohne daaa man in ihr das Abbild einer froheren Wahrnehmung erkennt, 
so erhalt man ein einfaches sArtaoy« , andernfalls ein (LVj|[iÄVEi)[ia. Tf [ib efc 
•VA )Wii|W| (schliesst das Kap.) xii te |ivr](iov<dtw, tipTjrai, Btt <p avrio}urto(, if e(- 
xövaj 08 aeVraopa, l^tc, xai ti'vos jiopfou tfflv iv fjnl«, 5ti toü Kpeitou afcthjTixou xii 
1) De mem. 9. 4SI, b, 2. 468, *, 6- -14. HiaL an. I, l,8ohL Daaamanricb 
bei der i*bp.w,mi bewnsst sein müsse, die Erinnerung früher schon gehabt m 
haben, wird Do mem. S. 452, b, 7 ff. aufgeführt. 
3 3) A. a. 0. 461, b, 10—461, b, 7. 
8) A. a. 0. 463, a, 14 ff., wo aaigefBhrt wird, Sri aufLcraft n to xfthe, 
mu )) avafwnaic CijTi)otc iv Toioikiji ipavtan|uno; ... & nauuu.vi|a«djina{ cujmituio'v ti 
xwfi iv $ -c'n jriBoj. Was dieaa ist, wird nicht naher angegeben, man kann aber 
kaum an etwas anderes, als an den Site aller Sinnes empfindnug, daa Hers, 
4) Da an. TJ, 3. 418, b, 38: Sxeu ulv jap aMnst;, xsl Xilmj t* xoit jjSo*i|, 
Siou 81 toStce, i5 iviyxijt mA JiciSugiia. in, 8. 414, b, 4: $ 8' olaflijoi« Snafxa, 
roiftip J)So«[ tf xat Um) xel tö jj£ii w x«l Xumjpoy. (Ebenso De samno 1. 464, b, 
90.) c 7. 481, a, 10: fori t'o *j8u8ai xat Xunfirfai tu tnpfth tjJ aIa6nT(x^ (iroän|Ti 
ftpbc TO 4-f«Söv xai xoxb», J Toiaöw. Phya. VII, S. 947, a, 94: 5) -fip ««' A«> 
Ytuxv ib ilj( f|BoviJ4 ^ Si« u.vi||i.t|v 5) äxb rqt iXxiiof. ti jjiv o3v xar' jvaVftiaN, «Mi]- 
ci( t'o aTrio», i! St Eii ^.yi^rjv IJ 8i' COcCSa, ijtb iwirDt- i| T"P "^ iKi9o(UV (ituiif 
Erinnerung; Luit n. Unlust; Schlaf u. Wachen. 433 
später, in der Lehre vom Menschen, geuaner zu handeln sein 
wird 0- 
Als Zustände des allgemeinen Wahrnehmungsvermögens be- 
trachtet Aristoteles den Schlaf und das Wachen 8 ). Der Schlaf ist 
Gebundenheit, das Wachen ist freie Wirksamkeit dieses Vermö- 
gens ! ). Diese Zustände kommen daher nur bei den Wesen, welche 
der Sinnesempfindung fähig sind, bei ihnen aber auch ganz allge- 
mein vor; denn das Wahrnehmungsvermögen kann unmöglich immer 
wirksam sein, ohne dass sich seine Kraft zeitweise erschöpfte *). 
Der Zweck des Schlafs ist die Erhaltung des Lebens, die Erholung, 
welche ihrerseits wieder dem höheren Zwecke der wachen Thätig- 
keit dient 5 ). Seine natürliche Ursache liegt in dem Ernährungspro- 
cess. Die Lebens warme treibt die aus der Nahrung sich entwickeln- 
den Dämpfe nach oben; indem sie sich hier ansammeln, beschweren 
sie den Kopf und erzeugen zunächst die Schläfrigkeit; am Gehirn 
sich abkühlend sinken sie dann wieder nach unten und bewirken 
eine Erkältung des Herzens, in deren Folge die Thätigkeit dieses 
allgemeinsten Empfindungsorgans in's Stocken geräth. Dieser Zn- 
sland dauert so lange, bis die Nahrung verdaut, und das reinem, 
für die oberen Theile des Körpers bestimmte Blut von dem dickeren, 
jisro« td tjjs j|3ov% % ob KuadfMOa fticCoutJiv. Von dar Lnst wird in der Ethik 
noch an sprechen sein ; eine genauere psychologische Analyse des Gefühl« An- 
■ den wir aber weder liier noch dort. 
1) Vorläufig Tgl. m. De an H, 2. 413, b, 23. 0. 3. 414, b, 1 — 16. m, 7. 
431, «,8 ff. III, 11. De somno 1. 451, b, 29. part. an. II, IT. 661, a, 6. 
2) A. a. O. o. 2. 45.S, a, 5— b, 13: Schlaf und Wachen gehen niuht die 
einzelnen Sinne als solche an, sondern das xtfpiov tut öXXiuv 7tavrii>¥ «loBijnjpiov, 
du npürov 1?] a'afliveTa; Jtavciuv. 
3) De somno 1 z. B. 454, a, 32: tl roivuv t'o i-fpr\l a ?&"" wpi<rrai tm XtXiiaaai 
ri|V «Tafb)aiv . . . TÖ B' lyprftQpivxi tS xaGetiSeiv ivavrfov . . . toÜto S' i<rtlv iBuuo;|iLo; 
&* fciEpßoMjv toü iyprffopivai . . , avaftij JtSv tb iffi\fafibi liteftaQai xaflrJStt»' 
utSvaray y«p äsi iiipfßi. Unmöglich aber könne es immer schlafen, dann ein 
Schlaf ohne Erwachen wBre Aufhebung des Empfindungsvermögens. 454, b, 
15 ! ofc 8' aiofliJMu; TpiiTOV twä lf|V |>iv öxnrnokv xa\ oTov Sea-phy Bnvov eW fi- 
1«*, tV ffi liloiv x«Y tv)v ävtaiv «TpiJ^opmv. 
4) 8. tot. Am», und De s. 1. 454, b, 14—455, a, 8, wo bemerkt wird, es 
sei auch wirklich hei allen Thieren, ausser den Schaalthieren, Schlaf beobachtet, 
>U den angegebenen allgemeinen Gründen jedoch müsse man ihn auch ihnen 
EDSBhMiben. 
5) A. a, 0. 2. 455, b, 16.-36. c 8, SeU. 
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424 Arletotelei. 
nach unten zu fahrenden, ausgeschieden ist *)■ Ans den inneren 
Bewegungen der Sinneswerkzeuge, welche nach dem Aalhören der 
laueren Bindrucke fortdauern, entstehen die Traume: im wach« 
Zustand verschwinden diese Bewegungen hinter den Sinnes- und 
Donkthätigkßiten, im Schlaf dagegen, und besonders gegen das Ende 
desselben, nachdem die anfängliche Unruhe im Blut sich gelegt hat, 
treten sie deutlicher hervor*). Es kann daher geschehen, dass eine 
innere Bewegung im Körper, welche man wachend nicht wahrnimmt, 
sich im Traum ankündigt, oder dess der Traum umgekehrt durch 
die Bilder, welche er der Seele vorfuhrt, zu einer sp&teren Hand- 
lang den Anstoss giebt; es ist auch möglich, dass während des 
Schlafs sinnliche Eindrücke an uns gelangen, die bei Tage, in der 
bewegteren Luft, unsere Sinne nicht getroffen hatten, oder von uns 
nicht bemerkt worden waren; und insofern lassen sich gewisse 
weissagende Traume auf natürlichem Weg erklären; was aber dar- 
über hinausgeht, ist für ein zufälliges Zusammentreffen zu halten, 
wie denn auch desshalb viele Träume nicht eintreffen 3 ). 
Wie der Schlaf so ist auch der Tod zunächst ans einer Verän- 
derung in dem Centralorgan zu erklären. Er tritt ein, wenn die 
Lebenswfirme erlischt, welche im Herzen Coder dem entsprechen- 
den Theile) ihren Sitz hat *). Die Ursache dieses Erlöschens ist 
nun im Allgemeinen, wie bei jedem Feuer, der Mangel an Nahrung; 
dieser selbst aber kann zweierlei Gründe haben: die Einwirkung 
entgegengesetzter Stoffe s ), welche das Feuer verhindern, die Nah- 
rang fin diesem Fall die aus dem Blut aufsteigenden Dämpfe) in 
verkochen, und das Uebermaass der Wärme, welches einen zu schnel- 
1) Sehr eingebend bändelt hierüber De lomno o. 3. 
2) Wie dioss x. 'Evujsvlüiv (vgL divin. p. 1. 1. 463, a, 7 ff.) aebr anziehend 
und mit feiner, auch auf v erwand te Erscheinungen «ich erstreckender Beoheeh- 
tung ausgeführt wild. Die Trttome sind hiernach (e. 3. 463, a, 8. 99) xmj«* 
f avTtumxat (Bewegungen, welche Einbildungen erzeugen) iv wlj ataBnrnpi«, 
. . . -rö fivToij[ia tb «äo ttjs xmjouuf tüW afrfniiirü)», Brav iw Wji xaAofSuv j[, J xe- 
flliiGu, toüt' Itr&v iwSnviov. 
3) Dies» der wesentliche Inhalt der Abhandlung n. rijj x«fl' SSicwv. jMcvToögt, 
«uf die wir übrigen* »ach splter, bei der Frage Ober Aristoteles' Verhlltni»» 
nun griechischen Volksglauben, noch einmal üuröokkommen werden. 
4) De Tita c. 4; s. o. 374, nnt. *02, 1. respir. 17. 478, b, 31 ff. 479, a, IB. 
6) Wie beim Mannen des Feuer» durch Wumt, 
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Schlaf n. Wachen; Tod. 435 
len Verbrauch derselben herbeiführt 1 ). Das letztere findet bei dem 
naturg-eraässen Tod ans Altersschwäche statt. Durch die Länge der 
Zeit werden die Athmungswerkzeuge trockener und härter, sie be- 
wegen sich desshelb langsamer und sind nicht mehr im Stande, der 
inneren Warme die nöthige Abkühlung zuzuführen a ); in Folge 
dessen nimmt das innere Feuer mehr und mehr ab, bis es am Ende 
wie ein kleines Flämmchen durch eine unbedeutende Bewegung aus- 
gelöscht wird *)- Die Ursachen, von welchen die längere oder kür- 
zere Lebensdauer abhängt, hat der Philosoph in einer eigenen Ab- 
handlung untersucht *}. 
Alles Bisherige betraf die allgemeinen Bedingungen und Eigen- 
thumlichkeiten des thierischen Lebens. Dieses Gemeinsame findet 
sich aber bei den verschiedenen Thiergattungen in den verschieden- 
sten Formen und Vollkommenheitsgraden; die Thierwelt als Ganzes 
zeigt uns einen durchaus allmähligen stufenweisen Fortschritt von 
den dürftigsten und unentwickeltsten Lebensformen zu den höchsten, 
und gerade Aristoteles ist es, welcher diesen Stufengang zuerst ent- 
deckt und durch alle Beziehungen des Thierlebens verfolgt hat 5 ). 
Schon die Wohnorte der verschiedenen Thiere, die Elemente, denen 
sie angehören, lassen uns ihre Werthunterschiede erkennen"). Wei- 
1) De Tita o. 6. Den dritten möglichen Fall, daaa der Lebensw&rme nicht 
die erforderliche Nahrung ingeführt wird, wie diess beim Hangertode der Fall 
ist, lasst Arist. hier unberücksichtigt. 
2) Dui diese der Zweck des Athmeus ist, wurde schon S. 408 f. gezeigt. 
3) De reepir. 17. 479, a, 7 ff. vgl. De Tita 5. 46», b, 31. 470, n, 5 (wo das 
Ersticken von Kohlen durch Entziehung der Luft als Beispiel beigozogen and 
ähnlich erklärt wird). Meteor. IV, 1. 379, a, S. longit. v. 5. 466, a, 19. 33. b, 
14. gen. an. V, S. 783, b, 6. 
4) TJip'i )icDipoßidTT{tof xa\ ßpa^dß(JT7|To; Tgl. gen. an. IV, 10. 777, b, 3. Auf 
die Ergebnisse, welche dort o. 6. 6 ausgesprochen werden , kann ich hier nicht 
naber eingehen. 
5) Wie dies« im Allgemeinen schon S. 386 ff. Tgl. 326 ff. nachgewiesen ist. 
6) Aristoteles berührt diesen Punkt öfters, seine Aussagen stimmen aber 
nicht durchaus überein, weder hinsiohtlich der Entstehung und der Wohnorte 
noch hinsichtlich der elementarisohen Zusammensetzung der verschiedenen le- 
benden Wesen. Meteor. IV, 4. 383, a, 6 (De an. I, 6. 411, a, 9 gehört nicht 
hieher) sagt er: Iv yij xaWv GScrct C$> uovov iunv, b Üpi äs xofi Jtup\ oäx forty, 
Sri tSv atoyJctmv 5Xi) taue», (lieber die letstere Bemerkung s. m. 8. 338, 2), Da- 
gegen hatte er nach Cic. N. De. II, 16, 43. Plut. plae. V, 90, 1 in einer ver- 
lorenen Schrift, vielleicht ft. <M«e?fet (s. o.S. 68 f.), ausgeführt: wieesLand- 
JigilizBdby G00gle 
426 Ailitotataa. 
ter hingt biemit der verschiedene Grad der Lebeoswirmc tuan- 
men, welcher für die Vollkommenheit des Seelenlebens von der ro- 
mittclbarsten Bedeutung ist 0; mit der LebenswArme die Beschaf- 
fenheit des Blutes und der ihm entsprechenden Flüssigkeit, ans wel- 
cher der durchgreifende Gegensatz der blntfübrenden und blutlosen 
Thiere hervorgeht *). Nach der Blutbeschaffenheit richtet sich groi- 
Wasser- und Luftthiere gebe (($a j^sp^at« , tvuSpa, rtn)va, oder nach Cicuo: 
cum aliorvm anittioniium ortiu m terra til, aliorum in aqua, in aSre aüorurn), 
so müsse es auch £iT>« oiipivia geben, die Gestirne musseil mitbin belebt sein: 
und Hiat. an. V, 19. 652, b, 6— 15 redet er von Würmern, die im Schnee, und 
Fliegen, die im Feuer durch Urcengnng entstehen, während er gen. et oorr. H, 
8. SSO, b, 29 »UMilrücklich gelBugnet bette, dsaa irgend etwas an« Ei» oder 
Feuer entstehe. Hag man nun aueb die Luftthiere der Schrift x. yiX&oopia;, 
womit doch nur die Flugthiere gemeint sind, der populären Darstellung m 
Gate halten, so lassen sich doch die Fenerthiere, welche die Thieigeschicfcte 
annimmt, und welche nuch bei Anderen vorkommen (vgl. Fabbicius zu Seit 
Pyrrb. I, 41. iDBi.aa i. HeteoroL II, 464. Philo plant Not 316, Ä, De giganL 
286, A) mit den sonstigen Behauptungen nicht vereinigen. Was sodann weiter 
die stofflichen Bestandtheile der lobenden Wesen betrifft, so müssen freilich 
in jedem (schon nach De an. I, 6. 411, a, 9. III, 13, Anf. und dem S. 337, 1. 
899, 2 Angeführten} alle Elements gemischt sein, aber doch soll in den einicl- 
nen bald dieses bald jenes im Vebergewicht sein. Auch hierüber Äussert sich 
aber A. nicht ganz übereinstimmend. De respir. 13. 477, *, 37 heisst es; n 
[iiv vif ix xh( xXeiovo; vt^eviv, oTov to tüv tputüiv fitott f* nach gen. an. II, 6. 
743, b, 10 die 6 ch aal thiere und Weiohsobaalthiere,) th ä' ^ GSorro« uTov tb tü> 
IvdSpuv ifiv St itTTivGiy xok rttijüjv t& Liiv JE äcpo; ti 6* ü mtpoV fiwnrw S' ftp «if 
otxeloi; t£not( Ifytt tjjv taE'v oritüv. Dagegen gen. an. III, 11. 761, b, IS: ti ph 
fäp ?UT« Oeii] Ti; äv yf^, B8nTo; Sl ti fvuSp«, ti Se rati cu^po;- to 51 [läXXov i«l 
3jrcov xo'i 1-fTi'TepDv «cd m^utipov JtoXMjv naiil xat fiaufurarilv Bta*iopÄv. t» S * 
Tiptov vivoj oüx fct toiStow ttSv töntov SA Crj-rtTv ■ xaitei (Joiller«! fi -a jtari xifi 
to» mpd; eTvcei t «Siv . . . üXi Sit Tb toioBtov y&o( &]t£v im t^i 3(Ajjvi)( ■ bBtij f if 
tpaivita; xciivuvaüaz Ttj; tet«ptj]( änoitiiuEu;. Bier werden also die sBmmtliohen 
xitjä. (Landtbiere und Vögel) der Luft augewiesen , wie denn auch De sensu c 
6. 444, a, 19 Menschen und Viorftiasler zu denen gerechnet werden, So« ixcn^t 
p.äXlov tifc toü ifpo; ipiiirEMj, die Fenerthiere dagegen sollen anf dem Mond 
leben, an welehen man auch Dean. II, 3. 414, b, 18 (s.o. 387, 1) denken könnte. 
Aber wie können innerhalb der ätherischen Region, weloher. der Mond doch 
noch angehört, Wesen vorkommen, die aus den Elementen susainmengesstit 
sind? M. vgl. zum Vorstehenden Meto* Amt. Thierk. 413 f. 393, und oben 
S. 339, ff. 
1) De resp. 13. 477, a, 16: ti npu&rtpa tüv ;<|m>* xXeIovo; lertf^JiKE tepp* 
tireof %i« föp ivfcpnj *■* t"/^ wwxi"* 1 « 1 TuiHotipat. 
3) M. b. über diese Unters oheidnng, deren neb Aristoteles sobi häufig be- 
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Btnfennnteraohiede unter d. Thieren. 437 
sentheHs die Gemüthssrt und die VernUndigkeit der Thiere, und 
nicht geringer ist natürlich ihr Einfluss auf das leibliche Leben ')• 
Nur die Blutthiere haben Fleisch, die blutlosen etwas dem Fleisch 
Analoges '), nur jene ein Herz, diese statt desselben ein anderes 
Centralorgan *). Durch die Lebenswarme und die Blotbeschaffenheit 
ist dann weiter die Entwicklung der Abkühlungs- und Ausschei- 
dongsorgane, des Gehirns, der Lunge, der Nieren und der Blase, 
nebst den ihnen eigenthumlichen Tätigkeiten bedingt *). Sehr wich- 
tig erscheint ferner unserem Philosophen alles das, was sich auf die 
Bewegung und Stellung der Thiere bezieht. Einige Thiergattungen 
and noch pflanzenartig an dem Boden festgewachsen, die vollkom- 
meneren sind willkührlicher Ortsveranderong fähig b ); auch unter 
diesen treffen wir aber beträchtliche Unterschiede in den Bewegungs- 
organen und in der Art der Fortbewegung 6 ). Nur wo Ortsbewe- 
gung ist, findet sich der Gegensatz des Rechten und Linken, auf den 
Aristoteles so grossen Werth legt 7 ), nur hier eine reichere Glie- 
diant, ausser vielen anderen Stellen B. an. I, 4— 6. 489, i, 30. 490, a, 21. 26 ff. 
b, 9. II, 15, Auf. IV, 1, Auf. c 3, Auf. put. an. II, 3. 649, a, 1. c 4. 650, b, 
30 und was S. 390, 1 angeführt wurde. Ana part. III, 4. 665, a, 31 (Ar^öxpito; 
V JatxtV oü xuXui; Sialsfljtv Ttspl aiitwv, thap (.iijfh) Sti juicpfarta TÜv övaifiuv 
&jnay ür^a i!m muia — die Eingeweide derselben) sohlieast Beanuib II, b, 
1301, das* schon Demokrit blntfBhrende und blutlose Thiere unterschieden 
habe; doch ist der Sohlass niobt gane sicher: Demokrit könnte auch nur ein- 
sslns Thierarten genannt und erst Aristoteles dieselben unter der allgemeinen 
Bctuchnung övcujia zusnmmangefaset haben. 
1) Pnrt. an. II; 2. 648, a, 2 (s. o. 400, S). o. 4. 66*1, a, IS: irollffiv 5' iartv 
ahfafjioS aI|uito( juan xa"t >ni td ^Se; Töit t<j»i< aart xaxa tJJv «Whjaiv, liXi-ftoc 
liij Y&p toxi itaviö; toB aüfioTo;. 
2) & o. 390, 2. 
5) S.o. 890, 7. 8.401, 5. 
4) S. o. 409, 4. 403, 9. 404, 1. 2. 406, 1. 
6) H. an. Till, 1. 588, b, 10 ff. part. an. IV, 5. 681, a, 12—30. ingr. an. 
19. De an. IT, 8. 415, a, 6 und oben 408, 5. 
5) Solion die Vögel erscheinen in dieser Beziehung verkürzt (xtxoUjkdrai) 
sock mehr aber die Fische (part. an. IV, 13, Anf.); in der Bewegung der Sehlaa- 
gen and Würmer tritt der L'nteraohied des rechts und links nicht gehörig her- 
vor (ingr. an. 4. 705, b, 22 ff.); bei den Insekten weist die grosse Anzahl der 
Wsseanf den Mangel centraler Lebenseinheit (ebd. c 7); ihrem Fing, and so 
«ich dem einiger Vögel, fehlt es an der Steurnng (ebd. 10. 710, a, 4). 
7) 8. o. 894, 4 und ingr. an. 4, 706, b, IS bis «um Sehluss. A. bemerkt 
hier (706, *, 18), der Unterschied des Becht» and Links sei beim Menschen am 
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428 ATintotelat. 
derung des Leibes ] ). Wöhrend endlich bei den ScliaaHIrierai, wie 
bei den Pflanzen , der Kopf nach unten sieht, so sieht er bei den 
fusstosen und mehrnissigen Thieren gegen die Mitte , bei den zwei- 
beinigen, und am Entschiedensten beim Menschen, gegen das Ob» 
der Welt hin *); und diesen Unterschieden der Stellung entspricht 
auch der Bau des Leibes und das Verh<niss seiner Theile *)- bein 
Menschen sind nm seiner geistigen Thätigkeit willen, und in Folge 
seiner grösseren Wärme, die oberen Theile des Leibes leichter, ab 
die untern, hei den vierfussigen Thieren wächst ihr Umfang and 
Gewicht; nimmt die Lebenswärme noch mehr ab und die erdige 
Beschaffenheit des Leibes zn, so vermehrt sich die Zahl der Fasse, 
bis sie zuletzt verschwinden, and der ganze Leib gleichsam zum 
Fuss wird. Gehen wir noch weiter in dieser Richtung fort, so erhilt 
Stärksten ausgebildet, Sti tn xarä ipiisiv [iiXiata ej^ttv TÜiv tymv. y Joe! h\ [klTiii 
te to Sefiav roü opLOTEpou xat XE)((opto[iiAav. 
1) Part. sd. IT, 7, Auf. 
2) Part. an. IT, 7. 688, b, 18. ingr. an. o, 5. De Tita 1. 468, a, 5. Da 
Grand fflr die aufrechte Stellung dos Menschen wird rospir. 18. 477, a, 20 in 
der Reinheit und Menge seines Bluts, part. an. 0, 7. 653, a, SO. IH, 6. 669, b, i 
in seiner (hiemit zusammenb Sagenden) grösseren W&rme gefunden, denn die 
W8rme richte den Körper auf und auch unter denTierfüsslern seien die winn- 
blfltigen (die fyorfxa) aufrechter. Teleologisch bemerkt part. an. IT, 10. G86, 
a, 25: der Mensch habe statt der Torderfttese Arme, öpflbv tib -fiploTipAiwä» 
fcjiiov Bia tu tijv «liaiv aikou xn\ t?|V oiofav cNai fltiav Epyov BiTOÜQsioTtrouiii vodi 
xa'i ^povtlv - toüto S ' oiJ f dStov jcoXXoü toü ävwfltv htm<piiQii aiup.aro5 ■ TD yip p«s{ 
Suptlvrjtov xoit! t!;v äiivoLav xol tv;v ksivijv a1a6j]3iv. Daher noth wendig bei ra- 
mebrtem Gewicht der oberen Theile die horizontale LSnge des Leibes auf meh- 
reren Stützpunkten, oi Suvauivi;; fipav tö ßapo( tifc ^"X'ii- ™vt« fip in £ 
£Eia vaviuSrj TaXXa Ttap« tov ivBdljttov - votvSSc; f 4p ioriv oä tö fliv ävru [i:'f« W 4 
fEpov t'o jJ4p«s x«; niCtüov u.ixpdv u. s. «. (vgl. S. 327, 6) . . . 6ib xa'i ä^poveVs* 
jtivT« tx ijüa tüiv ävBpiiKiijv eWv. . . . «fcioy S' . . . Sri ij t5j( ^uX")! "PX^I >"W? 
3J) Supttvqto; fati xal awjiom«BT|s. In S' &4ttotO( yfvojiAnt t5j( alpodoi)« flippt 
to; n'i toÜ Yi(üEiou< TtXeiovoc, th te müpara Sättovo tSv <Jc[>o>v iail xal iroXiiintL 
tAo( S' öicoBb Y'Tvetoi xat TETa]iEV3 Kpb( t)jv ySjv. iiixpiv 8' o5nu npopWvovt« ii 
tJjv if/ifi c^ouai xatco xa\ TD xara TJjv XE<pa).J|v [liprov t&oe ixIwjtäv fort xa'i ««*■ 
Sijtov, xaA f!vETai yuriv. 
3) Ingr. an. c. 11: weil der Mensch zweibeinig und zum aufrechten 0>»J 
bestimmt ist, müssen die oberen Theile des Leibes leichter, die unteren «enwt- 
rer Bein. Die Vfigol können nicht die aufrechte Stellung, der Mensch kann n» 
dieser Stellung willen keine Flügel haben (die Gründe möge man bei AriiL 
Belhit nachsehen). Tgl. tot. Aom, Eist. au. II, 4. 600, b, 26. 
Stufennntatsohieilo unter d. Thieren. 429 
an Ende der Kopf die Richtung nach unten, die Empfindung verliert 
sich, das Thier wird zur Pflanze 0- Auch die Grösse der Thiere 
soll ihrer Lebensstufe entsprechen; die wärmeren Thiere sind nach 
Aristoteles im Allgemeinen die grösseren , die blutführenden daher 
grösser, als die blutlosen, wiewohl er manche Ausnahmen von die- 
ser Regel nicht übersieht *)■ Sehr deutlich tritt ferner der Stufen- 
unterschied unter den Thieren in der Art ihrer Entstehung und 
Fortpflanzung hervor. Die einen gebären lebendige Junge, welche 
sich in ihnen selbst theils unmittelbar theils aus einem Ei ent- 
wickeln 8 ); eine zweite Klasse legt Eier, theils vollkommene, wie 
die Vögel, die eierlegenden VierfQsser und die Schlangen, theils un- 
vollkommene, wie die Fische, die Weichthiere und Weichschaal- 
tbiere; eine dritte pflanzt sich durch Wurmer fort, welche bald durch 
Begattung bald ohne dieselbe erzeugt *), erst durch wiederholte 
Umwandlung ihre schliesslich« Gestalt erhalten, wie die meisten In- 
sekten; eine vierte entsteht durch Urzeugung aus Schlamm oder 
thierischen Aussonderungen, wie die meisten Schaalthiere, einige 
Fische und Insekten 5 ). Der gemeinsame Grundtypus für diese ver- 
schiedenen Arten der Erzeugung ist die Entwicklung aus der Wurm- 
form durch die Eiform zur organischen Gestalt °); diese Entwick- 
1) Patt. an. IV, 10; a. vorletzte Anm. 
3) Rospir. 13. 477, a, 18. lungit *. 5. 466, b, IS. 28. pari;, an. IV, 10. 686, 
b, 28. Hiat. an. I, 5. 490, n, 21 ff. gen. an. II, 1. 733, a, 16 ff. 
3) Jones ist (gen. an. II, 1. 733, a, 33. I, 10 u. a. .St.) beim Menschen, 
Pferd, Bind, Delphin u. s. w., dieses bei den Selacbern (Knorpelfischen) and 
Vipern der Fall. 
4) Eine solche Erzeugung obne Begattung nimmt Ariat. bei den Bienen 
und einigen Flachen an; gen. an. III, 10 (a. o. 415, 4). o. 6. 765, b, 30. II, ß. 
(s. o. 411, 8). Bist. an. IV, 11. 538, a, 19. 
6) Gen. an. n, 1, von 8. 793, a, 36 an. Hiat. an. I, 5. 489, a, 84 — b, 18. 
Polit. I, 8. 1356, b, 10 ff. Im Besondern b. m. aber die lebendiggebarenden 
Thiere gen. an. II, 4 ff; Aber die andern, sowie Ober die Urzeugung, die 8. 
416, 4. 408, 4. 5. angeführten Stellen, und dazu Mbi-eb Ariat. Thiork. 453 ff. 
6) Einerseits nftmlieh ist auch bei den Eierlegenden und Lebendiggebä- 
renden der Embryo itmtlcbst wurmartig, andererseits ist die Verpuppnng dar 
anent ala Würmer auftretenden Insekten einUebergang in die Bifonn, so daM 
uns also »noh hiebe! dal Gesetz der Analogie nicht im Stich lüaat; gen. an, 
DI, 9. 766, a, 33: o^eSöv ykp IsoE tivTi mta}.r l xoTOXibt JCpÖTOv tb -flp itiXlara- 
tdv xij>)|ic[ totoütov foriv. fy Tcäol £■ xm Toi; tuwTOxoüot xa\ täl( ÄOTOXQijor tAeiOv 
üiii t!) xJij(f.« -cb npStov «Bictpiawv 5* Äa[ißivEi ity «Sfijmv- tourItii S' irtv äj roa 
i „Google 
430 Ariftotelaa. 
long verläuft aber im Weiteren so oder anders, liefert eis t 
meneres oder unvollkommeneres Ergebnis, je nachdem eine Thier- 
klasse höber oder niedriger steht; and da nan die wärmeren and 
weniger erdartigen Thiere die edleren sind , so kann auch gesagt 
werden, die Entstehung and Entwicklang richte sich nach der Warme 
und der stofflichen Zusammensetzung der Thiere *)■ In ihrer Ent- 
stehungsart spiegelt sich die Vollkommenheit oder Unvollkommen- 
heit ihrer Natur ab, und wenn wir die sammtlichen Thiergattöogen 
in dieser Besiehung vergleichen, stellt sich ans eine Stofonreihe dar, 
welche allmahlig vom Vollkommensten zum Unvollkommensten her- 
anführt*)- Aach die Sinnestnfitigkeiten sind anter den Thieren nicht 
cxiüXigxof ^iioi(. [u-;i 61 toüto i« [iit tiüt oxtl rd xuijjia t&uov, ti t ' ättUg, e£u tt 
■fi-j-vETtti TÄtiov, xaSäxcp tit\ töv I^hftov tipuTai xoU£xt(. x'a 6' lv afcolf guaro- 
xoüvTa Tpönov twi |UTb to vfawgui ti I£ äfX'fc <^°"tt( ^ vni "' xEpi^rtst -jap to 
fiypbv S[ufvt Xejc™ , xa&intp Sw cT Tic «oeam to t5v cLüv Öotpaxov. (Vgl. hierQW 
HUt. an. VIII, 7.) Bei den Insekten, ob sie nun durch Erlangung- oder Urwu- 
gnng entstehen, sei das Ente ein Wurm, und aueh die Bannen; und die «• 
meintlichen Eier der Spinnen gehören dahin. xpotXBdroi 51 nan« t« exwXqxw&i 
xa'i TOÜ iuye'Üou; Xaßdrta teIo; oTov (ji'ov y^™ 1 (* n ^ Br Verpnppung) . . . Traitou 
S ' aTciov £11 J] ^iio-ic uincEpBVtt npb Spat AoroxeT iii djv är&ttnv -rijv dStijs, <t>4 örw 
■coü axiWk>)xos eti iv «4S»jo-Ei cioü [imimtoä. Ebenso »erhalte es sich mit den Hotten 
und ähnlichen Thieren. Vgl. 8. 430, 3. 891, 5. 
1) Gen. an. II, 1. 783, b, 28: üiparoxd üb tb itiinirtpa tijv tpiaiv töJy t(j™* 
xat ju-ci^ovra xaSapuiTtpaf apx^' *4''< T*P Ciftstoxtt £v oaTijk, [ii] 3i)(d|i»ov n 
jiveC[ia xol övaicviov. T().cÜTEpa St ra flEpfnktpa rijv $ iloiv xai 5-ypdrtpa xb': [4 
■j-sioäij* riii 6i 5ep[iäTi]to4 -rtjt ^uatx^i opo; o xXrffiuv ia*n etaap&tiam . . . Smif 
ü to IJöov tA£ov, & Et oxcWtjE xa't to ojbv ätxXlt, aötuij tb tAiiov ix toS ttAuorttpw 
Y^viaOai ntyuxiv. Warme und Feuchtigkeit begünstigen, Kalte und Trockenbeil 
erschweren die vollkommene Entwicklung; wie sich an« dar Tenohiedsnea 
Verthejlnng and Verbindung diaier Eigenschaften die Unterschiede in der Er- 
■engungssxt erklären, sacht Arist TBS, a, 3 ff. iu «ligen. 
3) A. a. O. 788, a, 83: Bit 81 vwjrat in eS xa't tfi&fc t*.v firnm äjco&i6axn> 
J] jtlaci. tu jitv -fap TEXiiDiEpa xai 6ep[i6r*p« tfiv Jijkijv tÖjio» ömBISaMt tb texvoi 
xara id xubv (d. h. mit Tollftlndig Bntwiokelten Organen) . . . . xal -ftwf äj| 
Tairt» tdia iv aiTdij tü6il{. t» 61 Siiircpa iv aäiott |irn od yiwfp xfttia «Mitt (ijojoro- 
xd Gl (ioTotijaaviB Kpürov), Odp«Ct fti Ctpotoxel Ta 8t C^ov [ilv oii T&atov -fEwi, 
o)bv 81 fiv«S xeä toCtd tAiiov ru tiov. ti S' fa Toiitiov i|mxp«Tipav t^orc« ri)v fim 
cJ)ov (ih fsviä uii tAuev Sl i^av, äXi' Rai xcluoüiai, xaSissp is tu* (LtKiiairfii rj- 
flüwv -fiviii xa'i tb (wAaxiorpaxa xa': tb [uOkawo. tb Bl zt[ucrov 7^04 aal i)*Xi^ Ta " 
TSV UllS' (iotOlui ff b£tOÜ, Uli XOl T0Ü [? Tb] TO10ÜT0V (JlU OUfl^Jmi XUS( (PJtW, 
Coxap (ip7]Ta!. tb -fip «vrofia «xulnxoTexat tb xpüm' icpoalOii S' ^«Ua« f^wreon 
. ,!.zed B y G00gle 
Einteilung d. Thierwelt. 431 
gleich vertheih: nur die vollkommeneren besitzen alle fünf Sinne 
vollständig, bei den übrigen sind sie mehr oder weniger unvollstän- 
dig 1 ). Ebenso erzeugen sich nur bei einem Theil derselben ans 
der Sinnesempfradung Einbildungen und Erinnerungen, und es ist 
desshalb ihre Gelehrigkeit und ihr Verstand sehr verschieden *). 
Wenn Aristoteles endlich der Lebensweise und dem Charakter der 
Thiere seine Aufmerksamkeil zuwendet, so unterlägst er nicht, zu- 
gleich auf die Unterschiede irinstudeutori, welche bald eine grössere 
bald eine geringere Aehnlichkeit des Tbierlebens mit dem mensch- 
lichen begründen *)» wie er denn namentlich in Beziehung auf das 
Geschlechtsleben der Thiere und die Ernährung der Jungenden Fort- 
schritt von der pflanzenartigen Gleichgültigkeit gegen das Erzeugte 
zq einer Art von sittlichem Verhalten hervorhebt *). 
Aristoteles hat nun diese verschiedenen Gesichtspunkte nicht 
in der Art verknüpft, dass er aus ihrer Verbindung eine vollständige, 
das ganze Thierreich umfassende Stufenord nung abzuleiten suchte; 
ja es ist ihm nicht einmal gelungen, sich in seinen Urtheilen über 
diesen Gegenstand, so verschiedenartigen sich kreuzenden Entschei- 
dnngsgründen gegenüber, von Widerspruch und Verwirrung durch- 
aus freizuhalten s ). Er theilt die gesammte Thierwelt gewöhnlich in 
neun Klassen , zwischen denen aber noch einige Uebergangsformen 
in der Mitte liegen: lebendiggebärende Vierfüsser, eierlegende Vier- 
feer, Vögel, Fische, Wale, Weichtbiere, Weichschaalthiere, Schaal- 
thiere, Insekten °); den eierlegenden Vierfüssern stehen die Schlan- 
gen sehr nahe, wiewohl sie in Einigem auch mit den Fischen zu- 
sammentreffen 7 }. Einen noch allgemeinere» Theilungsgrund bietet 
'' miilrfi (jj yip jfpuaaXi'^ xaioufiEv»] aiivajj.lv cyoÖ Zyii). eT: ' ix Toilrou f LVtTW X&ov 
k tji tjktt, [UTsßoMj Xnflbv to rij; ystüttos -[Ao;. 
1) Hiat. an. IV, 8. De an. II, 2. 415, «, 6. De somno 2. 456, a, 6 und oben 
8.418,«. 
2) M. vgl. die 8. 421, 2. 398, 3 angeführte)) Stellen. 
3) 8. o. 898, 3. 
4) H. an. Tm, 1. 588, b, 28 vgl. Oekon. I, 3. 1343, b, 13. 
6) M. vgl. mm Folgenden Meter Ariat Thierlt. 485 ff. 
6) Eist. an. I, 6. II, 15, Anf. IV, 1, Anf. part. an. IV, 5, Anf. u. a. 8t 
"gL Hit»«, a. O. 102 ff. 151 ff. Ebd. 71 ff., namentlich aber 84 ff. 
Uta Aristoteles' Einwürfe gegen die Dichotomie und andere künstliche Ein - 
theilnngea. 
7) M. B . einerseits part. an. IV, 1, Auf. H. a«. II, 17. 608, a, 8 u. ». St., 
i „Google 
433 AristoteU«. 
der Gegensatz der bfutftthrenden und Mutlosen Thiere: n jenen ge- 
boren von den vorbin genannten nenn Klassen die fünf ersten , n 
diesen die vier letzten ')• So lief aber dieser Gegensatz auch ein- 
greift *}, und so entschieden ihn der Philosoph als einen Wesens- 
unlerschied bezeichnet 3 ), so wird er doch, von ihm nicht in der Art 
vorangestellt, dass die sämmtlichen Thiere zuerst in die zwei ober- 
sten Gattungen der blutführenden und blutlosen, und diese sodann in 
lebendiggebärende u. s. w. als ihre Arten gelbeilt würden *). Noch 
weniger gilt diess von anderen Unterscheidungen: in Land- nnd 
Wasserttiiere 5 ), in lebendiggebärende, eierlegende, wurmerzeu- 
gende "), in Thiere mit nnd ohne Ortsbewegung '), zweifüssige, 
vierfussige, vielfflssige, fusslose *), Gangtbiere, Fluktuiere, Schwimm- 
in. III, 7. 616, b, 30. Ebd. c. 1. 509, b, 15. T, 6. 540, b, 30. 
gen. an. I, 3. 716, b, 16. part. IV, 18. 697, a, 9. Malta s. a. 0. 164 £ 
1) M. g. die 8. 436, % angeführten Stellen. 
2) 8. o. 436 f. 
8) H. an. II, 15. 505, b, 36: roiinp Tfip Sunptpti ti usy«*« fbn repö( ri 
Xotsi xön öMlümi (iJkuv, ify x& (liv eWijmi xi 3' ävaigix Ali. part. IT, 8. 678, i, 
33: Sti f ap fall Ts fiiv Eva:jia Ta £ ' ätfaipst tu xtfi Xdf <i> tvifflipEti xijj opGJsvxi t)p 
oütriav aüxüv. Vgl. Buidii II, b, 1294 f. 
4) Vgl. Metes b. b. O. 138 f. Aristoteles selbst setzt part. an. I, 2 f. »oi- 
fuhrlich miä einander, warum er es für uniulKssig hält, die Gattungen von einer 
solchen Zweitheilnng ans in bestimmen (i. o. 166, 1 vgl. m. 164, 3), nnd » 
sagt dabei ausdrücklich 642, b, 30: ^aAeicbv ulv oäv Suilaprtv na'i elf toiaura; 
Sia^opa; iuv laxiv e'St; , tuu6 ' öxioüv Jtüo v ev xaikait fcäpv'tv xal [ifi i"v aXsfoai xaj- 
xiv . . . nivxiuv Sc ^sXeiiüxbcov j) sGijvaxov ei; xi ävat|ii (wofür ein anderes Wort 
zu setien wegen des Folgenden nicht angeht). Schon desshalb eignet sich die- 
ses Merkmal nicht eh einem obersten Gattungsbegriff, weil ea ein negativ« 
Begriff ist, negative Begriffe aber nicht weiter nach einem in ihnen selbst lie- 
genden Theilnngigrund getheilt werden können (643, b, 31. 643, a, 1 ff. b, 
9—26). 
5) II. an. I, 1. 487, a, 84. VIII, 3, Auf. IX, 48. 681, a, 31. D, 3. 648, t, 
25 u. A. Tgl. part. I, 2. 642, b, 10 ff. Top. VI, 6. 144, b, 82 ff. Meter 84 £ 
140. 8. auch oben 425, 6. 
6) H. an. 1, 5. 489, a, 84 n. a. St.; s. Maria 97 f. 141 f. tu ob» S. 439 £, 
wornach sich als vierte Klasse diejenige der ron selbst entstehenden Thiere 
ergeben würde. 
7) Ingr. an. 4. 705, b, 18. pari an, IV, 5. 681, b, 83 ff. 0. 7. Inf. 
8) H. an. I, 4. 489, b, 19. part. an. IV, 10. 687, a. 3. 889, b, 81 ff. iagr. 
an. 1. 704, a, 12. c 5. 706, s, 36 ff. b, 8 ff. u. A. 
i „Google 
Einteilung dar Thierwelt. 4S3 
thiere ! ), in fleischfressende, grasfressende a. s. w. *}. Aach für die 
Ableitung der Arten, in welche die Hauptklassen zerfallen, werden 
diese Unterschiede nicht als Einthcilungsgründe benutzt, sondern 
Aristoteles bemüht sich auch hier, aas der Beobachtung selbst die 
natürlichen Einteilungen zu gewinnen *}, und wo ihm dieselbe keine 
durchgängige Abgrenzung der Arten zeigt, trägt er kein -Bedenken, 
Zwischenglieder anzunehmen, welche theilweise der einen theüweise 
der indem angehören *). Wenn sich endlich nicht verkennen lässt, 
dass die sämmtlichen Thierklassen nach der Ansicht des Philosophen 
eine Stufenleiter aufsteigender Vollkommenheit darstellen, die ihre 
Spitze im Menschen erreicht 6 ), so ist doch theils das gegenseitige 
Werthverhattniss ganzer Klassen unsicher, theils kreuzen sich die 
verschiedenen Gesichtspunkte der Wertschätzung in der Art, dass 
wir eine und dieselbe Thierkiasse in der einen Hinsicht tiefer in der 
«öderen höher stellen müssten. Die Pflauzenthiere gelten im Allge- 
meinen unbezweifell für unvollkommener, als die rein thierischen 
Formen, die Schaalthiere für unvollkommener, als diejenigen, welche 
der Ortsveränderung fähig sind, die blutlosen für unvollkommener, 
■ls die blutführenden, die fusslosen für unvollkommener, als die mit 
Füssen versehenen, die wurmerzeugenden für unvollkommener, als 
die eierlegenden, und diese, als die lebendiggebärenden, alle anderen 
1} Die vetwnxi nnd itvqvä werden II. an. I, 5. 489, h, 23. 490, », 5 als 
Gigono Klaasuu aufgeführt, und unter den letztem die itTEputö, ntliiiTa und Stp- 
Kfct.ia nntatoefaieilüu; im Gegensatz zu ihnen ergiebt sieb von selbst als 
Drittes die Geeemmtheit derer, die sich auf der Erde fortbewegen. 
2) H. an. I, 1. 488, a, 14. VIII, 3. 693, a, 29. b, 15. 28. l'olit. I, 8. 1256, 
', U n. ». 8t s. Meyer S. 100. 
3) Eine ausführliche nud erschöpfende Zua ran mt;n Stellung derselben giebt 
*nai.i,0.8. 156-329. 
4) Bolche Uebergangsformen sind diefolgenden: der Affe, zwischen Mensch 
mid lebendiggebärenden Vierffiasern; die Fledermaus, zwischen Flug- und 
"sngtnieren , eigentlich aber doch den lebendiggebärenden Vierfüssern eben- 
■oget beinuKhlen, als der Seehund, welcher zwischen Land- nnd Waaserthiere 
Bestellt wird; der B traust, ein Vogel, aber in Vielem den Vierfossigen Ähnlich; 
Au Krokoäfl, ein eierlegender VierfBsser mit Annäherung an die Fische; die 
Schlänget, (s. o. 4SI, T); unter den Blutlosen der Nautilus und der Einsiedler- 
* re K Weichtbiera, welche den Weiche ohsalthierea verwandt sind. M. ■■ dif 
Hsohwsinmgen bei Mbibb S. 146 — 1G8. Ueber die zoologische Stellung des 
^wachen wird spWer an sprechen sein. . 
5) 8. o. 388 f. 392, 3 u. a. St. 
*M«.4.ifc.n.Bd. i.*b*. 28 
L ze „Google 
4)1 Aristoteles. 
Thiere, fflr unvollkommener, als der Menich *)■ Aber ob die luv- 
ten höher stehen, oder die Weich thiere und die weichschsaliga 
Thiere, die Vögel oder die Amphibien, die Fische oder die Schlu- 
gen, lässt sich ans Aristoteles nicht entscheiden; selbst zwischn 
den Schaalthieren nnd den Insehten konnte man zweifelhaß sein *}. 
Wenn ferner die Blntthiere wegen ihrer grösseren Lebensvint 
and ihrer reicheren Organisation die edleren sein sollen, zeigen sä 
doch Insekten, wie die Bienen nnd Ameisen, durch ihre Verständig- 
keit nnd ihren Kansttrieb manchen von jenen überlegen ■). Wen 
die Vögel als Eierleger den Sfingethieren nachstehen, nähern sie 
sich dafür durch ihre Stellang dem Menschen *), welchem sie diu 
aber, sollte man meinen, auch in ihrer Entstehung nnd ihrem Kör- 
perbau ebenso nahe kommen müssten, wie jene s ). Wenn die Ent- 
stehung durch Selbstzeugung bei den geschlechtslosen Thieren eil 
Zeichen ihrer niedrigen, zwischen Thier nnd Pflanze getheilten Na- 
tur ist, mnss man sich wundern, die gleiche Entstehungsart nkhl 
blos bei Insehten, sondern selbst bei Fischen zu finden 8 ); wenn an- 
dererseits die lebendiggebärenden Thiere die vollkommensten sind 1 
müssten nicht allein die Walfische und Delphine, sondern auch da 
Knorpelfische und Vipern den Amphibien und den Vögeln vorgebe», 
hinter welchen sie doch in mancher Beziehung zurückbleiben *> 
Wenn der Uebergang von den vierfüssigen zn den vielbeinigen und 
von diesen zu den fusslosen Thieren ans steigender Abnahme der 
Warme erklärt wird '), müssten die blutlosen Insekten wärmer seit, 
1) S. o. 327 f. 366. 362, 3. 401, 6. 436 ff. 
2) Wie Meteb S. 486 «eigi 
B) Psrt. an. II, 2. 648, a, 4 ff. (». □. 400, 3), wo itn eine Losnaf ** 
Schwierigkeit Angedeutet ist, aber eine solche, die schwerlich aoareieht 
4) lngr. an. 5. 706, a, 25. b, 3. H. an. I, 5. 489, b, 20. 
5} Denn die aufrechte Stellung soll ja eine Folge der grüneren Lcbw 
wSrmeaein; b. o. S. 428. 
8} 8. o. 8. 429 vgl. m. & 408. I 
7) Gen. an. II, 4. 737, b, 26 vgl. S. 428, 8. 
8) Bei den Knorpelnsehen nnd Vipern bedarf die» keine* Beweiset; t* 
den walfisch artigen Thieren ist wenigstens die Fosslosigkeit, und mii »•> 
Vögeln verglichen die Stellung des Kopfes, im Sinn des Aristoteles ein <st- 
sahisdener Msngel. 
») S. S. 428. 
> v Google 
Der Mensch. 435 
als tue blutfijhrenden Schlangen , Fische und 'Delphine ')■ Es lässl 
sich nicht verkennen: die verwickelte Mannigfaltigkeit der That- 
sachen will sich den Voraussetzungen des Systems nicht immer fü- 
gen , and es sind in seiner Durchführung Ungleichheiten und selbst 
Widerspräche nicht za vermeiden. Die meisten derselben scheint 
Aristoteles selbst nicht bemerkt zu haben, anderen sucht er sich 
durch künstliche Mittel zu entziehen *); keinennüls aber lnsst er 
sich in seiner Ueberzeugung von der stufenweise fortschreitenden 
Vollkommenheit der organischen Natur dadurch irre machen. 
10. Fortsetzung. Der Mensch. 
Den Zielpunkt dieser ganzen Entwicklung bildet der Mensch. 
Seinem leiblichen Dasein nach gehört er zu den Thieren, und näher 
zu der Klasse der lebendiggebärenden Landthiere 3 ); aber schon 
1) Vgl. Meyer S. 487 f., wo auch noch einige andere Beispiele. 
2) So auch gen. an. t, 10 f., wo dai Lebendiggebaren der Selaoher von 
ihrer kalten Natur hergeleitet wird, während dieselbe Erscheinung bei den 
Slagetbieren mit ihrer grösseren Wanne und Vollkommenheit ansammenhlLn- 
geu sollj vgl. part an. III, 6. 669, a, 24 ff. gen. an. II, 4. 737, b, 26 n. a. Bt. 
3) Man konnte zweifelhaft sein, oh der Mensch von Anst. mit den leben- 
diggebärenden Vierfllssern in Eine Kl sese gestellt, oder als eigene Gattung von 
ihnen unterschieden werde, Wenns, B.H. an. I, G. 490, h, 15 ff. die 7^1, welche 
keine Unterarten haben, der Gattung ävflpuno: verglichen, und wenn ebd. II, 
8, Atlf. der Mensch den TiTpittioBa entgegengesetzt und der Affe als Zwischen- 
form zwischen beiden bezeichnet wird. Dieser Schein rührt aber nur daher, 
daes Aristoteles keinen Namen hat, welcher die ganze Gattung bezeichnete: 
«u den TrrpijroBa (woioxo&vra kann der Mensch, als zweibeinig, nicht gerechnet 
werden, in den ^iooTOxouv-a andererseits würden auch die Wale gehören, welche 
er doch für ein eigenes f^vo; erklärt. Der Bache nach wird der Mensch unver- 
kennbar als eine Art derselben Gattang behandelt, au welcher die lebendigge- 
bärenden Vierffleser gehören. 80 gleich H. an. I, 6. 490, b, 31 ff-, wo er al* 
ein elBo; toÜ fivouc toS twv titpwtiSwY £i|ni)v xa\ Ju>otäniuv, und zwar als ein sol- 
ches, das keine weitereu Unterarten habe, neben dem LSwen, Hirsch u. a. w. 
genannt, pari I, 5. 645, b, 24, wo üpvi; als Beispiel eines 7A10;, ävflpwitot eines 
»Bo( angefahrt, H. an. II, 15. 505, b, 98, wo die erste Klasse der Bluttbiere 
durch ein znaanunenfaasendes : avflpiunit te *m ra luiotoxa töjv "teTpaJto'Siuv ba- 
irichnet wird; ebd. VI, 18, Anf.: jHpt |xlv oEv tüjv äU-uv Ctjiuv .. . cr/eäbv eipijTH! 
dpi navtuv . . . r.s.p\ Bi rüv jceJöjv Boa IJawtoxÜ xat «Epl ävflpoijrou Xixtsov ti suja- 
paivovro. gen. an. F, 8. 788, a, 37: oSte 70p ti Cwotoxo5*t« ou.o(w( lytt rcavro 
[sc. -tat Eirnfpss], cüX' crvSpemoi [itv xa\ ti i»tä xavia xattu . . . ti U mJ.i^r, ^uiu- 
TsxoÜvta Svw. Ehd. II, 4. 787, b, 26; ti (uoroitaQvTa xtu toüxüjv ävBpuHtQS. Ein 
gewisser Unterschied des Menschen von den übrigen lebendiggebärenden Land- 
:, Google 
4M AriitotoLe. 
seine KörperbeschafFenheit selbst kündigt du Höhere an, wodurch 
seine Natur sich weit über die ihrige erhebt. Er hat die gröäste 
Lebenswärme, und desshalb auch nach Verhältnis das meiste Blut 
und das grösste Gehirn 1 ). Bei ihm allein finden wir, um seiner wär- 
meren und edleren Natw willen, das richtige Ebenmaass der GesUK 
und die ihm entsprechende aufrechte Stellung *). Bei ihm ist der 
Unterschied des Rechts und Links am Bestimmtesten entwickelt ! ). 
Sein Blut ist das reinste 1 ), und er hat desshalb das feinste Gefühl, 
das ausgebildetste sinnliche Unterscheidungsvermügeri und den schärf- 
sten Verstand 6 ). Der Hund und die Luftröhre, die Lippen nnd die 
Zunge dienen bei ihm neben ihren übrigen Verrichtungen zugleich 
der Sprache, welche ihn vor allen lebenden Wesen auszeichnet *). 
Ihm hat die Natur nicht blos einerlei Schutzmittel verliehen, wie den 
Thiereu, sondern unzählige, je nach Bedürfniss wechselnde T ): er 
thieren ist in diesen nnd anderen Stellen (z. B. psrt. an. II, IT. 660, «, IT. 30) 
allerdings angedeutet, aber doch scheint Aristo toi es denselben nicht Für dniai- 
gcnifuod genug gehalten zu haben, am den Menschen an einem eigenen ytat 
an mache». 
1) Part. an. II, T. 653, a, 2T— BT. HI, 6. 666, h, 4. IV, 10 (s. o. «SB, i). 
reapir. 18. 477, a, 20. Damit hangt auch die Lebensdauer smaromeu, hinsieht 
lieh deren der Mensch nur von dem Elephanten übertroffen werden aoll, sofern 
diese durch eine der umgebenden Lnft entsprechende Mischung; dar körperli- 
chen Bestandteile, tfnd namentlich durch die Wärme der oberen Tbeile bs- 
dingt ist; gen. an. IT, 10. TTT, b, 8 ff. longit. v. c. 5. 6. 466, a, 80 ff. b, 14. 
467, a, 81. 
2) lt. Tgl. ausser den eben angefahrten Stellen nooli ingr. an. 6. 706, ■> 
8.4. e. 11. 710, b, 5—17. De Tita 1. 468, », Ö nnd oben S. 337, 6. 
B) Ingr. an. 4. 706, a, 18 ■. o. 437, T. 
4) Eospir. 18. 4TT, a, 30. 
5) S. o.fl. 419, 376, 7. 
6) Part II, 16. 659, a, 80 ff. c. 17. 660, a, 17 ff. III, 1. 662, a, 10. » 
gen. V, 7. TB6, b, 19. H. an. IT, 9. 686, a, 83. 
7) Part. an. IT, 10. 667, a, 38, in der berühmten Stelle aber die menset 
liehe Hand, sagt Aristoteles, nach dem 8. 878, S Angefahrten: &X' ot Urovnf 
&t <ruvferj)xtv oO xaX&t ä SvOpuno; öXJi /tipiTra tüv £<pwv (weil er nackt noä 
wehrlos sei) otlx opBüt Wyouoiv. tä [ilv faf £Xka (ilccv iyti ßoijfleiov, xai [ittafiÄ- 
Xtoflai avt\ TsÜTTjf Wpav oui iatlV, iXk' arnrfxälat Siansp St:o!iJ![iAov äit xaSeiUin 
XCÜ likiXtt. Jtp XRIIV , Xd\ Ti)V «tp\ Tb a3|10 ÄlltipOtV |(7]8('irOTS X«TaSfoÖ<U, flJjSi (ura- 
piXXiaGat 8 8)| Et-Jy^mtv SnXov ifmi. tu El Mptüicu t4( U pot]flik( soW.it fy<" 
■oft wdras itl eTiieit fitraßiXXsiv, Iti 8' ExXov ofov !v ßoiiXijiai aoit Ijiou Jv BoAa- 
3,g,1 EE dby G00gle 
Der MboboIi; «eine Seele. 437 
hat an seiner Hand das Werkzeug aller Werkzeuge, für die ver- 
schiedensten Verrichtungen so sinnreich gebaut, dass es ihm alle 
anderen verschafft und ersetzt *). Der Mensch ist mit Einem Wort 
das erste und vollkommenste aller lebenden Wesen '), und weil er 
diess ist, sind eile andern zu seinem Gebrauche bestimmt *), wie ja 
das minder Vollkommene immer an dem Vollkommeneren seinen 
Zweck hat 4 ). 
Der eigentliche Sitz dieser Vollkommenheit ist aber die Seele 
des Menschen , and auch seine leiblichen Vorzüge kommen ihm nur 
desshalb zu, weil sein Körper einer edleren Seele als Werkzeug zu 
dienen bat 5 ). Während die Thiere auf die niederen Thfitigkeiten der 
ernährenden and empfindenden Seele beschränkt sind, erhebt sieb 
der Mensch über sie alle durch sein Denken 8 )- Die Ernährung und 
Fortpflanzung, den Wechsel von Schlaf und Wachen, die Geburt, das 
Altern, den Tod, die sinnliche Wahrnehmung, selbst die Einbildung 
and Erinnerung theilt er mit den Thieren, and alle diese Vorgänge 
vollziehen sich bei ihm im Wesentlichen nicht anders, als bei jenen '); 
das Gleiche gilt von den Gefühlen der Lust und Unlust und den ans 
ihnen entspringenden Begierden 8 ). Was ihm allein unter allen uns 
bekannten Wesen zukommt, das ist der Geist oder die Vernunft 
(voSf) *). Mit diesem Namen bezeichnet Aristoteles im Allgemeinen 
1} M. ■. die weitere Aaieinendersetnuig h.s.O. und oben S. 384, 1. Anoh 
D* an. III, B. 482, a, 1 Iieiist die Hand gpyawv ipyaWv. 
!) H. au. IX, 1. 608, b, 5: die ethischen Eigen seh sf tan der Geschlechter 
toten starker hervor fti toK igevat («SXlov ifOo« xA [laXie™ *v tötf&ap toSre 
[io. to tym] T «p tfft tS]v fifatv anotraXioji^vn». gen. an. H, 4. 787, b, 86: fort 
« t« -rfXii« £*)a itptärot, ToiaSra 81 ti £wotoxo3vto, xA ToJnuv äv8p*wto( »cpÄtov. 
3} Polit. I, 8. 1256, h, 15: die Natur hat dafür gesorgt, das« jedes Wesen 
die nfltMge Nahrung antreffe, wenn es enr Welt kommt; Aare i(ioito( GtjXov Stt 
l&TIHfimt&fi&N ri n furi täv C^e" Ivixiv eftei xaX tSXXk 1#« t5v ävOp<üitiov 
X«pw, -ri |ib {jjupa xA Si« tJ)v ytfan xA SA tJjv Tpcw^v, töW 8' «Tpfcuv, it |J| 
™w, ÜXi t& yt lAßrcte tijt Tpo?ij( xA äXÄij; {loijflitoct Ivimv, Tva xol WUtf xA 
***« epT»« Tfvnroi e'E aiitüW. ■! o5v fj ciietf |Ai)8iv |»jri «tilit (ohne Zweck) notfl 
pifo (wnjv, ävopteßov tSv ov6ptömii* fcwv ai-ca *«vta ntnouiw^ai rijv fiten. 
4) Vgl. B. sei. 
1) B. o. 877 f. 
6] B. o. 8. 887, 1. 
7} Wewbelb hierüber einfach auf du Frohere m verweil« ist. 
8) 8. 8. SB6, S. 
>) ArUtotelc* untenc neidet desshalb imMenioben mitPlato den vemflnf- 
i „Google 
436 Ariatotelea. 
die Denkkraft *}■ Näher jedoch versteht er darunter das Denkver- 
mögen, sofern es sich auf das Unsinnliche besieht *), und insbeson- 
dere das Vermögen, die höchsten Principien, welche nicht Gegen- 
stand des vermittelten Wissens sein können, in unmittelbarer Er- 
kenntnis zu erfassen 8 > Dieser Theil der Seele darf nicht in du 
leibliche Leben verwickelt, er muss einfach unveränderlich und keinen 
Leiden unterworfen sein *). Wie es nur die reine, von altem Stoff- 
lichen abgetrennte Form ist, womit er sich beschäftigt, so ist auch 
er selbst in seinem Dasein an den Körper nicht gebunden *): er hat 
tigen und vernunftloBen Theil der Seele; Eth. I, 13. 1102, a, 26 ff. Polit. VII, 
15. 1334,1i, IT n. ö. 
1) Da «d. III, 4. 429, a, 23: Mfu ft voüv i5 6imoclTBixa\faoXeuj0avcif|$ru)ij 
2} Nachdem Arist. De an. Ifi, 4. 429, b, 10 ff. den Unterschied iwiseka 
dem konkreten, mit dem Stoff behafteten, Ding und der reinen Form deaaelbsn 
auseinandergesetzt bat, fährt er Z. 14 fort: Tip p-h o5v aJafl^Tixü t'o (kppJjY i£ 
to i'j/pbv xpivEi [wozu daa nächste grammatische Subjekt der »oOj wbe, du 
logische aber der Mensch oder die Seele zu sein icheint], xai tuv Wf»; ~a t 
oipE - SlXiii Si . . . to aapxt irvit (den reinen Begriff der aäp£) xpivti. Ebenso In- 
halte es sich mit allen abstrakten Begriffen, xsl SXtvc äpet in ^tupiora -n xpij 1 - 
[uns xij« 55.ij(, o&Tdi xat ti np'i tbi voüv. Tgl. ebd. 430, a, 3, wo die Frage, wie 
der Nus sieh selbst denken könne, mit der Bemerkung beantwortet wird: es 
uiv f ip tüJv ttviu 01i)( TO aÜTo" fort to vooüv xii rä voouueMEiv. 
3) M. Tgl. aber diese ursprünglichste Bedeutung des Nu* die 8. ISS 1. 
angefahrten Stellen. 
4) De an. III, 4. 42S, a, ISi ücdftf äpa Sil elW n. s. w. (■. o. 137, 11 
«vifi"l *p«, &"t xcivTa vos", ipuflj shai, fiaittp ^otv 'AvaEaytipas (a. Bd. I, 680, 1). 
Tv« xpari] , toBto 6' Ifftv tm -rvuptCj) ■ xopip^awip^noy -jap xwW« tb ocD.oTpu»w 
ävTtfpami, »ctte p)8' biStoÜ cTvat oiijiv pjjSspiav aXX' 1J rau-njv, 8ti äuvonöV Sipt 
xaXoiiufvoc TS)( 4 ,|J X.'it vo ''t ■ • ■ ■ uCOe'v est» Evtp-fEia TÜÜv Svtwv itp\v voeiv. Sie dti 
fUjit^S tu f ülo-fov aizov Tip auip.«Tr ' 7toid( Ti( Tap av flyvot to , ^u^pot 1 Bipp-in, 4 
xäv öpyaviv ti inj, «metp Tip aiafl»)TixiT> - VÜv 3* eii6(S> jn». b, 22 : HnopijanE i' i 
Tis, cf o voü( äitloüv eotci xak tfoiaGif na'i pjjBivi ujjfllv iy« xoivöv, . . . ictüt votjot, e 
to vüs'v Ttio^Etv ti eoriv. Tgl. wis Bogleich Über den »ouf no*>jTixb; anxnfBaM 
•ein wird. De an. I, 4 s. u. 439, 1. Phy». VII, 3. 247, a, 28: oXXa pr> oJ&w 
JiauoTjTmÜ ulpti rij{ ^uxqt ^ äXXouuait u.B.w.; auch die 5.5J'}«; ü:«mjjjj)c sei kai» 
ytv£9!; oder äXXoiiuoif, sondern vielmehr eine TJpsp.!« x»i xaräircsait taperö, ät 
Entfernung der Hinderniiae, durch welche die Vernunft in ihrer TUtigkeit gt- 
hemmt Ist, ähnlich wie das Erwachen aua dam Schlafe. 
5) S. Anm. 2. X>upiaiö( wird der Nus oft genannt, wogegen die nied- 
ren SeelenkrSfte iy_iÄpiOT0i sind; vgl. S. 439, 1. 2. 374, 1. De «B. II, '' 
413, b, 24t xsp't 61 toC voü xat rij( 6nupi|Tur^( 6uv«)*bu( oüSt'v Xu emepö», äU' 
3y Google 
Di« Vernunft. 489 
kein körperliches Organ, wie die Sinno *), er entsteht nicht durch 
die Zeugung, wie die übrigen Theile der Seele *), er wird von dem 
Unterging des Leibes nicht berührt 1 ). Er hat daher sein Dasein nur 
an der Denkthätigkeit selbst; abgesehen davon ist er nur die Mög- 
lichkeit des Denkens und sonst nichts*). Und da nun das wirkliche 
Denken zwar im Weltganzen der blossen Anlage zum Denken vor- 
u:tt ^ffii fsvof äiEfrov elvai, x«l tooto p.4vov fvS^nst xtupO^Eoflai [sc. tqü suLtavca;], 
iiäijitp :b äfStov toC ipGapTOÜ. 
1) 8. vorl. Anm. und da« Weitere Do an. TU, 4. 429, a, 29: 8tt S' oi]/ 
öiioia f| ärc&Osi« toB aWhjTixoiJ xal toü vojjtixoS, (pivEpbv än'i tSv aIofli)ti]p£ojv xa> 
■rf;! sloS^oc wj. f] )ih yäp aWbjait oJ BiivoTai abflivtaflai U toü otpäBpa «M jjtou . . . 
oU' ö voüt äTav -l vojjoyi OfUptt »t»]tbv , o'j^ JJttov votl ti SraäsEtrupa, iÄXi xa\ 
H«M,ov Tb jiiv fiep aioBj|tuibv oix ävcu aiu|iaTO{, £ El xuipiori;. 
2) Gen. »n. II, 8. 788, a, 31 wirft Ärist. die Frage anf: 7t4rapov ("vwtapxti 
Cl {"XÜ T $ i" I ^PH' aTL x " ; T '; 1 *ui{ja«t[ 1 °"i *'^ xl ^Bcv- darauf antwortet er nun 
[b, 8) : t)]V ]ieu oSv 8piJtTHt)]v <} U X') V T " OTc(p[j.aTa xal Ta xujJLiar« ti ^lupiOTa SJjXov 
Etl 3i)vi[Lti [i±v E^ovra Betäjv, svtpyEia S' oüx t^avia, JipV; 1] xofltep ta ^upi^e^Eva 
nüv xui5p.4tun IXxEt ri;u Tpoip^v xs\ jtoie! td rij( Tarnung $u)[>if Ep-fou. Was die ifiu^fj 
aJi9r,twf] und voi]T(x)| betreffe, so müssen entweder alle ihre Theile erst durch 
die Zeugung entstehen, oder alle prßexistiren, oder ea müsse bei den einen 
jenes, bei den anderen dieses anzunehmen sein. Eti filv toIvuv aiy oT(5v te itiflac, 
xpoüxap^icv, <pocvcpiSv £onv ix töjv toioJtuv. ouuiv -fip Iotmi ipfjui S| Ivifiyzta (nujin- 
Tai), BijXav Sf. tolIto; ävEU müiiaros iBtfvaTov ö^ipy ew , oTov ßaBflJtiv ävm soSüiii ' 
JffTEXa\ Biipafisv itiisusi iSiivarov. oDte -f«p aurij x«8' aSraf eEsleW oTiiv ti sympt- 
mmt oSaac, oüt' h oaijucn fiiiiE'vai* TÖ yap ujrfpjia «Epfttwiia tietBßaXXoJa)]( TiJ( 
Tp<Kpij( eativ (also nichts von aueeenher Kommendes). Xe!i:et«i 8e tbv vosJv liävov 
SupaBcv &IU([(v«i ial BeIov eIvxi jj.6voV oWev f ap bjiod tj) iVtpY>[axolnoniBlaB)(i(itiKJl 
f«f;£!j. 737, a, 7: to Se -EiJ; yovifc oäuia, Iv 5 «uva^px na ' t° '^^•pH- a "" Ti iä {' J - 
V"ii *FM5 1 T0 f^ v X (u P l(rt ' ,v ^' J ""^»"o; , Gooi( fp.irEpiXtip.ßivcTai tb flciov (toioütof 
1' Eortv ö xaXod|uvo( voü;), tb 8' a^iipiorov u. s. w. (die Worte Snoii n. s. f. sind 
m erklären: wie diess bei denjenigen Wesen der Fall iet, bei denen im Samen 
ä« Göttliche, der voä;, mitenthalteo ist,) De an, I, 4. s. folg. Anm. 
3) De an. I, 4. 40S, b, 18: S St voij ioixev ^ffLVsaflai o-Jaia ti{ o3«a xoi oiS 
■p9i!fEsflo[. [tß.iT:a yäp pfeifet' äv Sltb T^( fv t£S f^P? ijiausiiaEws, vOv B' htm 
"tto fift tüv atoOi]Ti|pii>>v eujj.ßa(vEi' eI f ap Xißoi S npio-ßifajc ö[iu.a tdiovo*1, ßXAwt 
IvämtpMLt & vfo{. oWtt tb -flfai oä TüJtJiv ^ux^v imamMMH, Äll'iv$[=äU« 
1$ xwoiBevm ti ixflvo hi X f\ if^X 1 ! ^^tv], xaflirap tv lie^bi( xal väaoi;. xa\ tb votlv 
*)] ia\ tb Oeuipilv LiopSLVErai öJXou tivb; esu f Btipop^vou, a-jtb Si arraSl^ eotiv (Sub- 
Jeit dieses anaBif ist Tb voeSv , welches, dem vorangehenden voü{ entsprechend, 
Ku dem voflv ergftnct weiden mnss.) .... 5s voü; lnat 9u6np6v ti xol anaSif; 
*™. in, 5. 430, a, 3! («. B. 440, 1). Metsph. XU, 3. 1070. a, 24 ff. (s. u.) 
*) Deaß. 111,4.429, a, 21 ff. b, 6 ff. SO; e. o. 438, 4. 137, 1, wo auoh 
in Btu diesee Batua weiter erläutert ist 
i „Google 
440 Aiiatotalaa. 
hergeht 1 ], im menschlichen Geistesleben dagegen die Anlage not- 
wendig früher ist, als ihre Verwirklichung '), so unterscheidet Ari- 
stoteles im Menschen eine doppelte Vernunft, die aktuelle and die 
potentielle, die tbätige und die leidende, diejenige, welche Alks 
wirkt, and die, welche Alles wird *). Nur die erstere ist vom Kör- 
per gesondert und getrennt, leidenslos, ewig, unsterblich, lauten, 
schlechthin vollendete Wirklichkeit; die leidende Vernunft dagegen 
entsteht und vergeht mit dem Körper, und ist bei den leidentlicbea 
Zuständen desselben mitbetheiligt 4 ). Die thätige Vernunft ist mit ' 
Einem Wort nicht allein das Göttliche im Menschen *), sondern sä 
ist der Sache nach von dem göttlichen Geiste selbst nicht verschie- 
den; denn wenn sie auch als individuelle mit dem Keim seiner kör- 
perlichen und seelischen Natur in den Einzelnen eingeht, wird sie 
1) De sn. III, 7, Anf.: tb S' aihi itrziv ff xorr' hipftun ixunty-n xtS npip 
(Mctu fj St xaii BJvaiirv /pdv(f> icpoWpa h Tip Evt tXut 81 oiSt jpävip ■ (so mit 
stehen die Worte, wahrscheinlich durch ein Verteilen, schon e. 5. 4S0, *, 1) 
mit dem Beisatz: iXk' o«y_ oti |ih voll Sil 8' oii vad) Sn yaf &, bnXtytla im 
itlma to; yifi6y.nit (vgl. hierüber 8. 285, 3. 268, 1). Wie dies* EU verstehen ist, 
wird ans unserer früheren Ansoinandprsotiung, 6.277, hervorgehen. Das wirt- 
liche Denken ist im Ganzen früher, als du hloeee Denkvermögen , denn äit 
Woltvernunft oder der göttliche Geist ist ewige and ununterbrochene Dauk- 
tliätigfeeit , reine Wirklichkeit ohne slle Beimischung eines blos Potentiellen. 
2) 8. vor. Anm. und 8. IST, 1. 
3) De an. III, 5, Anf,: he& 6" flwwp b i^aui] tjj fütroi itni ti xo ph Bi 
lxi»T(|) -ytvH, . . . trtpov 5* tb alTiov x«l iwnjrtxdv, . . . ävijxji xA it Tfi d<uxji ä*%- 
vhv TBMiTat tJ( Siapopit. xot äonv £ piv wtoütot voBs t$ tt&vt«. ylveoflai, o es ti 
itivra 7to«1v, ü; R15 t«, oTov tb T 5j- tposiw vöp ttv« xat to f&q lrotfl ti Suviiu: 
övta ^ptijiar« iwpf tla vjHO|UKah 
4) Allst, fahrt, a. a. 0. fort: xa\ oStoj voÜ; (der xoctjtixi);) y^f^'t "^ 
(ct«BJ|( xot i|iiy);( [»e. Tip (Hfipni] tij oWq; 5iv ivepYlta. stl Taep ri[i«&T«pov tb Koiwi 
«0 nioxovto; nal 1) ip^f) tifc Blijt. . . ^uanvA« 6' irA pAwv toüfl' S*ep eVA (tob 
Körper getrennt ist er nur das, was er ist, ohne Beimischung eines Fremden). 
*al tquto (livov IflivoTov xoi äfBiav. od [ivnuovcilo^uv {1, Stl toQto |iiv änafll;, ö 8 
xaStrruüc voüc yflapTo« nai sveu toJtou oiöb vaA Dsss die leidende Vernunft dts 
Einzelnen auch entsteht, folgt aus ihrer Vergänglichkeit von selbst, dsss w 
an den körperlichen Zuständen theilnimmt, liegt theils hierin, theils in ihres 
Namen, denn ein Leiden kann ja überhaupt nur dem Körperlichen Bnkommsn; 
. 9. 0. 250, 1. 275, 3. 
6) H. s. die 489, 2. 8 angefahrten Stellen und Eth. N. X, 7. 1177, *, 
I&l irnj fltftm Sv xol aärb [) voü ( ] «in tüv iv ^ißv 61.0*««*. b, 30s ti SJ) Mw • 
VQ<H "p'°; rbv ävSpu7iov. 
JigilizBdby G00gle 
Thltige nnd leidende Vernunft. 441 
docfi sogleich so beschrieben, dass diese Beschreibung nur auf den 
allgemeinen Geist passt; es ist wenigstens schwer zu sagen, was 
von der Individualität übrig bleibt, wenn man nicht allein das leib- 
liche Leben, sondern such alle Entwicklung *}, alle leidentlichen 
Zustande, und mit diesen die Erinnerung und das Selbstbewusstsein *), 
von ihr abzieht. Andererseits tiess sich aber freilieb der ausserwelt- 
liche göttliche Geist nicht wohl als die den Einzelnen inwohnende 
und mittelst der Zeugung in sie übergehende Vernunft, als ein Theil 
der menschlichen Seele bezeichnen *). Aber eine Lösung dieses 
Widerspruchs suchen wir bei Aristoteles vergeblich, und ebenso- 
wenig erhalten wir über die Natur der leidenden Vernunft einen 
näheren Aufschluss. Wir begreifen wohl, wie er dazu kam, eine 
doppelte Vernunft im Menschen zn unterscheiden: weil er nämlich 
die aUmählige Entwicklung des geistigen Lebens, den Unterschied 
des Denkvermögens und der wirklichen Denkthätigkeit, nicht über- 
sehen konnte, während doch zugleich seine sonstigen Grundsätze 
ihm verboten, die reine Vernunft sich in irgend einer Beziehung 
stoflartig zu denken, oder ihr wenigstens Eigenschaften und Zustände 
beizulegen, wie sie nur dem Stoffe zukommen können. Wir sehen 
auch, was er im Allgemeinen mit dem Begriff der leidenden Vernunft 
bezeichnen wollte: das Ganze der Vorstellungskräfte, welche über 
die sinnliche Wahrnehmung und die Einbildung hinausgehen, ohne 
doch schon die höchste Stufe des vollendeten, in seinem Gegenstand 
schlechthin zur Ruhe gekommenen Denkens zu erreichen, die dem 
Mannigfaltigen und Sinnlichen zugewendete, aus der Erfahrung sich 
entwickelnde Sehe der Denkthätigkeit, die Vernunft, wiefern sie sich 
noch auf der Stufe der Reflexion, des diskursiven Denkens *) be- 
1) Diese ist ja nur da, wo ein Potentielle* in die Wirklichkeit fibergeht; 
m der thltigen Vernunft dagegen »oll nichts b los dem Vermögen nach, sondern 
Allee reine Wirklichkeit «eis. 
2) Dans auch dieae auf die Seite der leidenden Vernunft fallen , ist De an. 
HI, 6 (440, 4) aaadrttoklich gesagt, und wird im Folgenden noch weiter nach- 
gewiesen werden, 
S) Der Unterschied der th&tigen und leidenden Vernunft soll ja, worauf 
aioh Mtoh TmMiST. De an. 89, b, n. Ammor. b. Philo*. De an. Q, S, o. berufen, 
tv tjj ifftixft aein (s. o. 440, 3); von einem (idpiov rjjc fa/fts wird De an. III, 4. 
429, a, 10. 15 ausgesagt, dass es ämiftlf sei) der vo&; ^uptmbc heieat De an. II, 
t. 41S, b, 14 i|njyijs T&o; fnpo» u. ». w. 
4) Das BwvefieBw, welche» De an. I, 4. 408, b, 14 ff. dem Nu* a 
448 ArUtnteUf, 
weg! 0- Weil er ober den Gegensatz von Form und Stoff, Geist 
und Körper, im Innersten doch nicht gelöst nnd nicht lösbar gemacht 
hat, begegnet ihm auch hier daa Gleiche, was wir schon öfters in 
ähnlichen Fallen bemerken mussten: es gelingt ihm nicht, die ge- 
suchte Vermittlung zwischen beiden wirklich zu finden, nnd er zieht 
sich schliesslich auf den unklaren und widerspruchsvoll zusammen- 
gesetzten Begriff der leidenden Vernunft zurück, als ob nicht er 
selbst uns anderswo gesagt bitte, dass das Leiden nur dem Stoff- 
lichen zukomme, zu welchem sich doch die Vernunft in keiner Be- 
ziehung rechnen Ifisst *)• Wenn daher in der Folge die Ansichiea 
aber den Sinn der aristotelischen Lehre von der doppelten Vernunft 
weit anseinandergiengen a ), so erklärt sich diess aus der Unmög- 
lichkeit, sie mit sich seihst vollständig in Einklang zu bringen, zur 
Genüge. 
Die Thätigkeil der Vernunft ist das Denken, und dieses Denk« 
ist, sofern wir sie in ihrem reinen Wesen betrachten, nicht das ver- 
mittelte, welches die Begriffe allmahlig aus ihren einzelnen Bestand- 
licli abgesprochen wird, wahrend das vwtv und 6c(up£Ev ihm zukommt Vgl S. 
448,4. 
1) Umgekehrt glaubt Tbksi>e[.ehbufo e. Arist. De an. 493, der voü; irf* 
twbc solle die Ettmmtlichen linnliaheu Thätigketten nach ihrer Beaiehang anfi 
Denken, aar Einheit Eueammengefasat, darstellen. Quae a sonnt, sagt er, i™k 
ad imaginationent meutern wüecesierunt, ad res pereipiendo» menti necoiom, 
ud ad inlrJUgendan nim sußeiunt. Omnet iliae, quae prateedunt, faaiitala * 
unttm quasi nodum eotketat, qtratenwi ad res cogitandatpoetulantur, voüu sjV 
toov dietae etstjudicamui. Allein Vormögen, welche noch der empfindend«, 
thierUchen Seele angehören, hatte Arist. niobt au dem von ihr ao bsrtuow 
unterschiedenen höheren Seelanthell, dem votk rechnen künasn. ünbai du 
diskursivo Denken sogleich das N&bere. 
9) M. Tgl. in dieser Hinsicht ausser S. i&O, 1 auch die später uosh n b» 
sprechende Behauptung (De an. I, 4. 40S, b, 1 ff.), da» bei den GemtLtlube*» 
gangen nnd Geisteathltigkeiten nicht die Seele, sondern nur der Mensch be- 
wegt werde. 
3) Schon Tbeophrait (s. u.) hatte in der Lehre ran Nne Schwierigkeit« 
gefunden. Wie wenig die späteren Peripatetiker darüber einig waren, nty 
daa Beispiel de« Aristoklea and dei Alesander von Aphrodiaiaa (Vgl. mwn 
8, Th-, 1. A., 8. 484. 439 f.). Weiter vgl man waa Themist. De an. 89, b, a. f 
Philof. De an. Q, 2, n. ff. (ungenügender ist Sncru De an. 67, b, f.) an- vi 
ausfuhren. Im Mittelalter waren et namentlich die arabischen Philosophen oi 
die italienischen A verreisten, tmter denen Aber dieae Frage in 
WlfH""g verhandelt wurde. 
i „Google 
DU Deukthttigkelt. 443 
»eilen ztutmmensetit, sondern ein durchaus einheitliches and un- 
mittelbares. Die Vernunft hat die allgemeinen Begriffe der Möglichkeit 
nach in sich; wenn sie dieselben denkt, denkt sie sich selbst, den» 
im Unsinnlichen fällt das Denkende mit dem Gedachten zusammen; 
■ie braucht sie daher nicht von aussenher in sich aufzunehmen, son- 
dern nur ans sieh zu entwickeln ')• Dieses selbst aber geschiebt in 
letzter Beziehung durch ein unmittelbares Ergreifen des Denkbaren, 
welches in einem untheilbaren Akt erfolgt *) , und nicht auf eine 
Verknüpfung von Begriffen, sondern auf die reinen Begriffe als 
solche, die unbeweisbaren Voraussetzungen alles Wissens sich be- 
zieht, welches daher auch durchaus wahr und irrthumslos ist , ). 
Von diesem unmittelbaren ist nun das vermittelte Erkennen *) oder 
1) 8. 0.6. 134 ff. 
2) Es Ut aclion früher bemerkt worden, de» Arial, du Denken de« Nu» 
a!i eine Berührung denselben mit dem Gedeckten beschreibt; Tgl. Metapfc. XII, 
7. 1072, b, 20 (oben !78, 3). IX, 10. 1061, b, 34 (s. 6. 135, 4). In dieser Weise 
wiiii du Einheitliche nnd tot Allem du qualitativ Einfache erkannt, welche» 
nicht wie die Raum- oder Zeiteinheit selbst wieder tbeilbar ist; De an. III, 8, 
Inf.: i] fiiv o3v t<uv äSuup&uv vitpit fr toütoi;, ne[A S odx fori Tb ^eüSo; . . . tb 
!' iSuiprrov btii Siydis, 5j fiuväjut Jj tvcpyz-.a., oi6iv xuXiki vofiv th äSiaCpnov, Srav 
™j id p3pu>$ • «Siaiperov ykp iwpTttet lai h -fjf&ita äSiaipficu - Öjj.oIlh r«p h yj, ovo; 
Suupttbc, xat äSiooEpitoc tu. pnjxa. oüxquv totiv tlxtlv^v tep f|{ilni ti ivvoil ixontptjt, 
ri yip im« , iv (ilj Suupitjj, «JA' i| Suvüfut. (Ein iSmipsisv wird schon in jeder 
rlaroliahen Grösse gedacht, wenn diese nicht sueeeeeiv, aondern gleichseitig, 
»!s Qanxes, vorgestellt wird. Ja sie, wenn auch thetlbar, doch nicht wirklich 
getheilt ist.) - . . . vn Ss fii] xari Jtoabv ääutlpetov cUAi T$ tffi« vocl lv nSunpErq» 
Xfmo xat aStaipfou -tfjf ^u^f. Nachdem sodann weiter erlftutert Ut, bei ZenV 
irad Rnumgrössen werde das Untheilbare, wie der Punkt, nur durch den Ge- 
gensat* gegen dae Theilbare erkannt, nnd ebenso verhalte et eich mit dem 
Schlechten, fahrt 430, b, 24 fort; ei Ü toi p^ &tw evenrrfoy tö™ idtUati [diese 
twei Worte sind aber vielleicht nur ans eWtlov durch Lesefehler nnd Ver- 
dopplung entstanden; Eine Handschrift hat dafür jvavrfauv] , «i3to £«jtö fmäenut 
™ i'Ep Yiia tau xsl ^upiemv. Das» diesM Erkennen ein unmittelbare* ist, liegt 
theils hierin, theils in Stellen wie Anal. poet. I, 3. TS, b, 18 (f|p-tt( M o«puv q5te 
umn ^iinimjv axaS£iKTixJ|v elvai , öJA« tijv xwv äuioMv OMcncoesix'rov), II, 0, An£ 
|töh ri im t« |(iv öpuoa xa'i apx.oi eioiv, & ich tfvai x& t( foriv &ew6fo6cu8ii]l«JAov 
tpfer* eovipa. Keijjoni), o, 10. 94, a, 9 (i Ü iffin ä|Uea» ipiopvöj 6eaij fcrA wB l( 
totw «oxtöcutnK), wann wir den weiteren Satt, daaa es der Nns mit den Priu- 
eäpien eb thnn habe, hinzunehmen. 
3) M. a. hierüber 8. 186, 4. 
4) Dieses vermittelte Erkennen unterscheidet aohon Plato unter de» N»r 
mm der oiivout vom voü« (*. Ute Abth. 407, 1); ähnlich Arist. De an. L 4, 4M, 
Google 
444 ArUtotelet, 
das Wissen zu unterscheiden *}> auf welche Seelenkräfte aber und 
welches Verfattltniss derselben wir es zurückzuführen haben, sagt 
Aristoteles nicht, wiewohl wir in dieser Beziehung kaum an etwu 
anderes, als die Einwirkung der thätigen Vernunft auf die leidende, 
denken können. AehnHch liesse sich die Meinung *) als ein gemein- 
sames Erzeugnis der Vernunft und der Wahrnehmung auffassen 1 ); , 
auch hierüber fehlt es aber an einer bestimmten Erklärung. Nur tls 
b, 24 ff. , wo es fiiovoia , ebd. II, 3. 415, a, 7 ff, , wo es XoYKnibj and Sunam ge- 
nannt wird. Gewöhnlich gebraucht er sbei Siivaia and Siavoeirfoi in weiterer 
Bedeutung für das Denken Oberhaupt (so Metapb. VI, 1. 1025, b, 6. Polit. Vit 
8.1324, a, 20. o.3. 1825, b, 20. Etb. N. II, 1, Anf. VI, 2. 1139, a, 2G. PoiU. 
1450, a, 1 it. A.); das XoYHmxbv bezeichnet De an. QI, 9. 482, b, 26 glefohhlb 
die Denkkraft im Allgemeinen, in den meisten Stellen jedoch (z. B. Eth.N. VI, 
3. 1189, a, 12 ff. De, an. III, 10. 433, a, 12. b, 29. c. 11. 434, a, 7) das Verna- 
gelt der praktischen Usberlegnng, die praktische Vernunft (b. u.). H. Tgl. über 
die Si&ouc Alex. auMetaph. 1012, a, 2. Themist. Da an, 71, b, o. Trknüelei- 
bubo Arist. De an. 272. ScnwEOLEB Arist. Metaph. III, 183. Bonn Ariatafo- 
taph. n, 214, namentlich aber Wirr* Artet. Org. II, 298, Aber den Xerupit 
Bdsiti a. a. O. 89 f. 
1) Eth.N. VI, 3. 1139, b, 81 (nachdem die Merkmale der teronjpi erörter 
sind): ij [tiv öpn ännmiju] iorAv ffo ino6*l*TtXJJ. Weiteres a. a. O. Tgl. 110, 1 
Wenn daneben Anal. post. I, 33. 88, a, 36 auch von einer fcurn[[uj avanÄfcj^ 
gesprochen, und diese als IkäXijiJils ijjt äploou rcpoTiatnii dermirt wird, so ist 
freilich schwer zu sagen, wie sich dies* mit dem eben aufgestellten Begriff de» 
Wissens vertragen soll; es ist hier die gleiche Schwierigkeit, wie bei den ir»- 
lioit; ä|itaoi selbst (worüber 8. 185, 4 z. vgl.). Da ea eben der vo5c nur mil 
unverbun de neu Begriffen zu thun haben sali, muute für die allgemeinen kein» 
Beweises f&higen Bitte ein Mittleres zwischen ihm und dem eigentlichen Wii 
een gesacht werden. 
2) Deber deren Unterschied vom Wissen 8. UOn vergleichen ist. 
8) Hiefür spricht Folgendes. Einerseits besieht sich die Ufa nicht, wii 
das Wissen, auf das Notwendige nnd Unveränderliche, sondern anf das 4* 
XÖ(M*e* äXXux lfm, sie ist äjcoXi^« Tifc ipdaov xporfenut aal (i))äwy *.«!«( (Ami 
post I, 83. 89, a, 2 vgl. Metaph. VII, 15. 1089, b, 81. Eth. N. VT, 3. 3139, « 
18); daa Zn Allige aber kann nur empirisch, durch die Wahrnehmnng, erksnm 
werden. Andererseita wird die &k6\i$h, welch« der Sache nach mit der W& 
susammenfBUt (Eth. a. a. O. Top. VI, 11. 149, a, 10. Kateg. 7. 8, b, 10. Anil 
pri. II, 21. 66, b, 18. 67, b, 12 ff. a. a. St. Watte Arist. Org. I, 51S), dem»« 
beigelegt (*. o. 488, 1), and die 3iE> wird (De an. HI, 8. 428, a, 10) von dar 
«wvtm{* mitteilt der Bemerkring unterschieden : Söfij jiiv fnstai xürnc (oii e> 
Srj^ftii ylp 5o?45ovt« oT; Soxil [lij ictcmiictv), tüv 51 Sigploiv o49ev\ iaifj^o irire, 
y&VTaate St jtoXXdtf . In xäen pt* Sejf-j) oxoXotteil hott« , xiemi 51 t« 
toi dl Xiy»c tßv Et fajpieiv tV(«t( tpovTaola [*iv teäp^si, Xiyo$ fi'o», 
3V Google 
Die DenktbStigkeit 445 
eine Wirkung der Vernunft wird es sich ferner ansehen lauen, dass 
der Mensch seine Erinnerungen willkührlich hervorruft und ihres 
früheren Vorkommens sich bewusst ist »> Auf dieselbe Quelle Hhrt 
endlich die Klugheit oder Einsicht Opp&wnö und die Kunst Ari- 
stoteles unterscheidet diese dadurch vom Wissen, dass sich beide auf 
dasjenige beziehen, was auch anders sein kann, die eine, sofern ef 
Gegenstand des Handelns, die andere, sofern es Gegenstand des 
Hervorbringens ist *); bemerkt aber angleich, dass sie auf richtiger 
Erkenntniss beruhen, und bezeichnet die Einsicht insbesondere als 
eine Tugend des Denkvermögens ')• w *e wenig aber die Vernunft 
bei allen diesen ThStigkeiten die niedrigeren Seelenkrafte entbehren 
kann, erhellt am Deutlichsten aus der Lehre des Philosophen Aber 
die allmühlige Entwicklung des Wissens aus der Wahrnehmung und 
Erfahrung *}. So bemerkt er auch, dass alle Gedanken von einer 
inneren Anschauung, einem Phantasiebild begleitet seien, welches 
dem Denken denselben Dienst leiste, wie die Zeichnung dem Mathe- 
matiker; und er findet diess desshalb nothwendig, weil die ansinn- 
lichen Formen von den sinnlichen Dingen nicht getrennt seien 5 ). 
Nur am so fühlbarer wird aber bei dieser durchgängigen Wechsel- 
1) & o. 422, 1- , , 
2) Gib. N. VI, *■ 1H0, », 16 ; fe*\ Si *o»]«t *«> "C^K «tpo", «*r* 1l > *** 
4w *«*"«'* &*' •* ***•■« *«■ DiB *to"> M ** mlioh < Btb - N * YI ' 4) ™ 
definiren als RM ft&UfVi &*$'& »01***1 1 ^ ie TP*"!«« < eM - "^ *• "j ll **» 
t, 3, b, 4) ab R» Üafiht v*& Ufm *?<™<A ««P> täl *»9pAit v *r«Si *«* ****• 
Writer Tgl. m. über jene wm B. 140, 1 «.geführt würfe, «bar diese Eth. S. 
YL7f c 11 1US,»,8. e. IB. 1148, b, 20. VII, 11. 1162, », 8. Polit IH, 4. 
1277, %, 14. b, 25, und ober «Ap« ond *pä& 8. 124, 2. 8. Wir werden enf 
kide in der Einik nocb einmal zurückkommen. 
3) S. vor. Anm. und Shet. I, 9. 1866, b, 20; ? pi«i<j« B' tat* ipirt) Bu»- 
«Okt, u«' t> .5 &euArfMtu Umw «0 i T « fl ^ *^ " Äa * * ***« l!i * 
taunfen. 
4) S. o. 138 ff : ... 
6) De An. III, 8; 8. 0. 188, 2. c. 7. 4SI, «., Hs tfl Sl Swvo^t«^ +uxfi ** 
tntbpm oTüv «lehju.ta Sjcipx« • ■ ■ 8 " «W**™ "^ *" » ■«**«■« * t*3TA 
D* lenen 1. 449, b, 30-. beft Bfc .. . votf* oflx faro 5v«u «nnfa|Mrn(- tw^vii 7*P 
4 «Jtb niBo; *v tÖ voeTv S*ip xa\ h tfiY fcrfftfm- i*tl t. T ip oo»v npotxf™^ 
«J tb *«bv ipio^ A« tb tprp&vou, 8u*>< -fP 4 T r t " «P»!»*' 1 »' **« ™ ' ™Jj 
Mi S yoffi. AmdHot, xfejJlmioevveS}, ttlfPB *po Jjipi™* wwiv , wtf 8 «öxft 
mos., fa 8' fj ? *w IS tüv mfi«, «*P««w *%, tfrW i^* «*«ov Apwuiwv, «rf 8 
liiqilzedBy GoOgk 
446 Arirtotete». 
teziehung von Vernunft and Sinnlichkeit die Lücke, weiche die Lehre 
vom Nus zwischen beiden offen Issst. 
Nicht anders verhält es sieh auch mit der praktischen Betbiti- 
gong der Vernunft im Willen ')• Schon in den vernunftiosen Wesen 
erzeugt sich aus der sinnlichen Empfindung die Begierde; dean wo 
Empfindung ist, da ist auch Lnst and Unlust, und wo diese sind, ist 
auch Begierde, die ja nichts anderes ist, als das Streben nach den 
Angenehmen *). Wenn uns nämlich die Sinnesempfindung zunächst 
■rar das Dasein eines Gegenstands anzeigt, so setzen wir uns in 
Gefühl der Lust und Unlust zu demselben in ein bestimmtes Verbilt- 
niss der Bejahung oder Verneinung, wir empfinden ihn als gut oder 
böse, und es entsteht in Folge dessen in uns Verlangen oder Abscheu, 
mit Einem Wort, ein Begebren 3 ). Der letzte Grund dieses Begehrens 
liegt in dem praktisch Guten, d. h. in demjenigen, dessen Besitz oder 
Nichtbesitz von der eigenen Thatigkeit abhängt. Die Vorstellung 
dieses Guten setzt den begehrenden Theil der Seele in Bewegung*), 
und dieser bewegt mittelst der körperlichen Organe das lebende 
1) Sctmi-DEii Arint. de voluntate doctrin». Brandenb. 1847. (Gymn.progr.j 
2) De an. II, 2. 418, b, SS. 3. 414, b, 4. De aomno 1. 454, b, 28. part. im. 
II, IT. 66), a, 6 Tg]. B. 386, S. 422, 4. 
8) De an. III, 7. 431, a, 8: ts |*iv oSv afaSivioflou Sfioiov tu tob |a4vov ut 
vofiv 5r«v 81 rjBij J) Xumipbv, ofov xarapfcs )) änofia«, Bhümi 5) ^eifrjit- (vgl. Etb. 
N. VI, 3. 1189, a, 21; coit S', os<p bi SurmL* x*T<4?«nf xot ix6<f«at(, wBt" n 
äp^ii ShuEi; uit tpup[.) xtä um tb ffitri» ki'i lurctlaäai Tb tviprßi ii\ abftnruij |i(- 
«6ri)-.i jcp'm tö irfaSb» J| xaxbv , J -coiaum. not Jj f uyJ) St x(A f] öps£i4 -rouxo [al. to 
«irö] f| x«r' fv^fiutv, xal oö-^ fcspov ro optxnxbv xo\ swxiuibv, oBt' oXJ.jp.uv oüii 
«6 alsSijTixoü' <UXi tb ilvat SXXe. 
4) Alles Begehren setat daher ein Vorstellen voraus, ao wenig Mich diese« 
für sich genommen mit ihm verwechselt werden darf. De an. III, 10. 483, n,9: 
•ibmi ü y* Sdo tnOra mvqBvt«, t] öp!&s tJ vo3(, eT ti( tJ)v oavraoiiv TiBtfaj ü( viii}- 
Otv wo- ituXJ.ä yap iwpi i-J,v t'injnj[i.r|V ixoXouüouai taiTi tpavT*o(ai{ 'xal f'v to1( 
SULMC {i£oi{ oil vinoij oäSk 1qy«H*Ä! 'tiv , iXXi tpavtKstx . . . &<ni (CXifiut taÜTB 
Siio f «ivtiBi t« xiwBvw, ojie£i4 *a'i Biivoia TcpaxTixij . . . ii'i \ ^avnofat Gl 8t«v xtvj, 
ofl xivfi Sveu ep&ntc. b, 27: Jj opwtwlw tb £üov, Taunj nfi-coS xivn-nxo'v ÄpexTixin 
8t oix £\tu ^avTooiac ponrnttfa Si niaa )) XofiTnxTj t) alo9rfrixij ■ roiJTJji (li* iw 
xal ri cXXa ;$« [ut^ei. (VgL o. II. 484, a, 6.) In der Phantasie muht Honu- 
toaas a.a.O. 8. 8 f. das Zwischenglied, doreta welches die Wirkung der Vernunft 
aaf den Willen sich vermittle, indem die unsere Qedanfcen begleitenden Bilder 
(i. o. 445, 8) du Begehrango vermögen in Bewegung setson. So viel Empfei- 
lettdes aber diese Erklärung auch an sieh hfttte, so weiss loh nie doch bei Ari- 
stoteles selbst nicht an finden. 
i „Google 
Dal Begehrot.. 44f 
Wesen *). Den inneren Torgang, durch welchen das Begebren m 
Stande kommt, bezeichnet Aristoteles als ein Schlussverfahren, so- 
fern bei jeder Handlung ein gegebener Fall unter eine allgemeine 
Regel befasst wird *); zur Erklärung der körperlichen Bewegungen, 
welche aus dem Willen and der Begierde entspringen, dient die Be- 
merkung, dass alle Geraüthsbewegungen mit körperlichen Zuständen 
verknüpft seien a ~). Genauer wird diess in der Schrift von der Be- 
wegung der Thiere so ausgeführt. Der Hervorgang des Wiliens aus 
der Vorstellung, sagt sie, sei eine Art Schluss; den Obersatz dieses 
Schlusses bilde eine Zweckbestimmung, den Untersatz ein unter 
diese Zweckbestimmung fallendes thatsächliches Yerhältniss, den 
Schlnssatz die aus der Subsumtion des zweiten unter die erste sich 
ergebende Handlung *)■ Gewöhnlich nehme jedoch dieser Schluss 
1) De Mi. TU, 10. 438, «, 87: «£: xivtf jitv tö ipnnöv (was schon Z. 14 ff. 
nachgewiesen war) ilX« toit' forty 3) tö ifaBöv Jj tö ^awdjitvov iy«8Ai. oi n£i 
51, oüi tö itpastöv iyaflÄii. rpixtöv 8' lv-\ tö IvSrfßpr/vv xa\ äXliu^ E/tiv. !tl [i»¥ 
olv jj toiiütTj !uv«|i[( xivil t^f $ u f*t> *1 xaloupAr] öpefi;, f avspiv. . . . fatt B* fori 
Tpia, tv all tö xtvouv, Seuttpov S' cS xivtl, tpt'tov tö xivotlpjv&v TÖ St mc'tiv Sittöv, 
tö [ilv ixiwjTov, tö St xtvoQv soft xivaJ[uvov (vgl. S. 271)- fort £1 tö p.iv ix'!v7)T0T 
m npaxTÖv ifaSöv, tö St xivoBv xsi moup^vov tö öotxtixöv (xivtrwi fäp tö gpi-fopc- 
»°v jj jp^rtsci, »3t Sj öptE'.s x(vi;ais Tic forty [so TnKiiDKi.ENiji.-itG mit Beobt] f, b- 
fcfsm), tö 61 xrvoiiguvov tö t*jiov tS St xwfi jp-fäviit (| öpift«, ^Sr, toüto twjuciw*! 
Itttv. Noch Weiteres später. Eine gute ErlSntorung unserer Stelle giebt die 
ihr wahrscheinlich nachgebildete De motu an. 6. 700, b, 15 ff. 
2) Eth. N. Vff_5. 1147, a, 25: fj [jiv y&p xcrfl&ou 8o"Eo ^ 8" stip« mpi tS» 
»ri' ExiTci fonv, Äv aMi]oi( JjSj) xupfa- (Ähnlich De an. III, 4. 434, a, 17.) Eten 
!t [Ja Y*n]TO" 5 «urfiy, «vfri-xj) te on|HMpcwlftv ivo« [tiv fAvai dj» fOC^i ** *■ «ft 
»njTixnT; jcpirTSiv iSflöf, olov, il ic»VTÖ( fXuxfef ye'Jeot&sl Sil, touti S( yXuxl», if I* 
Ti tüv x«8' Ixkotov, Sv&Yxji töv Buviiuvov xai [iJ) xiolu^fitvjv äp.a toQto xa\ Jtpat- 
tii». e. 13. 1144, a, 31: oi -jap aulXoywpil tSv npaxTÜv ipxV «x ow fc iiotv, emtBtj 
TOiivit tö tAos xoltö äptarav. Vgl. c. 13. 1143, b, 8, wo in Bemohung »uT» 
Handeln von einem Untersatz gesprochen wird. 
3) De an. I, 1. 403, a, 16: foix« 8t xsii tä rijt 4" i X^ c t* "] tavra tJyai |i£ri 
"ijumn, 9up.ö(, Tpa^Tij;, f6fai , (Xios, Oipjos, ftt £apa xsl tö süXeTv ti xstk [iioflv 
Sp* ?äp "oJto!? Ttiffii ti tö aüfut. Man sehe dieas daraus , daaa je nach dem 
körperlichen Zustand daa einemal heftige Eindrücke keinen Affekt herrornifen, 
du snderemal nnbedentende ihn erregen, ctt St toBto uÄXlov ^avtpdv* p.)]0tvöt 
»sp iop^poü aujipaiwvTO( Iv töi{ TiiOsot Y^ovrai Toi; toü ooßou|ievou (nämlich ba 
folge körperlicher Zustände), e! 3' oCmx t/«, SrjXov !ti tb niOrj Uvot ivulo( 
lloiV. ßari olBpOt TOIOÜTÖI oIoV TÖ ipfOfcfa xl«]o(t T[( ToS tOIOUÄ Otip.««? I| (JpOU< 
1 ou«a|uu< beb toüSc Ivixa toCSi. Tgl. auch Eth. a. a. O. 1147, a, 16. 
4) Mot. an. 7. T01, a, 7: icw( ot »oSv öri plv xparm, iti 8' od im&mt, asa 
JigilizBdby G00gle 
4M Ariitotele«. 
durch Wegtassung des an sich klaren UntflmtzM eine einfachere 
Form an *)j ond indem nnn da, wo wir ohne Ueberlegung handeln, 
■ach an die Stelle des Obersatzes die in unserer Begierde enthaltene 
Forderung trete, so begreife sich hieraus die Raschheit, mit der wir 
handeln ■> Dass aber der Wille unsere körperlichen Organe bewegt, 
diess wird hier von der Erwärmung und Erkältung hergeleitet, welche 
durch die Gefühle der Last and der Unlust bewirkt werden, und 
welche ihrerseits wieder gewisse Veränderungen im Körper, eine 
Erweiterung oder Zusammenziehung gewisser Tbeile, and weiterhin 
gewisse Bewegungen erzeugen '). Aaf die Seite des Willens stellt 
xtvfTrai, iri 8 * oj xivttrat ; iaaa itufmlrfliut aupßaEM» xat ntpl t£v äxmjniv Sto- 
vooupivoi; x.A fnXXov^ajiJmii, aiX' lx(i |üv flEiüpri^a to t&o;, . , . sVtaufloi B' h 
luv lifo rcpoT&mtiiv to aufijrfpBopdi -y ivetsi f) xpüEtf, oTov Ixen voifai) Sit Ttavrl jäaSi- 
trrfuv svfJptomu, aurbt 6* «vflptojcot, [JaSflJit iOWiu;. Nachdem dien sodann durch 
weitere Beispiele erläutert ißt, fahrt Z. 33 fort: «! St «pOT«o*t4 al jconjtixal tu 
Stio iISüv ^{vovrou, Bio xt roG äyaOoo xsl 8<i tau BjvitoQ (letiteret vielleicht mit 
Bückiioht auf Eth. N. III, 5. 1112, b, 24 ff.). 
1) A. a. O. Z. 25: &nuf St ifilv tpoinbvruv svt«, oBrto rijv li^pov KpiTami 
■rijv SrjXijv 01IS' f| Siavoia iyioräoa axonri oi&Yv ■ oTov iE to {laBflJuv ayaSöv ävSpümj], 
Sti aJrbc ävSpuntof, oix ivSiatpijsti, 
3) Z. 36: SA xal So» u,ij Xo^taaunoi 7cparra|uv, rayü xp&rtofuv. Sit» yip 
iyt p-pjojj JJ Tfj aitrSijw xpbt to o5 fvtxa ?, tJ[ f otvtaoia ^ tß viji , öS öpf-j etb! eltuc 
notir bvt' ApuiTtjaiuf yäp 1 voifsiwf J] "rtjt op&u( fiviru iv^pfEta. jcot&v p,at, lj 
intfttHiJa Ifrfti • too*i Bt not!» f) aloBijoTi ;Ticiv 4) tj ■ bht«s(b J] & voü; (der aber hei 
Aiietotele« sich nicht auf linnlich Einxelnes besieht). tüBüc r.iviu 
3) A. a. O. 701, b, 1: Wie die Automaten mitteilt ineinandergreifender 
Wallen durch einen leichten Anetoie in Bewegung gesetet werden, so auch 
die lebenden Weaen: die Stelle des Holle« und Eisens vertreten bei ihnen die 
Knochen, die Stelle der Walaen die Sehnen. (Tgl. hiew, waa 8. 412, 1 Mi 
gen. an. II, 5 angefahrt wurde.) Der Anstou erfolgt aber bei ihnen nifavopi- 
vtuv tüv jiop'jdv 611 B(p(idi)]Ta xat niltv owrceUo|trwav oiä t|iü£tv xal äXXoiouptvui. 
ÜQ.olo5o i S ' oi aloftijoits xal al ^»VTauiii xa\ at nvouu. al fiiv yip cdafyavt cüSIx 
äTtipxouaiv «XXohäoel( nvlt oioai , Sj 8i pavraoia xxl f] vdqsif ri|> Tiüv »pafpart» 
t £ouol B1Jvajj.1v ' Tpinov yap Tiva to slSot tb vooüjievov to toQ Sip|uü 1| <Jni](poS f, 
tjEtoc )) ■ oßipoQ toioÜtov tu Y"/.iv£i 3v oliv Ttip xal TÜv npiyiiiTiuv Ixaarov , Sie lii 
ypitrouoi xa\ foßoüvrai vo7Jo«VT£i |j.4voy. laSra Si itaVT« naOi) xal äUoKÜauc cbiv. 
äÜouu[itvii>v fi' h töi ocäjiaTi Ta p-iv |iiCCu Ta 5' tlirtai fCvixat. Sti Sl [uxpä (uto 
ßoX)j YJvojii«] fv äpjrtt gu^aXat xiA noXXäf noul Buipopi; öitoftrv, oix SSi)Xov, bringe 
doch eins unmerkliche Bewegung de» Steuere am Schnabel dea Schiffi eine 
bedeutende Drehung, eine leicht« Veränderung dea Herans im ganzen Leih 
ErrBthen, BlSaae, Zittern u. a. w. hervor. C. 8: apx'i (d" oäv, üojctp tlpqtai, ti( 
un|a«kK to b TfJ» xp«xT$ StwxTW xal tpcuxTo"* - ij ävayxnt S' axoaoutkt ttj «aijan x« 
JigilizBdby G00gle 
* Das Begehr». 449 
Aristoteles, der so wenig, als Plato, im Gefühl eine eigene Tltätig- 
keitsform unterscheidet, auch solches, was wir eher zu diesem rech- 
nen wurden; die Liebe z.B. wird auf den 9-jjj.d^ zurückgeführt, unter 
dem also nicht blos der Mutb, sondern auch das Gemüth zu verste- 
hen ist ■)■ 
Das Begebren trägt nun aber, wie Aristoteles wfAter ausführt, 
einen verschiedenen Charakter, je nachdem es durch Yernunftvor- 
stellungen hervorgerufen wird, oder nicht. Ist es auch immer das 
Begehrenswerthe , was ein Begehren in uns veranlasst, so kann 
dieses doch entweder ein wirkliches oder ein blos scheinbares 
Gut 0, und die Begierde selbst kann entweder von vernünftiger 
Ueberlegung geleitet oder vernunftlos sein *); von der letzteren 
Art ist der Trieb nach sinnlichem GenusB und der Zorn *). Sofern 
tt] favrwla sÄtüJv (teppe-n]; xai ^r-jf [;. x'a (ilv fäp Xumjpbv ^eux'ov, to G' JjBti Bieux- 
■ W», . . , fori fit li XuTrrjpi xcA tjSe'se nivta trfßSov fuxa ^ii£«(£c tivo; xäl 0EpLuJTTiTO{. 
Bo bei Furcht, Sohrecken, geschlechtlicher Last «. s. w. (iVTJvat Et x& äjuIBec, 
™>v eJSiüXoi; x.P'üipEvot xoli toiou'tol;, £rt fiiv JJttov Ste St [läXXov ahiai räv aürüv 
iWv. Und ds nun die inneren Theile, von denen die Bewegung der Qlieder 
«iiagehe, io eingerichtet seien, dass diese Veränderungen sehr leicht in ihnen 
Torgehen, so folgen die Bewegungen uueem Gedanken unverzüglich, ta jj.tv 
■fap öp-yavtxä jiipi] (Accus.) TuapaaxEuaCEl ekit^Seimc xi Tiifb] , $] £' ooeEis *i rväÜT;, 
■ tJ.» ö' öps^iv J] favxaoi»- bEti] 81 f iVETai i[ 5iä voj{9Eitf( )J El' alolbjaeon. i[l.a Et KI1 
tajii Stä tq 7toijjTixbv xa't naQijTixiiv tüv Jtpb( JXXtjXa E?vai rijv iprfoiv. 
1) Polit. Vn, 7. 1327, b, 40: S 8uliÄ ( tWv o kqiSv to ipAijttxiv aünj y4p 
letrv ^ T)J4 tyufjli Stivaiu; ^ ^iXüD|isy. sy)[xüov Si- icpbf yap to'j; ffuvrjBtit X»i y£Xoi>S 
i Sujio( a'psrai [iSXXov, äj xpb{ tou( a-fVÖTaj, iXiyiupilaflai vo[i(aa{. 
2) De an. HI, 10; s. o. 447, 1. 
3) De an. HI, 10. 433, a, 9 (s. o. 446, 4). Z. 22: wv fit i [«.tu voS« ob ?«tar« 
mSv ivtu Äps^Eio?' f, jap ßoüXi-,314 öpifo- Stav Sl xati Tbv Xdf iquiv nivijiai, xctt 
xati poJXijorv KivEttai. 1] 5' SpE^i; xivsl rtapä tbv lo^nudy t) -|-ip (VnBuu.ta SosEij 
ti; Wv. V0B4 [itv o3v Jtöfc ipfJöc Öpsfi^ Bi xa"l f avraaia xal ÄoOJ] xsl oüx o"plbJ. b, 5 : 
Wei 5' Jp£^E[f Y'VOUTai eWvtibi iJXijXot;, toütq Ei oufißsiVEi orav i Xifaj xa'i 5] äm- 
hp(B ivavrfoi Äot, yivEtai S' b Tdl( XP^ V0U «Mll«' ^ouow (o \ii» fh.f VoS; Bii tb 
[lAJ.ov övOftxEiv niioJu, ^ S' e'jciOu|i£a Ein tö t'St-J . . . rifict |ttv cv Sv e?>] td xivqOv,. 
" ipEXTixbv, JÄpexttxbv, . . - äpi8(iüi Se jcXe™ ii xivoüvt». Bhet. I, 11. 1370, », 
18: tüv St Ero8u|iiüv al utv äXoyol staiv ai St jietb Xj^du. Jenes die sinnliohen 
Begierden, (utä Xd^ou fit Soa ex v>Z RE<n8i}va[ £th8uu.dS4iv. Polit. LH, 4. 1277, a, 
6; V^X'l ^ W T 6U Ka ' 1 <5p^5(uc. Ebd. VII, 15. 1334, b, 18: tfj; ■l/yyr^ Spü|iEv Elia 
r^PI, tj te JXo-f&v xa\ tb Xiyov e^qv, x«\ Taj il^Ei; Ta; toiItuv EiIo tbv äpiSLibv, uv 
tb |uv tWv öoeE'.s xb St voü;. Vgl. folg. Aura. 
4) Diese zwei Formen der Öps^i; äXo^o: werden sich ijfters, im Ansdblnis 
in Plato, gegenübergestellt; Bhet I, 10. (a. n, 460, 4). De an. II, 3. 414, b, S : 
ptiuw. a. gi. n. Bi i. Abu. 29 
3y Google 
450 Aristoteles, 
Sich die Vernunft auf Zweckbestimmungen befiehl und auf das Be- 
gehren bestimmend einwirkt, heissl sie die praktische oder die über- 
legende Vernunft '); das von der Vernunft geleitete Begebren nennt 
Aristoteles mit Plato *) im engeren Sinn den Willen '), das ver- 
nunftlose die Begierde *)• Die letztere steht zur Vernunft in eines 
öptfo [iiv ygcp entBv|i(« tdt frjjies xal poiSXTjsis (die rniflup-ict wird dann als Öp& 
«5 JjBfcf definirt); vgl. in, 9. 432, b, 5. (M. Mor. I, 12. 118V, b, 36.-mot. so. 
8. 700, b, 22.) Polit Vn, 15 (nuten A. 4). Etb. N. VD, 7, wo eine doppelt« 
änpaoia unterschieden wird, f, toü Supou nnd fj tBv ■jrQuiuwv. Hierüber Weiten* 
in der Ethik. 
1) De hd. m, 10. 433, a, 14: vo5« Si [sc. jtwirEixBV] & frexi rou Xo-rt£d[««( 
nat £ rcpaxTuioV Bia^Ef« 31 toü ßtwpijiixoij Tüi teTlel xa\ i] Öpsfo FvExi tou itöoa' 
09 fip J) ÖpE^LC, aCTJJ Jp/_fj TOÜ 1Tp«XTtXOÜ VOU' TO 8* KT/aTOY öpX^ **)» Tp&Sölt 
Sott iilX^yuc tiSts SiSo f oüvnsi Ta xivouyt«, Spc^t xa'i Stivaia «paxttxi{. Vgl. c 9. 
4S2, b, 27. Etb. N. VI, 2. 1139, a, 6: Sao«(oOtu Bi!o Ta W T »v sjrovrB, tv |ih $ 
BiiopaüjiEV ta toislüts T&v dvtcuv, Euciiv al äp^ot) [ii) IväE^ovtai äXXtuc ejsiv, fei 81 ä 
ti ivSr^i[uva' Jtpbj -jap il tu yivei fispa xa\ tu* tijj d/uxw t'-opCtiiv fttpov tu -^vei 
tb npdt exfrtEpov itEfuxäc . . . XE-je'rfii) Si tou'-hu« ib plu in lonjjiovotbv tö Sc Xo^wtv- 
x6V to yip ßoiiXEikoflai xoi Xo^i^EdOsL TBJtbv, oäflti; 8e ßoiiXiiJETat ncp\ TUM ]l)| EV- 
Bf/_o|iivtiiv äXXu; E^Ei». Z. 26: aErj) (irv oüv jj Siivoia xa"t jj öXij 8eui xpaxTix j| , riji 
3i jEiupjjTixijf Biavolat xal jii) JtpaxTix?][ jujSk jroiTjTiXTJf t'd eu xal xaxüif tSXt)6(( Jrc 
xa\ ijiiSSo; ■ touto fip Eoti jtavT0( SiavGTjTixoü JpYQV, Tsö Si npaxTixoü xa'i Biovoij'i- 
xoü f| «XijOst» öjisXifiu; e^ouoj tt) jpe^Ei TT) öp9j], Z. 35: Biövota S' aar)) oSDb 
xwfi, 4XX' J) Ivexs tou xa'i npaxTtxij. Ebd. c. 12. 1143, b, 1; b. o. 1S5, 4. Polit 
VII, 14. 1333, a, 24: Stijpnral tc Stxfl [to Xiyov e^ov], x«fT Sv Mp i!ui6a[te« rpiitov 
Staipäv £ [iiv yip npaxTtxd; lart Xäyo; £ Si önopTjTixi;. Vgl. 8. 443, 4. 
2) Vgl. lste Äbtb. S. 379. 
3) Die praktische Vernunft selbst darf nicht mit dem Willen verweebielt 
«erden, denn dieser ist wesentlich ein Begebren; sie ist vielmehr d&Bjenife 
Vermögen der Vernunft, kraft dessen sie die Zwecke bestimmt, die Mittel xa 
ihrer Verwirklichung aufsucht, nnd die Grundsätze fuVa Bandeln feststellt, du 
aufs Bandeln bezügliche Denken. 
4) De an. HI, 10. 433, a, 22 ff. (b. o. 449, 8), nnd c. 11.434,», 12 (s.n.461, 
1), wo die poüXnais der Öpcfc entgegengestellt wird, Khel. I, 10. 1369, h, 9: 
Int £' i) |icv pouXi)3is äfaBoä öpe^if (oiSt^ yip ßoiIXtTai öXX' j) Etixv ohjüjj Um 
'«■fatfldv) 0X07016' epE?£ti opfJ) xa\ e , Jti9u|ita. Etb. N. V, 11. 1136, b, 7: oSt* yif 
poiiXnai oüSt\( 3 jii, oiz'u tlvat oTtouSalov, Ö n äxpaTJ)( o0;f & o^ron SeIv nparroi 
itpitwi. Weiteres S. 449, 4; vgl. anch die platonischen fiatie lste Abth. S. 
S79. 643, 8. Ein andermal steht das Wort aber anch in weiterer Bedeutung 
wie Polit. VII, 15. 1334, b, 22 (Outtbs ^ap xal 8ot!Xi)si( rti Sl IxiBu^Ia xa*i jno- 
|U¥oi( iäfl!i( iicap^n toI; icaiSioif), undEth. N. III, 6 finden eich beide verknüpft, 
wenn- dio Frage, ob eich die j3i»Xi]ai( auf das Gute oder anf das anscheinend 
Oute besiehe, dahin entschieden wird: an sich und beim Tagendhaften nur 
auf jenes, beim Schlechten auf dieses. 
i „Google 
Wille und Begierde; Willensfreiheit. 451 
doppelseitigen VerhÄltuiss : einerseits ist sie dazu bestimmt, sich ihr 
unterzuordnen, and durch diesen Gehorsam gegen die Vernunft 
selbst einen Aniheil an ihr zu erhalten; andererseits widerstrebt sie 
aber, da sie ihrer Natur nach vernunftlos ist, den Anforderungen der 
Vernunft, und überwältigt sie nicht selten 1 ). Zwischen beiderlei 
Antrieben steht der Mensch mit seinem freien Willen; denn dass 
wir selbst Urheber unserer Handlungen seien , dass es in unserer 
Macht liege, gut oder schlecht zu sein, ist Aristoteles' feste Ueber- 
zeugung *), welche er mit der anerkannten Freiwilligheit der Tu- 
1) Bth. N. I, 13. 1102, b, 13; In der Seele ist ein vernünftiger nnd ein 
Tornnnftloser Tbeil in unterscheiden. Der letztere ist aber doppelter Art. Der 
eine seiner Bestandteile, die ernährende Seele, hat mit dem Handeln nichts 
tu schaffen! &o« El *a*i äX^'i Tic f&a'i T>jt "Wfif öl°Y ( ^ va, i ftifmm: [»ivtot 
in] Xoyou. Im Massigen nnd Unmflssigen wirkt einerseits die Vernunft; caivEia: 
B* !v aÜTiitt xa'i öXXo ti napi tbv Xiyov ice^uxö;, o jj.ox.eTa! * E *** avtiTiivci tf£ 
Xöyiii. »Tejfvßf -jap xa8irap T& irapoXeXupiEW toB oiojinro; pvipia tt; TÖ,Bt!;ii Jtpoai- 
poujjJviuv xiiijoai Toävavrlov ilf ti apttmpi *apa^p£rai, xat ärfl tij; ^"X^" ^'' 
Tavavrfa f ip al apjj.a'i T&v äxpatSv . . . xal ev ttj "jflJXJJ vojaiotsov efvaf Tl jtapa tbv 
Xi-jov, ivavTioiSjtriov toOtdi xal ävTijlaivov . . . Äö-fon El xa'i toStq falvitat (lexfyEiv, 
&9i[[p «Iboiuv itEtBap/fi youv tu Xoy«i t'o toü ^xpaToüj . . . patvttai £J) xal tb 
äXoyov Brtriv. xi jitv yip iputixbv oüExfiüt xoivwvti Xoyou, tb B' «JtiflufiiiTtxbv xa'i 
. 5Xw{ ocsxxixbv [ur^r.([ bioj, jj xarrjxodv eutiv aüioS xa\ RttSap^ixdv . . . Bti Ei jceI- 
6tT«( K(U[ imb Xöfou t'o äXofov, jMjvÜEt xa\ Jj vuu6ErT|<ji; xa'i nitro 2jtiTiu.jpif T« xa'i 
TOpaxXijOif. t! El xfi] xa\ toÜto ? ävai Xdyov ^.Etv, BiTtöv Jörn xa'i to Xiym t^ov, 
ib |iiv xupjb>( xa'i iv a5uä, t'o E' lüuitEp naxpb( oxouotixiSv ti. Pulit. VII, 14. 1383, 
a, 16: BtjjpTjTat Bi Wo ji^pJ] Tifc ■J'UX'ifi " v x0 f^ 'X £l Wyov xaÖ' aätiä, t'o E' oilx 
f"*Ei piv xa9' oSto, XrS-roi S' GicaxootiV Euvojitvov. De an. III, 11. 434, a, 12: »ix| 
S IvfoTE [Jj äpifo] xal xivfl tJ[v SaijXijmv- irl S' fxcivq tbJtijv, ojjjrtp afdlfa [hie- 
fftr möchte ich, von Thekuklkhbuhu s. d. St. theilweise abweichend, lesen: 
Wirojv Sri S', cjantp opaipa — wenn diese ewei Worte nicht verdorben, oder 
gana n streichen sind] jj apefa i+,v öoe^cv, Etsv öxpaaui ve'v^-csii. fiint ii ät\ )g 
«u äp/jxwT^pa xa't xnet Von der Ute Abth. S. 688 f. dargestellten platoni- 
schen Lehre unterscheidet sich diese aristotelisohe nur dadurch, dass an die 
Stell» des* platonischen Supvbi hier das ganze Begehr nngs vermögen tritt, 
S) Bth. N. III, 7. 1118, b, 8: eV fjp.lv St xal i] ipeTij, ifioftut Et xa'i f) xexCa. 
i» »1( ^ip lf' ^pfli A spirtiiv, xot t'o |».S) ÄpätTBiv, xa\ ^v oTi tb (*)), xal -rb val 1 
üot' (I to Kpatmv xbX'ov Bv df ' i|p3v isri, xa'i T<i tij] npixTTSLV j<f ' f,jj."v ärrai alo^pbv 
Iv, xa'i ii t'o jtj] TipivrEtv xaXbv Sv t'cf' 5)ii"vj xa'i t'o npjrcniv afuyjjöv Bv ly' fjjj.iv. tl 
8 ' iip ' Jjjiiv ri taia Jtpirtiiv xol ti alo)[pa , o|Aoiui Si xal tb jij) Ttpirtfiv, touto ä* 
fy tq ByaOofc xott xaxolt slvai, lf ' Tj[iT£v äpa Tb JniEtxdoi xal f aiiXott E?va: . . . ^ Hl( 
71 vüv £(p7)[Kvoii ä|i9iopi)ti57Eov, xa'i tbv ävflpdinov od fiavfov äp^V slva: O'jSt ylVVTj- 
tJjv tüv itpd^udv , Somp xa'i tixviuv ; ti Si taüta (dass er nilniiich Urheber seiner 
Thaten sei) f orfvtmi xal uJ) (jt ^ |E < "^"^ "KC.o< ava-raytlv icapi xat lf' ^{ß», 
loogle 
452 Aristoteles 
gend •) and mit der sittlichen Zurechnung beweist, deren Möglich- 
keit die Gesetzgebung und das allgemeine Unheil bei Belohnung mi 
Strafe, Lob und Tadel, Ermahnung and Warnung voraussetze *). 
Mit den sittlichen Zuständen allerdings, glaubt er, verhalte es sich 
t heil weise anders: sie hängen zwar in ihrem Anfang von uns seilst 
ab, sei man dagegen erst 1 gut oder schlecht, so habe man es so we- 
nig in seiner Gewalt, diess nicht zu sein , als wenn man krank oder 
gesund sei 1 ). Sagt man aber, Alle streben doch nach dem, was 
ihnen gut scheine, und was ihnen so erscheint, daran seien sie un- 
schuldig, so Iasst diess Aristoteles nicht gelten, weil eben die Ge- 
sinnung, nach der sich unsere sittlichen Werthurtbeile hebten, tW 
uns selbst erzeugt sei 1 ); undebensowenig weicht er dem Versucht, 
aus der Natur des disjunktiven Urtheils die logische Unmöglichkeit 
eines zufälligen Erfolgs zu erweisen B ). Gerade die Freiwilligkeil 
betrachtet er vielmehr als ein wesentliches Erforderniss jeder Hand- 
lung, die einer sittlichen Benrtheilung unterliegen soll 8 ); and wem 
&v kb>. a! äp^xt b -fjiirv xt£[ siti Im* ^[tlv xs't Ixoiim«. c. B. 1112, b, 81: tont S*, 
xa&imp elpijTa;, övüpomo; ilv«i apv)| twv npifsuv n. a. St. Ueber die Leim te 
Arist. vom freien Willen b. m. Schraub« Arist. de voluntate doutriua. Brie- 
denbavg 1647 (Gymn.-progr.). Thbbdelehbdbq Histnr. Bei», n, 149 ff. 
1) Aristoteles hebt diesen Grand öfters hervor, indem er dem ■okrea'«"- 
epicharmischen Sprache; oiSfis Ixütt ffovqp'oc oiS' äxiu» [iiiap (in welchem in 
Epicharm freilieh da« novqpbf wahrscheinlich nicht sowohl „schlecht", iti 
„elend" bedeutet) die Inconseqnens vorrückt, das Gute für freiwillig, du Bttt 
für unfreiwillig n erklären ; Eth. N. III, 7. 1113, b, 14. 1114, b, IS ff, wen 
Abth. 1, 8. 98, 4. 648 f. e. vgl. int. 
2) Eth. N. a.a.O. 1118, b, 21—1114, a, 31, wo die« ausführlich erfriert, j 
und namentlich auch untersucht wird, inwieweit und in welchen Fallen Un- 
wissenheit oder körperliche and geistige Mingel entsehaldigt, oder andera- 
seits als selbetverechnldet zugerechnet worden. 
3) Eth. III, 7. 9. 1114, a, 12 ff. b, 80, Tgl. V, 18. 1187, t, 4. 17: die eh- 
eelne gerechte oder ungerechte That sei willkührlich -und leicht, aber ib »S 
ejfOvTas txü-ta jtoieIv oSt£ fifitov oBt' £jc* sOtc!;. 
4) A. a. 0. III, 7. 1114, a, 81 ff. Genaueres über die Frage, inwiefern 
man wissentlich fahlen kBnne, tiefer unten, in der Ethik. 
6) 8. o. 167, 5. Dass Aristoteles hiebe! nicht alle Schwierigkeiten *«■ 
meidet , ist schon dort angedeutet worden ; nur um so deutlicher seigt es sick 
aber, wie viel ihm daran liegt, die Möglichkeit freier Handlungen au tetten. 
6) Eth. N. III, 1, Anf.: ttj4 =pET)j; 8iJ jcipt ic48i] tt xni r.p&Un o3oqt, x«l & 
]*h wftf ixooafo<( &w!v*>v xa\ ty6ytav fivouiwov, M ü rtlt ixouafoi( ourr*äi|W 
n. s. w. Eine ausführliche Untersuchung über das fxoiSoiov and äxwte»» nndtt 
Willensfreiheit 453 
allerdings der Begriff der Willensthätigkeit durch diese Bestimmung 
noch nicht erschöpft ist (denn freiwillig nennt Aristoteles such das 
Tonn der Kinder nnd selbst derThiere), so ist doch ohne dieselbe 
keine Wülensthätigkeit möglich: ist auch nicht alles Freiwillige ein 
Vorsätzliches, so ist doch alles Vorsätzliche ein Freiwilliges s ); der 
sieh hier c. 1—3 Tgl. V, 10. 1135, a, 33 ff. Unfreiwillig ist nach dieser "Dar- 
stellung dasjenige, was aus Zwang oder aus Unwissenheit gothan wird; nur 
iit in der enteren Beziehung zwischen dem physischen Zwang, welcher eine 
unbedingte, and dem moralischen, welcher nnr eine bezieh ungew eise Unfrei- 
nilligkeit begründet, und in der andern zwischen dem Handeln ohne Bewuest- 
lein (nfvoouvTB notttv), welches auch ein freiwilliges sein kann (wie im Bausch 
oder Zorn), und dem Handeln ans Unwissenheit (8t' äyvoiav itpirwiv) zu unter- 
scheid™; da es ferner bei jeder Handlung auf mancherlei ankommt (Arist. 
nennt Uli, a, B, dem bekannten Quit, quid, ubi a. s. f. ziemlich entsprechend: 
tij «a\ ■d xa't xtpi t£ 1) h t£vl npaTtit, Ivlo-zt 61 xa'i tlvi , oTov &pybvia nal fvtxa Tinos), 
lo fragt es sich, anf welches von diesen Stücken die Unwissenheit sich bezieht: 
unfreiwillig wird die Handlung hauptsächlich dann, wenn der Irrtbum die 
"weotliohen Punkte, ihren Zweck und ihren Gegenstand, betrifft; anch das 
endlich macht nach Aristoteles einen Untenjchiod, ob eine aus Unwissenheit 
begangene Handlung bereut wird, oder nicht; wer sie nicht bereut, der giebt 
ihr seine nachträgliche Zustimmmnng, sie lüsst sich daher zwar uiebt als frei- 
willig, aber auch nicht als unfreiwillig, d. h. ata gegen seinen Willen erfolgt, 
betrachten (c. 2, Auf. und Schi. vgl. TU, B. 1150, a, 211 c. 9, Anf.). Im Gegen- 
satz hiezu ist nun (c. 3, Anf.) ein ixodoiov dasjenige, du J] ip/i\ lt auTiji eiSAri 
w *a9' fxaerta iv als J| npäSiCj oder {1135, a, 23) 3 äv Tis tü>v lf' outü Övtbjv eISüjs 
xu uj] öyvouv xpirni [tiJTE ov u.iJTc f'> pJTe oä tvexa. Dagegen ist Ueberlegung 
im Freiwilligkeit nicht erforderlich, Aristoteles bestreitet hier vielmehr die 
Vorstellung ausdrücklich , als ob Leidenschaft nnd Affekt die Freiwilligkeit 
aufheben. 
1) Etfa. III, 3. 4. 1111, a, 24. b, 8. Einen Willen im engeren Sinn kann ' 
man aber beiden, nach dem S. 450, 4 Angeführten, nicht beilegen. fr' 
2) Etil. 111, 4. 1111, b, 6: t\ rcpooCpiais 6)| exouaiov piv f a'.vi.zcn , oi toiOtov 
ii, &W irit nXiov t'o exouoiov toü uiv via ixouoiou xett JicrtS;.? xal täXXa ftoa xoi- 
wu»ä, icposiptauo; S' oö, xil Ta £?aia)YJif IxaütncL jiiv Xi^ouiv, xaia npoaipEOiv S' o5. 
1H2, a, 14: «xotfenov jjiv Ei] «jbIvetok [fj Kpoaipeois], t'o 5' txoootov oJ *2v npoaipE- 
iov. Arist. unterscheidet die xpoolpins nun weiter von teiSujita, 8'jp.ös, fäoJXuois 
(was aber hier mehr den Wunsch, als den Willen bedeutet, da sich die ßouXijo-i; 
auch auf Unmögliches und auf solches soll richten können, was nicht in un- 
serer Gewalt ist), Seifet (oder genauer: einer gewissen Art von Sogst z. B. der 
richtigen Vorstellung Aber das, was recht, was zu fürchten ist u. s. w., über- 
haupt über praktische Aufgaben); ala ihr unterscheidendes Merkmal bezeich- 
net er die Ueberlegnng (o. 5. 1113, a, 2: ßovXiurbv St xa: npoostpErbv t'o aihb, 
"iijv a^iuptop-Efvov j-Br, to 7tpotupttdV tq fkp h Tijc ßouXijf 1Ep0Xp[6tV 7CpoalpEtdk 
i „Google 
454 Ariitotaloi. 
Vorratz aber ist es, von welchem die sittliche Beschaffenheit zu- 
nächst abhängt ')• So bezieht sich auch alle Ueberlegvng auf das- 
jenige, dessen Verwirklichung in unserer eigenen Hand liegt*). Die 
inneren Vorgänge freilich, durch welche die freie Willensthätigkeä 
zu Stande kommt, genauer zu bestimmen, und die im Begriff dar 
Willensfreiheit liegenden Schwierigkeiten grundlicher zu lösen, hit 
Aristoteles nicht versucht; wie denn die letzteren überhaupt erst 
von den Stoikern deutlicher wahrgenommen werden, und in ihn» 
vollen Umfang erst der neueren Wissenschaft zum Bewusstsein ge- 
kommen sind. 
Ehe wir es aber unternehmen, die Thätigkeiten, welche aus der 
freien Selbstbestimmung hervorgehen, an der Hand der aristoteli- 
schen Ethik zn untersuchen, müssen hier noch einige anthropologi- 
sche Fragen erörtert werden, welche zwar auch bisher schon be- 
rührt wurden, welche sich aber doch jetzt erst vollständig übersehen 
lassen. 
Wie Aristoteles in der Gesammtheit der lebenden Wesen eine 
stufenweise Entwicklung zu immer höherem Leben erkennt, so be- 
trachtet er auch das Seelenleben des Menschen aus demselben Ge- 
sichtspunkt. Der Mensch vereinigt ja in sieb alle Arten der Besee- 
lung: zur ernährenden Seele kommt in ihm die empfindende und 
bewegende, und zu diesen beiden die vernünftige hinzu; sein Yof- 
fenv), und deflnirt demnach das fcpoaipiTbv als ßouXt'jtbv iptxtb» tfflv i?' (jA, 
die npoaipiaij all jäouXiutuii| üps&c Tai" i?' iiplv (ebd. Z. 9 f.); It toö (JouIcjm* 
6ai y>P xpEvavttt &pvf6p*$a xatä tj)v ßaiiXwan. Dieselbe lleaeichunng wiederhol 
Eth. VI, 2. 1139, «, 28, vgl. V, 10. 1135, b, 10 (xpoiMgiuvoi (ilv [npinofuv] Sm 
jipoßouXiuai|i£Voi, ixpwifpita B) Saa öjEpoßauXiur«) wogegen der Sptfic im aogem 
Sittji, der Massen, vornunf [losen Hegierde, De «n. III, 11. 484, a, 12 vgl. Z. 51 
du ßouXiutixev abgesprochen wird. 
1) Ttü t a? npnaipflofiai Ta-ynfiä J] -a xaxsi xoioi ttttt fa|uv (a.a.O. c 4. Uli, 
■,!> 
2) BouXmo'fuBa Bi r.tp\ töw iy' 5j(aEv npaanäv, *. «. O. e. 5. 1112, a, M- 
Weiter zeigt Arial, hier (1112, b, 11 ff. "gl. VI, 10. VII, 9. 1161, a, IC), da* 
«ich die Ueberlegung nicht auf die Zwecke, sondern auf die Mittel betiob'i 
nachdem wir ans einen Zweck geastst haben, untersuchen wir, ähnlich wie bei 
der mathematischen Analyse, die geeignetsten Mittel au seiner Erreiulinng und 
fahren in dieser Zergliederung der Aufgabe so lange fort, bis wir voUatlsilig 
wiisen, waa wir an thun haben; mit dem, womit unaore Ueberlegung sohlieaK 
hat unsere ThStigkeit zu beginnen. Vgl. Tnudkuhbubo HUtoriaohe Beitrat* 
II, 881 f. 
3,g,1 EE dby G.OOgle 
Einheit du Seelenlebens. 455 
stellen geht von der sinnlichen Empfindung zur Einbildung und Er- 
innerung, weiterhin mr Reflexion und auf der höchsten Stufe zur 
reinen Vernonftanscbanung fort, sein Thun von der sinnlichen Be- 
gierde iura vernünftigen Wollen ; er ist nicht Mos der Wahrnehmung 
und Erfahrung, sondern auch der Kunst und der Wissenschaft fähig, 
er erhebt sich in seiner sittlichen Tbütigkeil aber die Begierde, wie 
in dieser über die pflanzenartigen Verrichtungen der Ernährung und 
iler Fortpflanzung. So fasst denn auch Aristoteles seihst seine ganze 
Seelenlehre in dem Satze zusammen : die Seele sei in gewissem Sinn 
■lieg Wirkliche, sofern sie Sinnliches und Geistiges verknüpfend die 
Form des Einen wie des Andern in sich trägt 1 ); was natürlich zu- 
nächst von der menschlichen Seele gelten muss. Aber wie wir bei 
Plato den Hangel gefunden haben, dass er seine drei Seelentheile 
nicht zur inneren Einheit zu verbinden weiss, ja dass er diese Auf- 
gabe sich ohne Zweifel noch gar nicht mit wissenschaftlicher Be- 
stimmtheit gestellt hat*), so ist das Gleiche auch bei Aristoteles zu 
1) S.o. 136,9. 
2) Ente Abth. S. 541. Neuestem bst mich nun zwar VoLQUiBDin (Plv 
ton') Idee des persönlichen Geistes 8. 68 f.) darüber belebet, dass meine dor- 
tigen Bemerkungen ganz verfehlt seien, aber den Beweis für seine Behaup- 
tungen hat et sich doch gar sn leieht gemacht. Statt zu zeigen, wo und wie 
Plato dargethsu hat, dai* die Dreitheilung dei Seele mit der Einheit des See- 
lenlebens vereinbar ist, versichert er einfach, der Philosoph „habe die Einheit 
du persönlichen Geigtos, die Idee der Person, gelehrt and consequeot durch- 
geführt," und statt meine bestimmten Nach Weisungen ebenso eingehend an 
widerlegen, begnügt er eich leiohtweg „anf Bsp. 436 in verneinen, wo die 
Schwierigkeit, dieEinheit hinreichend würdig au begreifen (Biopijwflna) hervor- 
gehoben, die Erörterung für einen andern Zusammenhang vorbehalten werde." 
Allein Plato kann die „Einheit des persönlichen Geistes," die er freilich nicht 
bezweifelt, recht wohl „gelehrt" haben, wenn er auch nicht gezeigt oder ge- 
fügt hat, wie sich mit dieser Einheit die Dreitheilnng der Seele vertragt, 
««lobe sr auch gelehrt hat; das« er sie andererseits „eonsequent durchgeführt" 
habe, könnte man eben nur dann sagen, wenn er nicht in dieser Dreitheilnng 
sine ihr widur« t reiten de Bestimmung aufgenommen hatte; dieeenAnstoss hatte 
daher Volquüitsbh mit geschichtlichen Nachweisen beseitigen müssen, wenn 
'eine Versicherung etwas anderes sein soll, als ein leeres Gerede. Was aber 
äie Stelle der Bepublik betrifft, so lantet sie (IT, 486, Ä) so : :ofif 8t ffin x«A*- 
"iv, il xty Büro Toiiro) ütaarov jcpirtojitv f| tpta'tv o3otv sXXo äXXcf) ■ |i»vQivo|«v 
p}v Wpie, eupoilpefta Se ctAÄijj töv iv sj^ftv, teiSujioüjiEv S' xi ipiTu mit, ... 1) SXj] 
tji 4 FU XS <sS' txwrtov npsnojuv, Brav to|HfaM|(H ■ tsIt' lorat ti ^aÄenä Slaptetta- 
hi »E'J"i Myoit. Darin steht aber doch von dem, was T. darin findet, kein 
i „Google 
vermissen. Schon das VerhSKniss der empfindenden and ernähren- 
den Seele könnte zu der Frage veranlassen, ob sich diese aas jener 
entwickle, oder ob beide gleichzeitig entstehen und gesondert neben 
einander bestehen, und wo in dem letzteren Fall der Zusammenhang 
zwischen ihnen, die Einheit des thierischen Lebens, zu soeben sei. 
Weit dringender jedoch wird dieses Bedenken hinsichtlich der Ver- 
nunft und ihres Verhältnisses zu den niederen Seelenkräften. Mögen 
wir nun den Annans; oder den Fortgang oder das Ende dieser Ver- 
bindung in's Auge fassen, überall zeigt sich ein ungelöster Dualis- 
mus, und nirgends erhalten wir eine genügende Antwort auf die 
Frage *}, wo denn nun eigentlich der Einheitspunkt des persönlichen 
Lebens, die alle Seelentheile zusammenhaltende und beherrschende 
Kraft zu suchen sei. Die Entstehung der Seele ist nach Aristoteles 
im Allgemeinen an die des Leibes gebunden, dessen Entelecbie sie 
ist: er widerspricht nicht allein der Annahme einer Präexisteuz, 
sondern er erklärt auch ausdrücklich, dass der Keim der Seele in 
männlichen Samen enthalten sei, und mit ihm vom Erzeugenden in 
das Erzeugte übergehe *)• Andererseits weiss er aber diese Erklä- 
rung auf den vernünftigen Theil der Seele nicht anzuwenden, di 
dieser eben etwas anderes ist, als die Lebenskraft des Leibes; wie- 
wohl daher auch sein Keim im Samen sich fortpflanzen soll, wird 
doch zugleich behauptet B ), er allein komme von aussen her in Am 
Menschen und sei in sein körperliches Leben nicht verwickelt 4 ], so 
Wort, sondern der einfache Sinn der Stelle ist: ob die ThHtigkeiten der Ver- 
nunft des Mutlis und der Begierde der ganzen Seele oder einzelnen Theüffl 
derselben zukommen, Bei nicht leicht zu beantworten; und diese Erfirtenmg 
wird nioht .für einen andern Zusammenhang vorbehalten," sondern im unmit- 
telbar Folgenden die Frage dahin entschieden, data die genannten Tb&tigkoiö 
nicht auf eine und dieselbe , sondern auf drei verschiedene Kräfte anrückn- 
ftthren seien. — Ton ahnlicher Gründlichkeit ist, lifill&ufig bemerkt, rast all««, 
was V. gegen meine Darstellung der platonischen Philosophie anspracbsvoll 
genug vorbringt. 
1) Welche Aristoteles allerdings Plato entgegenzuhalten nicht verstaut 
bat; s. o. 387, 4. 
?.) S. S. 8TT, 4. 374, 3. 409, 2."4"rV3. *12, 2. 439, 2. 
3) B. o. 439, 3. 3. 
4) Xrufnrrr/o; (gen. an. II, 3. 737, a, 9 s. o. 439, 3), WM hier so wenig, 
als etwa in der Darstellung der platonischen Ideenlehre (vgl. late Abth. 414, 
5), blos trennbar, sondern getrennt bedeutet, wie ja aueh vorher (736, b, 
38) dafür steht: oWlv fha otfcou tij btpfsla xqiveove* oioiAcmitj bipyaa. 
Einheil An Seelonlehoni. 457 
dass domnach von den späteren Tbeorieen nicht nur die tradnciani- 
sr.he, sondern auch die creatisnische sich in gewissem Sinn auf Ari- 
stotales berufen kann '}. Aber wie es möglich ist, dass der Nua, 
welcher mit dem Körper schlechthin nichts zu thun haben soll, und 
bei welchem sich doch auch an keine raumliche Einwohnung denken 
lässt, mittelst des Samens auf das Erzeugte übergebt, wann und wie 
sein Kenn mit demselben sich verbindet, wie endlich ans den niede- 
ren Seelentheilen und der Vernunft, trotz ihres verschiedenen Ur- 
sprungs, Ein persönliches Wesen werden kann, darüber giebt unser 
Philosoph nicht den mindesten Aufschlug«. 
Sehen wir weiter auf das Zusammensein der verschiedenen 
Seelenkräfte im Menschen, so ist schwer za begreifen, wie Ein We- 
sen aus zwei Bestandteilen zusammengesetzt sein kann, von wel- 
chen der eine leidentlichen Zustanden unterworfen, der andere des 
Leidens unfähig, jener an den Körper gebunden, dieser ohne ein 
körperliches Organ ist. Soll die Vernunft an dem Körperleben und 
der Veränderung der niederen Seelenkräfte, oder diese an der Un- 
veränderlichkeit und Leidenslosigkeit dör Vernunft theilnehmen? 
Für beide Annahmen könnte man aristotelische Aeusserungen an- 
fuhren, aber keine von beiden lässt sich mit den sonstigen Voraus- 
setzungen des Systems klar und widerspruchslos vereinigen. Einer- 
seits werden in der «leidenden Vernunft« *) die Eigenschaften der 
sterblichen Seelentheile auf die Vernunft übertragen, andererseits 
läugnet Aristoteles von der Seele überhaupt, und nicht Mos von der 
Vernunft, dass ihr Bewegung und Veränderung zukomme *), wie ja 
1) Sein CraatianiBmne weicht aller freilich von dem späteren nicht blos 
darin ab, dass er nur den vernühftigen Seelentheil von aussen her in den Men- 
schen kommen IBsst, sondern anch darin, dass dieser nicht für den Zweck, die- 
ses Individuum hervorzubringen , neu geschaffen, und nicht erst im Lauf der 
Entwicklung dem Embryo mitgetheilt, sondern gleich Anfangs im Samen fort- 
gepflanst wird. 
3) 8. o. B. 489 ff. 
3) M. 8. hierüber die Stellen, welche schon 8. 373 angefahrt worden, 
Üe an. I, 3. 4. Aristoteles eröffnet diese Erörterung gleich c. 3, Auf. mit der 
Erklärung: es sei nicht allein unrichtig, dass das Wesen der Seele von der 
Art sei, um ein eWrb xivoEv sein zu können, iXk ' i» ti tü>v £8uv 6tbiv to inäpy ;w 
airij *i'vr,o[v. Tan den Gründen, womit diess bewiesen wird, ist für nnsern Phi- 
losophen schon der erste (40fl, a, 12) völlig durchschlagend: TEsaipuy 31 mvrf- 
Tiwv oloSu, f Of S(, äXloHÜntaf, tpUoitut, aiiEiioEiü;, j) pfov -coutf«» xivott' ÖV *, xXs(- 
458 Aristo«!«». 
in Alf gemeinen das Bewegende als solches, die stoflose Vorm, n- 
bewegt sein soll *)• Allein der Begriff der leidenden Vernunft tri 
nur eise Zusamnwndringang der Widersprüche, um deren LöSEBg 
es sich eben hier handelt ■); die Bewegungslosigkeit der unter» 
Beelentheile widerstreitet insser anderen Aeusserangen ') noch den, 
was so eben über ihren Unterschied von der Vernunft bemerk! 
wurde: denn wie können dieselben des Leidens fähig sein, wem 
keine Bewegung und Veränderung in ibnen sein soll? jedes Leidet 
ist ja eine Veränderung *). Wo soll endlich in dieser Verbindung 
ungleichartiger Bestandteile der eigentliche Schwerpunkt des See- 
lenlebens, die Persönlichkeit, liegen? In der Vernnnft, scheint es, 
kann er nicht liegen, denn sie ist das Allgemeine im Menschen, ms 
dem Wechsel der persönlichen LebenssnsUnde nickt unterworfen 
ist; sie entsteht und vergeht nicht, sie ist ohne Leiden nnd Verän- 
derung, sie kann nicht irren und nicht fehlen; das Gefühl der liebe 
ku4 *, x&awf. *( il r.nüim p-i) r.xzk agu$tjfen^c , ^ilaii ä» ärcap^oi xbngotc fuVtrj' eI Ei 
t»4io xot ■eins; ■ teSatu yhp at Xi^6A<rai xtwjam iv Täiccii. i! S ' iaftv jj edota t% 
^Xl' to xtvitv icwTTjv, ou xaTi sujiji*|äi)xb; nj-iij ib xivitoOai Sjis^ei. Nachdem io- 
dann die Unmöglichkeit einer Bewegung, und namentlich einer rfiumlicheu 
Bewegung der Seele ausführlich dargethan ist, kommt Aristoteles c. 4. 403, i 
80 noch einmal anf unsere Frage zurück, und erklärt: daas die Seele aelbat 
■ich bewege sei unmöglich; nur xotti ou|i.ßißi]xb; könne sie bewegt werden 
und sich selbst bewegen, olov xiWisdai \iiv iv <S iait, toüto Sfc xivela&ai im ^ 
4»u](7Jc' äXX'u( S' od/ oliv te xivi'^SaL xaiä iräiv ain^. E» könnte «war scheinen, 
dasa sie sich bewege. <p»|iev 7 ip tj;v iJiuj^v Xunela-Oai X^P'" 6aj3|5fiv tpojsef sta, re 
81 ipri^EaSat te xat ataflivso-lki x«V Bwvoftoflsu- txüta 51 TtivT« xtv^oreif tivai BmoJ- 
oiv. Bflev o!j]0»ii] tu «v aW]V xtvelsStn- tb B' oiix iow ivafxoüov .... (UXtov yip 
InoC [it, Xs'yav t)jv <fu](j|v sXeöv ij )M»Sävtiv fj SravoäaSai, aXXi to\ ävDpwx»» nj 
^>XJ!. Xtüvt Se [ii] ü( tv fxtivj) x^( xivrj<jtu>( 0B0111, aXX' Ots (asv [iixj)i ixifinft W 
6' in' (xslv7is, oTou f, jilv aloOigsif öicb t<uv3\ (sie ist eine von den Sinnen iu 
Seele gebende Bewegung), 5) 5* äv^ijat; an' £xihn)c {jeito« h Töi( cdatqatftK 
xnnjaiif ij |K>vo4. Hit Beziehung auf die höheren Se ulnar erinögon zeigt Phn- 
VII, 8. 346, h, 24 ff., daas weder die Tugenden und Fehler noch das Denke" 
eine äXXottuetf der Seele seien, wenn sie auch durch eine iXXoi<uat? herrarft- 
hraeht werden. Vgl. S. 488, 4. 
1) Vgl. 8. 268, 3. 160, 1. 
S) 8. 0. 8. 441 f. 
3) Wie namentlich der 8. 447, 1 angeführten, nach welcher beim BegeLran 
dar begehrende Theil der Seele ungleich bewegt und bewegend, das J$o» * u 
bewegt iat, und derS. 416, 3 oiitgetbeilton Beschreibung der Sil 
4) 8. 0. 317, a ff. 
i „Google 
Einhalt des S seien leben». 459 
and des Hasses, die Hrinnerung, selbst die Verstandesthätigkait '} 
kommt nicht ihr zu, sondern nur dem Menschen, weichem sie in- 
wohnt *). In den niederen Seelenvermögen werden wir sie aber 
weh nicht suchen können, denn tbeils bestreitet Aristoteles, wie so 
eben gezeigt wurde, auch von ihnen, dass sie sich bewegen, er 
will als das eigentliche Sahjekt der Gemüthsbewegungen und selbst 
des versündigen Denkens nicht die Seele, sondern den ganzen ans 
Seele nnd Leib bestehenden Menschen betrachtet wissen; tbeils be- 
hauptet er doch wieder, das eigentliche Wesen eines Jeden sei seine 
Vernunft s ) , auf die er auch wirklich jede Art der Uebenseugung, 
nicht blos das Denken, zurückführt*), und wenn er die Seele nicht 
als Subjekt der Gemüthsbewegungen gelten lisst, so soll es doch 
der Leib gleichfalls nicht sein 5 ). Besondere Schwierigkeiten macht 
aber in dieser Beziehung die Willenslhätigkeit. Der Vernunft als 
solcher wird sie nicht angehören können, denn diese, für sich ge- 
nommen, verhält sich nur theoretisch, nicht praktisch; selbst das 
praktische Denken wird von Aristoteles einem andern Seelentheil 
zugewiesen , als das theoretische 8 }> die Bewegung und Handlung 
vollends kommt nur durch das Begehren zu Stande, welches seiner- 
1} Dia Sunoia in dem. S. 441, 4. 44S, 4 Blätterten Sinn , das diskuraire 
Denken. 
2) M. vgl. hierüber ausser dem, wm S. 438, 4. 440, 4. 441, 1. 2. und «o 
eben 457, 3 angeführt wurde, De an. 111, 10. 433, a, 26 : Vouj plv (Zw tä; ApWj, 
namentlich aber De an. I, i. 408, a, 24: xx\ tb hbeiv Sj] xx\ x'o ÖtuoEiv fiapaivttai 
iXlou tivo: sow <pO«ipo(j.s'vou , <fhi Zi SncMt eutiv (s. o. 439, 3). tb 81 SiavotbSai 
*w ipilslii J) jaisSiv oux fotw ExEi'vou jiifii] , äXXi touJTi toü ifavxoi ixilw, f t Jxflvo 
fyn. Z:o xeil totJtou pfliLpojiAou oütE [ivi^iioveiiei oüts f iXtt' oä f'P &<hov ijv, iXli 
TQÜ XOIVOÜ, 8 SJ!l5X(u).EV. 
3) Eth. N. X, 7. 1178, a, 2: 8ot>u 8' 1* mA elvai Ixaertot wSto [der votitL 
Errap tb xiJpwv xal ü|Uivov. IX, 4. 1166, a, 16. 32: tau o"L«voi]tixo3 gäpn 8*f-p 
tiirto; tTvai Boxfi ... Z&%tu 8' S* tb vooüv Exaaroj iftta 1) [iura™, c. 8. 1168, tu 
58: der Tugendhafte könnte Yoraiigsweise ipCUuto; genannt werden, sofern er 
dem wesentlichsten (xußt&rcctov) Theil Beiner sulbnt Alles inlieh thut. woitEp 31 
«i\ jrfltt tb xupidtetrov (JiÜEffT* eTvoi 8ox(t xal >täv äXXo «dnqtut, oSto> xa\ Ä6pw- 
"M( . . . xeit iTxp«tilt 81 xat äxpatJjt X^fGtai tij xparäv tbv voüv 1) iif ( , «>; totjtou 
iioTTsu oviof ial xiKpafitru SoxoGjiv aihbt xa\ ixouairaj T« (Uta X6-(°u ttiXiOt«. 
4) 8. c. 438, 1. 
6) Eth.N. X, 3. 1173, b, 10: trenn die Lust eine ävaicXifporatt wllre, wüssU 
der Leih dasjenige sein, was Lust empfindet, was doch nicht der Fall ist. 
6) Eth. N. VI, 2; s.o. 460,1. 
i „Google 
MO ArUtoteU«, 
seits von der Einbildungskraft angeregt wird '). Die Begierde hm- 
wiedenun kann wohl eine Bewegung, aber keine vernünftige Be- 
wegung hervorrufen *), wie ja sie auch den Thieren inkommt, d« 
Wille dagegen nur dem Menschen *). Der Wille mnss demnach eine 
ans Vernunft und Begierde zusammengesetzte Thättgkeit sein *> 
Aber auf welcher Seite in 'dieser Verbindung das eigentliche Wesen 
des Willens, die Kraft der freien Selbstbestimmung hegt, ist schwer 
n sagen. Einestheils wird der Vernunft die Macht zugeschrieben, 
die Begierde zu beherrschen, sie wird geradezu als bewegende 
Kraft und naher als dasjenige bezeichnet, von welchem die Willens- 
entschlusse ausgehen 5 ), die Unsittlichkeit wird als eine Verderbnis 
der Vernunft ') behandelt Anderntheils wird doch auch wieder ge- 
htugnet, dass sie für sich eine Bewegung hervorbringe, und be- 
1) M. vgl. die Hohon S. 450 f. benutzten Stellen Eth. N. VI, 2. 1189, > : 
SS: Siivoia 3' airi) oiBiv muß, «JA* f| etai vtv «st: wp«jrtixi{. Dean. III, 10. 433, 
a, 22 : S jjAv voC« ofl ipalvttat xivfflv Öveu äp^tn*. c. 9. 432, b, 26: äJAa jx^v oüäs 
TÖ Aovtarixbv xal 4 xaAoiluno; voüj tVrtv S xtväv ■ 6 [liit yäp Otiupijtix'oj oj&ev v«t 
Kpsareev, oJBt l^fei mpt «ttuxtolj xai Bhuxtoü oäfliv, Jj 8s xiv^ai; )) ^tiytnmt ti )| 
SuöxovtiJj ri eVtiv. all' oW Brav flecupjj n tomütov, tjäij xsXs&t psiiyuv JJ Euiu» 
. . . ftt xal fetTSTrovrot tou voü xat XtvatSrngt -rrje Biavotaf f tiivtiv ti )) Shuxeiv cj e- 
wTreti i)Aä xata rf|v isiflujitsv jupirrtii, oToy S ixpanj«. xat 81&>( öpüjuv Eti & efwn 
tJ|v ToTpix){V odx Iccrai, >ü( trfpou uvot xupfo'j nyTo; toB juquIv xitä ri)v sjnoti[[u|V| 
»IX ' otf xijt iitianifiiis. 
2) De an. III, 9, Schi-, nach dem eben Angefahrten: alü ji)jv o03' f] öpt- 
fc wJtt)( xupia -ctjt xivjJoKdf ol fip tpipartt( öpEfijievoi xa\ imSujioSvTfcs oil xpst- 
rouetv 5v «jrouoi tJ]* opifw, ölA' ixoXouSoOot tip v$. 
3) Vgl. 3. 460, 4. 451, 1. 453, 1. 2. 
4) S.S. 460,4. 451,1 nndEth.N.VI l 2.1139,» l 33;atboBt'meuvoBx«\Si»- 
voia; oüt* önu ^Blx^s io-Av (Jituf f) Jtpoa!p*oif . b, 4 : Bi'o 5) JpfXTixbf vo5( 4) jcpaai- 
pwn )| öpEÜii Siavo>)t(xJ) xat fj toiaiitii äpx.^1 övflpionr&j. Wenn gegen die obig» 
Darstellung bemerkt wird, der Wille gehöre der SpsEij an, und diese werde tos 
Arist als ein eigener Seelentheil betrachtet (Scbbide* Arist. de volont docti- 
12), ao kann ich dies« nicht zugeben, dennAriet. selbst bsaeichnet den Antbeil 
der Vernunft am Wollen deutlieh genug, die Vernunft aber ist von der tbieri- 
•oben Seele, der die öptfc angehört, wesentlich verschieden. 
6) M. a. ausser dem, waa 8. 451, 1. 460, 1, angefahrt wurde, Eth. N. ID, 
5. 1119, b, 6; weoSrrat yip taaffto; Cl^niv xetc npa&i, ttav eit aStov j»orf«7>| *jj> 
spjrfjv, x<b aitoü t!( ™ ^toiIujvov (die Vernunft, das später sogenannte typpw- 
■öv)' Touto yöp t'u icpoaipoii|im)v. De an. I, 5. 410, a, 12; tSJc S( ■("'X'l 5 *^"*' n 
xptlnov xtit «p^ov äBJva-rov* äSuvattänpav S' ja tou voü. 
6) Etb, BT. VII, 7. 1150, a, 1 ff. c 9. 1161, «, 17 f. 
i „Google 
Einheit d. Seelenleben; Willensthltigkeit. Ml 
haaptet, dass sie fehlerlos sei >); haben aber die Fehler ihren Sita 
nicht in ihr, so kann ancb der Wille, dem das Recht- und (Jnreeht- 
Ihnn angehört, nicht in ihr seinen Sitz haben. Wo er ihn aber dann 
haben soll, lässt sich nicht einsehen. Aristoteles wird hier offenbar 
von entgegengesetzten Rücksichten hin- und hergezogen, zwischen 
denen es ihm nicht gelingt, eine feste Stellang einzunehmen. Seine 
hohe Vorstellung von dem Geistigen in uns verbietet ihm , die Ver- 
nunft in das Körperleben zn verwickeln, Irrthum and Unsittlichkeit 
aar sie zurückzufahren , wahrend andererseits doch nnr der Ver- 
nunft die Herrschaft in der Seele übertragen werden kann. Aber 
das Eine lässt sich von dem Andern nicht trennen; indem Aristo- 
teles nur das Gute in unserem Thun von derVernnnft herleitet, alles 
Verfehlte dagegen, jede auf das Getheilte und Körperliche sich be- 
siebende Thätigkeit, allen Wechsel der Lebenszustande auf die nie- 
deren Seelenkräfte beschränkt, fällt ihm das menschliche Wesen in 
zwei Theile auseinander, zwischen denen das lebendige Band sich 
nicht zeigen will *). Aehnliebe Schwierigkeiten würden sich übri- 
1) Vgl. über das Ente 8. 460, 1, über du Andere De an. III , 10 (8. 46», 
2), und oben 8. 186, 4. F.th. N. I, 13. 1102, b, Ui to3 yaa trxp*Toii( x«\ toS 
«nparaBt t'ov Xdf ov xot tSJ( ^"X^S fo Xäyov fyov Ix<uvq'ü\uv • JpBüit vif *& ™ ™ 
fti.noTa TinaixaÄEi — so dtuB demnach beim Uu enthaltsamen der Fehler nicht 
am vernünftigen Beelentheil liegt; ebd. IS, 6. 1169, a, 17: r.w; yao voi; atptfan 
rt pÖTiorov SauTi^, i S' imtmifi 7tnBap);t1 t$ yö, wo die Tagend gleichfalls im 
Gehorsam der übrigen SeelentheÜe gegen den Nus besteht, während dieser 
immer daa Rechte wählt. 
2) Diese bliebe auch, wenn man mit Bbandis (Ol, a, 105 f. H, b, 104! f.) 
annehmen wollte, die Freiheit bestehe nach Aristoteles „in dem Vermögen des 
Geistes, ans sich und durch sich selber nach Maassgabe seiner ursprünglichen 
Anlage sich zu entwickeln." Denn welchem Theil der Seole sollte diese Ent- 
wicklung angehären? Die thfttige Vernunft kann sich überhaupt nicht ent- 
wickeln, denn sie ist unveränderlich ; die begehrende und empfindende Seele 
kann sich nicht mit Freiheit aus sich selbst entwickeln, denn sie wird von 
Anderem bestimmt, freie Thfitigkeit ist nur, wo Vernunft ist. Die leidende 
Vernunft endlich, an welche man allein noch denken könnte, ist mit der glei- 
chen Unbestimmtheit und dem gleichen Widersprach behaftet, wie der Wille: 
man kann für sie gleichfalls zwischen Sinnlichkeit und Vernunft keinen festen 
Ort finden. Aber Jene Bestimmung über die Freiheit acheint mir überhaupt 
eher Leibnita anzugehören, als Aristoteles, und der hochverdiente neueste Be- 
arbeiter der aristotelischen Lehre scheint mir diese im vorliegenden, wie in 
dem 8. 288 f. besprochenen Falle, der unseres deutschen Philosophen ro nah« 
in rücken. Der Hauptbeweis für seine Auffassung liegt in der Bemerkung: 
loogle 
ISS Aristoteles. 
geas auch in Beireff des Selbstbewussueins herausstellen , wen 
sich Aristoteles aber dasselbe etwas eingehender geäussert bitte. 
Gerade das aber, dass er diess nicht gethan hat, dass er nirgends 
die Frage aufwirft, wie wir dazu kommen, im Wechsel der Lebens- 
instände und LebensthAtigkeiten das Ich als Beharrendes festzuhal- 
ten % zeigt am Besten, wie anvollständig er sieh noch der Aufgabe 
bewnsst ist, die Einheit des persönlichen Lebens zu erklären. 
Ist nun die Vernunft von aussen her in den Menschen gekom- 
men, und ist ihre Verbindung mit den übrigen Seelenkräften and 
dem Leibe immer nur eine änsserliche geblieben , so lässt es skk 
nicht anders erwarten, als dass diese Verbindung, wie sie in der 
Zeit entstanden ist, so auch mit der Zeit sich wieder lösen werde '). 
Es gilt in dieser Beziehung von Aristoteles das Gleiche, wie von 
Plato. Aach er hat einen sterblichen und einen unsterblichen See- 
lentheil; beide haben sich beim Beginn des irdischen Lebens, ver- 
warn die Belb»tbestiminung in dem Herrschenden in ans, mithin jaleüst in 
Geist wurzln, und wenn der Geist die eigentliche Wesenheit de* Menschen Bei, 
■o dürfe man wohl folgern, dass et bestimmt sein mutate, durah freie Selbst- 
bestimmung nach dem Maasse seiner ursprünglichen Bestimmtheit als indiri- 
diteller Wesenheit sich su entwickeln. Allein der Geist oder die Vernunft 
bildet bei Aristoteles nur die eine Seite des Willens, ebenso unentbehrlich iit 
aber für diesen die Besieh ung des Geistes auf die Sinnlichkeit, der Wille in 
nicht reine Vernunft, sondern vernünftiges Begebren; wäre dem ab« siebt 
so, wSre er ausschliesslich Sache des Nu«, so konnte man nur sckliessen, dm 
er so wenig einer Entwicklung als eines Irrthums flthig seL Denn seiner aus- 
gesprochene*. Ansicht nach fallt alle Veränderung und Entwicklung auf die 
Seite der Sinnlichkeit, ja strenggenommen auf die des Leibes. Wo dann aber 
die Willensfreiheit ihren Sitz haben soll, laset sich schwer sagen. 
1) Er bemerkt wohl, dass wir uns aller unserer ThStigkeiten als soloha-, 
und ebemdamit auch unseres Seins bewnsst seien (Eth. N. IX, 9. 1070, a, 2Sj: 
£ S' bpüv Kti öpä alaflivrrat xbi £ iirjjiuv Sri ixoiiei xt& & [UStC*» Sit ßaäfl^i, «d 
iiii töv äXXuv ifioiiut feit n ib obAcnafitvojv Bti iv£pvalS|uv , &m nToflwoturi' ■> 
5ti a!aflavii[ufla tdi vaoi[uv Sri vboö(mv. ib !' tri s&rBsv£|is6a 3) voo3u*v, Eti layb' 
to f ip |J™ Jfv (üaA&taAai )| wstv}; dieses Bewusatsein denkt er sich aber na- 
mittelbar mit der betreffenden ThStigkeit gegeben (bei der Wahrnehmung hit 
«s seinen Sita im Gamelnsinn; De somno 3. löü, a, 16); wie die Identität des 
Selbstbewnsitaeins in den Teraohiedenen TfaKtigkeiten an erklären ist, weicht 
sc sogar auf verschiedene Beelentheile inrückfiihrt, hat er nicht untersucht. 
S) Die Unatetbliehkeitalehre des Aristoteles bespricht in einer eigen« 
Abhandlung gannanan in den Jahrbb. f. Philologie Bd. 81 und 81 (1880) B. >. 
8. 89— IM. 
JigilizBdby G00gle 
Unsterblichkeit. 4M 
einigt, beide werden sich am Ende desselben wieder trennen. Und 
auch in der weiteren Ausführung, dieses Gedankens halte sich Ari- 
stoteles früher ganz an Plato angeschlossen. In seinem Eudemus 
wiederhotte er die platonischen Lehren ober das vorweltliche Da- 
sein der Seele, ihre Einkerkerung in den Körper, ihre Rückkehr u 
einem höheren Dasein l ); er nahm mithin eine Fortdauer der Ein- 
1) lieber den Inhalt de« Eudemus wurde schon S. 43 f. gesprochen. In 
Bezug auf untere Frage berichtet zunächst Cic. Divin. I, 25, 53 : Aristoteles 
eretthle, dasa dem Eudemus, als er in PherS schwer krank lag, ein Trauinge- 
licht seine baldige Genesung, den nahen Tod des Tyrannen Alexander nnd 
■eine nach fünf Jahren erfolgende Rückkehr nach Hanse angekündigt habe. 
Wirklich sei er bald daranf genesen, und der Tyrann ermordet norden; nach 
Ablauf des fünften Jahrs aber sei Endemus vor Syrakus gefallen; ex quo ita 
iütvi tomnium esse interpreiatum , ul, cum onimuj Eudemi e corpore tacetaeTÜ, 
tum domum revertute videatur. Dans dioss dem „Eudemus" entnommen ist, 
welcher darin den platonischen Krilo 44, A f. nachbildet, kann wohl keinem 
Zweifel unterliegen. Aus demselben Gespräch führt Flut. cons. ad Apoll, a. 
17, & 115 eine längere fiteile an, worin u. A. : Biomo . . . xa\ jcpbf tw |uwsplouc 
**i tOS«i[iouo4 Uro.: TUJi TEiEXiuT^xdTat vojiD^ojicv, Ki'i tö fyütuiziiil ti xnt' oOtwv 
x« td ßXa?9t;iuiv oüy öarav , iü( x«T« ßtlTioviov TfroiijuBa xa\ xpsrtroWv ifir, ftr^O- 
vituv. Für diese Ueberzeugung beruft sich der Sprechende dann theils auf ihr 
au vordenk lieh es Alter und ihre weite Verbreitung, theils auf das bekannte 
Wort, welches er durch einen angeblichen Ausspruch des Silen an Midas be- 
stätigt, dasa das Beste sei, nicht geboren tu werden, das Nächstbeste, so früh, 
wie möglich, wieder zu sterben, mit dem Beisatz: SijXbv oäv ü>; oÜtrr.f xoi{ttovo( 
tq; iv t$ wÖvivoi SiaYiupj« ?1 t^j h tu Jjjv, oütwt öxtflfvorro. Mit der von Cicero 
a. s. 0. benfitzten Stelle können wir verbinden, was Seit. Math. 15, ZI bei 1 
bringt (s. o. 27!, 5), wenn es auch wahrscheinlich nicht im Endemus, sondern 
in der Schrift von der Philosophie stand; mit Plutarcb's Anführung, was D&tid 
in Categ., Schol. in Amt. 24, b, 30 aas den SisXafixä, d. h. dem Eudemus, an- 
führt: Sri J] iu^r, iOsvara; imSJ) aüzofuiol n&VT(( o! sv8ßtuicot xsl 9nASo[uv TfflK 
Wk xaToi^oiAtvoii xdi 5|avuu4V xsti ' aurSt, oiMi Sc Tiji u.i|S«|i.ij jir^ajitüf evtl tnw'v. 
Sit kote ui)Sl ajivuet mit' aütoü. Auf eine der platonischen im Phädo ähnliche 
Beweisführung für die Unsterblichkeit der Seele deutet die S. 373, 8 erwähnte 
Angabe des PniLor-osrcs und Olthpiodob. Auf die Debet des irdischen Lebens 
bezieht sich eine Aeussemng, welche Ausostii o. Julian. IV, 15 aus Cicero 
nuttheilt, und welche vermuthlich auch dem Endemns angehörte. Aristoteles 
vergleicht hier die an den Leib gefesselte Seele mit einem Menschen, der (nach 
der grausamen Art tyrrhenisoher Seeräuber) an einen Leichnam angekettet sei. 
Bndlieh erfahren wir aus Peokl. in Tim. 838, D , dass Ariel, tv toIj SulWtois 
aber die r.ifloäo; und Xijfai; trj« ^/JA> ihr Herabsteigen zur Erde und die Wahl 
der Lebenalooae, offenbar mit Plato im Wesentlichen übereinstimmend, gehan- 
delt hatte. Da nun hiernach alle Angaben darin zusammentreffen, uns im Eu- 
jignizBdby Google 
4M AristotaWa. 
zelpcrsönlichkeit und des persönlichen Selbatbewusstseins nach dm 
Tod an, wenn er auch die Frage, inwiefern dies» unter platonischen 
Voraussetzungen möglich sei *), ohne Zweifel so wenig, wie Plalo, 
naher untersuchte. Hit der selbständigen Ausbildung seines System 
nusste ihm aber an diesen Annahmen Vieles zweifelhaft werden. 
Nachdem er die Beziehung von Leib und Seele als eine wesentliche, 
die Seele als Entelecbie ihres Leibes begriffen hatte, nachdem er 
sich überzeugt hatte, dass jede Seele ihr eigentümliches Orgin 
brauche und keine ohne ein solches wirksam sein könne, musste 
ihm nicht allein die Seelen Wanderung als eine Fabel erscheinen, 
sondern auch die Vorstellungen über Präexistenz and Unsterblich- 
keit Hessen sich in der platonischen Form nicht mehr festhalten 1 ). 
So weit die Seele in ihrem Dasein und Wirken an den Körper ge- 
bunden ist, muss sie mit ihm entstehen und untergehen; nur der 
körperfreie Geist kann das leibliche Leben überdauern und ihm vor- 
angehen. Diesen haben wir aber nach Aristoteles allein in der Ver- 
nunft, und zwar in der von den niederen Seelenthätigkeiten nickt 
berührten Vernunft, dem thätigen Nus, zu suchen. Weder die em- 
pfindende noch die ernährende Seele kann ohne den Leib sein: sie 
entsieht in und mit ihm, und sie kann so wenig ohne ihn gedacht 
werden, als das Gehen ohne Füsse 3 ). Auch die leidende Vernunft 
ist vergänglich, wie alles, was dem Leiden und der Veränderung 
unterworfen ist; die tbätige allein ist ewig und anvergänglich, sie 
allein nicht blos trennbar, sondern ihrem Wesen nach schlechthin 
getrennt vom Körper *). Was ist nun aber die tbätige Vernunft, 
dcmim die platonische UnsterbKchkaitslehre mit den einzelnen mos PUto'i 
Schriften bekannten Zügen und Beweisgründen iu zeigen, muss iah es aufg* 
ben, den Standpunkt dieses Gespräche mit dem der spüteren Schriften dnrehut 
t.a vereinigen (wie dicas unsere Iste Anfl. S. 497 f. und ähnlich Bunin B. 
1179 f. Bchradkr a. t> 0. 102, Anm. 46 versucht); du Richtige scheint mit 
vielmehr, so wie unser Text andeutet, im Eudemus, und ebenso tu dem Ffig- 
ment bei Seztm, die Spuren des platonischen Einflusses su sehen, welches 
Aristoteles snr Zeit seiner Abfassung noch folgte. Auch von einem hoher* 
AhnungsveraiSgen der schlummernden Seele weiss er j» In der Folge niebn 
mehr; s. o. S. 434. 
1) Worüber Abtb. 1, 8. 543 e. vgl. 
3) VgL a 876 f. 
8) S. o. 489, 2. 874, 1. 
4) 8. o. 440, 4. 466, 4 und Motaph. XU, 8. 1070, a, 34: st » ** fo»** 
;, S ,:z K i:vC00gIe 
Unsterblichkeit. 465 
welche den Tod «Hein überdauert? Sie ist nicht das Individuelle, 
sondern nur dis Allgemeine im Menschen, alle persönlichen Lebens- 
thaligkeiten dagegen werden theils den niederen Seelenkraft en, theils 
dem Ganzen, aus Seele und Leib zusammengesetzten, zugewiesen, 
welches mit dem Tode zu sein aufhört. Denken wir uns die Ver- 
nunft vom Leibe getrennt, so ist in ihr weder Liebe noch Hass, weder 
Erinnerung noch verständiges Denken '); das Gleiche gilt selbstver- 
ständlich von allen Affekten und von den Gefühlen der Lust und 
Unlust, da diese sammt und sonders der empfindenden Seele an- 
gehören; and da auch der Wille nur durch die Verbindung der 
Vernunft mit der Begierde zu Stande kommt, wird auch er mit dem 
Untergong der niederen Seelentheile erlöschen müssen *)• Der Geist 
oder die Denkkraft soll allerdings im Tode nicht untergehen, nnd 
da diese nur an der Denkthätigkeit ihr Dasein hat, muss auch die 
letztere von demselben nicht berührt werden, wie sie ja auch unter 
der Altersschwache nicht leiden soll 3 ); aber wie wir uns diese 
Fortdauer des Denkens nach seiner Trennung vom Leibe nnd von 
den niederen. Seelenkräften denken sollen , darüber giebt uns der 
Philosoph auch nicht die geringste Auskunft. Selbst das Denken ist 
ja ohne die Phantasiebilder nicht möglich *), von denen nach dem 
Untergang der empfindenden Seele nicht mehr die Rede sein kann; 
-.: 'iiojiÄEi (ob von einer zusammengesetzten Sabstanz nach der Trennung ihrer 
Bestandtheile etwas übrig bleibt) oMJttfov- Ix' ivluv fäp oJfiiv xwXtftt, oTov e! i\ 
ij/Zi "OKiütov, (ii; jesaa iXX' b voü;' itäaav jap iäiivaiov üun. 
1) M. i. hierüber die S. 459, 2. 440, 4 angeführten Stallen De an. I, 4. 
408, a, 24 ff. III, 5. 430, a, 32. In der ersten von diesen Stellen wird ausdrück- 
lich das SiavsfloOiL, ^Aeiv, iiiosiv, |xv>]jj.ovEiiEiv dem Nus abgesprochen and nur 
dem vernunftbegabten Wesen als solchem zugeschrieben mit dem Beieata: Stb 
**'[ TBiirou f fltipouivoD oÜTt pr,]j.ovsii£i oü« ^iXei. au fip ixilvou j[v, iXkk ToO *oi- 
voB, 8 «hq'IöXiv. Bei der zweiten hat man bezweifelt, dass die Worte ou p»i- 
|ioveuojuv Sl auf das Leben nach dem Tode, und nicht vielmehr auf das ausser- 
zeitliche, dem Zeitleben vorangehende Dasein des Nus zn beziehen seien. Sie 
beziehen sich aber anf sein körperloses Leben überhaupt, und mithin sowohl 
auf jenes als auf dieses. Dasa nach dem Tode keine Erinnerung möglich ist, 
folgt schon aus der Natur dieser Thfitigkeit, welche ja der empfindenden Seele 
angehört nnd au das sinnliche Organ geknüpft ist; s. S. 421, 6. 422, 3. 467, 3. 
2) Vgl. 8. 446, 3. 4. 447, 3. 459 f. o. a. St 
3) & o. 439, 8. 
4) S. o. 445, 5. 
Phllw. d. «r. H. Bd. ». Atta. 30 
3V Google 
466 AtiatotalM. 
und wenn der Leib, weichen die Seele »IsBiaeelserie voraussetzt 1 ), 
wenn die Wahrnehmung:, die Einbildung, die Erinnerung, die Re- 
flexion, wenn die Gefühle der Lost und Unlust, die Gemäthsbewe- 
gnngen, die Begierde and der Wille, wenn das ganze aus Seele und 
Leib bestehende Wesen als dieses Ganze aufgehört bat zo sein, so 
lasst sich schlechterdings nicht abgeben, wo der Geist, dieses ein- 
zige Uebrigbleibende, noch seinen Ort haben, wie hier noch von 
einem persönlichen Leben die Rede sein könnte. Ja auch Aristote- 
les selbst scheint ein solches nicht anzunehmen, wenn er die Vor- 
stellung, als ob die Gestorbenen glücklich sein könnten, ausdrück- 
lich abwehrt, und ihren Zustand mit dem der Empfindungslosigkeit 
vergleicht *). Dass er eine persönliche und individuelle Fortdauer 
1) Vgl. S. 258, 4. 
2) Auf Eth. N. IH, 4. 1111, b, 22 (BoijXjjois S' irA töv öSuvitwv, otov «9a- 
vaoi'oc) kann man sieb hiefür allerdings nicht berufen , denn unter der jBoyaai 
haben wir hier nicht die Unsterblichkeit nach dem Tode, sondern die Freiheit 
vom Tods, das Nichtsterben an verstehen. Ebenso handelt ea sich ebd. c. 11. 
1115, a, 26 nur um die gewöhnliche Meinung. Dagegen ist Eth. N. T, 11 für 
unsere Frage von Bedeutung. Arist. fragt hier, ob ein Gestorbener glücklich 
sein künno, und antwortet darauf (1100, a, 13): J| Toüro" -rc navTslüs öromv 
äW,w( T« xs\ mit J.£fouoLv faft iWpfciiv Tive ri)v eüBsi|»ovisv; tt Sl (ii) Uf^uv tot 
Ti&vtSrs [JSa([iov> (afii S6Xiuv würo (toiili-rai u. B. w. worin doob unstreitig liegt, 
daas die Gestorbenen keiner Thatigkeit fähig seien. In der Folge wandet er 
dann allerdings ein : SoxtT fhp thxL v töj tiBveStl xnt xojtbv xsl ctysflov , ilxtp x« 
•£> £üvTt |iij oW1bvo|i&h) Sa", und S. 1101, b, 1 sagt er: &«« f ip ix toiItuv, tl a\ 
SiIxveTtsl 7:00; iiHou; StioDv, fix' äf aSbv eTte ToÖvsvtlov, s^aupäv n xa't u.ixpbv J) äc- 
XSn % Jxtlvws eTvsi, e! Sc pi), toooÜtoV fi xal toioOtov wen [ii] noufiv stJSa£|Miva4 ioü< 
|ij) övts; (die, welche es nicht sind) [iijEl Toii( ovtoc s^ sipsirfai to fiaxopiav. In- 
dessen kann seine Meinung hiebei nicht die sein, daas die Gestorbenen ein Ge- 
fühl der Seligkeit oder Unseligkeit haben, welches durch das Wohlergehen 
oder Unglück Ihrer Nachkommen (denn davon ist die Bede) vermehrt werde; 
— diesa wird ja auch hier ausdrücklich ausgeschlossen, und mit der sonstigen 
Lehre des Philosophen wäre es unvereinbar} — sondern es handelt sich um 
die ästhetische Würdigung des menschlichen Lebens, um die Frage, inwiefern 
daa Bild der Glückseligkeit, welches das Leben eines Menschen darbietet, 
durch den Schatten oder das Licht verändert wird, welches von den Schick- 
salen seiner Nachkommen aus darauffallt, Ähnlich wie (1100, a, 20) von der 
Ehre oder Besahimpfung ans, die ihm selbst nach seinem Tode widerfahrt. 
Wie wenig Aristoteles an ein wirkliebes persönliches Fortleben nach dem Tode 
gedacht hat, sieht man auch aus Eth. N. IX, 8. 1169, a, 18. Der Tugendhafte, 
sagt er hier, werde für Freunde und Vaterland Vielea thnn, ab BA) fonpajtoM- 
oxuv . . . dXvfov t*P W*"« fjoöijii«! n?oBpa jiäUov Hort' *v 3) noXby ^pA/s, aal 
sy Google 
ünnterlilieliltoit. 467 
gelehrt habe 1 ), 'Ssst sich unter diesen Umständen nicht sagen; ge- 
lehrt hat er vielmehr nur die Fortdauer des denkenden Geistes, alle 
Bedingungen des persönlichen Daseins dagegen hat er ihm hiebet 
entzogen, und inwiefern dieser Geist noch als der eines einzelnen 
Menschen betrachtet werden kann, was die körperfreie Vernunft 
allerdings trotz ihrer Ewigkeit und Leidenslosigkeit doch wieder 
sein soll s ), darüber hat er sich nicht ausgesprochen, ja er hat die 
Frage, allem Anschein nach, gar nicht aufgeworfen. Es wiederholt 
sich auch hier jener Mangel, welcher sich von der piaionischen 
Schale her durch die ganze Anthropologie des Aristoteles hindurch- 
zieht. So wenig uns seine Metaphysik einen klaren und wider- 
spruchslosen Aufschluss ober die Individualität gab, ebensowenig 
giebt uns seine Psychologie einen solchen Aber die Persönlichkeit. 
Wie es dort unentschieden blieb, ob der Grund des Einzeldaseins in 
der Form oder im Stoff liege, so bleibt es hier im Dunkeln , ob die 
Persönlichkeit in den höheren oder den niederen Seelenkräften, in 
dem unsterblichen oder dem sterblichen Theil nuserer Natur liegt; 
und das Richtige ist nur, dass uns bei jeder von beiden Annahmen 
Schwierigkeiten in den Weg treten, zu deren Beseitigung der Phi- 
losoph nichts gethan, und die er daher ohne Zweifel gar nicht be- 
merkt hat. Die Vernunft als solche Cder voO; itonrnxäO) scheint es, 
kann nicht der Sitz der Persönlichkeit sein , denn sie ist das Ewige 
Allgemeine und Unveränderliche im Menschen; sie wird von dem 
Wechsel des Zeitlebens, von Tod und Geburt nicht berührt; sie lebt 
unwandelbar in sich selbst, ohne äussere Eindrücke zu empfangen 
oder in ihrer Thätigkeit aus sich herauszutreten. Auf die Seite der 
Sinnlichkeit fällt dagegen alle Mannigfaltigkeit und alle Bewegung, 
alle Wechselwirkung zwischen der Welt und dem Menschen, alle 
Jiiüjitu xa\n>i hudrAv 1) niXK' rrij nr/dvtwc, xai fifav npäEiv xaMiv xat [le^iluv 1) 
*M&t xal pixpit. tdif 8* SnEpalcoflvjJuxauui ■&&■? Taue; aujijtafci- atpoüvrai f&p 
;j£fi xcAhv iauToTf . Platü hatte es in diesem Fall sicherlich nicht unterlassen, 
□eben dem unmittelbaren Werth der echfinen Handlung auch auf die jenseitige 
Vergeltung zti verweisen; bei Aristoteles findet sich von dieser nirgends eine 
Spar. Das Gleiche gilt von Eth. III, IS. 1117, b, 10: Sau äv (töXXov tty äpit?|v 
Ejyi itSostv xal tdSaiiioWimpo; ^ , jj.SXJ.ov Ik\ x& Occv&tiii XumjfhrjoETai * ™ Totodttp 
f is [AiXiar« £jjv a£tov, xal oSto; [uyltrtdiv ö^aflüiv iazaatipfacti e?8(o(. 
1) StBHADEB a. a. 0. 101 f. 
3) 8. o. 441, 1\. 
30* 
JigilizBdby GoOgle 
468 ArUtotelai. 
Veränderung und Entwicklung, mit Einem Wort alle Lebendigkeit 
und Bestimmtheit des persönlichen Daseins. Und doch kann die Per- 
sönlichkeit eines vernünftigen Wesens und seine freie Selbstbestim- 
mung nicht in seiner sinnlichen Natur liegen. Wo sie aber dann 
liege, darnach fragen wir vergebens: wie die Vernunft von aussen 
her zu der sinnlichen Seele hinzutritt und beim Tode sich wieder 
von ihr abtrennt, so fehlt es beiden auch nährend des Lebeos an 
der inneren Einheit, und was der Philosoph über die leidende Ver- 
nunft und den Willen sagt, ist in seiner unsicheren Haltung nicht 
geeignet, zwischen den ungleichartigen Theilen des menschlichen 
Wesens die wissenschaftliche Vermittlung zu bilden. 
11. Die praktische Philosophie. A. Die Ethik. 
Wenn die bisher besprochenen Untersuchungen in der Er- 
kenntniss des Wirklichen als solcher ihr Ziel fanden, so ist es bei 
anderen in letzter Beziehung auf eine Thätigkeit abgesehen, welcher 
das Wissen als Hülfsmittel dienen soll; und diese Thätigkeit besteht 
entweder in einem Hervorbringen oder in einem Handeln *). Die 
wissenschaftlichen Untersuchungen der letzteren Art fasst Aristo- 
teles unter dem Namen der Politik zusammen *), unterscheidet je- 
doch zugleich die eigentliche Staatslehre von der Ethik s ), welche 
1) 8. o. S. 123, 4 and über das Verfahren dieser Wissenschaft 113, ä. 
Dass es sich aber auch bei ihr keineswegs blos uro den praktischen Nutten 
handelt, erhellt u. A. ans Polit. 111, 8, Auf.: Sit hl [itxpw Bti fiaxpotfpuv dxte 
tt( Ixauti] -roJtüiv tüv noJ,[tE[üJv forte xcü -jap fyet was inoptss, iß St xtpl (airoii 
[iiBoBov <f ilouefoüvri xal |iJ| jtövav (bioßXmovn 7cp'o4 tb irp&rmv olxeKv tau tb («*, 
jrapopäv |ii;Ss ii xstetlEiSEtv, äXlä StjXoÜv ttJv mp\ sxagrov ikrfltutv. Ist es also 
auch der praktischen Philosophie als praktischer um 's Handeln in thun, so bat 
sie doch zugleich als Philosophie das rein wissenschaftliche Interesse des Er- 
kennena, 
2) S. o. 8. 127. Auch Jj ictp\ täv8p<kswa entaratpfei (Etb. N. X, 10. 118), 
b, 15) wird die praktische Philosophie genannt. 
3) Wenn aber das Verhttltniss dieser beiden S. 127, in Uebereinstiinmntig 
■ mit der gewöhnlichen Annahme , gesagt wurde , die Ethik handle von der sitt- 
lichen Thätigkeit des Einzelnen, die Politik vom Staat, so kann ich diese auch 
nach dem, was Nickeb De polit Ariet. libr. B. 5 f. nnd Bkikdis 8. 1335 be- 
merken, nicht für unrichtig halten. ArisL unterscheidet allerdings Etb. X, 10 
die zwei Theile der „Politik" so, dasa der zweite die Mittel anzugeben habe, 
durch welche das in dem ersten gewonnene Wissen von der Tugend in's Leben 
eingeführt werde, und er begründet die Notwendigkeit dieser weiteren Untat 
Google 
Ethik. 469 
jener naturgemäss vorangebt. Indem wir uns der letzteren zuwen- 
den, fragen wir zuerst, wie das Ziel aller menschlichen Thätigkeil 
von Aristoteles bestimmt wird; wir lassen uns sodann die Natur 
der sittlichen Thätigkeil von ihm darstellen und die einzelnen Tu- 
genden vorführen; um hieran endlich mit dem Philosophen die Un- 
tersuchung über die Freundschaft anzureihen, welche das Zwischen- 
glied zwischen der Ethik und der Politik bildet M ). 
Buchung damit, dass die Reden (oder das Wissen, Id-poi) allein nicht ausreichen, 
um die Menschen tugendhaft zu machen ; so dass sich demnach die Ethik and 
die Politik wie der reine und der angewandte Theil einer und derselben Wis- 
senschaft vorhalten sollen. Sofern aber jene Mittel naoh Arist. eben nur Im 
Gemeinleben in finden sind, während in der Darstellung der sittlichen Thtltig- 
keiten als solcher, wie sie die Ethik gieht, auf dieses noch nicht naher einge- 
gangen wurde, entspricht die obige Bestimmung doch dem sachlichen Verhält- 
nis! der beiden Werke, nnd auoh Aristoteles unterscheidet Eth. VI, 8. 1141, b, 
28 zwischen zweierlei praktischem Wissen, dem auf den Einzelnem und dem 
snf das Gemeinwesen bezüglichen, fori Ei, sagt er, xa\ $ xoX-.v.xij xdi f] fpjvigmi 
>] aj-rf) [jiv ££ic, tö uArtoi iHrat od touJtöv aiiat}, nnd nachdem er die Theile der 
Politik (tjj( iwpt itiliv, sc. sm jnjjii;?) unterschieden hat , fuhrt er fort: Sovel i\ 
xcu fpivijoij (lälior' eTvai f\ nspt aitbv x«\ Iva. Die yp^ynaij ist aber das aufs 
ethische Verhalten bezügliche Wissen, die Ethik nichts anderes, als die Dar- 
stellung der Grundsätze, welche die fpitr^i^ feststellt, wesshalb sie Endemns 
is. 8. 126, 6) geradezu mit diesem Namen bezeichnet. — Dass die sog. grosse 
Ethik die Politik der Ethik unterordne (Baiaoia a. a. O.), ist nicht richtig: sie 
bezeichnet die letztere gleich an ihrem Anfang als ein uipoj Tijt reoliiixifc mit 
dem Beisatz, das Ganze werde mit Recht nicht Ethik, sondern Politik genannt 
— Wenn Nickes a. a. O. in der Ethik nur eine Untersuchung über das höchste 
Out sehen will, so ist diese Bestimmung, wofern bei derselben nur an die Ans- 
mittlung nnd Aufzahlung der Bestandteile des höchsten Guts gedacht wird, 
in eng: die Ethik selbst fasst ihren Inhalt X, 10, Anf. unter den Tier Titeln: 
Tom höchsten Gut, den Tagenden, der Freundschaft und der Lust, zusammen, 
nnd so »igt ja auch der Augenschein, dass sie nicht bfos eine Beschreibung 
des höchsten Guts, sondern eine Darstellung der gesammten sittlichen Thätig- 
keil ist; sollen wir andererseits in die Erörterung über das höchste Gut die 
Einzeluntersuchung über alle Bedingungen nnd Bestandteile desselben mit 
aufnehmen, so wäre jene Bestimung zu weit: gerade sein wichtigster Bestand- 
teil, die theoretische ThKtigkeit, wird in der Ethik nicht eingehender be- 
sprochen. 
1) Deber die dreifache Bearbeitung der aristotelischen Ethik wurde schon 
B. 73 gesprochen, loh halte mich im Folgenden an die allein Höhte nikoma- 
chisohe Ethik (die auch immer gemeint ist, wo die „Ethik" ohne weiteren Bei- 
utz angefahrt wird), Indem ich die Parallelsten cc aus den beiden andern nur 
i „Google 
470 Aristoteles. 
1. Das Ziel aller menschlichen Tfaätigkeit ist du 
Gute, und näher dasjenige Gute, was sich durch diese Thüttgkeit 
gewinnen lässt; denn nur mit ihm hat es die Ethik zu thun, die Idee 
des Guten dagegen, in dieser Allgemeinheit, geht sie nichts an "). 
Ihr letzter Zweck aber wird nur in dem höchsten Gut, d. h. in den 
liegen können, was nicht um eines Anderen sondern schlechthin um 
seiner selbst willen angestrebt wird, und für sich allein genügt, m 
dem Leben den höchsten Werth zu verleihen *). Dass nun dieses 
da angebe, wo sie eine beraerkenswerthe Erläuterung oder Abweichung tnt- 
1) H. vgl. hierüber Teicuhüllkb, die Einheit d. arist. Eudlmonie (Bulle- 
tin de la Classe d. sei. hiet. philo!, et polit. de l'AcadeWe de 8t. Petersboaiji 
T. XVI, N. 20 ff. 8. 305 ff.), weichet den Unterschied zwischen den Bestmd- 
Üteilen nnd den Süsseren Bedingungen der Glückseligkeit mit Recht herroi- 
hebt, seinen Vorgängern aber freilich mit allzu polemischem Eifer, in huh 
nicht selten kleinlichen und unbilligen Weise entgegentritt. 
3) Eth. I, 1, Anf.: Uäoa ttfvr, x«l näaa piBoBof, öiAuiiut & r.pä£k ti iri x» 
«Jptait, äyaSaÜ Tivb; tsitrrflai Soxcl' Sib xaX«J; ajCEij>|vaYTO Ti-faBbv, oG xicn'tytaA 
Bohon hier (1094, a, 18) u. c 2. 1095, a, 16 wird aber dieaes Gute als jcpmm, 
icpmibv if ctObv bezeichnet. Ausführlicher kommt dann Arist. c. 4 anf die pii- 
tonische Idee des Guten (i. lete Abth. 446 ff.) zu sprechen; nnd nachdem er 
ihr mehrere andere Einwürfe entgegengehalten hat (s. o. S. 319), sagt er 1096, 
b, 50: diese Erörterung goliüre aber eigentlich einer anderen Wiasenachift u! 
ei fin xal forev Iv TL to xotvjj xsTq^opoijiuvo* a-raObv t t )(topiOTOY ti aitb xaft* nfof, 
SijXov ni; oüx äv iTi] jrpoxTbv oiJBt x-nfcbv ävSpüiuui' vuv StToio&rovTiIJiiTfiTai. And 
du sei nicht richtig, dass die Idee des Guten wenigstens als Urbild den leiter- 
den Gesichtspunkt für die xTtp» *at jrpoxTel rÜJv jfaQüv an die Hand gebe. Dt- 
bei u, A.: «copov Ei xat tt üsfeiijfliJaeTai 5^4vtt)s J) rixtwv icpbf tj]v auTOÜ irjrm» 
ißt»; oüib TSfaSbv n. s. w., als ob die Philosophie des Sittlichen dem Bandit tit 
su dienen bestimmt wäre — was sie freilich auch bei Aristoteles (wie n 
TbichmI'llek'b Bernhigung, a. a. O. 315 f., biemit ausdrücklich bemerkt sei 
nicht ist, was sie aber eben sein müsate, wenn er das Recht haben sollte, Plst" 
einen Einwurf entgegenzuhalten , den man ebensogut gegen seine eigene 
Bestimmungen kehren konnte, denn für sein Handwerk wird der Weber otla 
der Zimmermann auch ans den aristotelischen Untersuchungen über die G16« 
eeligkeit wohl keine grossen V ortheile ziehen können. 
8) Eth. I, 1. 1094, », 18: El Stj Te -nfto; ierci Ttuv r.paxiSv o Bt* «Srb ßoolo- 
[u8a, -calXa Si 8ia touto, xal [i.)] icivta Si ' srEpov alpotSeuBa (jcpieun fiep oGtw f " 
enctipov , ujor' eTyou xtvi|V xal |iaTiiav tij » 5pi£w) EijXov <ü; toÖt' äv thj löraSin (4" 
Gute schlechthin) xa'i Tb äpiorov. c. 6: für jede Thätigkoit ist d»H Gate dis, » 
jripw t« Xnati irpämrae, das täo{. fior' »I ti täv npaatöv iuivTwi iorl rÖ«. 
Totti' 5* tb) tb itpoxibv «VfaBbv, et Si jtAtlai, -raüta . . . ib 8* äpwrov t&»i#i ti p"*- 
tw . . . TeXiiittpov Si Xt^o(uv td xafl' ouVtb äiiuxxdv toS St' trspov xat to pz&ntt 
Glückseligkeit: geistige Güter. 471 
die Glückseligkeit ist, steht ausser Zweifel '); worin sie aber be- 
stehe, ist streitig'): die Einen geben dem Genuas, Andere der prak- 
tischen Thätigkeit, eine dritte Klasse giebt dem wissenschaftlichen 
Leben den Vorzog: •). Die erste von diesen Ansichten scheint nun 
unserem Philosophen kaum eine Widerlegung zu verdienen; denn 
6T üUo alpunv tüv xotk xbö' oo-ti ta'r &iä toüfl' sttpeiüv, x«I mclä« SJ) tAiiov t'o 
*«V i&t'o «Ipcr'ov äei xa\ fiT|Ec^OTe fit' äXio. Und nachher: To ^ap tAeiov oyiSöv 
sürjpiEs slvai 3qk£( . . . tb B' aStap«; Tiflf[«v & |iovoüjievov alpetbv jtoiei tbv ß-civ 
»Ä M «evb! ?vSe5. (Aebnlicb Plato Phileb. 22, 13.) X, 6. 1176, b, 3. 30. Vgl, 
I, 13. wo ausgeführt wird, d*A die Glückseligkeit, eben als ein Vollkommene*, 
nicht einjjtuvfcbv, sondern ein tIuiov, ein xpittro« -rilv Eitaiverniv »ei. 
1) Arist. »etat diese Eth. I, 2. 1096, a, 17. Kbet I, &,Ai.f. als allgemein an- 
erkannt voraus; eingebender zeigt er es Etb. I, 5. 1097, a, 34 ff. nach den vor. 
kam, angegebenen Gesichtsp unkten. Am Schluss der letzteren Stelle machen 
aber die Worte 1097, b, 17 ff. <n»iiip[6u.ou]jiv>]v St — aipEtuiTEpov äii Schwierig- 
keit. Der zunächst liegende Sinn derselben, daas die Gl Qck Seligkeit durch 
jedes !.a ihr hinzukommende, wenn aaeb das kleinste Gut, anwachse und an 
Wertb gewinne (so Bramijib 8. 1344), giebt einen allzu schiefen Gedanken; 
denn wie konnte (fragt Teichmüli-bb a. a. 0. S. 312 mit Recht) das Vollendete 
Doch anwachsen, die Glückseligkeit, welche alle Güter in sich schliesst, durch 
weitere Zusätze vermehrt werden? Teichml'ufh will desshalb den Satz apa- 
gogiieh fassen : die Glflekaeligkeit ist das Begehren swertbe st e, wenn sie nicht 
rammirtwird; inmmirt aber (d.h. als Summe betrachtet) würde sie begehrens- 
wertber sein mit dem kleinsten der Güter dazu; also darf sie nicht als eine 
Summe von einzelnen Gütern betrachtet werden. Allein 3uvapi8[iouuivj)v kann 
Hiebt bedeuten: als Summe betrachtet, wie ja auch das u.)j auvapi6u.ou|jivi|V of- 
fenbar das Gleiche ausdrücken will, wie das vorangehende [aoyoiJusvov, und im 
Zusammenhang der Stelle handelt es sieh nicht darum, ob die Glückseligkeit' 
•he Summe »on Gütern, sondern ob sie das WünschonawertheBte ist, oder 
nicht, Mir ist das Wahrscheinlichste, dass die Worte: tnjvapiBp.ou[iEvr|V — al- 
fw&t, ÖC ein spaterer Zusatz sind. Die vorangebenden: «t BS u. e. w. sind in 
dtaemFall einfach zu erklären: sie ist wünaehenawerther als Alles, sofern 
,le selbst unter diesem „Allen' nicht mitgezählt wird, sie ist wüns ebene wertb er 
* allee Andere auser ihr selbst 
2) Hierüber Eth. I, 2. 1095, a, 20 ff. c. 9, Anf. Hbet a. a. 0. 1360, b, 14 
"■> "o dieDinge, welche man gewöhnlich zur Glück Seligkeit rechnet, zunächst 
«kdea Gebranch des Redners, ausführlich aufgezählt und besprochen werden. 
3} Alle Ansichten über die Glückseligkeit, hatte Arist. sohon Etb. I, 2. 
] "95, s, ag gesagt, wolle er nicht untersuchen, sondern nur die verbreitetsten 
■M scheinbarsten. Als solche nennt er nun diese drei, c. 3, Anf. : rt fäp iyo- 
' fc, *« tJjv iSSauioviav oäx 0X6704 ioiwetv ix t£» ßfaov Snolaitßtbiiv ot ftav noXXoi 
** pOrWrtiTOi rijy JjBoirtiv , 3iö xal ßlov ifar.ioin tbv iKolauanniv. Tptft vip sfet 
n»»W ol icpag)ravTE{, S w vüv t(p)]uivot Kttl ö SOXlTlXOC m1 Tp(i&4 ö Baü)pl]T»i(. 
i „Google 
472 Aristoteles. 
so weiflg er längnen will, dess die Lust ein Gut sei, so verächtlich 
erscheint ihm doch ein Leben, welches nur dem Genosse gewidmet 
wäre; das höchste Gut kann die Lust, wie er bemerkt, schon dess- 
halb nicht sein, weil sie für sich allein nicht genügt, weil nicht jede 
Lust begehrenswert ist, weil Vieles ganz abgesehen von der Lust, 
welche daraus hervorgeht, seinen selbständigen Werth hat, weil 
Genuas und Unterhaltung eine blosse Erholung, Mos am der Thätig- 
keit willen da sind, weil der sinnlichen Genüsse auch der Schlech- 
teste fähig ist, dem wir keine Glückseligkeit zuschreiben können, 
ein wirkliches Gut dagegen nur das ist,- was der Tugendhafte als 
solches anerkennt '). Ebensowenig wird die Ehre oder der Reich- 
thum für das höchste Gut gelten können: jene haftet nieht sowohl 
an denen, welchen sie erwiesen wird, als an denen, die sie erwei- 
sen, und ihr Werth liegt wesentlich darin, dass sie das Bewusstsein 
der Trefflichkeit giebt, welche demnach mehr, als die Ehre selbst, 
werth ist *); der Reichthnm ohnedem wird nicht Dm seiner selbst 
willen begehrt, so dass ihm mithin schon das erste Merkmal eines 
Guts im höheren Sinn fehlt 8 ). Die Glückseligkeit des Menschen 
wird vielmehr nur in seiner Thätigkeit *), und näher in derjenigen 
Thätigkeit bestehen können, welche ihm als Menschen eigentüm- 
lich ist 6 ]. Was für eine Thätigkeit aber ist diess? Nicht die all- 
1) Etil. I, 9. 1095, b, 19. X, 2. 1172, b, SS. 1173, b, 28 bis mm Sohlou 
des Kap. o. S. 1176, b, 12—1177, a, 9. 
3) Eth. I, 3. 1095, b, 22 ff. 
3) A. a. O. 1096, a, 5. 
4) Aristoteles kommt wiederholt darauf zu sprechen, daaa die Glfloksalig- 
"keit nicht in dem blossen Besitz gewisser Vorzüge, einer blossen ££<c (über 
diesen Begriff s. m. S. 194, 1) oder xttjoh, sondern in einer wirklichen Thätig- 
keit bestehe. So schon Eth. I, 3. 1095, b, 31. c. 6. 1098, a, 3; bestimmter o. 
9. 1098, b, 31 : Sutfipei 81 Iotu; oi u.ixpbv fv xtijtiEt !) xpifra ™ «pwrov äjroio[ifli- 
«tv ntü h E£ei 3) iviffslx. -rijv piv -jap E?tv 2v5«xetbi pxfikv äyaih* nsoTsXtlv 5icip- 
ymiam, ahn tö xnflEiJBovti 5) xal SXijoi km; fölp^ipcert, t^v 8' ivipytiav o0)[ otov »■ 
itpiEsi f ap 1$ äviyxiqe xal e! npö&i. Wie es in Olympia nicht genügt, stark und 
schon zu sein, um den Sigeskranz zu erhalten, sondern man musa darum ktm- 
pfen, so erlangt man auch im Leben das Gute und Schöne nur durch die Thst 
Mit Beziehung anf diese Stellen X, 6. 1176, a, 33: Etrcopv 6' Sn oix ämv l& 
(Jj eCB«i(j.ov(o] ■ xdt Y^p Wü kkÖeJBovti 8ia ßiou änip^oi Sv . . . xsit riji Sucnnoüvn « 
uiftsra . . . ÖXU ui&Xov sl-, eV ?T a«v w* Gttcov. IX, 9. 1169, b, 29: tj cilB«|t»i> 
hipfai t(( eoxiv, jj B' ivipftix BjjXov fki ^iwr«! xa'i oii^ äiipX« &JKtp xriju* n. 
5) Eth. I, 6. 1097, b, 24: worin die Glückseligkeit bestehe, werden wir 
JigilizBdby G0Ögle 
Glfinkfoligkeit: geUtige Güter. 473 
gemeine Lebensthätigkeit, welche selbst den Pflanzen, nicht die 
sinnliche Thatigkeit, welche auch den Thieren zukommt, sondern 
allein die Thätigkeil der Vernunff 0- Die Vernunftthäligkeil aber, 
sofern sie richtig vollzogen wird, nennen wir Tugend. In der tu- 
gendhaften Thätigkeil besteht demnach die eigenthümliehe Glückse- 
ligkeit des Menschen, oder sofern es mehrere solche Thätigkeiten 
gicbt, besteht sie in der höchsten und in sich vollendetsten dersel- 
ben'). Diess ist aber die theoretische oder die reine Denkthatigkeit. 
Dean sie gehört dem edelsten Geistes vermögen an und richtet sich 
auf das Höchste; sie ist den geringsten Unterbrechungen ausgesetzt 
and gewährt den höchsten Genass; sie ist am Wenigsten abhängig 
um fremder Unterstützung nnd äusseren Hilfsmitteln ; sie hat ihren 
Gegenstand und ihren Zweck in sich selbst nnd wird rein um ihrer 
selbst willen geschätzt; in ihr kommt der Mensch zur Kühe, wäh- 
rend er in der kriegerischen wie in der politischen Thatigkeit, und 
im praktischen Leben überhaupt, rastlos Zielen nachjagt, die ausser 
seiner Thatigkeit selbst liegen. Die Vernunft ist das Göttliche in 
ans, sie ist das wahre Wesen des Menschen: die reine Vernunftthä- 
iigkeit allein kann seiner Natur vollkommen entsprechen, sie allein 
ihm unbedingte Befriedigung gewähren nnd sein Dasein über die 
erfahren, sl Xnf Ulli] xi Ep yov toD ivßpiÜTtou. i&afiEp -f äp «äl»]Tij . . . xal iravtt Tiy vivr,, 
*eü ihoi uv ia&v fpfov ti xo"l spä^t, et "ö tyw $°*& TaYiflbv eitai xol tu tu, oCtui 
äö?;iev üv xsl ayOpÜTtui, slmp fori Tt Ep-fuv auroij. 
1) A. n. O. Z. 33 ff. 
2) Etil. I, 6. 1098, a, 7: ti 6' iirtv ff/rov ävBpiÜTrau \uy_%i wiffuz xa™/iyov 
i jij) Jveu Xif ou, tb 5" aiTÄ <pa|uv tpfov ilVat tu -^vel toü8e xal toÜSe mtouBalou . . . 
itp04;i8E|XEVij( Tij; x«t' äpsri)v iicEpo/ijs Ttpbf td sp-rov xtfiapiarou (jlv y*P tö xioapi- 
sHY, O7!Qu6«(0U St TO l3 ■ l! S' oBt(ü( , av9p(&7COU Ei Tl6tp.eV Epf OV ^IilTJY TIVB , TOiJtIJV 
ä 4"Z^l ^pfsittv xal npifiis (ietb Xä-fou, «CouSafau £' ivSpb; e3 tsüto xa'r xaXtbc, 
'xMToy 8' i3 xaxi t))v a!xtiav äpETrjV äcoTsXetTai' e! E' qütiu Tb avBpt&mvov «faflov 
t »Xifc EVp-f tia f ivtTai xnx' apETv; v. cf 8e tiXslqj j i( ÄpETal xaTa ri|v apfcrnjv xai TtXliQ- 
Tin,v. X, 6. 1176, b, 2: die ThMigkeiten sind theili um eines Andern thoils 
um ihrer selbst willen von Werth; Letiterea in dem Fall, wenn nichts weiter, 
ausser der Thatigkeit selbst, von ihnen erwartet wird. Nur eine Thatigkeit 
dieser letzteren Art kann (s. o.) die Glückseligkeit sein. ToiaQra S' Am EoxoOoiv 
*i xn;' ipE-rijv Äpi^Ei«. Ta fap xotXa xsl mcooBala juparrsiv tüSv SV oiri alprrSv fic. 
intit], xai tüv KnrSiiv 8i al jj&tai. In diesen jedoch kun die Glücks el ig koit 
nicht bestehen (s.o. 472, 1); sie besteht vielmehr (1177, s, 9) sv toTj x«t' äpi- 
ti)v £VEf-fE(ai4, sie ist (1, 10. 1099, b, 26) tyoy$i ivipytm x«t' äpetä)v sola ti{, oder 
genauer (1, 13, Auf.): ^u/ijs ^Wp-fltA ti{ Hat' äptrj)V TtXiiav. 
i „Google 
474 ArUtotele«. 
Grenzen der Menschheit zur Göttlichkeit erheben •). 
steht die sittliche Thätigkeit, welche daher den zweiten wesentlichen 
Bestandtheü der Glückseligkeit ausmacht; sofern aber im Denken 
du Göttliche in Menschen sich bethtttigt, kann es anch als ein fiber- 
1) F.tb. X, 7, Auf. : et 5' faAv i] tiifaqiovfa aar* 4prri)v bip-pm , tSXofov mtä 
TJ)v apatwrrjv- aüti] !' av eb) tou ipfowti. itn W) voüj touto cht alle Tt, . . . ihi 
BeTov 5v xal «Sto eTte tüv iv 5j|iiv to OtiorBTOv, fj toiitou tV-pytia xara; Txjv otxiiav 
dpET^v eir, 3v f| tiXeIh EÜSauj.ov(a. Exi B' eWi ÖEtupijTixij dpijTai. Nachdem diess so- 
dann in der oben Angegebenen Weise ausgeführt igt, führt A. 1177, b, 16 fort: 
£? Bf) Tuv |j.ev xat« Tä( aettä; Rpa^Eiov a! kuXituöI xst itoXEiiixal xiXlei xatt [ieveBe: 
repot^ouaiv , «3t»i S' bo^oXoi xat rAouf Tivbe («(sytai x«t od St' aStst otpercC e(uiv. 
il St toü voü tvspfi" oxouSij ti äiiyi'pEiv Soxß BnupijTa)] oiaa , xa'i rcap ' aüi-Jjv oiSe- 
vb; ja (wOn t&ohc, i7_e p .v te fjSovijv olxtlav, bSttj Bi ouvai&i TJ)y sWoftiaii, xat to bS- 
tapxic 5)| xat a^oXaimxbv xa'i ätpurov ij avBpaiHQi, tu So« äXXct tu [iniapitü Öed- 
vluirai, xstb tb-Jt)]» tjjv ^vEpf eioev ^bIvetbi Övtb, !j teXei'o. BJ; eü5hi[iov!b aSnj öv e'ü] 
ävBp witou ...SM to'.qCtos bv eItj j3[o( xpEtrrwv 1J xat' ävflpwrta« - oä fkp f< «vBptiKi; 
iotiv oQtw futtert«, öAX* ^ BeIäy ti iv biitÖ) fa&p^tr üoui Ge Sia^u touto toü aw- 
Betou, Toooütip xa'i f| ■Wajtia tt,( xata ttjv bjUijv spETijv. ef Bi) Bsiov u. s. w. (u. o. 
111,4). X, 8. 1178, b, 1; Znm Handeln bedarf man vieler Hausmittel, x& & 
BtiüpoiJvTi o06evb( t&v toioJtwv 7tpi; yt tijv «Vp-jEiav XP^i ***' ^4 rf** *«1 *|*k*- 
Bia Jon 7cp£; y £ ^i* fleiupiav ^ S' ävflpwrcif fort xal icXeiosi auCiJ, atpclTBt lä xar' 
apETJJV jini-rrsiv StifmtBI £' o3v twv Tomüttiiv 7tob( tb avSpuntilroBBi. fj Si vliix 
EiSBiu.av!a Bti BEupriTixTJ t!; s?«!v ävs'pyEia ii: evtcüOiv öv f avcCi). Die CKtter gelten 
TonngsweiBe für selig; aber welche Handlangen kannte man ihnen »u»uhrei- 
ben? Sollen sie kaufen und verkaufen, um ihre Qereohtigkeit, Gefahren be- 
kämpfen, um ihre Tapferkeit, Qeld reeeehenken, um ihre Freigebigkeit, scblecbte 
Begierden überwinden, um ihre Selbstbeherrschung an den Tag in legen? 
Schlafen, wie Endymion, werden sie such nicht, tö SJ] iCüvrc u. a. w. (s. o. 
S77, 3) . . . . Tote f^v T"P " E( "' " ;va ^ " r"°' p-B"ipio(, to« fi' avSaünoi;, iy' oaei 
öu.oiiup.ä Tt Tqt toibJtiis jvtpyiia; Citip^Ef töv !' öXlwv C<fi*>v oMiv siJSoiijiavi. 
faEiSi] 0ÜSlu.iJ xolviiiveI BEupis;. if ' ouov Ej) Btarsivii ij Bcupia, xat ^ suSaciLov'.i, xax 
oT; u-bXXqv iSsap/Ei to BeudeIv, xat ciBaijiovElv [sc. uiO.Xov &eoo^ei], oü xat« oupAi- 
pr]xbt, ilXa xoträ tJ|V BEtopfav butJ) f'p >a4' e£d)v Titiia. Sor' eTi] Sv f] (uSauMiia 
fitiupta n;. Metaph. XII, 7. 1072, b, 24: S] SEcupfa to ^Biotov xat aptara*. YgL 6. 
278, 4. Nor echeinbar widerapriaht diesen Aentsernngen Pol. Tu, 2. 1324, a 
2b. e. 3. 1325, b, 14 ff., denn hier wird nicht die theoretische Thätigkeit ab 
solcho mit der praktischen, sondern das Leben dessen, der ohne Gemeinselufi 
mit Andern der Wissenschaft leben will, mit dem Leben im Staate verglich«*, 
und wenn biebei das praktische Leben für das vorzüglichere erklärt wird, so 
wird diese Bezeichnung im weiteren Sinne genommen, und die in sich 
befriedigte, auf nicht« Aeusseres gerichtete theoretische Thätigkeit aus- 
drücklich als die vollkommenste itpäfo bezeichnet. Vgl. auoh Pol. VII, 16. 
1884, h, 14. 
Glückseligkeit: Äussere Güter. 475 
menschliches, die ethische Tugend dagegen als du eigenthumlich 
menschliche Gut bezeichnet werden *)■ 
So gewiss aber diess die wesentlichen and unerlässlichen Be- 
standteile der Glückseligkeit sind, so wenig will doch Aristoteles 
weitere Vorzüge von ihrem Begriff ausschliefen , welche theils aus 
der sittlichen und vernünftigen Tbatigkeit hervorgehen, theils aber 
auch unabhängig von ihr sind *)■ Einmal schon insofern, als die 
Glückseligkeit überhaupt eine gewisse Vollendung des Lebens vor- 
aussetzt Ein Kind kann so wenig glückselig als tugendhaft sein, 
weil es noch keines sittlich vernünftigen Handelns fähig ist *)■ Eine 
Mos vorübergehende Glückseligkeit ferner kann auch nicht genü- 
gen: Eine Schwalbe macht keinen Sommer 4 ); und will man auch 
nicht mit Solon erst die Gestorbenen glückselig nennen, so wird 
man doch sagen müssen, dass wir jedenfalls die Glückseligkeit nur 
in einem zu einer gewissen Reife gekommenen Leben suchen dür- 
fen: die Glückseligkeit ist die tugendhafte Tbatigkeit der Seele in 
einem vollendeten Leben 6 ). — Weiter aber bedarf der Mensch zur 
vollen Glückseligkeit auch gewisser äusserer Güter. Die Glückselig- 
keit selbst freilich ist etwas anderes, als das Glück 6 ). Der wackere 
1) Eth. X, 7 (s. tot. Arno.), c. 8, Auf.: tarrtpw; 8' [säSaijuav] i xna t> 
«Ujjv öpcnjv [flloj] - al fap Mi' nMjv ivip-ftim öv&puraxai . . . ouv4fruxT>i 8* xat 
i| f?6</r t mt Tij tau jJBoij; apnf, . . . auv7)pnj[jivai 8' «Üxai (die ethischen Tagenden) 
x«'i tS!( 7i4Be3i jispi td oiiv6stov Üv &»• a\ & tqü ovvWtou äpreat svOpBHcixaC xat ö 
ߣo( 8); i x*t' aivi; x«i f\ suSw^ovia. Ebd. 1176, b, 6 (s. vor. Anm.). Dmi es 
■ich aber hiebei nur um eine Verschiedenheit des Ausdrucks handelt, und dass 
man nicht mit Bitte» (in, 837) sagen kann, bei der Bestimmung der mensch- 
lichen Glückseligkeit komme der theoretische Verstand nicht in Anschlag, die 
schwankende Darstellung des A/iflt. halte diese nnr nicht überall fest, wird 
aus allem Bisherigen erhellen. 
2) Denn dass diese Dinge, sofern sie vom Sittlichen unabhängig sind, den 
Namen von Vorzügen nicht verdienen, ist «ine seltsame Einwendung von Tbioh- 
■Ollbb a. a. O. S37 f. ArisL selbst nennt sie doch oft genug Güter; was «bei 
sin Gut ist, wird auch wohl ein Vorzug sein. 
8) Eth. I, 10. 1100, a, 1. 
i) Ebd. I, 6, Schi. 
5) Ebd. X, 11. 1191, a, 14: ti ab xuXdei Wvaw «iMpova rav *«' iftnfyt 
:eXeiov Artp-roDvra xsft tbIc i«Tb( äfaflrfCt Jxnvölt MYopij-|T]pAov, u.)] tbv Tu^dvr« xj>°- 
lov Uli t&eiqv ßiov ; i) «pojfltt&v *at P«ujd(a£vqv oCtw xol TeXeutiJoovt« xati Xi- 
vov; vgl. 8. 466, 2. X, 7. 1177, b, 24: f, ttJUia 8tj ti)o«<(iovicn sBtt] 3v tb] ivflpw- 
r.ov, Xaßoüoa pjxo; ßiou tAiiov oiä'ev fip ärs.Xe'f im tüv tijt ci!Sa;;jov{o(. 
6) Folit. VII, 1. 1823, b, 16. Eth. VII, 14. 1168, b,21. 
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476 ArintiJtoIe*. 
Mann wird selbst Armtrth, Krankheit und Unglück zw sittlich schönem 
Verhalten benutzen; der wirklich Glückselige kann insofern niemals 
elend werden. Aber doch wird ihn andererseits Niemand mehr 
glücklich preisen, wenn die Schicksale eines Priamus über ihn kom- 
men *), and kann sich der Tugendhafte auch mit wenigen Glücks- 
gütern begnügen *), so kann er sie doch in vielen Beziehungen nickt 
entbehren: ohne Reichthtim Macht und Einfluss lasst sich Vieles 
nicht ausfahren; edle Gebart Schönheit und Freude von Kindern 
gehören zu einem vollkommenen Lebensglück; der Freundschaft be- 
darf der Glückliche noch mehr als der Unglückliche; die Gesundheit 
ist Allen unschätzbar — es ist überhaupt zu einem durchaus befrie- 
digten Dasein neben den Gütern der Seele auch noch eine gewisse 
Ausrüstung mit denen des Leibes und mit äusseren Vorzügen Cja- 
pnyt«, tüsmpfo, Eüi-u-epia) erforderlich 1 )) und dass diese dem Tu- 
gendhaften von den Göttern von selbst bescheert werde, lässt sielt 
nicht voraussetzen *). Die Gaben des Glücks sind daher an and für 
sich genommen wirklich ein Gut, wenn sie gleich für den Einzelnen 
oft ein Uebel werden 8 ). 
^1) Etli. I, 11. 1101, a, 6(s. n. 480, 1) vgl. VII, 14. 1158, b, 17. Polit VII, 
18. *1832, a, 19. 
2) Eth. X, 9. 1179, ■), 1; oi ^v enrrfav yt noXiSv xat [u T >Xoiv Bojssj*« 
tov iOB8nu.eYij<raiTa, ei [iJ] iv&tfitai Sven tSv (xtot pmipiov Aal' oü jap h tj 
foipßoljj tb aÜTopue; xcA \ iipafo, Buvarbv Et *A |ii] äpj^ovTi -]% «oft Baums 
xp&trciv xa xoÄi — Privatleute, wird bemerkt, seien in der Regel die glfict- 
licbsten. Tgl. Polit. VIT, 1. 1333, a, 88 ff. 
8) H. s. Etb. I, 9. 1099, a, 31 ff. e. 8. 1096, a, 1. o. 11. 1101, a, 14. II 
VII, 14. 11ÖB, b, 17. VUI, 1, Auf. IX, 9. 11 (Stellen, auf die wir epiter nock 
aurflokkoramen). X, 8. 1178, a, 28 ff. c, 9, Anf. Polit. VII, 1. 1323, », 24. c. 
18. 1881, b, 41, auch Rhet. I, 5. 1360, b, 18 ff. 
4) Zwar sagt Aristoteles Eth, X, 9 g. E. c. 10, Anf., wer vernünftig leb«, 
Hei auch den Göttern der Liebste, da eie eich dessen erfreuen, was ihnen tm- 
wandt sei; wenn die Götter für die Menschen sorgen, werden sie sich ein« 
solchen am Meisten annehmen, und wenn irgend etwas ihr Geschenk soi, mos.« 
es die Glückseligkeit sein. Wir wissen jedoch bereits, dass eine apeoielle Vor- 
sehung in seinem System keinen Raum findet; jene Fürsorge der Götter mau 
daher, wenn wir diesen Ausdruck ans der populären in die wissenschaftlich 
Sprache übertragen, mit der natürlichen Wirkung des vernünftigen Lebens n* 
sammenfallcn, was aber die fingieren Güter betrifft, so behandelt er sie folge- 
richtig anderwärts all Sache des Zufalls; so gleich Etb. X, 10. 1099, b, 20 ff. 
VII, 14. 1178, b, 17. Polit. VII, 1. 1323, b, 27. c. 18. 1832, a, 29. 
6) Eth. V, 2. 1129, b, 1 ff. vgl o. 18, Sahl. 
„Google 
Glückseligkeit; die Lust. 477 
Auch die Last endlich wird von Aristoteles mit zur Glückselig- 
keit gerechnet, und gegen die Vorwürfe, welche ifarPlato undSpeu- 
sippus gemacht hatten '), in Schutz genommen 1 ). Es gründet sich 
diess auf eine andere Ansicht von ihrem Wesen. Plato hatte die 
Lust dem Gebiete des Werdenden , des unbestimmten und begriff- 
losen Seins zugezählt; dem Aristoteles ist sie statt dessen vielmehr 
die naturgemässe Vollendung jeder Thätigkeit, das Resultat, welches 
mit der vollkommenen Thätigkeit ebenso unmittelbar gesetzt ist, Bis 
die Schönheit und Gesundheit mit der vollkommenen Beschaffenheit 
des Körpers, nicht ein Werden und eine Bewegung, sondern das 
Ziel , in dem jede Lebensbewegimg zur Ruhe kommt *). Je edler 
1) Ö. lste Abth. S. 380. 663, 5. Ob Aristoteles auch die Cjniker mitbe- 
riicli sieht igt, lttsst »ich nicht entscheiden; aus Eth. X, 1 kannte man es scblies- 
sen; vgl. lste Abth. 218, 6. 
2) H. e. die eingehende Erörterung Eth. X, 1—6. TU, 13—15. Ich be- 
gnügt) mich, ans derselben du Folgende anzuführen. X, 2. 1173, a, 15: M- 
fQüoi 6e xo [*h äyxS'ov <öp£<l6>i, t)jv 8' f,Sovi)v sipiorov sTvai, Sri Bs^ercu to [AtilXXov 
xw t'o i,rmi (Plito Fhileb. 27, E ff. 30, E f. n. a. St. s. lste Abth. S. 380); das 
Gleiche gilt aber auch von den Tugenden oder der Gesundheit. Weitet wird 
behauptet, die Lust sei eine Bewegung und ein Werden; aber wenn sie eine 
Bewegung wäre, müsste sie in einem allmähligen zeitlichen Verlaufs bestehen, 
und d esahalb, wie jede Bewegung, eine bestimmte Geschwindigkeit haben, 
wenn ein Werden, müsste sie ein bestimmtes Erzeugnis« hervorbringen, was 
beides nicht der Fall ist: sie wird durch eine Bewegung erzeugt, aber sie 
seibat ist keine Bewegung (a. a. 0. Z. 29 ff. c. 3. 1174, a, 19 ff.). Femer: jede 
Lust sei mit einer Unlust verbunden, die Lust sei Sättigung, und diese setze 
einen Mangel voraus; aber es giebt auch Genösse, die mit keiner Unlust ver- 
bunden sind und auf keiner Sättigung beruhen; welche letztere, ohnedem 
immer nur Ursache der Lust, nicht die Lust selbst ist (a.a.O. 1173, b, 7 ff., wo 
aber Z. 12 statt TEpopevot offenbar Beiftsvoj zu lesen ist. VIT, 15. 1154, b, 
15). Es werden endlieb die schlechten Leiste angeführt; aber aua ihrem Vor- 
kommen folgt doch nicht, dass alle Lust schlecht ist (X, 2. 1 173, b, 20 ff. c. 5. 
1175, b, 24 ff. VII, 13 f. 1163, a, 17—35. b, 7—13). 
3) Eth. X, 3, Auf.: Die Lust gleicht der Anschauung, welche in jedem 
Zeitpunkt vollendet ist: üXov ■jäftlüvi xal x«t' oMsW xpövov Xißai ti; av ^äovijv 
3jf hü xld* Xpövo» ywouAih TtXEiwtojaarat tb eTBoj. 0.4, 1174,8,20: xotänäo» 
fip BÜb/jobf law tjSovi] , öjtoiru; St Biävoiav xal Bsiopim . . . -ali'.a' ät t3]v ev^pfEiaV 
fj J]Sovif. 1 174, b, 31 : tiXeid! Ek ttyi (Wp-riMtv f] Sj3ov)| ou^ tJc f] Ifo Ivuff&pxeuaa 
(als diese bestimmte Form der Thätigkeit selbst, wie etwa die Tugend), öXk' 
>'>', £icrfiYid(uvdv ti -tftos otov tolc ixfiaioit f) &pa. Sie dauert daher so lange, als 
die betreffende Thätigkeit sieb gleioh bleibt, wechselt aber ebenso auch und 
ermattet mit der Thätigkeit selbst, die beim Menschen nun einmal keine un- 
i „Google 
478 ArUtoteUi. 
eine Thätigkeit ist, um ao höhere Lust ist mit ihr verknüpft: das 
Denken und das sittliche Handeln gewährt die reinste Lust *), und 
die Seligkeit Gottes ist nichts anderes, als die Lust, welche aus der 
vollkommensten Thätigkeit entspringt '). Das allgemeine Streben 
nach Lust ist desshalb nach Aristoteles ganz nothwendig und von 
dem Lebenstriebe nicht verschieden *)■ Das höchste Gut Selbst soll 
die Lust allerdings nicht sein *); es wird ferner unter den verschie- 
denen Arten derselben ein Unterschied gemacht, und jeder Lust nur 
so viel Werth beigelegt, als der sie erzeugenden Thätigkeit zukommt; 
nur die Lust des tugendhaften Mannes wird für eine wahre und wahr- 
haft menschliche erklärt 5 ). Aber doch ist Aristoteles weit entfernt, 
die Lust überhaupt aus dem Begriff der Glückseligkeit auszuschlies- 
sen, oder ihr nur den untergeordneten Werth einzuräumen, welchen 
Plato allein für sie übrig gelassen hatte. 
In welchem VerMltniss stehen' nun aber diese verschiedenen 
Bedingungen der Glückseligkeit? Dass der unentbehrlichste BesUnd- 
thefl derselben, und derjenige, worin ihr Wesen ursprünglich z» 
suchen ist, nur die wissenschaftliche und sittliche Thätigkeit sein 
könne, sagt Aristoteles selbst oft genug. Was namentlich das Ver- 
nntprbruohene sein kann (vgl. VII, IS. 1154, b, 20 ff.), c. 6. 1075, a, SO: Ät» 
t« fip htpfttat oä TÜtW fjSwJj, rcäoiv tt (Wp-rticrv tcXeisT f\ I|8oviJ' 36iv Box«S«i 
nil til eISei Statprpttv' tb -fäp frapn tS> iWei ies' fciptw otS[isOn Tdetouaflai. Die» 
wird dann im Folgenden weiter ausgeführt and namentlich hervorgehoben, 
dsss jede Tbfitigkeit durch die aas ihr entspringende Lust an Kraft and Diaer 
gewinne, durch die ans einer andern hervorgehende dagegen gestört werde 
VII, 14. 1163, b, 14; s. n. 479, 4. Ungenauer heisst es Bhet. I, 11, AnE: !"°- 
xiMoj B' f||i1y sTuai t))v J|8ovJ)v xfagetv tob Tijs tyuyjfi x« 1 »<«ä<rt«nv JOpoav «4 
ai»fli;Tj)v *?( rijv SicBp^auciav «Jmv, XiJinjv Si Touvttvciov. Denn theile betrachte« 
Arietotelos, wo er sich strenger ausdrückt, die Seele überhaupt nicht als be- 
wegt, theils ist die Lnst, nach dem eben Angeführten, nicht eine Bewegung, 
■ondem nur Folge einer Bewegung. Diese Definition hat dum wieder M. Mor, 
II, 7. 1205, b, 6 im Auge. 
1) HeUph. XII, 7. 1079, b, 16. 24. Eth. X, 2. 1174, a, 4. o. 4. 1174, b, 
20. o. 7. 1177, a, 28. b, 20. I, 9. 1099, a, 7—29. VIT, 13. 1150, a, SO. 
2) Metaph. a, a. O. Eth. VII, 15. 1154, b, 25; a. o. 278, 4. 
8) VH, 14. 1158, b* 26— 82. X, 2. 1172, b, 86 ff. 0.4 f. 1175, a, 10-21. 
IX, 9. 1170, a, 19. 
4) S.o. 471 f. 
6) X, 2, 1178, b, SO ff. c 4, Anf. c 6. 1175, a, 21 ff. b, 24. 86 ff. 117«, *, 
17. «J.T. 1177,«, 28. 1, 9. 1099, a, 11. TD, 14. 1168, b, 39 ff. and oben, Ann. 1- 
GlflokiiBHgk.it 479 
htUniss der Tätigkeit nr Lust betrifft, so erklärt er sieh Aber den 
unbedingten Vorzug der ersteren so bestimmt, als man es nur «an- 
sehen mag. Ein dem Genosse gewidmetes Leben erseheint ihm des 
Menseben unwürdig, nur die praktische Thätigkeit will er für eine 
menschliche and die theoretische für eine mehr Bismenschliche gel- 
ten lassen *); die Lust soll nicht der Zweck und Beweggrund un- 
seres Thuns sein, sondern nur eine notwendige Folge der natur- 
gemässen Thätigkeit; könnten beide getrennt werden, so wurde ein 
tüchtiger Mensch die Thätigkeit ohne Lust der Lust ohne Tbäligkeit 
unbedingt vorziehen '); in Wahrheit jedoch besteht die Tugend eben 
darin, dass man die Lust von der Tugend gar nicht zu trennen weiss, 
dass man sich in der tugendhaften Thätigkeit unmittelbar befriedigt 
fühlt, und keines weiteren, äusserlichen Zusatzes von Vergnügen be- 
darf 1 ). Nach dieser Seite lässt sich also die Reinheit und Entschie- 
denheit der aristotelischen Ethik nicht in Ansprach nehmen. Hit 
mehr Schein Hesse sich seinen Aeusserangen über die äusseren Gü- 
ter der Vorwurf machen , dass er den Menschen hier zu sehr von 
Mos natürlichen und zufälligen Vorzügen abhängig mache. Aber 
doch verlangt er auch jene nur darum und nur so weit, als sie un- 
entbehrliche Bedingungen eines vollendeten Lebens und Werkzeuge 
der sittlichen Thätigkeit sind % womit er unstreitig Recht hat. Da- 
1) B. o. 471 ff. 
2) Eth. X, 2, Schi.: ouStif t' sv Rolto ?JJv jtsuBi'ou B.ivoiav i^wv Sta Siou, f t 3d- 
|UW( If ' o?c ti TtaiBi'a ri( oTdv ts jiiXum , o ä81 X^P"* Jt01 "* "" tüjy afaj^nruw, 
iirj&'soie [iCkXuv %wcijOii*ai. mpt soXXi te <hwd8}|v nonjsaiiuO' äv xo\ d [ugStpioni 
JmjEpoi fjaowfv, alov £pij», pifliovEuEiv, eiKvsi, ta; «pErif ffia, e! 6* iE ävi^xis 
tnovrai -roiJto^ JjBova't, oiSh tuf^pn- Uol[ii8o -fäp äv TaOra xa\ tt [iij -yhwt' Sit' 
»4*1 JjBmnf. c. 6, t. o. 473, 2. 
8) Ebd. I, 9. 1099, a, 7: ian Ei u\ £ ß!o; oitSv xofl' aätbv )j6u( . . toIj Bl 
?iloxiloi5 io-Av ijBa' n tb tpiiati i]Sfa. ToiaOra B' al nt' äpErJjv icpiEec;, i&tte xa\ toiJ- 
to( itdtw JiBeIo: xal xafl' airas. odfiiv Si) JipojSETcat xijs fjSovijt £ ß!o[ aiirüv fimtep 
wpttxrou ttvbs, öll'iyst TJiv(]8ov)]v it ken&. itpöt Tdt; ilpiHittaic -flp r oJB' fot\v 
ipBb^i jiJj ^aipoiv Ta1( xiX«l( TcpiEsmy . . . tt B' oOtcü, xaB * afiti( iv tTli tä xat' 
iperj]v npäfn; ^Bttac . . . äpiarov äpa xa\ xiXXiorov tuA ^Brntov jj EuBaijiovia, xö oO 
BwipioTai TBüjra . . . ajtavxa v;ip SirJipx" ™&t» rata äplorai; fap-fcfoif . Polit. VII, 
19. 1S3S, s, 32: ToioSrij tanv £ tn:ouSxie; c5 Stä t)jv äfEtJjv tä SyaBä c'tni tä an- 
4) Eth. VII, 14. 1158, b, 16: oufttpfc fap eVpY*:« -r^Uios ijiBO&Co[Uvi), jj S' 
täBm«w!« twv TsXifuv- 8tb itpocBfirai £ riSaipiuv tüjv Iv aiSp.aTi ö-jbBwv xal tüW 
ktoC ««i *% tvxi«, !**•* rt «V t °äO;T]TB[ tauta. ot Bl töv tpox^ijuw* xat töv 5u{- 
i „Google 
480 Atta total** 
gegen ist er weit entfernt, den Menschen lum SnielbaH des Gfucki» 
machen in wollen: er ist überzeugt, das« Glückseligkeit and Un- 
seligkeit von seinem geistigen und sittlichen Zustand abhängen, Am 
in ihm allein eine Grandlage für dauernde Befriedigung zu finden 
ist, dass die Glückseligkeit des Tugendhaften durch äussere Schick- 
sale nicht leicht erschüttert und auch durch die schwersten Erfah- 
rungen nicht in Unseligkeit verwandelt wird *); er bezweifelt so 
wenig, wie Plato '). dasa die wesentlichen Guter die der Seele, die 
leiblichen und äusseren dagegen nur um ihretwillen von Wertb 
sind"), ja er erklärt ausdrücklich, da die wahre Selbstliebe, nur in 
n^duf [u-fäXon mpuiKTovra EuSaifiov« fimmme ifcs», iäv tj a-rrifte (Cyniker Tgl. 
lste Abth. 315, 3. 233, 1, vielleicht aber auch Plato, s. ebd. 662 f.), äj ixivnf ? 
äxovTi( oJSlv Iffouoiv. 1154, b, 11: Inwiefern haben gewisse leibliche Genus« 
einen Werth? 1) oBtiuf iyatä at ävorfxolai, !ti xai tb ll>] xaxäv äfaSdv ionv; 5 
(lEXpi too ÖYaltet; Ebd. I, 9 f. 1099, a, 82: äBiivaiov vip Jj oä fiBiov tä xnÄir;ii- 
thv i^opi{p] , rov Svr«. rcoXXä -rap JCpatreTai, xaflinip Bl* jpytnuv, 6c« ffXu* «A 
äXoiItou d. s. f. b, 27: tüv äs XonriS» a-j-oSiv (ausser der Tagend) ti \ih foif- 
jfeiv äva-fxatov, ta 5k auvtpya xa'i ^pij[j:|j.a Kc'fuxcv (5pyavix5>(. Polit. VII, 1. 1313, 
b, 40: fSIoj [iiv äpiuTOj, xs\ %ti>fit haar« ii! xoivfi rat; JColEaiv, ö Lisrä äpETijt J£- 
XopiTTiji^f eit\ toooBrov <üote |ux^«v töv xet' «pK^v JtpiEtiuv. Vgl. 8. 475 f. 
Kth. Bad. T, 2, Schi. 
1} Eth. I, 11. 1 100, b, 71 Tb |ib Mit Tty*.\z fat«xoXouO«tv oMauö« ipflöv tv 
yap sv Taiirai; tb s3 ?, xnxüi, äXXä spojBfi'Tai TWJTwv £ ävfipÜKivoi [it°«, xaBaqi 
ebcaut», xüpiai S' efa'iv ai xsi* «pErijv Ivipyswa t^( eäfiaaio»(a( , at S' ivarriai w 
ivavTioD . . . KEpt o^Sf.v yip &Ihu); fijtipxei tüv ävflpu>7t!vo>v tp-fiüv ßtßou^Ti); «s ibm 
Ta; Evipftia; Tat ixi' äpitijv jiovijuursfoL fäp xit luv fatarnjiüv aBtai Boiqüot 
efjaL. 1101, ft, 5: äBXwf (ih oJ66eots y&olt* 3v u £Üä»i|iuiv, od pi)v fiaxsptjc te, ** 
npiajimaf; Tii/ait mpincai]. ojii jtoix&o; yt xa't eüjurdßoloi ; nur viele and schwere 
Unfälle können «eine Glückseligkeit zerstören, aus aolchen wird er sich dam 
aber auch nur schwer wieder erheben. 
2) Gets. V, 743, E. Gorg. 506, D f. vgl. lste Abth. 8. 879 f. 
8) Etb. 1,8. 1098, b, 12: vsvEjir.p^ 8>] rüv a-fiflfiv tp./ij, xaiTwvijivk- 
TQ{ ÄE-fO[lE'viiJV , TÜV Be J!Sp\ I^U^V xai aüip.1, TIC X(p\ 4" U X*1 W XUpiWTIta XSTOflEV <« 
LiaXiora iyaOä, Folit. VII, 1. 1323, a, 24: der Glückselige moss die genannteD 
drei Elassen von Gutem »ammtlteh besitzen; es fragt sich nur, in welchem 
Haass undVerhaltuiss. Die Meisten sind in Betreff der Tugend sehr genSgsao 
( tr;4 äpfrij: i/_Eiv Ixavbv tTvai vo|iiCouaiv önooovouvj , mit Beiohthümern Macht aai 
Ehre dagegen nicht zn sättigen. Ihnen ist aber an entgegnen, ort XTbJvtw tx. 
fuXaiTOuatv oü -vi; öp£Ta( tqT( extqc, «XI ' ixllva TaÜT«i(, xo\ TÖ tf}v tuSarjuiviuj ■ . • 
Sti [ioXXov ixif-fti -reit t'o ffioi uiv xai tJjv Si&voiav nExojpijiivoij e!( SKtpßeX^«, 4 
toi; txfiva [ilv xEtT)][iiv6i; xXeEu tüv jfijaijj.ajv, iv St toi!tbi( öJ,ukouoiv. Der liu- 
aere BeaiU bat, wie jedes Werkzeug, sein natürlich« Maaaa am GebraucJi: fibu 
isy Google 
Glückseligkeit. Jföi 
dem Streben nach höheren Gütern bestehe , so trage sie auch kein 
Bedenken, für Freunde und Vaterland alle Süsseren Vortheile und 
das Leben selbst zu opfern; in allen solchen Fällen bleibe ja doch 
der höchste Gewinn, der des sittlich schönen Handelns, dem Han- 
delnden; denn Eine schöne und grosse That sei mehr werth und ge- 
währe höheres Glück, als ein langes Leben, dem nie etwas Grosses 
gelangen ist *), So findet er es auch besser, Unrecht zu leiden, als 
Unrecht zu tbun, weil wir in jenem Fall nur an Leib und Habe, in 
diesem an der Sittlichkeit Schaden nehmen a ). Wir sehen den Phi- 
losophen so durchaus an dem Gesichtspunkt festhalten, von welchem 
er bei der Untersuchung über das höchste Gut ausgieng. Die Glück- 
seligkeit besteht wesentlich und ursprünglich in der vernunftgemas- 
sen Thätigkeit, in der Ausübung einer vollendeten Tugend; alles 
Neblige ist für eine Bedingung derselben und für ein Gut zu halten 
nur insofern es mit jener zusammenhängt, als ihre natürliche Folge, 
wie die Lust, oder als ihr Hülfsmittel, wie die leiblichen und äus- 
seren Güter; mass aber vorkommenden Falls zwischen diesen ver- 
schiedenen Gütern gewählt werden, so müssen alle andern den gei- 
stigen and sittlichen, als den allein unbedingten, nachstehen s ). 
diese Grenie hinaus wird et nutzlos oder schädlich; geistige Güter dagegen 
sind um so mehr werth, ja grösser sie sind. Ist die Seele mehr werth, als der 
Leib und du Aeastere, so müssen auch die Güter dar Beele mehr werth sein, 
als leibliche und äussere. z~i Se tijf d>u^ij; fvexcv taüra jct'ipuxEv olptrö xal 8(1 Jtiv- 
tj; i!p;"ioOar tolif eS fpovoÖVTOi, iXk' oüx ixEhioiv twxtv tJ;v ^u/_ijv. Dass die Tu- ' 
gend und Einsicht es ist, von deren Grad derjenige der ülückoeligkeit abhängt, 
beweist die Seligkeit Gottes, l; iilSaiftiuv [jiv eW xat [loxiptot, 61* oiIGe» St Ttüv 
^uncpotuv äfdflüiv aXXk St' bIt'ov aätof xat Tiü jcoiös tij eTvii tJjv (pjotv, and eben 
desshalb unterscheiden wir die EÜStupovIa ron der zi-myj.x. 
1) Eth. IX, 8. 1169, a, 6 ff., wo n. A., ausser der S. 466 f. angeführten 
Hmptatelle, Z. 9: ta xallitna npitriiv xoiv^ t' äv nivr' eoj t! BAwra p] xal !S£a 
iiiartu To [ji-fitrta tüv ä-jaUcuv, ehup i, äpstj) toioÜtäv eotly. Z. 31: 1 txiwut Si) Boxfl 
snouScLia« tkat, äv-cl Itavttuv alf qüjisvü; to xoÄov. 
I) Eth. V, 15. 1138, a, 28: sowohl das Unrechtleiden als dasUnrechtthnn 
ist ein. Dabei, denn jenes ist ein iXarrov dieses ein rüdov fyciv tqü |iioau, aber 
lehlimmer ist das Unrechtthun, denn dieses, nicht aber jenes, ist (ieti xaxbx;. 
3) Sa sahen wir ja anob schon S. 479, und werden noch weiter in der 
Tugendlehre finden, dass Amt. als eine wahre Tugend immer nur die gelten 
Usst, welche ihren Zweck in der sittlichen Thfttigkeit selbst sacht; Tgl. Eth. 
IV, S, Anf. : al 61 xort' iperijv itpä^Eif xiäcli xal toü xaloB fvExot . . . 6 El BiSqü; . . . 
(W, toj xaioi Jvexi äXXä äta rtv' ÖXX)]V aitiav, aix &Eu9ep io; ak\' öÄXoj ti; ^BijoiTai. 
Philo». 4 Br. IL Bd. ». Abth. 31 
i „Google 
488 Arintotele«. 
Ist nun hiemit die Tugend als die wesentliche Bedingung der 
Glückseligkeit erkannt, so ist ebendamit der Ethik die Aufgabe ge- 
stellt, den Begriff der Tagend zu untersuchen, und ihre Bestandteile 
darzustellen "Jj wobei es sich aber natürlich nur am geistige Voll- 
kommenheit handeln kann *)• Diese ist nun, wie die geistige Tä- 
tigkeit selbst, von zweilacher Beschaffenheit: die dianoetische and 
die ethische. Jene bezieht sich anf die Vernunftthätigkeit als solche., 
diese auf die Beherrschung des vernnnflloset Seelentheils durch den 
vernünftigen, jene hat ihren Sita im Denken, diese im Willen s ). Die 
letztere zunächst ist es, mit der es die Ethik zu Ihun hat 4 ). 
2. Die ethische Tugend. Um den Begriff der ethischen 
Tugend zn finden, bezeichnet Aristoteles zunächst den Ort, wo sie 
im Allgemeinen zu suchen ist. Sie ist nicht ein Affekt oder eis 
1) Eth. I, 13: im\ 8' eotIy f, EuSaipovIa '}ux^i eVpytia tif xn' äpc-rijv ■reltia, 
Jütpl ipexf,( Ir.wKK-dov ■ -s/i fap otiteit Sv {SeTlilov xal JtEpl i%i Eu6at[i«Vint fewpij- 
2) Hit dem Wort äperf, bezeichnet der Grieche bekanntlich nicht lloi 
sittliche TonSge, sondern jede einet Person oder Sache anhaftende; Vollkom- 
menheit. So auch Aristoteles, z. B. Hetaph. V, 16. 1021, b, 10 ff. Etb. IIA 
Auf. u. 5. Hier jedoch, bei der Frage über die Glückseligkeit des Menschen, 
können nur Vorzöge der Seele in Betracht kommen; Etb. a. a. 0. 1102, a, 13: 
itEpl äperffc 81 ImaxEirrfov ävBpüiiEfvrjt Sijlov Sri- xol y»p drfaSVv ivBpo&jnvov Sfr 
toÜjuv xa\ t)]v EiBaifiovia» äv0peun[v»iv. äpEt^v 81 Xfj-opEV avflptiwc(v7]v od -ri]V to5 ml- 
jiarot, iXXi rijv t5|; 'J'UX'iS' xc ^ T *l y eäSaijwvtav 81 $"•$( Ivipyacn XffOjiEV. 
S) Nachdem Arial. Eth. I, IS den Unterschied dea Vernünftigen und Va- 
nnnftlosen in der Seele besprochen, und ein zweifaches Vernünftig es unter- 
schieden bat, dasjenige, welchem die Vernünftigkeit ursprünglich, und du, 
welchem sie abgeleiteterweise inkommt, das Denkvermögen und das BsgtV 
rungBvermögen (s. o. 451, 1), fahrt er 1103, a, 3 fort: Siopfcroi 81 xol fj äpr^ 
x»Ta rf,v Bicwpopiv Ttt-Jtf)v J^vdijev 'jap oJtüv ri[ |ilv BiavOTjtixä; ti( 81 iflaM, 
oavtav jj.lv nal oiJveoiv xol 9päv7jtrw BiavojjTixa; , E^EuOEpid-rnT« 81 xil awapooii":' 
fflix&S- Auf diese Unterscheidung kommt er dann Eth. II, 1, Anf. VI, 2, Anf. 
ti. ö. zurück. Die ethische Tagend ist mithin, wie diese aaeh im Weiteren 
festgehalten wird, eine Sache des ron der Vernunft beherrschten Begehren*, 
d. h. des Willens (s. o. S. 450). 
4) Diess erbellt nicht Mos ans dem Namen dieser Wissenschaft und tM 
einzelnen Erklärungen, welche die usäüsc als Zweck derselben bezeichnen, *" 
die S. 123, 4 angeführten, Eth. II, 2. 1104, a, 1 n. a-, sondern es ergiebt flieh 
auch ans der ganzen Anlage der nikom ach lachen Ethik, welche eine ander« 
sein mflsste, wenn es darin auf eine gleichmttssige Behandlung der diasoitt- 
sohen und der ethischen Tugend abgesehen wire. Weiteres hierüber, und über 
die Besprechung der dianoBtiecben Tagenden im Sten 1)., tiefer traten. 
Ethlnehe Tagend. 483 
blosses Vermögen, sondern eine bestimmte Beschaffenheit unseres 
Innern, eine ££i( ')• Die Affekte als solche sind nicht Gegenstand 
des Lobs oder des Tadels, ntn ihretwillen werden wir weder gut 
noch schlecht genannt; sie sind etwas Unwillkürliche», bei der Ta- 
gend dagegen handelt es sich um die Willensthatigkeit; sie bezeich- 
nen gewisse Bewegungen, die Tugend and Schlechtigkeit dagegen 
etwas Zustandliches. Ebenso ist das blosse Vermögen nicht Gegen- 
stand der sittlichen Beurtheilung; das Vermögen ist uns angeboren, 
die Tugend nnd Schlechtigkeit nicht *)■ Auch dadurch endlich un- 
terscheiden sich diese von einem blossen Vermögen, nnd ebenso 
von der Wissenschaft (und Kunst), dass die letzleren immer auf 
Entgegengesetztes zugleich gehen, sie nur auf Eines 1 ): wer das 
Gute kann und weiss, der kann und weiss auch das Schlechte, wer 
das Gute will, der kann das Schlechte nicht zugleich wollen. An- 
dererseits ist aber die Tugend ebensosehr von dem äusseren Ver- 
halten als solchem zu unterscheiden. Wer sittlich handeln will, der 
muss nicht allein das Rechte thun, sondern er muss es auch in der 
rechten Gesinnung thun 4 ); diese allein, nicht der äussere Erfolg, 
giebt der Handlung ihren sittlichen Werlh 5 ), und ebendesshalb ist 
1) lieber du Verhältnis» dieser diei Begriffe erklärt «ich Etb. II, 4, An£ 
so: btil o3v xk lv Tfi i^uyjJ f tvJjuva Tpla iaii, sä&n Buvijieij tfytt, toiItiuv äv ti *b) Jj 
«jiktj- Myw St näh) [ib fm6u|Mav, Ipyip, sißav, flpiat*, (pflfinov, /.apiv, ^ill«, 
(iinos, irÄBov, Iftkov, eIeov, 3Xwi oT; Inrrai JjBdvtj 3J Xiim), Suv&puit hl xaC S; nxh;- 
nxol toilttüv Xe^djuSs, oTov xafl' a( 6uvo:tq\ fipftiiÖSjvost J] Xumfifftai f, ftcjjau, I?sit 
8 xat' &; jtpbj ti ai6i] ()(ou*v e3 }] Mouüf. Heber die !&( vgl. m. 8. 194, 1. 
2) A. a. O. 1105, b, 28 ff., wo zum Schlüsse: Z ti [itv oSv iaA Ttji fever fj 
tpnij, tlpuTou, Vgl. e. 1. 110S, b, 21 f. 
8) Eth. V, 1. 1129, a, 11: oOSi vap tov «ixöv *x« xponov fei te tu* eitou)- 
|iüv xa\ Suvi[ieiiiv xa'i £irl töv Jfttuv. BiSva|xi( plv j ip xa'i inian^T] Soxtl t£v jvav- 
*inv ij aM) iTvn («. o. S. 152, 3), R« B' 5] Fvavttn tüv hxt-.iw oÜ, olbv ä«b tS); 
ifuiaj oj xeonticn ta ivavtix, äXXä ti äyieivä povev. 
4} Elh. II, 3. 1106, a, 28: Ta Se xari Ta< äpSTBf YWÄlUva tax mi »Jt4 irut 
^XJ), &xaiu( Ij sauf p&vttii ffpamrai, iXk* xa'i iiv 3 icpanwv neu; s; t>v ftpÄtTj). b, 6 : 
Ta (itv oSv späfp-aia Bixuia xa\ trwpp&va Uyn«, Etiv tj TotaÜTa oTa äv £ B(xaio( ^ 
o aiippwi npi^tuv- Sixoicf 51 xa'i at^puv fatkv oix ° tauTa icpatnuv, äÄiä xal & 
°5nu itparrttv ü; ot Sixait» x«i ot oiiippaws icpirrouaiv. VI, 13. 1141, a, 13 ff. 
Ariitoteloe unterscheidet deaahalb iwisoben dem Gerechtsein und Gereohthan- 
dsln a. *, O. VI, 10, Anf. a. ö. (s. u.) 
6) Ebd, IV, 2. 1120, b, 7: oi T ip iv tm iMfia tot äi5o|«'vwv rb OtuUpiav, 
&X' iv Ti) tdS Ehadvtoc Biet, a&Tjj St xarä t)jv ouuiav SfSuaiv. 
31» 
i „Google 
484 Aristoteles. 
die Tagend and die sittliche Einsicht etwas Schweres, weil es dabei 
nicht auf diese bestimmte That, sondern auf die Beschaffenheit des 
Handelnden ankommt *}• 
Näher bestimmt sich diese Beschaffenheit als eine Beschaffen- 
heit des Willens; und eben diess ist es, wodurch sich das sittliche 
Gebiet nach unten und nach oben abgrenzt, die ethische, aufs Han- 
deln gerichtete Tugend sich von dem unterscheidet, was blosse Na- 
turanlage und darum nicht sittlich, und dem, was blosses Wissen 
und darum ohne Beziehung aufs Handeln ist. Die Grundlage and 
Voraussetzung der Sittlichkeit sind gewisse natürliche Eigenschaf- 
ten: um sittlich handeln zu können muss man ein Mensch sein, an 
Seele und Leib so und so beschaffen *), mit einer natürlichen Em- 
pfänglichkeit für die Tugend*); denn jeder Tugend gehen bestimmte 
natürliche Beschaffenheiten (■pumx.ai ^Un), bestimmte Triebe and 
Neigungen voran, in denen die sittlichen Eigenschaften schon ge- 
wissermassen angelegt sind *), Diese Naturanlage jedoch ist noch 
nichts Sittliches, sie findet sich nicht allein bei Kindern, sondern so- 
gar bei Thieren E ); wenn daher Aristoteles auch von physischen 
1) Ebd. V, 13, Anf.: o! £' ävBpionoi ty toutotc oTovtbi Aai to äBwfiv, Sin ai 
t'o Sfxoiov eltat ßdSiov. to 6' oit ibtiv o-jyyEvso'fltti |itv yap Tij ToQ yihowi xat je«- 
■cä^o! tbv tiXijuiov ki\ Bcüvat Tij jrtip\ to ipyiipiov faBiov m\ bt' surou;, äXXa to iSl 
^ovtb; Toüra rcotetv oä-vt fidSiav oSrc' «** a'JTol;. ö[ioi(ii( 8s xoil to -fviüvou tb tbn> 
WA ts SBixb oiBsv oTovrai oWov sTvai, Bti ntp'i Jiv ot V(S|ID[ Xffouoiv oi ^okaxöu fim- 
ftai. ÖXX* oi tbüt' euti Ta B&iaia äXX' Jj xbtb ou[i.j)*(ä>]Stbf , äXXa näJt xacnttyM 
na': nüj< VEfn.o'iujva fiixaia. Diobb zu wissen sei aber nicht leicht. Ans demselben 
Grunde, fügt Ä. bei, sei es fnlach, wenn man meine, der Gerechte könne suc* 
ungerecht handeln; denn diese bestimmten Äusseren Handinngen kannte er 
allerdings verrichten, aU.it to BctXaivtw x«l zo öSixeIv oi to tbOtb nouftv ia-A, kIv 
xari <ju(*(Jtß)]xb(, iXXi to üITt ty_ovTB raüTB iroiitv. 
2) Polit. VH, IS. 1883, a, 38. 
8) Eth. II, 1. 1J.03, a, 23: oSt' 5pa (pJoei oute 7T»pä yiimv fffhovfsi af aa- 
Ta'i, öXXi «EouiuiTt |iev jjjitv SE^aoOai auTa(, teXeioü[j<voi( Bi Slb toü *Dou{. Polit. 
a. a. 0.: äyaBof f' xat ffjrouBaßcii -f(fvovTBi Sia rpifijv. tb tpte Bl t«Bt4 eoti ^ü«; 
ffloi Xiyoj. 
4) Eth. VT, 13, 1144, b, 4: icäoi ylp BoxeI iVaa-ra tüy ^Owv fiitäpY« v S""* 1 
j«o;. x«t fip Btxaioi xai oouppovutdl xa\ ävSptloi xal t5XX» ^o|iev tifihi ix -{fit^i- 
(M, Mor. I, 36. 1197, b, 88. U, 8. 1199, b, 88. c 7. 1206, b, 9.) VgI.PoBt.VII, 
7, über die nngleiohe Vertbeilnng d«r sittlichen und geistigen Anlagen an die 
verschiedenen Völker. 
5) H. an. I, 1. 488, b, 12. VIII, 1. IX, 1 ; s. o. 398, 3. Eth. N, a. ». 0. i. 
tu 485, 2. 
i „Google 
Ethinohe Tugend. 4g5 
Tugenden redet, so unterscheidet er doch von diesen ausdrücklich 
die Tugend im eigentlichen Sinn 1 ]); diese entsteht nur dadurch, dass 
Eum natürlichen Trieb die vernünftige Einsicht hinzukommt, und ihn 
leitet *)• Die Naturanlage und die Wirkung der natürlichen Triebe 
hängt nicht von uns ab, die Tugend dagegen ist in unserer Gewalt; 
jene ist uns angeboren, diese entsteht allmäblig durch Liehung *). 
Aristoteles geht in diesem Grundsatz, alle unwillkürlichen Stimmun- 
gen und Neigungen aus dem sittlichen Gebiet auszuschliessen , so 
weit, dass er ihn sogar auf die Anfänge des Sittlichen selbst aus- 
dehnt; er erklärt nicht blos Affekte, wie Furcht, Zorn, Mitleid u. s. f. 
für etwas, wegen dessen wir weder gelobt noch getadelt werden *), 
sondern er will auch die Mässignng der Begierden (die i-pt-pÖL-rzvi) 
von der Tugend, die Unmässigkeit von der Schlechtigkeit im enge- 
ren Sinne noch unterscheiden 5 3, und ebenso die Schamhaftigkeit mehr 
nur für einen Affekt, als für eine Tugend gelten lassen "'). An allen 
diesen Zuständen vermisst er die Allgemeinheit des Bewusstseins, 
1) tq xup i<u( äyaSöv — f] xup(a sperr, Eth. N. a. a. O. 
2) A. ». 0. 1144, b, 8: xA y ip iuhcA xx\ Bi]p(o[( al ouaixa'r fatif/fwan Riu;, 
iÄX' ävsu voü ßXajäipat yaivovren oiexi . . . (Sojcsp ot6(utii Iiyup'P " VEU ö^Etuj xivou- 
ueviii oup.ßa:«i s^jÜXeoSoi Irj^upüf Sei ib ]M) I^civ o^iv, oBtiu xai IvtaüVg' äv fit 
lipj voüv, t"* tu) TTpitTüv Sictyt'pGi. 7) S' (En öpoia oiiaa toV «rcai xupiiuj öpctij. 
3) Eth. II, 1. 1 103, a, 17: % 8' ijSix^ äpit)] % sBout itsptyiver«, ofltv xoi toB- 
vo|ia £37_^x: (J.txpbv Jtopixxllvov «no toü sBouf. ^ öS xii BijXov Brt oüBsp.ia; t£v fjBi- 
iwv iperfilv piioti i]|itv tffNetar eüBlv ylp twv f tfmi ovtcuv äXXtut ftECrou . . . It: 
res |iiv oiiirei 4| luv lOTpa-ffveTni, tac 6uv4[Ki{ Taifouv icpdxepov xaguCo'uEGa, Bcxtpov Sc 
T14 ^vepYEtat «jcoBiSoiiEv. Die Sehkraft z. B, arbalten wir nicht erat durch die 
Anschauungen , sondern sie geht ihnen voran. ta; S' äpETHj X»|j.ßavo(iEV ^VEp-p^- 
j«ivce( icpötipov: man wird tugendhaft durch sittliche«, lasterhaft durch unsitt- 
liches Handeln. X, 10. 1 179, b, 20 (ohne Zweifel mit Rücksicht auf den plato- 
nischen Menü 70, A. 99, E, worauf sich auch I, 1 0, Anf. bezieht): y fvEoSat 6' 
äfaSoüc oTovtoi oi p.kv ftfajEt, ot 5° föu t of 51 äiSa^ij. tb. p.lv o5v ttjs (fJasnis SijXov 
A( oäx iip* ijfüy iix&pfii, ÜXa 6ii tlvb; Ocia; sritia; töi( c!)( iir;6ö; eJTu^j'aw Sr.ip- 
X«. Ueber die Freiwilligkeit als Merkmal der ethischen Tugend ebd. II, 4. 
1106, a, 2. HI, 1, Anf. c. 4, Anf. und oben S. 461 f. 
i) Eth. II, 4. 1106, b, 28. a. o. 3. 483. 
5) A. ». 0. VH, 1. 1146, a, 17. 35. EM. o. 9. 1150, b, 35. 1151, a, 27. 
Die Massigung soll nach diesen Stellen zwar eine tmouSai« Hj-ic, aber keine 
iptTJ) sein. 
6) Ebd. IV, 15.11,7. 1108, a, 80: sie sei Bwarlöbliob, aber keineTugend, 
sondern eine |iesäxi]; iv ta'n siGsji. 
i „Google 
486 Ariitotalas. 
das Handels ans Grundsatz, sittlich ist ihm nur, was mit Tmrönfti- 
ger Einsicht, unsittlich, was dieser zuwider geschieht. 
So wenig aberjdie Tagend der Einsicht entbehren kann, so 
wenig darf sie doch als ethische mit der Einsicht verwechselt wer- 
den. Wie der Wille überhaupt aus Vernunft und Begierde zusam- 
mengesetzt ist *)* so gehört auch die sittliche Willensbesehaffenhcii 
demselben Gebiet an. Alle ethische Tagend besieht sich auf die 
Lust und die Unlust, denn sie hat es mit Handlungen und Gemüths- 
bewegnngen zu thun, aus denen diese Gefühle hervorgehen: Last 
nnd Unlust sind die unmittelbarsten Triebfedern des Begehrens *), 
der Maasstab für unsere Handlungen 3 ~), auf welchen sich auch die 
Beweggründe des Guten und des Nutzens in gewissem Sinne zurück- 
führen lassen 4 )- Aristoteles bestreitet daher den sokratischen Sab, 
1) Heber den Willen a. m. 8. 460. 459 f. 
2) Hierüber Tgl. m. auch 8, 446. 
3) Eth. II, 3. 1104, b, 8: Jt(p\ fjäovä; yap x«l Xiiji»; fljrtv äj ffiaij «p«nj- iii 
(liv yäp -ri)v ifia-^i rä ifaXika jcpitTO[i*v Bii &l t)|v Wirr,» TÜv xolüv äxEjS- 
[uBa . . . eti S' tt äptral etat jutp'i spi^if x«\ iriBij, savtfl El nifl« xfft nioi; -pifc 
fertal ^Savj) xsl liim;, x«\ Sii ToDt' äv ili] {j ipstäj ncpl t|Soväf kbi Ätiitaj. Verlsi- 
gen nach Lust nnd Sehen vor der Unlust seien die Quellen »Her sittlich 
Fehler, denen ebendesshslb durch Strafen entgegen gewirkt werde; l.cnpßai -jk 
taii ttmv, al 6k larptlai Siä tü>v havruuv TCEptfxaoi Y'vsaflai . . . Sjcjxeitgu öpa jj f[Sovij 
f.Tvie f] toiiiiIti] jcepl f|Bovi{ xsii XÜ7ra( TÖW PeXtIitioy JtpaxTixJ), f, El xaxfn Toihonriw 
. . . TpiEW yttp qvtojv tüjy e!( toc alpcaiif xal tpituv Tolv t!( tb{ <p<TK] xaloÖ mijiot 
povTQ{ f|&EO;, xal Tptüv im" eWve(iuv, otfoxpoü ßXaßipoQ Äumipüu, )t*fA nivra jiiv 
raBta S «yaObf xarapGuiTwSi ionv S 51 x«xfe( ä|i!ipTijTixbc, |iiXiora oe jc*p\ tJ|> -ijBo- 
wjv xoivtj xi fip tCri) idi^ C«ioi( xal Jtäoi toi; iito t^v »Tpsotv itapuxoXoulter in 
fip Tb xaXav xat tb aup,(ps'pov ^5ii (piivEtn ■ . . xavovJfousv Gl xa\ rät npafuc, oi iii" 
[tSJiov o! 6* ^nav, f]5ov^ xai Witt] ... Satt... itspl f|8ovä{ xat Xilxac jröraaf] itjMy- 
jiatsia xat tf| äpeti] xa"l Tij noXmxij ' ö [ilv f ip >3 Tofcoif ^pwjiEVGif iyaQbj fersi, i 
Se uuü; xox<!(. JI, 5. 1106, b, 16: Wpo Ei tJ|v Ißutfi [ocprcV]' «5nj yäp im xw: 
*afc| xal irp4Ef.-.(. Ebd. Z. 24. IQ, 1, Anf.; s. o. 468, 6. TD, 19. 1163, b, *. 1171, 
b, 21. X, 7; a. o. 474, 1. Phys. VII, 8. 247,*, 23: xat to !Xo* -dp t^ixJ|v äprril' 
tvijSovals x«\ XJnaij iFvai ouu^pnxiv % 70p xat' ävipYiiav tb -rfc fjSoviJc 1) &ijini- 
pjv 11 äas t% anSot. Pol. VIH, 5. 1840, a, 14. 
4) Dieser Eth. II, 3 (tot. Anm.) ausgesprochene Satz konnte auffallen, di 
ja Ariatoteles seibat (s. 8. 471 f.) zwischen der Lust und dem Guten sehr bt- 
stimmt unterscheidet. Er ist aber nach Maassgabe dessen Ml verstehen , wu 
8. 446. 479, 3 bemerkt wurde. Der Gedanke des Guten wirkt nur mittelst ia 
Gefühls auf den Willen, indem das Gute als ein Begehrenswerthes, Lost ans 1 
Befriedigung Gewährendes vorgestellt wird. 
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Ethische Tilgend; ä. Tugend kein Witten. 487 
dass die Tagend im Wissen bestehe 1 ). Was er dieser Ansicht ent- 
gegenhält, ist im Allgemeinen, dass sie den unvernünftigen Theil 
der Seele, das pathologische Moment der Tugend vernachlässige *0- 
Indem er sodann näher auf ihre Begründung eingeht, weist er nach, 
dass sie auf unrichtigen Voraussetzungen beruhe. Sokrates hatte für 
seine Behauptung geltend gemacht, dass es unmöglich sei, das 
Schlechte mit der Ueberzengnng von setner Schlechtigkeit und Schäd- 
lichkeit zu thun *); Aristoteles zeigt dagegen, dass hiebet der Un- 
terschied zwischen dem rein theoretischen und dem praktischen 
Wissen übersehen werde. Für's Erste nämlich, bemerkt er, ist zu 
unterscheiden zwischen dem Besitz des Wissens als einer blossen 
Fertigkeit, und demselben als einer Thätigkeit; ich kann wissen, 
dass eine gewisse Handlung gut oder schlecht ist, aber dieses Wis- 
sen kann im einzelnen Fall in mir ruhen, so dass ich das Schlechte 
nicht mit dem gegenwärtigen Bewusstsein seiner Schlechtigkeit thue. 
Zweitens aber ist auch, den Inhalt dieses Wissens betreffend, zu un- 
terscheiden zwischen dem allgemeinen Grundsatz nnd seiner prak- 
tischen Anwendung. Wenn nämlich jede Handlung in der Unterord- 
nung bestimmter Verhältnisse unter eine allgemeine Regel besteht 1 )* 
so lässt es sich wohl denken, dass der Handelnde zwar die sittliche 
Regel in ihrer Allgemeinheit kennt und sich vergegenwärtigt, aber 
die Anwendung anf den einzelnen Fall unterlässt, und sich hier statt 
des moralischen Grundsatzes von der sinnlichen Begierde bestim- 
men lässt & ). Hatte daher Sokrates behauptet, dass Niemand frei- 
willig böse sei, so kehrt dagegen Aristoteles seinen Satz, dass der 
Mensch Herr seiner Handlungen sei, und macht eben dieses, die 
Freiwilligkeit des Thuns, zum unterscheidenden Merkmal des prak- 
1) Eth. N. VI, 18. 1144, h, 17 ff. VII, 6. 1146, b, 31 ff. Tgl. c 3, Anf. X, 
10. 1179, b, 23. End. I, 5. 1316, b. VII, 13, Schi. M. Mor. I, 1. 1182, a, 15. 
c.35. 1198, a, 10. 
2) DieBi wird, nach den Andeutungen von Eth. N. Vi, IB. c. 2, 1139, a, 
31, besonders M. M. I, 1 ausgeführt. Vgl. S. 486, 3. 
3} S. Abtb. I, 97 f. 
4) Vgl. S. 447, 2. 
5) Eth'. N. VII, 5, wo es «ich aunächst nm die Erklärung der UnmHuigkeit 
hudelt. — Ein anderes Merkmal zur Unterscheidung des Handelns vom Wis- 
sen, dessen aber Aristoteles in dienern Zusammenhang nicht erwähnt, ist uns 
Khen 6. 124, 4. 446, 2 vorgekommen. 
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tischen Verhaltens gegenüber vom theoretischen ')• Und in ähnlicher 
Weise wird die praktische Thätigkeit auch von der künstlerischen 
unterschieden. Bei der Kunst ist die Hauptsache das Wissen, oder 
die Fähigkeit bestimmte Werke hervorzubringen, beim Handeln du 
Wollen, dort handelt es sich darum, dass die Werke, hier zugleich 
wesentlich darum, dass der Handelnde selbst von einer bestimmten 
Beschaffenheit sei , dort ist daher der besser, welcher absichtlich, 
hier der, welcher unabsichtlich fehlt *). 
Die sittliche Thätigkeit ist mithin dem Aristoteles zusammen- 
gesetzt aus der blos natürlichen des Triebs und der vernünftigen 
der Einsicht; oder genauer, sie besteht darin, dass der unvernünf- 
tige, aber für vernünftige Bestimmung empfängliche Theil der Seele, 
die Begierde, der Vernunft gehorche *)s die letzte Quelle des sitt- 
lichen Handelns ist das vernunftmässige Begehren oder der Wille, 
und die wesentlichste Eigenschaft des Willens ist die Freiheit, mit 
derer sich zwischen den sinnlichen und den vernünftigen Antrieben 
entscheidet 6 )- Die vollendete Sittlichkeit ist aber nur da, wo die 
Freiheit selbst zur Natur geworden ist. Die Tugend ist eine blei- 
bende Willensbeschaffenheit, eine durch freie Thätigkeit erworbene 
Gewöhnung; die Sittlichkeit stammt ans der Sitte, das -fiOos aas dem 
K8o? *}. Fragt man daher, wie die Tugend entstehe, so ist zu ant- 
worten: weder von Natur noch durch Unterricht, sondern durch 
Uebung; denn so gewiss auch die natürliche Anlage die notwen- 
dige Bedingung und das ethische Wissen die naturgemässe Frucht 
der Tugend ist, so kann doch das eigentliche Wesen derselben, diese 
bestimmte Willensrichtung, nur durch die fortgesetzte tugendhafte 
Thätigkeit zu Stande kommen T )> durch welche das, was zuerst 
I) & o. 8. 461 ff. 
3) Eth. ü, 3 (b. A. 7). VI, 6. 1140, b, 22. Metapb. VI, 1. 1026, b, 22. 
8) Eth. VI, 5. 1140, b, 22 vgl. V, 1. 1129, «,18. Motaph. V, 29, Schi 
4) EtL. I, 13 g. E. 
6) M. b. ausser dem eben Bemerkten 8. 461. 
6) S. o. S. 483. 486, 3. 
7) Nachdem Aiirt.Eth.II, 1 («. o. 485, 8) gezeigt hat, dass man nur dun* 
du Trum des Sittlichen sittlich weide, wirft er 8. 3 die Frage auf, ob man nich 
mit dieser Behauptung nicht in einen Zirkel verwickle, denn um daa Sittlich 
zu thun, müsse man, wie ei scheine, schon sittlich sein; und er antwortet dar- 
auf: dem sei nicht so; bei einem Kunstwerk genüge es, das» et selbst von 
einer bestimmten Beschaffenheit sei, xi St naia töc ipitäc f rtip&ia ob an säri 
i „Google 
Die Tugend eine Wlllenibesohaifenheit. 489 
Sache des freien Entschlusses war, zu einer unabänderlichen Be- 
stimmtheit des Charakters wird 1 ). Selbst das Verstehen der ethi- 
schen Lehren soll nach Aristoteles durch die Uebung im tugendhaften 
Handeln bedingt sein: wer solche Vorträge hören will, mnss bereits 
zur Tugend gewöhnt sein , der sittlichen Erkenntnis» muss der sitt- 
liche Wille vorangehen '). Die Tugend setzt desswegen immer 
schon eine gewisse geistige Reife voraus: Kinder nnd Sklaven haben 
keine Tugend im strengen Sinn, weil sie keinen oder erst einen un- 
vollkommenen Willen haben, und auch zum Betreiben der Ethik 
sollen junge Leute nicht taugen, weil sie noch zu wenig moralische 
Festigkeit besitzen '). 
Alles dieses betrifft indessen erst die Form des sittlichen Han- 
delns, ober seinen Inhalt wissen wir noch nichts : die Tugend ist die 
sittliche Beschaffenheit des Willens, aber welche Beschaffenheit des 
no>( tfjj Suukwc 5) aiafpitun TtpirEitai, äXXs xoi l't'i i npi.:-.tuv r.iut iyjat jcnirtJ], 
xp£>Tov jiilv Ozv e(3u>;, Iiklt* iiv npoaipei![UVe( , xol jrpgaipodjAEV0( 5i' airi, Td 61 
Tptrov xoä iiv fSEßaiiu; x& xjiETaxmJ-tu; fymv »p«Tti] . . . npb( 81 tb Ta? opETaj (so. 
E/eiv) -o piv eISevsl juxpbv i) oüBev (cj^-Jei, t« S' äXX« oü juxpji «IIa tö *öv Bilvowi, 
tbcep äx toO noXXaxi; ipamiv t* Sixain xa\ oiüypav« jcEpifl«™. X, 10. 1 179, b, 
23 (ntoh dem 8. 485, 3 Angeführt™): S 51 X^-fot x«Hj SiSa)$ pfaor' oäx h äna- 
oiv io^ui; , iXXi Sil) ^poSiiipfioBat tat; iBem tjjv wfl ixpoettoü tyrfip Jtpb( to xaXüf 
-/o.iptiV xat [wirft» , m-jjces f^v rijV 6p^<|iou<7a-j tb siccppia- du yäp äv öxodotu W-tou 
MEaTptJtovtoj oiJS' «S ouveCij £ xatä t:j9o; £»>- t'ov fi' oBtij)( Jjfovta itü( oTot Tt p.s- 
-iJMJaai; SXiuj t' oi3 Boxil Xöyip Subu» rb 5ta9o( iXXa jjfa 1 Sit Ei] tb ^floj xpoü- 
ic&PXetv ?b>( oixfiav Tijt >pEtij(, oTEpyov tb xaXhv xa'i Su^tpatvdv tö als^pdv. Etvii 
mehr wird Polit. VII, 13. 1338, a, 38 ff. der Belehrung eingeräumt. Auch hier 
werden als die drei Entstehnngagrütide der Tugend fdaic IBoc \6yot genannt, 
tdd dem letzteren aber bemerkt: icolXx Y"P ^«pi Tob( üSioyou; xal -rfjv ^üotv 
icp¬w 8ia tot X6yov, iav itEitrflüraiv äXXut t^tm ßAtiov. Erheblich ist aber 
diese Verschiedenheit nicht. — Daas die sittliche Uebang der Einsicht soran- 
gelien müsse, hatte sobon Plato gelehrt (s. lite Abth. S. 403 f.), an welchen 
die eben angeführten aristo teli sehen Aetusernngen lebhaft erinnern. Aristote- 
les weicht nnr dadurch von ihm ab, data er die sittliche Tngend überhaupt auf 
diese Entstehung«: weite beschränkt, wfihrend jener tos dieser gewohnheits- 
mäßigen die höhere Tngend des Philosophen unterschieden hatte. 
1) A. a. O. n, S (s. vor, Anm.): zor Tagend gehört das ßsjte!ii>s xa\ apcn* 
imfnoi fytiv. Vgl. De mem, c. 2*. 463, a, 27: «Juirep fip ?iiat; tJBtj tb äBof , nnd 
das 8. 462, a Angefahrte. 
3) Etn. I, 1. 3. 1094, b, 27 ff. 1096, s, 4. VI, 13. 1H4, b, 30. 
3) A. &. O. I, 1 mit dem Beisat» : Siafdpti S ' oidsv vfof tj^v JjXtxfav 1) tb ^0« 
wapo* c. 10. 1100, a, 1. Polit. I, 13. 1380, a, 13 ff. 81. 
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490 Ariitoteles. 
Willens ist sittlich? Hierauf antwortet Aristoteles »wichst ganz in 
Allgemeinen: diejenige, durch welche der Mensch nicht allein selbst 
gut wird, sondern auch seine eigentümliche Thätigkeit recht ver- 
richtet Ol genauer jedoch bemerkt er, dass eine richtige Thätigkeü 
immer die sei, welche das Zuviel und Zuwenig vermeidet, and somit 
die richtige Hüte einhält '); fehlerhaft umgekehrt diejenige, welch 
von dieser Mittellinie nach der einen oder der anderen Seite bin ab- 
weicht 9 ). Wo aber dieses Richtige liege, diess kann nicht blos am 
dem Gegenstand unseres Handelns, sondern es mriss vor Allem nach 
unserer eigenen Natur bestimmt werden *■); die Aufgabe unserer 
sittlichen Thätigkeit kann nur die sein, im Verhältnis« inr mensch- 
lichen Eigentümlichkeit die richtige Mitte zu treffen, in Gemüths- 
bewegungen und Handlungen dasjenige Maass nicht tu überschreiten 
und nicht hinter ihm zurückzubleiben, welches durch die Natur des 
Handelnden, des Gegenstands und der Verhältnisse angezeigt ist *). 
' 1) A. a. O. II, 6: fahrt oln Sil näoa ipertj, o3 in )[ iptri), aäid tt su ijtt 
ixatCM xji io ipyov aütoü (5 ebwfiffioiow . . . el 6J) roür' ix\ itkmav o6tu( eja, 
xsl 5] toÖ ivflpiLiiou äpsri) tfc] äv l&; äf' ?j; äfiflo; «vBpwjtot -y(«TB.ixa1 ä<p* (t i3li 
iautaS typ» «coiwo«. * 
2) A. a. O. 1106, b, B: d Sf, nÖoa imo-nfpu) oGtw rt Jpyov iE imreWC, ctih 
tb piaov SUnaiMa xa\ ;!( tov-o «f oina ti tpya (. . . üi; tijj |üv 67[tpßüXiji xcd w^ 
JX),t(^iii)( (pflsipodai]; -o ei, rijt 31 [uaJi)]T0( autoüo7];) . . . \ 8* iprrij 7[aa7)( ^X^ 
«aptBcartpa k«! i[itLvu)v iariv, äanip xal J) f iiai{, roÜ |i^aou äv sTi] crag«aertixi(. 
3) üober die sprachliche Bezeichnung dieses Wichtigen and Verfehlten 
bemerkt Aristoteles, da» nicht selten für das Eine oder das Andere kein eige- 
ner Name üblich sei; Eth. II, 7. 1107, b, 1. 7. 30. 1108, a, 5. 16. III, 10. 1115, 
b, 36. c 14. 1119, a, 10. IT, 1. 1119, b, 34. c. 10 f. 1125, b, 17. 36. o. 11- 
1136, b, 19. o. 13. 1137, a, 14. 
4) A.a.O. 1106, a, 36; iv narti SJ) wvvfii xat Biaipetip um Xaßsni tö [in 
«Utov tb 6* flurcrov tö fi'Ioov, xat T«vt«i| xere' «ätb xb Ttpörrn« i\ wpbs {jnäV ™ 
8 ' lao« ji^ctov -l GiMpßoXiJt xal iU(!i(ieiu(. Wp« 51 tou fitv *p&Y[Mrtos puitrov tb loa» 
iteijot äf ' ixotrlpou tüjv äxpcuv , äntp lain h kos tairbv äöoi, xpbf i][iä( Sl 8 piff 
«liMvattL juJt* DJjlrai. toütq 8' oüx, !v odSi tbÖtov näai.. Wenn s. B. in der 
Wahrung awei Kotylen wellig und sehen viel seien, so seien sechs «war du 
(tieov xx'a tu Kpäf |itt , aber doch kiinne dieses Maass dem Einen ed viel, dem 
Anden an »eilig sein. oBrai Bij xa{ fatemjpiw tJjv &icsp{ioXJ]v jih mit tJ)v ECUu^n 
foJYlt , tb 81 pioov ijijtti iuä toüfl ' alpcltoi , ns'aijv 81 oJ xi toü itoarj^Mtai Olli t» 
«pb(^l«t(. 
6) A. a. O. 1106» b, 16 (nach dem A. 2 Angeführten): Mru 8t A* ■iM' 
-{ipmfv]' o5tt| fäp int rjp"t icafi) xoh Kpafttt, Jv 8« toiitoit ^trdv £KipßoXi| icd lÜn- 
|ij xal tö [Kodv. oTov xoi foß>|Silvat xot ftap^ijoau xrft jin4M|ii)aat x*\ ja^iaS^vsi x>) 
i „Google 
Bthiiohe Tagend; i. rlolitige Mitte. 491 
Dass sieh aber aneb diese Bestimmung noch sehr im Allgemeinen 
halle, und dass wir ans nan weiter nach den Mitteln umsehen müs- 
sen, die richtige Mitte und ebendamit den richtigen Maasstab für 
unsere Handlangen (den öpöös aOyoO zu finden, giebt Aristote- 
les selbst zu 0; hier weiss er ans dann aber nur auf die praktische 
Einsicht in verweisen, deren Geschäft eben darin besteht, im ein- 
zelnen gegebenen Fall das Richtige aaszumilteln, und er definirt dem- 
nach die Tagend als diejenige Beschaffenheit des Willens, welche 
die unserer Natur angemessene Mitte hält, gemäss einer vernünf- 
tigen Bestimmung, wie sie der Einsichtige geben wird a ). 
Ans diesem Gesichtspunkt behandelt nun Aristoteles die ein- 
lelnen Tagenden, ohne dess er es unternähme, sie von einem be- 
stimmten Princip aus abzuleiten. Selbst diejenigen Anknüpfungs- 
punkte für eine solche Ableitung, welche im Bisherigen lagen, bat 
er nicht benützt. Nachdem er den Begriff der Glückseligkeit unter- 
sucht und in der Tugend das wesentliche Mittel zur Glückseligkeit 
erkannt hatte, konnte er den Versuch machen, die verschiedenen 
Thätigkeiten zu bestimmen, die zur Erreichung jenes Ziels dienen, 
and so die Haupttugenden zu finden. Er hat diess jedoch nicht ge- 
Iban *), und so bleibt auch uns nur übrig, auf einen strengeren Zu- 
sammenbang verzichtend zu berichten, wie er sich über die von ihn 
aufgezählten Tagenden äussert. 
Rtijaai xott 3iu{ JjoOijvai x& XumjOijvat soti xa> u.i£XX<iv xa\ Jjrrov, xsl öpf änpo oix 
it- toS' Ste Sei xa'i iif' oT( xett «pb( oOt xal o! (vex* xtä v<i iß, fü'rrov te xai äourto., 
äwp liii -rij; äprti|(. S|u(u( & xoü itspi -.kt Jtpüjen lain ftnpßaXJ) xat iXiti^i; xai 
10 |ii»v .... \aa6irrii Tic «p « isi» f{ aptd), oto^octtobj yc olaa -ou [wuou. Vgl. 
folg. Anm. 
1) Btb. VI, 1: Man soll, wie früher (II, 5) bemerkt, du [wW, nicht die 
ÖTTippoXi) oder Hliiuj.it wählen, tb 6fe piaov itrriv üc ö Uyoi h öpüo; Wtw. Bei 
Allem fori ttj oxenbc r.p'0% Sv «iwfälefciiiv ö töv Xdfov i^uv jxiiiIvei xai äva]aiv , xai 
rtf Joilv 5p(i( tüv pjoutij-ttiiv, ät puTaEu ipa[is* eTv«! Tilf ünippolifc xct\ rij( ilXlIij«ui(, 
üiat xvrä Tbv ^pflbv Id-rov. fim ii tb |ii* stjcelv oGrut £Xi|Bi; p.iv , oü8iv St rca<p«t 
. - - fco U x«k «ip\ t«? -tijf <Htf; IE«! p-i] [idvov ilijOlt tlv*t tuüt' e!pjj(i«vov, illi 
«öl Siütpicuiivov tif t' M« ö Äpflbi XiSyot xai Toifroi» ri( Bpof . 
3) Ebd. II, 6, Auf.: Ism spa f] ip*ri| Rit Kpoaip itixJ| , £v [uadnjTi oäaa tjj 
xobj f|p.it, i^piapi«! X<S-f ^ xai tac av 4 fpävqiec opfatuv. 
3) Nach einem knrieii Böckblick auf die bisherigen Erörterungen Über 
die Tugend (III, 8) fahrt Arial. III, S fort; ocvaXapäVcif ü, mpt Exbtok [ifttifi], 
tciwpjv tivs( iWl xs'i n:p\ iwäa x«t Tiüjf äp-a S' insu Sfjlov xat jidobi ilcrfv. uti 
xpüwv mp't avSpilaf. 
JigilizBdby G00gle 
402 Aristoteles. 
Dass nun für's Erste Oberhaupt mehrere Tugenden »nranehmet 
seien, zeigt Aristoteles im Gegensatz gegen Sokrates, welcher sie 
alle auf die Einsicht zurückgeführt hatte. Wiewohl nämlich die voll- 
endete Tugend, wie auch er zugiebt, ihrem Wesen und Grunde nach 
Eine ist, und mit der Einsicht alle andern Tugenden gegeben sind '). 
so ist doch die natürliche Voraussetzung der Tagend, die sittliche 
Anlage, in Verschiedenen verschieden; der Wille des Sklaven 
z. B. ist anderer Art, als der des Freien, der des Weibes nnd des 
Kindes anderer Art, als der des gereiften Mannes; ebendamit ranss 
aber auch die sittliche Thätigkeit nnd die sittliche Aufgabe der Ein- 
zelnen verschieden sein, und es wird nicht blos jeder Einzelne die 
eine Tugend besitzen, die andere noch nicht, sondern es werden 
noch an jede Menschenklasse eigentümliche Anforderungen gemacht 
werden müssen *}. Aristoteles selbst jedoch spricht nur kurz, nnd 
nicht in der Ethik, sondern in der Lehre vom Hanswesen , über die 
Tugenden der einzelnen Menschenklassen; in der Ethik betrachtet 
er die Tugend in der vollendeten Gestalt, die sie beim Hanne hat, 
wie ihm ja dieser überhaupt allein der vollkommene Mensch ist, nnd 
sucht ihre einzelnen Bestandteile zu beschreiben. 
Die Reihe der Tngenden, welche er hiebei aufzählt, eröffnet 
die Tapferkeit ')■ Tapfer ist, wer einen rühmlichen Tod nnd nahe 
1) Eth. VI, 13. 1144, b, 31: oty oT<Sv te c^iSuv E ft« xupiwj ävw ypovijrauf, 
oS8e opivijiov Swu Tf)c ^Bwlfc äpe-rijj. Nan scheine es freilieb, die Tagenden kön- 
nen von einander getrennt sein; oi3 yap ö aitbj li^aimxtOi xpbj änisst^, &ra 
rifi [iii tjBj] t)|v S' «Situ ctXi)tpb>; Etrrat. Dem sei jedoch nicht so: taute yip*m« 
fiiv Ta( »uuut&t ttpsT*( büftw, naÖ ' 1; 8fc MclÖi; li^Et» äfaBb;, oüx tvifftw 
S|j.a fxf Tij <f povjjuti [iiS ojayi itäoai 5fwpfouo<v. 
2) & vor. Anm. undPolit. VI, 13. 1260, n, 10: Jtäon evuicipjt" |iev ri pip» 
rilt <|>uXijC, «XI ' ivuiuipx.Ei BiatpEpöVno? . . . ö[io!u; Toivuv avafX<ttov IglN MS «P 
t«; ^Batlj ipftif finoliiitriov 6flv fih (ixrr^tiv jt4vt«(, all' oä il* wStov Tpiicoi, 
«11' fSjov Isiareu.npb; tb afinC lpyt>v. Slb tbv (ih äp^QVr« «Wav fyltv tAtty ^Öt- 
xJ|H äpetijv, . . . Tüv S' älldii Exaowv otqy enißiMsi «ltdt(. i5ote (povipov Sn sw* 
ijfluij) dprri] tüv eipTjuiviuv n&viiov, xi\ oify f] lOti] asxpfioaiJvi; Yu*«™°t km ävSpil 
n. a. w. Wird hier auch nicht gesagt, dass eine Tagend ohne die anderen voi- 
lianden sein könne, nnd wird diess andererseits Eth. VI, 13 nur von den phj- 
sisohen Tugenden angegeben, so wird doch die anvollkommene Tngend d<* 
Sklaven oder des Weibes immer auch eine unvollständige, ein theilweieer Bt- 
sits der Tngend, ohne die alle in sich fassende Einsicht, nnd mitbin auch der 
-Besita gewisser Tagenden ohne die andern sein müssen. 
3) Eth. in, 9—12. 
3,g,1:zedBy G00gk 
Tngen den; Tapferkeit n. ■. w. 493 
Todesgefahr nicht fürchtet, oder allgemeiner, wer das, was er soll, 
um des rechten Zwecks willen in der rechten Weise nnd zur rech- 
ten Zeit aushält oder fürchtet ')• Die Ausschreitungen, zwischen 
denen die Tapferkeit in der Mitte steht, sind: einerseits die Unem- 
pfindlichfaeit und Tollkühnheit, andererseits die Feigheit *). Der 
Tapferkeit verwandt, aber nicht mit ihr zu verwechseln, ist der bür- 
gerliche Math, derjenige Hutb, welcher aus Zwang, aus Zorn, oder 
aus dem Wunsche, einem Schmerz zu entgehen a ), der, welcher aus 
Bekanntschaft mit dem anscheinend Furchtbaren oder aus Hoffnung 
auf einen günstigen Erfolg herrührt *)■ Als zweite Tugend folgt die 
Selbstbeherrschung B ), deren Begriff aber Aristoteles auf die Ein- 
haltung des richtigen Haasses in den Genüssen des Tastsinns, in der 
Befriedigung des Nahrungs- und Geschlechtstriebs, beschränkt; hier- 
auf die Freigebigkeit s ~) , als die richtige Mitte zwischen Geiz nnd 
1) c. 9. 1115, a, 33: & jKps ib v xe&'ov H&vatov «8ejj( xik 8« 6&ymov h.ioifti 
ixifVM övtb. c. 10. 1116, b, 17: i (iW oSv 1 M wft öS Ewxa Skq}jAo« xa\ yojäoil- 
(uvoj, xa\ <Ü; Sit xdt Sie, o[ioiuf Sk xa\ flajäpuv, iv6pfiO( ■ xit ' «E iav yäp , xsft ü{ 3* 
5 Wyo? , rta^Z' 1 *■* spitrei £ ävSpEiof . . . xaloü B-fj fvixa £ övBpflot faopivci xal 
*p4r». tb xflrti ity JvBpsfav. VgL Rhet. I, 9. 13Jä6, b, 11. 
2) C. 10. 1115, b, 24 ff. 
3) Wie beim Selbstmord, welchen daher Ärist. als «in Zeichen von Feig- 
heit behandelt; HI, 11. 1116, a, 12 vgl. IX, 4. 1166, b, 11. 
4) C. 11 (wo aber 1117, b, 20 die Worte ?| x«\ zu atreieben sind). Der 
wahren Tapferkeit steht unter diesen die jtoXmxj) ivSpeia am Nächsten (1 1 16, 
», 21), Sit Si' ipeTTjv y^vetcu' 5t' alSCi fip xal Bti xotXoÜ öpe^iv (ti|mjc yäp) xol fuy^> 
™8ou( a!o/po;i Övto;. Aber doch unterscheidet Aristoteles beide, weil bei der 
itoXrenci) ävSptLB immerhin die Heteronomie itattfindet, dais die tapfere That 
nicht tun ihrer seibat willen gothan wird. 
6) Stoataoenfoi), o. 13 — 16,imGBgengatiznräxoXcOTKundEiieinerUnempfind- 
liebkeit, die keinen beaonderen Namen habe, weil sie unter Menschen nicht vor- 
komme (o. 14, 1119, a, 9 Tgl. VII, 11, Auf. — bei den Aseeten der spateren 
Zeit hatte Ariatoteles vielleicht dieaen Fehler gefunden , von dem er sagt: tl 
ä; tili \afiit Iqttiv ffih |aj)81 Btwprfpsi fuspov Srapou, nd j3pw öv IÄ] Toü ävflpiujrcu tW) ; 
T §1- VII, g. i löo, a, 19 ff. and was spater ans li. Vn Aber die tyipornt«, nnd 
»fcwia anzuführen sein wird. Rliet. a. a. O. Z. 13. Wenn A. dieae Erörterung 
mit den Worten eröffnet: [Uta 6t xaiiTTjV (die Tapferkeit) itep"! 3iofpo<jJvj)( Xifio- 
>*»' Soxoüst yäp TiSv iXiivuv p.;ptüv oSiai cTn« a! öpttst, so besieht sieh die» 
wf die platonische Tn gen dl ehre ; er selbst hat keinen Grand, die Tapferkeit 
"i anderem Sinn, all die ethische Tagend überhaupt, dem varnonftlosen See- 
lenthail inaugchreiben. 
8) Oder richtiger: die Liberalitat, die &wBiptonK- 
i „Google 
494 Aristoteles. 
Verschwendung ')> das sittliche, des freien Hannes würdige Ver- 
balten im Geben nnd Nehmen äusserer Guter *), nebst der ver- 
wandten Tugend der Grossartigkeit im Aufwand'). Ferner die Seelen- 
grösse *)i bei deren Schilderung dem Philosophen vielleicht sein 
grosser Zögling vorgeschwebt hat, die Ehrliebe 6 ), die Sanftnratta "), 
die geselligen Tugenden J ) 4er Liebenswürdigkeit B ), Schlickt- 
1) 'AviXeuflepi* and iawrfc. Der sohlimmere nnd unheilbarere anter diesen 
Fahlart) ist der Geis Etb. IT, S. 1131, a, 10 ff. 
2) Eth. IV, 1— 8. In welchem edeln Geist Aristoteles diesen Gegenstand 
behandelt, zeigt u. A. c. 2, Anf.: at St xit' äprrijv JtpojEi; xoÄa'i xsl tqu xaXoü 
Ivexo. xa\ ö S.£u6^p:o( oüv Saum toÜ xkXdB Evex« u\ ÄpOöf . . . xa\ TaCra fjät'ui; tj 
IXdjtioc tq vis xriT* JprrrjV ^Sti f, öXurrav, fjxLCTTei Sl lurnipiv. i Sl StBoü? nl; pJ| 
BfE, I) [ij] toG xoXoÖ fvixa äXXa Bii tiv' öXXijv arrto», o&x fls>Wpio< iXl' äMof 71; 
ßijQifatrau. oüS ' £ J.um)pö*( ■ jJÄAov 71p Horr' 5v ta ;(j»fu.«ra iij; xalijt 7tpi£ou4, 
toüto 5' nüx D.Eu6iplau. 
5) Die («vsl.ciiTs<jceu», a. a. O. 0. 4—6, welche 1122, a, 23 mit den Worten 
b [u-ffflit xpfttouoa Sntavi) deflnirt wird; sie steht in der Mitte Ewischen der 
[iixpoTCpAtEia anf der einen, der ßavauofa nnd äiwipoxalfe anf der andern Seite. 
Ton der iXiufcpiäinc unterscheidet sie sieh dadurch, dass es ihr sieht blas um 
gute nnd anständige, sondern sogleich um grosuartige Verwendung des Geldes 
in thnn ist (IT, 4. 1122, b, 10 ff. wo aber Z. 18 mit Cod. V Mb an lesen sein 
wird: xcü cVttv Ipyou [UfaXaxpimitt äperl) ev [iifiäa „die Grossartigkeit des Wer- 
kes besteht In einer im Groesen sich darstellenden Trefflichkeit," nnd Z. 12; ff 
lautoi; Sk Tb |l^f« TOB \1xyaloK0 ekoü; oTov piyEÜo; „das Grosse hierin ist es, was 
die Grosse in der GroMartigkeit bildet" — uTo» pi-pBo;, weil der vom Blum- 
lieben hergenommene Ausdruck doch nnr uneigentlich aufs Sittliche ange- 
wandt wird; noch bequemer wäre es aber, die Worte otbv prr. tu streichen: 
Grosse hierin ist Bache des LUYaloKptiofc). Rhet. I, 9. 1866, b, 18. 
4) RfEY»Xoi'j-^ia, als Mittleres zwischen lüeinmBtbigkeit (jiixpoijiu^ia) auä 
Anfgeblaaenbeit (jrauv4vi]t) IT, 7 — 9. Ehet a.a.O. Mrrald<Jnrxof ist (1128, h,l) 
o [UfaXwv «Stbv ifuTjy ö&o; "ov, diese Tugend aetit daher immer wirkliebs 
Trefflichkeit voraus. 
6) Diese Tugend wird Eth. IT, 10 als die Mitte zwischen ?ilotc[ifa und 
£tpiXonu.is beschrieben, welche sich cur t^s-fnXo^u^la verhalte, wie die IXfuOtptf- 
n|( snr [«-]•=). 071 pötEm, für die es aber keine eigene Beaeiefanung gebe. 
6) Die peviTTn mal opYit, IV, 11. Ariet. nennt diese Tagend xpa<ttnt, die 
entsprechenden Fehler ip^iXoTtj! nnd ÖBpy)]Erla, bemerkt aber dabei, alle diese 
Bezeichnungen seien erst von ihm hiefar ausgeprägt. Ein xpfot ist demaaek 
ihm infolge 6 if' oT; äsl ?.a'i oTs Bit i?y£A*uwi , fti St mu »*x 6*1 Ksa Ott xsl Sex» 
Xpövov. Ebd. Ober den äxp^oXo; und den xedsicoc. 
7) Welche Arial, selbst IT, 14, 6ehL als solobe snsantmeiifasst. 
8) Dm mit diesem Wort die anonyme Tugend in beswehnen, welche Etfc- 
IT, 12 einerseits der QetafleriDht nnd SontaeioholeJ, udererssitt der Uagssel- 
3y Google 
Tagendes; fterechtigkeit. 495 
heit 1 }, Heiterkeit *) im Umgang; wozu noch die Temperementstu- 
genden s ) der Snliamhaftigkeit *) und der Nemesis 6 ) hinzukommen 6 ). 
Am Ausführlichsten handelt aber Aristoteles von der Gerechtig- 
keit, welcher .er das ganze fünfte Buch seiner Ethik gewidmet hat 7 ): 
bei der engen Verbindung, in welcher die Ethik mit der Politik steht, 
musste der Tugend besondere Beachtung geschenkt werden, auf 
welcher die Erhaltung des Gemeinwesens am Unmittelbarsten be- 
ruht. Den Begriff der Gerechtigkeit fasst er aber hier nicht in dem 
weiteren Sinn, in welchem sie die gesamuite aufs menschliche Ge- 
meinleben bezugliche Tugend 8 ) bezeichnet, sondern er versteht dar- 
ligkeit und Unverträglichkeit entgegengesetzt, und dmch das JjiiXetv ü( iß be- 
schrieben wird, den geselligen Takt. Ariit. bemerkt dort, sie gleiche am Mei- 
nen der ipiXla, unterscheid» aioh aber van ihr dadurch, dass sie nicht auf Nei- 
gung oder Abneigung gegen beatimmte Pertonen beruhe. End. III, 7. 1233, b, 
!9 wird sie ohne Weiteres ptXfa genannt. 
1) Die gleichfalls anonyme Mitte zwischen der Aufschneiderei (alsjovjia) 
und der Selbstverkleinerung (etpwvfin, deren Extrem beim pBWKOiravoüpYOt), IV", 13. 
2) EÜTpamXi« oder ^iSefniu]; (IV, 14); Gegensätze: ßo>tioXo^ia und irfpiÄ- 
m. Ancb hier bandelt es sich um den geselligen Takt (vgl. 1 128, b, 81 1 o SJ) 
Itfkn un &EuB E 'pio{ oOtiuj !£«, oTov wSu.d( Siv EauWp), aber in der bestimmten Be- 
ziehung auf Erheiterung der Gesellschaft. 
3) JüoinitEs sv to1( icäSe« x«\ Iv toi( mpi iin«9i){II, 7. 1108, a, 30), wofür 
Eud. DJ, 7, Anf. usootnttf S«6irnx*l sagt. 
*) Oder vielleicht besser: Verschämtheit, sioiic M. s. darüber Eth. IT, 
15- II, 7 (s. o. 185, 6). Der Schamhafte steht nach diesen Stellen in der Mitte 
'.wischen dem Schaamlosen und dem Blöden (xa-tcncU|£); eine Tugend im eigent- 
lichen Sinn soll aber die Sehambaftigkeit nicht sein, sondern mehr ein IS blicher 
Affekt, der sieb nur für's jugendliche Alter schicke, denn der gereifte Mann 
■olle nichts thnn, dessen er sich zu schämen hätte. 
5} Diese aber nur II, 7. 1108, a, 36 ff., wo sie als \Lta6-nß yÖdvou xit ir.i- 
X.«f*xMiaj beschrieben wird; sie bezieht sich auf Freuds nnd Schmerz übet 
du, was Anderen widerfährt, nnd besteht in dem XuirfioflaL lx\ wäf iva^i'u; tj 
6) Ebendahin reebnet Eud, III, 7 ancb noch die ftXI«, «pvitait, oXvjtlüs 
a>ld BxUlTIC, EÜTpfclsXl'st. 
7) H. vgl. über dieselbe: H. FscHiota Uebet den Qerechtigkeitsbegriff d. 
Arüt (Lpz. 1855) S. 27—56. Hildenbuhd Qesch. u. System d. Beehts- nnd 
BUstiphilosophie I, 281 — S31, der auch weitere Literatur giebt Pbabtl in 
BLi-KTatHLi'g Staatswörterbuch I, 351 ff. 
8) Ti noir ( rutä jlo! <puXa*Tixi Trj( E'JSai|AGvia; xa't TÜ>v [lopitov avrij; -jj noXitixg 
Mimvia — die äpt-rtj teXets, äXX' oty «cXüJt iXXi np'of Iripnv, von der gesagt 
*W, «c sei oü Lis'po; ÄpsTij; aXX' SXr, äpsti], oä6' f, ivoviia ääi*ia pipoj xtutlo; oXX' 
i „Google 
496 ArUUial«. 
unter in engerer Bedeutung diejenige Tugend, welche sich auf die 
Vertbeilung von Gütern besieht, das Einhalten der richtigen Mitte 5 ) 
oder des richtigen Verhältnisses in der Zuthetinng von Vortbeün 
und Nachtheilen *). Dieses Verhältm'ss wird aber verschiedener Art 
sein, je nachdem es sich um die Verkeilung bürgerlicher Vortheät 
und gemeinsamen Besitzes an die Einselnen handelt, mit welcher es 
die austheilende Gerechtigkeit, oder um die Aufhebung und Ver- 
hinderung von Rechtsverletzungen, mit welcher es die ausglei- 
chende Gerechtigkeit zu thun hat s )- In beiden Fällen hat die Ver- 
keilung der Güter nach dem Gesetz der Gleichheit zu erfolgen '); 
aber dieses Gesetz selbst verlangt in dem ersten Falle, dass nicht 
Jeder gleich viel erbalte, sondern Jeder so viel als er verdient; die 
Vertbeilung geschieht daher hier nach einer geometrischen Propor- 
tion: wie sich die Würdigkeit des A zu der des B verhält, so ver- 
hält sich das, was A an Ehre oder Vortheilen erhält, zu dem, ms 
Sil) xoxlct . . . fj |i)v Tij( IXrji äpEtiit 0S0« XP'l 3 '! spöt Blov, }| 81 t^« xajttaf (Eth. 
V, 3. 1129, b, 17. 26 ff. 1130, s, 8. c 5. 1130, h, 19). 
1) Denn diese ist auch hier, wie bei jeder Tugend, der höchste Masssiit: 
vgl. Eth. V, 6, Anf.: fcti S' E t* SSixof övraos xot tö «Siwv äviaov, BijIot Sn i«S 
petrsv t! im\ to5 Jnfoou* toBto S ' iai\ tö Ijov . . . tt oäv tö sSutov ävioov, te 6i»w 
loo». o. 9, Auf. 
3) AU du Unteracheidende der äSixls in diesem engeren Sinn wird 1. 1 
das kXiovextüv , and iwar nepl ti(i)|V Ij jrjnfjüxra 9) oiuTtjplav, ^ tt nvt fyoifi» r* 
ivdium nepcXccß^iv taut« nivin, xa\ Si' f.Bovijv tJ)v äscb tou xipSouc bezeichnet; sie 
besteht (c 10. 1134, a, 33) in dem icUav ai'Si Wjkiv tum okXüc ayafitüv, Eiere» 
Si tüv öt:1w( iixGy, Ton der Gerechtigkeit dagegen hoiast ei c. 9. 1134, tu 1: 
xa\ J] uiv Sixatoodvi] sVft xafl * fy 5 Biiaioj Ufmit jrpaxTix'04 i«rä spoaipEoiv wü fc 
xafou , xat 8iaVE|M)tixit xa\ aätiS icpb( ällov xsi t-rfpio Jtpbt Ettpov , oä^, oBroit Sw 
toB ulv alprcoü itWov o£tt£ Ekatrov Sc tö nl^oiov, wtü ßlaSepoö S' ävfacaliv, ü*" 
wB ibou toD xcct' ivol&vfav, 5<j.o(wi Gl x«l SUiu itpbt ällov. Sie iat (RheL I. >■ 
1S6S, b, 9) äped] SV Jjv Ta aitä« sxaaroL lyouoiv. Becbt und Gerechtigkeit find» 
daher ihre Stelle nur unter solchen Wesen, für die ea ein Zuviel and Znwmij 
im Besitze der Güter giebt, wie für die Menschen, nicht bei denen, welche darin 
anf kein M&asa beschrankt sind, wie die Götter, and nicht bei denen , wdeta 
wie die unheilbar Schlechten, keines Besitzes von Gütern fähig sind; Eth- " 
13. 1137, a, 26. 
3) Wir würden genauer sagen: je nachdem es sich am das BffentUol* 
oder das Privatrecht handelt. 
4) Das Sfcaiov in diesem Sinn wird dem loav, du äBixov dem övioov gleicl- 
gesetzt, wogegen im weiteren Sinn jenes mit dem wip.1p.0v, dieses mit dem ir»*- 
vo|iov zusammenfallt (V, 5 wozu, den Test betreffend, TuMDSLBiaoM Hi>'' 
Beitr. II, 8Ö7 ff. Buav» 8. 1421 f. s. Tgl.). 
i „Google 
Tugenden; Gerechtigkeit 497 
8 erhalt *). In dem anderen Falle dagegen, bei der Ausgleichung 
der Störungen, welche eine Rechtsverletzung hervorgebracht hat, 
und bei Vertragen, kommt die persönliche Würdigkeit des Einzelnen 
nicht in Betracht: Jeder, der Unrecht gethan bat, hat so viel Nach- 
theil zn erleiden, als er sich unrechtmässigen Vortheil angemasst 
hat, es wird ihm von seinem Gewinn so viel entzogen, als der Ver- 
lust dessen betragt, der das Unrecht erlitten hat 1 ). Ebenso fragt 
man bei Kauf und Verkauf, Anlehen, Vermiethnng u. s. w. nur nach 
dem Werth der Sache. Hier gilt daher die Regel der arithmetischen 
Gleichheit: dem, welcher zu viel hat, wird so viel genommen, dass 
beide Tbeile sich gleich stehen s ). Bei Tausch vertragen besteht diese 
1) Auf diese Bestimmungen weist Pul. III, 9. 1380, a, 16 »urück. Dm 
Gleiche liuaac sich übrigens auch umgekehrt von der Vertheilung der öffentli- 
chen Latten sagen: auch hier hat Jeder den seiner Leistungsfähigkeit entspre- 
chenden Theil zu übernehmen. Indesgen berührt Allst, diesen Punkt nicht, er 
müBMedennEth. V, 7. 1131, b, 20 bei dem iImwi und u^ov xaxbv daran denken. 
2) Unter dem Vortheil oder Gewinn (xEpBo;) und dem Nachtheil oder Ver- 
lust (ti^iia) will aber Ariat. in diesem Zusammenhang, wie er Eth. V, J. 1182, 
»,10 bemerkt, nicht blos das verstanden wissen, was man gewöhnlich so nennt; 
«eil er vielmehr unter dem Begriff der ausgleichenden Gerechtigkeit mit der 
rjtrsfrecbtspuege auch die bürgerliche und mit beiden das Vertrags recht su- 
sunmenfasst, muss er, um so Verschiedenartiges unter gemeinsame Ausdrücke 
an bringen, die herkömmliebe Bedeutung der Worte erweitern, und so stellt er 
denn allen Unrecht, was Jemand zufügt, mit unter das xipSot, alles, was Jemand 
»leidet, unter die Clr 1 ^- 
3) A. a. O. C. 5 — 7, WO u. A. c. 5. 1 130, b, 30: -rij( St xaii uipe« Bmaiow- 
ng xol tq5 xar' aJ-rijv Sk«(ou tv piv ferw sISof To tv tbTc 6iavou.«1( Tiu,iJ5 $| y^r^kmi 
1 -üv äXXiuv 8oa ppiori to« xoivruvoiiai ttj; imkrobf, ... tv St to h 10I4 ouvbXXäy- 
flu 3mp0iuT«6v. toiStod Sl pipi] 3üo- tüv jap ouvjlX»Tji4Tü>« -ä jiev ixoüoia iori 
ti 5' ixouaia, {xouaia u.ev tä ToiiSt aTov Ttpäou;, üv4), BavEiojio^, e-fvsii), Xp>ioif, 
nipwaiaBiJ»], fiinQwats' sxoiSoia 6i XffiT«!, Sil jj äp)[J| tüv au»aJJ.aY[iaTO]V toiStujv 
Ettüuioj. tüv 8' axouoiuiv tä u.ev Xaflpala, ofov xloir)), [iQijyla, q>apu.axiEa, Jtpoa-fiu- 
T s '*i BmiXanatta, SoXosovi«, iJisaBopiptijpia, ra Si ßiaia, oTov alxia, Bsa|*i34, BavaTOC, 
*r**rti wir™ «, xnnrfopta, «pomi).axLCf|jL65. c. 6. 1131, b, 37: to usv fi,< Biavi- 
|"|iixby Sixaio» tüv xoivöiv äet XBTä tJ|v ävaXo^lan im\ ii]v eipTjfiivTjV ' xa'i ->sp iito 
/jnijiindv xoivüv eiv 7 fvnjTt« jj Suwo|iJ), iotai lata tov WyOV Tov aÜTÖv Svicsp fyoua: 
Xpb; fuMqlo t> ifcsuv6frm- xa'i to nSixuy to ävTix(!n*VQV Tfii Bixatoi toiStü) rtapa tä 
«*ilo-rÄ» cor». To B* f'v Tdlf ouvaXXa-j-pa-ji Sfxaiov 2ot\ |jiv laov Ti, xa\ To «Eixciv 
mwov, älX' o5 xiits -rijv ävaXuyiav £x£iw ( v iXli xara tj)v ipi6p]TixTJv. oüOkv -fip 
Enjipsi, st ciEuix.j]( faüXov äniaripuuiv j) <p atELof initut!} . . . öXXä icpbc toü ß).£|äoiis 
*V lunpBpav |i4vov BXsxcl £ vtjjiof n. s. w. Die Zodrqc ynd|iiTpixj) hatte schon 
Pluto (Qorg. 508, A) der 7tXcave$(> entgegengesetet. 
FbUi». a. Gi. II. Bd. I. Abu. 32 
3y Google 
Gleichheit in der Gleichheit des Werthos '); der Allgemeine Weid- 
messer ist eigentlich das Bedürfniss, von dem aller Tausch ausgeht, 
das Zeichen, durch welches das Bedürfniss dargestellt wird, ist du 
Geld '), Die Gerechtigkeit besteht nun eben darin, dass diese Ver- 
hältnisse richtig behandelt werden, die Ungerechtigkeit in dem ent- 
gegengesetzten Verfahren: die Gerechtigkeit fordert, dass man sich 
1) Nachdem Aristoteles a. a. 0. in der angegebenen Weise sowohl über 
die austheilende als über die ausgleichende Gerechtigkeit gesprochen hat, 
kommt er c. S auf die Ansicht, dass die Gerechtigkeit in der Wieder Vergeltung 
bestehe (denn diess bedeutet das i.iTir.ir.ai^äi hier jedenfalls, gesetzt auch die 
Pythagoreer hätten durch irgend eine Künstelei die Wiedervrrgeltnng mgleict 
dem umgekehrten Verfall tnisa, dem aVcutncavoocj im mathematischen Sinn, gleich- 
gesetst). Er verwirft diese Bestimmung, sofern sie von der Gerechtigkeit übet 
faanpt gelten soll, da sie weder auf die austbeilende noch anch strenggenommen 
anf die strafende Gerechtigkeit passe; nur die xotviuviat iXXaiTiio'i beruhen auf 
dem ÄvrimnavBbf, welche* aber hier nicht narr' toänrni, sondern xax' äiilo-ii" 
eintrete; tu ävrtitoiftv -jap övüofou eDfipfW }| itoXi( (t 133, b, 81 ff.): nicht die- 
selben, sondern verschiedene aber dem Wsrth nach gleiche Gegenstände wer- 
den gegen einander um getaas cht, und die Norm für jedes solche Tftusohgeschifl 
liegt in der Formel: wie sich die Waare des Einen zu der des Andern verhält, 
so hat sich das, was Jener bekommt, an dem, was dieser bekommt, zu verhal- 
ten. Vgl. IX, 1, Anf. Offenbar wird aber faiemit die frühere Behauptung, den 
die ausgleichende Gerechtigkeit nach arithmetischer Proportion verfahre, für 
diese ganze Klasse von Rechtsgeschäften thatsHchlieh aufgegeben. Anch hin- 
sichtlich der Strafgereohtigkeit passt sie aber nicht, denn auch hier findet um 
geometrische Proportion statt: wie sich die That des A zu der des B verhalt, 
so verhalt sich die Behandlang, welche A erleidet, za der, welche B erleidet 
Nnr der Schadensersatz wird einfach nach arithmetischer Gleichheit, ja mch 
dieser gewöhnlich nur nach der Werthgleiehheit, also bereits nach einer blos- 
sen Analogie bestimmt; dass Aristoteles zwischen Schadensersatz und Strafe 
nicht unterscheidet, und die Strafe (von der uns allerdings auch noch ander- 
weitige Zwecke vorkommen werden) hier nur als einen den unreehtmlMig* 
Gewinn des Verbrechers ausgleichenden Verlast' behandelt, ist einer von den 
Mangeln seiner Rechtalehre, lieber andere SohwKeben derselben, unter dem 
du lObenanateht, dass es hier überhaupt an einer schärferen Fassung des Rsohu- 
begriff* und an einer wissenschaftlichen Ableitung der natürlichen Rechte au 
dem Wesen der freien Persönlichkeit fehlt, s. m. Hilden brand a. a. _Q,ß. Wf* 
2) A.a.O. 1183, a, 19: r.iv-z sujiflX)j™ ott ™ ; t&ai, awsWbiUtrrii ' V 
tb vdtttati.' iljJXuSi iji vlvctsl no; [ifoov xiiza yip |MTCcX . . . oel äpa iv. w 
irivx« [isrpetoBn, (Stmep ^X^l ^pi^'fi. to&to 8' iurl tJJ uav öXijBtia fj vjxU, i 
jrivra auvt^ei . . . oTov 8' wceiXXorrpia tt]4 "föttaf ts vijiiOfia -fi-[0»s xotri ow9if«]'i 
daher auch der Name vojinni« von vdu.04. Vgl. b, 10 ff. IS, 1. 1164, a, 1. Wei- 
ter s. m, ober du Geld Polit I, 9. 1257, s, Sl ff. 
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Tugenden; Gerechtigkeit 499 
selbst nicht mehr Vortheilo und nicht weniger Nachtheile, dem An- 
dern nicht mehr Nachtheile und nicht weniger Vortheilo zukommen 
lasse, als jedem von beiden gebühren, ungerecht ist es, wenn man 
das Gegentheil Unit \); ein gerechter oder ungerechter Mensch ist 
derjenige, dessen Wollen auf die eine oder die andere Handlungs- 
weise gerichtet ist. Dieses beides nämlich fällt nicht schlechthin zu- 
sammen: man kann das Ungerechte thun, ohne doch ungerecht zu 
handeln 1 }) und man kann ungerecht handeln, ohne desshalb schon 
ungerecht zu sein 3 ); wesshalb Aristoteles zwischen Beschädigung, 
Unrecht und Ungerechtigkeit unterscheidet 4 }. 
Weiter kommt für die Beurlheiiung dessen , was gerecht ist, 
der Unterschied der vollkommenen and unvollkommenen Rechtsver- 
haltnisse, des natürlichen und des gesetzlichen Rechts in Betracht. 
1) 8. o. 496, 2 und a. a. 0. o. 9. 1134, a, 6. Weil die Gerechtigkeit so in 
der Wahrung des Rechts Anderer besteht, wird sie ein illorpiov j-faflbv genannt 
t 3. 1 130, *, 3. o. 10. 1 134, b, 2. 
2) Eth. V, 10. 1136, a, 15: övtwv St tüv Gixduv xa*l iSixuv tfflv c?pi)[iiivuv, 
wuCi uiv xat Btx«i05ip«-ffl, Stsv i*u>v ti; aitä Jtpittiy Brav G' äxwv, oflt' &Sa& 
cra luaionparflt äJX ' f, xbt« aupßißijxo'r, . . . a3ixrj;j.s S; xat oixatorep ip||ia wpisrai 
TüiiauDuii xnä axouuiui . . . Aar' ftrai tl öBkov plv iSlxrjfiB S' oEnu ji» |i)j tb 
iioilmoy Kpo(i[. 
3) Schon c. 9 (s. o. 490, 2) war der Sixaio; ala npaxTixbj xsixä Tupoalptoiv 
njj Saaiau definlrt; o. 10, Anf. wird gefragt: fatEt 3' inn ÄBiaoÜvra [iij^iu nSixov 
inn, ö xüia tiBuiijjiaTa aSixüv ijBi] aEntä; jniv Sx«m]V aSixfav, ata« xHjmjs ij fioi- 
X"s 1 Xiitmjs; and es wird geantwortet, wenn Jemand z.B. einen Ehebruch nur 
»xu Leidenschaft, nicht 3(ä jrpo«ipfai(u( äpj^ijv begebe, so sei in Sagen : ÄBixfi 
1^ oäv, öiixot !' oäx im», oTov oi3i xUirn](, sxiU^t fit, oilSi [lot^öf, e'u.ol)(euO£ 6f. 
Vgl. folg. Anm. and 8. 462, 3. 
4) A. a. O. 1136, b, 11, nachdem alle Handlungen in freiwillige und un- 
freiwillige und die enteren wieder in voran tili ehe und unTOraaUliobe getheilt 
sine (■, o. 452 f.): Tpiwv ii, oilcüv jälap£v tüv Ap Ta'n xoivuviai;, (die (älißij hatte 
toben Flato in einer Stelle, die Aristoteles hier vielleicht vor Augen hat, Gcs». 
IS, 86], E, -vom äSixijpa unterschieden , vgl. lato Abth. 543, 3) ta [ilv (ist* ä-f- 
*>£*: ö(iafTiJ[ii«Ta Jm« (oder genauer, Z. 16, tbeil* Jn»;()ffUrt« theils äiiaptTipat«, 
■paptawi [tiv Yip Srav ^ Äp^iJ iv «Jv^i ?j t^j afr!«^, äTuv_fi S' Ktm J^toBiv) . . . 8wv 
8 dB&f (ssv, fij) KpoßouXsdvBc 3*, äKxi][ia (ReobUTcrletiang ans Affekt, wie Zorn 
1- ägl.) . . . Erav S* ix *p60tp(9MK , nBixo; xai uo^lhjpot . . . 5|o.o(>u( Äi mh Sixaiot, 
"a* itpMXofuvo{ Bpta e MCp tt rjI' Bixaioirpavf! Bl, 5v povov ixüv rtp&TTjj. Auoh dia 
Unfreiwilligkrit soll aber nur solche« entschuldigen, lau |iij p.ovov övvooSvti« 
■W» xa> Si' äyvoiatv «fiBptivovot , nicht das Unrecht, was in einer durch straf- 
baren Affekt bewirkten Besinnungslosigkeit begangen wird. 
32* 
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500 Aristoteles. 
Ein Rechtsverhältnis« im vollen Sinn findet nur unter Gleichen und 
Freien statt J ); und ebendadurch unterscheidet sieb das politische 
Recht von dorn väterlichen, dem häuslichen Und dem Herrenrecht s ). 
Das politische Recht seinerseits hat zwei Bestandteile; das natürlich 
Recht, welches für alle Menschen in gleicher Weise verbindlich ist, 
und das gesetzliche, auf willkührlicber Satzung beruhende, oder auf 
besondere Fälle nnd Verbältnisse bezügliche; denn wie ungleich und 
veränderlich auch alle menschliche Einrichtungen sein mögen, so 
darf man doch darum ein naturliches Recht nicht läugnen, da die- 
Möglichkeit einer Abweichung vom Naturgemössen dieses selbst 
nicht aufhebt ■)• Gerade im natürlichen Recht liegt vielmehr die 
einzige Abhülfe für die Mängel, welche auch dem besten Gesetz 
desshalb anhaften , weil das Gesetz mit seinen allgemeinen Bestim- 
mungen nur die Regel, nicht aber die Ausnahmsfalle in's Auge fas- 
sen kann 1 '!)- Tritt ein solcher Ausnahmsfall ein, so wird es nüthig, 
1} C. 10. 1184, a, 25: tb Jr i TOiS r uvö'v fori xa'i tb änXu( Bixaiov iü tb znlm- 
ibv Bixaiov. xoOto 3t* fattv M xorvüivSv ßiou itpof w ehai aitipxiiav, EuuMptA w 
Tooiv !J x«t' Jvalofiav 1] not' ipißp^v. Wo diese Bedingungen fehlen, int nicbi 
du roXtTixbv Bixaiov , dXXi t'i Bixaiov (eine besondere Art des Rechts, im U««i- 
Bchied von dem inXw( Bixaiov) xa'i xnfl ' öpiooSnita. Jenes ist (b, 1 3) immer tta 
vdjiov xa'i iv öli ixetfvxti «Tvai vipaf ■ oStoi B* t[<rov iv 014 &n«py« iijotj]; TOÜ äpX'" 
xtt\ opj(ia8«i. 
2} A. s. O. 1134, b, 8: tb Bi BiaJtotixbv Bixaiov xa\ tb nertptxbv oü xda> 
-toiitoif all' Bfioiov ab yap Jörn äSixia jupbj ti aitoü äjclüJt' tb 61 xt^]ii *« ■ 
■rfxvov, ttoi iv )j mjlixov xa> pj -/tupiaOjji lü-ursp |iipo; aütoü ... Bio fiällov Jtpb( T' 
vtitxa Ion Bixaiov ?| spiJt -r&va xa'i xtijpLBta- toüto fip £oti tb ofxovoiJjxbv Bixuf 
Jtipov 8i xa'i toüto tou jtoXiiixoÜ. 
3) A. ». 0. 1184, b, I81 toD Bi nolitixo« BixaEou tb jilv t)uuixo"v Ion " K 
vofiixbv, fuoixbv [itv tb xavta^oü tjjv a3t)|v f^ov Bjvajiiv, xa\ oü iö> Boxili 1 fi 
voiiixbv Se £f «PXijt p^v oüflfcv Stoppet oSrcu; ?j älliü(, Srov Si GSvtai Btoo^pK, •■■ 
tti 801 lir« tfiv xaflfaoata vopStTouoiv. Vgl. 0. 12. 1136, b, 38. Das nstorlid« 
Recht ist ein «llgomeinea ungeschriebenes Gesetz (vip.04 xoivbf, äyBafOi}, d" 
positive [vöp.oj ISiOf) wird im Unterschied hieron als das geschriebene (iMeB 
beseichnet (Rbst. I, 10. 1868, b, 7 vgl. 0. 14. 1376, a, 16. c. 15. 1375, a, !t 
1376, b, 23. Eth.N. VIII, 15. 1162, b, 21), genauer jedoch. werden auch in ib» 
geschriebene und ungeschriebene (der Sitte und Gewohnheit angehörigo) »*■ 
st*ndtheile unterschieden Ehat. I, 18. 1378, t, 4 vgl. Etb.N.X, 10. 1)80,%»- 
4) Eth. V, 10. 1134, b, 24 ff. vgl. Biet. I, 13. 1373, b, 6 ff., wo sieh &*■ 
für das Epifati xoivbv Bixaiov unter Anführung bekannter so pho kleischer nna w 
pedoklelacher Verse auf die allgemeine Uebereinstimmnug beruft. 
6) Aehnlich schon Dato; s. lste Alith. S. 579, 2. 
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Tugenden; Geruch tigkeit 501 
zur Wahrung' des natürlichen Rechts vom Gesetz abzugehen. Diese 
Berichtigung des positiven Rechts durch das Naturrecht ist die Bil- 
ligheit '). Einige andere Fragen, zu welchen die Untersuchung aber 
die Gerechtigkeit unserem Philosophen Anlass gieht *) , müssen wir 
hier um so mehr übergehen, da bei denselben kein reines Ergebnis« 
zn Tage kommt. 
1) Eth. V, 14, wo u. k. 1187, b, 11: To ätutxt; 3ix«:ov piv Itucj, oi TO xorl 
vd|iov 31, iXX' £jrnvip6'iifii vojii^ou intaüni. Und nachdem du Obige ausgeführt 
igt, Z. 24: Bio Btxaiov uiv fori xal SAtiov to3 tivb( Btxaiou (hierüber S. 500, 1), 
oi tou «tlffif St (was hier, nie Polit. III, 6. 1279, d, 18, und »ach Eth. V, 10. 
1134, s, 25, = «uaixöv oixottov) 4U4 Tou Bia To «tlei( (biefBr könnte man icopi 
to inl. vermnthen, doch lassen eich die Worte auch erklären, wenn man sn 
ihnen nicht Biet to ärcXüi; Sixaiov, sondern Siä ib iitlöj; SpinaaS«: oder Aehnlichei 
ergänst) äu-ap-ü^fiaTo^. xal tutiv aBti] fj (piioif 1] to5 fauixo3(, ('it&vo'pftwu.s; viiiou, 3[ 
AXeiksi 6ii t'o x«8öXou. Der inittxJjt ist demnach (Z. 35) o tCv toioikiuv npompe- 
itxbf xot itpaxxixbf, xsl ö |t), äxpißoSixoiiOi u. a. w., und die tr.iäxf.x ist SixaioniivTj 
2) Ob es möglich sei, frei willig Unrecht in leiden und sich selbst Unrecht 
xu thun, nud ob bei einer ungerechten Vertbeilung der Verteilende oder der 
Empfänger das Unrecht begehe. Ariat. beschäftigt sich mit diesen Fragen Eth. 
V, c. 11. 12 und 15. Was ihn an ihrer befriedigenden Beantwortung verhin- 
dert, ist tbeils die Beschränkung der Ungerechtigkeit anf die irXiovtEio, theila 
der weitere damit zusammenhangende Hangel, dass er zwischen den verüusser- 
liclien Rechten, hinsichtlich deren das volenti nonßt injuria gilt, nnd don un- 
veräusserlichen , und ebenso zwischen der ei tu rechtlichen und der strafrecht- 
lichen Saiteder Rechtsverletzungen nicht bestimmter unterscheidet. Von einem 
Theil dieser Erörterungen hat man übrigens bezweifelt, ob sie von Aristoteles 
herrühren. Kap. 15 ist naralicb der Untersuchung von der Gerechtigkeit in 
einer Art angehängt, wie diess von Aristoteles selbst unmöglich geschehen sein 
kann. Öfkkoh. (Abb. d. Bair. Akad. pbilos.-philol. El. III, 470) will dealhalb 
c 14 eu c. 10 versetzen; was aber tbeils an sieh kaum angeht, theils auch 
nicht ausreichen würde, denn c. 13 stände dann immer noch störend k wischen 
c 12 and 15. Fiscni» (De Eth. Nico m.u.H, w. 8. 18 ff.) udFaiMMni (Ethioa 
Eudemi 117. 120 ff.) halten c. 15 für ein Bruchstück aas dem 4ten Buch dar 
endemischen Ethik, Bkikdis 8. 1488 f. will uns zwischen dieser und anderen 
Möglichkeiten (dass es z. B. eine vnrlllnfige aristotolischo Anfaeichnung sei) 
die Wahl lassen. Mir scheinen alle Schwierigkeiten zu verschwinden, wenn 
wir c. 15, mit Ausnahme des letzten SlLtaehcns, zwischen e. 12 and 13 stellen. 
Dass die Frage, die es bespricht, schon vorher erledigt sei, ist nicht richtig: 
e, 11 war untersucht worden, ob das, was man freiwillig leidet, hier, ob das, 
wm man eich seibat zufügt, ein Unrecht sein könne. Diese Untersuchung wird 
c 12, Anf. ausdrücklich noch in Aussicht gestellt, und sie wird c, 15 zwar 
nicht besser, aber auch nicht schlechter geführt, als die verwandten o. 11. 12. 
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502 Aristoteles. 
Durch diese Erörterungen aber die hauptsächlichsten Tugend« 
wird nun die frühere allgemeine Bestimmung über das Wesen der 
Tugend bestätigt. Bei ihnen allen handelt es sich um das Einhaltes 
der richtigen Mitte zwischen zwei Fehlern. Aber worin besteht diese 
richtige Mitte? Dafür hat uns der Philosoph weder in der vorange- 
gangenen allgemeinen Untersuchung noch bei der Darstellung der 
einzelneu Tugenden einen sicheren Maasstab an dje Hand gegeben. 
Dort verweist er uns auf die Einsicht, die uns das Rechte linden 
lehre 0, hier lässt er die richtige Mitte durch den Gegensatz gegen 
die fehlerhaften Einseitigkeiten an's Licht treten; aber welche Hand- 
lungsweise fehlerhaft sei, darüber wird schliesslich doch wieder nur 
der Einsichtige, und nur nach Maassgabe der Vorstellung entschei- 
den können, welche er sich über die richtige Mitte gebildet tut. 
Alle ethische Maassbestimmung also, und mit ihr alle ethische Ta- 
gend, ist durch die Einsicht bedingt. Auch für das Verständnis» der 
ethischen Tugend wird sich daher die Frage nach dem Wesen der 
Einsicht nicht umgehen lassen; und so beschäftigt sich denn Aristo- 
teles im sechsten Buch seiner Ethik mit demselben , indem er es 
durch Vergleichung mit verwandten Eigenschaften erläutert und die 
praktische Bedeutung der Einsicht auseinandersetzt *)• Zu demEnde 
1) S. o. 491, 2. 
2) Gewöhnlich giebt man dem Abschnitt Aber die dianofttischen Tugendn 
eine selbständigere Bedeutung. Die Ethik, glaubt man, solle alle Tagend 
überhaupt darstellen; dies«; seien theila ethische, theils dianoetische ; toi 
jenen handle B. II— V, Ton diesen IS. VI. Mag aber auch vielleicht schon Ed- 
dewus (nach Etfa. End. II, 1/1220, a, 4—15) seinen Gegenstand so bebaodrfi 
haben, ao scheint doch die Absicht des Aristoteles eine andere in sein. D" 
Ethik ist bei ihm nur ein Theil dei Politik (a. o. 468 f. 127, S), von der Biete 
' Eudemus (I, S. 1216, b, 13) ala eigene Wissenschaft unterschieden wird; ib 
Endiweok soll (s. o. 123, 4) nicht in der fvüois, sondern in der irpä?ts lieg" 
(Etb. End. I, 1. 1214, a, 10 hat dafür: nicht bloa im Erkennen, sondern mcl 
im Handeln), and ebendesshalb ihr Verstttndniss duieh Lebenserfahrung iri 
Charakterbildung bedingt sein (Etb. N. I, 1. 1 096, a, 2 jf. s. o. 489, 2. 3). Dia« 
praktischen Ahiweokung der Ethik würde es (wie diese nach M. Mor. I, & 
1197, b, 27 schon in der filteren peripateti sehen Schnle eingewendet wori* 
m sein acheint, hier aber ungenügend widerlegt wird) nicht entsprechen, w 1 
mit der Erkenntnissthfttigkeit \xm ihrer selbst willen, und abgesehen too ü* 
Bedeutung fürs menschliche Mandeln, m beschäftigen , wu «ch nach VI. i- 
1141, a, 28 nicht Sache der Politik sein kann. Die Darstellung unseres 6t» 
Buchs wäre such wirklich, wenn sie eine vollständige Beschreibung der *i* 
DianoStisobe Tugenden; Einsicht. 503 
unterscheidet er zunächst, wie wir bereits wissen, eine doppelt« 
Yeraunfttbätigkeit, die theoretische und die praktische, diejenige, 
welche sich auf das Notwendige, und die, welche sich auf das will- 
kührlich Bestimmbare bexieht ')• Indem er sodann weiter das Ver- 
hiltniss der Begriffe : Vernunft, Wissen, Weisheit, Einsicht und Kunst 
untersucht 8 ), kommt er zu dem Ergebnis«: alles Wissen beziehe 
noStischen Tugend Bein nullte, sehr ungenügend. Gerade über die höchsten 
Tätigkeiten des erkennenden Geiste« äussert sie sich am Kürzesten. Dagegen 
wird man ihre Haltung vollkommen begreifen, wenn man annimmt, ihr eigen! - . 
lieber Zweck liege in der Untersuchung über die ippivTjett, nnd der andern dU- 
noetiachen Tugenden werde hier nur desshalb erwtthnt, um das Gebiet der 
<ppdw)oi( gegen das ihrige abzugrenzen, und du E igen th um liehe derselben an 
ihrem Gegensatz gegen jene klar zu machen. Von der ^pivijiis aber hat Ari- 
stoteles, wie er c. 1 (s. o. 491, 3) selbst sagt, desswegeu eu reden, weil er die 
ethische Tugend als ein dem op6b( Xqyoc entsprechen des, durch das Urtheil des 
esövifia; zn bestimmendes Verhalten definirt hat, weil mitbin diese Erörterung 
zur vollständigen Darstellung der ethischen Tugend selbst gehorte. Vgl. in 
dieser Beziehung auch Vi, 13 (oben 492, 1). X, 8. 1178, a, 16: ouvä^uxrai Sa 
ia'i f, epriu)jai( TT) toü TjGau; äpEiij, xat aüo] TJJ ppovi[a-si, ilrop a! uiv Tiji (ppovfjaaojf 
ipvA xaxa xat i^flixaj ebiv äpita;, tb S' ipBbv teiv ^Bixwv xata t)]v (ppivrjoiv. 
1} 8. B. 460, 1. 8. 
3) Etb. VI, 8, Anf. : tVroj 8i] oTj iliiflEiiEt f] tyuyi) tö jtata^ivou !| «Jiotp&veu 
-j'jts ib» äpiflu-iv taata S' iotl rix. 1 "!) inton})!!] , <ppovnm4 (was hier in Ermang- 
lung eines bezeichnenderen Worts mit „Einsieht" übersetzt wird), aopia, voie 
üsoiiJt|i{i Tip xat äi^ ^S^xcTai 3iat|iEÜ8E<i8ai. Ob Aristoteles diese saiumtlichen 
fäisf Stücke oder nur einige derselben als Tugenden betrachtet wissen will, ist 
bei unserer Ansicht über den Zweck der vorliegenden Erörterung ziemlich un- 
erheblich. Indessen kann ich der Ansicht von Pr*htl (Ueber die dianoSÜsuhen 
Tagenden d. nikom. Etbik. Miinch. 1853) nicht beitreten, der nur die aofia 
und die opo'vttai; als diabetische Tugenden gelten lassen will, jene als Tugend 
des Myov i/ov, insofern es auf das u-i] i*&iy6\iiv<n äXÄiu; üytw gerichtet sei, diese, 
nebst den ihr untergeordneten (der «ußouXi«, oüvioij, r^üpi), Gewirr,;), sofern ei 
auf das Ivfe-f&pivai «XXiot e-fz:i gehe; vom voü< dagegen sagt er, bei ihm, als 
dem Unmittelbaren, sei noch gar keine Bede von Tugend, von der üuimfiu] und 
"fy«l, sie seien keine Tagenden, aber es gebe eine aptri) iitwti{u.i|i, die o-o^la, 
and eine äpETii xfyyrn, in höchster Instanz gleichfalls die oosla. Und die letzter* 
heiut allerdings o. 7. 1 14], a, 12 äprri] i<X,vi)(, aber nur um den unbestimmteren 
Sprachgebrauch, wornach oofia für jede, auch die künstlerische Meisterschaft 
steht, von dem bestimmteren aus zu scheiden, nach welchem sie eine besondere 
dianoetisobe Vollkommenheit, die in der Erkenntnis« des Notwendigen sieb 
bewahrende, bezeichnet. In dieser engeren Bedeutung genommen ist die Weis- 
heit nicht ipETTj Tiy. , 1<i denn die xtyyij hat es ja gerade mit dem botjbopevBit 
vj.t-y, ijp.v ln thun. Auch abgesehen hievun scheint mir aber Pmih'i Ansicht 
i „Google 
504 Aristoteles. 
•ich auf ein Nothwendiges, weichet in demselben durch vermittel- 
tes Denken, oder mit anderen Worten, durch Beweisführung erkannt 
werde l 3; demselben Gebiet gehöre die Yernnnft (voOO im engeren 
Sinn an, als dos Vermögen, die höchsten und allgemeinsten Wihr- 
heiten, die Voraussetzungen alles Wissens, in unmittelbarem Erkennen 
zu ergreifen 0; in der Vereinigung von Vernunft und Wissen, in 
nicht richtig; theils weil Aristoteles c. 2, Anf. an »drück lieh die dijuioetiscbtn 
Tagenden als Gegenstand der folgenden Erörterung bezeichnet, und nirgend» 
andeutet, dua in dieser Beziehung »wischen den fünf Stücken, die er C. 3 inf 
zfihlt, ein Unterschied sei; theil* weil der aristotelische Begriff der Tagend tif 
Alle fünf puiL Dean wenn jede löbliche Eigenschaft eine Tagend ist (Etb. I, 
18, Hehl. : töv Sl SJtiüv t«( iicnvrtäf «prrit Xrfoujv) so sind die gKianf fU] and die 
Tt^vn unzweifelhaft Ifeit inuiteul (als Beispiel der S?;j wird gerade die &ttrtjp| 
herrorgehobenKateg.ee. 8, t, 29. 11, s, 24), und wenn »ndemwo (Top. ¥,3. 
131, b, 1) us du eigentümliche Merkmal der iprrt) angegeben wird: i t» 
t^ovra xoit'i (tkovScIgv, so paust dieas gleichfalls auf beide. Das Gleiche gilt 
aber auch von dem vo5(, sobald man nnr anter demselben nicht diesen be- 
stimm teaTaeil der Seele, sondern eins bestimmte Beschaffenheit derselben ira* 
»teht, wie man dies» muss, wo der v&Ü; neben der litmfy-ij n. s. f. steht; c. IS, 
Anf. wird er auch wirklich ausdrücklich als ffi? bezeichnet; ist er aber eine 
Ruj, so maas er auch eine e^is sxerw-ri}, eine äpsTJjsein. 
1) A. a. 0. c. 3; vgl. 8. 111, 1. 168 f. 
2) A. a. 0. c 6 q. ö. s. 8. 13S, 4. 170 ff. Ein erweiterter Sprachgebrauch 
ist es, wenn dem voüf Eth. VI, IS anch die Erkenntnis« des Einzelnen, wiefeni 
sie eine unmittelbare nnd TernunßmKsaige ist, beigelegt wird. 1143, a, 35: i« 
i voüf töv ^mitiuv fit' äu^JTEpct" xal yip tüv jtfuuTiu» öpiuv xa\ tuv so)(&tiiiv iwl 
iaft xal ail 3.6-fo;, xat £ piv xatit Taj mtoBji^eij tmv ixivifcniv Esiuv xal icptuTaw, s 8 
sv rat; rtpa/Tixott tqÜ iff^&roo xal ^vÄE^opivou xal rjj( itf'pa; JtpQTiaitoC ipjfa: f» 
toi o! Ivixa aSrai ■ tx ;ü>v xaSExaaTO jap ro xdWlou. toijtuk ouv sjfitv 5e1 .aMijir», 
ajjTi] 6' Joft voüt. Wie der Nus in theoretischer Beuehang die Principien suf- 
•teilt, von denen alles Wissen ausgeht, so bestimmt er nach dieser Stelle tk 
praktische Vernunft die Zwecke, denen anscr Bandeln zustrebt, indem er in 
Gebiete des jvSr/duivov SXkw; r/iiv das ran uns zu erreichende Ziel festsrtrt 
welches im praktischen Syllogismus (s. o. 44T, 2) durch den Untersaat susg«- 
drflokt wird. Dieses Ziel ist aber immer ein bestimmter einzelner Erfolg 1 . i>* 
die praktische ThHtigkeit mit der Vorstellung dieses Erfolg* beginnt, ist die« 
Vorstellung eine unmittelbare; zugleich ist sie aber eine von der iwecisetira- 
den Vernunft aasgehende; sie ist somit eine unmittelbare VernunftTorstellong, 
nnd sie wird als solche dem voüj, als dem Vermögen der unmittelbaren V* 
nnnfterkanntniss zugewiesen; dsss aber für diese der Aoadruck cuUbjaie, p- 
braucht ist, kann nicht auffallen: dieser Ausdruck steht auch sonst (s. B. Etk 
IX, 9. «1170,», 29 ff. Polit. 1,2. 1253, s, 17} ganz allgemein für „Bewnesueiir, 
selbst eine so sinnliche Bexeiofanong, wie fliyriwtv, wird Ja aber »om Nua g* 
i BV Google 
Dianoetischo Tagenden; Einstellt. 505 
der Erkenntniss de« Höchsten tmd Werthvollsten bestehe die Weis- 
heit ')• Diese drei Begriffe bezeichnen daher das rein theoretische 
Verhalten, die Erkenntniss des Wirklichen and seiner Gesetze, des- 
sen was nicht anders sein kann, und desshalb nicht Gegenstand der 
menschlichen Wirksamkeit ist, wogegen es die Kunst and die Ein- 
sicht gerade mit diesem zu thun habe *), jene sofern es steh dabei 
um eine Hervorbringung, diese, sofern es sich um eine That han- 
delt *). Für die Leitung des sittlichen Verhaltens bleibt mithin aus 
den sämmtlichen Erkenntnissthäligkeiten nur die Einsicht. Ihr Werk 
ist die praktische Ueherlegung *); und da es nun diese nicht mit 
allgemeinen Sätzen, sondern mit ihrer Anwendung auf gegebene 
Fälle zu thun hat, so ist ihr die Kenntniss des Einzelnen noch un- 
entbehrlicher, als die des Allgemeinen ! '~)- Ihren Sitz hat sie in der 
braucht (s. o. 278, !. 2S1, S). Wenn anderswo fc. 9. a. u. 605, 5) der Nu« ge- 
rade dadurch von der ^pävijTt; unterschieden wird, das* sich jener auf die all- 
gemeinsten Begriffe beziehe, diese auf das itr/atni als das itpjitbv, so ist der 
laXic, hiebe i offenbar in engerer Bedeutung genommen, als in unserer Stelle, nie 
ja derselbe Ausdruck andererseits in noch weiterer Besieh ung alle theoretische 
und praktische VernunftthHtigkeit, aneh die des vermittelten Denkens, umfragt. 
Die Schwierigkeiten und Dunkelheiten in der Lehre vom Nus werden durch 
ein solches Schwanken des Sprachgebrauchs freilich nicht wenig erhebt. M. 
Tgl. so dem Vorstehenden Tbekdei.ekbcks'b lichtvolle ErlRnterung der Stelle 
Histor. Beitr. II, 875 ff. 
1) C 7. 1111, a, 16 (nach Beseitigung des gewöhnlichen unbestimmteren 
Sprachgebrauchs von traf ta}: fixm SijXov Sti -f| äxfißeariTii Sv füv imcrrnnäW enj 
\ oBffa. Sei äpa t'oy ao^bv |(j] u,Svov ti ex tölv ipx öv ltttV«i, ÜXi x«\ it«pi ri( 
if/ai äXi]OeiSiiv. Sor' eTi) bv Jj aoyla voi)( x«'i foiorijui), ffierap xi^aM|v c/ouea tni- 
<m[ui) t£>v Tiiitnirä-ciuv. Weiteres S. 19S, 1. 
2) C. 7. 1141, a, SO fKhrt Aristoteles fort: es wäre verkehrt, die fpÄnjai; 
und die noXirix)) für das Höchste zu halten, man mfisste denn auch den Men- 
schen für das edelste Wesen in der Welt halten. Jene habe es mit dem zu 
tban, was für den Menschen das Beste sei, dagegen fj trooia Irrii /oft Ijcsotijjjh] 
»oft vqüs xöv Ti(i»uriT(uv rij t>tfaEi. C. 8, Auf.: f, Sk op<Jvtj3i( irsp\ Ta ävOpnurrva xat 
rapl um eori pouXtiloooOai ■ Toij vis fppov£j4.ou pÄXtOTa toü:' epfov eftal T , *r u, i -'° «" 
ßoitlUikaOat, ßouXEÜetai S' oüfle'if aspi töjv aSuvatuv ÖUloi; iytvi, aüS' Soiuv (i)) tO.0( 
rl i<m xsl toBto npourtbv ä-raBiäv. Weiteres S. 111, 1. 134,4. 140,1. 
3) Hierfiber s. m. S. 445, 2. 1 24, 2. 3. 
4) C. 8, Anf. s. Anm, 2 und S. 454, 2. 
5) C. 8. 1141, b, 14—22 vgl. Metaph. I, 1. 981, a, 12 ff. Ebendeshalb, 
wird hier bemerkt, gewähre in der Regel die Erfahrung ohne Wissen (die 
Kenntniss des Einteln en ohne die das Allgemeinen) grösseres praktisches Ge- 
schick, als das Wissen ohne Erfahrung. Ana demselben Grunde fehlt die ippö- 
506 Aristoteles. 
praktischen Vernunft >); ihrem Gegenstand nach bezieht sie sich 
theils auf den Einzelnen und sein Wohl, tbeils auf das Gemeinwesen; 
jenes die Einsicht im engeren Sinn, dieses die Politik, welche sich 
dann wieder im Besonder« in die Oekonomik, die Gesetzgebnngs- 
kunst nnd die Staatskunst tfaeilt *)• In dem sicheren Auffinden der 
richtigen Mittel für die Zwecke, welche die Einsicht bezeichnet, be- 
steht die Klugheit ! }; in dem richtigen Unheil über die Dinge, mit 
welchen es die praktische Einsicht zu thun bat, der Verstand*]; so- 
fern sich dieses Unheil auf das bezieht, was Andern gegenüber bil- 
lig ist, nennen wir Jemand wohlmeinend "). Wie sich daher alle 
«jn« jungen Leuten (Etb. VI, 9. 1142, a, 11 ff). Du gleiche Merkmal eto- 
scheidet endlich die tppÄvr,ai; von dei üitm{|ju] nnd dem Nub; a. ». O. Z. 33: 
Bti B' ^ fpiv^an oix faumflMI, pavtpoV toü fip ity/litaii eotiv, (3o7CEp sTpijttf ^ 
yap Ttpaxtov toiqütov. ävilxsrrai txtv £4| lü vü- 6 plv Yap voüf räiv opojv rÜv eüi sjt. 
Xif o(, ij 8s coÜ lu^irou, öS ojx forty tetanjitt) CÜ.X' aiofljjmt, oü^ Jj twv Bteiv, iU 
ata ata0av6'|»£8« ort to eV toi; iiaSr^siixatt ia^aTOV Tpif wvov d. h. sie geht auf du 
Einlebte, aber nicht als Einzelnes, sondern wiefern sich die allgemeine Hegel 
darin darstellt, der es (nie schon S. 447 gezeigt ist,) beim Handeln unterworfen 
werden mnss. Vgl. Trendelehbl-bq Qist. Beitr. II, SSI f. 
1) Aristoteles sagt diess zwar hier nicht ausdrücklich, aber schon nsf-b 
dem, was S. 450, 1 angeführt wurde, steht es ausser Zweifel. Das tu ßoufe&afa 
soll ja das Hauptmerkmal des ypovtpjjs sein, das (äeuXetlraflat ist aber Sache des 
praktischen Denkens. Piuuti, » Meinung (a. «. 0. S. 15), dass die <ppövr{ii; «i"( 
Tagend des Safaarixtiv sei, wird auch durch die Stelle, worauf er sich heran, 
c. 10. 1142, b, 8 ff-, and schon durch e. 8. 1139, b, 15 ff. widerlegt. 
2) CS f. 1141, b, 33— 1142, a, 10; Tgl. 8. 126, 11. 468, 3. 
3} Die «ußoolfa a. a. O. c 10 vgl. oben S. 454, 2. Die cußouXta darf n>cb 
dieser Darstellung weder mit dem Wissen verwechselt werden, da bei diesem 
kein Suchen und Ueberlegen mehr stattfindet, noch mit der eüo-m/üx und i-fli- 
voto, die ohne viele Ueberleguug das Richtige finden, noch mit der BäE«, ü J 
gleichfalls kein Suchen ist, sondern sie ist eine bestimmte Beschaffenheit da 
Verstandes (Siivoia — vgl. über dieselbe S. 413, 4) nilmlich die äpflörrjf pWft 
Jj fcätra tb üipä.ip.ov, xat oj Bei xai S>( xa't Sie. Hiebe! ist aber noch das sitWif 1 
ßepouXsÜrfat von dem 7ip6s fl rilaf sä ßsßooXsÜafci zu unterscheiden. Nur Jen« 
verdient unbedingt EÜßouXia zu beissen, welche daher als öpOdnji 5i xawi'o ma- 
(pspov npd( ri rs'J.ot, oü )j <pptSvi]mc ÖXtjB^; uitiAijilic forty definirt wird. 
4) Ztivtott s.a. O.e. 11. Ihr Verhaltniss zur <ppdvj)<ji( wird S. 1143, », ' 
so angegeben: irep\ tb aäre piv Tji ^povrjoEi foftv, oüx Jon Sk Toa-tbv oiiwon «■ 
fpdvriai(- Jj «iv fäp 9pdv>]ai( femaftTnof foiw tt Y«p Bit xparniv J| [»)), w rite 
oürjit fori»- f, Bl CUVW14 xpntxrj fiovov. Sie besteht in riji xpijaßaL rij 34Ej| b& n 
»pfvsiv ntp^ toutbiv jcsp't iuv }| ippiivTjOii forty, iiXou Xe^oviof, x«l xpivtiv xoAüt 
5) Die YVCdU,]), xaB* i^v i^YVoif-OVa; xa't Ejftut fajilv Yvtüp-ijv, ist nach c. 11- 
i „Google 
DianoBtiache Tugenden; Einaieht. 50T 
Vollkommenheit der theoretischen Vernunft in der Weisheit zusain- 
menf'asst, so führen alle der praktischen Vernunft angebörige Ta- 
genden auf die Einsicht zurück ')• Die natürliche Grundlage der 
Einsicht bildet jene Geistesschärfe, die uns befähigt, für einen gege- 
benen Zweck die geeigneten Mittel zu finden und durchzuführen *). 
Dient diese Fähigkeit guten Zwecken, so wird sie zur Tugend, im 
entgegengesetzten Fall zum Fehler; so dass es demnach eine und 
dieselbe Wurzel ist, aus welcher die Einsicht des Tugendhaften und 
die Verschlagenheit des Schlechten hervorgehen B ). Wie aber un- 
sere Zwecke beschaffen sind, diess hängt zunächst von unserem 
Willen ab, und wie unser Wille beschaffen ist, von unserer Tugend; 
und insofern ist die Einsicht durch die Tugend bedingt *). Ebenso 
aber umgekehrt die Tugend durch die Einsicht 6 ); denn wie die Tu- 
1143, a, 19 ff. 7] toü ETCtEMdu; xplai; JpSJ), ebenen ist die uuvyvtijij] = yvü^u] xpi- 
t«i; toü irctExoüt dpO-rJ. Auch jedes andere richtige Verhalten ED Andern hat et 
aber (e. 12. 1143, a, 31) mit dem Billigen in thnn. 
1) Aristoteles schlieaat detahalb c. IS. 1143, b, 14 die Erörterung Ober 
die diabetischen Tugenden mit den Warten: t! ulv ojy isv.t fj ppdvrjatt xa'i }j 
ooota . . . e*pi)Tai, eo dass er selbst die zwei Hauptklsssen der dianoStiachen 
Tagenden in ihnen reprSsentirt zu gehen scheint. Von der Mehrzahl der übri- 
gen unterscheiden sie sich (c. IS. 1148, b, 6 vgl. c. 9. 114!, &, 11 ff.) auch da- 
durch, daia der voü( die otJvsoh und die fiiö\a\ auch gewitterm aasen Naturgaben 
Bind, die uooia und f pivrflit nicht. 
2) A. a. 0. 0, 13. 1144, a, 23: ioti 8rj -i; Buvaput ijv xiXoüaiSEivdnjTB- aüvij 
i' tüT'. tohutt, (uotj ti npb( t'ov ijtotifl^vta oxojtbv ovvTEivovTa äu'vaaflaiTaüta npat- 
niv xaV TuyyivEiv ailtiüv. 
3) A. a. O. Z. 26: öv [itv oSv ö sxojitf f, xalö(, iitscvKij eVtiv, öv Be ^aÜÄ&c, 
ttovaupYi'a. VII, 11. 1152, a, II: Bii to tJ]v SEtvitijTa iiOyipsiv tijc ippQ¥Tjcnci>( tbv 
ilpjipivov tpctami , , . xst xati ui* tBi Iti-f ov tyriit elvai , SiopEpitv Be xata tJ|V npo-- 
■ipiaiv. Vgl. Anm. 4. Daas die gleiche Begabung recht geleitet grosse Tagend, 
irregeführt grosse Fehler erzeuge, bemerkt schon Plato Rep. VI, 491, E. 
4) A. a. O. 1144, a, 20: t)jv |iev ouv npaaipESiv £p6j)v r.oi€! Jj BpEri), to B' Boa 
ixiivtn tnxa irfipuxi rcpitTeofloi oiJx tan tt)( äptTjj; äl).' ttepat SuvapEuj . . . fort S' 
f] api«]«; oü^ ^ Biivd-ti];, dll' oCx ävtuT7]4 Buvafuwt TaaJtiK- f| 5" ?fo (seine eigen- 
thumliehe Beschaffenheit) xffi öup.an toiStoi ylverai rifc ifiuxfc (dem Auge wird 
die Einsicht anch b, 10 verglichen) oix Sveu äpETijf . . . BiavtpEfci yap fj |io^6t]pIa 
>a\ äia^tuBtaflai noict rctp\ Tat KpaxTutaf äpx^t- ß 0T " favEpev Sti äBiivarov ^piviuov 
rfvai fij) övta iyaO^v. Vgl. c 6. 1140, b, 17: x& Bi BispBapuAui S(' JjBo^v xat 
XJjctjv eu8iJ; ou yalvET« f| «p)$i ouBs (so. ^aivEtai oiitj) BeIv Toiitou Ivexev xa'i S(ä 
toüB* ofpetrf« K&rta xa\ nparrtiv. VII, 9. 1161, a, 14 ff. 
5) A. a. O. b, 1—32. Vgl. vor. Anm. u. 6. 485, 2. 
i „Google 
506 Arlit»t«lu. 
gend den Willen auf gute Ziele lenkt, so lehrt ihn die Einsicht diese 
Ziele mit den richtigen Mitteln verfolgen '}• Die ethische Tagend 
and die Einsicht bedingen sich mithin gegenseitig: jene giebt des 
Willen die Richtung aufs Gate, diese sagt uns, welche Handlungen 
gut sind '). Der Zirkel, welcher hierin zu liegen scheint, lässt sich 
allerdings durch die Bemerkung *) beseitigen, die Tugend und die 
Einsicht werden und wachsen mit einander, beide allmählig, durch 
Uebung; jede einzelne tugendhafte Handlung fördere zugleich die 
Einsicht und jeder richtige Blick im Praktischen die Tugend 4 ); frage 
man aber nach dem letzten Keim ihrer Entwicklang, so sei auf die 
Erziehung zu verweisen, in welcher die Einsicht des älteren Ge- 
schlechts die Tugend des jüngeren hervorbringe. Doch dürfen wir 
nicht übersehen, dass bei dieser Lösung eine von Aristoteles offen 
gelassene Lücke zwar in seinem Gebt, aber immer nur durch ans 
ausgefüllt wird. 
Wie nun die Einsicht die obere Grenze der ethischen Tugend 
bildet, so stehen an ihrer unteren Grenze diejenigen Thätigkeilen, 
welche nicht aas dem Willen, sondern aus einem Naturtrieb hervor- 
gehen, ohne doch darum der Herrschaft des Willens gänzlich cnt- 
nommeri zu sein. Solcher Art sind aber die Affekte. Auf die Erör- 
terung über die Einsicht folgt daher in der aristotelischen Ethik ein 
Abschnitt, welcher das richtige und fehlerhafte Verballen zu den 
Gemüthsbewegungen bespricht. Aristoteles nennt jenes die Massig' 
kett, dieses die Unmässigkeit; und er unterscheidet beide von den 
sittlichen Eigenschaften der Selbstbeherrschung (<nn(ppoauvx) und 
Zügellos igkeit 5 ) durch das Merkmal, dass die Beherrschung oder 
Herrschaft der Begierden bei diesen auf einer grundsätzlichen Wil- 
lensrichtung, bei jenen nur auf der Stärke oder Schwäche des Wil- 
lens beruht. Wenn sich nämlich alle sittliche Thäligkeit um das Ver- 
1) A. a. 0. 1145, *, 4: oüx curat jj Jtpoaipeait £p6i) svcu ppowjoeon oüS im 
apcrijt' 3) |*iv yop t'o tAc;, fj Gl ti iipbc to TÖ.04 ttqiü r.pbnw. 
ÖV(U f pavifaetät suSi ?pwi|iov avsu rtj; iJSixiJ; äpfrijs. X, 8; s. o. S. 502, 1, HchL 
8) Thbsuelksbueü Hiltor. Iicitr. II, 385 f. 
4) Tkebdbi.ksbüeci verweist hiefür pwaend auf M. Mor. II, 3. 1200, b, 8: 
a3w yip iwu -rijj ppov^«iu{ al SXi.vi iftwu -rivovrai, oüO' ^ ^pdvqoij «Iti« &** ™* 
«J.Xuv öpnffiv, «Xli awKpyaVul nws pt' iUlipU». 
5} Oben 493, 5. 
i „Google 
Tugenden; Massigkeit. 509 
liältniss der Vernunft und der Begierde, am Lust and Unlust dreht *)» 
und wenn in dieser Beziehung durchaus dem Richtigen ein Verfehl- 
tes, dem Guten ein Schlechtes gegenübersteht, so stellt sich dieser 
Gegensatz in einem dreifachen Art- und Gradunterschied dar. Den- 
ken wir uns einerseits eine vollendete Tugend, der keine Schwäche 
und kein Fehler mehr apklebt, andererseits einen gänzlichen Mangel 
an sittlichem Bewusslsein, so haben wir dort eine göttliche und he- 
roische Vollkommenheil, wie sie unter Menschen kaum vorkommt, 
hier eine thierische Rohheit, wie sie gleichfalls selten ist r ). Ist der 
Wille als solcher gut oder fehlerhaft beschaffen, ohne dass doch 
diese Beschaffenheit eine so timwandelbare und vollständige wäre, 
wie in dem eben angenommenen Fall, so erhalten wir die sittliche 
Tugend und Schlechtigkeit *). Lässt man sich endlich vom Affekt 
hinreissen, ohne doch das Schlechte wirklich zu wollen, so ist diess 
als Unmässigkeit und Weichlichkeit, widersteht man solchen Affek- 
ten, so ist es als Massigkeit und Ausdauer zu bezeichnen. Die Mas- 
sigkeit und Unmässigkeit beziehen sich auf dieselben Gegenstände, 
wie die Selbstbeherrschung und die Zügellosigkeit, auf die körper- 
liche Lust und Unlust, aber sie unterscheiden sich dadurch von jenen, 
dass das Verfehlte in der Behandlung dieser Dinge hier nur aus dem 
Affekt, dort aus der Willensbeschaffenheit hervorgeht. Unmässig 
ist, wer im Streben nach körperlichem Genuss, weichlich, wer im 
Fliehen der körperlichen Unlust, nicht aus üblem Willen, sondern 
aus Schwäche, das rechte Maass überschreitet, massig und ausdau- 
ernd, wer es einhält*); von dem Tugendhaften im eigentlichen Sinn 
1) S. o. 8. 486. 
2) Eth. VII, 1, Anf.: ttuv mpt tk ffa feux-rüv Tpi'o iaito eBij, xaxia äxpatita 
St|piiT7]s; t« B' evnvrfn rttg fiiv Surft Sijl.«' tq ulv yip äpE-rt]» tb 8' trxp&mcni xo- 
loü|i£v- icpo; 8k -rij» tbipirf-niTa [iiltTt' av apu^rroi Wyeiy -rijii ultlp j)|utc äperipr, 
ijpiuöujv tvta. xat Seiov . . . xot\ -[*p fiorcip oKe thjpfeiu iuii xoxüt oäfi' &prrtj, oStioc 
oiSt Beou, iXX ' !j uiv Tipiuropov öpETijt , f] 3' frEpäv ti y«Vo( xaxia« □. s. w. Auf die 
Bigpidti)« iLommt A. dann noch c. 6. 1148, b, 19. 1149, a, 20. o. T. 1149, b, 27 ff. 
*u sprechen. Zu den thieriachen Begierden rechnet er 1146, b, 29 die ä^poSinut 
Tifit «jiprai, womit aber nach dem Zusammenhang doch nur die passive, nicht 
die aktiia Praderastie gemeint ist. 
3) S. vor. Anm. nnd was sogleich über das YerfaUtnlaa der auf posdvri und 
ixDXwria cur £rxp&iuet und ixpaolx bemerkt werden wird, nebst S. 488 f. 
4) A. a. 0. c. 6: Ott (ib oSv mp* fjBovi( xaä XiStto* iiotv oT t' ryxparcilt xat 
xaptE pixoi xai ol ixpattl; xai u.alaxo't, iiavtpdv. Naher jedoch beliehen sich diesu 
i „Google 
(dem oüippuv) unterscheide! sieb aber der letztere dadurch, dass 
er mit den fehlerhaften Begierden noch zu kämpfen hat, von 
Eigenschaften, ebenso wie die aio? pooüvi] and axoXaaia, auf körperliche Lnsi 
und Unlust ; nur uneigentlich, und daher immer mit einem bestimmten Beisia, 
sagt man y jjlicetwv äxpaTE*( xat x^p3ou( x«\ Tijjij; xal 8up.au. Ttüv 61 XEp't tos '""[ii- 
Tixij ijcoXaiSjEit, itEpl a; le-f ojiev tsv otüopova xsA äxdXao-tov, E |ir; tä npooiptfats 
töiv ijäovuv Sicuxuiv TBC SiupßoXä: xa! tüv i.uxrgSn fdfbn ... alle itofö npoaipran 
xat -rijv Biivoiav, ixpa-rijs iffsrat, o(i xati xpäfStan, xaBirip öpfij;, kXX' «du; 
utivov. Auf die gleichen Gegenstände besieht sich die p\aXaxio. Der ixss^ 
daher und der ixoXatrro!, der iripnTv;; und oiiqseiuv, slal p-Ev cep'i tauTa, all' °-( 
woaÜTüif eWlv, all' ol (iiv npoaipoijvta! ol B' oü jrpoaipoüvTai. 6iö jiällov iioXairaw 
In eThoiluv, iarif [iJj &n8u|lSv ?| ^pt^ia BitSxEi tJ; SntpßoXat xa\ ^idfE! perpiai lta, 
J] toütov B«n Slot t'd giilBu{j£» aadfipa. c. 8, Anf.: In Betreff der genannten Ge- 
genstände sort p-b oÜTO>t e^eiv u*jte JjTTaaOii xa'i cüv ol noXXo'i xpeiTTOUt, ärn ü 
xparEtv aa\ uv o'i tto11o\ jJitou;- toutiuv 6* ö ulv rap'i ijBovis öxpariji ö 8' ryxcarifc 
i Be 7iEp\ Xüitac, |iaXaxb( ö 61 xapttpixifc . . . o piv Ten SitEpßoXä; Biuixuv tüv jj5bjji 
J| xafl' fiwpßoli; 5) Bio jcpWpw«, SV aira; xa 1 ! lhjBev 6i' rrspov öicoportov, fcuttss- 
to; . . . S 8 ' ftXEiitiov ö ävTixEi'fiEVo;, £ Bi pico; auxppcjv. 5(io!(d( St xol S ipeupü« :« 
obijisTtxat Xilno; pd) St' Jjvtav ällä Scä jrpoafpioiv. Der jiaXaxb( dagegen (wtl- 
ober 1150, b, 1 als &Xtij«i)v npöe a ol irollo' 1 . xat ävrtTtiYouai xat BJvavtai defi- 
nirt wird) flieht den Schmerz unvars&tzlich. ivTtxEiTai 81 Tili piv äxpara a 
£yxpBTi)s, tö Bi (ialaxu) ö xaptEpixö;. o. B. 1151, a, II: Der ereöXawrot be- 
gehrt übermässige körperliche Genüsse aus Grundsatz (Sri to mirsiofloj, 
indem diese Begierde in seiner ganzen sittlichen Beschaffenheit begründe! 
ist (8ti tb T010ÜT04 EÜvat oTof Biüxew aJTO(} ... fort St ti; 8ii TcaÖoi e'xotitiiw 
Tiapi tov ^pßbv Xö-f&v , Sv cuote (isv jij) npaTTEtv xaTB tov ^pObv Xd^ov xpacci ~> 
nifloi, &trrt B' eTvbi toioütov oTo« irETTE'ijBai Stöncatv ävßijv oeiv T«t TOiaiirei 
^Bovet ai npazä- aZi6t £onv ixpa-riK, PeXtiojv toB ixoXioiou, oilBi <paüXos felfis - 
inu^ETai yip t'd Pe'Xtiutov, ^ ipz^- äXXo; 8' evirniof , £ iji|i£VETixb( xa'i oCx IxaTsmK 
Bis fi t'o Jtäftot. (Aehnlich achon c 4. 11*6, b, 22.) & 11. 1152, a, 16: der Cd- 
missige handelt zwar Cxüv, itsvjjpoc 8' oü' f) yäp icpoafptatf jntemff " Äa6' f,pfi- 
vrjpof. Er gleicht einem Staat, der gute Gesetze hat, der sie aber nicht halt, du 
novtjpbf einem aolchen, in dem die Gesetze gehalten werden, aber schlecht »md- 
Er unterscheidet sich daher von dem äxäXaaroi durch das Merkmal, daat a 
Ober sein Thnn Reue empfindet, (vgl. Etb. III, 2, oben 452, 6) und desawege 
auch nicht so nnrerbess erlieh ist, wie jener, wessbalb Aristoteles die Ünmii 
sigkeit mit der Epilepsie, die äxoXaoHa mit der Wassersucht und Sehwintlsucto 
vargloioht (0. 8. 1 150, a, 21. c. 9, Anf.). Von der Unmassigkeit werden wieder 
zwei Arten unterschieden, die äoDftlia Und die npoxfaia, die mit Ueberlugnng 
verbundene und die unüberlegte, ans heftigem Temperament entsprungene, ssd 
letztere wird als heilbarer bezeichnet (e. 8. 1150, b, 19 ff. 0. 11. 1152, a, 18- 
27). Zu der Unbeständigkeit des Unmassigen bildet das andere Extrem i" 
H»rtn»okige and Eigensinnige (ioxspepuftfu», iSioyvaSfuiv 0. 10. 1151, b,*)> 
Dan Ausschreitungen der Unmassigkeit stehen als minder tadelnswerth äie dt» 
Massigkeit; Freundschaft. Slf 
denen jener frei ist *)• Inwiefern aber überhaupt ein Handeln ans 
Uamassigkeit und eine Ueberwältigung des besseren Wissens durch 
die Begierde möglich sei, ist schon früher erörtert worden 1 ). 
3. Die Freundschaft. Auf die Darstellung dessen, was 
zur Tugend des Einzelnen gehört, folgt, wie schon früher be- 
merkt wurde, eine Abhandlung über die Freundschaft, in welcher 
eine so sittlich schöne Auffassung dieses Verhältnisses, ein so tie- 
fes Gefühl seiner Unentbehrlichkeil, eine so reine und uneigennützige 
Denkweise, ein so liebenswürdiges Gemüth, ein solcher Reichthum 
an feinen und treffenden Urtheilen sich ausspricht, dass der Philo- 
soph seiner eigenen Gesinnung kein herrlicheres Denkmal setzen 
konnte. Die- Aufnahme dieses Gegenstands in die Ethik begründet 
Aristoteles theils mit der Bemerkung, dass auch sie zur Darstellung 
der Tugend gehöre 8 ), theils und vor Allem mit ihrer Bedeutung 
fürs menschliche Leben. Der Freunde bedarf Jeder 1 ): der Glück- 
liche, um sein Glück zu erhallen und sich desselben durch Hitthei- 
limg zu erfreuen *), der Bedrängte zu Trost und Unterstützung; der 
Jüngling zur Berathung, der Greis zur Hülfleistung, der Mann zu 
gemeinsamem Wirken. Die Freundschaft ist ein Gebot der Natur: 
sie verknüpft durch ein natürliches Band die Eltern mit den Kindern, 
den Bürger mit dem Bürger, den Menschen mit dem Menschen ü )- 
Zorns (e. 7. c. 8. 1150, a, 25 ff. Tgl.T, 10. 1185, b, 20— 29 und S. 449, 4), und 
als noch entschuldbarer die Uebertreibungen edler Triebe (o. 6. 1148, a, 22 ff.) 
gegenüber, lieber Zorn, Furcht, Mitleid, Neid u. 9, f. Tgl. m. auch Khet. II, 2. 
5 — 11; einiges Nähere "hierüber K. 13. 
1) C. 11. 1151, b, 34; 3 Tl -rip 2-fxpatiis oTo; [iTjBiv napa tbv Myar 3ia Tos 
öiu[iiioia( JjSovi; t.oiüv xal h at&9p<uv, kW 4 piv e^mv ö 3' oüx lyiuv tpaüXoc fou- 
Su[j.ia(, xa\ o p.kv toioQto; oto; |»r, fjBertai irapa tov Xfrjoy, ö 6' ato( ^SeoOou äXXi p.!j 
2) S. 487 f. nach Eth. VII, 5. 
3) ton -jap ip£Ti[ Ttj Jj jiet' iprcij(; VIII, 1, Anf. 
4) Dag Folgende nach Eth. VIII, 1. 1155, a, 4— IG. 
5) Ä. a. 0. Öveu -|-ip fiXw ottA« Holt' av !?$*, Jx<av ti loina ä-r«fli Jtavxa 
. . . x( ^ip S^iloi t^( T0i«ijn]4 tierqpiai ä^acpeftsiiriK siiipyroiot, fj yrrvExai pJAiTta 
Xll iWvETOTfol TTpo; fO,o-J(; 
e) A. a. 0. Z. 16—28, wo u. A.: Bot B' iv t« xa\ «vtalc «14v«i( (Irrfahr- 
ten), o'it oixitov Sota; övOpoiico; «vflpijirw xat (p&ov. Vgl. IX, 9. 1169, b, 17: ÖTO- 
tov 5' foo>j nl to [iovtürnv Jcoiftv töv pjjKipiuv o68e\; fip IXoit' äv xafl* oitdv t« 
it&vr' fyiw Ä^fafli' icoXitixÖv T«p & äv8peiito( xo> w(ijv m?ux4V Hierüber 
aueh noch tiefer unten. 
'u, s ,:z Ki "Google 
512 Aristoteles. 
Was die Gerechtigkeit fordert, das leistet im höchsten Müsse die 
Kreon d Schaft; denn sie bewirkt eine Eintracht, in der eine Verletzung 
der gegenseitigen Rechte nicht mehr vorkommt ')- Sie ist daher 
nicht blos öusserlich, sondern sittlich nothwendig *)) sie ist die un- 
mittelbarste Aeusserung ond Befriedigung: des menschlichen Gesel- 
ligkeitstriebs, und eben desshulb bildet sie nach aristotelischer Auf- 
fassung einen wesentlichen Gegenstand der Ethik; denn wie die 
1 Ethik von ihm überhaupt als Politik, das sittliche Leben als ein Lebe« 
in der Gemeinschaft gefasst wird "), so lässt sich die sittliche Tä- 
tigkeit auch nicht vollständig zur Darstellung bringen, wenn sie nicht 
als gemeinschaftbildende dargestellt wird. Wir haben so an der Un- 
tersuchung über die Freundschaft theils die Vollendung der Ethik, 
theils zugleich das Zwischenglied, welches von ihr zu der Lehre 
vom Staatswesen überführt*). 
Unter der Freundschaft versteht nun Aristoteles im Allgemei- 
nen jedes Yerhältniss eines gegenseitigen beiden Theilen bewnssten 
Wohlwollens 6 ). Dieses Verhältniss wird aber je nach der Beschaf- 
fenheit dessen, worauf es sich gründet, einen verschiedenen Cha- 
rakter annehmen. Wir lieben im Allgemeinen dreierlei: das Gate, 
1) Ä. a. O. Z. 24 ff.; daher: f&wv uiv övnov oiSh Sfi SixciiootJvik, 3iw:m i' 
SvtEf Kpat&oYTut siXia;, xat tSv Snai'uiv xo [AÜtoret oilixbv iTvai Scixe" (die hüchilt 
Rech* ist das Freund es recht). 
2) Z. £8: oO iiiä»ov B' äva-pcaljv iwt aiXk xat xaldv. 
3) M. Tgl. hierüber nmi S. 127, 2, Eih. X, 7. 1177, a, 30: o |ic* ««■« 
tCnai Tipb; 08; BtxaionpopjOEi xot [ieO' üv, öiiota; 8k xa'i ö oü^ptov xa\ i ivfo'W 
xar ntlv äXiuv Üxbo-to;, nur die theoretische Tugend genügt sich allein- &'■ 
1176, b, 5: f| B' ävBpioir^; inxi xal TtXefooi autjj, alpeTtai Ta xat' äptT^ apä«»- 
Vgl. 8.474, 1. 
4) Aristoteles selbst freilich schiebt zwischen beide im lOten Bach d«; 
die zwei Abschnitte über die Last und die Gluckseligkeit ein, and kehrt w 
mit dem Schlüge der Ethik zu dem Anfang zurück, welcher die Glückselig^! 
ab das Ziel aller menschlichen Thtttigkeit dargestellt hatte. 
6) VIII, 2. 1153, b, 31 ff. (wo übrigens Z. 32 der Tut nicht in Ordnof 
■n sein scheint). Die Freundschaft wird hier definirt als lüwia h avrtsw™ 01 
ii)j XavDavouaa, Letzteres, weil du gegenseitige Wohlwollen erst dann i" 
Freundschaft wird, wenn jeder weiss, daas ihm der Andere wohl will. Hb» 
nur nach der äusseren Erscheinung und für des rhetorischen Zweck den»'' 
Bhet.1, 6. 1361, b, 86 den <ptÄoj als denjenigen, Eont a ofcrat tf aOä £^» ! W* 
jcpaxTtxit iariy aiiiÜY Et' Ix/tvov. 
i „Google 
Dia Freundschaft. 513 
das Angenehme und das Nützliche *"). Auch an unser« Freunden 
wird es bald das eine bald das andere von diesen Stücken sein, was 
ans ansieht: wir suchen ihre Freundschaft entweder wegen der 
V ortheile, die wir von ihnen erwarten, oder wegen des Vergnügens, 
das sie nns gewähren, oder wegen des Guten, das wir in ihnen fin- 
den. Eine wahre Freundschaft lasst sich aber nur auf den letzten 
unter diesen drei Beweggründen aufbauen. Wer den Freund nur 
um des Nntsens oder am des Vergnügens willen liebt, das er ihm 
zu verdanken hat, der liebt in Wahrheit nicht jenen, sondern nur 
seinen eigenen Vortbeil und Genuas; und aas diesem Grunde wech- 
selt dann noch seine Freundschaft mit diesen '). Die ächte Freund- 
schaft findet sich nur zwischen solchen, die sich an inneren Vorzü- 
gen ähnlich sind, sie gründet sich auf Tugend und Achtung. In 
einer solchen Freundschaft liebt Jeder an dem Anderen das, was 
dieser an sich selbst ist, er sucht seinen persönlichen Vortheil und 
Genuss in demjenigen, was an sich und schlechthin gut ist. Eine 
solche Freundschaft kann sich nicht rasch bilden, denn erst muss 
der Freund durch lungeren Umgang erprobt sein, ehe man ihm ver- 
traut *}; sie kann sich nicht auf Viele ausdehnen, denn ein inniges 
Verhältniss und eine genaue Bekanntschaft ist nur mit Wenigen zu- 
gleich möglich *)j sie ist auch nicht blos Sache des Gefühls und der 
1) A. a. O. 1155, b, 18; SoasT fap oä Jtäv f iXd'^Öai iXXa tb ?i}u]töv, to5«i 6* 
2) A. a- O. c 8. 5 mit dam Beisatz, daaa die Freundschaft am des Vortheila 
willen besonders bei älteren, die um dea Vergnügeoa willen bei jungen Leuten 
Torkomme, daaa nur diese, nicht aber jene, des Zusammenlebens bedürfe, nnd 
daas sie datin am Wenigsten Anasiebt anf Dauer habe, wenn beide Thsile sieh 
unähnlich seien, und bei ihrer Verbindung verauhiedene Zwecke verfolgen, der 
Eine e. B. (wie bei den gewöhnlichen Liebus Verhältnissen) seinen Genuss, der 
Andere seinen Vortheil. Vgl. c. 10. 1159, b, 15. IX, 1. 1164, a, 3 ff. 
3} VIII, 4, Anf.: TtXila 6' JrtW f\ tön ärraOSv oiXia xA x«t' &prri)v ojiolbiv- 
oäioi f fcp t4y«8& äji&uuc ßoiiXo^iai äXXijXoi; Jj ifiBoi- sVfaAat 8' stA xaET aätoiit. 
ol St (3ouW|z£voi TÖ-faf! i to1( f^kaii lyahviv üvexo, |j.aXiara <fCkai ■ Ei' ai igus yijs oStuf 
Ifflnai xat ou bitö au[ißcßi]xdc (sie sind Freunde um ihrer selbst, nicht am eines 
Accidentellen willen)- äiajiAit oäv f, tqiStiov fiX(a Iws äv äfatttii San, 5) S' ipiti) 
t^vuu». Ebd. das Weitere, o. 6, Anf.: ol ui» puBXoi Sjqvmi tpttoi 6V f|£ovJ)v f t xo 
XPisijiev, Tftilri) Efioiai övrtc, ol 6' a-faOu'i Sl* aütoo; fiXor )j fbp iyafloi (denn sie 
•ind ea, wiefern sie gut aind)- oätoi jiiv o!v äxküt flXta, ixittot Es xara ou|j.[k[äj)- 
■ö( iit tu föpHÜiiOou Toi!tüi(. Vgl. 8. 514, 3. 
4) VIII, 7. 115S, a, 10 ff. und noch eingehender IX, 10. 
PWIoj. 1. Gr. U. Bd. I. Abts. 33 
i „Google 
514 Aristoteles. 
Neigung, so wenig sie auch diese entbehren kann, sondern des Cha- 
rakters '); dafür ist sie aber auch ebenso dauerhaft, als die Tagend, 
der sie gilt Jede andere dagegen, statt des Wesentlichen an Aeus- 
serliches sich haltend, ist nur ein unvollkommenes Abbild dieser 
wahren Freundschaft ä ). Diese verlangt, dass die Freunde nnr du 
Gute als solches in einander lieben, von einander empfangen, und 
einander zurückgeben 3 ) ; etwas Schlechtes dagegen werden Tagend- 
hafte einander weder zumuthen, noch zuliebthun, oder auch nur ge- 
statten*). Wie aber die wahre Freundschaft auf der Gleichheit des 
Charakters und der geistigen Vorzüge beruht, so beruht alle Freund- 
schaft überhaupt auf Gleichheit *). Eine vollständige ist diese jedoch 
1) VIII, 7. 1157, b, 28: feixt 8' Jj p-iv pftnaif xUn, f| 81 fiXia l&i (Aber die 
I£i( s, m. 8. 194, 1. 483, 1)' J) yäp fOngai; oty JJttov Jtab; t« ä^iy/i iori», ävtifi- 
loüot 8t pjTa ltpaaipiaetoi, Jj 31 TtpoofpMtc *y' S?£iuj. xoä TifuOi fsaüXovTai ™c oi- 
Xou|i&otc ixtivuv fvEx«, ofl xari niBoe, öXXi xa6' Riy. Andererseits gehört aber 
aar Freundschaft, wie weiter bemerkt wird, doch gegenseitiges Wohlgefallen 
und erfreuender Verkehr: Ton mürrischen Leuten heisst es a. a. 0. 1158, a, 1: 
ol toiowtoi iBvoi pi& dar» AXifXoif ßoiiXovxat fäp T«f«(li xa'i aTcaviöloiy sk Ti( 
XP<l"t' ftkai 8* oi nanu eiot 8ii tq [*ij ei>»iip*piikrv |M]S1 X K 'P UV «Uift- «, a8J)|iä- 
Xicrr' tTvai Soxfi <piXixa. 
2) S. Anm. 1 and VIII, S. 1159, b, 4 ff. c. 10. 1159, b, 2 ff. 
3) C. 4. 1156, b, 12: eo-tiy ixatepot ärclöit äyaSst xa't tu <pliu (Jeder ist so- 
wohl an sich gat als ein Gut für den Freund)- ot fap ä-f ^ * a ' 1 »TtXüji 07060'! 
xa'i aUifXoic üs&iiiui. 6jioi(u( Sl xa'i {[Site x*l fip ältXw; ol öyeM ijSiit xal iiirj- 
Xoi;- Ixaeroi Y>p xaO' f]?ovr,v sioiv ai otxtfai npaftii xb\ at TOLaütst, tüjv ifiBrSi 8) 
st «Ural 1) 5(j.iiai. e. 7. 1157, b, 83: <ptXoövrt( t'ov f&ov tb afiroTj i-(«8<iv a>tXcuaiv ' 
i fip äyaBb{ spO.0; y£vdp.£V05 äyaBbv yivctai cB fiXoe,. Exartpoc, o5v ifiXs" te tb sitä 
äyaflöv, xa'i td Taov ävT«m>3IBoxn Tjj ßouXifoEi xal Tip üSev Xs'jetii ylp fiXöti); fj M- 
-0]( (besser wird aber wohl mit Cod. Kb fj gestrichen, so dass hier das gleiche 
Sprichwort angeführt wird, wie IX, 8. 1168, b, 8: X^-etcu y&p- filinif fairi)!}' 
(liXiaro 8)] ttj tGv a-jaflüv TsÜfl ' inipyti. 
4) C. 10. 1159, b, 4. 
5) 8. Anm. 3 nnd VIII, 10. 1159, a, 84: p.£XXov 8s x% fMaf <&Hfi b tö 
f&ttt xa! tüv oiAo^iliuv jnwvau|jivujv , fiXüiv äpe-rij tb ^iXeTv iboov, (mu aber 
nicht mit Bihndib S. 1478 erklärt werden kann: „das Lieben der Freunde 
gleicht dem Lieben ihrer Tugend ," denn diese Ueberaetaang verbieten schon 
die Worte; sondern die Meinung ist: „da das Lieben etwas Löbliches ist, 10 
Ist es eins Art Vollkommenheit auf Seiten der Freunde; wie daher Oberhaupt 
die auf wirklichen Vorzügen beruhende Freundschaft dauerhaft ist, SO auch 
die auf wahrer Liebe beruhende") aar' iv oT( toBto -ftvrcai xort' «Ron, oäroi (10V1- 
|im <p(Xo[ xa\ i\ toJtuiv ^iXIa. oütu 8' av xa'i 0! äWoi iiaXiat' cTev ^iXor loiCmvt» 
f ip äv, f] 8' bJTiit xa\ Ö|jaiot>){ <ptXor>|(, xa'i [iiXi«a piv j) twv xot' iptr9)v öp-oi^i; 
Die Freundschaft. 515 
nur in dem Fall, wenn beide Theile nicht blos das Gleiche bei ein- 
ander suchen, sondern anch an Werlh sich gleichstehen. Ist- es da- 
gegen bei einer derartigen Verbindung dem Einen um etwas An- 
deres zuthun, als dem Andern 1 }, oder steht der Eine über dem 
Andern *}, so tritt an die Stelle der vollkommenen Gleichheit die 
verhältnismässige, die Analogie: jeder Theil hat von dem andern 
an Liebe und Freundschaftsdiensten so viel anzusprechen, als er ihm 
wertn ist '). Die Freundschaft ist insofern dem RechUverhältniss 
verwandt, bei dem es sich ja ebenfalls um Herstellung der Gleichheit 
, , , iE Jvovriuni fil jistXwt« |iiv Streit f] Bis Tb ^pijoifuv ftps«6oK fOJa, oTov xtiytf 
TcXouafty, a]ia6j); effiiTt' oü ^ip tuy/avii n; ivSti\t fiv, toifou ipi^itvo; ävTtBiupfirai 
iXktf. Anoh das Verhftltniss des Liebhabers und Geliebten gehöre bieher. Taus 
fil oäS* itpiiTxt xa Evavtiov toÜ Ivaviioti xal)' aSib, iXXi xota 3u|i.p£pi]iä?. I) 8' 3ptfi4 
tau [i^troa feti». ToÜxo ysp avafläv. Vgl. Anm. 3. 
1) Wie bei dem Verfaftltniss des Liebhaber» Mm Oeliebten, des darstellen- 
den Künstlers tum Ztthüror, in dem der eine Theil Genuas, der andere Vortbeil 
sucht, oder bei der Verbindung des Sophisten mit seinem Schüler, bei der es 
diesem nm Belehrung, jenem nm Bezahlung zn. tlmn ist; IX, 1. 1164, a, 2—32. 
Tgl. S. 513, 3. 
2) Beispiele: das Verhältnis* von Eltern und Kindern, Aelteren und Jün- 
geren, Mann und Weib, Begierenden und Regierten VIII, 8. 1168, a, 8 
n. s. St. 
3) VIII, 8, Anf. : etat 6' q3v at s?pi)p.Evat tptXiai iv ünJTijTt ■ ri f ip auri y£yvs- 
Tai «7t* »[itpoiv xa\ EoJXoviai iXXjjXot(, i) eripov äv8' Itesou svTixaTaXXärcOTTBt , oTov 
J[3oyJiv ivt' <äy eXfta«. c. 15, Anf.: Tpiruwv 6' oüotuv tpiXtwv ... xA xafl' Ix&»ttjv tSv 
uiv iv toinjTt piXuiv övnuv Tiüv 81 xaö' bupayip (xA fap ö|io{tu( ä^aBot tpIXot -[(vot- 
toi xal ipiviov x E <P 01 "> V ""' Bi xa ' 1 t Bfi Si Kttl Bl * T '° XP'f» l f wv ^ovtei ratf titps- 
l£iai; xal BiaqiEpovTEf) toi; Ioou( [liv xat' IaiJ-n]Ta St" ttji ytXetv xa\ Tolt Xoinoij 'tti- 
Chv, teüi 3' ävloovj Tip ävaXvfov totif lirEpoY_ais änoSioiävai. c. 8. 1158, b, 17 (nach- 
dem Beispiele der Freundschaft in ungleichem Verhillinisa angeführt Bind): 
ETtpavap ixiatou totiiuv äpert) xal tb spTov, fispa 31 xa'i Bi' a ftXoOaiv Ewpai o!Sv 
xa\ «i pXjfasn xot at tptXlat. Die Eltern leisten den Kindern Anderes, als die 
Kinder den Eltern; wenn nur jeder Theil thut, was ihm ankommt, sind sie in 
einem richtigen und dauernden Verhältnis», ivcü-ofov 8' li näoatj Tiif xaO' fiite- 
pojfjp °"Oai; filiK« xa\ tJjy tp&ipiv 8t*t f ivsoOm, oTov t'ov J[ieliiüi |iäXXov (piXEToflttt fl, 
tptXetv, na'i tot üi?EXi|*iuTtpov, xa"i rölv äXXiuv Ixcrarov ojioitu;- Ktav -jap xai* «Efav J| 
fOupi* YiYW)tM, toti yiyvsTai n<u< taitijs e BJ) Täfa tpiXis« e&ai Boxil. Vgl. c. 13. 
1161, s, 21. 0. 16. 1163, b, 11: tb xai' ä^tav yap iftavtwfl xa\ a<uZti tj)v tpiXlav. 
IX, 1, Anf.: ev iciaa^ 5£ Tat; ävo^ottfi^i fiX:ai( (solche, in denen die beiden 
Theile verschiedene Zwecke verfolgen) t'o äveXo^ov loi^Ei xa't o-to^si t^v tpiXlav, 
xaSaittp (tpijt«, oTov xcu tv Tij noXiTixii t$ axuTOTi(itp bvt'i tüv u^oBj][iaTtüv äitoiSi] 
lfm«. xaT' aEiav D. «. w. 
33* 
L z .Google 
516 Aristoteles. 
im menschlichen Gemeinleben handelt '); «her während sich das 
Recht ih erster Reihe auf ein ungleiches Verhältnis« bezieht, in wel- 
chem die Einzelnen nach Maassgabe ihres Werthes behandelt wer- 
den sollen, und erst in zweiter auf ein Verhßltniss der Gleichheit, 
findet bei der Freundschaft das Umgekehrte statt: das Ursprüngliche 
und Vollkommene ist die Freundschaft zwischen Gleichen, erst ein 
Abgeleitetes die zwischen Ungleichen *). 
Nichstdem bespricht nun Aristoteles hier diejenigen Verbin- 
dungen, welche der Freundschaft im engeren Sinn analog sind. Er 
bemerkt, dass jede Gemeinschaft, wenn sie auch nur einem besonde- 
ren Zweck gilt, eine Art von Freundschaftsverbindung mit sieh führe, 
und er zeigt insbesondere von der alle andern umfassenden Gemein- 
schaft, der politischen, welche persönlichen Verhältnisse ihren Haupt- 
formen, den verschiedenen Verfassungsformen, entsprechen s ). Von 
diesen mehr blos vertragsmassigen Verhältnissen sondert er sodann 
die verwandtschaftliche und die reine Freundschaftsverbindung aus *); 
1) VIII, 11, Anf. : iotxi Si ... r.t{\ xaixk r.a\ fy T0I4 aihiii; ebsi JJ ft ftX'm xa\ 
to Slxaiov ' ev änirrj fap xonuovla Soxtt ti o!x«wv «Trat x«i <pil(a Bs . . . xofl' Seav & 
laivuivaüaiv, b& toaoüto'v £art ipiiia- n\ yip xo Sixaiov. Vgl. S. 512, 1, 
2) Till, 9, Anf.: ofy Siioi«; & tb Toov tv T£ Tdtf Bixatoif xs'i iv Tf, <piiia oii- 
viicu f^Eiv ' £m vap rv fib tott Sucaioi( ütov icp(ÜTU{ tb xat' ä£(ov (du 8igmi|urnx*< 
Bixaiov, dessen Maasatab die Analogie int; I, o. S. 496rT.),TdaixB.Tajro«eir(dast»p- 
Outixbv, welche« nach arithmetischer Gleichheit verfahrt) Biui^puf, ev 81 Ti; pdJa 
tb [ilv xarä Tcwröv itpdiTwc (denn die vollkommene Freundschaft, deren theilweiie 
Nachbildung alle andern Arten sind, isl die um der Tüchtigkeit willen und swi- 
»oh oo gleich Tüchtigen geschlossene s. o. 51B, S. 614, 3), tö 81 *«' äffav Ssu-spwt 
Arist. beruft eich für diesen Satz darauf, dass zwischen allen Ungleichen, wie 
■wischen Menschen nud Göttern, oder (können wir ans c 13. 1181, a, 32 ff. bei- 
fügen) Herren und Sklaven, kein Freundschaft* Verhältnis« möglich sei; aber 
■wiachen solchen findet auch kein Rechtsverhältnis» statt (c. 13 a. a. O. vgL 
X, 8. 1178, b, 10). Ueberhanpt ist dio ganze Unterscheidung ziemlich spielend; 
das« indessen Aristoteles selbst die Sache damit nicht erschöpft glaubte, erhelll 
ans dem, was A. 1 und S. 512, 1 angeführt ist. Einer schärferen Bestimmung 
Stand freilieh die Unklarheit im Wege, dass im Begriff des SCxcuov das Becht- 
liehe und das Sittliche nicht gehörig gesondert sind. 
B) Ueher die besonderen Verbindungen, von Reisegefährten, Kriegskame- 
raden, Stammes- und Znnftgenossen n. s. w. vgl. m. VIII, II, über den Staat 
und die Verfassnngsfonnen c. IS f. and data Ana. I. 
4) VIII, 14, Anf.: £v xoivtiivla piv oSv naas ?illa fofl«, xetB&jrtp s'pipar iyo- 
plam S' äv'ti; tjjv ti nuifivix))v x«l d]v (raipLxiJv. a\ St jtoXiTtxo'l xait <puXmxsl w'i 
oufutloiisl, xal Saat ToiaÜi«, xowwvixaif jatxam |iSW,ov ■ oTov -f »P xa.0' iuoXefiw 
Die Freundaohaft. 5)7 
nach demselben Gesichtspunkt werden später *) von der auf den 
gegenseitigen Vortbeil berechneten Freundschaft zwei Arten un- 
terschieden, welche sich zu einander verhatten, wie das geschrie- 
bene Recht zum ungeschriebenen: die gesetzliche, in welcher Lei- 
stung und Gegenleistung fest bestimmt sind, welche demnach nichts 
anderes als ein Verlragsverbältniss ist, und die ethische, bei welcher 
die beiderseitigen Leistungen dem guten Willen überlassen sind. 
Weiter untersucht Aristoteles die Veranlassungen, welche Zerwürf- 
nisse und Trennung zwischen Freunden herbeiführen; er bemerkt, 
dass es hauptsächlich nur die Freundschaft um des Vortheils willen 
sei, die zu gegenseitigen Anschuldigungen Anlass gebe, denn wo 
die Freundschaft um der Tugend willen gepflegt werde, da führe sie 
einen Wetteifer gegenseitiger Dienstleistung mit sich, der jedes Ge- 
fühl der Uebervortheilung ausschliesse, wo sie nur dem Vergnügen 
dienen solle, könne sich gleichfalls kein Theil über Unrecht be- 
schweren, wenn er nicht findet, was er gesucht hat; wer dagegen 
einen Freundschaftsdienst in der Hoffnung auf Gegendienste leiste, 
der sehe sich nur zu oft in seinen Erwartungen getäuscht 1 ). Aehn- 
lich verhalte es sich mit der Freundschaft zwischen Ungleichen; hier 
werden oft unbillige Ansprüche gemacht, während das Richtige sei, 
dass dem Höherstehenden für das, was man ihm nicht in derselben 
Weise erwiedern kann, die entsprechende Verehrung gezollt werde 9 ). 
Auch da endlich entstehen leidnt Hisshelligkeiten, wo beide Theile 
mit ihrer Verbindung Verschiedenartiges bezwecken *). Der Philo- 
soph bespricht ferner die Fälle, in welchen die Freundespflicht 
gegen den Einen mit der gegen Andere in Collision kommt, und er 
schlichtet dieselben dem Grundsatz nach ganz verständig mit der 
Unterscheidung der eigentümlichen Verbindlichkeiten, welche jedes 
Verhältniss mit sich bringt 5 ). Er fragt, ob eine freundschaftliche 
Tili tpaivOT-CM Am. dt ta\h«c Sl ttfyuv öv Tif xoü ?V £tfixi}v, Von der verwandt 
schädlichen Verbindung handelt o. 14 nnd th eil weise aohon 0. 13 f. Wir wer- 
den in dem Abschnitt über die Familie hierauf aurttckkonnEcn. 
1) VIII, 15. 1162, b, 21 ff. 
2) M. n. die anziehende Ausführung VIII, 15, ans der ich du Einzelne 
nützet tbeilen mir nur ungern versage. Ebendahin gebort, was aue IX, 1. 1164,8, 
88 ff. (da« Verhältnis» des Lehren und Schalen) aehoD Th. 1, 768 angeführt wurde. 
8) VIII, 16. 
t) Da* Nähere hierüber IX, 1 Tgl. 8. 615, 1. 
5) IX, 2, woa.il 165, a, 16. 30 : iix\ 6' ftip « -rovtöoi nat BSiXfwc wü tttti- 
Google 
518 ArUtotri«. 
Verbindung aufzulösen sei, wenn der eine von beiden Theilen sich 
ändert, und er antwortet: in dem Fell lasse sich diess nicht umge- 
hen, wenn diese Aendernng die wesentlichen Bedingungen jener 
Verbindung betreffe '). Er fasst das Verhällniss der Freundesliebe 
zur Selbstliebe in's Auge, indem er in jener eine Nachbildung des 
Verhaltens erkennt, welches der Tugendhafte gegen sich selbst be- 
obachtet *}> und er verbindet hiemit die Frage, ob man sich selbst 
mehr lieben solle oder den Freund, welche er dahin entscheidet: ein 
wirklieber Widerstreit zwischen beiden Anforderungen könne gsr 
nicht vorkommen , denn die wahre Selbstliebe bestehe darin, im 
man das Beste, das sittlich Schöne und Grosse für sich begehre; 
diess aber werde Jedem um so reichlicher zutheilwerden, je grösser 
seine Opfer für den Freund seien *). In demselben Geist äussert sich 
Aristoteles Cum einiges Andere *) zu übergehen) über die Meinung, 
pon aal titpfttan, kiaroic ti etxcia xol i« «pja6tto»t« öuco»e[U]T&v . . . xol surft- 
vitii 8J) xcö ipuWtaif x«\ icoX(t>(( xs'i Tot; J.oino1( äwiuiv iA JtEipar&v zo olxeiov lau- 
vljttiv, x«\ ou^uptviiv ti Sxiaron irc&p^ovTa iure' nhwAvift» xol «pir))* IJ xpijitv. *°' 
gl ei cli artig cii Verhältnissen sei diese Vergleichung leichter, bei ungleiclurtigeti 
schwerer, aber doch dürfe mim Bach bei ihnen nicht darauf verrichten. 
1) IX, S: wo die Freundschaft nur dem Vergnügen oder Vorthefl diu!, 
versteht «ich diese von selbst; ebenso, wenn man eich in dem Freunde gt- 
tHuseht hat, nnd sich von ihm uneigennützig (Sii tb fßoi) geliebt glaubte, wlk- 
ruod oe ihm nar um Genuss oder Gewinnen thtin war. Sollte ein Freund in 
sittlicher Beziehung siah verschlimmern, so ist die nRcbste Pflicht, ihm in sei- 
ner Besserung bebHlflich iu Hein; ist er aber unverbesserlich, so musB min aioh 
von Ihm trennen, denn nicht als Schlechten kann man nnd* wollte man ihn lie- 
ben. Tritt endlich der Fall ein, der bei Jugendfreuudechaften nicht selten ial, 
dase der eine den andern im Verlauf seiner geistigen und sittlichen Entwick- 
lung sn sehr überholt, so hört die Möglichkeit einer wahren Lebensgemeii- 
schuft von selbst auf, doch ist das frühere Verhältnis so" viel als möglich in . 
S) IX, 4. Ebd. 1166, b, 6—39 eine durch Natur Wahrheit auBgeieichuets 
Schilderung des Zwiespalts in der Seele des Suhlechten, mit der Nutzanwendung, 
welche der praktischen Abcwocknng der Ethik entspricht: *t 6J| ib oE-nu; iftti 
Xlav tritt ä6Xrov, tsruxfse* tt,v jio^t/ijplav Biarsrafitven u. s. w. 
3) IX, 8 s. o. 466, 2 g. E. 4SI, I. 
4) Ueber das Verhältnis« der tüvoiB (IX, 6) nnd SpSvoii (c 6) sur eil»; 
Aber die Erscheinung, das* der WohlthSter den Empfänger der Wohlthat meto 
su lieben pflege, als dieser jenen, well nSmlich Jeder sein eigenes Werk liebe, 
wie die Mütter ihre Kinder (e. 8); über die Zahl der Freunde (o. 10), welche 
weder su klein noch sn gross sein soll, sondern so viele umfassen, »w ( k " 
avZty Ixovul, denn ein nahes Yerhaltniss sei nur au Wenigen, die höchst n Innig- 
Di« Freundschaft. gJO 
dass der dickliche der Freunde entbehren könne. Er verneint diess 
ans vielen Gründen 1 ): wei ' gerade der Glückliche Freunde brauche, 
denen erwoblthun könne; weil die Anschauung ihrer Trefflichkeit 
einen hohen, dem Bewusslsein der eigenen verwandten Genuss ge- 
währe; weil es leichter sei, mit Andern zusammen thätig zu sein, 
als allein; weil man aus dem Verkehr mit Guten für sich selbst sitt- 
liche Kräftigung schöpfe; vor Allem aber desshalb, weil der Mensch 
von der Natur auf die Gemeinschaft mit Andern angewiesen sei, und 
der Glückselige am -Wenigsten ein einsames Leben Führen könne B ), 
weil ebenso, wie für Jeden sein eigenes Leben und seine Tbatigkeit 
ein Gut, sein Lebens- und Thätigkeitsgefühl eine Lust ist, so auch 
das Dasein des Freundes, in dem das eigene sich verdoppelt, und 
das Gefühl dieses Daseins, welches im Zusammenleben mit ihm ge- 
wonnen wird, eine Freude und ein Gut sein müsse *)- Fragt man 
aber weiter, ob wir der Freunde mehr im Glück oder im Unglück 
bedürfen, so ist die Antwort *): nöthiger sei ihr Besitz im Unglück, 
aber schöner im Glück 6 ); ihrer Hülfe sei man im ersten, ihrer Theil- 
nahme seien männliche Naturen, welche den Schmerz allein zu tra- 
gen wissen, im andern Fall bedürftiger; zu Erfreulichem solle man 
seine Freunde bereitwillig, zu Traurigem nur ungern herbeiziehen, 
keit desselben (der fytH als üresßoUj ?iXiaj) nur Einem gegenüber möglich; Dar 
politische Freunde (Parth eigen oesen) könne nun in grosser Anzahl haben. 
* 1) IX, 9 Tgl. VIII, 1. 1165, ■, 6. 
2) IX, 9. 1169, b, IT; b. o. 511, 6. 
8) A. s. O. 1 170, a, 13 ff., wo a. A., nachdem erst als Inhalt de« mensch- 
lichen Lebens das aioBäveriai Und das vsjfv nachgewiesen war, Z. 19: tb 51 Xf\'' 
Ttüv xafl' aürb ayoÜSv n«\ fjBiiuv . . . oigjtsp cdixe Jtäatv 5j6ii sTv«. b, 1 : tb S' alolja- 
vtoflat St: iCij tön i)6f'tiiv xa6' airf 1 fäatt ykp 07160? M, tb £' äyaSbv 6nap)>ov h 
eaatö abSävtaeat J]8J. (Das Lebensgefflhl aber ist Qefühl des Wahrnehraens 
und Denkens: Tb fäp eTvai fy afeSivEa-fla: n'i voflv, a, 32.) ... «>c fit npb( iaurbv 
fyii ojrouSalot, xal np'05 tbv (pQ.ov- ?Tipo( fäp aitbt tf0.o$ itniv. xaB&xcp oäv tb 
mjtbv sfcai (tfpttov iorsv £*äo™, oürw xa'i tb tbv wAav !) «apaicXi]o-tLi>5. tb 8' i\ai 
ijv «Ipstbv äia tb «kflavtoflai aätaÜ ävaOou övtOf. f) Bi TOiadr>; «tofhjais ^Bäta x«6' 
iaunjv. ouv«to6i*taflat «pa Sil xa\ toü <p&ou Sri (o-ciy, toöto 61 y, l'voit' äv Iv tö) mlffi 
%a\ xotvioYfi« Xdfii» xa\ Siavoia;- oBtw -fip 3v SqJeie to auti-v int T<üv ftvflpojicbiv 
Xe^Eoflai, xa\ oux £nfp M TuW ßooxi)[iaT(uv tb £v tu aäTtö vi|ua6u. 
4) IX, II. 
5) Eine ähnliche Untersoheidang dos äva-^aKw und iyaObv oder xotXbv ist 
uns schon fi. 111,4 (aas MeUph. 1, 2). 612,2 vorgekommen. Vgl. Polit. 
VII, 14. IBM, B, 36: tit 6' avo-fxaia xat XF 1 f aI r 10 ™ v '■"■''•''''' &»ev. 
JigilizBdby G00gle 
520 Aristoteles. 
seinerseits dagegen zu ihrer Unterstützung jMverkMMteiider ker- 
beieilen , als zu ihren Genössen. Zur wahren Freundschaft gehör! 
aber beides 0- Die Freundschaft ist Gemeinschaft, Zusammenleben, 
Ausdehnung der Selbstliebe auf den Andern. Wie Jeder seines 
eigenen Daseins und seiner Tbätigkeit froh werden will, so auch 
der des Freundes, und worauf Jeder für sich selbst den grosstea 
Werth legt, das theiit er mit dem Freunde *)• In der Freundschaft 
kommt daher die natürliche Zusammengehörigkeit der Menschen und 
der natürliche Geselligkeitstrieb zur unmittelbarsten Erscheinung, 
sie ist das Band, welches den Menschen mit dem Menschen nicht 
Mos äusserlicli, wie die Rechtsgemeinschaft, sondern im Innersten 
seines Wesens verknüpft, in ihr erweitert sich die Sittlichkeit des 
Einzelnen zur sittlichen Lebensgemeinschaft Aber diese Gemein- 
schaß ist hier noch eine beschränkte, an das Zufällige der persön- 
lichen Verhältnisse gebundene. Erst im Staate tAnfasst sie einen 
grösseren Kreis, erst hier erbaut sie sieb auf der gesicherten Grund- 
lage dauernder Einrichtungen und fester Gesetze. 
12. Fortsetzung. B. Die Politik 8 ). 
1. Notwendigkeit, Begriff und Anfg.be des Staats. 
So viel auch die Tugend der Einzelnen und die Wissenschaft 
1) f; nopouofo SJ) tüv pftfdv, sohliesst c. 11, iv Ebtooiv otlpirj] tpaiverst. 
3) 8.0. 519, 3 und IX, 12 (Schluss de» Absohnitu Aber die Freundschaft): 
ap' o!v, 5d7tEp Tdl; jpuvi tu ipäv ifizr^iz^xii toxi, . . . dGtu Kit toi; tpQ.014 oiptti- 
HrtSv toti t'o outj|v; xoivujvl« yap i[ iptXia. xol »4 r.pbi lavtöv fyti, oSttt x«i issot 
tot flXov. ttpi oitbv S' f] aWr,3i( Sti sotiv alpsnj* xal icepi Tov fuLov SiJ- ^ S' hif- 
f tra y(*ctki aÜT<i!( Iv tüj ouljjjv u. s. w. 
3) Die neueren Bearbeitungen der aristo toi is eben Staatslehre nnd ihrer 
einzelnen Tbeile findet man bei Hildekbkikd Geschichte u. Syst, der Rechts- 
and BUatepbiloBüphio (Leipx. 1860) I, 342 ff. verzeichnet. Unsere einiige ur- 
kundliche Quelle für dieselbe sind die 7 Bücher der aristotelischen Politik. 
Ehe wir uns jedoch zur Ausbeutung dieser Quelle Beschicken, ist es nöthig, die 
Untersuchung nachzuholen, welche S. 76, 1 bieher verschoben wurde. Dieselbe 
hat nämlich in ihrer gegenwärtigen Gestalt manches Auffallende. Nach einst 
kurzen Einleitung bespricht B. I. das Hauswesen als Element des Staate«, 
hauptsächlich nacb der ökonomischen Seite, die Betrachtung des Familien- 
lebens und der Erziehung dagegen wird einem spüteren Orte vorbehalten, weil 
sich ihr Charakter nach dem des ganzen Staatslebens zu richten habe {c. 13- 
1260, b, 6). Mit dorn zweiten Buch zur eigentlichen Staatslehre übergebend 
kundigt Ariflt. zunBohst eine Untersuchung über den besten Stasi u (1, Wj 
„Google 
Politik. Notwendigkeit d. Staats. 521 
werth ist, welche dazu anleitet, so findet doch Aristoteles, wie sich 
Saht n, 1, Anf.), sad giebt tut Einleitung In dieselbe eine Kritik der berühm- 
testen unter den theila wirklich vorhandenen , tfaeils von Theoretikern vorge- 
schlagenen staatlichen Einrichtungen. Nachdem sofort III, 1 — 5 der Begriff 
dea Staats and des Staatsbürgers untersucht ist, werden III, 6 — IS die ver- 
schiedenen Verfsäaungsformeu unterschieden und die Gesichtspunkte für ihre 
Würdigung besprochen. III, 14 wendet sieb Aristoteles zum Kflnigtnum, als 
der ersten unter den richtigen Verfassungen, und er bandelt ron demselben bis 
c. 17. C. 16 kündigt an, das« jetzt vom besten Btaat gesprochen werden aolle, 
bricht jedoch in einem unvollendeten Satt ab, welcher erst VII, 1, Anf. wieder 
aufgenommen wird. Aach das angekündigte Thema wird erst hier ausgeführt, 
B. IV dagegen handelt ron den Verfassungen, welche nach Abang des König- 
thums and der Aristokratie noch übrig sind, der Oligarchie, Demokratie, Po 
litie nnd Tyrann«, es untersucht, welche Verfassung für die meisten Staaten 
die geeignetste, nnd anter welchen Bedingungen Jede natargemäse sei, es be- 
spricht endlich (o. 14 — 16) die verschiedenen möglichen Bestimmungen ftber 
die mit der gesetzgebenden, regierenden nnd richterlichen Gewalt betrauten 
Buhörden. B. V ist der Frage über die Veränderung der verschiedenen Staate- 
fonnen, ihren Untergang nnd die Mittel au ihrer Erhaltung gewidmet. Bd. VI 
bringt auerst o. 3 — 7 einen Nachtrag über die Unterarten der Demokratie und 
der Oligarchie, nnd dann noch c S eine Auseinandersetzung über die verschie- 
denen Aemter. B. VII wird die DI, 16 versprochene Unterauehang Über die 
beste Staatsform mit einer Erörterung über die Glückseligkeit dea Einaelnen 
und des Staats (c. 1 — 8) eingeleitet, nnd sodann der beste Staat selbst geschil- 
dert (c. i — VIII, Sohl.), nnd es wird dabei besonders eingebend (VII, 16. 
1134, b, 6 — VID, 7} von der Erziehung nnd den hiemit zusammenhängenden 
Fragen gehandelt. Ohne förmlichen Scbluss endigt das Werk mit der Erörte- 
rung über die Musik. — Dass nun diese Ausführung dem ursprünglichen Plane 
des Aristoteles weder dem Umfang nooh der Anordnung nach durchaus ent- 
spreche, diess ist theilweise schon von alteren, vollständiger von neueren Ge- 
lehrten erkannt worden. Nachdem nämlich schon Nicol. Obksmb (1460) und 
8««ni (1559) bemerkt hatten, dass B. VII nnd VIII der Bache nach an B. III 
sich anachliessen, verlangte zuerst Scuao d* Silo (1577), dass sie anob wirk- 
lich zwischen B. III und IV gestellt werden; nnd 60 Jahre spater (1637) wie- 
derholte Cohbjnu, mit Scaino's Ansicht kaum vom Hörensagen bekannt, nicht 
allein diese Behauptung, sondern er dehnte seine Angriffe auch auf die Inte- 
grität unseres Textes aus, und bezeichnete in seiner Ausgabe (1656) eine 
Menge kleinerer nnd grosserer Lücken, welche er in demselben vermuthete. 
Diese Untersuchungen nahm in der neueren Zeit Bi*tb-<lemt St. Hilairb 
(l'olitiqne d'Aristote I, cxli — clzxii) wieder auf; er widersprach zwar der Be- 
hauptung, dasa nnser Werk unvollständig oder verstümmelt sei, dagegen hielt 
er nicht hlos die Eioschiebung des siebenten und achten Buchs hinter dem 
vierten aufrecht, sondern er fügte auch die weitere Bemerkung hinan, dass 
B. V nnd VI gleichfalls umzustellen seien, nnd das letztere zwischen IV nnd V 
JigiiizBdby Google 
533 Aristoteles. 
diess von dem Griechen nicht anders erwarten Hess, beide, «o lange 
einsusobalten sei; und io dieser Ordnung stellt er selbst sie in seiner Uatsr- 
setaang , worin ihn Blum in der kleineren Ausgabe und Cobobbtb gefolgt 
sind. In beiden Annahmen achlieuen «ich Spbboet. (Uefa, d. Politik d. Arüt, 
Abb. d. MUnchn. Akad. philos.-philol. KL V, 1 — 49), Nickis (Do Arist Polit 
Hbr. Bonn 1851,8. 67 ff. 112 ff.), Brahijis (gr.-rom. Phil. II, b, 1666 ff. 16791.; 
n. A. an Barthe'lemy St. Hilsire an ; wogegen Wultiunn (Ueb. d. Ordnung i 
BOoher in d. srist Politik, lihein. Hub. 1843, SSI ff.) zwar die Umstellung von 
B. V und VI gntheisst, die Versetzung von B. VII und VIII dagegen verwirft. 
Hh.bekbrakd (Gesch. n. Syst d. Rechts- tu Btaatspbilosophfe L 345-885 vgl 
Fbchbm Gerechtigkeitebegr. d. Ariat. 8. 60. 8.87,6) umgekehrt die berkfliun- 
liehe Aufeinanderfolge von B. V u. VI rertbeidigt, aber B. VII u. VII [ »tviochcn 
III u. IV einreiht. Sowohl für diese ala für jene haben Göttliho (im Vorwort 
eu seiner, schon 1824 erschienen an Aasgabe H. xx ff.), Fobchhamubb Verbind]. 
d. Philologen vers. in Kassel S. 8 1 ff. Philologua xv, 1,50 ff. — gegen die entere 
Abhandlung mit ihrem seltsamen Einfall, dass die Politik nach dem Unterschied 
der vier Ursachen geordnet sei, vgl. m, Stbsoel a. a. O. 48 f. Hildesbujb 
a. a. Ü. SSO f.), Böse (De Arist lihr. ord. 135 ff.), Besuixes (Zur Politik 1 
ArUt. PliiloL ziii,264 — 301; gegen ihn Hiu>b.bbbahd 8. 486), Scbhitie*. [Bin!. 
tu b. UebertetauDg, worüber Hiluehbbasd S. 381 f. z. Tgl.) u. A. die überlia- 
forte Stellung in Schatz genommen. Die Integrität des Werkes betreffend iit 
Conris&'s Kritik iwar von keinem der neueren Gelehrten unbedingt vertei- 
digt, Ton mehreren, wie Gut t lim a a, a. 0-, namentlich aber Nickes (S. 9Ü.9Sff. 
109. 133. ISO ff.), bekämpft worden; aber doch geben Spekqhl (8. 8 f. 11 f. 
41 f.), Bbibdii (8. 1669 f. 1673 f.) und euch Nioecs (96 ff.) eineeine nicht un- 
erhebliche Lücken, besonders am Sohlaue des achten Buchs, zu, vaw Öcuwrs- 
dehek (De Arist PoliL libr. B. 12, angef. von Hildbrbband 8. 449) gluibtt, 
Bwoi Bücher, Schbeidbb (Arist. Polit I, VIII. II, 883) , der grossere Theil der 
Lehre vom besten Staat sei verloren; Hildbbbbahd endlich (8. 887 £ 44S ff..; 
vennisst am Bchluss de« achten Bachs mindestens drei Bücher, am Schlnes du 
Genien den letzten Abschnitt von B. VI, und dann noch die Lehre von des 
Gesetzen in etwa vier Büchern. Fragen wir schliesslich , wie wir uns diesen 
Zustand des Werks aa erklären haben, so ist die gewöhnliche Annahme die, 
dass es von Aristoteles selbst vollendet und erst in der Folge verstümmelt und 
verwirrt worden sei. Brand» jedoch (S. 1669 f.) ist geneigt, B. VIII nicht (tr 
verstümmelt, sondern für unvollendet m halten, und bestimmter vertritt Hnr 
debbhasd (8. 355 ff. 379 ff.) diese Ansicht, indem er annimmt, Arist. habe dk 
Darstellung des Musterstaats, deren Anfang uns in B. VII. VIII vorliege, sinr 
zwischen III und IV einschieben wollen, habe sie aber erst nach B. IV und V 
ausgearbeitet; ehe er mit dieser Darstellung und mit dem an B. V anschliessen- 
den B. VI fertig war, habe ihn der Tod überrascht. (Einige weitere litenuisehe 
Hach Weisungen bei Baei hj>l>sui St. Hilairb 8. 148 f. Njcbbb 8. 67. Bacnixsi 
S. 366 f. Hildbbbbabo S. 346 f., denen auch die vorstehenden theilweiso ent- 
JigilizBdby G00gle 
Notwendigkeit d. Staat*. 52$ 
sie rieb anf die Einzelnen als solche beschränken, nicht genügend; 
Meine Anstalt, deren Gründe hier freilich nur kurz angezeigt werden 
können, tat diese, 1) Wu zuerst die Anordnung unseres Werkes betrifft, so' 
kann lob mich mit der Mehrzahl der neueren Gelehrten nur dafür erklären, 
dasa B. VII und VIII sieh nach dar Absicht d» Aristoteles unmittelbar an 
B. III anschliessen sollten. Schon B. II giebt sich durch seinen ganzen Inhalt, 
wie anch durch «eine Anfangsworte nnd die Sohlussworte von B. I, zunächst 
als Vorbereitung einer Unterinehnng Aber den besten Staat; in dieser Unter- 
suchung wird am Sohlnsse des dritten Ruche mit ausdrücklichen Worten über- 
gegangen, und diese hier abgebrochenen Worte werden am Anfang des sieben- 
ten in eiser Weise wieder aufgenommen, welche sich kaum anders, als durch 
die Voraussetzung erklären liest, es sei hier ursprünglich Zusammenhängen- 
des in der Folge getrennt worden. Ganz bestimmt endlich setzen die Stollen 
IV, 3. 1289, a, SO. b, 14. o. S. 1390, a, 1. (vgl. m. VII, 8. 9.) c. T. 1393, b, 1, 
auch c. 4. 1390, b, SS (vgl. IV, S. VII, S) and sohon a. 1 (worüber Spikosl 
S. 20 f. z. rgl.) den Abschnitt über die beste Verfassung als vorhergegangen 
voraus; und wenn umgekehrt VII, 4, Auf. mit den Worten: xat irtpt t4( HXat 
icoliTcfn! tijifv nBti&pijTai spoTipov auf den Inhalt von B. IV — VI verwiesen an 
werden scheint, so Hesse sich diese Verweisung auch (mit Hii.dbnbuand 388 ff.) 
auf die im zweiten Buch kritiairten Musterverfsssungen (t«( SkXot tcqXitzio; 
IT, 1. 1960, h, 39) beliehen; Indessen passen die betreffenden Worte so wenig 
in den Zusammenhang, dass loh darin nnr (mit Bpksqkl B. 36 und den Meisten) 
ein spateres Einschiebsel au sehen weiss. — S) Dagegen kann ich mich von 
der Notwendigkeit und Zullssigkeit einer Umstellung des fünften nnd sechs- 
ten Bauhs so wenig, als Himiesbrind , überzeugen. Der einzige wesentliche 
Grund für dieselbe ist der, dass die unmittelbare Verbindung des sechsten 
Buchs mit dem vierten theils durch ihren Inhalt, theils durch die vorläufige' 
Uebersicht IV, 5. 1389, b, 13 ff. gefordert werde ; denn was man (nm einigen 
ganz Unerhebliche au Übergehen) welter anführt: dass VI, 3. 1317, b, 84 mit 
den Worten sv ri| iu8ofiii> Tfj Jtpb taittn« auf B. IV (o. 16) als das unmittelbar 
vorhergehende verwiesen werde, und daas V, 9. 1308, b, 16 Tb noUsxit eipvj ■ 
jiAnv neben IV, 19 auch auf VI, 6 hindeute, diess hat beides wenig auf sieh: 
die uJBoSo< npb tgoItik kann nioht bloi du naJchatTorhergehende Bneh (die 
Büobereintheilnng stammt schwerlich von Arial, her), sondern ebensogut den 
ganzen aus B. IV nnd V bestehenden Abschnitt bezeichnen; das itoUixif aber 
wurde uns (vgi Hildksbqa;«* S. ST8) mit mehr Recht an V, 3. 6, als an Vi, 6 
erinnern, wenn es überhaupt notbig wäre, dabei an eine andere Stelle, als IV, 13 
y.a denken, wo der Grundsatz, dass die Anhanger des Bestehenden seinen Gag 
nern überlegen sein müssen, allein in dieser allgemeinen Fassung ausgespro- 
chen, zugleich aber auch so in's Einzelne ausgeführt ist, dass recht wohl ge- 
sagt werden konnte, er sei hier wiederholt (ausser 1996, b, 15 nämlich auch 
Z. 34. Sl. 37) eingeschärft worden. Was aber jenen Hauptgrund betrifft, so 
beruht derselbe auf einer un erweislichen Voraussetanng über den Plan nnseret 
Werkes. Sind anch B. IV nnd VI ihrem Inhalt nach verwandt, so b 
loogle 
524 Aristoteles. 
die vollständige Verwirklichung der Sittlichkeit »t ihm erst der 
darum doch nicht unmittelbar sufai n ander» ofolge n , sondern ei iät auch mög- 
* lieh , dui Arist. die Lehre von den unvollkommenen Verfassungen zuent 
(B. IV. V) ihren allgemeinen Grundlagen nach vollständig bespricht, und nach- 
her (B. VI) auf den ersten Abschnitt dar früheren Untersuchung deashalb wie- 
der zurück kommt, weil er von dem dort Ausgeführten jetzt eine speciellere 
Anwendung machen will. Und die Stelle IV, 3. 1889, b, 13 ff. widerspricht 
dieser Annahme so wenig, dnas iie sieh vielmehr unter der Voraussetzung, es 
aolle hier nur für ß. IV und V der Plan entworfen weiden, ganz befriedigend 
erklärt. Von den fünf hier aufgezählten Punkten werden die drei ersten IV, 
3 — 18, der fünfte (die etoptä and aem^Cin tmv mXitsiüv) B. V Abgehandelt; für 
den vierten (dva Tpdicov S<i xo&iaxävn Taiiroc ti; neXitilac) wird der Abschnitt 
IV, 14— 16 uro so eher genügen, da Arist. 1289, b, 33 ausdrücklich sagt, er 
wolle diese Gegenstände hier nnr übersichtlich berühren (itaVruv TOiiwr Sun 
itüi7|3fu|i!fla ouuni|nu; rij> £vSsx.o|i!vj]v uvefotv. Daher auch das vöv IV, 15. 
13u0,b,8), nnddadie für diese Abhandlung IV, 14, Auf. gegebene Disposition 
mit dem 16. Kapitel wirklich erschöpft ist. Wenn daher V, 1 beginnt; jap"! [iw 
ouv tötv öäXiov <5y RpDfiXd|u6a tr^eBöv EloijTai jicb"! niurojv , so ist dieee ganz rich- 
tig, und wir sind nicht genöthigt, diese Worte mit auf B. VI an beziehen. Dau 
wir aber auch nicht dazu berechtigt sind, erhellt ans den Stellen des sechsten 
Bachs, welche nnerkaniitermassen anf das fünfte zarflokweiseu: c 1, Anf. nni 
Schi, c 4. 1819, b, 4. o. 5. 1319, b, 37; denn in allen diesen Stellen die be- 
treffenden Worte aus dem Text au werfen, oder ans einem tsOswpijTai spJTtpot 
ein BtupTiBifotT« Bortpov aa machen, ist eine Maassregel, welche eioh nur dann 
. rechtfertigen Hesse, wenn schlechterdings kein anderer Ausweg übrig bliebe. 
Auch die Unvollstsndigkeit des im saohsten Buch Ausgeführten erklärt sich 
■»weit leichter, wenn dasselbe erst nach den fünften verfaaat wurde. — 8) Fragen 
wir weiter noch der Integrität unseres Textes, so sind nicht allein viele Ver- 
derbnisse im Einzelnen, nnd in dem von Günusa (z. d. St. B. 846 f.) und 
Baurnia (1590, A. 580) angezweifelten, von Spbkqbl S. 11 und Niosas &. 55 f. 
verthoidigten swOlftsn Kapitel des zweiten Buohs mehrfache Binsohaltangw 
von fremder Hand wahrscheinlich; sondern wir haben auoh allen Grund, be- 
deutende Theile des Werks als unausgeführt oder verloren zu beklagen. Die 
Abhandlung über den besten Staat ist sichtbar unvollendet; Arist. selbst ver- 
weist uns für den Abschnitt über die musikalische Erziehung, mit dem sie ab- 
bricht, auf Erörterungen über die Rhythmen ( \'HI, 7, Anf.) und über die Ko- 
mödie (VII, 13. 1836, b, 30), neben denen aber überhaupt eine eingebende 
Besprechung der Frage über die richtige Behandlung der Poesie zu erwarten 
war; die wissenschaftliche Bildung der Staatsbürger konnte er nach seinen 
Grundsätzen nicht wohl unberührt lassen (vgl. VII, 14. 1888, b, 16 ff. o. IS. 
133*, b, 8. VIII, 4. 1889,», 4 — genaueres über diesen und andere Punkte in 
dem Abschnitt vom besten Staat); das Familienleben und die Erziehung du . 
weiblichen Geschlechts, welche I, 18. 1360, b, 8, die Behandlung der Kinder 
(itaiBovo(.ia), welche VII, 18. 1335, b, 3, die Bestimmungen über das Vermögen, 
Nothwondigkett 4 Staat», §25 
Statt. An sich schon ist die sittliche Thitigkeh eines Gemeinwesens 
Aber die Behandlung der Sklaven , Aber die Trinkgelage, welche VII, 5. 1826, 
b, SS ff. VII, 10, Schi. VII, 17. 1S36, b, 24 einer spateren Stelle aufgespart wer- 
den, sind in imserer Schrift mit Stillschweigen Übergangen ; Ton der Verfassung 
des Mustern t mW wird VII, 15 nur die allgemeinste Grundlage erörtert; ebenso 
sind hier die Gesetze in vermissen, durch welche das Leben dar Erwachsenen 
geordnet werden soll, so unentbehrlich sie anoh nach Etb. N. X, 10. 1180, a, 1 
filr den Staat sind, und da* Olelohe gut überhaupt von der Gesetzgebung im 
engeren Sinn (im Unterschied von der Verfassung), wlhrend doen an den 
Früheren die Vernachlässigung dieses Punkts ausdrücklich getadelt (Etb. a. a. O. 
1181, b, 12), und (Pol. IV, 1. 1286, a, 11) verlangt wird, dass nach den Ver- 
fassungen auch von den Gesetzen (Aber deren Unterschied von jenen auoh 
II, 6. 1365, «,1s. vgl.) gehandelt werde, sowohl den besten, als den für jede 
Verfassung passenden; wthrend anoh in anderen Abschnitten auf den Aber die 
Gesetzgebung verwiesen wird (V, 9. 1309, b, 14: öicXüf 31, Sott iv -nüs vifio« 
o>i oujiydpima X^ousv tat( hoXit^si; , iicavti toöt« aiüjti ta; xoXraCa;. III, 15. 
1286, m, 2: t'o [ih oüv 7Cip\ t^f tOUafo|( STpfKav(*c ftrioxoiKiv vdjjuuv tyu (uDJkov 
tßof f| itolrreia^ Sor' i^ttoOm rijv -itpsiTnv}. Vgl. Himiküibbakd 351 ff. 449 £ 
Erw&gen wir, wie vielen Ranm alle diese Erörterungen erfordert hatten, so 
werden wir nicht bezweifeln , dass nns von der Ausführung über den bestell 
Staat, welche Arietoteies beabsichtigt hatte, ein bedeutender Theil fehle. Di« 
zuletzt angeführten Stellen beweisen aber anoh, dass sn der Abhandlung über 
die unvollkommenen Staaten gleichfalls ein Abschnitt über die Gesetzgebung 
hin ankommen sollte, zu welchem B. VI, wie es scheint, den Uebergang EU bil- 
den bestimmt war. Da ferner VI, 8 die Erörterungen von IV, 15 Ober die ip^A 
wieder aufgenommen werden, sollte man ähnliche über die gesetzgebenden 
Versammlungen nnd die Gerichte (IV, 14. 16) erwarten, und da VI, 1. 1816, b, 
39 IT. die ans der Verbindung ungleichartiger Elemente (z. B. einer oligarchi- 
sohen Raths Versammlung mit aristokratischen Gerichten) sich ergebenden Ver- 
fasaungsformen in den bisherigen Theorieen ansdrileklicb vermint, nnd für die 
vorliegende in Aussicht gestellt werden , mos» auch dieser Abschnitt den ver- 
lorenen oder unausgeführten beigezählt werden. — 4) Welcher von diesen bei- 
den Füllen nun aber anzunehmen ist, nnd wie wir ans demnach die jetzig« 
Gestalt unseres Werks in erklären haben, dicss mit Sicherheit festzu- 
stellen, reichen unsere Data allerdings nicht ans; der umstand jedoch, data 
sieb alle wesentlichen Lücken am Sehluss des sweiten nnd dritten Banpttbeils 
finden, lasst nach Hildesbband'i richtiger Bemerkung (8." 366) vermnthen, 
dass beide von Aristoteles selbst nicht zu Ende geführt wurden; wobei man 
dann aber freilieh annehmen muss, er habe die zwei Abhandlungen ober den 
besten Staat und über die unvollkommenen Staaten neben einander ausgear- 
beitet, wiewohl er nach Vollendung des Ganten die eine derselben der andern 
voranzustellen beabsichtigte. Zn einiger Unterstützung dient dieser Yemui 
thung der Umstand , dass jede Spur davon fehlt, dass unser Werk jemals voll. 
ständiger vorhanden war. Ist es aber von seinem Verfasser selbst nicht voll- 
526 Artitot«!*«. 
grösser und vollendeter, schöner oj»d göttlicher »In die des Ein- 
endet, und deashalb wohl auch weniger, als sonst. geschehen wlre, gelesen und 
abgeschrieben worden, 10 erklärt «ich die Verwirrung am so leiohter, welche 
bei der Zusammenstellung der zwei an rollend eteuTheile eintrat. Doch mochte 
ich den Keller in Skepsis (■. o. 8. 80 ff.), an welchen Hiujskbbas» (8. 35} 
Tgl. Spesqrt. 8. 45 f.) hier nicht ohne Schein denkt, auch für diese Verderb- 
nis* nicht verant wörtlich machen. Wir haben allerding* keine sicheren Spore» 
onserer Bohrift toi Ciorro, bei welchem dieselben Logg, in, 8. Bep. 1, 26 (vgl 
l'olit. UI, 9. 1280, b, 29. c 6. 1378, b, 10. I, 2. 1258, a, 2). ebd. c 36 (Pohl. 
III, 1. 1374, b, 36. c. 6. 1278, b, 8. o. 7. 1279, a, 25 ff.), ebd. c. 27 (Folit 
III, 9. 1380, b, 11. c. 10. 11. 1381, a, 28 ff. b, 38. c 18. 1387, s, 8 ff.), ebi 
c. 39 (Pol. IV, 8. 11) deutlich genug hervortreten; wir wiesen nicht, wem Sru- 
•Xcs das an verdanken bat, wa* er EU. IL 822 ff. an* ihr mittheilt, und woier 
der Soholiatt des Ariatopbane* die Worte entlehnt hat, In denen man eine ßc- 
■iehung auf sie findet; (nach ärnaani. a. a. O. 8. 44 fahren die Scholion in 
Aabtm. V. 02 einige Worte au* dem dritten, V. 977 aus dem fünften Buch an; 
loh weis* Jedoch beide Anführungen, welche Spenskl leider nicht näher nach- 
gewiesen bat, nicht tu finden;) wir müssen es höchst auffallend finden , dt» 
Polybina der aristotelischen Politik nicht erwähnt (ru. a. hierüber Hiumaiau» 
8. 868, 3), nnd wir erhalten für dieses Schweigen keinen Ertat» durah so späte 
Zeugen, nie Dioaanu (V, 24) und nein Ueberarbeiter (*. o. 74, 1), Eubui.ui 
(ein platonischer Schal vors tob er in Athen, welchen Loaaia b. Pourait. V. 
Plot. 20 als seinen Zeitgenossen nennt, und von dessen 'Exlnu^tf tu* £ir' "Ar*- 
«tOT&ouf iv etimjpq» tüv QoXtTMÜv «pb( t>|v WJnvvai UoXtafen övntpouiici» in 
Mai'b Colleetio Vaticaua II, 671 ff. ein Theil abgedruckt ist), Jcr.na (ep. td 
Themiit. 360, D ff. 363, D vgl. Pol. III, 15. 1286, b, 22. c 16. VII, S. 1S26, 
b, 21), Pbotidb (Lex. ivfoxik», vgl. Pol. VII, 10. 1330, a, 14). Aber doch spre- 
chen zwei Umstünde für die Annahme, das* die Politik schon vor Androiiiluu 
Ton Einzelnen benutzt wurde. Für'a Ente nämlich scheint Cioslo sie nicht 
an* eigener Anschauung au können, da er »war in den Gesetzen der politischen 
Lehre des Stagiriten erwähnt, aber in Worten, welche eher auf den mündlichen 
Unterricht, als auf eine Bohrift weisen (111,6: ArUteteUt iiltutravit umnaa h* 
•mimt t'n ditptUando locum) , nnd ebenso in der Republik a. d. a. O. solches, 
deaaen letzte Quelle doch wohl die ariatotelUehe Politik ist, vortragt, ohne sie 
su nennen ; hat sie aber Cicero durch Vermittlung eine* Uteren Schriftstellers 
benutzt, *o kann sie nicht erst »ein Zeitgenosse Andronikas *n 's Lieht gebrscM 
haben. Eine zweite, wenn auch etwas unsichere, Spur unterer Schrift hu 
ViOKM (*. a. O. 8. 87 f.) in der aog. grossen Moral aufgefunden; denn wenn 
hier (I, 4. 1184, b, 38 ff.) die Glückseligkeit als bipyua xol xpifaic autr]( [v,i 
SjJrtijt] deftnirt wird, *o hat die«* allerding* mit i'olit. VII, 13. 1882, «, 7, w» 
sie iiifyuct aoi Xp^eie aprtijf tsisia« heilst, gröttere Aehnlichkeit alt mit Eth. N- 
L 6. X, 8. 7. Eud. II , 1, da In allen dienen Stelleu die Zusammenstellung TOn 
ivipyma und xjSflv fehlt, wenn auch die Glückseligkeit ivipru* an' aptr^y, injcS 
twfgYti« mit' äpitil*, Tqt apnijc, tvtfvwi heiaaL Doch wird auch Eud.- IS 19, *. 
3y Google 
Notwendigkeit & Staat*. go,* 
zelnen >), Aach die Erzeugung und Erhaltung der Tugend gelingt 
aber nachhaltig nur im Staate. Hit der blossen Belehrung ist bei den 
Wenigsten etwas auszurichten : wer seinen Begierden lebt, der hört 
weder auf die Ermahnung, noch versteht er sie; nicht die Scheu vor 
dem Schlechten, sondern die Furcht vor der Strafe ist sein Beweg- 
grund, die Freude am Schönen um seiner selbst willen kennt er 
nicht; wie könnte man da hoffen, eingewurzelte Neigungen durch 
einfachen Zuspruch zu verbessern? Nur Gewöhnung und Erziehung 
können hier helfen, nicht allein bei der Jagend, sondern auch bei 
den Erwachsenen; denn auch van diesen bedürfen die Meisten ge- 
setzlichen Zwanges; eine gute Erziehung aber und zwingende Ge- 
setze sind nur im Staat möglich *>■ In» Staat allein verwirklicht sich 
das eigentümlich menschliche Gut*)» das Leben im Staate ist der 
natürliche Beruf des Menschen: er ist vermöge seiner Natur zur 
Gemeinschaft bestimmt*), wie sich diess schon darin zeigt, dass ihm 
allein die Sprache verliehen ist 6 ); der Sunt ist die Bedingung und 
12 ff. 23 nnd Nik. I, 9 (e. o. 472, 1) von der -/pjjmt gesprochen, and so ist es 
immerhin möglich , dass der Verfasser der grossen Moral nur diese Stellen rot 
sich gehabt hat. — Nach Dioo. V, 24 könnte man übrigens vermuthen, dast 
die Politik auch unter Theophrast's Namen im Umlauf gewesen sei; denn die 
wunderliche Bezeichnung: itoXiTixifc Kxpo&trcu; <o; $j ÖtoppiinQU 4 — ij wird sieh 
am Besten durch die Annahme erklaren, Diog. habe itoXitixijt ixpoooEw; i — ij 
geschrieben, nnd ein Anderer die Randbemerkung: fl Bsofp&rrou beigefügt, 
welche dann, f h flto^p. gelesen, in den Text kam, nnd durch ein ans axpo&mwc 
genommenes rt>; mit dem Uebrigen verbunden wurde. In diesem Fall konnte 
die falsche Ueberachrift mit dniu heigetragen haben, dass das Werk als aristo- 
telischen so selten angeführt wird. 
1) Eth. I, 1. 1094, b, 7; tl rätp MÄ m&vfo fan* [Vo tAc*] sv\ x«\ *4XtL, (Ugdv 
ye xat wXii&TEpov tb Tt5f nfttioj ^alvtrai xat Xaßtfv xsl a<l%w by«bijwv u,b vip 
xat M p^vip, xiXXiov & xat flstirEpov filvn xat jco'Xe&iv. 
2) Ebd. X, 10. 
3) Polit. I, 1, Anf. Jede Gemeinschaft bezweckt irgend ein Ost, üAtota 
81 xat to5 xupKi>T«Tou JtÄvrüiv (sc. arox&tErai) fj rtaaüJv xupuuritT] xa\ naaa; ittpuS- 
■f'Mia TÖf äXXac aBrj] 8* iW» t\ xaXaupivi] JtÄXi; xat f| xoivtuvla ^ KeJtttDof- Eth. 
f, 1 . 1 094, h, 6 : tb TaJnjf {-nfa jcoXitix^t] tß.0; mpt&foi 5v t« tüv äXXwv , fian 
toüx' 5v ein TavflpuiTiiuov äynflov. Inwiefern sieh damit der höhere Werth der 
Theorie vertrügt, ist schon 8. 474 f. nachgewiesen. 
4) Polit. I, 2. 12S3, a, 2: Ett t&v fiaa !| irfXtj sVrt, xat Sv ivlpn»™; yilw 
noXirotbv Zfyri. Im Hinblick auf diese Stelle III, 6. 1276, b, 19: fdott |*iv fem 
äv6pö>B05 f$ov KoXitixbv, Bin xal u.i[8lv 8<ä[mvoi ti]t nap' iXX-^Xiov (Jo7j6t(a( »Jx 
aarrov Vt ovw1 to5 *^fl v - Eih - Öl 9 i ■■ °- B11 > 9 - V 8'* Tor * Änm * 
6) Polit I, 2. 1263, a, 7 ff. 
i „Google 
5Ü8 Ar) »tot ei et. 
Vollendung der sittlichen Thitigkeit , das sittliche Ganze, und eben- 
desshalb sagt Aristoteles von ihm, er sei an sich froher als der Ein- 
zelne und die Familie 0, nur der zeitlichen Entstehung' und de« 
nächsten Bedürfniss nach sei er später *). Nur ein über- oder ein 
unlerraenschliches Wesen kann ausser der StaatsgemeinschaA leben, 
der Menschheit ist sie unentbehrlich; denn wie der Mensch bei sitt- 
licher Bildung das edelste aller Geschöpfe ist, so ist er ohne Recht 
und Gesetz das schlimmste;' die Rechtsordnung aber ist Sache des 
Gemeinwesens *). Die Sittlichkeit der Einzelnen hat daher an 
Staate, die Ethik an der Politik ihre wesentliche und unentbehrliche 
Ergänzung. 
Schon hieraus ergiebt sich nun, dass Aristoteles die Aufgabe 
des Staatslebens nicht auf jene Zwecke beschränken kann, welche 
schon damals, wie es scheint, von Einzelnen, weit häufiger aber in 
der neueren Zeit für die einzigen gehalten wurden: den Schatz and 
die<Förderung des äusseren Daseins. Der Staat entsteht allerdings, 
wie er zugiebt, ursprünglich aus dem Bedürfniss: die Familien treten 
zunächst für die Zwecke des Verkehrs zu Gemeinden, die Geauin- 
1) PoliL I, 3. 1263, a, 19: «pöwpo* Si\ *j] fite» x6kt f, obla xo\ harot 
JjjiöiY fonv. TD fif SXov Tiporspov ävafxaun itvai roO (lipon«. ... tt fif 1«^ ataia** 
fxaotof ^Mfiiofliic, i[j;o!(U4 tote SU,oi( jjpwt» l&i spi* to Sie». 1252, b, 30: Ein 
7tä<j« ic6hi fila» 2ot\v, ilnia xal «! npürat xoMuvtat' tAo( fif I ^ 1111 ^Mi*"™, ^ ^ 
fiinf tAo( fariv. 
S) Nor in diesem Kino heäut es Etb. Till, 14. 1163, e, IT: äy6pa>»f W 
tSJ ^UMi auviuatrcixov pi&lov )] naXiTutav, Socj spinpov xai äva-pKndtlpav obtla k4- 
Xtwc. Das ava-j-nofiuv ist du dem physischen Bedürfnis« dienende, welche* eben- 
deashalb von dem xaVov bestimmt unterschieden wird; s. o. 519, 6. Dar Unter- 
ordnung jeder andern Gemeinschaft unter die politische thut diese keinen Ein- 
trag. Dagegen scheinen Eud. TU, 10. 1242, a, 22 (4 ■yäp ««planst cd pAe» 
lEoXrnxbv öÄXä na'i oinovofimb« Jijjov) Staat und Hauswesen mehr auf gleiche 
Linie gestellt au werden, wie ja Eudeinua auch die Oekouomik von der Politik 
trennt; s. o. 126, 6. 
8) Polit. I, 2. 1268, a, 27: ä 61 |xi) Suvifuvo« xoivajvrtv, rj p]8tv osdewet •' 
aikipKEiiv, oijfliv pipof KdJiHaf, äote fl Üijpiov )) 8«S(. (So schon Z. 8: e wtoin i« 
«liatv xa't od Sia tJjf *)* "f™ 1 ?« B Wf ^«v 1 vptrrciuv )) ävApwJCot.) f ifoii j*h oto Jj 
öppJl tv irSatv &\ -rfjv Toiniäij]» xoivuvfav- £ Si npSto; ovori[a«( paffo-nov «raU< 
bTtioc. & fty **1 TtXiajBb ßAnarsv tön f((miv ivÖpumöf tVnv, oüra xai *">- 
pieUv hSjaqu not S6»]c ^ilpiotov nivTluv. xaXsxur&n] yip öSixla i^ouea SicXc » '' 
ävSptoitoi; KjcJ.i '/.w v ? Jetki e pemjeti xai ipt-rij, al$ b& rävavrlK fon j^pijatai jiAiUvra- 
Stb övo7i(otatov xa't aypuiVcaTov ävtu ipexf); ... ^ Ei SixaiooiJVJ) icoiinniv ■ f| fip äixi) 
«oXmxr,; xomonfas tifo Mv i] St Slxi) roB Eixguov xpiai;. 
Zweok des Staats. 529 
den zu Stuten zusammen. Aber der Begriff des Staats ist damit 
nicht erschöpft. Beim Staat handelt es sich nicht Mos um die Für- 
sorge für das physische Dasein seiner Angehörigen, denn diese wird 
den Sklaven und Haussieren so gut wie den Staatsbürgern zutueil; 
auch nicht blos um die gemeinsame Abwehr äusserer Feinde und 
gesicherten Verkehr, denn eine solche Verbindung ist erst eine 
Bandesgenossenschaft, nicht ein Staatswesen, und sie würde auch 
dann nicht mehr sein, wenn die Verbündeten in demselben Baume 
beisammen wohnten. So unerlässlich vielmehr alle diese Stücke für 
die staatliche Gemeinschaft sind, so ist sie selbst doch erst da vor- 
handen, wo ein vollkommenes und sich selbst genügendes Gemein- 
lehen angestrebt wird *). Der Zweck des Staats liegt mit Einem 
Wort in der Glückseligkeit der Staatsbürger *> Die Glückseligkeit 
1) Polit. t, 2. 1252, b, 12: S] jtlv oSv t-k näaav Jjpspctv o-gvEsrerjXufti xoivwvia 
im« ^'Joiv ritt6i eotiv. ... Jj 5' ix nXciovuv olxiffiv xoiviiivia Tipiün] ypija-Eiu; Ivexev |a.)j 
(injjil'poo xufuj. jjL&Xiata fii xati ipiiaiv foixiv Jj xu)U| snoixfa otxii; tnioa. Durch 
die Aaebreitung der Familien entstanden Gemeinden , welche daher in der 
frühesten Zelt von dem Familienhaupte regiert wurden. . . . f) 3' h jtIeiüviuv iu- 
fiÄv nonnuvta ifl.sio( ic6\i(, J] Si) nieti]*; fyouaa idpo< tfi; afltapxsias ü( üjro; (fjtfiv, 
TivojiÄu) [iiv olv -coü ijijv evexsv, oäaa St toü e3 Ifju. Bio rcäsa r,6\ii ipiioit t'crt'iv, ttjüsp 
w: cd npüiiai xornuviai- rAo; yap atjcrj i-xeivciiv, i] El jiiotc, tftoj eotly. 111,9. 
1280, », 25: der Staatsverein wird nicht blos um des Besitzes willen geschlos- 
sen, auch nicht toü Jijit pövov SvtXEV, aXÄi jj.3j.ov toü eS Cf^v (xett yip 5v Soiftuv 
wtl tüjv öXlciiv £cjw>v tjv xöltt* vüv B' oüx icm Bii tö jjltj Emotiv edSaipovia; [iijSi toü 
ijji xiti Tipoaiptoiv) , JJ.IJTE aup.ti.ayjs; 6*vexiv, Sic(ij( ini |atjBeyöj äSixüJVTOii, piJTE Sii 
rä( iXla-f a4 xa'i if,v jfpjjo'.v ■rijv «po( äXl?jlou;. Denn solche blosse Verbündete 
Heben weder Unter einer gemeinsamen Obrigkeit, ofiit xou xoiou; tivic. iftai SeI 
fftuniCouaiv anpoi toü; iTEpouf, aiJB' Bleut u.TjBt'lt ätiixot lora: tüv fljib tat o*uv<njxo4 
lir,ä' ÖXXtjv [10/071 piiv Ie;ei p^SEpiiv , äXÄä p-Svov 3t:m( |o.tj6ev äSixiJaouuiv äXXliXout. 
iBjii 3' ipEtTJt xat xaxfat nolnixijf Bioo-xon/oücnv Eaoi ^pavT^outnv tüvo-J.lat- ^ xtu 
?iiEf)iJv Btl SA TOpt apci% iniutUt tlvai tvj -r' <"S äXijflwt o'vojialjop.t'vii ttöXei, |i.f| 
Xo;oj X>P'''- Jede andere Vereinigung ist kein Staat, sondern eine Bundesge- 
nosseuschaft, jede Gesetzgebung, welche nicht darauf auegeht, die Bürger gut 
and gerecht EU machen, eine ouvOijxt], kein v6(iot. Und darin würde nichts ver- 
ändert, wenn die Betreffenden auch an demselben Ort wohnten, ipavepb» wfvuv, 
i'.\ ij.ntti; air. iW xoiviuvia Tinou xat toü p;Jj äSmElv otpöi aitoüt xar. tjjc {itraBo- 
Mott xip« ' &X« W"**« (*■» ävaYxoion inipxcn, t'ntp iWt nölit, oä u.i> oW Önap- 
X^vtwv Toiitcuv änavruv tJEij ndXt(, iXX' J] toü e! i^ijv xoivuvLa xo't ia~( otxtai; xoi 
T4i( -[EVEai, Jcoii: TEÄeia; /api« xa'i oüripxü'j;. 
2) Polit. III, B. 1380, b, 39: iAoc. [iiv o3v reoleuf to tä tfiv ... jnSX^ 81 i) 
Ttvöjv xa\ xoi|i(I)V «oivLuvia ^(uij*, xcXEt>( xol aüiapxou;. toüto B' iarlv , >u; ipapEV , to 
tf> EÜSai^viot xa\ xa),(Ö;. tüjv xaieiv äpa ftpii-Eiuv x.«piv Öeteov eTv«i t^v noXitix^v 
Phlloi. d. Qr. II. Bd. S. Abth. 34 
3y Google 
530 Aristoteles. 
besteht tber in der ungehemmten Betätigung der Tugend ')• Aach 
die Gluckseligkeit eines ganzen Volkes wird in nichts anderem be- 
stehen können. Diess also ist die höchste Aufgabe des Staats und 
der Staatskunst: die Staatsburger zu bilden und zu erziehen, alle 
geistige und sittliche Tüchtigkeit in ihnen zu pflegen, ihnen zu einer 
schönen, durch ihren inneren Werth befriedigenden Thätigkeit die 
Antriebe zu geben ■); und es sind aus diesem Grunde die gleichen 
Eigenschaften , welche den guten Bürger und den wackeren Mann 
machen: die vollendete Bürgertugend ist nicht eine Tagend, son- 
dern die Tugend in ihrer Anwendung auf's Staatsleben *). Die 
xowuviav, iXX* oi toQ avZft. VII, 8. 1328, a, 36: Jj 51 nÖ.if xotwovia '.i; fort tu» 
&p>(aiv, tvixiv 51 Jtiiijf tTJ; ivtE^o^vi]; äp!cm](. heil 8' (ttIy lüxift-iM» ~a äpisrc, 
sd>t7| !1 öpi-riif Jv/p^iia ko'e xpf t »i« ti( tAiio; u. h. w. 
1} 8. o. S. 470 ff. 
3) Vgl. S. 529, 1. 3. Eth. I, 13. 1103, t, 7. H, 1. 1103, b, 3. Polit. VII, !, 
Anf. 0. 15-, Auf. 
>) Polit. HI, 4: Ist die Tugend des sv*,p äyaSb; mit der des iroXfcijf maif 
8aio( identisch oder nicht? Schlechthin identisch lind sie allerdings nicht (wie 
schon Etil. V, 5. 1130, b, 38 bemerkt mr); denn theüs macht jede Staatafonn 
eigentümliche Ansprüche an da* Verhalten der Staatsangehörigen, die Bfirger- 
tugend wird mithin in verschiedenen Verfassnngs anstanden einen verschie- 
denen Charakter haben, theils ist der Staat aus ungleichartigen Bestandteilen 
■Mammen gesetzt, und er kann nicht ans lauter Männern von gereifter Tugend 
bestehen. Aber sofern es sich um ein freies Gemeinwesen, die Beherrschung 
von Freien and Gleichen (die noXvrnt)] Atffii, äp)$ tüv Sjiofuv xa\ iXtuWpuv 
1277, b, 7 ff.) handelt, fallen beide zusammen; denn hiefiir eignet sieh nnr, «er 
sowohl eu befehlen als zu gehorchen weiss , und ein solche» ist nur der Mff 
tyaMt. Daher c. IB. 1388, a, 87 mit Beziehung auf c. 4: h Es -tdlf xeütoif 
iBiiX&n Xjvoi; !tt t)jv «M[V övafnaiov nvSp'o; .äpt-rf)» tTv« xol TtoXltou Tifc KiXi»f 
rii; ifliTrfi. VII, 1. 1333, b, 33: ävBpi'a Sl jiiXfw; xot SiKiioaiJvi] x& fpivqnt ri,v 
oOt^v Ifzi 6'Jvnutv xat jiopspjjv , (Sv \Ltta.T/jipt Ixswrof töSv ävBptünuv Xiftrai 6fx«oe 
xtü ^pövi|io( »st trw^ptuv. c. 9. 1338, b, 37: ev -rf, xiXXiara mXrteiM|i/n] XoXti tuA 
TJJ xEKTi][ii»7] Sixslou; ivSp«; incXüif, äXXi p» xpb; tJ|V Gitjflcaiv (mit Beziehung anf 
ein gegebenes Staatswesen; ein solcher Mos icpbc rijv inciflisiv Bixaiot ist, wer 
für die bestehenden Einrichtungen und Gesetze ehrlich Paxthei nimmt, aber 
auch ihre Harten und Ungerechtigkeiten vertritt), c. 13. 1332, tt, 36: xrfi yip 
it ninat JVSty Etat mtouBKio«; (hau, p 1 ) x«8' fxsorov Je tüv icoXiiüv (wenn es auch 
möglich ist, dass die Tagend nicht allen Einzelnen, sondern nnr der Gesanunt- 
beit zukomme, indem sich nämlich in dieser die unvollkommenen Eigenschaften 
der Einzelnen au einemvollkommeneuGesammtergebnies ergänzen; es wirdhie- 
von, nach Pol. III, 11. 13. 15, noch später in sprechen sein), oCttof atptrt&ttpov 
(to ist doch der zweite Fall , dass nSmlieh alle Einzelnen tugendhaft sind, der 
Zweck de« fltHli, 534 
Tugend aber ist eine doppelte, die theoretische und die praktische. 
Welche von beiden vorjiug Hoher sei, kommt euch bei der Lehre vom 
Staat zur Sprache, in der Frage, ob der Friede oder der Krieg den 
letzten Zweck des Staatslebens bilden solle; denn die eigenthüm- 
liche Beschäftigung des Friedens ist nach Aristoteles die Wissen- 
schaft , wogegen es beim Krieg hauptsächlich um Erwerbung der 
möglichsten Macht zum Handeln zu thun ist *)• Dass nun Aristoteles 
das theoretische Leben weit höher stellt, als das praktische, wissen 
wir bereits, und so werden wir es ganz natürlich finden, wenn er 
euch hier über die Verfassungen, welche mehr den Krieg, als den 
Frieden, im Auge haben, wie die lakonische und die kretensische, 
einen scharfen Tadel ergehen Ittsst. Solche Staaten, sagt er, seien 
nur aar Eroberung berechnet, als ob jede Herrschaft über Andere, 
wem sie auch aufgezwungen und mit welchen Mitteln sie begründet 
werde, erlaubt wäre; ebendeshalb aber nähren sie auch in den 
Einzelnen den Geist der Gewalttätigkeit und Herrschsucht und ent- 
wöhnen sie der Künste des Friedens, und so gerathen sie denn so- 
fort kl Verfall, wenn ihre Herrschaft gesichert sei, und die kriege- 
rische Thätigkeit der friedlichen Platz machen sollte. Aristoteles 
seinerseits weiss den Zweck des Staatslebens nur in den Geschäften 
des Friedens zu suchen; den Krieg will er nur um des Friedens 
willen und daher nur so weit gestalten, als derselbe zur Selbstver- 
w Ansehens wert bere;) äxoXouSef fkp tu xbO' Ixavtov *a\ tb novtoc. c. 14. 1882, 
i, 11: Da die Tugend des «px»» und des besten Hannes eine and dieselbe ist, 
im besten Staat aber alle zum Herrschen befithigt sein sollen, will die Gesetz- 
gebung darauf hinarbeiten, dass bier Alle wackere Männer seien, c. 15, Auf.: 
atft 81 . . . tbv oütov Bpov ävayxaiov e?v«i tö tx äpiTTcu äväp't xot -nj ipiuTr] nolntfa. 
Nach diesen Erklärungen sind die Worte (III, 4. 1277, a, 4): et pd; ä4vt«5 ävay- 
■aiov ära&ob« efvai roli; in zf t miouSaia itdl« jtoXitat, die ja auoh nur in einer dia- 
lektischen Erörterung (einer Aporie) vorkommen, nicht so in verstehen, als ob 
Aristoteles selbst jene Notwendigkeit verneinen wollte, sondern nur so, dssi 
er vorläufig die Bedingung festsetzt, unter der allein die Borger- und Hannes- 
tugend schlechthin zusammenfallen; ob aber und wo diese Bedingung eintrete, 
wird sofort im Folgenden untersacht. 
1) Diese Parallele ist übrigens nur theilweiäu zutreffend. Aristoteles selbst 
sagt uns (Polit. VII, 15. 1334, a, 32 IT.), dass auch ethische Tugenden, wie die 
Gerechtigkeit und die Selbstbeherrschung, im Frieden vorzugsweise BedUrfnisi 
seien, und wenn die wissenschaftliche ThStigkeit allerdings des Friedens am 
Meisten bedarf, so kann aie doch immer nur von dem kleinsten Theile der 
Staatsbürger geübt werden. 
34* 
sy Google 
532 Aristotelos. 
theidigung oder zur Unterwerfung derer nothwendig ist, welche die 
Natur zum Dienen bestimmt hat. Er verlangt daher, dass im Staate 
neben der Tapferkeit und der Ausdauer, ohne welche er seine Un- 
abhängigkeit nicht behaupten kann, auch die Tugenden des Frie- 
dens, die Gerechtigkeit, die Selbstbeherrschung und die wissen- 
schaftliche Bildung (<p0.o<ro<pisO gepflegt werden 0« Man wird nicht 
läugnen können, dass dem Staatsleben sein Ziel hiemil hoch genug 
gesteckt ist. Das schlechthin Höchste, was es dem Griechen der äl- 
teren Zeit war, ist es Aristoteles allerdings nicht; dafür gilt ihm, 
wie seinem Lehrer, die wissenschaftliche ThSligkeit, welche für sich 
genommen der Gemeinschaft mit Andern entbehren kann; sie allein 
ist es, worin der Mensch das Vollkommenste erreicht, was seiner 
Natur vergönnt ist, worin er sich über die Schranken des Mensch- 
lichen erhebt, um dem Göttlichen zu leben. Nur als Mensch bedarf 
er der praktischen Tugend und der Gemeinschaft, in der sie sich 
äussert *). Aber in dieser Beziehung bedarf er derselben auch gani 
unbedingt. Die höchste Gemeinschaft' aber, welche alle andern uru- 
fasst und vollendet, ist der Staat. Sein Zweck begreift alle sittlichen 
Zwecke in sich; seine Einrichtungen sichern das sittliche Leben 
durch Gesetz und Erziehung und breiten es über ein ganzes Volk 
aus; und hierin gerade besteht seine höchste Aufgabe: die Staats- 
bürger durch Tugend glückselig zu machen ist seine Bestimmung. 
Es ist diess im Wesentlichen die gleiche Ansicht vom Staatsleben, 
der wir schon bei Plato begegnet sind. Nur durch Einen Zug unter- 
scheiden sich die beiden Philosophen in dieser Hinsicht; einen sol- 
chen freilich, der aus dem Innersten ihrer Systeme hervorgeht Bei 
Plato hat' der Staat, wie alles Irdische, eine durchgreifende Beziehung 
auf die jenseitige Welt, aus der alle Wahrheit und Wirklichkeit 
stammt; und eben diess ist die letzte Quelle seines politischen Idea- 
lismus. Wie die Ideen jener übersinnlichen Welt angehören, so 
haben auch die philosophischen Herrscher, welchen die Verwirk- 
lichung dieser Ideen im Staat anvertraut ist, in ihr ihre Heimath, und 
nur ungern steigen sie aus derselben zur Behandlung der irdischen 
1) Polit. TU, 8. 3. 0. 14. 16. Etb. X, 7. 1177, b, 4. Vgl. auch B. 474, 1 
und über den Krieg eoi Gewinnung von Sklaven Polit. I, 8. 1256, b, 23. 
2) M. Tgl. hierüber, was S. 474, 1 aas Eth. X, 8 and andern Stellen Mge 
führt ist. 
i „Google 
Zweok des Staat«. 533 
Dinge herunter. Der Staat dient daher nicht blos der sittlichen Er- 
ziehung, sondern zugleich der Vorbereitung für das höhere Dasein 
der körperfreien Seele, auf welches sich am Schlnss der platonischen 
Republik ein grossartiger Ausblick eröffnet. Von dieser Auffassung 
des Staates, wie des menschlichen Lebens überhaupt, findet sich bei 
Aristoteles keine Spur; für ihn handelt es sich bei demselben einzig 
und allein um unsere diesseitige Bestimmung, um die Glückseligkeit, 
welche mit der sittlichen und geistigen Vollkommenheit unmittelbar 
gegeben ist; der Staat soll nicht eine jenseitige Ideenwelt nach- 
bilden, und nicht für ein jenseitiges Leben vorbereiten, sondern den 
Bedürfnissen der Gegenwart genügen; und so wenig Aristoteles, 
wie wir sogleich finden werden, eine Beherrschung des Staatslebens 
durch die Philosophie fordert, ebensowenig sieht er andererseits 
zwischen beiden jenen Gegensatz, welcher die politische Wirksam- 
keit des Philosophen nur als ein schmerzliches Opfer erscheinen 
lässt; es sind vielmehr zwei gleich wesentliche Seiten der mensch- 
lichen Natur, denen die praktische Thätigkeit des Staatsmanns und 
die theoretische des Philosophen Befriedigung verschaffen soll: die 
Gottheit allein lebt nur in der Betrachtung , der Mensch kann als . 
solcher auf die praktische Thätigkeit im Gemeinwesen nicht ver- 
zichten, es ist nicht blos ein Zwang, sondern ein sittliches Bedürf- 
nis», was den Staat und das Wirken im Staate für ihn zur Notwen- 
digkeit macht. 
Es ist nun die Sache der Politik, die Mittel, durch welche der 
Staat seine Aufgabe erfüllt, die verschiedenen, mehr oder weniger 
vollkommenen, Auffassungen derselben und die ihnen entsprechen- 
den Einrichtungen zu untersuchen. Ehe sich jedoch Aristoteles 
dieser Untersuchung zuwendet, bespricht er im ersten Buch seines 
staatswissenschaftlichen Werkes die Familie und das Hauswesen; 
.denn um das Wesen des Staats vollständig zu verstehen, sagt er, 
sei es nötbig, dass man ihn in seine einfachsten Bestandteile auf- 
löse »> 
1) Polit.1, 1. 1252, a, IT (nachdem der Unterschied der Staats- and Haus 
haltiragsknnst berührt ist) : Btjlov 5' Ijtou t'o Äff äoeuov faumolcoOm xenä t4)v Cotj- 
pjfiAnjv [irtoBov. öomp fip h toT( «J.Xoi{ tb oiSv&itqv \U-/pi tßv äowvfl/tiov äviym] 
Siaiptlv (taür« fip Ik&xyrca jiipi» toü nav-rb^), o6tw nal näXiv 1% Äy ofymiTat o*o- 
Koüvttf fyAyiQci xa\ itepl toJtiuv [näXXov, xt ts Siafipoumv öXXiJiUiv *« (I ti Tsy vixöv 
EvEcxitai Xoßelv iup\ Zxaoxm TÜW figBiVmiv. Vgl. o. 3, Auf. 
i „Google 
534 Aristoteles. 
8. Dil Hauswesen als Bestandteil des Staktet. 
Der Staat ist die vollkommene menschliche Gemeinschaft, und 
insofern dem Begriffe nach das Erste. Wie aber überhaupt nach 
Aristoteles das, was an sich das Frühere ist, der Entstehung nach 
das Spätere, das Princip Resultat ist, so muss anch der politischen 
Gemeinschaft als Bedingung ihres Entstehens die erste natürliche 
Gemeinschaft, die Familie, vorangehen 1 ). 
Näher ist es ein dreifaches Verhältniss, durch .welches die Fa- 
milie besteht: das Verhältniss von Mann und Weib, von Eltern und 
Kindern, von Herr und Knecht *)■ 
Das Verhältniss von Mann und Weib betrachtet Aristoteles 
wesentlich als ein sittliches; der natürliche Trieb führt sie zwar zu- 
sammen, aber ihre Verbindung soll den höheren Charakter der 
Freundschaft, des Wohlwollens und der gegenseitigen Dienstleistung 
annehmen '). Diese Forderung gründet sich darauf, dass die sitt- 
liche Anlage in beiden theils gleichartig, theils verschieden, dass 
daher ein freies Verhältniss beider nicht blos möglich, sondern anch 
durch das Bedürfnis» gegenseitiger Ergänzung gefordert ist. Einer- 
seits- stehen sie auf gleicher Stufe, auch die Frau hat einen eigenen 
Willen und eine eigentümliche Tugend, auch sie muss als freie 
Person behandelt werden; wo die Weiber Sklavinnen sind, da ist 
diess dem Aristoteles nur ein Beweis davon, dass auch die Männer 
ihrer Natur nach Sklaven seien, denn der Freie könne sich nur mit 
einer Freien verbinden *)• Andererseits ist doch die sittliche Anlage 
des Weibes der Art und dem Grade nach von der des Mannes ver- 
1) Polit. i, 3. 
2) Ebd. c. 2. c. 3. c. 12, Auf. Als die zwei Qmndverbiltnisse otwaiclmet 
Äiist. c. 2 das von Mau» und Weib, Sklaven and Freien, und er bespricht 
zunächst o. 3 ff. das letztere und daran anschliessend die verschiedenen Arten 
des Erwerbs, wahrend er das Genauere über die zwei übrigen Verhältnisse' 
o. 18. 1360, b, 6 einem späteren Orte aufspart,' weil sieh die Erziehung der 
Frauen und Kinder und die Einrichtung des Hauswesens Oberhaupt nach dem 
Charakter und den Zwecken des Staats richten müsse; diese Erörterung fehlt 
aber in unserer Politik, denn was B. VII. VIII von der Erziehung gesagt ist, 
besieht sich nicht speoiell auf das Familienleben. Ich lasse hier, wie uns 
diess natürlicher ist, die Untersuchung, fiber die Familie der Ober die Skla- 
verei und den Erwerb vorangehen. 
3) Polit. I, a, Anf. Eth. N. VHt, 14. lies, a, 16 ff. vgl. Oek. I, 8 f. 
*) Polit. J, 3. 1253, a, 1 ff. o. 13. 1360, a, 13 ff. Eth. N. s, a. O. 
JigilizBdby G00gle 
Das HaniTreso«; die Familie. 53$ 
schieden: ihr Wille ist nur schwach (&wpoO, ihre Tugend weniger 
vollkommen and selbständig, ihr ganzer Beruf nicht das selbstlbfi- 
tige Erwerben und Schaffen, sondern stille Zurückgezogen heil und 
Häuslichkeit *)■ DemgemÜss kann auch das richtige Verhaltniss der 
Frau zum Manne nur das sein, dass zwar der Mann, als der über- 
legene Theil, die Herrschaft führt, dass aber auch die Frau als eine 
freie Genossin des Hauswesens behandelt wird, und als solche nicht 
Mos vor Unbill jeder Art geschützt ist, sondern auch ihren eigen- 
tümlichen Wirkungskreis hat, in den der Mann nicht eingreift, eine 
Gemeinschaft Freier mit ungleichen Befugnissen, eine Aristokratie, 
wie dieses Verhaltniss öfters bezeichnet wird a ). 
Ein weniger freies Verhaltniss ist das der Eltern zum Kinde, 
bei dem aber der Philosoph, bezeichnend genug, fast nur vom Ver- 
haltniss des Vaters zum Sohn spricht 8 ): die Matter und die Tochter 
werden trotz den eben angeführten freisinnigeren Aeusserungen 
hier nicht weiter berücksichtigt. Wie Aristoteles das eheliche Ver- 
haltniss mit der aristokratischen Verfassung verglichen hatte, so ver- 
gleicht er dieses mit der monarchischen *} : das Kind hat dem Vater 
1) Polit. I, S. 1264, b, 13. c. 13. 1260, a, 12. 20 ff. III, 4. 12TT, b, 20 ff. 
Oek. I, 3, g. ID. Vgl. Hbt an. IX, 1, wo der Unterschied der Geschlechter hin- 
sichtlich ihrer Gumülhsart besprochen wird. Dabei u. A. 606, a, 35: vi OiJXia 
[tiXaxföripj nett xaioopforspa xal ^nov äjiXä xa'i npoiESTSorspa xon. inat t)|V TÜv 
t&vuv tpaoJ," opoviiauxruTspat, tä S' sjJjSna Ivcntfwc S'jy.iuBe'tiiEpa, xal ä^piiurtpa 
xal ÄJtXoeWp« xbi JJttov EmßouXa f uv 4 ävBpb; &nifLavsaTip<™ xa't öpCSompu 
jLaXXov, £11 81 IpSoVlptlinpQV XII jUjxijilllOtpiTEpOV, xa't (piXoXoioapov jjhXXov xal rtXijx- 
TixuiTtpov. fon 8s xal ßtfoflU|»v |iäXXov td (tijXu Tau ijäfevof xal SiSclXiti, xa\ avaiSt^- 
iretpov xal ^suBfortpov, itananiTiiTtpOY 51 xal j.vi)p.ov[xiutEp(jv , eti St aypumo- 
Tspov xa\ oxviipÖTSfKiv xa\ EXtu{ axivTjcdnpov to fHjlv. toü äjäftvot, xa'l ipofiijf D.it- 
Tovdf eVciv. ßoijdijTixünpov 61, iLamp iXfyb], xa'l ävSpsidTcpav tö ä^fsv to5 (hjXio'f 
(erw. Wie sticht nicht diese sorgsame naturwissenschaftliche Beobachtimg 
gegen die Leichtigkeit ab, mit der Plato (Kep. V, 452, E ff. vgl. Abth. I, 690), 
abgesehen tod den eigentlichen Geiohlechs- Verrichtungen, jeden qualitativen 
Unterschied der Gesooleehter geleugnet hatte! 
2) Eth. N. TIIL 12. 1160, b, 32 ff. c 13. 1161, a, 22. Vgl. V, 10. 1134, 
b, 16. Eod. TU, 9. 1241, b, 29. Polit. I, 13. 1260, a, 9. Oek. I, 4, wo in die- 
ser Beziehung im Einzelnen treffende Vorschriften gegeben worden. Weiter 
Tgl. m. was spater über Aristoteles' Widerspruch gegen die platonische Auf- 
hebung der Ehe bemerkt werden wird. 
3) Stellen wie Eth. VIII, 14. 1161, b, 26. IX, 7. 1168, s, 34 kennen in 
dieser Bexiehnng kaum in Betracht kommen, 
4) Eth. N. VIII, 12. 1160, b, 26. c. 13, Auf. (Eud. VII, 9. 1241, b, 26.) 
i B ».Google 
538 Aristoteles. 
gegenüber strenggenommen kein Recht, da es noch ein Theil des 
Vaters ist *), aber der Vater hat dem Kinde gegenüber eine Pflicht, 
die Pflicht, für sein Bestes zu sorgen *)• Der Grand davon ist aber, 
dass auch das Kind einen eigentümlichen Willen und eine eigen- 
tümliche Tugend hat, nur beide unvollendet; vollendet sind beide 
im Vater, und eben dieses ist das richtige Verholt niss zwischen Vater 
und Sohn, dass jener diesem seine' vollkommenere Tugend mittheilt, 
dieser sich die des Vaters in Gehorsam aneignet '). 
In gänzlicher Abhängigkeit steht erst der Sklave. Der Skla- 
verei hat Aristoteles besondere Aufmerksamkeit gewidmet, um tbeils 
ihre Notwendigkeit und Rechtmässigkeit zu untersuchen, theils 
über die Behandlung der Sklaven das Richtige festzusetzen. Was 
nun ffir's Erste die Notwendigkeit der Sklaverei betrifft, so liegt 
ihm diese schon in der Natur des Hauswesens, dessen Bedurfnisse 
nicht blos leblose, sondern auch lebendige und vernünftige Werk- 
zeuge fordern; das Werkzeug aber ist Eigenthum dessen, der es 
gebraucht; zur Vollständigkeit der häuslichen Einrichtung gehören da- 
her auch Menschen, die Eigenthum des Hausherrn sind *), Sklaven 6 ). 
Dass aber dieser Besitz auch gerecht, dass die Sklaverei nicht blos 
in der positiven Gesetzgebung, wie schon damals Manche behaup- 
1) Ebd. V, 10. 1134, b, 8 vgl. VIII, 16. 1163, b, 18. 
8) Polit III, $. 1378, b, 87. 
3) rolit. I, 13. 1360, a, 13. 31. Tgl. III, 5. 1378, », 4. Zur vollständigen 
Darstellung der Familie würde such noch eine Untersuchung des geschwister- 
lichen Verhältnisses gehören ; indessen gebt Aristoteles in der Politik auf die- 
ses nicht ein, und nur in der Ethik berührt er, von der Freundschaft han- 
delnd, die zwischen Brüdern stattfindende Verbindung. Er bemerkt, dass die 
brüderliche Liebe theils anf der gemeinsamen Abstammung, welche an und für 
■ich schon eine Einheit and Zusammengehörigkeit begründe, theils anf den 
Znsammenleben und der giimohmamen Erziehung beruh*, dass die Freund- 
schaft zwischen Brüdern der zwischen Altersgenossen ähnlich sei n. s. w., er 
vergleicht ihr VerhBltniss einer Timokratie, sofern die Einzelnen sich wesent- 
lich gleichstehen nnd nur der Altersunterschied ein Uebergewioht begründe, 
er führt endlich auch die Verbindung der entfernteren Seiteoverwandten anf 
die gleichen Beweggründe inrück; VIII. 13—14. 1161, a, 3. 35. b, 30 ff. 1161, 
»,9 ff. 
4) Polit. I, 4. Oek. I, 5, Anf. 
6) Denn ein Sklave ist (Pol. I, 4, Schi.) o; äv x-riju« f ivBcohcoc ßv (xt^|u 
St öpY«vov npaxrtxbv — hierüber ebd. 1364, a, 1 ff. — xa'l j(uiprarov), ein f<Jst! 
BoüXos ist h jij] afcoO <pifaci lüX nXXou, äv6panro( 84. 
JigilizBdby G00gle 
Sklaverei 537 
leten 0, sondern auch in der Natur begründet sei, diess sucht unser 
Philosoph aus der Verschiedenheit der natürlichen Anlage bei den 
Menschen dareathun. Solche, die von Natur nur für körperliche 
Verrichtungen geeignet sind , werden billig von denen beherrscht, 
welche geistiger Thüligkeil fähig sind , da diese über ihnen stehen, 
wie die Götter aber den Menschen, oder die Menschen über den 
Thieren, da überhaupt der Geist Aber den Körper zu herrschen 
hat *); ja Aristoteles geht sogar zu der Behauptung fort, eigentlich 
habe die Natur beide auch in körperlicher Beziehung unterscheiden 
wollen, und nur eine Unregelmässigkeit sei es, wenn die Einen die 
Seele, die Andern den Leib der Freien haben 8 ). Und da nun dieses 
wirklich im Allgemeinen das Verhältniss der Barbaren zu den Hel- 
lenen ist, so sind jene die geborenen Sklaven von diesen *)• Dem 
1) Tgl. Polit. I, 3. 1253, b, 16 ff. o. 6. 1255, a, 7. Die entere Stelle er- 
wähnt der Ansicht, das Sttncö£ctv sei naturwidrig ; vdpui -fip tbv [iev SoÜXov 
;Tvoi t'ov 8' RttiBepov, stilm 8' oilBh 6inf iptiv. Sidntp ouSi oucek»- ßiaiov fip. Die 
zweit« sagt, der Gebrauch, Kriegsgefangene ald Sklaven zu behandeln, neide 
von Manehen (xoÄXo't tSv rv TÖtf vtyuii; töW ooaöivj für ungerecht erklärt, 
da die physische Ueberlegenheit kein Recht gebe, den Schwächeren zum Skla- 
ven an machen. Wer diese Gegner der Sklaverei waren, wissen wir nicht: 
an Sokrates oder Plato haben wir dabei nicht an denken (s. Abth. I, 115, 1. 
571 f.); eher an Cyniker, wiewohl wir auch von ihnen nur wissen, data sie 
ea für gleichgültig hielten, ob man Sklave oder frei aei (a. a. O. S. ISO); oder 
auch an Sophisten, welche den Gegensatz des vd|nj> and ipiian (s. Tb. I, 778 f.) 
auch an diesem Verhältnis! anschaulich machten, nnr dass freilich in diesem 
Fall, der sonstigen Neigung der Sophisten entgegen, du Recht der Stärke 
nicht als Naturgesetz anerkannt worden wäre. 
2) Ebd. c 5. 1254, b, IG. 34. VII, 3. 1325, a, 28. Schon Plato hatte die- 
sen Gedanken an die Hand gegeben; vgl. Igte Abth. 572, 1 und Rep. IX, 5B0, C. 
3) Polit. I, 5. 1 264, b, 27 mit dem Beisata : wenn sich ein Theil der Men- 
schen in körperlicher Beziehung vor den Uebrigen auch nnr so weit auszeich- 
nete, wie Götterbilder, so würde Niemand gegen die unbedingte Herrschaft 
solcher Personen Einsprache thun. Diese Bemerkung lautet besonders hel- 
lenisch. Wie sich dem Griechen der geistige Gehalt überhaupt no inwendig 
und naturgem&sB in einer harmonischen äusseren Form darstellt, so hat er 
auch an der ihm wohl hewussten Schönheit seines Volks den unmittelbaren 
Beweis für den absoluten Vorsug desselben vor den Barbaren. Wie würde 
sich auf diesem Standpunkt vollende die Sklaverei der schwarzen und far- 
bigen Baoe empfohlen haben 1 
4) Polit. I, 2. 1262, b, 6. C 6. 1255 a, 28 vgl. VII, 7. Als ausnahmslos 
will allerdings Aristoteles diese Behauptung nicht hinstellen; die Natur, be- 
merkt er I, 6. 1256, b, 1, gehe allerdings eigentlich darauf aus, dass ebenso, 
. ;:: ;i -,G00Qlc 
838 Aristoteles. 
Aristoteles erscheint daher nicht allein die Sklaverei selbst, sondert 
euch ein Krieg nur Erwerbung von Sklaven gerechtfertigt 1 ), » 
lange sich nur die Sklaverei auf diejenigen beschrankt, welche 101 
Natur dazu bestimmt sind; erst dann wird sie ungerecht, wenn 
solche zu Sklaven gemacht werden, die ihrer Natur nach herrschen 
sollten: wenn die Kriegsgefangenen ohne Weiteres als Sklaven be- 
handelt werden , kann diess Aristoteles nicht gntheUsen , weil du 
Loos der Gefangenschaft auch die Besten und noch so ungerecht 
Angegriffenen treffen könne ')• Nach diesen Grundsätzen muss sich 
nun natürlich auch das Verfaaitniss des Herrn und des Sklaven rich- 
ten. Hat die Frau einen ungültigen, der Knabe einen unvollendeten 
Willen, so hat der Sklave gar keinen, sein Wille ist in seinem Hern, 
Gehorsam und Brauchbarkeit für den Dienst sind die einzige Tugend, 
deren er fähig ist ')■ Dass dem Sklaven als Menschen auch eine 
eigenthümiiehe Tugend zukommen müsse, räumt Aristoteles aller- 
dings ein; aber er fügt sofort bei, dass diese bei ihm nur ein klein- 
stes sein könne *). Ebenso empfiehlt er ein mildes und humanes Be- 
tragen gegen Sklaven, er macht dem Herrn zur Pflicht, sie zu der 
ihnen möglichen Tugend zu erziehen'), er rath, ihnen als Beloh- 
nung des Wohlverhaltens die Freiheit zu versprechen *); aber doch 
wie vom Menschen ein Mensch und vom Thier ein Thfer, so Tom Guten im- 
mer ein Gnter abstamme, aber sie, vermöge die» nicht immer in's Werk in 
setien; und er fuhrt fort: Sri \iiv o3v ijrti nvi X<Wov f| <j(|if taßrjnj«; (der Zweift! 
an der Becbtmlasigkeit der Sklaverei) xa\ ofix ctitv ot tirv «ptfoEi ftoSXot ot !' örJ- 
lipot fiijXov. Diess kann aber doch unr besagen sollen: nicht alle Ski»™ 
oder Freie seien diese nach natürlicher Ordnung; denn Arint. tilgt sofort bai: 
xn\ Sri it tul Btoipiorai ro roioütov, tuv 3ufiy«pet tcü |isv Tb Soulidtcv tö 61 tu U- 
tmi^Etv xal Sixaiov. Gewisse Volks stttmme mnss es also doch geben, die ge- 
borene Sklaven sind, wie diess such o. 3 a. a. O. vorausgesetzt, wird, und not- 
wendig angenommen werden muss, wenn der Krieg mm Einfangen von Skla- 
ven gerecht sein soll. Eine Teitea Änderung, wie sie Thurot Etndei a. Ariit 
10 vorschlagt, ist entbehrlich. 
1) Pol«. 1,8, 1356, b, 38 ff. 
2) A.a.O. c.6. 1865, a, »1 ff. 
3) Polit, 1, 18. 1259, a, 31 ff. 1160, s, 13—24. 80. Poet. 15. 145*, a,30. 
4) Poüt. a. a. O. 
6) Polit. I, 7. 0. 18. 1280, b, 3: (pavtpav Tohuv Sri Tijs tomkin ipsrijt arw 
iTvai Bfl -.& 8oJXiü t'ov 5wnÄTJ|Y . . Bio Wvouoiv oi xa\G>i 0! l£-pu toll; Soülou; im- 
ernpoÜvTEf xa\ yamovTit imt&fa v^joflx |*enov vouOmjrfcv ykp (iSUov toi* W- 
Xout | to4( «a!5a;. Mehr Ober die Behandlung der Sklaven Oek. I, S. 
6) Polit. VII, 10, Schi., wotn übrigens Hii.denbb*md Beohti- und Statu- 
Sklaverei. 53S 
soll die Gewalt des Herrn im Garnen eine despotische sein, um! eine 
Liebe m Skisven seinerseits so wenig stattfinden können, als eine 
Liebe der Götter zu den Menschen >); und dass diess von dem Skla- 
ven Mos als Sklaven, nicht als Menschen gelte 1 ), lässt sich doch 
nur als eine, dem Philosophen freilich zur Ehre gereichende, Incon- 
sequenz betrachten. Die richtigere Folgerung *), dass der Mensch 
als solcher eben nicht Sklave sein könne, hat Aristoteles nicht ge- 
zogen; dazu war die griechische Sitte und Denkweise in ihm zu 
mächtig. 
Mit der Untersuchung über die Sklaverei verbindet Aristoteles 
allgemeinere Erörterungen über Erwerb und Besitz *) mit der ziem- 
lich losen Bemerkung: da auch der Sklave ein Theil des Besitzes 
sei, so füge »ich diese Lehre passend hier ein *). Er unterscheidet 
pfail. I, 400 treffend bemerkt, du« diesa den Grundsätzen dei Philosophen 
eigentlich widerspreche; denn wer von der Natur mm Sklaven bestimmt ist, 
dürfte nicht freigelassen , wer es nicht ist, nicht in Knechtschaft gehalten 
1) Btfa. N. VIII, 13. 1160, b, 29. 0, 18. 1160, s, 30 (T. vgl. m. VIII, 9 
(•. o. 278, 1). 
3) Etb. N. VIII, IS, Sohl. 
3) Welche tohon Ritter III, 861 als solche bezeichnet hat, und welche 
es such trots FacBsm'a (Gereohtigkeitebegr. d. Ärist. 8. 119) Einrede: „auch 
innerhalb der menschlichen Vernunft gebe es dem Aristoteles Unterschiede" 
bleiben wird. Solche Unterschied« nimmt er allerdings an, und er behauptet 
such, -wie wir so eben gehört haben, dieselben gehen weit genug, um einen 
Theil der Menschen znr Freiheit unfähig m machen. Aber die Frage Ut eben, 
ab diese Behauptung sich auch dann noch festhalten Mast, wenn man doch 
angeben muss, auch wer an diesem Theil der Menschheit gehurt, sei ein Su- 
Yijuvo; xoivoivSjoM vi\Lov xtü cvvürjxi;; , xsH oiXfctc 8^, iiB' Suov ävflpwjuo{, es be- 
stehe ein BIxmov 7um\ Mpilixta «pb{ itinxa. Zn einer Sache, einem Beaitithnm, 
ist kein RecbtaverhAltniss, zn einem Menschen, der keinen Willen nnd keine 
oder nur eine sklavenhafte Tugend besitzt, ist gerade nach aristotelischen 
Qrandeltten keine Freunds ehalt möglich. 
4) Pollt. I, 8—11. TgL Oek. I, 8. 
5) 8a Pol. I, 8. Schon u 4, Auf. war der Sklave als Theil der xrijote und 
iie x-ojTcxi] als Theil der o!*ovo|i!a bezeichnet worden; nichts desto weniger kann 
ich TBtcHMpLi.a« (S. 886 der oben, 470, 1, angeführten Abhandlung) nicht an- 
geben, dass dieser Abschnitt „gut systematisch" hier eingefügt sei. Denn 
c. 3 waren als die wesentlichen Gegenstände der Lehre vom Hauswesen nur 
die drei VerhtUtnisse von Herrn nnd Sklaven, Mann nnd Weib, Vater nnd Kin- 
dern aufgeführt, nnd die Lehre vom Besitz nnr mit den Worten berührt wor- 
den: fort $( ii papo; (I) i Sexfi toi; |iiv iTv« otxovojif«, rot; 81 fuSrmov p^po; auTrjs, 
840 Aiiitot«l«t. 
zweierlei Erwerb , den natürlichen und den künstlichen *}. Der 
erstere umfassl olle die Thiligkeiten, dnrch welche notwendige 
oder nützliche Lebensbedürfnisse gewonnen werden, Viehzucht, 
Jagd, Landbaa n. s. w. ■}. Durch Umtausch dieser Erzeugnisse ent- 
steht zunächst der Tauschhandel, welcher gleichfalls noch als eine 
natürliche Erwerbsart bezeichnet wird, weil er der Befriedigung 
natürlicher Bedürfnisse unmittelbar dient •)■ Nachdem aber zum 
Zweck des Handels das Geld als gemeinsamer Werthmesser einge- 
führt war 4 ), hat sich aus ihm der künstliche Erwerb entwickelt, 
welcher nicht auf die Lebensbedürfnisse selbst, sondern auf den 
Geldbesitz ausgeht 5 ). Nur die erste von diesen Erwerbsarten ist 
ein unentbehrlicher Theil der Haushaltungskunst 6 ); sie hat es mit 
dem wirklichen Reichthum zu thun, der nichts anderes ist, als ein 
Vorrath von Werkzeugen für den Haushalt und das Gemeinwesen, 
und ebendeshalb hat der Besitz, den sie sucht, sein natürliches 
die -/jh;ii.«™thcJ) , so dass diese demnach schon hier mir als ein Nachtrag ss 
der Lehre vom Hauawesen auftritt. Wenn rinn aber Teichmöllki; vollends 
glaubt, in der obigen Bemerkung über die Verbindung der Erwerblehre mit 
der Untersuchung Über die Sklaverei verrattfe eich nur meine schwankende 
Auffassung der äusseren Güter bei Arietoteies, so hat hier sein Scharfsinn 
einen Zusammenhang entdeckt, der ebenso, wie jenes angebliche Schwanken 
über die inaseren Güter, lediglich nur in seiner Meinung vorhanden ist 
1) c. 8, Schi.: qti [iiv ;oivuv fori Tic xTqtixi) xm« ftian reit oixovdjion x» 
tOLf noXir.xtft;, xal SC ? ( v ahiav, SSjloV. C. 9, Anf. : Juri Si -f"°S HÄo xTHiaiJ!; 
fy [uxXtara xaXoüai xal Stxaiov aitä xaXäiv Y_pj]|iaTtarix>{v iaxi S' J| uiv plon^ 
5' oi f ilau culrüv, iXkk SC ipmipia; nvet xat ti'/ym *fiveT«i [aSXAov. 
2) Nachdem c. 6 die verschiedenen natürlichen Erwerbsarten aufgezählt 
sind nnd unter diesen seltsamer Weise auch die XnaTti* (1256, a, 86. b, 5), die 
doch weder natnrgem&ss für ein sittliches Wesen nooh eine produktive Tbl- 
tigkeit ist, heisst es von ihnen 1266, b, 26: h \iii cäv sTSo? XTnrtxTJ; xata ipumi 
Tijs oinoV6^!x^; pspot htii wv (durch conatrueäa ad senston auf die ver- 
schiedenen unter dieser Erwerbsart bef aasten Thatigkeiten belogen) toxi i<t 
<jaupi3p,b; xpijujzTuv Tip'o; ^uir;v iv «-]-•; aiiuv xa> )(p»|a([Uiiv (!( xoivuiviav n4l6o>( \ 
oixla;. 
3) c. 8. 1257, a, 28, nach Beschreibung des Tauschhandel«: Jj ■ (*sv <& 
TOKtiirj] |UT«ßlijTu(^ hüte aap« f lioiv öS« XprgpaTtatixij; jat^v eTSoc o'iSA ' «!( «M- 
al^puxriv -jap tTJi xaia <p IJ91V au-vapxfla; i]v. 
4} 8. o. 498, 2. 
6} c 9. 1257, a, 80 ff. 
6) c 9, Schi. : sep\ piv o!v rij« ts p.i| äva-fxaiaj ^pKjiMtatnqj . . . t^srnt' w* 
mp"! T7J; ävafialtn, K-n tripa piv ai-rij; o!xovo|iixJ[ St xmä <pi!at« jj xsp'l t^v ipopf'- 
i „Google 
Die- Arten dea Erwerbs. 54t 
Maass an dem Bedürfnis« l ~j; wogegen der Gelderwerb freilich in's 
Maasslose geht, aber darin nur seine schlechte, der wahren Lebens- 
kunst widerstreitende Natur an den Tag bringt, für die es sich nicht 
um ein sittlich schönes Leben, sondern nur um die Mittel zum phy- 
sischen Dasein und zum Genuss handelt *). Diese ganze Klasse der 
erwerbenden Thütigkeit wird daher von dem Philosophen gering 
geachtet, um so mehr, je ausschliesslicher sie in blossen Geldge- 
schäften besteht; denn von allen naturwidrigen Erwerbsarten, glaubt 
er, Sei die durch Geldausleihen die naturwidrigste 3 ). Seine wei- 
teren Erörterungen über die Erwerbsthätigkeit beschränken sich auf 
eine Einteilung derselben 4 ) und einige Bemerkungen ober den 
Kunstgriff, sich in den Alleinbesitz einer Waare zu setzen 6 ); wie- 
wohl er übrigens die wissenschaftliche Betrachtung dieser Geschäfte 
anders beurlheitt, als ihre thatsachliche Hebung ''). Die letztere steht 
um so tiefer, je weniger sittliche und geistige Tüchtigkeit sie in 
Anspruch nimmt, je ausschliesslicher sie in körperlichen Verrich- 
tungen besteht, und je mehr sie dem Körper das Gepräge der muh- 
1} c. 8. 1266, b, 30 (nach dem 540, 2 Angeführten): xai ioixcv 5 y' ilij- 
Stube 7cXouto( e"x toiJkuv e!v«i. J] faf ^C WMOtlJC xti[«m[ wkipxEia jupb( äy«B)]V 
Jcöjjv oiJx ämip6i iwnv oäSl» yip opfavov änsipov odStuiäj tVfl TE)>vj]j oUn 7tX>f- 
Bei oute litfifflsi, o Si itXoötOf ipflutai tcXtjBiSc iWv ofeov&uixöjv xa'i 7roXiTixüv. 
2) e. 9, 1207, b, 26 — 1256, a, 14. 
3) c. 10. 1256, s, 40: rij; Be UETaßXijTixijt ^cyafUfrji Sixaüu; (otl fäp xmä 
piSaiv äXX' an' iXXiJXiov JttIv), lüayiataxa [iiaslTii fj jßaXaTCCETixi{ Siä tb an' auioS 
toQ vofj.Lop.a-04 eTvbi tS)v jttjoiv xa\ oix ftp' Sreto inopioBrj (nicht von dem, woig 
das Geld dienen soll). puTaßoXjjt yip ifin-K x*P ,v i " 31 tixo; «W itoitt nMav 
... (Thtie xsl [liXurta Jtapa oiiotv OJT04 luv £pi]|As-:L3|j.äiv £m£v. 
4) c 11 ztthlt er drei Arten der ^pijiiauarixij: 1) die Kenntniss des Land' 
bans, der Viehzucht u. s. w., die oUeiotät») )>p7j[iaTnmx!J ; 2) die (lETaßXjitcxJi, 
als deren drei Zweige Ip-nopla, Toxiap.bc, p-iaflapvia genannt werden; aar p.io8ap- 
vis gehSren alte banausischen Gewerbe; S) zwischen beiden stehend die iXo- 
TOfiia, |wraXXoupYfa u. s. f. 
5) Er wünscht eine Sammlung dieser und ähnlicher Kunstgriffe (1259, 
a, 3), wie sie in der Folge das zweite Bach der Oekonomik versnobt hat; er 
seibat fuhrt nur awei Beispiele an. Im Uebrigen vorweist er auf filtere Schrift- 
steller über Landwirtschaft u. a. w. (1258, b, 39); er selbst will nicht dabei 
verweilen, denn es sei Xi»iauiov pl» jtpdj tat Epfcujittt, fopttxbv 81 10 tvSta- 
TS». 
6) c. 11, Auf.; savta Sc vi totaüra tJ,« ^iv Bwoptav &EiiflEpov t/tt, -rijv 6* Epv- 
miplav avarntlsv. 
JigilizBdby G00gle 
542 ArUtotela». - 
seligen Arbeit aufdrückt '); wie denn überhaupt die GeringsdHitsung 
des Griechen gegen die Handarbeit von Aristoteles vollständig ge- 
theiit wird *). 
Pinto hatte nun in seiner Republik verlangt, dass die Familie 
und das Hauswesen im Staat untergeben: eine Weiber-, Kinder- und 
Gütergemeinschaft war ihm als die wünschenswertheste , für den 
vollkommenen Staat allein passende Einrichtung erschienen. Aristo- 
teles ist nicht dieser Meinung 1 )- Nach Plato soll Alles gemein- 
schaftlich sein, damit der Staat möglichst eins werde; aber ein Statt 
ist nicht blos eine Einheit, sondern ein aus vielen und verschieden- 
artigen Bestandlbeilen zusammengesetztes Ganzes; wenn eine voll- 
ständige Einheit ohne Mannigfaltigkeit das Höchste wire, müsste 
der Staat zum Hauswesen und dieses zum Einzelnen einschrumpfen *). 
Wollte man ferner auch gelten lassen, dass die Einheit dss Beste für 
den Staat sei, so wären doch die Einrichtungen, welche Pinto vor- 
schlagt, dazu nicht das richtige Mittel. Jener hatte gesagt 5 ), der 
Staat werde dann am Einigsten sein, wenn Alle dasselbe mein und 
dein nennen. Allein dieser Satz, entgegnet Aristoteles treffend, sei 
zweideutig. Wenn Alle dasselbe als ihr Privateigentum betrachten 
könnten, was aber eben nicht möglich sei, so möchte vielleicht die 
Einigkeit dadurch gefördert werden; sollen dagegen die Weiber 
Kinder und Güter der gemeinsame Besitz Aller sein, so werde diese 
1) Ebd. 1258, i, 85: citri 81 TEYVixuiratai jilv Tüjv ipvaatüv Brcou Aigino* 
xrj( Tii^iK, ßtnauadTRTai 8' iv aT? xa aü\un* Xußüivtai [ü&iot«, SauXu&rana £1 
hcou T.o3 atufuno; alflaT« ynjacit, iftvvt'o-iWTai 81 Brcou £kafi<nov rcpo{ii! iptrlfi. 
Zu Definition des ßavauaov vgl. m. c. 6. 1264, b, 24 ff. Fun Bep. VI, 4W, D 
(Abtb. I, 571, 3). 
2) Weitere Belag« dafür werden uns in dem Abschnitt über die Staats- 
verfassung aufatosseD. 
S) Er Rostert sieh über diesen Gegenstand nicht im ersten Bacb, welch« 
von der Familie, sondern im zweiten, welches von den froheren Staatsidealen 
handelt; wir werden aber diese Erörterringen aas sachlichen Gründen hieher 
riehen dürfen. 
4) Polit. II, 2. 1361, a, 9 ff. (vgl. c. 5. 1263, b, 20 ff.), wo u. Ä-: xalroi 
BMipov imv üc rcpolbCo« xat Yivou.rVrj [ils [iSXXov oOSl x£kif ferer kXtj6oc T*P 
n tt)V piloi» rVfWfj TtiXit .... oi jiövov !' ix rtXiiiWv avtpfbaM* fe*i t\ ittfos, ÖÜ 
xo\ iE cTEti twftpdvwv ' oi vip fivfrat «SXn iE i(i°'* JV - • A » on 'lio Autarkie das 
Staats beruht wesentlich hierauf; a. a. O. b, 10 ff. 
5) Eep. V, «Z, C. 
i By Google 
Gegen Weiber- und öfiteigemoinschaft. 543 
Wirkung nicht eintreten *)• Mit der Ausschliesslichkeit der ver- 
wandtschaftlichen Bande würde vielmehr aller Werth und alle wirk- 
liche Bedeutung derselben aulgehoben: wer an jeden von tausend 1 
Söhnen einen tausendstel« Ansprach, und diesen nicht einmal ganz 
sicher hätte, der würde sich keinem gegenüber als Vater fühlen 
können *). Davon nicht zu reden, dass die platonischen Vorschläge 
bei der Ausführung in die grössten Schwierigkeiten verwickeln 
worden *)■ Und ähnlich verhält es sich mit dem Vermögen. Auch 
hier würde die Gemeinsamkeit des Besitzes so wenig zur Einigkeit 
fuhren, dass sie vielmehr eine unversiegliche Quelle des Streitf 
würde *). Das Richtige ist nur die rechtliche Theilung des Eigen- 
thums und die freiwillige Mittheilung zum Gebrauche s ). Die Gü- 
tergemeinschaft dagegen zerstört mit der Lust am eigenen Besitz 
auch die Freuden der Wohlthätigkeit und der mittheilenden Liebe; 
und wie die Weibergemeinschaft die Tugend der Selbstbeherrschung 
in geschlechtlicher Beziehung aufhebt, so macht sie diejenige Tu- 
gend e ) unmöglich, welche sich im rechten Verhalten zum Besitze 
betbttligt 7 ). Wir werden in diesem Widerspruch gegen den pla- 
tonischen Socialismus nicht allein den praktischen Sinn des Philo- 
sophen, seinen hellen, für die Bedingungen und Gesetze der Wirk- 
lichkeit geöffneten Blick, seine Scheu vor aller ethischen Einseitig- 
keit, sein tiefes Verständnis» der menschlichen Natur und des Staats- 
lebens wiedererkennen, sondern wir werden auch hier so wenig, 
wie bei Plato, den Zusammenbang der politischen Ansichten mit 
den metaphysischen Grundlagen des Systems übersehen. Plato hatte 
t) C. 8. 1261, b, 16— 32. 
2) A. a. O. 1261, b, 82 ff. c. 4, 1262, «, 40 ff. 
S) Worüber c. 3 f. 1262, a, 14- -40. b, 24 ff. das Nähere. 
4) C. 6. 1282, b, 37 — 1268, a, 27. 
5) A. a. 0. 1263, a, 21 — 40, wo zum Schlaue: fMfpöv Wvuv Sri (IAilov 
eTmbi (iiv !S1s; töc xtijoeic Tfl 51 XP'fc" Ä0[ « v xoivfc. Du Gleiche wird VII, 10. 
1329, b, 41 wiedeiholt. 
6) Die &ei>ecp<äTi]c, 1. o. 493 f. 
7) A. 0. O. 1263, u, 40 — b, 14. Der Vorwarf in Betreff der <roifpo?<tai . 
ist freilich 11 n geruckt, denn »ach bei Plato hat sich Jeder aller Frauen an 
enthalten, wenn sie ihm nicht von der Obrigkeit sugewieeen werden; die pla- 
tonische Weibergemeinschaft ist Oberhaupt (wie ich auch in 8raBi.'a liistor. 
Zeitaebr. I, 115 gezeigt habe) nicht* weniger als eine Freigebnng der Be- 
gierden. 
3, g ,i EE dby Google 
$44 Arlitotelai. 
die Aufhebung alles Privatbesitzes, die Unterdrückung aller Einzel- 
intercssen verlangt, weil er eben nur in der Idee, im Allgemeinen, 
ein wahrhaft Wirkliches und Berechtigtes anerkennt l ); Aristoteles 
kann ihm auf diesem Wege nicht folgen, weil ihm gerade das Ein- 
zelwesen für das ursprünglich Wirkliche, und darum auch für das 
ursprünglich Berechtigte gilt. Wie er als Hetaphysiker in den Ein- 
zeldiugen etwas Wesenhaftes und Selbständiges sieht, nicht blosse 
Schattenbilder der Idee, in den allgemeinen Begriffen umgekehrt 
nur den Ausdruck für die gemeinsame Eigenthümlichkeit mehrerer 
Einzelwesen, nicht fürsichseiende Substanzen: so muss er auch in 
der praktischen Philosophie den letzten Zweck der menschlichen 
Thätigkeiten und Einrichtungen in die Einzelnen verlegen und seine 
Verwirklichung von ihrer freien Entwicklung erwarten. Die höchste 
Aufgabe des Staats besteht in der Glückseligkeit seiner Bürger: das 
Wohl des Ganzen beruht auf dem der Einzelnen, aus denen das 
Ganze zusammengesetzt ist ■}; und ebenso muss die Thätigkeit, 
durch die es erreicht werden soll, von den Einzelnen und ihrem 
freien Willen ausgehen: nur von innen heraus, durch Bildung und 
Erziehung, nicht durch Zwangseinrichtungen lässt sich die Einig- 
keit im Staate hervorbringen s ). In der Politik, wie in der Mela- 
1) 6. Ute Abtb. 8. 594 f. 
3) PUto halte Bop. IV, 430, B ff. den Einwurf, dasa er seine „Wichter" 
nicht glücklich mache, mit der Bemerkung zurückgewiesen: es handle sieb 
hier nicht um die Glückseligkeit eines Theils, sondern dei Ganten; Aristo- 
telea (Polit. II, 5. 1364, b, IT) hillt ihm entgegen: äSiivorrov St Eii£ai[iav£iv 81r ( », 
PI tüv itXdnwv J) [ij) (dieses j*tj mochte ich streichen) n&vruv uxp&v I) xetSn 
f^öviuv t))v E'JSst^ovfai. (AebrtUoh VII, er 1329, a, 23; r.iiäaip&va 61 mSXtv an 
|E( (lipo; ti ßÄ^iavT«; Sei Mytiv oCttjj, aXX' itf TCJiVTOtf tou; TioXitaf.) oü vap tSv 
aiiiüv Tb ii!Sai[jUiv£iv cuvjiip TD äpnov To3w yap Jvo^ttai Ttji SXiji ifiipx s,v T ^ v ^' 
|uptüu ]h]Bet^p« l i, -cq St säBaijjLOwtv öSiivstov. Man wird in diesen Bemerkungen 
den Gegensatz des beiderseitigen Standpunkts nicht Terkennen, welcher anch 
dadurch nicht aufgehoben wird, dass sieb bei Pl&to selbst nachträglich (Bep. V, 
466, E)daa Leben der „Wftchtor" als das .glückseligste erweist. Denn im Grund- 
sats bestreitet dieser doch, was Aristoteles behauptet, dass die Rücksicht auf 
die Glückseligkeit der Einzelnen als solcher für die Staatseiuriehtungen maasi- 
gabend sein müsse, und er verlangt ebendesshsJb, am angeführten Ort selbst, 
dass die Einzelnen gerade in der selbstlosen Hingebung an das Gänse ihr 
höchstes Glück suchen. 
S) Polit. II, 5. 1363, b, 36; die Einheit des Gemeinwesens darf nicht so 
Überspannt werden, daas der Begriff des Staats dadurch aufgehoben wurde 
i „Google 
Gegen Weiber- und Gütergemeinschaft. 549 
physik, liegt der Schwerpunkt bei Plato im Allgemeinen, bei Ari- 
stoteles im Einzelnen; jener verlangt, dass das Ganze seine Zwecke 
ohne Rucksicht auf die Einzelinteressen durchführe, dieser, dass es 
durch Befriedigung aller berechtigten Einzelinteressen sieh aufbaue. 
Doch wir greifen mit diesen Bemerkungen bereits in die Un- 
tersuchung über die Staatsverfassungen über, welcher der Phi- 
losoph, nach vorgängiger Kritik der früheren Entwürfe und Ver- 
suche l )» im dritten Buch seines Werkes sich zuwendet. Was wir 
zwischen die Familie und den Staat stellen würden, die Gesellschaft, 
das ist für ihn noch nicht Gegenstand der Forschung, wie ja die 
Gesellschafts-Wissenschaft überhaupt erst der neueren und neue- 
sten Zeil angehört; und auch das ihm Näherliegende, die Gemeinde, 
wird nicht ausdrücklich in. Betracht gezogen. Für ihn als Griechen 
fallt der Staat noch mit der Stadt zusammen; die Gemeinde kann 
daher, wiefern sie vom Staat verschieden ist, nur die Dorfgemeinde 
sein; diese ist aber eine blosse Uebergangsform , welche in der 
Stadt- oder Volksgemeinde verschwindet, sobald an die Stelle eines 
äusserlichen, auf die Bedürfnisse des Verkehrs beschränkten Zu- 
sammenhangs eine umfassende Lebensgemeinschaft tritt *). 
Durch welche Einrichtungen nun aber und in welchen Formen 
diese Gemeinschaft ihren Zweck zu verwirklichen hat, diess wird 
wesentlich von der Beschaffenheit der Personen abhängen, die sie 
umschliesst. Sie sind daher das Nächste, womit Aristoteles sich 
beschäftigt. 
(s. o. 542, 4); äXXx 6e1 jrXijOot 3v .. . Bis tt;v tlbiBeihv X0ivJ)v xat [ilav rcoiätv (sc. xfjv 
ndXiv}' xa'i TOV f£ li&Xovt« naiisfav EtjayEiv, xa\ VQfiOJoVTa Eli laurr^ smoBai ttjv 
itiXiv oitovBaisw, «tojcov tots loioikoii (Weiber- und Gütergemeinschaft) oTio8ai 
BiopBouv, öXXä pi, TOif IUeui xol tij 91X010311 x«t 161$ »d]j.oi;. 
1) Auf das Einzelne dieser Kritik, wie sie im zweiten Buch der Politik 
Torliegt, kann ich hier nicht eingehen. Nachdem Aristoteles a. a. O. c. 1 — 5 
ausser der Weiber- , Kinder- and Gütergemeinschaft anch noch weitere Vor- 
schläge dar platonischen Republik geprüft nnd lebhaft beatritten hat, handelt 
er c. 6 eingehend von den platonischen Gesetzen (ra. a. hierüber and Über an- 
dere die platonische Staatslehre betreffende Aensserangen m. Piaton. Stnd. 
288 fT. 203—207); o. 7 f . von den Verschlagen des Phaleas und Hippodamna; 
0. 9 von dem spartanischen, c. 10 dem kretensisehen, c 11 dem karthagischen 
Staatswesen ; c. 12 endlich {über dessen Aechtheit 8. 524 zu Tgl.) bespricht 
Bolon, Zaleukus, Charondas und andere alte Gesetzgeber. 
S)B.o. 629, 1. 
Pkto«. t. öt. n. Bd. ». Abtu. 35 
sy Google 
546 AriitoteUt. 
8. Dar Staat und dia Staatahürger. 
Der Staat ist etwas Zusammengesetztes; die Tbeile, aus denen 
er besteht, die Subjekte, deren Verbältniss durch die Staatsverfas- 
sung geordnet wird, sind die Staatsbürger *)• Was ist aber ein 
Staatsbürger und welches sind seine Merkmale? Hin kann in einer 
Stadt wohnen, ohne das* man desshalb Bürger dieser Stadt wire, 
man kann selbst vor ihre Gerichte als Ausländer sngelassen wer- 
den. Auch die Abstammung roh Bürgern ist kein ausreichendes 
Merkmal, da es weder bei den ersten Genossen eines Staatswesens, 
noch bei den später in's Bürgerrecht Aufgenommenen zutrifft *). 
Als ein Staatsbürger im eigentlichen Sinn ist vielmehr der an be- 
trachten, welcher bei der Staatsverwaltung and der Rechtspflege 
mitzuwirken berechtigt ist; ein Staat ist eine Anzahl solcher Per- 
sonen, welche hinreicht, um allen Bedingungen des gemeinsamen 
Lebens durch sich selbst zu genügen *). Das Wesen des Staats 
freilich liegt in seiner Form, seiner Verfassung, wie wir ja über- 
haupt das Wesen jedes Dings nicht im Stoff, sondern in der Form 
zu suchen haben: ein Staat bleibt derselbe, so lange seine Ver- 
fassung dieselbe bleibt, mögen auch die Personen wechseln, welche 
das Volk bilden, und er wird ein anderer, wenn jene sich ändert, 
mögen auch diese bleiben *). Aber die Verfassung selbst hat swk 
1) Polit. III, 1. 1274, b, 36 ff.: die TcoXitcts ist tüv tä)v mälw olxotivim 
t«$if Tic, die nSktt aber ist ein Zusammengesetztes, ein ans vielen Theüen b> 
stehende» Ganzes, sie ist noXiTÜ« ti «XijSot. 
3) Polit. TU, 1 t 1275, a, 7 ff. fa, 31 ff. 
8) A. a. O. O. 1. 1276, a, 22: noXtan 8' «*Xä>{ oiiefi tüv öXXoiv SffCnn 
[iiaXov t, t& |«Ttx«v xpfoeio; xal ip/j£- (Aennliehc 13. 1283, b, 42.) Und nach- 
dem dieas Daher erläutert, und namentlich bemerkt ist, mr ipy_Ji solle hieW 
die Tätigkeit der Volks Versammlung mitgerechnet werden, acbliesst A. ebd. 
b, 18: $ -jap iEouai« xoivtavilv üp^i)! ßauXtutaqf ^ xpmtäfc, xoXIti|v 7]8j| JifOjin 
in>«t toi]t)]< t5j( ndXitdf, JtöXiv Sk v> tüv TQtafaov idijOoc txevov Kpoj tc&tipuiai 
frnfc- Zu der letitern Bestimmung Tgl. m. 8. 629, 1. 2. 
4) 0. 3. 1376, «, 34: Wann ist die rMii eine nnd dieselbe an nennen? 
Man konnte sagen; so lange sie von demselben Stamme bewohnt wird. Aber 
dieas ist nicht richtig; itaep fif Ion xoivwvia -n; Jj jriXit, tan 3i xmwvl« iesäi- 
twv, JtaXtrsis; -f[yv6|i.^vrjt .hipat x*j» cTSu xsl Siatftpaivrfi ii t t JEoXiWne, ivcrfxdfot 
Am S^euv «w xat t»)v itiXiv elvat [i>j -Jjv atSnjv iiäXima XixTtov -rijv afc^v **• 
Xiv elf tj]v noltTttav ßWltoiTSi övojia Gl xaXüv fTEpov ?, TaiVrbv %m xa\ twv aüiü» 
xartDutoiivTüiv oCrTjv xal Jti)UC3V iripiov ävBpüWmv. Unter der noXima werden vir 
aber hiebcd nicht Mos die Verfassung im engeren Sinn, sondern die geU* 
Einrichtung das Staatswesens an verstehen haben. 
Begriff de* Staatsbürgers. SAT 
nach dem Meischen und Zuständen zu richten, für die sie bestimmt 
ist. Der Staat besteht aas solchen, welche sich nicht in jeder Hin- 
sicht gleich, aber «och nicht in jeder ungleich sind 1 ). Nun drehen 
sich "alle Yerfassungsgesetze um die Vertheilung der politischen 
Rechte und Güter. Dnss diese gleich getheilt werden, ist nur dann 
gerecht, wenn die Menschen, «n die sie vertheilt werden, einander 
gleich sind; sind sie dagegen ungleich, so fordert gerade das Ge- 
setz der Gerechtigkeit eine ungleiche Vertheilung. Um mithin für 
die Staatseinrichtungen den richtigen Maasslab zu erhalten, muss 
man wissen, worin die Gleichheit oder Ungleichheit der Menschen 
besteht, auf die es im Staat ankommt *). 
Von wesentlicher Bedeutung ist nun in dieser Beziehung nach 
Aristoteles zunächst schon die Lebensweise und Beschäftigung s ). 
Wie im Hauswesen zwischen Freien und Leibeigenen , so ist unter 
den Staatsgenossen zwischen denen zu unterscheiden , welche der 
niedrigen Arbeit enthoben sind, und denen, welche sich ihr zu 
widmen haben. Wer einem Einzelnen solche Dienste leistet, ist ein 
Sklave, wer sie dem Gemeinwesen leistet, ein Tagelöhner (MO 
oder Arbeiter (jMv«ueod *)- Wie, wichtig dieser Unterschied für 
das Staalsleben ist, erhellt aus der Behauptung 6 3 , dass das Staats- 
1) Vgl einerseits 8. 543, 4, andererseits Pol. IT, 11. 1295, b, 35: ßoii- 
Xctm 3^ fi f; x6\ti 1% Wi sW xsi «jj.o[n>v Sti jiiXiota, denn nur zwischen sol- 
chen sei die födtt und xonunbi jtoXmxij möglich. Tgl. TU, 8. 1339, a, 35. 
Gleich gollen die Staatsbürger, wie wir finden werden, an Freiheit, ao all- 
gemeinen politisch™ Rechten und bin zu einem gewissen Grad auch an all- 
gemeiner Bflrgertugend sein; ungleich sind sie an Besitz, Beruf, Abkunft und 
persönlicher Tüchtigkeit. 
2) I'oliL III, 9, Auf.: Sowohl Oligarchie als Demokratie nützen sich auf 
das Recht, nur keine von beiden auf das ganze Recht, ofov Boxft "uev t'd Sl- 
x«OV eTvat, xa\ Jotiv, iXX' ei nooiv öXÄi Tat; "aoif. neu to ävmov Üoxtf Ektatov 
Aar x«\ -jap iortv, H.V oO fcämv äXXa ts'; oviaot;. o. 13. 1292, b, 16: fern Sl 
noXttmöv afsrfftv tb Sbtawv, toüto S' imh tö xarvrj ou|ifcpov, Soxrt BS ttämv loov 
tt t* Stxaiov «W, wie diese in den ethischen Untersuchungen (s. o. 8. 496) 
auseinaadergesetit sei. ti -jap xot tiot tö Gfxsiav, igt Stfv ta'i "aoi; Taov eW 
footv. jcotioY 8' bänge fori xal JtoJwv äviaot));, Set jif, Xavfliviiv ega yap toüt' 
iitopiav xot tptXosopbv jwXitlxtJv c. 18. 1283, a, 26 ff. 
8) PoL III, 5. TU, 9. 
4) in, S. 1278, n, 11. 
5) III, 5. 127B, a, IS ff. TU, 9. 1328, fa, 87 ff. 1329, a, 19 ff. lieber den 
Begriff des Banansischou, der uns besonders in dem Abschnitt Abu den be- 
3ä» 
Google 
548 Ariitotele«. 
bargerrecht Leuten dieser Art nur in unvollkommenen Statten *u- 
stehe , nicht aber im besten : denn in diesem solle des ganze Volk 
glückselig sein, glückselig werde man aber nnr durch die Tugend; 
wer mithin keiner wahren Tugend fähig sei , der könne auch nicht 
Bürger des Staats sein , in dem Alles auf die Tugend der Volksge- 
nossen hinzielt und auf sie gebaut ist. — Zwei weitere beachtens- 
werthe Punkte liegen in der Geburt und dem Vermögen. Die Frei- 
geborenen stehen als solche sich gleich , die Edelgeborenen wollen 
grössere Tüchtigkeit und höheren Bang von ihren Ahnen geerbt 
haben; die Reichen verlangen einen grösseren Antheil an der 
Staatsverwaltung , weil der grössere Theil des Volksvermögens in 
ihrer Hand sei, und weil die Besitzenden in allen Geschäften zuver- 
lässiger seien, als die Besitzlosen. Aristoteles seinerseits kann 
diese Ansprüche zwar nicht unbedingt gutheissen , aber doch will 
er ihnen auch nicht alle Berechtigung absprechen ; denn wenn sich 
auch politische Vorrechte nicht auf jeden beliebigen Vorzug gründen 
lassen, sondern nur auf solche, die für das Staatsleben von Gewicht 
sind, so sei diess doch von den genannten nicht zu laugnen 1 )- Wns 
namentlich die Vermögensunterschiede betrifft, so weist er zwar 
die oligarchische Forderung einer Herrschaft der Reichen mit der 
treffenden Bemerkung zurück, sie wäre nur dann berechtigt, wenn 
der Staat nichts anderes wäre , als eine Gesellschaft für Erwerbs- 
zwecke '}. Aber doch kann er sich nicht verbergen , dass jene 
Unterschiede von der eingreifendsten Bedeutung für den Staat sind. 
Beichthum und Armuth haben beide mancherlei sittliche Fehler m 
ihrem Gefolge; die Reichen pflegen aus Uebermuth zu freveln, die 
Armen aus Unredlichkeit; jene wissen nicht zu gehorchen , und 
nicht über Freie zu regieren, diese nicht zu regieren nnd nicht als 
Freie zu gehorchen; und wo ein Staat in Arme nnd Reiche zerfällt, 
da geht der innerste Halt des Gemeinwesens, die bürgerliche Gleich- 
heit, die Eintracht und der Gemeingeist verloren. Der wohlhabende 
Hittelstand ist der beste, wie ja überhaupt das Mittelmaass das beste 
ist; er ist am meisten vor eigener Ausschreitung und vor fi 
•ton Staat noch öfter» begegnen wird, a. m. weiter VIII, 2. 183T, b, 8 ff. e. 
1388, b, 33. o. 6. 1339, b, 8. c. 6. 1340, b, 40. 1341, ■, 5. b, 14. 
1) III, IS f. 138!, b, 31 — 1283, «, 87. 
1) III, 3, 1380, «,23 ff. 
i „Google 
unterschiede unter den Staatsbürgern. 540 
Angriffen gesichert; er sacht sich am Wenigsten im Slaatsleben 
vorzudringen; das geordnetste und dauerhafteste Staatswesen wird 
da sein, wo der Schwerpunkt der Gesellschaft in ihm liegt 1 )? und 
wer seinen politischen Einrichtungen Bestand gehen will, der muss 
ihn für sie zu gewinnen suchen, da er die Entscheidung zwischen 
den streitenden Pariheien der Armen nnd der Reichen in der Hand 
bat *> Noch wichtiger ist aber die politische Tüchtigkeit der Bür- 
ger. Der wesentliche Zweck des Staats ist die Glückseligkeit, die 
sittliche Vollkommenheit des Volkes; wer zu dieser am Meisten 
beizutragen im Stande ist, der wird den gerechtesten Anspruch auf 
Einfluss im Staat haben. Hiezu befähigt aber mehr als alle anderen 
Vorzuge die Tugend, insbesondere die Gerechtigkeit und die krie- 
gerische Tüchtigkeit; denn wie diese zur Erhaltung des Staats un- 
entbehrlich ist , so ist jene die gemeinschaftstiftende Tugend , die 
auch alle andern in ihrem Gefolge hat s ). — Es ergeben sich somit 
verschiedene Gesichtspunkte für die Vertheilung der politischen 
Rechte *). Je nachdem der eine oder der andere derselben einem 
Staatswesen zu Grunde gelegt wird, oder auch mehrere in einem 
bestimmten Verhiltniss verknüpft werden, wird die Verfassung des 
1) IT, 11. 1295, b, I — 1996, a, 21, wo noch weiter geltend gemacht 
wird: grosse Städte bleiben von Unruhen mehr verschont, als kleine, well 
sie einen zahlreicheren Mittelstand haben; Demokratie™ seien dauerhafter 
als Oligarchieen , weil der Mittelstand bei ihnen mehr, ala hei jenen, seine 
Bechnnng finde, aie seien es aber auch nnr unter dieser Bedingung; die be- 
sten Gesetzgeber, wie Solon, Lykurg. Charondas, haben ihm angehört. 
2) IV, 13. 1296, fl, 34 ff. 
3) III, 9. 1381, s, 2 ff. c. 13 f. 1368, a, 19— SS. 37. 
4) Auch die Beschaffenheit und Lage des Landes und Ähnliche Äussere 
Umstände könnte man hieher ziehen. Und Aristoteles hat die politische Be- 
deutung derselben, wie wir aus Pol VII, 6. c. 11. 1330, b, 17. VI, 7. 1331, a, 
8 ff. sehen, nicht verkannt. Er räumt ein, dass die Lage am Meer die Ent- 
stehung eines zahlreichen Schiffsvolks und dadurch demokratischer Einrich- 
tungen begünstige, er bemerkt, eine Akropolis sei der Monarchie und Olig- 
archie, ein ebenes Land der Demokratie, eine Mehrheit fester Plätze der Ari- 
stokratie forderlich, wo die Pferdezucht gedeihe und daher die Beiterei die 
Hauptwaffe sei, bilden sich leicht Oligarchien u. s. w. Indessen giebt er 
ebd. auch Mittel au, um diesen Folgen in begegnen, und da sie jedenfalls 
nicht unmittelbar, sondern nur mittelst der ans ihnen hervorgehenden Be- 
schaffenheit des Volks auf die Staatsform einwirken, läset er sie bei der vor- 
liegenden Untersuchung ausser Rechnung. 
i „Google 
550 Ariatotalaa. 
Staates so oder enders ausfallen. Denn wenn der verschiedene 
Charakter der Staaten im Allgemeinen auf der Auffassung: des 
Staatszwecks und den Mitteln beruht, mit denen er verfolgt wird*)) 
so beruhen die Unterschiede der Verfassungen im Besonderen auf 
dem Antheil, welcher den verschiedenen Klassen der Staatsbürger 
tn den gemeinsamen Gütern und den Thatigkeiten eingeräumt wird, 
durch die sie beschafft werden *). Das Entscheidende hiefür ist 
aber die Frage, wer im Besitze der obersten Gewalt , der Sonverä- 
1) Vn, 8. 1328, a, 35: 4j St rilit xoivnvi* Tis fori tüv Sfioiuv, tvtxtv St 
tiiiiji -fifi lvB£^ojiivi]( äpio-njj. imi S' ferV* Ei8ai|iovtn tq «jituiov, aSrr, Gl äpt-äfi 
tVip-fu* xa\ XPl"'^ r '' t ^"°! J w p.(Wßi]xi St oStss &a« teü( (tiv JvS^ta4cu jiEtt- 
•fyy ai^t, ™i*( Si [uxpav J] p.ij51v, St[Xov ö* -nur' etfnov toü -]-iyVEoftn eAuk eßi] 
*ai fiui«popä< x«\ soXiTiias itXilouj- öXlov y*P tpdx«v x« St* äJOkUV faaartt -couto 
hjpnkvnf xou( Tt ßlou; f tepouf jroiouvtai xal tat icoXrcfaf. 
3) Nxchdum Aristoteles «. s. O. die für ein Gemeinwesen m>th wendigen 
Thatigkeiten nnd die hieraus »ich ergebenden Tbeile desselben (Landbaner, 
Handwerker, Krieger, Besitzende, Priestnr, Richter und Regenten) anfgealhlt 
hat, führt er c 9, Auf. fort: 5to>pW(iAiiw St toutuiv Xeon» sxA^aaflai ninpov k&i 
MIV(i>vj)t6» jtävttiw toiituv . . . J| xaft" Exastov ipfev TÄv itpi|[iivtov äXlou; finofi«- 
tim, % T« [ilv läia tä St xotva Toiitiuv £= av4-fxi)f «W*. (Vgl. II, 1. 1260, h, 87.) 
Taiitä *(äp xa\ tidcü -«c noXiTEia? iTlpac tv (ilv -jap rat; B>][iQxp<mnL4 [ictx^ume 
jtawet; icörouv, (V St xcfTc öXifap^i«^ Toävavxjoii. Aehnliob, nnd unter ausdrück- 
licher Zurückweisung anf unsere Stelle, IV, 3, 1289, a, 27 ff.: toö pkv olv 
Abi jiäei'oui jeqXite(b[ «Ttiov Et: jt&3i;< ioft Jilpi] nXsiiu boXecm; rbv äpiSjidv. Eine 
Stadt besteht ans einer Ansahl von HanshaltnogCD, ans Leuten von grossem, 
geringem nnd mittlerem Besitz, ans Kriegswichtigen und Unkriegerischen, ans 
Landbanern, Kaufleuton nnd Handwerkern; dam kommen die Untenchiede 
der Geburt nnd der Tüchtigkeit (äperi;). Von diesen Theilen dea Staat« haben 
bald wenigere, bald mehrere, bald alle Antbuil an dar Verwaltung (noXi-nta). 
*avEpiiv roivuv Sri nX:iou( ävovxalov tlvai itoXcnlat tlSei Hrnftpoimt dlXjp,(uy xen 
jap Taut' «ISei Eut^Epei tä p.spr, o^üv aätüiv. itoXiTti* [itv yäp ä] tüv äp/Sv tä?« 
toÄ, Tajrt)v 3t Biave^iovrai X&mt fl xaxa ri]v Siivop.iv tüW p^nxä'vtwv J| xara tri' 
afcuv footjjia xoenjv ... äva^xalov äpa noXmia; eT»h toaonltac 5«aucip tö£ei{ xmi 
to4 inpa^a« <bi xat xarä tij Stofopa« tüv fiüpuuv. In derselben Absicht, um 
die Veraohiedenbeit der Veriasiongen an erklären, werden dann c. 4. 1190, b, 
31 ff. die Theile dea Gemeinwesens noch einmal dnrebgegangen, nnd ea wer- 
den deren folgende aufgeaUüt: Landbaner, Handwerker, Handlsr, Tagelöh- 
ner, Krieger, Besitzende (tSxopoi), welche dem Staat durch ihr VermSgai 
Dienste lelaten, obrigkeitliche Personen, Richter nnd Mitglieder der oheuten 
Behörden. (In dieser Aufzahlung macht übrigens 1291, b, SB f. das tßSspav 
nnd övSoov Schwierigkeiten, an deren Vermeidung Nicke» De Arial. Polil. 
Ubr. 110 Ixtov nnd fßBousv an lesen vorschlagt.) 
i „Google 
, 8t,aat»vsrfae»ung. 5$1 
netat, ist '}• IMe verschiedenen möglichen Bestimmungen dieser 
Verhältnisse will Aristoteles zunächst aufzählen, am sodann den 
Werth der einzelnen Verfassungen, die Bedingungen ihres Entsle- 
bens und Bestehens, die ihnen entsprechenden Einrichtungen zu 
untersuchen. 
4. Die Staatsverfassungen. 
Wenn wir mit dem Namen der Staatsverfassung nur die Form 
des Staatswesens oder das Ganze derjenigen Bestimmungen zu be- 
zeichnen pflegen, durch welche die Vertheilung der politischen 
Thätigkeiten geordnet wird 1 ), so befasst Aristoteles unter dem 
entsprechenden Namen der Politie zugleich auch den materiellen, 
in der Auffassung des Staatszwecks und dem Geiste der Staatsver- 
waltung sich ausprägenden Charakter des Gemeinwesens *). Er ge- 
winnt dadnrch den Vortheil , dass er den Zusammenhang der Ver- 
fassungseinrichtungen mit dem ganzen Volksleben fester im Auge 
behält, als diess bei den Neueren nicht selten der Fall ist, and 
weniger der Gefahr ausgesetzt ist, sie als etwas Selbständiges » auf 
jedes beliebige Staatswesen gleich gut Anwendbares zu behandeln; 
wie ja überhaupt einer von den wesentlichsten Vorzügen seiner 
Staatslehre darin liegt, dass er auch hier Alles mit wahrhaft wissen- 
schaftlichem Geiste auf seine realen Gründe zurückzuführen und aus 
der eigentümlichen Natur seines Gegenstandes zu erklären sich 
bemäht Andererseits aber lässt sich nicht verkennen, dass die reine 
Behandlung der Verfassungsfragen nothleidet, wenn sie nicht blos 
als die Formen des staatlich-geordneten Volkslebens aus dem Geist 
1) III, 6, Auf.: Es soll untersucht werden, wie viele und welche Ver- 
fassungen sb giebt. fen 51 xoXtnfa ic6Xc<a; t££h tüv te äXXniv ap;(üiv xai |iiXi<jra 
ttjS xupio{ Ttiviitiv. xtfsiov |xiv -<ip JtsvTa^oü to rqX£teu|1ci tt,( r.&fauii, JtoÄir£u[ia 
ff iaily fj «oitnÜL (Vgl. c 7. 1279, », 25.) In Demokratieen ist dae Volk, in 
Oligarchieen eine Minderheit der Souverän (xtfpios), nnd daher rührt eben der 
Unterschied dieser Verfassungen. 
2) Diess ist wenigstens der wissenschaftliche Begriff der Staatsverfas- 
sung; unsere Verfasaungsurkunden freilich enthalten weder alles, noch bloi 
solches, was nach diesem Begriff als Verfassungsbestimmung zu bezeichnen. 
ist, sondern überhaupt alle diejenigen Gesetze, welche als Grundgesetze des 
Staats besondere Bürgschaften ta erfordern scheinen. 
3) Wie die» ausser Anderem auch aus S. 550, 1 vgl. m. 550, ». 551, 1 
hervorgeht. 
i „Google 
und den Verhältnissen der Völker abgeleitet, sondern mit dem ma- 
teriellen Inhalt desselben geradezu vermischt werden. Von dieser 
Vermischung hat sich aber Aristoteles nicht freigehalten '}, wenn 
er auch im Uebrigen zwischen Verfassungsbestimmungen und Ge- 
setzen wohl zu unterscheiden weiss '). 
Bei der Untersuchung über die Staatsverfassungen hatten sich 
nun die Vorgänger unseres Philosophen, wie er ihnen vorwirft*), 
theils mit der Darstellung eines Musterstaats, theils mit der Empfeh- 
lung des spartanischen oder sonst eines geschichtlich gegebenen 
Staatswesens begnügt. Er selbst will seinen Gegenstand erschöpfen- 
der behandeln. Die Staatswissenschaft, sagt er, dürfe sich so wenig, 
als irgend eine andere Wissenschaft, auf die Schilderung eines voll- 
kommensten Zustands beschränken, sondern sie solle auch zeigen, 
welches Staatswesen das beste unter gewissen gegebenen Verhält- 
nissen erreichbare sei; sie solle ferner über die thatsäcblich beste- 
henden Verfassungen und über die Bedingungen ihrer Entstehung 
und Erhaltung Bescheid wissen; sie solle endlich angeben können, 
welche Einrichtungen für die Mehrzahl der Staaten sich am Besten 
eignen *). Das politische Ideal soll also hier durch eine umfassende 
1) Auseer dem eben Angeführten vgl. m. namentlich Polit. IV, 1. 1289, 
s, 18: xpb( -[ip zii noXi-wiaf tolif vi|»oi»4 M tIBeuGki n& tl8svtoi icivnf,, «XX' ei 
tif reoXimi; ffpb; Tol( vjjisu;. 7toXtti(a fi-h Yap toxi lifo Ttftj näXioiY i) irepl Tai 
&PX*!> t '' v * rp^tov VEvi[iT,¥T*[, xat i£ rö xdpiov tf,4 xeXt-ceta xat t< tö -rfXcf (xi- 
(mn tiji noivuiviof eotiv vd|ui 8s xs^iupio^irvoL tüv BijXoiivTwv iijv ^oXrctiav, xaS' 
oB; Sü to'uc. äpfor.jii äp^civ xa\ <p uXatTEin tobe. napaßa{vovr>( oütoi!;. So wird auah 
Vit, 13, Anf. und in der ganzen Erörterimg Aber die Verfassungen der höchste 
Staatasweck in den Begriff der hoXiti!«. mitaufgenommen, und die Unteren» 
chung über die ipiorr) rajXrafa (s. u.) beschäftigt »iah weit mehr mit den Ge- 
setzen Aber Erziehung und Aehnliehes, ils mit eigentlichen Verfassungsfragen. 
2) S. vor. Anm. und Pol. II, 6. 1269, b, I. Eth. N. X, 10. 1181, b, 12: 
da seine Vorgänger die Fragen der Gesetzgebung nicht (d. h. nicht genügend) 
untersankt haben, wolle er selbst sowohl von ihnen als vom Staatswesen (m- 
XiTtfo) Überhaupt handeln. Z. 21 : r.oia. icoXiTsfa ipfong, xsl niüt ixxuxv) tayfißa», 
xat Tior vi|ioi( xat eBbji /piujii«]. 
8) Pol. IV, 1. 1288, b, 83 ff. Dieser Vorwarf ist übrigens in Betreff Fls- 
to'a nicht ganz billig, sofern dieser nicht blos in den Qesetsen seinem Miuiier- 
staat einen zweiten zur Suite gestellt, sondern auch in der Bepnblik dH) ver- 
fehlten Verfassungen eingebend besprochen hatte. Den aristo tauschen An- 
forderungen freilich entspricht keine von diesen Untersuchungen. 
4) Polit. IV, 1. Ariat. stellt hier der Politik eine vierfache Aufgabe: I) so- 
Aufgabe der Staatslehre. 558 
Betrachtung der Wirklichkeit ergänzt werden: Aristoteles will auf 
jenes Ideal nicht verzichten, aber er will zugleich alle andern mög- 
lichen S^aatsformen , die Bedingtingen , unter denen sie sich natur- 
gemass bilden, die Gesetze, denen sie folgen, die Einrichtungen, 
durch welche sie sich erhalten, untersuchen. Er betrachtet die 
Staaten mit dem wissenschaftlichen Sinn des Naturforschers, der 
Grosses und Kleines, Regelmässiges und Abweichungen von der 
Regel, gleich sorgfältig beobachtet, und mit dem praktischen 
Blicke des Staatsmanns, welcher den thatsächllchen Verhältnissen 
gerecht werden und sein Ideal für die gegebenen Zustände nutzbar 
machen will *); dun kommt aber bei ihm noch der philosophische , 
Xinfav t?]» äpionjv Btupfjoai t(; iazt xal jrofa Tis äv oia« [liXiTt* io) xnt' süvjp, 
{j.T|inö( (fucoBiCoYTOi x&t ixxdj; 2) neben der äniüj xpirrforn auch tj)v ix ifiv 
5jco>««iixvtov ipiaTTpV m betrachten; ebenso 3) xJj* 11 faaMaiut, and 4) tJ,v |i&- 
Xrax« ^iaoL( ts"; tcäXwlv sfuirro-joav (worüber c. 11, Auf. Naheret). Von die- 
len vier Bestimmungen ist die dritte nicht selten (höchst auffallend z. B. von 
ÜAR-rufiLEHY St. Hilaihe, aber auch von Guttun« s. d. St) misB verstanden 
worden. Arist selbst jedoch erklärt (1288, b, 28) gana unzweideutig, was er 
damit meint fti äe rpli))v, sagt er, djv Ä inoWauuc Bf! yap jtsii tijv BoBftow 
BüvnoSai BeupÄv, i£ «px>is n «G( öv f ftoito, xai rivojjivT] xiv« xponov äv <»<ü£oitt> 
xXÄaxo* ypdvov Xfyiu 6' oTo* tTtm n6Xu aupBißi]M pjxt x)]» äp(<rr»|v jcoXiTEikrf« 
koXlxiIbv ij^optjfiixdii xi (Tvat xa\ tmy ävrrxiitüv (das zum besten Staat Erforder- 
liche), [iifTi Tipp »8i^ouivT|v ix tfiJv Jnapxövxiu*, iXÄi tive, swloxtpav. (Vgl. IT, 
11. 1296, b, 9: Xiyu 81 «o Jtpif fadttc», ort noU4xc 5 oEai)< »XXtjs noXittfei 
alpcxenfpa; svfot( oilfltv xoXilau aujictpin frrfpsv uäXXov iTvat solttsfow, auch V, 
II. 1814, a, 88.) Die RoXtxcfa i£ iicoWatiot ist hiernach gleichbedeutend mit 
J[ SaOflo» JtoXixttoj, flsiBtats bezeichnet den gegebenen Fall, das Besondere that- ' 
■ichlich Vorhandene, es hat also im Wesentlichen dieselbe Bedeutung, welche 
uns schon 8. 172, 2 und Bd. I, 784 I (vgl. Cic.Top, 21, 79. Quihtil. lnstitlll, 5, 7) 
in der Unterscheidung von Wsic and facoOctn; vorgekommen ist. Hit unserer 
Stella hat man die platonische Gess. V, 739, A ff. zusammen gestellt; indessen 
ist die Aehnlfchkeit eine ziemlich entfernte. Denn 1) redet Ptato nicht von 
vier, sondern nur von drei Staaten, welche sa schildern seien; 2) bezeichnet 
er den dritten von diesen nicht naher (der erste ist der der Bepublik, der 
zweite der der Gesetze), er hat aber dabei schwerlich an die thats&ohllch ge- 
gebenen Staaten gedacht; 8) endlich fallt auch der zweite Staat, der der Ge- 
setze, mit Aristoteles' JioXtrela ir. xtüv (icM£(|irWiY äpfcrrrj nicht zusammen, denn 
diese Schrift zeigt nicht von bestimmten gegebenen Verhältnissen ans, was 
das Beste sei, das sich ans ihnen entwickeln Hesse, sondern sie entwirft ihr 
8taatageb&ude ebensogut, als die Republik, nach idealen Voraussetzungen, 
nur dass diese, dur Wirklichkeit hier naher stehen, als dort 
1) Dahin weist auch der Tadel gegen seine Vorgänger a. a. O. 1188, h, 
SM AiUtoUUi. 
Geist, mit dem er die staatlichen Ehmchtnagen auf ihre inneren 
Grande zurückführt , das Gegebene an festen Begriffen misst , ond 
nnler der Durchforschung des Bestehenden sein Auge doch zugleich 
unverrückt dem Ideal zuwendet; und eben diese Vereinigung- ver- 
schiedenartiger und schwer vereinbarer Vorläge ist es , durch die 
seine Staatslehre in ihrer Art einzig and unerreicht dasteht. 
Für die Ableitung and Beurtheilung der verschiedenen Staats- 
formen hat sich nun schon im Bisherigen ein doppelter Gesichts- 
punkt ergeben: die Auffassung des Staatszwecks und die Verkei- 
lung der politischen Gewalt. In der ersteren Hinsicht stehen sich 
solche Staaten gegenüber, in welchen das gemeine Beste, und 
solche, in welchen der Vortheil der Begierenden als höchster Zweck 
verfolgt wird ') ; die Verkeilung der politischen Gewalt betreffend, 
hält sich Aristoteles zunächst in der herkömmlichen Weise an den 
Zahlenunterschied, dass entweder Einer oder Ginige oder alle 
Bürger dieselbe in Händen haben; und indem er nun beide Gesichts- 
punkte verbindet, zählt er sechs Verfassungen, drei richtige und 
drei verfehlte; denn ungerecht und despotisch sind alle, bei denen 
es nicht auf das allgemeine Wohl abgesehen ist, sondern auf den 
Vortheil der Machthaber 1 ). Wo die Staatsverwaltung dem gemeinen 
Besten dient, da ist die Verfassung , wenn ein Einzelner herrscht, 
Königthnm, wenn eine Minderheit, Aristokratie, wenn die Gesammt- 
heit der Bürger, Politie; dient sie dagegen dem Vortheil des Herr- 
35: die ol kXAotoi tüv ebeoj «uvo|iivü)y jript TtoXiteiaj, xal «l tiJJ.1 Uyowoi xoJihc, 
TIÜV ft Xpl)(ri[UU« BimiajiTivouiiv. 
1) III, 6. IS 78, a, 30 ff.: Wie im Bwuweaea bei der Behemobting der 
Sklaven wesentlich der Tortbeil des Herrn, and nur abgeleitete™ eis», tli 
ein Mittel für jenen, der der Sklaven angestrebt wird, bei der Beherrschung 
der Familie dagegen in erster Heihe daa Beste der Beherrschten, abgeleiteter- 
weiae aber anoh du des Familien Oberhaupts , sofern es selbst mit snr Fa- 
milie gebort: so sind auch im Staat die swei obengenannten Arten dar Heii- 
sohaft an unterscheiden. 
8) III, 6, Beb).; ^ cMEpbv -rotvuv &t Sotu [itv iwlitflai to xmvjJ oujj^pov ax&- 
xoüoiv, aärai |ilv jpOtfl Tuy/avouotv oSaat xati ™ «xXüf Sixoiav, Sani 61 io oft- 
xipov (livov tüv äp^dvTaiv , t)papZ7fitf*M Kxaaa hol napiKpioin tuv epOuv xalU- 
müv Bwkotix«\ fhp, i) 31 h6Xl( xonawia twv JXtuSlptuv Jotfa. Paher III, IT, 
Amt: &ri -fip ti oJmi Bimtaarbv xoi äXXo ßaeilaurbv uü «XXo xoXtnxe* xsl ti- 
xxiov xsi ou[i^ov tupenvixov S' oük Em xmi jiiow, oüäl tüy ill&iv hoXitsiü» 
Eni xaptxßimtf it«v to5m T"P Y'T*W l n«pa ?tf*iv. 
i „Google 
DI« ■ taatafoimen. 515 
sehen, so entartet du Keoigthum in Tyrannis, die Aristokratie in 
Oligarchie, die Peiitie in Demokratie 1 )- Indessen wird diese Ab- 
leitung nicht durchaus festgehalten. Könnte es sich nach dem eben 
Angefahrten bei der Unterscheidung von Königthom , Aristokratie 
and Poütie nur am die Zahl der Regierenden zu handeln scheinen, 
so belehrt ans eine andere Stelle darüber, dass diese selbst vom 
Charakter des Volks abhänge ; die Einherrschaft sei da naturgemass, 
wo in einem Volk Ein Geschlecht an politischer Tüchtigkeit hervor- 
rage, die Aristokratie, wo eine freie Bürgerschaft so beschaffen sei, 
dass sie die Herrschaft der Fähigsten sich gefallen lasse, die Politie, 
wo eine kriegerische Bevölkerung sei , welche bei einer nach dem 
Mansstab der Würdigkeit erfolgenden Vertbeilnng der Aemter an 
die Besitzenden sowohl zn befehlen als zn gehorchen wisse '). Was 
ferner die Demokratie und Oligarchie betrifft, so tadelt es Aristote- 
les ausdrücklich , wenn man ihren Unterschied -darin suche , dass 
dort die Menge, hier eine Minderheit im Besitz der Gewalt sei; 
denn dieser Zahlenunterschied sei nur etwas Zufälliges und Abge- 
leitetes, der wesentliche Gegensatz der beiden Verfassungen beruhe 
darauf, dass in dereinen die Vermöglichen herrschen, in der andern 
die Vermögenslosen *); ebenso wird die Politie , welche zwischen 
beiden die Mitte hält, vom Uebergewicht des Mittelstandes herge- 
leitet 4 ). Anderswo sieht er das Eigentümliche der Demokratie in 
der Freiheit und Gleichheit, darin, dass alle Freie an der Staatsver- 
waltung gleichen Antbeil haben , und indem er dann diese Bestim- 
mung mit den zwei andern verbindet, sagt er: in der Demokratie 
herrsche die Mehrheit der Freien und Unvermöglichen , in der 
Oligarchie umgekehrt die Minderheit der Reichen und Edelgebore- 
1) Pol. III, T. IV, S. 1189, *, 26. b, 9. Eth. N. VIII, IS. Ariat folgt hier 
im Wesentlichen dem platonischen Politikus (vgl. 1. Abth. 8. 698), an den 
er Pol IV, S. 1289, b, S Mlbet erinnert, wahrend er ihm zugleich im Ein- 
lelnen widerspricht. 
, 3) III, 17. lSBfi, a, 8: (kaiWfcv jikv o5* to wioEWv «W icXißo« 8 «6pinu 
fiptn fivoi omprj(QV xttt' äprri]v sph( f^efiov!*» xdXituVi äpt*w*p«ww Sl JÄij- 
flo( S T.ifUXS tpSpIlV SliiOot ZfT(eaf><U 6u*ij«¥OV ri)v TtDV CltulUpfav xpyip Sieb TMV 
x«i* «ftri]V ^Tt(j.ovutü>v itpäc TioitTixJiv äpxV, woXtTixov Sl llljj8o( jv (^ «ipuxiv 
iYi"'v(oSa! )diij6o( xoXiimxöv, Bwi|MVo» äpxsirtai xal «pxtn *" T » vdp-i»' tov rat' 
i£un> Surt/fiovra to!( sinäpoit t«( ifffif. 
8) Pol. III, 8 TgL o. 7, Sohl. IV, 11. 19. 1296, a, 1. b, 34 S. 
4) IV, IS. 119«, b, 38. 
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556 ArUUUla*. 
mo *); denn da bei allgemeiner Gleichheit die StümwBnnl ent- 
scheide, die Unvormögliehen aber immer dieHehraahl bilden, haben 
diese liier notwendig die Macht in Händen*); und nach demselben 
Haupteintheüungsgrund bezeichnet er Tagend, Reichthom and Frei- 
heit als die drei Rücksichten, von denen die Verfassungen ausgehen: 
die Grondbestimmang der Aristokratie sei die Tagend , der Oligar- 
chie der Reichthum, der Demokratie die Freiheit*]}. An einem drit- 
ten Orte *) zihlt er vier Verfassungen : Demokratie , Oligarchie, 
Aristokratie, Monarchie; eine Demokratie, sagt er, sei da, wo die 
obrigkeitlichen Aemter nach dem Loos, eine Oligarchie, wo sie nach 
dem Vermögen, eine Aristokratie, wo sie nach der Bildung 6 ) ver- 
theilt werden; die Monarchie sei, wenn sie sich nach einer bestimm- 
ten gesetzlichen Ordnung richte , KönigUtum , andernfalls Tyrann». 
1) IV, 4, wo inerat (1590, b, 1): iijjiof uA e'otiv ätav ot &ii}6ejsei xiiptui 
iSolv, Shr(a.f-/J.iL 8" Brav ol «lodowi, dann aber suni Schlüsse (Z. 17): öl).' ?sn 
!ißioxj/ari« |j.b S-.iv of ö-eiiflipoi u'i äjwpoi <cXi(ou( ovfi( xiipioi Tijf ap/ifc 'isrv, 
Sktfapyia ®' ^ Tay °* nX« l ^(M *«* säyeviotipgi ÄXi-f oi övrs(. Ebd. 1391, b, 84: tbap 
f ip {ktvbifiio. jiüior' IotW iv SijpoxpaTfa xaflijtip äaoloiipivo'jri tivii xa\ Eoiti|(. 
3) VI, 2, Anf.: uxdSioif plv oü» t% Bi]jioxp«twiis noXmias öuuÖEp!« (oder 
wie es 1317, b, IQ heust: RiuSipla tj xara tb Too») ... OcuQlpEac 81 h p\ty ti fa 
[lipti äpxeoflai *»'t "PX" V - x "' 1 7*P ** SIxuov tb Srjpambv tö Ttov f/tiv tor\ xat* 
äpiWp&i aXXi p.i) ist' ä&av, toJtuu 8' öVws wä Sixalou tb nUjSo; ävaptotiov An 
xiipiov, xal S ii äv Uli) Tdis kXeIooi, toür' Am na'i tAoj xsit tout' ift« tb Slxaiov - 
tpaöl yöp Bin loov tjffiv fxaorov twv jtoXrrÜiv <uctt! fv ftßt Bii|Wxpetrl«i( oufißaivB 
xupu»rtpou( iT«ai Toij( änripout Ttüv ffaipaiv nXcteuf yäp el«, xiSpiov Si tu 11% 
icXstoai Stffav. Hier erscheint also die Gleichheit aller Staatsbürger als Qrand- 
bestimmdng, ana ihr ergiebt sieb als ein abgeleitetes (oup.ßa!vti) die Herrschaft 
der Menge and ant dieser die der Unverraö glichen. 
S) IV, B. 1294, a, 10: äpiotoxpatEa« piv f&p Spot «pe-rfj, &ff«px'«t s * ***■ 
tot, Sijpjiu 8' önuBspta. Z. 19: Tp(« inxl tl äjt^iaßirtoUw* tjJ( fafcirtof tifc mli- 
ufof, £/juSep!a kXoüto; api-nj (tb yop TtrapTov, 8 xalo&m cifivEiav, äxolouStt 
idi( 8Wv- fj fip «u^tvits tfftw lpx«"0( hXoQto; xtä apttij). Vgl. IIT, 13. 198S, s, 
16 ff. (l. o. 8. 548) V, 9. 1810, a, 38. Khet. I, 8. 1866, a, 4: fori Sa Si||iinpx- 
■ria( piv t0.oc AiuSiafa, ÄXtfipxi« St icXoOtei, äpiaToxpatfaf 8k ta np«t xai8iii> 
mit xä vdfufw, TupawLBo( 81 f uXaxij- 
4) Ehat. I, 8. 1806, b, 3». 
b) Der natBtta Sieb roB vd[Mu MtpiaVii, wobei wir weniger an die Verstandee- 
bildnng, aU an eine der Sitte und den Geaetaen entspreebende Eniehnag und 
an die dadnroh eraougte politiiclie TOcbtigkeit and ÄnbNngliebkeit an das be- 
stehende Staatswesen, in denken baben: ol -fip ippqumpiAtti h tdtt wpJpmf 
iv tjJ äpiatoxpa-rfa «pyyxton a. a. 0. Z. 86. 
i „Google 
Di« Btaatsformon. J57 
Stimmen nun schon diese Aeusserungen nicht durchaus flberein , so 
erwächst eine noch grössere Schwierigkeit ans dem Umstand, dass 
die weitere Ausführung der aristotelischen Politik tob der Anord- 
nung-, welche sich ans der vorangeschickten Liebersicht der Verfas- 
sungen ergeben würde, erheblich abweicht. Nach dieser sollte man 
erwarten, dass von B. III, 14 an zuerst von den drei richtigen, dann 
von den drei verfehlten Verfassungen gesprochen werde. Statt 
dessen handelt Aristoteles nach den einleitenden Erörterungen, 
welche die Kapitel 9-13 des dritten Buchs füllen, zuerst (III, 14 
— 17) vom Königthum; hierauf kündigt er III, 18 die Untersuchung 
nber den besten Staat an, welche aber in unserem hier einzureihen- 
den siebenten und achten Buch nur theilweise ausgeführt ist '); 
dann wendet er sich im vierten Buch (c. 2) zu den übrigen Verfas- 
sungen mit der Bemerkung: von den sechs früher aufgezählten 
SUatsformen sei das Königthum und die Aristokratie erledigt, denn 
diese fallen mit der besten Verfassung zusammen, es sei daher noch 
von der Politie, Oligarchie, Demokratie und Tyrannis zu reden; 
und demgemass bespricht er nun zuerst (c. 4. 1291, b, 14— e. 6, 
Schi.) die verschiedenen Formen der Demokratie und Oligarchie, 
nächstdem (c. 8 f.) die Politie, als die richtige Verschmelzung die- 
ser zwei Verfassungen, und einige verwandte Staatsformen (c. 7), 
zuletzt die Tyrannis (c. 10). Diese Abweichung von der früheren 
Darstellung ist viel zu durchgreifend, als dass wir sie aus der man-: 
gelhaften Beschaffenheit der aristotelischen Politik allein erklären, 
and zu unbestreitbar, als dass wir sie durch (Jmdeutung beseitigen 
könnten 1 ). Wie wir vielmehr den Philosophen in seinenBi 
1) 8. o. 8. 624 f. 
3) Du Letztere versucht Fkchnm (üb. d. Gerechtigkeit »bog riß' d. Ariat, 
8. 71 f. Anm. Tgl. 'S. BS, 1) mit der Annahme, dui Eth. VIII, 13 und Fol. IV 
unter der Politie eine «ädere Staatsfbrrn an verstehen »ei, als die „richtige 
Politie", wie diese Pol. VII als Ideal des besten Staats erscheine. Allein 1) 
wird der vollkommene Staat, welchen er Pol. VC. VIII schildert, von Aristo- 
teles niemals (such III, 7. 1279, a, 89. VII, 14. 1832, a, 34 nicht) als Politie 
(jvoitteia schlechtweg), sondern als Aristokratie oder opiorrj noXitik bezeichnet 
(IV, 7. 1S98, b, 1. c. 2. 1389, a, 31), die Politie nimmt unter den richtigen 
Verfassungen erst den dritten Bang ein; und 3) verbieten uns Stellen, wie. 
PoL IV, 2, Anf. c 8, Ant, gans entschieden, die Politie des 4ten Buchs und 
der Ethik von der früher unter den richtigen Verfassungen genannten eu un- 
terscheiden, wie sioh dam auch nicht annehmen laut, dass ArisL swei vor* 
:, Google 
558 AiUtotelea. 
gen aber die unterscheidende Eig^nthumlichkcit der Demokratie nad 
Oligarchie verschiedenartige Gesichtspunkte ohne eine vollkommene 
innere Ausgleichung verbinden sahen, so werden wir auch zugeben 
müssen , dass seine Behandlung der Politie von einem empfindlichen 
Schwanken nicht frei ist Einerseits rechnet er sie noch zu den 
richtigen Staatsformen, denn ihre Grundlage ist die Tagend der 
Staatsbürger, ihr Ziel das gemeine Beste. Andererseits kann er sie 
aber dem wahren Königthum und der Aristokratie nicht gleid 
stellen *)• Denn sie ist doch immer eine Herrschaft der Hasse; 
eine grössere Hasse wird aber nie zu so hoher Tugend und Einsicht 
gelangen können, wie dtess Einem oder Wenigen möglich ist; sie 
wird sich hauptsächlich nur durch kriegerische Tüchtigkeit auszu- 
zeichnen vermögen , und es wird daher hier folgerichtig die Ge- 
sanuntkeit der Waffenfähigen Herr sein *). Es ist mithin doch nur 
eine unvollkommene Tugend, auf welche der Staat bei dieser Ver- 
fiusungsform gebaut wird ; die Gegensätze unter den Staatsbürgern 
sind nicht , wie in der Aristokratie , durch eine gleicbmässige um- 
fassend» Bildung Aller und ihre gleich-massige Befreiung von niederen 
Geschiften aufgehoben; die Aufgabe wird daher nur die sein kön- 
nen, die Einrichtungen so zu treffen , dass die Gegensätze sich du 
Gleichgewicht halten, die demokratische wie die oligarchische Aus- 
schreitung vermieden und jener entscheidende Ejnfluss des Mittel- 
standes begründet wird, in welchem Aristoteles, wie wir finden 
werden, den Hauplvorzng seiner Politie sieht. Können wir uns 
■ohiedene YerfMsnngB formen mit demselben Namen, ohne joden erläuternden 
Beisalz, bezeichnet, und dass er die im Bten Buoh Aufgeführte „richtig« Po- 
litie" in seiner weiteren Darstellung ganz übergangen haben sollte. 
1) Tgl. Etb. N. VIII, 13. 1160, a, 85: toiItov 81 (von den riuhtigen Staats- 
formen) (äil-riofn, ph J] ßaa-iXiia, x«P'»tj| 8' )] xijioxpint« (was hier = iwlrtda^ 
b, 16: die Demokratie «ei der Timokratie nahe xerwandt, da in beiden £• 
Masse der Bärger mit gleichen politischen Kochten herrsch«, und bilde sich 
aus ihr fast unmerklich. 
2) m, 7. 127», a, 89: IW |*h flp Swpiptw x«t' ipn}p ?j ftfrw* («W^rrn, 
xXtfove ff flSi] x«Antov fcpiSöoOat ÄpiSs Jtäoav «prri|», iXX« [iAXiots ri|» koXe)ux*Y 
*Bti| 7 ap tv äXjJOh y^™"-'™- "ijicip xorcs railn]» t!)v TioXitciav r.jpulizax<ir ts ftp» 
nolt^oüv xA |«Tf>_oD5iv «iJtiJs o! xix-njuivoi t! SitX«. Nach dieser Stelle und c. IT 
(s. o. 555, 2) mochte ieh vorher, Z. 37, (von Sfbwokl Abb. d. Mflnolm. Akai 
philo*. -philol. KL T, 38 abweichend) statt: tb rc^So; lesen: tb mAaaoav 
i „Google 
Btaatsformen, Maaestab ihrer Werthachatinng. 559 
aber auch hiemanh den Plalz , welchen diese Staatsform in seiner 
Darstellung einnimmt, erklären, so bleibt doch die zweideutige 
Doppelstellang derselben immer ein Mangel. Der Grundfehler "aber, 
welcher darin an den Tag kommt, liegt in der anfänglichen schrof- 
fen Scheidung zwischen richtigen und verfehlten Verfassungen. In 
der Polilie und der ihr verwandten uneigentlichen Aristokratie schiebt 
sich zwischen diese ein Mittelglied ein, dem sich keine klare Stel- 
lang anweisen lässt , wenn man jene Scheidung nicht aufgiebt , und 
den qualitativen Gegensatz des Richtigen und Verkehrten nicht durch 
den Gradunterschied des mehr und minder Vollkommenen ersetzt '). 
Fragt man nun nach der Berechtigung dieser verschiedenen 
Staatsformen, so muss Zunächst an das oben Bemerkte erinnert wer- 
den, dass es sieb bei ihnen allen um eine Vertbeilting von Rechten 
und Vortheilen handelt, deren Maasstab nur im Begriff der austhei- 
lenden Gerechtigkeit liegen kann. Diese fordert aber , dass Gleiche 
Gleiches, Ungleiche dagegen, wiefern sie diess sind, Ungleiches 
erhalten 1 ). Aber nicht jeder Vorzug begründet politische Vorrechte, 
sondern nur ein solcher, welcher sich auf die wesentlichen Eigen- 
schaften des Staatsburgers als solchen , auf die zu einem befriedi- 
genden Gemeinleben unentbehrlichen Stacke, wie edle Abkunft, 
Freiheit, Reichthum und Tugend, bezieht *). Auch solche Vorzuge 
ferner berechtigen nicht sofort zur Herrschaft im Staate; es ist ein 
grundloser Anspruch, wenn die Einen den Andern in Allem gleich- 
zustehen verlangen, weil sie ihnen in Einigem gleich sind; oder 
wenn diese umgekehrt vor jenen in allen Beziehungen bevorzugt 
1) Ariat. gelb» findet sich IT, 8, Auf, Tcraniasst, die Stellung, welch« 
er der Politie anweist, *n rechtfertigen. 'EtiEsjiw 8' oStwf, sagt er, o-W eSSeav 
oSre taii-ci]» (die Politie) xap&ßaaiv oütt tat öpti (nfiffaen ipinronpariac, Bti fö 
jiiv öXj]9i; Tcäaai Srt]|iscpTi{xstac tfjc i^-in\i mltntof 11. s. w. Aber dien km» 
den obigen Bemerkungen nur aar Bestätigung dienen. Denn wenn die Politie 
weder die beste noch auch eine fehlerhafte Verfassung ist, so liegt am Tage, 
dasä man die Verfassungen nicht einfach in gnte und schlechte theilen kann, 
da das, was die Politie rem besten Staat unterscheidet, doch nnr ein Mangel 
sein kann, hier also eine und dieselbe Verfassung im Vergleich mit der be- 
sten als eine verfehlte (Sn||Upnjxaat), im Vergleich mit den Übrigen als ein« 
richtige sich darstellt. Asch von den andern Verfassungen gießt aber Arisi. 
an, dass sie relativ gnt sein können; Tgl. ». B. Y, 9. 1809 ,b, 16 — 36. 
S) B. o. B. 647. 
8) m, IS. 1383, b, 31 — 1388, a, 23 vgL 8. 6*7 f. 
i „Google 
580 AriitoteUi. 
sein wollen , weil sie einige Vorzüge vor ihnen voraus haben 1 ). 
Die Aufgabe ist mithin diese : das Werthverhältniss der verschiede- 
nen Eigenschaften , welche politische Vorrechte begründen können, 
zu bestimmen, und hiernach die Ansprüche der verschiedenen Bür- 
gerklassen auf Herrschaft zu würdigen, welche in den verschiedenes 
Staatsformen ihren Ausdruck finden*). Für die werthvollste von 
jenen Eigenschaften, und für diejenige, welche im vollkommenen 
Staat allein in's Gewicht füllt, erklärt nun Aristoteles, wie wir 
schon früher gehört haben 3 ), die Tugend; doch will er den übrigen 
ihre Bedeutung auch nicht absprechen. Neben der Beschaffenheit 
der Einzelnen kommt aber auch ihr Zablenverbältniss in Betracht. 
Mögen immerhin die Mitglieder einer Minderheit, oder auch ein 
Einzelner , jedem einzelnen von den Uebrigen an Tugend, Einsicht 
und Vermögen überlegen sein, so folgt doch nicht, dass sie auch 
der Gesammtheit derselben als Gesammtbeit überlegen sind ; sondern 
eine Masse von solchen, deren jeder für sich genommen den Ande- 
ren nachsteht, kann als Ganzes vor ihnen den Vorzug verdienen, 
indem ihre Tbeile sich gegenseitig zu höherer Vollkommenheit er- 
gänzen : was der Einzelne für den Staat beiträgt, ist kleiner, aber 
die Summe der Beitrage ist grösser , als bei den Andern *}. Gilt 
diess auch nicht von jeder Volksmasse ohne Unterschied, so kann 
1) III, 9. 1280, a, 13. o. IS. 1388, *, 30. T, 1. 1301, a, 25 ff. b, 35. 
3) Aristoteles selbst formulirt die Aufgabe nicht genau ho, aber nuten 
Fassung derselben entspricht dorn, -was er III, 13. 1283, a> 29 — b, 9 übet die 
&|i<p<tißij , c>j<Fi: and xplai( t;vk( öp^tiv Set lagt. 
8) 8. 549. 
4) Aristoteles kommt auf diese suharfsinnige, für dia Würdigung demo- 
kratischer Btaataeinriebtungen so wichtige Bemerkung öfters surttek; m. t- 
in, 11, Anf.: Sri 81 M xiiptov (tau |i£XXov -cd itXijSoc J] toi* äpEvtouf psv &l. : .y>4 
fti, 8ö£imv äv Äutrfai xai tiv' rftiv önopiav, ikfß 81 xav «AjjSiia». to'uf fäp xeX- 
Xoü?, luv ixavxät; law oü tncouSalot äv^p, 8[ko« ivSt^rtai auvtXQävrac itiat pEÄti&w 
ixeivcüv, ou^ t^4 baarov iXl' ü( ad^Muntaf, ufov tä ev|ipop>)Tä Sfljtva tüv ix |iiif 
Saitivjjf ^api|p|SiV[uv (ebenso c. 15. 1386, a, 26)- icqUmv f «p övrmv Ixasrov fti- 
puv e^hv äpirijc xeit <ppovijasiu?, xai 7 IfastB svwlBoVraf öontp Iva «Qpuxov n 
xJ.ij0o4 noXiixoB« xsii noMgiip« xat xoXXa{ fyovt' if<j&rj«i(. oSrui xat jespt *i ft 
»tä ri)V Biävotav. o. 13. 1388, n, 40: iXXä |ij)v x«4 0! itXttou« spbs to'k; tUrTO* 
(sc. iu.ft.a^Tj-.^aiiav Sv atpl -rijj op/iji)* "«i fi? xpiitreuf xai nXouaioVtfpot «\ (Wr 
t(ou( «Wtv, ü( 3La[ip«vo]iivuv tüv xXstävuv Jtpot tobt ftanouc. 1388, b, 83; eWi> 
7«p xbiXtSu nari Tb »Aijoos ttW jUXtiov tön iXiTtuv xal fcXavataVnpo«, oii); w; xs* 1 
fiuurtov ÜX' üf MsSNC. 
i „Google 
SUatifocmen; MaauUb ihrer Werthnohfitznng. 5ßi 
es doch Bevölkerungen geben , bei denen es zutrifft 1 ). In diesem 
Fall wäre es zwar verfehlt, den Einzelnen, aus welchen diese 
Masse besteht, Aemter zu übertragen, welche eine besondere per- 
sönliche Befähigung erfordern, aber ihre Gesammtheit hat als solche 
in den Volksversammlungen und Gerichten zu entscheiden , die Be- 
amten zu wählen und ihre Geschäftsführung zu überwachen 1 ); und 
das um so mehr, da es für den Staat höchst gefährlich wäre, die 
Hehrzahl der Bürger durch gänzlichen Ausschluss van der Staats- 
verwaltung in Feinde zu verwandeln *)• Dem Bedenken aber, dass 
so die Unfähigeren über die Befähigten zu Gericht sitzen,' diejenigen, 
welchen man das Geringere (die einzelnen Aemter) nicht anvertraut, 
das Wichtigere (die oberste Staatsgewalt) in der Hand haben , hält 
Aristoteles ausser dem eben Erörterten 4 ) noch die weitere treffende 
Bemerkung entgegen, dass über manche Dinge derjenige, für des- 
sen Gebrauch sie bestimmt sind, ebensogut oder besser urtheilen 
könne, als der Fachmann, der sie verfertigt 6 ), dass das Yolk, mit 
anderen Worten, wenn es auch von dem Geschäftlichen der Staats- 
verwaltung nicht viel verstehe, desshalb doch recht gut wissen 
könne, ob eine Verwaltung seinen Interessen förderlich ist. Die ge- 
ringere Beschaffenheit der Einzelnen -kann mithin durch ihre grös- 
sere Anzahl ausgeglichen und sogar überwogen werden. Und ebenso 
umgekehrt ihre bessert Beschaffenheit durch ihre geringe Anzahl. 
Die Besseren haben keinen Anspruch auf den Besitz der Gewalt, 
wenn es ihrer zu wenige sind, um den Staat zu regieren oder einen 
eigenen Staat zu bilden e ). Die erste Bedingung für die Lebens- 
1) 111,11. 1382, b, 15. 
2) Durch die Verantwortung (sSOiSvi)) C. 11. 1281, b, 33. 1282, a, 26. 
8) c. 11. 1261, b, 21 ff., wo u. A. Z. 84: iibvte; piv yäp fyouei auvsXfcSvtEs 
IxhvJjv a'oOijoiv, xat pi^vdpiEVOi to"; [JeXtiooi Taj r.iXs'.i Ü^eXoÜoiv, xaBintp jj p.j] 
xaflipa tpotpjj (ietb lij; xaSapa; xjjv xmiv «oisl ;(p)]ai|MuT£pav Tij( iXi-plf 'f^fi-i 8' 
ExsSTOf BTeX{|( Htpl TO XpivitV irdt. 
4) Vgl. hierüber auch c. 11. 1282, a, 14: (brat -jap Sxaoxot jib ^eipiuv xpi- 
ttfi Tüv ciSoriav, Sjcavxef ok <niv{ki6vTtt fl ßÄtiouj ij oä X £, 'p ou (' Z. 34: oü |ip & 
Eixao-rj); oüB' £ ßouXiuTjjf oiS' 5 £xxXj]oiaarj)( äp^oiv irfv, älXa tö SixaoTiJpio* 
nal )j ßauX^ xal & !ij|ioj' TÜv St pV^OevriLiv Exag-ro; [lOptov fori toütiuv ... Sort 
Eutsttof (ilpiov [uijiiviov tq irlijBov ix -yap coXXSv £ 8ijpci5 n'i i, ßouXJ) *al to 
Sixaanjpiov. xal to tip.i ( iia St icXilov to iuxvtmv tu'Jtoj* 3) tüv koQ' Eva wl xht 1 
JXtyouf |i£f aXa; ip^it äp^iivTulv. 
5) A. a. 0. 1282, a, 17. 
6) III, 18. 1288, b, 9: ü Sij xbv äpiflu/ov Av 0X1701 KÖ|Mcav ot TJ)v ap£Ti> 
Phil», d. Ot. D. Bd. 1. AbOw 36 
„ Google 
562 AiäitotelM. 
fähigkeit einer Verfassung ist die, dass ihre Anhänger ihren Geg- 
nern überlegen sind. Hiebei kommt es aber nicht blos auf die Qua- 
lität, sondern auch auf die Quantität an. Nur durch eine Verbindung 
beider Gesichtspunkte lässt sich der richtige Haasstab für die Beur- 
tbeilnng des politischen Machtverhältnisse« finden. Der stärkere 
Theil ist nur der, welcher dem andern entweder in beiden Beziehun- 
gen , oder in der einen so entschieden überlegen ist, dass das , was 
ihm nach der andern Seile hin fehlt, dadurch überwogen wird 1 }. 
Wie viel der Einzelne und wie viel jede Klasse der Staatsbürger 
zum Bestände des Staats nnd zur Erreichung des Staatszwecks bei- 
trügt, so viel Einfluss gebührt ihnen. Dieser Zweck selbst aber darf 
immer nur im Wohl des Ganzen , nicht in dem Vortheil einer ein- 
zelnen Klasse, gesucht werden '). Und da nun dieses Ziel siche- 
rer erreicht wird, wo das Gesetz herrscht, als wo Menschen herr- 
schen, die doch immer mancherlei Leidenschaften und Schwächen 
unterworfen sind, so urtheilt unser Philosoph, hierin von Plato ab- 
weichend 1 }, es sei besser, wenn gute Gesetze disHerrschaft haben, 
und den obrigkeitlichen Personen nur da freie Hand gelassen sei, 
iforat, tbx iß SuXtfv to» Tpdiwv; fl t<! iXtjoi xp'oc t'o ijrfov M exorftv, ü fiuvurat 
BiolxSiv t^y r.6Xii I) tohouiu: Tb TÜ.rfi'it &at' eTmu JciXiv iE aStu* ; 
1) IV, IS. 1296, b, 15: 6«1 ^ip xpCircov eTvol tö ßauXd|uvov iis'po; t^< xdXiu; 
TgQjij) ßouiopÄou jjiviiv -J)y TtoXiTeiiv. (Dasselbe V, 0. 1309, b, 16.) fon SiitSm 
itÖ.i( ex ti to! icoioü i» tüü jioüqü. Wvo> 6i jtoib» plv i/Uu&£p£«v icXdStov koiSeiiv 
eJ-^vüiv, icoabv 8e tj)v Tau l&ijQouc ircspo^ijv. IvG^itsi oij tö fiiv jcoibv üxipxetv 
fr^ptü [lipii rijf je JXitvc, . . . iUu 5i pipli Tb icoubv, oTov it/Wouf töv £pt6|ibii eTv« 
TU* fEVVaioill TOVJ <tf4VWt( )| TÜV iclouaiidi toü; ÖMopoi*, (1J) ptfvTGl TOOOÜTQ* Mfp<- 
X*" -Ü) Tinaiji Saov JUkestiai tu noicji. Bio T«Qta npb{ älXqia ovfxprtiW Sinti 
jiiv oäv Srap^tt Tb TrÖv ebtopu» JtXSjflot tJjv t?pi]pivTjv ävaJ.o-f!av, eVibOBce x&puiEi 
(Tvai BTjiAonpaTiEv, xsl exootov iESd; oijrioxpnTtat (geordnete oder gesetzlosen.». •.) 
xetta ri)v öictpo^v toü Stjjiou Exfarrau (Je nachdem die Landbauor oder die Lohn- 
arbeitet n. b. f. im Uebergewicht sind) .... Sicov 61 to tüv e-J r.ipwv is'i pmipt;«» 
[i£XXqv SjKpreiVEt tu TOiw I) XtijCRtcci Tu not™ , tvTaijBa DE oXlf «p^lav , ib'e Ti|i 
fi[f«pXl'«( TOT «UTOV tp^ROV fpUIOTOV ttSof XaTB lJ]V SjWpüXJjV TOU tt.VJffpXUtoS' S ^" 
flaut Sxou Se tu tüjv jieaiiH &i»pTilvEi jcX^Bqi 1) ovva^.f oWjmi)V tSv cnjKuv ( xö 
fln-.ifpo-j [livov, iVtaüS* evSe^'t« ftoXmbw ihai pjävifiov. 
2) HI, 18. 1283, b, 86: man fragt ob der Gesetzgeber den Tortheil du 
Beeaeren oder den der Mehrzahl im Auge haben aolle? tb 3' opObv Jnjm&v bas 
Te 8' lauf öpBöv Kpbt -to lij; häXeu? 5J.tjs oufioffpov xol itpb( Tb xonäv Tb ™« 
noXtcöJv. Daher die Entiohiedenheit, mit der alle nicht auf das Gemeinwoid 
geriehtate Tertaacnngen als schlecht behandelt werden. 
8) VgL Uta Abth. B. 679. 
Digilzeday GoOgk 
Staataformen. Köuigttium. 5ß3 
wo die Gesetze nicht ausreichen , weil es allerdings kaum möglich 
sei, durch allgemeine Bestimmungen für alle einzelnen vorkommen- 
den Fälle Fürsorge zu treffen. Wendet man aber ein, dass auch das 
Gesetz partheiisch sein könne , so antwortet Aristoteles: Diess sei 
richtig; das Gesetz werde gut oder schiecht, gerecht oder unge- 
recht sein , je nachdem diess die ganze Staatsverfassung sei , denn 
die Gesetze richten sich fiberall nach der jeweiligen Verfassung. 
Aber was er daraus echliesst, ist doch nur, dass eben die Verfassung 
gut sein müsse , nicht dass statt der Gesetze die Personen zu ent- 
scheiden haben ')■ Das letzte Ergebnis« aller dieser Erwägungen ist 
daher die Forderung einer gesetzlichen Ordnung, in welcher Alles 
auf das gemeine Beste der Gesammtheit berechnet ist, den Einzelnen 
dagegen und den verschiedenen Klassen der Gesellschaft der Ein- 
fluss und die Vortheile zuerkannt werden, welche ihrer Bedeutung 
für das Staatsganze entsprechen. 
Wie nun aber, wenn ein Einzelner oder eine Minderheit durch 
ihre persönlichen Eigenschaften so hervorragt, dass sich die Tüch- 
tigkeit und politische Bedeutung aller Uebrigen zusammen mit der 
ihrigen gar nicht vergleichen lässt? Wäre es da nicht unrecht, sie 
denAndero gleichstellen zu wollen, während sie ihnen doch in jeder 
Beziehung so weit überlegen sind? Wäre es nicht zugleich ebenso 
lächerlich, als wenn man dem Löwen zumuthen wollte, mit den 
t) III, 10: Wer soll im Staate die oberste Gewalt haben? die Masse, oder 
lie Heienen, oder die Bestell, oder Ein ansg e z ei uh neter Mann, oder ein Tj-- 
»an? Nachdem A. alle diese Annahmen durchgegangen, und auch die dritte 
u>d vierte mit der Bemerkung abgewiesen hat, so würde die Mehrzahl der 
itutabürger von allen politischen Rechten ausgeschlossen, fahrt er 1281, a, 
14 forti ilX' "a<i>f <paw] tij äv Tb xüpiov SXu>( ävSpbiTiov cfvai &\\h [iJ] vojiov tpaÜ- 
W, iyovti jt ta oupßalvovca jriQi rapl tJjv tyuyfy' Er lKsst sich nun zwar ein- 
finden: öv oäv Jj viSno; filv ÄXivapxreoc 8t ?, Stj^oxpatixs;, ti 8iol«l xcp\ tüv ^ito- 
tyitW; oujA^atTB! fäp Öu.o!üis (ebenso, wie bei dar persönlichen Herrschaft 
er Esiehen oder der Masse) t« Xt^BiVra npÄTtpov. Nichtsdestoweniger kommt 
ruhlieulicb zu dem Ergebnis« (1382, b, 1): f| Sc spi-nj Xtyßfaa. «iropla icoitf 
«vipov o&Stv oüwi frspov in Kit 8<t to'j; v6|iou( cTvai xupfouc xEijiivouf opBüi;, tbv 
PX«vra St, öv te eTc äv te jeXe!ou{ äim, nepl totftuiv ifvai xuplouc tjesI Souiv sEaSii- 
noCan ot vopioi Ityttv äxptßw; 8ii tb p.J) f.i5vjv thn laBolou BijXCoai r.tf\ Jtiv- 
•v. Nun richten sich freilich die Gesetze nach den Verfassungen ptoltttls 
i dem 8. 561 erörterten weiteren Sinn): aXÄa fiijv e? tüüto, BiJXov Sri tu-Jt p-fcv 
■ti ti: ^püa( Koltalac ivorpuftov sfvai Bixaiou;, Toli( 6k xxtä xäc nsp»peßi]xu(a{ 
I änaiouj. Weiteres über den Vorzug des Gesetzes S. 566 f. 
i „Google 
SM Aiiatoteloa. 
Hasen auf die Bedingung gleichen Rechts in Gemeinschaft zu treten? 
Wenn ein Staat keine politische Ungleichheit dulden will, bleibt ihm 
nichts übrig, als solche Aber das gewöhnliche Maass so weit hinauf- 
reichende Mitglieder von sich auszuschliessen; und insofern ist die 
Einrichtung des Ostracismus nicht ohne eine gewisse Berechtigung: 
sie kann zur Erhaltung der Demokratie unter Umständen unentbehr- 
lich sein. An sich selbst aber ist sie freilich ungerecht, nnd in der 
Anwendung wurde sie für blosse Partheizwecke geroissbranclu. 
Das Richtige ist vielmehr, dass Männer von so entschiedener lieber - 
legenheit nicht Theile, sondern nur Herrscher des Staats sein kön- 
nen, dass sie nicht unter dem Gesetz stehen, sondern selbst Gesetz 
sind; sie wandeln wie Götter unter den Menschen, und man kann 
so wenig Über sie herrschen oder die Gewalt mit ihnen theilen, als 
die Herrschaft des Zeus sich theilen lasst. Ihnen gegenüber ist nur 
Eines möglich : freiwillige Unterwerfung; sie sind die natürlichen, 
geborenen Könige 0, nnd ihre Herrschaft allein ist das wahre und 
anbedingt berechtigte Königthum *)- Dieses Eönigthum nennt Ari- 
stoteles die beste von allen Verfassungen 3 ), weil er das Wohl des 
Volkes unter ihm am Besten gewahrt glaubt; denn ein König in 
diesem hohen Sinn ist eben nur der, welcher mit allen Vorzogen 
ausgerüstet und von allen Mängeln der Sterblichen frei -ist; und ein 
1) in, 13. 1284, a, 3: tl U ~k iinv ik toctoütov SiKtpEpwv xxf äprcijt Srsp- 
ßoXJjv, f t nXitouf plv evö; p.)) jievto: Suvkto'i itXijp(i)|icE nofau^iaiat ftdXiuf, i&tte 
[>jj ou[ißXi]-ri)v sTvai rijv tüjv äXXrav äpsTJ|V itivtwv |«iSi t)jv Bdva|iiv hutSv tifi Jto- 
Xitixjjv icpbf t)|» IxeIvuiv, il icXsiou;, e! S' eTj, t},v sxeIvou [iävov, oflxfti Orrfov xoii- 
tou; [lipo; jtäXkoc iia^iavtat yip äEioii[«voi tüv Tuiuv, ävraoi ToooÜta» xar' äpEtV 
Ävtis xA t)jv itoXitui)]v SiJv«[ii.lv ffiwctp yip 8tbv h «vSptinoit tlxbt eTvbi xbv toloü- 
tov- Gflsv ffipiov Sri x« t)jv vojwflesfov ävaptiiov <ftat wpl tou; loout xdl T^i jeW 
xdl tjJ 6uv4ii«. x«i 81 tflv wioiitw» nix fori vdp.of oärol f&f tlai v6|ioi;. und 
Dach den weiteren Erörterungen, über die unser Text berichtet, führt A. 1 5B4, 
b, 26 fort: JXX' £& tij; äp(orij( noXtrsiat e^_ei itolX^y ibtopinv, oil xari tüv öXXw> 
äf ttflül* ti]V Srapo^ijv, oTov favjjüj xot jtXoütou xil jtoXu<pLX(a(, iiX' äv Tis f^Bran 
Sia<p£pn>v tax' üptrijv, x( 3f_p-5j noistv ; oil Y=p 8i) ^cfisv Sv Selv ixßiXXiiv xot prfior»- 
vm tov isloütsv. iXXä ^j-Jjv o-jä' äpX E[v T E T °u toiou'tou- JtapajtXjjaiov yip »S» 'st 
toÜ lio; äp^ttv öliotsv, ^Epi^oviE; Tai '■pxAi' Xelltetcu toCvuv, SnEp fbtxc iCEfuxA«, 
TiEi'Ssoflai Tiü toioiStiii xavT»; äa|^v(d(, (jjtte BaaiWs; eTvai to'j; -roioihüus äfötnf tv 
Tttfj jciXeoiv. Aehnlich c. 17. 1288, a, 15 ff. 
2) Vgl. m, 17. 1281, b, 41 ff. 
S) Eth. N. Vm, 12. 1160, a, 36: tqiSküv St (von den richtigen Verfas- 
sungen) jäjXtlroj ph f| ßoaiXiist ^itpfan] B' fj TijMiipMta. 
Google 
KSnigthum. ( 585 
solcher wird dann freilich, wie eine Gottheit, nicht seinen Tortheil 
auf Kosten seiner Unterthanen suchen, sondern nur ihnen aus sei- 
nem Reichthum Wohlthaten spenden *)■ Im Uebrigen aber ist er 
kein Lobredner der Monarchie. Die verschiedenen Arten derselben, 
welche er aufzählt *), fuhren alle, wie er bemerkt, auf zwei Grund- 
formen zurück, zwischen denen sie sich bewegen: die lebensläng- 
liche Führerschaft im Kriege und die unbeschränkte Fürstengewalt 
Die erste von diesen kann aber keine eigene Verfassungsform be- 
gründen, da sie vielmehr nur eine in den verschiedensten Verfas- 
sungen anwendbare Einrichtung ist. Bei der Frage über die Be- 
rechtigung der monarchischen Staatsverfassung kann es sich daher 
nur um die unbeschränkte Monarchie handeln ■). Gegen diese lägst 
sich aber, wie Aristoteles glaubt, Vieles einwenden. Dass auch 
sie unter Umständen naturgemäss sein könne, will er zwar nicht 
bestreiten. Ein Volk, das sich selbst zu regieren unfähig ist, braucht 
freilich einen Herrn; bei einem solchen ist daher die Herrschaft 
1) Ebd. h, 2: ä uiv yaa T\Jp«WO{ -co faurffl «ujifrfpOV jiKtfi, 5 it (äamltii[ 
vu t3y ipy_Q|ttv(iiv. oi yip im (JmiXsuj i |i)j aixifxm xnt Jtäoi Tfffs ifafloti; Sicip- 
fyan. i 8i Toiaurof oiStvö; npOiSs'tai- tl Jjf Aiixa oZv aim, jiiv oia nv ?xoito(n, 
Ttfi( 8' äp](0|*Aon- S yip |i)j toioUto( *J.ijp«Ta; «v ti; «bj ßaotliiSf. Vgl. 8. 664, 1. 
2) In dem Abschnitt Ttepl famXeixi, den Arist. III, 14—17 anreiht, und 
den anch wir wegen seiner Veraehlingnng mit den bisherigen Erürteiimgen 
gleich hier berücksichtigen müssen. Ausser dem wahren KBniglhum tlblt 
er in demselben fünf Formen der KBmgeherrschaft: 1) die der heroischen 
Zeit; 2) die bei Barbaren übliche; fl) die Gewalt der sog. Aesynraeteu ; 4) die 
spartanische; 6) die unbeschrankte Monarchie (Jtcutjjoeili!« o. 16. 1287, a, 8}. 
Die erste ion diesen Formen war nun, wie er bemerkt (e. 14. 1285, b, 8 ff. 
20 ff. a, 7. 14), mehr eine Vereinigung gewisser Aemter, des richterlich™, 
prieaterlichen nnd Feldherrnamtea, ebenso die spartanische eine erbliche Stra- 
tegie. Das KSnigtbnm der Barbaren ist eine erbliche Herrengewalt (i=?i] 
Sen-jvotw^ - despotisch ist aber die Beherrschung von Sklaven, politisch die von 
Freien; Fol. IQ, 4. 1277, a, 33. b, 7. c. 6. 1278, b, 32. 1279, a, 8), welche aber 
von den Beherrschten freiwillig geduldet wird, nnd durah das Herkommen 
beschränkt ist (ITJ, 14. 1286, a, IG. b, 23). Die Aesymnetengewalt ist eine 
lebenslänglich oder auf eine bestimmte Zeit oder für einen bestimmten Zweck 
übertragene Diktatur (eine atpcrrj Tuptxwtc a. a. 0. a, 29 ff. b, 25). Nur in der 
unbeschrankten Monarchie ilt wirklich ein Einzelner Herr Aber ein ganzes 
Volk; sie ist eine Art Hauaherrngewalt im Grossen: läknrip -fäp Jj obovoiuxJ) 
ßastXtfa ri( oixf«; £'jrb, oBtiji( f( jäauiÄELa idJ,6tii( xa\ iBvous Evb( 9) icXcidvtov otxo- 
vonw (a. a. O. b, 29 ff.) 
8) III, 15. 1386, b, SS — 1287, a, 7. c 16, Auf. 
^iizeday Google 
56(J Aristotole«. 
eines Einiigen gerecht und heilsam ')• Handelt es Hieb dagegen 
um ein Volk von Freien und im Wesentlichen einander Gleichste- 
henden, so widerstreitet die Alleinherrschaft eines Einzelnen schon 
dem natürlichen Recht, wornach Gleichen Gleiches gebührt; als 
gerecht kann bei solchen nur ein wechselnder Besitz der Gewill 
betrachtet werden; wo aber ein solcher eingeführt ist, da regiert 
bereits ein Gesetz, nicht der Wille eines Herrschers *). Soll ferner 
die Herrschaft des besten Hannes desshalb vorzüglicher sein, als 
die der besten Gesetze, weil diese nnr allgemeine Vorschriften er- 
theilen, ohne das Eigentümliche der besonderen Fälle zu berück- 
sichtigen, so ist zunächst daran zu erinnern, dass auch der Ein- 
zelne bei seiner Regierung von allgemeinen Grundsätzen ausgeben 
rouss, und dass es besser ist, wenn diese rein durchgeführt, als 
wenn sie in ihrer Anwendung durch anderweitige Einflüsse getrübt 
werden; das Gesetz aber ist frei von solchen Einflüssen, jede Men- 
schenseele dagegen ist mit Leidenschaften behaftet; das Gesetz ist 
die Vernunft ohne Begierde; wo das Gesetz herrscht, da herrscht 
der Gott im Menschen, wo die Person, auch das Thier *), Scheint 
aber dieser Vorzug dadurch wieder aufgewogen zu werden, dass 
das Gesetz nicht für das Einzelne sorgen kann, wie ein Regent, so 
1) III, 17, Auf., nachdem die Einwurfe gegen die Monarchie anaeinander- 
geselit sind: Ü.X' äu; taut' &ct jiiv tum* iyj.i tot tpdmv wOtov, Ik\ M nvm 
aty qBtojc. ?on yöp ti fjau Btffjuoo-rbv xat äXXo ßaaiXcutäv xa'i äUo itoliTtiov uu 
tfxatov xat oupyjpov. c. 14. 1286, a, 19: die königliche Gewalt ist bei man oh so 
barbarischen Völkern so unbeschränkt, wie die eine« Tyrannen. Nichtsdesto- 
weniger int dieselbe eine rechtmässige (norti v6|iov xal Jtarcpixif); 8ii faf « iov- 
luufrrepai tftai tb rfir, ftSmt ol pcv ßipß«p« t&v 'EXXrjvuv, ot Si mp\ d|v 'Aoiai 
luv *Ep1 1)]¥ Eä^ümiv, fiiuouivouat t^v 8so7üOti»^v ifX^fl °Msv &»](.<? cdvovvE«. Vgl 
8. 566, 2. 
3) HI, 16. 1387, a, 8 ff. Tgl. c. 17. 1388, a, 13. 0. 15. 1388, a, 86. 
3) III, 16. 1386, a, 7—20. o. 16. 1367, a, 38: ö ulv oSv -rov voGv (1. »> 
vijiov oder touj vjjiovi) xilsiieiv «px ,iv " Dx ^ >"^" v >PX" V T * v "*' ov xa ' 1 XI ^ "°" 
ftove (1. tot vouv, oder mit Einer Handschrift and Spbsoei, Abb. der Müunhu- 
Akad. V, 44: tov vaüv |iotou;) 4 B' ävApwnov mXiJwv lEporrfBijai x«l ftnpfov' ^ n 
vip Jiti8u|i.ta toioStOT (vielleicht besser: toioutov Öv) xol £ Ou|j.b; ipfmw; in- 
orpApei xel Totif äplvtsu; svBpas. SlänEp ävsu op^Eta; voSi 8 vip-üj iirrfv. Vgl 
S. 663 f. VI, 4. 1818, b, 89: fj flf ££oud* toB JtpArruv 5 ti «v tWL>i Ttf sil BJ- 
vntai (pulAmii to iv £kojt(i> iSv ävSptümiuv f nuXov. Eth. V, 10. 1134, a, 35: Siö 
o&x ew(uv sp/Eiv ävSpdntov, äXlä tov XifOT («1. vö[iov), Sil i«UTu roÜro äwe "■ 
fivftii Tifpavvat. 
Digilizeday GoOgk 
KSnigthnm; gegen unbeschränkte Monarchie. 567 
ist auch dieser Grund nicht entscheidend. Denn hieraus folgt zwar, 
dass die Verfassung eine Verbesserung der Gesetze zulassen muss 0» 
dass die Fälle, welche das Gesetz nicht entscheiden kann, dem 
richterlichen und obrigkeitlichen Ermessen anheimgestellt sein müs- 
sen, dass durch eine zweckmässige Erziehung der Bürger für Leute 
gesorgt sein muss, denen man diese Geschäfte anvertrauen kann; 
keineswegs aber, dass die höchste Gewalt im Staat einem Einzelnen 
zusteht. Je unläugbarer es vielmehr ist, dass Viele einem Einzelnen 
überlegen sind, dass dieser sieh leichter von Leidenschaften bethö- 
ren oder von Begierden bestechen lassen wird, als eine Mehrheit, 
dass auch der Alleinherrscher eine Hasse von Dienern und Gehol- 
fen nicht entbehren kann, um so viel zweckmässiger ist es, wenn 
jene Gewalt im ganzen Volk ruht und vom Volk ausgeübt wird, als 
in und von einem Einzelnen *). Vorausgesetzt nämlich, dass das 
Volk wirklich aus freien und tüchtigen Männern bestehe ")■ Weiter 
1) Diesen Punkt berührt Arist. schon II, 8. 1268, h, 81 ff. Die Geaetse, 
sagt er hier, können nicht unveränderlich sein, weder die ungeschriebenen 
noch die geschriebenen. Denn die Btaatskunst so gut, wie jede andere Kunst 
nnd Wissenschaft, vervollkommnet sich nur allmählig; von den ersten Be- 
wohnern jedes Landes, oh sie nun Erdgeborene oder Ueberbleibsel einer al- 
teren Bevölkerung waren, lllsst sich nicht viele Einsicht erwarten, es wäre 
daher lächerlich, sich an ihren Torgang an binden; die geschriebenen Ge- 
selle können auch nicht alle einzelnen Fülle umfassen. Allerdings aber be- 
darf es bei Gesetzes Änderungen grosser Vorsicht; das Ansehen des Gesetzes 
beruht lediglich anf der Gewohnheit; diese darf man nicht obne Noth durch- 
brechen; man ertrage vielmehr lieber kleine Uebelstttnde, als dass man das 
Ansehen von Geseti und Obrigkeit beschädigt nnd die Bürger gewöhnt, es 
mit Aendernng der Gesetze za leicht sn nehmen. 
. 2) C. 15. 1286, a, 20 — b, 1. c. 16. 1287, a, 20 — b, 35; vgl. S. 560, i. 
Bbet I, 1. 1354, a, 31: Das Beste ist, wenn so viel wie möglich durch's 
Gesetz entschieden nnd dem richterlichen Ermessen entnommen ist: denn 1) 
findet man bei dem Einen oder den Wenigen, welche ein Gesets machen, 
leichter die richtige Einsicht, als bei den Vielen, die es anzuwenden haben; 
2) sind die Gesetze das Werk reiflicher UeberlegiAg, die richterlichen Ent- 
scheidungen des Augenblicks; was aber 3) die Hauptsache ist: der Gesetz- 
geber stellt allgemeine Grundsätze für die Zukunft auf, das Gericht nnd die 
Volks Versammlung entscheiden einen gegenwärtigen besonderen Fall, bei dem 
nicht selten Neigung, Abneigung und Frivatvortheil mit in's Spiel kommen. 
Ihnen ist daher wo möglich nur die Thatfrage: was geschehen ist oder ge- 
schehen wird, zu fiberlassen. 
3) A. a. 0. 1286, a, 35: laao St tb rcXijSoc et £Ut!Scpai, (ngSiv Ttapi w 
568 Aristoteles. 
darf man nicht übergeben, dass Sitte nnd Herkommen noch wich- 
tiger sind, als die geschriebenen Gesetze, and dass ihre Herrschaft 
jedenfalls vor der eines Menschen den Vorzug verdient, wenn dies« 
auch von dem geschriebenen Gesetz nicht gelten sollte 1 ). Was 
endlich auch nach Aristoteles schwer in's Gewicht fallt: ein Allein- 
herrscher wird seine Gewalt fast unvermeidlich in seiner Familie 
'erblich zu machen suchen; wer kann dann aber dafür bürgen, diss 
sie nicht zum Verderben des Ganzen in die unwürdigsten Hände 
gerathe? *) Aus allen diesen Gründen erklärt es der Philosoph für 
besser, dass der Staat von einer tüchtigen Bürgerschaft, als dass 
er von einem Einzelnen beherrscht werde, er giebt, mit anderen 
Worten, der Aristokratie vor der Königsherrchaft den Vorzug *). 
Nor in zwei Fallen hält er, wie wir gesehen haben, die letztere für 
berechtigt: wenn ein Volk so tief steht, dass es zur Selbstregierang 
unfähig ist, oder wenn ein Einzelner über alle Andern so weit her- 
vorragt, dass diese in ihm ihren natürlichen Herrscher verehren 
müssen. Für den ersten Fall konnte es ihm nun an Belegen ans der 
Erfahrung nicht fehlen; er selbst erklärt ja die asiatischen Despo- 
tieen aus diesem Umstand. Von dem zweiten dagegen bot ihm nicht 
allein seine Zeit, sondern die ganze Geschichte seines, Volkes kein 
Beispiel, das auch nur annähernd zugetroffen bitte, als das seines 
Zöglings Alexander »). Der Gedanke Hegt nahe, dass ihm bei der 
Schilderung des Fürsten, den seine persönliche Ueberlegenheit nun 
geborenen Herrscher macht, sein Bild vorgeschwebt habe. Ebenso 
könnte man umgekehrt vermuthen, -er habe sein Ideal des wahren 
vo'fiav Xfj&tTOVTts, ÜX T, rapt £v ixXlfaltv svafxalov aikiv. Et handle sich um 
if aflÄ Kit ävSpi; xat icakrcai. Auch auf die Einwondung, dass in einer gräi- 
seien Masse Partheinngen an entstehen pflegen, wird erwiedert: 5-n axcwMfr 
1) C. 16. 1287, b, 6. 
2) C. 16. 1286, b, 22. 
3) C. IG. 1286, b, 3: s! SJ) rijv uiv tüv it\n6vtm «c^v trvaBuv £' ävSföw 
x&vtuv ipiT70JtpaTiav.. Serfoy, -rij» & toC ttbt famXdset, «pm&tepov äv A) nftw" 
äptcroüparii paaiÄEiaf. Desshslb haben sich auch die anfänglichen Uonu- 
ohieen in Republiken verwandelt, als die Zahl der tüchtigen Leute in i& 
Städten angenommen habe. 
i) Neben ihm könnte nnr etwa Perikles genannt worden; aber diwf 
war VolksfBhrar, nicht Alleinherrscher, und wird auch Polit. U, 12. 1171, •, 
& ff. nnr als Demagog behandelt 
Digilzeday GoOgle 
Ktnigthnm. 569 
Königs, wenn er es schon während seines macedonischen Aufent- 
halts entworfen hatte 0> benützt, am eine Kraft, welche keinen 
Widerstand und keine Beschränkung duldete, auf heilsame Ziele zu 
lenken, um dem Fürstensohn, dessen Selbstgefühl keinen Gleich- 
berechtigten neben sich ertragen konnte, zu sagen, das unbedingte 
Herrscherrecht müsse durch eine ebenso unbedingte sittliche Grösse 
verdient werden. Indessen sind alle solche Yermuthungen zu un- 
sicher, als dass wir ihnen ein entscheidendes Gewicht beilegen 
mochten '); jedenfalls würde man dem Philosophen nnreeht thun, 
wenn man seine Lehre vom wahren Künigthum nur aus persönlichen 
Erfahrungen und Rücksichten herleiten wollte. Diese Lehre bildet 
vielmehr einen seiner Ansicht nach unerlässlichen Tbeil seines po- 
litischen Ideals. Unter den verschiedenen möglichen Fällen eines 
auf Tugend gegründeten Staatslebens glaubte er auch den Fall in's 
Auge fassen zu müssen, dass diese Tugend zunächst im Fürsten 
ihren Sitz hat, dass der Geist des Gemeinwesens von ihm ausgeht 
and die Vorzüge desselben auf seinen persönlichen Vorzügen be- 
ruhen. Es wäre allerdings nicht schwer, aus dem, was Aristoteles 
selbst über die Schwächen der menschlichen Natur und gegen die 
anbeschränkte Monarchie sagt, zu beweisen, dass dieser Fall in 
der Wirklichkeit niemals eintreten könne, dass auch der grösste 
nnd geistvollste Mensch etwas anderes als ein Gott sei, dass keine 
persönliche Herrschergrösse die gesetzlich geordnete Mitwirkung 
1) An Alexander soll er je eine Schrift, rafft Baa-ilsia; gerichtet heben; 
i. o. 8. 20 m. 
2) Artet aelbst legt V, 10. 1813, «, 3: o$ yl-(v<»wa 8' ?xi KraAdM tfhi, 
«W ävnep yffWrtrwt, (lovap^fat *A Tupawlits [*.BiXo*, 6ti Tb t)]v ßasiXiLSv ixod- 
siav fiiv ipxV ^""i "«Www Vk «uptav, noUoiif S' tltm tou; Sjlo!ou;, xb\ |n])4*B 
ämeepovt» tosoötov Ü>9Tt £itapT((ttv xpbi tö jis'-rsGo; xo\ ~b äEiwixa 
tijj ip^Sji. &m Bii [ilv toüto ixevTtt oäx SrraiA&ouai*- äv Si 8t' inScofi ÖpEi) tu 
f, put;, tjStj toxfl toüto eTvii Tupavvlf. Diess bezieht sich nun «war mnUchst 
nicht auf du Auftreten eines einzelnen durch seine Persönlichkeit dem Be- 
griff des wehren Könige entsprechenden. Fürsten in einem vorher achon mon- 
archisch regierten Volke, sondern auf die Einführung der königlichen Gewalt 
in Stuten, welche bil dahin eine andere Verfassung gehabt haben; allein die 
WoTte |u]Sev£ — ip/ijt seheinen doch zu beireisen, dass Artet, bei seiner Schil- 
derung des wahren Königs nicht ein Beispiel ans der Gegenwart, sondern 
eher die Könige der mythischen Toraeit, wie vor Allem wohl Thesens, im 
Auge hatte. 
JigilizBdby G00gle 
570 Aristoteles. 
eines freien Volkes ersetzen oder zur unbeschränkten Herrschaft 
über Freie das Recht verleihen könne. Aber so entschieden oaser 
Philosoph sonst allem falschen Idealismus au widerstreben, und so 
scharf er gerade in der Politik die Bedingungen der Wirklichkeit 
zu beachten pflegt: diessmal hat er selbst sich von idealistischer 
Einseitigkeit nicht freigehalten. Er giebl zu, dass das Auftreten 
eines Mannes, der das natürliche Recht zur Alleinherrschaft hätte, 
ein seltener Ausnahmsfall sei; aber für unmöglich hält er es doch 
nicht und so glaubt er auch diesen Fall in seiner Theorie nicht 
übergeben zu sollen. 
Nach diesen grundsätzlichen Erörterungen wendet sich nun 
die aristotelische Politik den verschiedenen Staatsformen im Einzel- 
nen zu, indem sie zuerst den besten Staat, dann die unvollkom- 
menen Staaten bespricht Die Untersuchung über den besten Staat 
ist aber in ihr, wie bemerkt *)» nicht zu Ende geführt worden, und 
so müssen auch wir uns begnügen, über den Thcil derselben, wei- 
cher uns vorliegt, zu berichten. 
S. Der beste Staat ■). 
Zu einem vollkommenen Staatsleben sind zunächst gewisse 
natürliche Bedingungen erforderlich; denn wie jede Kunst einen 
1) 8. o. S. S24 f. 
2) Hau bat «war in neuerer Zeit nioht leiten geUugnet, dass AriaL übci- 
baapt einen Musterstaat aufstellen wolle (m. a. die Nachweianngen bei Hn> 
DimiAHD a, •. 0. B. 427 ff.); indessen lauen aeine eigenen Erklärungen kei- 
nen Zweifel über dieae Absicht. M. Tgl. S. B. III, 16, Schi. VII, 1, Anf. c. 2. 
1324, a,. 18. 23. e. i, Anf. c. 9. 1326, b, 33. e. IS, Auf. c. 15, Anf. IT, 2. '289, 
a, SO. Als Gegenstand der Erörterung, welche uns I'ol. VII. VIII vorliegt, ' 
bessichnen diese Stellen einstimmig die dpiao] xaXinta, die .jjtftis uAlouaa m' 
tififi mmarivai, and Arist. sagt ausdrücklich, für die Schilderung dieses 
Staatswesens müssen manche ideale Voraussetzungen gemacht werden, aar 
■ollen sie ron der Art sein, dass sie möglicherweise eintreten kennen. Bbss 
dieses hatte aber auah Plato Ton den Voraussetzungen seines MustersUsti 
behauptet (Bep. V, 473, C. VI, 499, C. D. Ö02, C s. 1. Abth. S. 691), und « 
ist in dieser Besiehung »wischen Beiden so wenig ein Unterschied, d*n 
Plato versichert: [ij] navtiswiv iffSf sijb.~, tlptpüvai, ilAi vaXtint yki fiuvm 
St ct, (Bep. VII, 540, D), wahrend Aristoteles umgekehrt (VII, 4.1325, b, 3« 
and fast wortgleieh. schon II, 6. 1265, a, 17) sagt: Set KtüXa jEpoÜxontofo*« 
xaSoiup ;C//j[iAoi);, tltu \Ui:ai jujBiv toilruiv iSiivaiov. Aristoteles erklart aller- 
dings gerade die eigentümlichsten tod den platonischen Vorschlagen für un- 
Der beste Btut; Volk und Land. 571 
ihr «gemessenen Stoff braucht, so gut diess auch von der Statts- 
kunst, und so wenig der Einzelne mir vollen Gluckseligkeit einer 
äusseren Ausrüstung entbehren kann , ebenso wenig kann es das 
Gemeinwesen '}• Ei» Staat darf fur's Erste weder zu klein noch zu 
gross sein, denn wenn er zu klein ist, fehlt ihm die Unabhängigkeit, 
wenn er zu gross ist, die Einheit; das richtige Maass seiner Grösse 
ist vielmehr dieses, dass die Zahl der Burger allen Bedurfnissen 
genüge nnd doch zugleich hinlänglich übersehen werden könne, 
um die Einzelnen einander und der Obrigkeit bekannt zu erhalten *). 
Weiter wünscht sich Aristoteles ein fruchtbares Land von hinrei- 
chender Grösse, welches alle Lebensbedürfnisse selbst hervorbringt, 
ohne doch zur Ueppigkeit zu verführen, welches leicht zu verthei- 
digeu und wohl gelegen für den Verkehr ist; in letzterer Rücksicht 
wird die Lage am Meer gegen Plato *} als jrortheilhaft verlheidigt, 
indem zugleich die Mittel angegeben werden, um den Missländen, 
welche sie mit sich bringen kann, zu entgehen *). Noch wichtiger 
zweokmJlasig und unausführbar; er ist fern« nicht so sus schliesslich für Bei- 
nen Mnsterstnat eingenommen, dass er, wie Plato in der Republik, keinem 
andern den Namen eines Staate zugestände, and nnr in ihm dem Philosophen 
eine politische ThÄtigkeit erlauben wollte; er verlangt voii dar Btaatewissen- 
sohaft, daaa sie auch auf die unvollkommeneren Zustände der Wirklichkeit 
eingäbe und das Beste fHr sie ausmittle; aber dass sie sogleich auch das 
Ideal eines vollkommensten Staates entwerfen soll«, bat er io wenig, alsPUte, 
bezweifelt. 
1) Pol. VII, 4, Anf. 
3) A. a. O. 1836, b, 5 ff-, wo zum Schlosse: KpLov tovjv ,:, s ofcd; fori 
xAasK ipst «piotoc, f| [artorii toB kXtjBouc iMpBoM) itfit «tfrtapjKiav Wf/, dväv- 
oinof. Als allgemeiner Haasstab wird dabei festgehalten, dass die Gross« 
eines Staats nicht nach dem xkrfioi, sondern nach der SJvafiif benrtheilt, and 
derjenige für den grCssten angesehen werde, welcher der eigen thümlichen 
Aufgabe des Staats am Besten sn entsprechen vermöge; nnd sodann, dass 
nicht die Hasse der Bevölkerung, sondern die der eigentlichen Staatsbtlrger 
dabei in Beohnnng genommen werde: oi yop la&ri* fit-fiXi] tt mAif uä jtoiu- 
övBpenro:. Tgl. Eth. N. IX, 10. 1170, b, 31: aüu yif U S6c« ■vfteiunuN revore' 
3v niXi( oüt' ix Sex* [i»pio6o)v iti bÜi; taxiv — Letzteres freiliob nur dann kein 
in kleiner Maasstab, wenn man die griechischen Staaten im. Auge hat, in 
denen alle Vollbürger an der Staatsverwaltung unmittelbar theiluehmen (vgl. 
Pol. a. a. 0, 1326, b, 6). 
S) Uess. IV, Auf-, denn diese Stelle schwebt Arial, obno Zweifel tot, 
wenn er auch weder sie selbst noch ihren Verfasser nennt. 
4) Pol VII, 5 f. 
JigiiizBdby Google 
572 AriatoteUi. 
ist aber die Natnrbßschtffenboit des Volkes. Ein tüchtiges Staats- 
wesen wird nur bei einem Volke möglich seht, welches die sieb 
ergänzenden Eigenschaften des Mothcs und des Verstandes verei- 
nigt. Ein solches sind aber, wie Aristoteles mit Pinto annimmt 
nnr die Hellenen, wogegen es die nördlichen Barbaren mit ihr» 
wilden Mathe zwar zur Freiheit, aber nicht zum Staatsleben brin- 
gen können, die Asiaten, klug und kunstfertig, aber feige, t« 
Natur Zur Sklaverei bestimmt sind 1 ). Sie allein sind zur politisches 
Thitigkeit befähigt, weil nur ihnen das sittliche Maass verliehen ist, 
das sie nach allen Seiten hin vor dem Zuviel und Zuwenig bewahrt: 
was der Philosoph in acht griechischem Sinne vom Staatsleben und 
von aller sittlichen Thitigkeit fordert, das findet er nur in seinen 
eigenen Volke verwirklicht, und es tritt uns so auch hier derselbe, 
nach dem damaligen geistigen Verhfiltniss der Völker allerdings 
höchst verzeihliche Nationalstolz entgegen, welcher nns in ahslos- 
senderer Weise schon früher, in den Erörterungen über die Skla- 
verei, vorkam. 
Diess betrifft jedoch erst solche Dinge, welche vom Glück 
abhängen. Die Hauptsache aber, und dasjenige, worin die Glück- 
seligkeit des Staats wesentlich besteht, ist die Tngend der Staats- 
bürger, und diese ist nicht mehr Glückssache, sondern das Werk 
des freien Willens und der Einsicht *}; hier hat daher die Staats- 
knnst leitend einzutreten. Schon auf die Benützung der äusseren 
Umstände soll -sich diese Leitung erstrecken. Dahin gehört das, 
was Aristoteles von der Verkeilung des Grundeigentums, von der 
Lage und Bauart der Stadt sagt. In jener Beziehung schlagt er 
vor '), dass von dem gesammten Grundbesitz zunächst Staatsgüter 
ausgeschieden werden, um von ihrem Ertrage die Kosten des Got- 
tesdiensts und der gemeinsamen Mahle zu bestreiten, und dass so- 
dann von den übrigen Ländereien jeder Bürger zwei Antheile er- 
halte, den einen in der Nahe der Stadt, den andern gegen & 
1) Pol. VII, T; Tgl. Flato Bep. IV, ttb, B. II, 374, E ff. An die IoWW 
Stelle erinnert Arial selbst. 
S) Fol. TU, 18. 1882, a, B9: SVo Mt' ei^v eJx<5(*ifl« ^v ift irfltoX *&>■ 
an, &t f) tti;(T, xupfa- itupiecv yaa aOri|V änip)[tw ri8t|iev ta Si orrauSaCw itww 
riXiv odxdt nfgiK 'FT ') °^' ^isTi]jA)]( xa'i itpocnpcsfuf. Tgl. e. 1. 132S, t, IJ 
nnd du g«n*e Kapitel. 
8) A. ». O. c. 10. 1330, b, S6 ff. 
Der be»ta St»»t. 573 
Grenze hin '); für die Stadt verlangt er nicht bloa eine gesunde 
Lage und zweckmassige Bauart, sondern auch Befestigungswerke, 
indem er die spartanische und platonische *J Verachtung der letz- 
tern mit triftigen Gründen bestreitet *)- Weit wichtiger ist aber 
die Fürsorge für die persönliche Tüchtigkeit der Bürger; und diese 
Fürsorge wird sich in dem vollkommensten Staate nicht blos dar- 
auf beschranken dürfen, dass dieselben für eine gegebene Verfas- 
sung und ihre besonderen Zwecke gebildet werden, oder dass sie, 
wenn auch im Einzelnen unvollkommen, als Gesammtheit Genü- 
gendes leisten; da hier vielmehr die Bürgertugend mit der allge- 
mein menschlichen zusammenfällt, wird sie darauf ausgehen müs- 
sen, alle einzelnen Staatsbürger zu tüchtigen Männern zu machen, 
und sie alle zur Theilnahme an der Staatsverwaltung zu befähi- 
gen *> Hiefür ist nun dreierlei in's Auge zu fassen. Der letzte 
Zweck des menschlichen Daseins ist die Ausbildung der Vernunft 5 }. 
Aber wie immer das Geringere dem Höheren, das Mittel dem Zwecke 
in der zeitlichen Entwicklung vorangeht e ), so muss der Ausbil- 
dung der Vernunft die des Vernunftlosen in der Seele, der Begierde, 
und dieser die des Leibes vorangehen. Das Erste ist mithin die 
körperliche, das Zweite die sittliche, das Letzte die wissenschaft- 
liche Erziehung; aber wie die Körperpflege der Seele, so hat die 
Erziehung des begehrenden Theils der Vernunft zu dienen T >. 
Diese Einwirkung des Staats soll nun, wie Aristoteles mitPlato 
verlangt, schon viel früher, als wir es gewohnt sind, schon bei der 
1) So schon Pmi'o Osn. 746, C ff., bei dem Arist. Pol. II, 6. 1S66, b, 14 
diese Bestimmung doch Mohitens nur wegen ein« untergeordneten Abwei- 
chung Udelnswerth finden kann. 
2) Gess. VI, 77B, D f. 
1) Pol. Vit, 11. 12. 
4) 8. o. 530, 8. 
6) VgL 6. 474, 1 nnd Pol. VTI, 16. 1894, b, 14! & » Ur* fif* K1Ä * »«"t 
Tift ptaas tAoj. &m xpoc toiJtous -rijv rtaaiv xsl -rijy tüv Wüv iß jiapswwii- 
6) Tgl. 8. 392, 1. 381, 1 auch 1S8, 3. 
7) Pol. VII, 15. 1884, h, 20: &arap 8i >b otä|UE xpfapov xfj feiiaa -rijt ijm- 
yr,i, oucio xst tb öXo-pv TOÜ Xofov lyomti ... Gib npüjxov (iiv toÖ utu^aTOi tj|v 
fetpAftov äverpuifov xpe^pon iTrai f, tjjv i% ■\uyrfir «raira rijv Tijs ip&wc, tvtx« 
UtVTOl IOÜ VOÜ T^JV TTJt Jp^lWt, l^V ät TOÜ 0(U[lOTO( tjfc ^X'ii- VgL VIII, 8, Sofal, 
Ueber Begierde und Vernunft s. in. B. 4*9 f. 486. 
3,g,!:zedBy G00gk 
574 AHitotele«, 
Erzeugung der Stnatsbürger, beginnen. So weit geht er allerdings, 
wie bemerkt, nicht, dass er diese mit der platonischen Republik 
ganz und gar nur zur Vollziehung einer obrigkeitlichen Anordnung 
machte '); aber doch will auch er Aber das Alter, in welchem Ehen 
geschlossen und Kinder erzeugt werden dürfen *), unter umsich- 
tiger Berücksichtigung aller für das Vcrhättniss der Ehegatten wie 
für das der Eltern und Kinder sich ergebenden Folgen, Gesetze 
gegeben wissen; selbst auf die Jahreszeit, in welcher, und den Wind, 
bei welchem Kinder zu erzeugen sind, soll die Gesetzgebung ein- 
gehen; den Sehwangeren wird die geeignete Körperpflege vorge- 
schrieben; verstümmelte Kinder will auch Aristoteles aussetzen; die 
Zahl der Kinder soll gesetzlich festgestellt sein, die überzähligen 
und diejenigen, deren Eltern zu alt oder zu jung sind, räth er ab- 
zutreiben, und er hfilt diess für erlaubt, da das, was noch nicht 
lebt, kein Recht habe '); wie ja das Alterthnm überhaupt an die- 
sem unsittlichen Mittel keinen Anstoss zu nehmen pflegte. An diese 
Sorge für die Erzeugung schliesst sich die Erziehung, welche auch 
bei Aristoteles mit dem ersten Augenblick des Lebens anfängt und 
sich bis zum letzten erstreckt Schon während der ersten Lebens- 
jahre soll nicht allein für zweckmässige Nahrung, Bewegung, und 
körperliche Abhärtung, sondern auch für Spiele und Erzählungen 
gesorgt werden, welche der sittlichen Erziehung vorarbeiten; die 
Kinder sollen möglichst wenig in Gesellschaft von Sklaven gehissen, 
unanständige Reden und Bilder, welche überhaupt nicht zu dulden 
sind, sollen von ihnen durchaus ferngehalten werden *). Hit dem 
siebenten Jahr werden sie der öffentlichen Erziehung übergeben, 
welche bis zum eisten fortdauert 6 ). Dass die Erziehung vom 
Staat geordnet werden müsse, beweist Aristoteles aus der Wich- 
tigkeit derselben für das Staatsleben; denn auf der sittlichen Be- 
schaffenheit der Bürger ruht, wie er bemerkt, das Staatswesen, und 
nach ihrem Charakter richtet sich der seinige; wer die Tugend ia 
i) 8. o. 8. 643 ff. 
2) Die TerheirBtbnng «oll bei den Hbmera um du RTite, bei den Frauen 
um du 18to Jahr stattfinden, dl« Kindenengung nicht Aber du H*W Vm 65at« 
der Männer fortgesetzt werden. 
8) Alle« diea« Pol. VII, 18. 
4) VH, IT. 
6) A. a. 0. 133(1, b, SS ff. 
i „Google 
Der beste Staat) Eriiehung. 575 
Staat ausüben soll, der muss sie schon Truhe gelernt haben '). Und 
da nun im besten Staat Alle gleichsehr tüchtig sein sollen, da der 
ganze Staat Eine gemeinsame Aufgabe hat, da Keiner sich selbst 
gehört, sondern Alle dem Staate, so muss diese Erziehung durch- 
aus gemeinsam, und in jeder Beziehung durch die Bedürfnisse des 
Ganzen bestimmt sein ") : Alles in ihr muss darauf hinzielen, Män- 
ner zu bilden, welche die Tugend des Freien zu oben wissen. Nach 
diesem Gesichtspunkt haben sich die Unterrichtsgegenstände und 
ihre Behandlung zn richten. Von den Künsten, welche dem Be- 
dürfniss dienen, sollen daher die künftigen Staatsbürger nur die ' 
lernen, welche des Freien würdig sind, und weder den Leib, noch 
die Denkart gemein machen '), wie Lesen, Schreiben und Zeich- 
nen; welches letztere übrigens neben seinem praktischen Nutzen 
noch den höheren Werth hat, den Blick für die Betrachtung der 
körperlichen Schönheit zu bilden *). Auch unter dem aber, was 
1) Pol. VIII, 1, Anf., wo v. A.: t'o yäp ^Boj tifc wAittla^ fx&Wngf tb oixttov 
xot fuX&rttw sWIe t};v noXim'av *ai xaDiarrjaiv i% »px^i °^ QV t'° V^* 8>](j.oxpaTixbv 
Sij]iflxpoTinv, to 8' jXifap^ixbv oXifipyixv • ää Sc to ßO.Tiorov ^8o; ßiXrfovo; sTnov 
xokatlai. Vgl, V, 9. 1310, », 13 und oben B. 578. 680, 3. 
2) A. s. O. 1337, a, 21 ff. Tgl. mit dem S. 530, 8 Augeführten. Dabei 
wird allerdings anerkannt, dass die Private rziohung ein genaueres Eingeben 
auf die Bedürfnisse des Zöglings gestatte (Etb. N. X, 10. 1 180, b, 7), indessen 
lieas sich darauf erwiedern, dass diese auch bei der öffentlichen berücksich- 
tigt werden können, wenn sie nur in den rechten Bänden sei. 
3) VIII, 2. 1337, b, 4: Sit [ilv &üv toi avtrpwtla Set SiBiextafl« twv jtpijcrftiuv, 
QU* «Sl)XoV. Dil St 6U niVTl, S[Tjp7]pl'v(ilU TÖV Xt t). Euüi'p tUV ESfülV Xj). TmV ÄVtlwfll'- 
piiiv, ^javtf öv öti rüv roiotSroiv Sei jute^eiv Ssi tüv ^ptgaijudv xoitjoei tov jiETEJrjma 
(i)l ßavauaov. ßivauoov S' Eisyov eTvsi Set toüro vo[iI£ttv xal TEjfVTjv taurr.v xai |ii6i]- 
oiv, Boai npttj tat ;tpiJOTif xai tbs JtpiEiij t1( ri^s äpEir,? ä^pnorav iitipYÄCevtai ti 
oöpx t£v fXiuSrfpwv rj -rijv ijrux.V fl tJ 1 v Biivo"™- Diese Folge hat nun nach Amt., 
wie nach Plato (vgl. 1. Abth. S. 671), im Allgemeinen die Handarbeit (die 
fiisBapvixa't rpyaaüu) ; sie IKset das Denken ungeübt und erzeugt eine niedrige 
Gesinnung. Dieselbe kann aber auch bei edleren ThBtigkeiten (wie Gymna- 
stik nnd Musik; s. u.) eintreten, wenn man sich ihnen einseitig als seinem 
Lebensberof widmet; Manches endlich darf der Freie eich seihst oder seinen 
Freunden oder um eines guten Zwecks willen, aber nicht In fremdem Dienst 
4) Till, 8. 1387, b, 23. 1338, a, 18 ff. Ebd. Z. 87: unter den nützlichen 
Künsten sind manche, welche nicht blos um ihres Nutzens willen, sondern 
auch als Hülfe mittel für anderweitige Bildung zu erlernen sind. So die 7p«p> 
]i«tixt] und die ypaf ixij; der Hauptwerth der letzteren liegt darin, Eti Jtwit Qnu- 
pijTWÖV toü «spl t! atäuamt x&Xleuc. 
i „Google 
576 Aristoteles. > 
nur freien Erziehung im engeren Sinn gebort, ist ein wesentlicher 
Unterschied zwischen solchen Fertigheiten, welche um der prak- 
tischen Geschäfte willen, und solchen, welche um ihrer selbst wil- 
len erlernt werden. Jene haben ihren Zweck nasser sich, in dem, 
was durch sie erreicht werden soll; diese haben ihn in sich selbst, 
darin, dass ihre Hebung eine schöne und befriedigende Thätigkeit 
gewährt. Dass die letzteren die höherstehenden, dass sie allein die 
wahrhaft freien Künste sind, bedarf für nnsern Philosophen kaum 
des Beweises 0- Und da nun von den zwei hauptsächlichsten Bil- 
dungsmitteln der Griechen, Gymnastik und Musik, jene mehr nur 
als Hülfsmittel für die kriegerische Tüchtigkeit betrieben wird, diese 
der Geistesbildung unmittelbar dient, so ist es natürlich, dass er 
eine so einseitige Bevorzugung der Gymnastik, wie sie der spar- 
tanischen Erziehung zu Grande lag, nicht gutheissL Wo so aus- 
schliesslich nur auf körperliche Uebung ,und Abhärtung hingear- 
beitet werde, bemerkt er, da erzeuge sich eine Wildheit, welche 
von wahrer Tapferkeit weit entfernt sei; es werde aber auf diesem 
Wege nicht einmal das erreicht, was damit bezweckt werde, die 
Ueberlegenheit im Kriege: seit die Lacedämonier mit ihrer Gymna- 
stik nicht mehr allein stehen, haben sie vor Anderen nichts voraus. 
Er will daher die Gymnastik zu dem Zweck der ganzen Erziehung 
jn das richtige Verhältniss gesetzt und die anstrengenderen Uebtra- 
1) M. vgl. in dieser Beziehung ausser dem, was S. 473 ff. fiber den Vor- 
zug der Tbeori« tot der Praxis, und S. 531 f. über die Geschäfte des Frie- 
dens und de« Kriegs bemerkt ist, VII, 14. 1333, a, 85: fävapn) 7tiJ.e|iijv pii 
ilpijv>]f X*P tv > «iXoXIm 81 "XoXijt, ti 5' äva-rxala xa\ Xf"W a ™" xaläv 2vuey. 
Ebenso C 15. 1334, s, 14. VIII, 8. 1337, b, 38 (Ober die Musik): vEv [ib fif 
ü; fjSovij: fipa ol jcXitatoi peW](ou«v «äri)c ot 8' iE «?X"i» <ta^av & naiScff, ha 
tö -rij» jJai» aOt^v fijTitv ... [ifj uivov äa^oXslv opfltü; äXXi x(it tr/faXiZivi Silvari« 
xak&i ... d -jap ä|ijii) jj.lv iß, (»äXXov 81 alprc'ov tb TfoX&Zzw -rij! än^oXta«, x« 
£U>4 Cnorrfov -ri icoiaüvra; 8fl a^aU^eiv. Die blosse "Unterhaltung (7vaiBiä) ist 
kein selbständiger Lebenszweck, sondern nur ein Mittel sur Erholung aat 
desshalb in der äa/oXia mehr Bedürfniss, als in der o^oXij. Diese bestellt in 
Erreicht haben des Ziels, sie führt also Genuis und Glückseligkeit unmittelbw 
mit sieb; jene ist Bemühung um ein Ziel, welches man noch nicht erreich! 
hat Utk tpaulpbv Sri SA xol ftpb; t)]v h tij Sia^ uiffj ffX°X)|V u.*v6ävEiv ä-eta xsl 
Jtai8nStol}(u, xsi raüra (iiv ™ Jtai8td[Kcia xtu taikaj tat (isthjutn taurüv eW ji- 
ptv, -i; 8) np'04 rijv rö/oXtav «i{ äva-fxaii; xat ^*?" BkXwv. ... Sri |ib totvuv iW 
naiBtta ri; jj» ojj^ üc j^aiiMjv xaiSiuisov to'uj ufitf oäS' ü( ävafxitfav, £U' »S 
iXtuWpiov xat xrX.Jjv, <pav(päv ätmv. 
i „Google 
Der beute Staat; Briiekong. 577 
gea erst dann vorgenommen wissen, wenn der Körper gehörig er- 
starkt and dem Geiste durch sonstigen Unterricht ein Gegengewicht 
gegen dieselbe gegeben ist ')■ Was die Musik betrifft, bei der aber 
Aristoteles zunächst nur an die'Musik im engeren Sinn denkt, ohne 
die Dichtkunst unter diesem Namen mitzubefassen J )i so ist ein 
mehrfacher Gebrauch derselben zu unterscheiden ■}. Sie dient zum 
Vergnügen, zur sittlichen Erziehung, zur Beruhigung des Ge- 
mütbs *)j zur genassreichen Beschäftigung 5 )- Beim Jugendunter- 
richt ist aber ihre ethische Wirkung die Hauptsache. Um sie als 
selbständige Beschäftigung zu treiben, ist die Jugend noch zu tin- 
1) VIII, 4, wo a. A. 1S98, b, IT: oSn ■jap lv tois SiXon (ttotc oCt' ln\ tu* 
rtvüv ipöij«» t)jv övEpiav äxolou8o5asv toIj ÄfpuoTaToif, iXli [läUov xölt fjfupu* 
ttpoie xat XtovTuiBtaiv jJStaiv. . . . &rm ta xaXbv «XV oO tö onpiüSt; SA spw«ryw- 
vifftetv oi y»P Wxot oS6i tüv eüJUov (hjplüiv ti ävomoaiTo 5v oiO&a xalbv x(v- 
auvov, «XXi pällov ivjjp äfstWt. ol 51 !{«» sf[ t«0t« ävtace to'u( so!3«{, xoä tülv 
h*-pu&m äjcaiSaftupJTOUf icm^nvcti, ßavadijQuf xa-rtp-riloirtai x«t* yt **> «^1* 
ttt, Jtpbi fv ti |«4vou ep-foy Tyj JtoXirixji xp-ijOLfiouf iconjaavTEf, xsit spij toüto J(fl- 
pOV, <T>( fTjBtV & Xi-fOC., WjHUV. 
9) Umgekehrt hatte Plato in dem Abschnitt «einer Bepublik über dU 
musikalische Erziehung hauptsächlich von der Poesie, nach Inhalt und Form, 
gehandelt. 8. Ute Abth. 8. 588. 612 f. 
8) Pol. VIII, 5. 1SS9, b, 11. c. 7. 1341, b, 86. 
4) Die xiflapaij, welche nickt bloa von der heiligen Musik" (den p&n. 
^oprtitoyr«), sondern von der Musik überhaupt bewirkt wird; Pol. VUI, 1343, 
a, 1 ff. Dm Genauere aber die x&8op«( im nOchsten Kapitel. 
5) Awy ül T l I' ^'' diesem Wart beseichnet Aristoteles im Allgemeinen eine 
solche Tbfttigkeit, welche ihren Zweck in sich selbst hat, und desshslb noth- 
weDdig, wie jede in sieh vollendete ThStigkeit (hierüber s. m. 8. 477 f.), mit 
Lost verbunden ist. Er unterscheidet daher solche Künste, welche dem Ba- 
ddrfniss, und, solche, welche der BiaYwyi) dienen (Metapb. I, 1 f. 981, b, 17. 
982, b, 22), indem er unter der letzteren alle Arten des Lebensgenusses, ed- 
lere nnd geringere, inismmenfasst. In diesem weiteren Sinn kann das bloa 
Unterhaltende, Spiel und Sehers, mit aar Sucvnrvrj gerechnet werden (so Eth. 
N. IV, 14, Anf. X, 6. 1176, b, 12 ff. Pol. VIII, 5. 13S9, b, 22.). Im engeren 
Sinn gebraucht Jedoch Ariat. diesen Ausdruck für die edleren Thätigkoiten der 
beteiobneten Art (die 8loyuy)i tXtvHfini Pol. VIII, 6. 1339, b, 5). Bo nennt er 
Eth. N. IX, 11. 1171, b, 12 den Verkehr mit Freunden, Uetsph. XII, 7 (oben 
277, 2). Eth. N. X, 7. 1177, a, 26 die Donktbatigkeit des göttlichen nnd dee 
menschlichen Geiste* otirurJ], Pol. VII, 15. US4, a, IG, in der ö. 531 f. be- 
rührten Erörterung, stellt er die wx.oM) und Birfiufi) ensammen, nnd an un- 
terer Stelle c. 5. 1839, a, 25. 29. b, 13. u. 7. 1341, b, 40 unterscheidet er die 
Verwendung der Musik zur xaiSüt nnd ävinttuuij von derjenigen npbc tatYM^v 
PhUos. d, Or. II. Bd. f. Abth. 37 
, ; i ,Google 
578 Arlatotelta. 
reif >)■ Znr Unterhaltung and Erholung ist sie iwar sehr geeignet, 
denn sie gewährt ein harmloses Vergnügen; aber das Vergnügen 
darf nicht Zweck des Lernens sein, nnd auch die Musik wäre st 
tief gestellt, wenn man ihren Nutzen hierauf beschränken wollte *). 
Um so wichtiger ist dagegen ihr Einfluss auf den Charakter. Die 
Mosik ist mehr, als irgend eine andere Kunst, die Darstellung sitt- 
licher Eigenschaften und Zustande; Zorn, Sanftmulh, Tapferkeit, 
Sittsamkeit, Tugenden, Fehler und Leidenschaften aller Art finden 
in ihr einen Ausdruck, Diese Darstellung ruft in der Seele der Zu- 
hörer die verwandten Gefühle hervor *); wir gewöhnen ans, an 
gewissen Dingen Wohlgefallen oder Hissfallen zu haben, und wie 
wir ans an der Nachbildung des Lebens gewöhnt haben, werden 
wir uns im wirklichen Leben verhalten. Die Tugend aber besteht 
eben darin, dass man an dem Guten Wohlgefallen, an dein Schlech- 
ten Missfallen habe. Die Musik ist daher eines der wichtigsten Er- 
ziehungsmittel, und sie ist es um so mehr, da gerade bei der Ju- 
gend ihre Wirkung durch das mit ihr verbundene Vergnügen nicht 
wenig verstärkt wird *). Nach diesem Gesichtspunkt richten sieh 
' nun die Regein, welche Aristoteles für den Unterricht in der Musik 
aufstellt. Er soll zwar mit eigener Uebung verbunden sein, weil 
man ohne diese nicht zum VersUndniss der Sache kommen wird; 
da er aber nur die Ausbildung des musikalischen Geschmacks, nicht 
die Kunstübung als solche zum Zweck hat, muss sich dieselbe auf 
die Lehrjahre beschränken, denn für Männer schickt es sich nicht, 
Musik zu machen; und auch bei den Knaben soll das Maass nicht 
überschritten werden, welches den Kunstkenner von den ausüben- 
den Künstlern unterscheidet 6 ). Bei den letzteren ist die Mosik ein 
«ü xpbf f pivqoiv, indem er (1339, b, 'IT) von dar letstereo sagt, u aei in är 
da» xsVov nnd die f|!ovi| vereinigt. Vgl. Bonn Airist. HMnph, II, 48. Schwxu- 
lm Arist. Hetapfa. III, 19 f. 
1) VIII, 5. 1889, ii, 29: aie hat» überhaupt noch anf kein« Surfer^ An- 
iprncb ; uäflsv't yäp l-rikit xpo(ijxit tAof, 
3) A. a. 0. 1859, a, 26-41. b, 14-81. 42 ff. ' 
8} tutpcüjuvot xGJv p.i|ii[o(cu» f (YVovou n&vug ou|ut<x<hltf . 
4) A. a. O. 1889, a, 21 ff. 1340, a, 7 — b, 19. 
6) A. verwirft Im allgemeinen Unterricht ti npb< -tobe ifövsf toi* ■cq- 
votolit ownfvovta, t4 Baujiima xsl mpirci twv fpfuv, 1 »B* C.tjXu6«v iIi toi( 
ir^toi, ix 81 xSv irriivuv tk tijY JiaiStittV. O. C. 1841, a, 10. 
Der Leite Staat; Eraienung. 579 
, das dem Geschmack der ungebildeten Masse dienstbar 
ist, eine banausische Beschäftigung, welche ihrer körperlichen Tüch- 
tigkeit schadet, und ihre Sinnesart erniedrigt; für den freien Mann 
ist sie ein Mittel der Bildung und Erziehung '). Nach diesem Zweck 
bestimmt sich die Auswahl der Werkzeuge und Tonarten für den 
Unterricht; doch will Aristoteles neben der einfachen nnd ruhigen 
Musik, deren Uebnng er seinen Bärgern allein gestattet, für öffent- 
liche Darstellungen auch eine erregtere und künstlichere von zwei- 
erlei Art erlauben: eine ernste und reinigende für die frei Gebil- 
deten, und eine ausgelassenere zur Erholung für das niedere Volk 
und die Sklaven *). 
Mit diesen Bemerkungen scbliesst -unsere Politik, ohne das« 
anch nur die Untersuchung über die Musik ganz zum Abschluss 
gebracht wäre 3 ); indessen lasst sich nicht annehmen, dass Aristo- 
teles seine Erörterungen über die Erziehung damit zu beendigen 
die Absicht hatte. Wenn er die Wichtigkeit der Musik für die Er- 
ziehung so vollständig anerkannte, konnte er die der Poesie, voll- 
ends nach Plato's Vorgang, unmöglich 'übersehen; und er verrilth 
die Absicht, sie zu besprechen, wenn er Erörterungen über die * 
Komödie für später in Aussicht stellt *). Dass er ferner den wis- 
senschaftlichen Unterricht ganz mit Stillschweigen übergehen wollte, 
ist bei dem Manne, welcher die wissenschaftliche Thätigkeit für die 
höchste und für den wesentlichsten Bestandteil der Glückseligkeit 
halt, welcher auch die unmittelbare Bedeutung der Staatswissen- 
schaft für den Staat so hoch anschlägt "), höchst unwahrschein- 
lich ')- Der Privatthätigkeit konnte er ihn aber auch nicht fiber- 
1) VIII, 6. 1340, b, 20 - 1341, a, 17. 1341, b, B - 16. o. 6. 1339, b, 8. 
2) A. a. O. c 6. 1841, a — h, 8. c. 7. 
S) Denn nach VIII, T, Anf. Bullte auch noch Ton den Rhythmen gespro- 
chen werden, wu hier nicht geschieht; vgl. Hii.dfnhr*sd a. a. 0. 8. 468 
(gegen Nicke» De Äriot. Polit. libr. 8. 93). 
4) VII, IT. 1836, b, 20; toÜ( Et vsturipou; oüt' ttj*ß<uv oürs xiuixuSioi: Senat 
vtvojioBfnitiiov Sxrepov 5' faiTt^oanat Sei £tapfoat [liXXm. 
5) Hierüber s. m. Eth. N. X, 10. 1180, a, 33. b, 20 ff. 
6) Gerade aas Anlast der Frage Aber die Bildung der Staatsbürger «etat 
Arial Pol. VII, 14. 1333, b, IS ff. auseinander, data die theoretische TbMig- 
keit die höhere und der Zweck aller andern aef. Dann wird sie aber auch daa 
Ziel and einer der wesentlichsten Beatandtheile der Erziehung Im besten Staat 
37* 
sy Google 
580 Aristoteles. 
lassen wollen, da ja die ganze Erziehung eine öffentliche sein sotL 
Aber er selbst deutet wiederbolt an, dass er nach der ethischen 
auch von der Ausbildung des Verstandes zu handeln im Sinn hatte '). 
Auch auf das Familienleben und die Erziehung des weiblichen Ge- 
schlechts, der Aristoteles grosse Wichtigkeit beilegt, und^, deren 
Vernachlässigung er aufs Entschiedenste missbilligt, verspricht er 
im Zusammenhang mit den Staatsverfassungen ausführlicher zurück- 
zukommen*); in unserer Schrift jedoch ist dieses Versprechen nicht 
gelöst")- Als ein Erziehungsmittel betrachtet er ferner die Strafe*), 
1) Pol. VII, IB. 1334, b, 8: Xoucbv £1 ÜfwpTJaat irfttpov icsiceutioi x&U«? 
itpitipov i] nft; jQiatv- taüta Y«p fci itpös «Xlj]Xa au|j.tpwvE» oufiOü>»iav t!)v iplsnj«. 
Die Antwort ist nun, die sittliche Krziehuug müsse Yoisrigehen (s. i>. Glt, 
6. 7), womit doch wohl mittelbar gesagt üt, dsas ein Abschnitt über die 
wissen« haftliche nachfolgen sollte. Auch VIII, 8, 1338, a, 30 ff. ist von meh- 
reren Fächern die Rede, welche zur freien Bildung gehSren, and Till, 4 
1339, s, 4 wird vorgeschrieben, nach dem Eintritt der Mannbarkeit aollen die 
jungen Leute erat drei Jahre in den andern Fächern (jueO^oct«) unterrichte! 
werden, ehe der angestrengtere Unterricht in der Gymnastik beginne, dean 
beides vertrage sich nicht zusammen, da körperliche Anstrengung dem Dm- 
ken (Siivoia) hinderlich sei — su dssi es sich demnach hier um wisienaebiA- 
licben Unterricht handeln muss. 
2) Pol. I, 13. 1200, b, 8: r.täl St ävBpbj xa\ yöy«xV{ xit texvwv xsl itvtfa, 
ifti tt mrii (xsotov «-jtwv «p«ijs, xa\ tri; itpbc oipä; «urobt öjulins, ■d. ti> xsWf 
xa't jii) iaXw; (ort, xsi xüf Sit t'o [ii* t5 Stwxtiv tb 61 xaxws ? Mf-fetv, tv mc *pi 
Tis JioXi-eia; övecyxalov fciÄOSv fa(\ yis olxii (ilv itäa* fiEpof näXctu;, raun !' 
otxi'a«, t)]v 6i toü |*ipou; npbc t^v toÜ !Xou Sfl ßXAwiv äprrijv, äv«-rx«"ov xpbs t^ 
JtoXtTita» plfcovTB( itaiBEifeiv x«! to'u( niiSas x«"i Tic jaiäituti, etnep tt Sia<pEpii xpöi 
■tb -ri|v njXtv itvai orouSaiw %a\ toii; itcitSsc ilvai «eouBafouf xa\ t&( fwcitkof «»> 
Baia(. «arxaTev Si Btxyt'ptiv' st jaIv fäp yuv*«i( fjjiiou pisn: tüv dXiulc(m>, i 
61 tüv xaiBtuv ol xoivuvcft YtvovTar t»J4 rcoXiTsiai. Vgl. II, 9. 1269, b, IT: ei S*M 
naXimsi; sa-jXtd; ijffi tb TtEf"l Ta( ruvatxBf, TÖ fjutau Trj( rtöXiiut Etvai Sit voji'^n» 
JvouoBt'TnTov. Bkasuis II, b, 1673, A. 769. 
S) Denn die gelegenheitl iahen Andeutungen, welche sich II, 6. 7. 9 fin- 
den, können für eine solche LQeang nicht gelten. 
4) Das Strafm sasa haben wir schon 8. 496 f. in dem Grund**» der an- 
gleichenden Gerechtigkeit gefanden, nach welchem jeder ao viel Verlust i» 
leiden bat, als er sieb Vortheil unrechtmässig angemasst hat; der Grund tut 
Zweck der Strafe dagegen liegt nach Ariel., welcher hierin mit Platu (s. ■■■< 
Abth. 8. 6S4) Übereinstimmt, theils und hauptsächlich in der Beisemng da 
Straffälligen and seiner Abschreckung von fernerem Unrecht, theils, soft« 
er selbst unheilbar sein sollte, in der Sicherung der Gesellschaft tot de» 
■elben. VgL Rhet. I, 10. 1369, b, 12: Svofifa 51 tuuDpia xal xäXaan- i (ts> W 
Der Leite Stant; fehlende Abschnitte. 581 
und so sollte man erwarten, dass von ihrem Zweck und ihrer An- 
wendung eingehend gesprochen, dass wenigstens die Grundzüge 
eines Strafrechts entworfen werden: in unserer Politik wird dieser 
Gegenstand nicht berührt. Ebensowenig finden wir hier die Aus- 
einandersetzungen über volkswirtschaftliche Gegenstände ')> über 
die Behandlung der Sklaven *) und aber die Trinkgelage '), wel- 
che uns in Aussicht gestellt werden; es fehlt überhaupt an jeder 
Untersuchung über die Lebensordnung der Erwachsenen, während 
sich doch nicht bezweifeln lässt, dass Aristoteles gerade hierin eine 
Hauptaufgabe der Staatskunst erblickte, und dass er so gut, wie 
Plaio, die Erziehung als sittliche Leitung durcli's ganze Leben fort- 
gesetzt wissen wollte *)• Das Gleiche gilt aber, wie schon früher 
bemerkt wurde b j, von der ganzen Gesetzgebung: wenn wir sie in 
iflftauj toü Jtio^ovro; fvixi tarn, J] St Tip-iupia toÜ jtoioDvTOS, Tva ijrojrXjjpwSi;. 
Etb. II, 2; ■. o. 486, 3. Ebd. X, 10. 1179, b, 28t wer seiner Leidenschaft lebt, 
der lftest eich durch blossen Zuspruch nicht bessern; EXidj t' oä Boxt! Äovu 
Wxetv ti ici.Ha; SXXa pia. Ebd. 1180, a, 4 (Tgl. unt. A. 4): Die Besseren, 
ugen Einige (Plato — Arist. selbst ist aber offenbar der gleichen Ansicht), 
misse man ermahnen, «iciiOoÜoi Bi xal äyuEortfpou; o'ul xoXAosi( ti xa'i njicupia^ 
iiimStvau, toü; E' «vi&MUt KXüi; ^opi^Eiv tdv |iiv yap ijiLEtxij >a'i 7tpb( tb xsJiqv 
*üna :ij> Xifui rt£t8ap)(ijaEfv , toy St fauXov JjBovijs öpiY^r 1EVOV ^nf) xoXajEoBai 
Serap Sno^ti-fn». Ebd. III, 7. 1113,b,23: xala^ouai yäp xa'iTtfi(i>poiHTtEiToü( 6pw«a[ 
|«-jf Oijpi . . . to ] j( St -ri nali «pivTovtat Tiu-ulaiv, <ü( toü; [itv 7ipotjE'<|>0YTF.( 1 to'uj 81 
rolüWtse,. Der Zweck der Strafe ist also, •wenn man es nicht mit einem un- 
heilbaren Verbrecher zu thnn bat, die Besserung; aber zunächst nur die aus 
der Furcht vor Strafe hervorgehende Besserung des Verhaltens, nicht jene 
gründlichere der Gesinnung, wie sie in den edleren Naturen durch Belehrung 
und Ermahnung bewirkt wird; die Besserung mitbin nur in dem Sinn, in wel- 
chem aie mit der Abschreckung Eusammenfallt. M. vgl. zum Vorstehenden 
HinDKBBKAND «. S. O. 299 ff. 
1) xtp\ xnjotiiif nai Tij( rctp't "ri)v uioiav eJnopias r.Ü>$ l& ii'i tiva Tpiltov tystv 
'?«i A v XP^»™ "fafr- ™< 5 - i3a6 > b > 32 ff - 
2) VII, 10, Bcbl. 
3) VII, 17. 1333, b, 24, wo sich die Verweisung auf spatere Erörterungen 
doch wohl nicht blos auf die Komödie bezieht. 
4} Ausser den beiläufigen Bemerkungen Pol. Vit, 13. 1331, a, 35 ff. o. 17. 
1336, b, 8 ff. Tgl. m. namentlich Etb. N. X, 10. 1180, a, 1 ; »tjy_ txavbv 8' Tat.* 
ifaui ävtaj Tpavffi xa\ im[uktiai tyj&i ipfti)(, öWi' ^iceiSJ) xal ävBp w8fr»a; SA btt- 
Ti|icJc!V aurä xal ^Qi^eaSat, x«\ ntp'i laÜta StoipaB' äv vöu.iuv xa'i 5a<o( nspWavTa 
TOT (äfov o! Täf TtoXXüt äviyMi [löXlov 5 Äi-pu Mtflapxefc" xa\ ^ifiinj 1) tu xa),5- 
6) fl. 526. 
i „Google 
582 Atlitotelei. 
der aristotelischen Politik vermissen, so haben wir dafür nicht des 
Philosophen, sondern nur den unvollendeten Zustand seines Werke» 
verantwortlich zu machen. 
Auch aber die Verfassung des besten Staats würden wir wohl 
Genaueres von ihm erfahren, wenn dasselbe vollständig aasgeführt 
wäre. So wie es vorliegt, können wir nur zwei Bestimmungen 
darüber mittheilen, von welchen die eine die Bedingungen des 
• Staatsbflrgerrechts, die andere die Verkeilung der politischen Ge- 
walt betrifft. In der ersteren Beziehung verlangt er, wie Plato, mit 
acht griechischer Verachtung der körperlichen Arbeit, das« nicht 
allein das Handwerk, sondern auch der Landbau, vom Bürgerrecht 
im vollkommensten Staat' ausschliesse. Denn ein Bürger dieses 
Staats könne nur der sein, welcher alle Eigenschaften des tüchtigen 
Mannes besitze; am aber diese zu erwerben und um sich dem Dienst 
des Staates zu widmen, sei eine Müsse und eine Freiheit von nied- 
rigen Geschäften nothwendig, wie sie weder dem Landmann noch 
dem Handwerker und Arbeiter zu Gebot stehe. Diese Beschäftigun- 
gen sollen daher im besten Staate nur von Sklaven oder auch von 
Metöken betrieben werden; die Staatsbürger sollen ihre ganze Ta«- 
tigkeit auf die Verteidigung und Verwaltung des Staats richte», 
und sie allein sollen auch Grundeigentum besitzen, denn das Ver- 
mögen des Volks gehöre nur den Bürgern '). Andererseits sollen 
alle Bürger an der Leitung des Staatswesens theilnehmen, und es 
ist diess nach Aristoteles gleichsehr eine Forderung der Gerechtig- 
keit wie der Notwendigkeit; denn die, welche sich wesentlich 
gleichstehen, müssen nach gleiche Rechte haben, und diejenigen, 
welche die Macht in Händen haben, lassen sich nicht von der Staats- 
verwaltung ausschtiessen *}■ Da aber die Regierungsbehörde doch 
unmöglich aus der ganzen Masse der Bürger bestehen kann, c» 
zwischen Regierenden und Regierten ein Unterschied sein muss, di 
für die Staatsverwaltung andere Eigenschaften erforderlich sind, als 
für die Kriegführung, für diese nämlich körperliche Kraft, für jene 
1) VII, 9. 1328, b, 94 ff. 1329, i, 17 — 36. 85. c 10. 1339, b, SO, naab- 
dem vorher die ägyptischen und anders ähnliche Einrichtungen berührt wa- 
ren. Vgl. & 547, 5. 
2) VII, 9. 1339, a, 9. c. 18. 1332, a, 84: fy'v äi ic&vn« ol icoUteu pnfeoMi 
Tijt rcoXiniof. c. 14. 1883, b, 13— 33. 
i „Google 
Dar beste Staat; Verfassung, ün vollk. Staaten. 583 
gereifte Hinsicht, so findet es Aristoteles am Angemessensten, daes 
beiderlei Thätigkoitcn an verschiedene Lebensalter verlheilt, der 
Kriegsdienst den Jüngeren, die Hegierungsgeschäfte, mit Einscbluss 
der priesterlichen Verrichtungen, den Aelteren übertragen werden, 
and dass so die Theilnahme an der Staatsleitung zwar Allen, aber 
erst für ihre späteren Lebensjahre, vorbehalten sei ')• Dies» i*t 
die aristotelische Aristokratie *), welche in ihrem Grundgedanken: 
Herrschaft der Tugend und Bildung, der platonischen doch nahe 
verwandt ist, wenn sie sich auch in der näheren Ausführung viel- 
fach, aber wohl mehr in den gesellschaftlichen als in den eigent- 
lich politischen Einrichtungen, von ihr entfernte. 
6. Die unvollkommenen Staaten. 
Neben dem besten Staat müssen aber auch diejenigen Staats- 
formen in Betracht gezogen werden, welche nach verschiedenen 
Richtungen und in verschiedenem Maasse von jenem abweichen 9 ). 
Sie alle sind zwar, sofern sie der mustergültigen Verfassung wider- 
sprechen, als verfehlt zu bezeichnen 4 ); diess schliesst aber nicht 
1) VII, 9. 1329, a, 2—17. 27—34. c 14. 1332, b, 32 — 1333, b, 11. 
2) IT, 7. 1293, b, 1 : «pioroxpaTiov fitv o3v r.iXü; tyu xolfiv mpi Jjt Snfl- 
Bojttv h toIs *pu>TO'.4 \6yott' **!* fip ix Ttüv «ploriüv iatXStt xat' äprrijv rroltTeiav, 
xtü. (iJj npbc ijciStoiv nvs SrjaiS» ovSpiiv (tgl. Till, 9. 1328, h, 37), [n6v>]ii Si'xaiov 
Kposxfopiwiv iptaroxpMiav. Vgl. c. 2. 1289, a, 81. Hiemit steht es nicht in 
Widersprach, wenn III, 7. 1279, a, 34 (s. o. 8. 554 f.) die Aristokratie als die 
dem gemeinen Beaten dienende Herrschaft zCii AUyiav uiv jtXdivtuv B* ivdf 
donnirt wird, denn tbeils redet Arist. dort nur von dem gewöhnlichen Sprach- 
gebrauch {xaAtfv 8' !?tiifle|uv), während er als den eigentlichen jene Benennung 
rechtfertigenden Grund nur die Herrschaft dar Besten für den Zweck des 
gemeinen Beaten hervorhebt; tbeils regiert anch im vollkommenen Staat in 
Wirklichheit immer eine Hinderzahl. Fechneb {Oerechtigkeitsbegr. d. Arist. 
S. 92, Ana.) irrt daher, wenn er die III, 7 genannte Aristokratie von der IV, 7 
nnd B. TU mit diesem Namen bezeichneten Staatsforraen unterscheidet. Noch 
weniger kann die Stelle III, 17 (oben 656, 2) für diese Unterscheidung an- 
geführt werden, da sie vielmehr gerade auf den besten Staat genau paeat, 
3) 8. <.. S. 662 f. 
4) H. vgl die Stellen, welche S. 565, 1 angeführt sind, namentlich Pol. 
IT, 2. 1289, b, 6: Plalo sagt, wenn die Oligarchie u. s. w. gut seien, sei die 
demokratische Verfassung die schlechteste, wenn sie schlecht seien, die beste 
von ihnen. f)uit( St 5X(u( raüraj ^[np-niiiivat eÜviiI ipafiiv, xat BeI-clu fib Ihy- 
opX' 3 ™ öXXijv SiXtn oü xoÄüf fytt ÜTiiv, ^ttov 8k yatlXtp. Als napwBiGtn werden 
die unvollkommenen Verfassungen gewöhnlich bezeichnet. 
i „Google 
584 ArlstataUa. 
ans , dass auch sie in den gegebenen Verhältnissen ihre bedingte 
Berechtigung haben , und dass auch unter ihnen in Betreff ihres 
Werthes und ihrer Haltbarkeit ein Gradunterschied stattfinde. In 
Besonderen zahlt Aristoteles , wie früher gezeigt wurde 0* drei 
unvollkommene Verfassungen, die Demokratie, Oligarchie und 
Tyrsonis , denen er dann aber im weiteren Verlaufe als vierte die 
Politie und einige ihr verwandle Mischformen beifugt 
Die Demokratie beruht nun im Allgemeinen auf der Gleichheit 
und Freiheit aller Staatsbärger. Damit sie gleich seien, müssen alle 
mit gleichem Recht an der Staatsverwaltung Iheilnehmen , die Ge- 
sammtheit muss mithin die Macht in Händen haben und die Mehrheit 
entscheiden; damit sie frei seien, muss Jeder leben können wie er 
will, es bat daher Keiner dem Andern zu befehlen, oder sofern 
diess nicht zu umgehen ist, muss das Befehlen wie das Gehorche« 
m Alle kommen *)• Demokratisch sind daher alle die Rinrichtan- 
gen, weiche von diesen Gesichtspunkten ausgehen : dass die obrig- 
keitlichen Aemter durch allgemeine Wahl oder durch's Loos besetzt 
werden, oder bei allen Bürgern umwechseln; dass sie an keinen 
oder nur an einen unbedeutenden Besitz geknüpft sind; dass ihre 
Dauer oder ihre Macht beschränkt ist; dass Alle an den Gerichten, 
namentlich über die wichtigeren Fälle, theilnehmen; dass die Zu- 
ständigkeit der Volksversammlung möglichst ausgedehnt, die der 
Beamten möglichst verringert wird; dass Beamte, Richter, Raths- 
manner, Ekklesiasten besoldet werden. Eine demokratische Behörde 
ist die Raths Versammlung, noch demokratischer ist es, wenn anch 
sie ihre Rechte an die Volksgemeiude verliert; für demokratische 
Eigenschaften gelten niedere Herkunft, Armuth, Unbildung »). Je 
nachdem aber hierin mehr oder weniger maassgehalten wird, je 
nachdem in einem Staatswesen alle diese Stücke oder nur einige 
derselben vorkommen, entstehen verschiedene Formen der Demo- 
kratie *). Dieses selbst aber ist, wie Aristoteles glaubt, vor Allem 
durch die Lebensweise und die Beschäftigung eines Volkes bedingt: 
es macht in politischer Beziehung einen grossen Unterschied , ob 
1} B. 554 ff. 
2) VI, 2. 1317, «, 40 — b, 16 u. «. 8t j a. 8. »65 t 
3) A. «. O. 1317, b, 16 — 1318, a, 3. IV, 16. 1800, *, 31. 
4) VI, 1. 1817, »,2*. 2» ff. 
i „Google 
Unvollkommene Statt«*; Demokratie. 585 
anc Bevölkerung tos Bauern , oder mi Handwerkern, oder ans 
Händlern, oder aus einer der verschiedenen Klassen von Seelenten, 
oder bob Tagelöhnern und Besitzlosen, oder aus Leuten ohne volles 
Bürgerrecht besteht, oder ob und wie diese Bestandteil« in ihr 
gemischt sind 1 )- Eine Ackerbau oder Viehzucht treibende Bevölke- 
rung ist im Allgemeinen zufrieden, wenn sie sich ohne Beeintrfich*- 
tigung ihrer Arbeit widmen kann; sie begnügt sich dcsshalb mit 
einem massigen Antheil an der Staatsverwaltung, wie die Wahl der 
Beamten, die Verantwortlichkeit derselben und die,Theilnahme Aller 
an der richterlichen Thitigkeit; im Uebrigen wird sie die Staalsge- 
schäfte gerne geeigneten Männern überlassen. Hier wird daher die 
geordnetste Demokratie möglich sein. Weit unruhiger ist eine 
Hasse von Handwerkern, Handlern und Lohnarbeitern : ihr Geschalt 
wirkt nachtheiliger auf den Charakter, and in der Stadt zusammen- 
gedrängt sind sie immer geneigt, in Volksversammlungen zu rath- 
schlagen. Haben vollends Alle ohne Ausnahme politische Rechte, 
werden auch die halbbürtigen Burgerssöbne in's Bärgerrecht aufge*- 
nommen, werden die alten Geschlechts- und Genossenschaftsver- 
bande aufgelöst und die Tbeile der Bevölkerung möglichst durch- 
einandergeworfen, wird die Strenge der Sitte, die Zucht Aber 
Frauen, Kinder und Sklaven gelockert, so entsteht nolhwendig jene 
maasslose Volksherrschaft, su welcher die Massen so geneigt sind, 
weil die Zugellosigkeit immer mehr Reiz für sie hat , als die Ord- 
nung *)- Es bilden sich so verschiedene Formen der Demokra- 
tie, deren Aristoteles näher fünf zählt ■). Die erste ist diejenige, 
in der wirkliebe Gleichheit herrscht, indem weder den Vermögli- 
chen noch. den Uuvermöglichen ein ausschliesslicher EinBuss zu- 
gestanden wird 4 ); eine zweite, bereits grösserer Ungebundenheil 
1) IV, 4. 1191, b, 15 ff. c. G, Auf. c. 12 (s. o. 681, 1). VT, 7, Auf, o. 1. 
1317, a, 22 ff. In der letatern Stelle worden für die Verschiedenheit der demo- 
kratischen Verfassungen beide Gründe, dar Charakter der Bevölkerung und 
die Ausdehnung der demokratischen Einrichtungen, neben einander genannt. 
uns den sonstigen Ausführungen ergiabt sich jedoch, das* ArisL das iweite 
dieser Blöcke von dem ersten abhängig macht. 
2) l'ol.VI,4,(iroaborlJ)18,b,lB[j.^BUBtroiRhflnist)T K LIV,12.1!9IJ,b,24B'. 
8) IV, 4, 1291, b, SO ff. vgl. c. 12 a. a. 0. VI, 4. 1318, b, 6. 1319, a, 88. 
4) AU das Eigentümliche dieser ersten Form wird IV, 4. 1191, b, 30 ff. 
angegeben: to jiijBtv [iSUov üitipjfiiv to!*t ebtopout Ij Totif idicdpeuf , pgii xupiouf 
ilvai fgntsattuetB) , iXX J|ioiou( ojif «itpeut , ond so könnte n 
3V Google 
568 Aristoteles. 
zuneigende, ergiebt sieh , wenn die Ae«nterfahigk*ä an einen Ver- 
mögeasbesitx , aber nur einen geringen, eine dritte, wenn sie an 
keine weitere Bedingung , ab Bürgerrecht und Unbeschnllenheil, 
eine vierte, wenn sie nur an das Bürgerrecht geknöpft, dabei aber 
doch verfassungsmässig regiert wird; eine fünfte endlich, die völlig 
unbeschränkte Demokratie, entsteht dann, wenn die Volksbeschlüs« 
aber die Gesetze gestellt werden , wenn das Volk , von Demagogen 
geleitet, wie ein Tyrann von seinen Höflingen, zum Despoten wird, 
wenn alle verfassungsmässige Ordnung in der Allmacht des vielkö- 
pfigen Alteinherrschers sich auflöst 1 ). 
Die Oligarchie besteht , wie wir wissen , in der Herrschaft der 
Besitzenden. Auch hier aber rindet ein Fortgang von gemässigter™ 
Formen aar schrankenlosen Oligarchie statt. Ihre gelindeste Form 
ist es, wenn zur Ausübung politischer Rechte zwar ein Vermögen 
erfordert wird, dessen Höhe die Masse der Aermeren davon aus- 
schliefst, wenn dieselben aber andererseits jedem zugestanden 
werden, der dieses Vermögen nachweisen kann. Eine zweite Fora 
ergiebt sieh, wenn nur die Reichsten ursprüngliche Inhaber der 
Regierungsgewalt sind, und diese aus Allen oder auch nur aus einer 
bestimmten Klasse sich selbst ergänzen; eine dritte, wenn ilie Re- 
gierungsgewalt vom Vater zum Sohn forterbt; eine vierte endlich, 
der Tyrannis und der schrankenlosen Demokratie entsprechend, 
bestehe einfach darin, da*» alle Einzelnen, gleichviel ob arm oder reich, die- 
selben politischen Hechte haben. Allein bei dieser Auffassung würde sich 
diese erste Form der Demokratie von der dritten Eicht unterscheiden, und 
hinter der zweiten, welche die politischen Rechte doch immer noch an ge- 
wisse Bedingungen knüpft, surft et stehen. Da nun dieas offenbar nicht Ari- 
stoteles' Meinung- ist, da er die erste Form «. d. a. O. wiederholt als die b**W 
und der Rechtsgleichheit entsprechendste bezeichnet, die Rechtsgleichheit aber 
(VI, 3 n. h. St.) da am Meisten gewahrt sieht, wo der politische Einflau des 
Besitr. Verhältnissen analog ist, so dass ■. B. 500 Wohlhabende so viel geltes, 
als 1000 Aermere, da er dieselbe (VI, 4 s. o.) da findet, wo die Masse cm 
Volks sieh mit der Verantwortlichkeit der Beamten begnügt, die Qeschlftt 
selbst aber den Besten ({UXturrot, iituuttfc) und Angesehensten (-piopuioi) über- 
liest, so besiehe ich die äjtopoi und sÜJtopoi auf die beiden Klassen als Geflammt- 
heit. TMtesladeruagen (Thüsot Etudes 68 f.) sind entbehrlich. 
1) Mit der Schilderung dieser Demokratie, a, a. O. 1292, a, 4 tf. V, 11. 
ISIS, b, 32 ff. VI, 2. 1317, b, 13 ff., vgl. m. die -platonischen Darstellung« 
Bep. VIII, 567, A ff. 5G2, B ff. VI, 493, deren Geist sich in der aristotelisches 
nicht verkennen laset. 
i „Google 
Demokrat!«; OHg*rchie| Ariitokratle. 587 
wenn diese erbliche Gewalt durch keine Gesetze beschrankt ist 1 ). 
Dabei bemerkt aber Aristoteles , snd es wird diess von allen Ver- 
fassungen gelten, dass der Geist der Staatsverwaltung nicht selten, 
and namentlich dann, wenn eine Verfassungsänderung im Ansog 
sei , von der gesetzlichen Form der Verfassung mehr oder weniger 
abweiche 1 ). Entstehen nun schon dadurch gemischte Staatsformen, 
so wird in andern Füllen anch ausdrücklich darauf ausgegangen, die 
Einseitigkeiten der Demokratie und der Oligarchie zu vermeiden. 
Diess ist bei der gewöhnlich so genannten Aristokratie und der 
Politie der Fall 
Den Namen der Aristokratie will sich unser Philosoph neben 
der besten Verfassung, welcher er strenggenommen allein ankommt, 
auch für solche Staatsformen gefallen lassen, in denen zwar nicht, 
wie in jener, allgemeine Tugend aller Staatsbürger angestrebt, in 
denen aber doch bei Besetzung der Aemter nicht blos auf den 
Reichthum, sondern auch auf die Tüchtigkeit gesehen wird. Diese 
Aristokratie ist demnach eine gemischte Verfassung, in welcher 
oligarchische, demokratische und icht aristokratisch« Elemente ver- 
knüpft sind*). Hit ihr ist nun die Politie nahe verwandt *). Diese 
Verfassung ist nämlich, wie Aristoteles hier sagt, eine Mischung 
von Oligarchie und Demokratie 5 ), sie beruht auf dem richtigen 
1) Pol. IV, 6. 
2) A.a.O. 1993, b, 11. 
3) So IT, T, wo dann weiter drei Arten dieser Aristokratie anfgeallhlt 
werden: 3nou 5j itolmfo ßXfcci i"k ti jeXqütov xott äprrip xai Sijjiov, oio> iv Kap^jj- 
8övi . . . xal t* et; slt te Sju jiövov oToy i] AaxiSaiptnCuv ei; «pmjv tt xa'i Sijpn, 
tat 8*ri |ii?'.( luv Su'a touttiiv, Sr^oxpoiTicit tt xak ipMiJs . . . xai tpitOT Soet tiji xa- 
Xou;itvi|i xoXitelai pVirouai jtpot t)[Y iXifoffla* piXkov. V, 7. 1307, e, 7: äp/J, 
Y»p [t% [LnaßoX^t] to (ii) ptfiyß* 1 xeXS* &v piv TJJ JtoXiTtia 8>i|iQxp«Tiav xat Ö17- 
afr/fm, e'v 51 ijj spioroxperia tauti ti xoi rfjv öpitijv, p.«Xiwo tt ra Gito' Myw Bi 
T& Euo äijfiGv xa't Alf affin ' ta'ura fap il itoXitEiai Tt stipüvttu prp>-jvai xat et 
xotXÄ tüv xaXouuimn apiTtoxpatLÜv Tat -fip ORoxXivaiiaat ^öOJLov jcpbf W,v 
ÄXqap^iav öptotoxpaTEet xaXoBatv, Tis St Kp'05 rb nX^(lo$ nolttiiet. 
4) 8. vor. Anna, und IT, 11. 1395, e, 81: *A fäp &t xsXoCtiv ipiOToxpatt«, 
mp\ wv vBv (InofiiY, tb ]ib iEiuttpä) nintotxji teils xXifowc tüv xdXian, ti Bi 
YtnvülHn Tij xaXouji^T) noXralf * Sib mfit i[tf utv «t [u«t Xwrtbv. 
5) IV, 8. 1308, b, 83: ion 70p ^ scoXrnte ü( öxXü« iIjciIv fiffis Üj^afffimt 
xoft !i](ioxpa™it, t&uOaot 8t xalüv t*c pl» tbcexlivotSmf ü; spoj tj|* Siyioxpatfa 
noXititas, tos Si «pbt -rijv Ö,ifspX'*v tuUov äfteroxpeftac. Vgl. vort. Arnn. 
loogle 
58S Aristoteles. 
Verhältnis»- zwischen Wohlhabenden and Unvermöglichen *~), sie ent- 
steht dadurch, daas oligarchische und demokratische Einrichtungen 
•uf die eine oder die andere Weise verknöpft werden*), and sie 
Uuwt sich daher, sofern diese Verknüpfung von der rechten Art ist, 
gleich gut als Demokratie and als Oligarchie bezeichnen •)■ Ihr lei- 
tender Gesichtspunkt ist mit Einem Wort die Vermittlung des Ge- 
gensatzes zwischen Armen und Reichen , zwischen Herrschaft der 
Einen und Herrschaft der Andern; wo diese Aufgabe gelöst und 
die richtige Mitte zwischen den einseitigen Staatsformen gefunden 
wird, da muss notawendig eine allgemeine Zufriedenheit milden 
bestehenden Einrichtungen , und in Folge derselben ein fester Be- 
stand des ganzen Staatswesens erreicht werden *). Ebendamit er- 
weist sich aber die Politie als diejenige Verfassung , welche die 
1) A. ■. O. 1394, a, 19: ifttl El Tpia toti la ajj.<piaSi]ToihiT« tij; fciirajtri; rijt 
mXtniaf, Äeufltpla JtXoBtot «pmi, ... tptntebv Sti ttjv fiiv xdiv Suöiv jiifiv, »» 
tiicdpow xol tSv inipcjv, iralmtav Xsxt&v, t))v Ei T&t Tptuv äpioroxpariav |iüi- 
«s täv äXXwv napl -ri)v Ui)6ivJiv xa\ 7tp<uT»jv. Vgl. 587, 8. 
9) IV, 9; um eine Politie in erhalten, mnas man die eigenthfimlicbM 
Einrichtungen der Demokratie und der Oligarchie in'a Auge fassen, efm h 
toutwv iip' ixaripa; Soitip oujijiiÄov (über diesen Ausdruck Tgl. in. gen. an. I, 
18. 722, b, II. Pi.ii o Symp. 191, D u. A.) JLacjijäavovta; buhUetä«. Diesskun 
nun anf dreierlei Art geschehen: 1) so das» die beiderseitigen Bestimmungen 
einfach rereinigt werden, dasa z. B., wie in der Oligarchie, die Reichen ge- 
straft werden, wenn sie an den Gerichtasitanngen nicht theilnehmen, und diu 
snilereraeita die Armen, wie in der Demokratie, wenn sie erscheinen, ein Taf 
geld erbalten; 2) so, data zwischen entgegen stehenden Bestimmungen eis 
Mittlere« gesucht, die Theilnahme an der Volk» Versammlung z. B. weder m 
einen hohen noch an einen niederen, sondern an einen mittelgroßen Cenani 
geknüpft wird; 3) ao, daas von swei Ensammenfa Engenden Bestimmnngen dit 
eine ans der Oligarchie, die andere ans der Demokratie entlehnt wird, tob 
jener r.. B. die Besetcung der Aemter durch Wahl, nicht durch'a Loos, top 
dieser die Bestimmung, dass die Bekleidung elnea Amtes an kein VennEgn 
geknüpft ist 
8) A. a. O. 1296, b, 14 ff-, wo diese am Beispiel der spartanischen Ter 
fassung des Klheren nachgewiesen wird. 
4) A. a. O. Z. 84: tÜ 8" tv t)[ Jtolttrfa tfj |uu,rrujvn xaiws auf e"tip« lo** 
lfm tt& [uiMtipov, na': mutiaflat Bi* «oxljt x«!t |ii[ ifcoBsv, xa\ Bt' aivfji pJ| tä 
xlttouc j£tu6iv Aai -roäi pou^epsvouf fnjoht in der Art, daas eine Mehrzahl (ol- 
oher , die ui oe andere Verfassung wollen , Ton der fi t aatsrerf sssniig anif* 
aohloseen ist] (ict, ykp av xa\ jrovrjpä icoinn'i tdOB' fatap^o») iXXi -ti) p'fi '<" 
ßoiRsafcn jtoXttitav i-rfpav jiijfllv xtüv t!|( itiXio* {lopluv ZX<oi. 
L 
loogle 
. Polin». IM 
gr&aate Dauer verspricht und für die Mehrzahl der Staaten sich am 
Besten eignet. Denn wenn wir fragen, welche Stutsform abgese- 
hen vom vollkommensten Staat und von der ihn bedingenden Tugend 
und Bildung die wunscbeaswertheste sei l )> so lisst sich nur ant- 
worten : eine solche , in der die Nachtheile der einseitigen Verfaa- 
sungsformen durch Mischung derselben vermieden sind *), in der 
weder der arme noch der reiche Theil des Volkes , sondern der 
wohlhabende Mittelstand die entscheidende Stimme bat*). Eben 
diess ist aber bei der Politie der Fall ; da sie auf der Ausgleichung 
des Gegensatzes von Armen und Beieben beruht , so wird sie nur 
vom Standpunkt derer ausgeben können , welche zwischen beiden 
in der Mitte sieben; sie ist die mittlere Verfassung*), diejenige, 
welche am Meisten auf das Gemeinwohl und auf Gerechtigkeit gegen 
Alle hinarbeitet 6 ); ihre natürliche Bedingung ist die,' dass der 
Mittelsund gegen jeden der zwei andern im Uebergewicbt ist *). 
Je mehr eine der andern Verfassungen sich ihr annähert, um so 
besser, je weiter sie sich von ihr entfernt, um so schlechter ist sie, 
1) Vfl. IV, II, Anf.: t!( 8' äpionj iwXitita xai xl( «ame« ßiof wfl« tl*!rcs.w 
xAeoi xs'i Tott nltfa-toie n£v Ävftpdxtuv (iijtf Jtfä; ipitijv au^xpivoufli tijv Sulp Toüt 
ßultm, (iiJTi r.p'vi xai&tav )j fiiateif Sarai i»'i x.WJ'W tu£i]p£c, (u[ts npot xo- 
liraiav ri]< xkt' tü^v Y lvo i t ^"r'i *^-* P 1 ' * n ™ v T °*» rcXi(iroi( xMran>i}atu Suv«tot 
xai TioXituav ^; tbc sXtisrac xälttt ivS^itoi [UW9)(.([V. Auf diese Frage, in 
welcher 8. 652 zu vergloioheo Ist, erfolgt dann die im Text railgeth eilte Ant- 
wort. 
2) IV, 11. 1397, a, 6: Batji B' Iv ijaivov f| xalrafa FX^fii Toffoiiiw |Mvip«- 
Kp*. Vgl. V, 1. 1308, a, 2 ff. 
3) IV, 11 s.o. S. 548 1 
i) jiisi) soIlieIi IV, 11. 1296, a, 37. 
6) IV, n. 1296, a, 22: warum ist die beute Verfassung, die zwischen Ölig - 
archiejind Demokratie vermittelnde, so selten? Weil in den meisten Statten. 
der BSRtelstand (tu pioov) in schwach iit, «eil in den Paj-theiklmpfcn die 
Sieger keine tioXitel« xolvJj xoITot) einführten, weil ebenso in dem Streit am die 
griechische Hegemonie die Einen die Demokratie, die Andorn die Oligarchie 
begünstigten, nad weil man. sielt so gewöhnte, |U)Bi poiSliotai zi Tnov all' 1] 
äp7«v Sitrtv ij xpai<*i|i&ou; üxouivsiv. Daas sich alles dieses eben auf dio Po-, 
litic beliebt, dass sie die gefachte durchschnittlich bette Verfassung- ist, er- 
hellt namentlich an* Z. 86 ff., wo die lykurgische Verfassung (denn, nur diese 
kann gemeint sein) als das emsige altera Beispiel jener uiai] «alrtito bosaich- 
9) IV, 13; f. 0.662,1. 
i „Google 
abgesehen von den besonderen UmsUnden, die ihre relative Zweck- 
mässigkeit bedingen ')■ Und da nun die Tugend im Einhalten der 
richtigen Mitte besteht, so ttsst sich auch sagen, dus die Pohl« 
den, was aar Tilgend des Staats gehört, in Meisten entspreche 1 ); 
and insofern steht es mit unserer Darstellung nicht im Widerspruch, 
wenn dieselbe den richtigen Verfassungen beigezählt und von ihr 
gesagt wird, dus sie durch ein bestimmtes Maass allgemein ver- 
breiteter Bärgertugend bedingt sei "). Wird dann weiter diese Ta- 
gend vorzugsweise in der kriegerischen Tüchtigkeit gesucht, und 
die Politie als eine>llerrschaA der Waffenfähigen bezeichnet*), m 
liest sieb dafür ausser dem Vorgang des spartanischen Stalls, 
welchen Aristoteles bei der Schilderung dieser gaazen Staatsfonn 
zunächst im -Aage hat fi ), anfuhren, dass eine kriegerische Bevölke- 
rung einesteils eine andere, als die auf allgemeine Freiheit und 
Gleichheit gegründete Verfassung, nicht dulde*), nnd dass andurn- 
theih der Kern der griechischen Heere, das schwerbewaffnete 
Pussvolk, immer vorzugsweise dem wohlhabenden Theile des Volks 
angehörte 7 )- Die unsichere Stellung der Politie, aufweiche wir 
schon S.557f. aufmerksam gemacht haben, wird aber freilich durck 
diese Bemerkungen weder gerechtfertigt noch beseitigt. 
Die schlechteste von allen Verfassungen ist die Tyranuis, und 
sie ist es gerade desshalb, weil in ihr die beste , das wahre König- 
thuoi , in ihr Gegentheil verkehrt wird 8 ). Doch' hat es Aristoteles 
1) A. a. 0. 1898, b, s ff. 
9) Vgl. Pol. IT, 11. rt98, a, 85: it ykp xaXfif h täte ißaultt itpi)m to tin 
iv5i([iova (Jiov iJvai tov xBt' ip£-ri]¥ ävü|u;<jSi<rrov , |ito6rr,ni Si djv äpiT^v, tn 
l*i9«v JwpufloY ßfav sfv« (äAiiOiuv, -rijf ixioto(( tväs^ofiiviif Tußtti fuojnrm- 
tc'«( 31 aiio : Ji toihout Speut aWpüov sfc« ksI x£U*k «p^C *"i aaxCag iwi m- 
liwiic J] yap naXrnk ßlot -ri? Jan nältut. 
8) 8. B. 554, 658, 3. t 
4) HI, 7. 17f •. o. 858, 3. 665, 3. 
6) Vgl. IV, 9. 1394, b, 18 ff. u. 11. 1396, •, 36 ff. 
6) Vgl. in dieser Beziehung III, 11. 1361, b, 38 £ 
7) VI, 7. 1831, a, 13: to y«p effXmxov täv (iffjpuy fan fi5XXw )| tö» JW- 
puv. Der Grund liegt theila darin, da« die Kfiatung des Hopliten iiendW 
Tiel kostote, theila and besonder» in der von loinam Dionst^ef orderton gjo- 
Outiaabeu Vorbildung. Vgl. aaoh Pol. IV, 18. 1397, a, 39 ff. " 
8) IV, I. 1189, «, 88 ff. (vom V, lt. 1318, a, 34 — 1314, a, 19 a. ?gl-> 
Nach demaelben Oroadaata ist dieaer Stelle infolge die aweitaohleohteite Vu- 
fkaiang die Oligarchie, wie die Arietokratie die sweitbaate lat, die WdUoktti 
_ ; , ,Gooq1c 
Polltl«; Tyrnarli. Staatsgewalten. 591 
nicht unterlassen, auch sie in der Kürze zu besprechen. Er unter- 
scheidet hier drei Arten der Tyrannis, indem er diesen Namen 
neben der unumschränkten Gewaltherrschaft auch auf das Wahlkd- 
nigthom einiger Barbaren und die Diktator der altgriechischen 
Aesymneten anwendet; die eigentliche Tyrannis sieht er aber doch 
nur da, wo ein Einzelner in seinem eigenen Nutzen und gegen den 
Willen des Volks unumschränkt regiert *). 
Aristoteles untersucht nun weiter, welche Vertheilung der 
politischen Gewalten sich für jede Verfassungsform eigne *), und er 
unterscheidet bei dieser Gelegenheit drei Gewalten : die der be~ 
schlicsscnden Versammlungen, der obrigkeitlichen Aemter und der 
Gerichte 1 ); die TMtigkeit dieser drei Gewalten wird jedoch nicht 
so umgrenzt, dass sie mit der gesetzgebenden ausübenden und 
richterlichen Gewalt der neueren Theorieen durchaus zusammen- 
fielen *). Dabei versäumt er es nicht , auch auf die Kunstgriffe auf- 
merksam zu machen, durch welche sich dasUebergewicbt der einen 
oder der anderen Staatsform auf Umwegen , unter anderweitigem 
Vorwand, befördern tässt 6 ), wiewohl er selbst diesen kleinen und 
auf den blossen Schein berechneten Mitteln geringen Werth beilegt*). 
Er bespricht ferner die Eigenschaften , welche zu den wichtigeren 
unter den verfehltet! die Demokratie sin Yerkohrnng der Politie. Das Gleiche 
«usfflhrlicher Eth. N. VIII, 19. 
1) Pol. IT, 10 vgl. ID, 14. 1S86, a, 16 — b, 8 and oben 8. 664 £ 
2) IV, U— 16 Tgl. VI, 8. 1817, b, 17 — 1818, *, 10. 
8) IV, 14, Auf. ; in 3i| tpia \tifis tüv roXitiuuv jwoöv, ntpl &t SA Osupfiv 
t'av anouBslov vo|j^6fti]V ixia-nj to aufia^pov uv J^ivTuv xalü; «v*fx»| tt ( v Kokt- 
teIov Sfcn xsX&s, xat tä( itoXnifac «XXijXfa» Sucftpt» h rw tiaqtytn foanev toii- 
tiov. fori Bl tüv Tpiüv Tojtiuv h y.it Ti to GouXwdpivov iap\ tüv xqituv, Eninpov 
Et iö xrii -rat äpx&c . . . Tpitov Si t£ to itHKov. 
4) Ariat. fahrt nBmlioh n. a. O. 1398, a, 8 fort: xiSpiov 5' Ivb te BmtXw- 
djuvov np\ äoXijiqu xx'i tlpivqc ii'i oup.p*j[!«{ ta\ SixXvseu;, xcil mpl vdjwov, x«l 
KEpt BwviiDu xai tpuft]; xsl 6r ( (iEiiut(!i?, xsl tfilv iMwvüv, ao daaa alio die beaohliM- 
eendo Gewalt neben der Gesetzgebung auch einige der wichtigsten richter- 
lichen nnd Regiernngagetohtfte an verrichtuu hat, wie diese den griechischen 
Ein rieh taugen entspricht. 
6) 'Oaa ?rpo(f iaiiu; ^ipw bt t«1( iteXiiElat; oufEJovtou «pb( tuv l%tov, die 
iXiYifJX 1 "* 7oo^o[j.aTa tij( vopoOralaf, und andererseits * iv rais Bmioxporriaij xpfcc 
vuüt' «vneop njovtm , IV, IS. 
6) V, 2. 1907, b, 40 warnt er: jii) maroiisiv T0I5 oo?i<j|ioro( x.iniu «pb( tu 
xlSjfoc ovraK[irvot{' i&X^ETai -fip &*b ■naiv fpywv. 
i BV Google 
U2 AfiatoUla*. 
Staatsämtern befähigen, and er verlangt In dieser Beziehung nicht 
blos Geschäftskenntniss and Erfahrung, noch nicht Mos Anhänglich- 
keit in die bestehende Verfassung , sondern vor Allem eine dem 
Geist derselben entsprechende Bildung und Tüchtigkeit des Charak- 
ters 1 )- Er giebt eine Uebersicbt aber die verschiedenen Aeinler im 
Stute *)» "i welche sich in der weiteren Ausführung seines politi- 
schen Werkes ein Theil der jettt darin fehlenden Gesetze, die ober 
die Aemter, hätten anschliessen lassen. Mit besonderer Sorgfalt han- 
delt er aber von den Ursachen, welche die Veränderung und des 
Untergang der einzelnen Slaatsformen herbeiführen*), und von den 
■titeln zu ihrer Erhaltung *). Auch hier bleibt er seinem Verfahren 
gelreu , die verschiedenen einwirkenden Ursachen und ihre Folgen 
mit umfassender Beobachtung und allseitiger Erwägung möglichst 
vollständig zu verzeichnen; und er bestreitet desshalb die Ausfüh- 
rungen der platonischen Republik Über den Wechsel der Verfassun- 
gen und seine Ursachen , vom Standpunkt einer strengeren politi- 
schen Theorie aus allerdings mit Überlegenen Gründen , im Uebri- 
gen aber nicht ohne eine gewisse Verkennung ihres eigentlichen Chi- 
raktera G ). Dieser ganze Abschnitt ist ausserordentlich reich an 
treffenden Wahrnehmungen, umsichtigen und gesunden Urthei- 
len, gründlichster Sachkenntniss; wir müssen uns jedoch darauf 
beschränken, einige seiner leitenden Gesichtspunkte anzuführen. 
Zweierlei aber ist es , was in dieser Beziehung besonders hervor- 
tritt. Einmal die Bemerkung, dass man die kleinen Abweichungen 
vom Bestehenden und die unbedeutenden Veranlassungen zu Par- 
theikämpfen nicht unterschätzen dürfe; denn so wichtig auch die 
Gegenstände zu sein pflegen, um welche die Partheien mit einander 
streiten, so gering seien nicht seilen die Anlässe, welche des 
Streit hervorrufen 8 ); und wenn zunächst auch nur eine kleine 
1) V, 6, wo Dwnentlieh der dritte, gewöhnlich ventuihliuigtc Punkt 
die äptti] x«j 8!x«iooüvji tt l*i«j] xoiiTtia fj Jtpo« ttjv xulnttra, flingahend alt- 
ton wird. 
S) VI,*- 
t) V, 1—7. 10. 
:-. *) V, B. 9. 11- VI, 6— 7. 
5) V, IS. 13iö, «, 40 ff. Tgl. iDflinn Platon. Sind. 306 f. 
6) V, 4, Ant: 7(7*0«« |*iv a£> at oriaii, ei ntpl |M>pwv OX' i* p*?°*i 
•VMv«C«mi 61 nipl (uriXtuu. jJüktma Et xoi «l piM(& by&uon, Jw» bvit x*- 
, .Google 
Verlnderuog nnd Erhaltung der Verfassungen. 593 
Aenderuog in Staatswesen zugelassen werde, schliesse sich doch 
hieran leicht eine etwas grössere an, und so könne sich aus kleinem 
Anfang eine allmähliga Umgestaltung des Ganzen entwickeln- 1 ). 
Sodann der Grundsatz, weleher einen von den maassgebenden Ge- 
danken der aristotelischen Politik und nicht den geringsten von den 
vielen Beweisen der politischen Einsicht bildet, die in diesem Werke 
niedergelegt ist: dass jede Staatsform durch Uebertreibung sich 
selbst zu Grunde richte , dass Hässigong im Gebrauche der Gewalt, 
Gerechtigkeit gegen Alle, gute Verwaltung, sittliche Tüchtigkeit 
die besten Mittel zur Erhaltung der Macht seien. Demokratieen 
gehen durch Demagogie und durch Ungerechtigkeit gegen die wohl- 
habende Klasse, Oligarchieen durch Bedrückung des Volks und 
durch Beschränkung. der politischen Rechte auf eine allzu kleine 
Minderheit zu Grunde , Monarchieen durch Herrscberübermulh und 
Rechtsverletzung 3 ). Wem es um Erhaltung einer Verfassung zu 
thun ist, der muss vor Allem darauf hinarbeiten, dass sie Maass 
halte, und nicht in einseitiger Verfolgung ihres Princips sich selbst 
zerstöre 1 ); er muss auf Verschmelzung der Partheien bedacht sein, 
er muss dem Uebergewicht der einen durch eine einflussreiche 
Stellung der andern ein Gegengewicht geben, um sie vor Ausschrei- 
tungen zu bewahren *)■ Vor Allem aber muss darauf gesehen wer- 
den, dass die öffentlichen Aemter nicht für eigennützige Zwecke 
ausgebeutet werden können, und dass nicht ein Theil des Volks von 
dem andern beraubt und bedrückt werde; und genau das Gegen- 
theil dessen, was gewöhnlich geschieht, ist in dieser Beziehung 
das Richtige: gerade für ihre natürlichen Gegner müsste hei jeder 
Verfassung am Besten gesorgt werden, damit sie nicht durch unge- 
-avtdc u. s. w. Zum Belege folgt sofort eine reiche BeispieUammlung. 
1) ¥, 7. 1307, a, 40 ff. c. 3. 1608, a, 20. 
2) V, 6. c. 6, Anf. ebd. 1305, b, 2. 1306, a, 12. o. 10. 1311, a, 22 ff. Die 
einzigen Ursachen ihres Untergangs sind diese nach Aristoteles allerding* 
nicht, aber xa den httnfigsten nnd erheblichsten geboren sie. 
S) V, 9. 1309, b, 16: Kapi ia:i & taüta Sit pi) XewflivsLY, o vüv XavBavit 
t«t IMpnBtfiqsubuj iroXiTsiaj, xö [litrav- rcoXÄä -f«p tüv Saxouvtwv Sijjtnixuv XiSit 
tief Gi)jj,oxpstut( xott tüv alrjapfixSrt ts; iXifap^LBj, wie dicss im Folgenden 
treffend gezeigt wird. Vgl VI, S. 1320, a, 2 ff. 
4) V, 8. 1308, b, 24. 
PUto*. a. Qr. II. Bd. 3. Alrth. 38 
3,g,1:zedBy G00gle 
594 Artslotelei. 
rechte Behandlung zu Feinden des Staatswesens gemacht werden '). 
Ebenso musste noch in einer anderen Beziehung das Gegentheil 
dessen geschehen, was man- in der Regel zu thun pflegt. Nichts ist 
wichtiger für den Bestand einer Staatsform, als die richtige Vorbil- 
dung derer, welchen die Macht in die Hände gelegt wird *)• Aber 
nur Zucht' und Abhärtung geben die Fähigkeit zu herrschen; mit 
Verweichlichung lässt sich die Gewalt des Oligarchen, mit Zochtlo- 
sigkejt die Freiheit des Volks nicht behaupten "). Das Gleiche gilt 
aber von allen Verfassungsformen ohne Ausnahme. Auch der un- 
beschränkten Macht des Alleinherrschers kann nur Beschränkung 
derselben Dauer verleihen 1 ), und die unrechtmässige Gewalt des 
Tyrannen kann nur dadurch das Gehässige ihres Ursprungs ver- 
gessen machen, dass sie sich in der Staatsverwaltung dem König- 
thum annähert: das beste Mittel zur Erhaltung dar Tyrannis ist 
Sorge für den allgemeinen Wohlstand , für die Verschönerung der 
Stadt und den öffentlichen Gottesdienst, sparsamer Haushalt und 
gute Wirthschaft, bereitwillige Anerkennung des Verdienstes, leut- 
seliges und würdiges Benehmen , eine achtunggebietende Persön- 
lichkeit, Nüchternheit und Sittenstrenge, Achtung aller Rechte und 
Schonung aller Interessen s ); ebenso wie für die Oligarchie, je 
despotischer sie ist, um so mehr, gute Ordnung im Staatswesen Be- 
il V, 8. 1308, b, 31 — 1809, a, 82. o. 9. 1310, t,!C VI, 6. 1880, s, 4 ff. 
29 ff. o. 7. 1321,a,31 ff. 
S) V, 9. 1310, a, 12: (jjftorov 51 tt&vtoh tüjv itpqpivuv wpb( t'o Su^m t« 
noXrefot, öS von oXif wpoüai rcivTEs, t'o KaiSiifEcSai npbc Tat iroXiteins. JoeXoj fif 
oüOiv Tun iyEXifKUTätiiiv vi|j.uv xA ouvSsBoEoranivüiy ßnb tcsvtu» tu* noXmuojJ- 
voiv, et [iJ] eW™ itftiapiwi xa'i 7ii7uai5iu|iivo[ iv ttj noXittiof. Vgl. 8. 678. 575, 1. 
592, 1. 
3) A. a. O. Z. 19: Ära 81 to xuwStÜatM npb[ ti)v jiaXtwiav oü roüio, ri 
TtoiE« oTc •/ lipouaiv ot tti-fap^oijvrsi )) ot Sijp.oKpatLav ßouX4[ievoi, iXX' oT( 5üvt[- 
oovtsi ot |»ev iXifapytlv ot El SijfioxpaTElaQai. y5v 8' £v jj.lv Tat: iXif «fX' 1 ' 5 °' ™" 
äpj^ovTiuv uto\ Tputpüoiv, ot 8k tüjv äjropfüv y'tvovtk! ffpjfivxa]iAiin xa'i rcsitöviito'tn, 
iSoTE xa'i ßoiiXovrai |a£XXov xil BdvavTai vEUttptgetv. Aehnlicb in den Denokn- 
tieen: Jij tv toi; ToiaÜTaif 8ij[j.oitpaTi'atf txaoro; i'>; ßoiSXirai toÖto 6' iori pwt- 
Xov- oi yip Set o«i6ai SouXtiav tTvai t'o tjjv jvpbj -rfjy noXiTtiov, iXXa anmjpfev. 
4) V, 11, Auf.: oü^ovrai 31 [at ^ovap^ta;] t$ -tat p.lv BaaOnias äyt!» ort to 
[UTpiiÖTEpov. o3(j fap öiTTiviuu (u3i xiipioi, JtXsfw -f^dtoi flvafxaloy (iivtiv näW 
tjgv äo/iiv aÜT'ji ts 70p jjrro* yivovTtii 8f«tiKtxift xai T0I5 >|8wni *bm uiXXa«, *«1 
Bub töv ip^opivtuv oSovaDvtn 3)tto». 
5) V, y. 1814, a, 29 — 1816, b, 10. 
sy Google 
Erhaltung der Stakten. Rhetorik. • 595 
dürfniss ist: denn wie ein kränklicher Körper oder ein schadhaftes 
Fahrzeug die sorgfältigste Ueberwachung erfordert, so haben es 
auch von den Verfassungen gerade die schlechten am Nöthigsten, 
dass eine gute Verwaltung ihre Mängel ausgleiche *)■ So stellt es 
sich schliesslich doch immer wieder heraus, dass sich der Staat nur 
auf die Grundsätze des Rechts und der Sittlichkeit 'für die Dauer 
aufbauen lässt; und mag der Philosoph auch auf die Verfassungen, 
welchen diese Grundlage mehr oder weniger fehlt , gleichfalls mit 
wissenschaftlicher Gründlichkeit eingehen, so kommt er am Ende 
doch zu dem Ergebniss, die politische Klugheit verlange, auch mit 
ihnen so zu regieren, wie diess die guten unmittelbar fordern, was 
für diese der letzte Staatszweck ist, die Sorge für das Gemeinwohl, 
sei für jene ein unerlässliches Mittel zur Erhaltung der Herrschaft. 
Das Schicksal hat es Aristoteles nicht verstattet, seine politi- 
schen Ansichten so vollständig, als es in seinem Plane lag, nach 
allen Seiten hin auszuführen, und wir sind dadurch ohne Zweifel 
um einen grossen wissenschaftlichen Gewinn verkürzt worden; 
aber selbst in der unvollendeten Gestalt , welche seine Politik jetzt 
hat, ist sie das Grösste und Reichste, was wir aus dem Alterthum, 
und wenn man den Unterschied der Zeiten berücksichtigt, wohl das 
Grösste, was wir überhaupt auf dem Gebiete der politischen Theo- 
rie besitzen. 
13. Die Rhetorik. 
Als eine Hülfswissenschaft der Politik betrachtet Aristoteles, 
wie früher gezeigt wurde, die Rhetorik *). Auch diese Wissenschaft 
ist von ihm so gründlich umgestaltet worden, dass seine Arbeiten in 
ihrer Geschichte eine neue Epoche eröffnen. Während seine Vor- 
gänger sich fast durchaus mit einer Sammlung einzelner rednerischer 
Kunstgriffe und Hülfsmittel begnügt hatten 3 )) will er die Gründe 
dessen aufzeigen, was in der Regel nur Sache eines zufälligen Ge- 
lingens oder höchstens einer gewohnheitsmässigen Fertigkeit ist, 
und er will ebendadureb für eine kunstmässige Handhabung der 
1) VI, 6. 1320, b, 30 ff. ' 
2) Vgl. B. 125, S und über die rhetorischen Schriften des Aristoteles 
8. 66 f. ■ - 
3) M. i. hierüber ausser dem, was Puto im Phädru» 260, C ff. und Ari- 
■toteles aelbat Bhet I, 1. 1364, a, 11 ff. bemerkt, anch unsern l.Thf 8. 783 ff. 
38* 
Google 
596 , Arl.tütelei. 
Beredsamkeit den Grand legen l ~). Was Plato') gefordert, aber 
nicht wirklich versucht hatte, eine wissenschaftliche Begründung 
der Redekunst, das will Aristoteles geben. Das Gebiet dieser Kunst 
beschränkt er nun nicht mit der gewöhnlichen Ansicht auf die ge- 
richtlichen nnd etwa auch noch die Staatsreden; er bemerkt viel- 
mehr mit seinem Vorgänger , da die Gabe der Rede eine allgemeine 
sei und auf die verschiedensten Gegenstände Anwendung finde, di 
das Verfahren bei Rath, Ermahnung, Erörterungen jeder Art, Ein- 
zelnen und ganzen Versammtungen gegenüber, wesentlich du 
gleiche sei, so habe es die Rhetorik so wenig, als die Dialektik, mit 
einem besonderen nnd abgegrenzten Fache zu thon 3 J ; wie jene die 
Formen des Denkens, so soll diese die Formen der Beredsamkeit 
allgemein und abgesehen von jedem bestimmten Inhalt darstellen*). 
Hatte nun aber Plato innerhalb dieses Gebiets zwischen der Aufgabe 
des Redners und der des Philosophen nicht unterschieden, auch von 
jenem vielmehr wissenschaftliche Belehrung des Zuhörers, und nur 
diese, verlangt 5 ), so kann Aristoteles nicht mehr beistimmen *> 
Auch er tadelt zwar die gewöhnliche Rhetorik, dass sie sich auf die 
Aussenwerke der Redekunst, auf die Mittel zur Erregung der 
Affekte nnd zur Gewinnung der Richter beschränke, nnd aus diesem 
Grunde den höheren Theil der Beredsamkeit , bei dem aber diese 
Mittel weniger ausrichten, gegen den geringern, die Staatsrede 
gegen die gerichtliche, zurücksetze; wogegen er seinerseits die 
1) Rhet. I, I. 1354, a, 6: tüiv [ilv oSv noXXöiv o! filv t!»r, taSia SpScw, «i 
81 6:i ffuvTJ&Eiav «beb Sfeu;, ht\ S' &p?oWpai( hSiyswu, BijXov ün elr, äv «Mi xsl 
UoKotltv ST 3 yap iitirjyxivoaaiv oT ti Eli. juvi|fl[iiv xsft et ä«b Tautofiitou, t^ 
«hiav Siiupdv ^vS^fSTSi, tö & Toioutov vfBi} Jt&VT»! «v lp<i\a-rfvat.et ttfy^t IpT " 
3) Phadr. 269, D ff. vgl. 1. Abth. 8. 615. 
3) Rhet. I, 1, Auf. und 1355, b, 7. c. 2, Auf. ebd. 135S, a, SO ff. II, 18, 
Auf. c 1. 1377, b, 31 vgl. P/.1TO Pbädr. 261, A ff. 
4) Rhet. I, 4. 1359, b, 12: Soto f äv v{1\ t»|V iiclixtix^ ij wjtqv (dieBI* 
torik) jii) xxQdurcp 3v Sjvouel; (Fertigkeiten) äl).' faionf|M( mipä?« xcrcMxmi' 
(in, Xijae?« rijv siiaiv ahSv &pavLera( tu [UTaßcüvttv £maxtuä(uv ti; (*mmj|iW 
fnsxiipivuv muiv np«yu«TiMV , äXXa p-J) |iivov Äöyiüv. 
5) 1. Abth. 8. 382 f. 615. 
6) Er nennt Khet. I, 1 Pluto «war nicht, dus er aber ihn, und inibeioii' 
dere seinen Gorgias im Auge habe, hat Smkqcl (Ueb. die Rhetorik dm Arift 
Abb. d. philo*, philol. El. d. Bar«. Akad. VI, 458 f.) richtig erkürt. 
Bhetorik; ihre Aufgabe. 597 
wesentliche und unter allen Umständen sich gleichbleibende Aufgabe 
des Redners in der Ueberzeugung des Zuhörers erkennt ''), und 
desshalb die Kunst der Beweisführung dder die Dialektik als die erste 
Bedingung der achten Rhetorik bezeichnet 1 ). Ja er erklärt aus- 
drücklich } alle jene Kunstgriffe müssten eigentlich vor Gericht gar 
nicht geduldet , und die Redner somit ausschliesslich auf die Be- 
weisführung beschrankt werden 1 ). Aber er erwögt*}, dass sich 
die wissenschaftliche Belehrung nicht bei Allen anbringen lässt, dass 
man vielmehr bei der Mehrzahl der Menschen von der gemeinen 
Meinung ausgehen muss, bei der es sich zunächst nicht um das 
Wahre, sondern nur um das Wahrscheinliche handelt; er kann auch die 
Gefahr dabei nicht so gross linden , da die Menschen einen natür- 
lichen Wahrheitssinn haben, und in der Regel das Richtige treffen 6 ); 
er giebt uns zu bedenken, dass wir an der Redekunst ein Mittel be- 
sitzen, um dem Rechte zum Sieg zu verhelfen und uns selbst zu 
verteidigen, und um nun hiebei den Künsten der Gegner nicht zu 
unterliegen, findet er es nöthig, dass wir selbst uns auf diese Künste 
verstehen 4 ). Wie er daher in der Logik den Untersuchungen über 
die wissenschaftlichen Beweise die über den Wahrscheinlichkeits- 
beweis, in der Politik der Darstellung der besten die der einseitigen 
Verfassungen beigefügt hatte, so will er auch in der Rhetorik neben 
der Beweisführung die übrigen Hülfsmittel des Redners nicht über- 
gehen, und die Beweisführung selbst nicht im streng wissenschaft- 
lichen Sinn , sondern in dem des Wahrscheinlichkeitsbeweises be- 
handeln, welcher von dem allgemein Anerkannten und der Hasse 
1) Rhet I, 1. 1354, «, 11 ff. b, 16 ff. 
2) A. a. O. 1355, a, 3 ff. b, 15. 0. 2. 1356, a, 20 ff. 
3) I, 1. 185*, a, 24: o4 Yip Sil tov Sutoarijy Sianc^Etv tl[ ipfty npoa-fovtit 
( fSävov j) D.10V öfioiov -jap xSv il tij, (5 [ißlsi fjfip&ai xavAiE, touTov jtonjow 
npijlWv. Vgl. III, 1. 1404, «, 4. 
4) A. a. 0. 1355, a, 20 — b, 7. Tgl. Dl, 1. 1404, a, 1 ff, 
5) Di«ss 1355, a, 14: die Rhetorik gründet sich auf Dialektik; to t£ -jap 
*"fiil x»! tb Biioiov tu ikjfifi Tiji oüriji itr& 8uvi(j.ew( !8eiv, S|J.e( 61 xA ot äv- 
Ipoffioi npb( Tb iXi]Bl( KEfüxaoiv IxavüJt xa'i t« xkdta Tuy^ivouai Tift «IijOeük;- Bio 
*?»( ri ft8ol;a ffto^Kjtixfflt l/tiv to3 o[idl<u( ^(ovto( xo 1 ! jrpbj tJjv äXiJBeiav larii, 
"(1- 8. 177,3. 
6) A. a. O, mit dem Zusatz (1355, b, 2): der Missbrauch der Redekunst 
<ei freilich sehr gefahrlioh, aber ebenso verhalte es sich mit allen Vorzügen 
"wer der Tagend, je werthvoller sie seien, am so mehr. 
' i ,,., .Google 
der Menschen Einleuchtenden ausgeht ')- Weil sie ihm aber ande- 
rerseits für die Hauptsache gilt, hat er ihr die eingehendste Erörte- 
rung gewidmet: von den drei Büchern der Rhetorik bandeln die 
zwei ersten, als erster Theil des Ganzen, von den Beweismitteln, 
während der zweite und dritte Theil, aber die Ausdruckweise 
Q.iz,iO und die Anordnung (tA£iO, in den Ranm des letzten Buch 
zusammengedrängt sind. 
Unter den Beweismitteln unterscheidet nun Aristoteles zonäehsl 
I) Aristoteles nennt desahalb die Rhetorik nicht Mos ein Gegenstück im 
Dialektik (ävtforpofac tt[ otalaxTutTJ Bhet I, 1, Auf., was sich aber hier tu- 
nlichst nur darauf bezieht, data sich beide mit den allgemeinen Formen des 
Badens and Denkens, nicht mit einem bestimmten Inhalt beschäftigen), aon- 
dern auch einen Nebenzweig (s. □, 126, 3), ja «inen Theil derselben ([lipiM t! 
Tvjs SiaXEXTixi]; xat öficjfrufia, Rhet. I, 2. 1356, a, 30 — dass Si-enuei. Bhet. ff. 
I, 9 für oiAoüdfi* ,,ö[4.oii" liest, was sich mir übrigens nicht empfiehlt, ist für 
die vorliegende Frage unerheblich); eine aus der Analytik und dsr Ethik zu- 
sammengesetzte Wissenschaft (s. o. 125, 3). Sie besteht also mit Einem Werl 
ihrem wichtigsten Bestandteil nach in einer Anwendung der Dialektik auf 
gewisse praktische Aufgaben (nämlich die 8. 600 bezeichneten). Kann daher 
auch nicht alles, was von der Dialektik im Allgemeinen, nnd noch weniger 
alles, was von der in den Dienst der Philosophie gezogenen Dialektik gilt, 
sofort auah anf die Rhetorik angewandt werden, und sind insofern die Unter 
schiede, welche Thdhot (Etndes sur Aristote 154 ff. 242 f. Qnestions aal 
la Khctorirnic d' Aristote 12 f.) zwischen beiden Winsenschaften att&useigen 
sucht, gross entheils begründet, so folgt daraus doch nicht, dass die oben auf- 
gestellte Bestimmung über ihr TerhSltniss unrichtig ist, nnd dass wir mit 
dem eben gen annten Gelehrten die bestimmte Aussage Shet. I, I a. a. 0. durch 
Textesänderuug zu beseitigen ein Recht haben. Denn die wichtigste Aufgabe 
. des Redners liegt nach Arist. in der Beweisführung, welche als Wahrseheio- 
lichkeitsbeweis in das, Gebiet der Dialektik fallt (Bhet I, 1. 1355, a, 3 ff.); die 
Bhetorik ist die Anleitung zum Beweis rlj ävBoEwv in Beziehung auf die der 
öffentlichen Bede eigentümlichen Gegenstände., wie die Dialektik die Anlei- 
tung zu dieser Beweisführung in Beziehung aof alle möglichen Gegenstände 
ist. Auch dem Vorschlag (TaoBOT Etudes 24g ff.), Bhet. I, 1. 1355, a, 9. c 1 
1356, a, 26. Anal. post. I, 11. 77, a, 29 statt SiaXuTixrj „ävaXumSj'' zu setsen, 
kann ich nicht beistimmen. Die Dialektik hat, als die Lehre vom wjrJ.o-(wf. 
5? ivBj}i;(im, nothwendig auch die Schlüsse im Allgemeinen zu betrachten, aui 
da es sich nun in der Rhetorik gerade- am Schlüsse dieser Art bandelt, wirf 
sie lieber an die Dialektik, als an die Analytik angeknüpft; wobei abv 
immerhin auch eine etwas weitere Bedeutung des Ausdrucks StaXixTUtJi statt- 
finden mag. Ueber das Verhältnis* der Dislektik zur Bhetorik s. m. auca 
Wim Arist. Org. II, 435 f. 
isy Google 
Rhetorik; Beweismittel. 599 
die knnsunässigen and die kunstlosen. Nur mit jenen hat es die 
Theorie der Beredsamkeit als solche zu thun 1 ). Dieser Beweismit- 
tel sind es aber dreierlei: solche, die sich auf den Gegenstand, 
solche, die sich auf den Redner, solche, die sich auf den Zuhörer 
beziehen. Ein Redner wird Ueberzeugung bewirken, wenn er seine 
Behauptungen als wahr*, sich selbst als glaubwürdig erscheinen 
lässt, und wenn er seine Zuhörer in eine günstige Stimmung zu 
versetzen weiss. Hit dem Gegenstand beschäftigt sich nun die Be- 
weisführung, mit dem Charakter des Redners alles, was dieser zu 
seiner eigenen Empfehlung vorbringt, mit der Stimmung der Zuhö- 
rer, was zur Erregung oder Beschwichtigung von Affekten gesagt 
wird 3 }. In diese drei Abschnitte zerfällt daher der erste und wich- 
tigste Theil der Rhetorik *). 
Auch sie stehen sich, aber , was den inneren Werth ihres Ge- 
genstandes betrifft, nicht gleich 4 ), und es ist insofern ganz in der 
Ordnung, dass der Philosoph den ersten von ihnen, die Lehre von 
der Beweisführung, am Ausführlichsten behandelt. Wie der wis- 
senschaftliche Beweis durch Demonstration' und Induktion, so ist 
der rednerische durch Enthymem und Beispiel zu führen s ). Mit der 
Auseinandersetzung der Gesichtspunkte , von denen hiebei auszu- 
geben ist 6 }, der rednerischen Topik, beschäftigt sich ein bedeuten- 
1) Rhet. I, 2. 1355, b, 35: rüv 81 ittorEtov ol jj.ev äxeyvoi eJoiv «! 8' hxeyyoi. 
inj«« 3t Wfw fSaa jii) 8t' f]p.iuv nix&piixai aXXa Jtpoüirijp^iv, ofov [lipiupES ßioa- 
voi ou-fTpapafi xsn SJoa TotaOt«, ivK-fyit 81 So« 8ia tijf [«BiSSou xai Bl* äi|iüjv x«t<i- 
oxeuaofl^vai äuvomSv. San SC toijciov Tdlc (ti« ^piJaioBai li 81 efipfiv. ■ 
2) I, 8. 1856, a, 1 ff. II, 1. 1377. b, 21 ff. III, 1. 1403, b, 9 vgl. I, 8. 9. 
136G, », 8. 25. 
S) xipi Ti( ijroäEiÜEtc, *■ ta t[9tj , j[. ra rtä&r;. 
4) S.o. 597,3. 
5) Bbet I, 2. 1356, a, 35 — 1357, b, 37, wo die Natur dieser Beweismittel 
eingehend erörtert ist, vgl. II, 22, Auf. Anal. pri. II, 27. 70, a, 10. Ein En- 
thymem ist naoh dieser Stelle ein uuXJ.o^[(rp.b; i% eIxötiuv SJ oijiieÜiiv. übet. 1556, 
b, 4 beiset es dafür: KaXfij ä" fvBif|iT]p.a (ilv p^jToptxbv auXJ.OfiajjLÖv , jcapaä;tfjj.a 
3; ^-a-fw-fV ^TjTQpLXijv, der Sache nach ist aber beides dasselbe, da der Redner 
eben ali solcher auf das Wahrscheinliche beschränkt ist. 
6) Arist. redet Rhet. I, 2. 1358, a, 2 und ebenso IT, 26, Auf. II, 1, Auf. 
nur von den Principlen der Enthymeme; da aber das Beispiel nur am ein- 
zelnen Fall mm Bewusstaein bringt, was das Enthymem in einem allgemeinen 
Satz voranstellt, bezieht sich seine Erörterung der Sache nach auf die Beweis- 
führung überhaupt, wie er denn auch in derselben (z. B. II, 20. c. 23. 1397, 
b, 12 ff. 1398, a, 32 ff.) das Beispiel und die Induktion nicht übergeht. 
600 Ariitotsl«. 
der Theil der aristotelischen Rhetorik 0; und ihr Verfasser be- 
schränkt sich hiebe! nicht auf das Allgemeine, was bei jeder Art 
von Reden gleichsehr Anwendung findet, sondern er gehl auf das 
Eigen thiimliche der einseinen Redegattungenein, wie sich dieses 
durch den Zweck der Rede und die Natur ihres Gegenstandes 
bestimmt *~), so dass er demnach neben den formalen zugleich auch 
die materialen Principien der Rede darstellt. Er unterscheidet m 
dorn Ende drei Gattungen von Reden: die beratbende, die gericht- 
liche und die epidiktische *)■ Die erste von diesen Gattungen tut 
es mit Rathen und Abrathen zu thun , die zweite mit Anklage' und 
Verteidigung , die dritte mit Lob und Tadel; die erste beschäftigt 
sich mit der Zukunft, die zweite mit der Vergangenheit , die dritte 
vorzugsweise mit der Gegenwart; bei der ersten bandelt es sich 
um V ortheil und Nachlheil , bei der zweiten um Recht und Unrecht, 
beider drillen nm das Schöne und das Verwerfliche 4 ). Für jede 
derselben will Aristoteles die Punkte angeben, welche sie in*sAuge 
su fassen bat 6 ). Er bezeichnet 8 ) die Hauptgegenstände der politi- 
schen Berathung, und die Fragen, worüber man sich bei jedem 
derselben zu unterrichten hat; er bespricht, tief in's Einzelne ein- 
gehend , das Ziel , auf welches alle menschlichen Handlungen sich 
1) Vielleicht nur dieser Abschnitt unserer Rhetorik oder eine Bearbei- 
tung desselben ist es, worauf sieb die 8. 56, 2 angeführten Titel beliehen; 
andere Theile derselben Schrift konnten einem Theil der 8. 55, 2 angefahrten 
*u Grande liegen. 
2)' Rhet T, 2. 1358, s, 2 ff.: ein Theil der Enthyweine beruht auf allge- 
meinen, keiner besondern Knast oder Wissenschaft angehbrigen, anf Phy- 
sikalisches z. B. so gut, wie anf Ethisches, anwendbaren Bauen, ein anderer 
Theil anf solobtti, "die den besondern Zweigen, wie z. B. der Physik »der 
Ethik, eigenthümlich und nur auf ihren Gegenstand anwendbar sind; jene 
nennt Artet- riiroi, diese IStct oder EiSi], indem er zugleich bemerkt, dass dar 
Unterschied beider, so durchgreifend er auch sei, doch seinen Vorginge™ 
fast ganzlieh entgangen sei. 
3) Auch diese wichtige Eintheilung hat Arist. ohne Zweifel snerft auf- 
gestellt, denn die Rhetorik an Alexander (c. 2 Anf.) kann ich, wie schon 
S, 56, 3 bemerkt wurde, nicht für voraristotclisoh halten. 
4) Rhet. I, 3. 
5) Einiges Allgemeinere darüber Rhet. I, 4, Anf. 
6) A. a. 0. 1359, b, IS ff., wo deren fünf .gezahlt werden: die Einkaufte, 
Krieg und Frieden, die Landesverteidigung, die Ein- und Ausfuhr VOD Was- 
ren , die Gesetzgebung. 
Rhetorik: Beweiifflhrong; Uedeg*ttuiigeii. 601 
beziehen, die Glückseligkeit; ihre Bestandlheile und Bedingungen 1 ), 
das Gate, and die Dinge, welche wir gut nennen 1 ), die Merkmale, 
nach denen wir den höheren oder geringeren Werth-der verschie- 
denen Güter beurtheilen 3 ); er giebt endlich einen kurzen Ueber- 
blick Aber den unterscheidenden Charakter der verschiedenen 
Staatsformen , weil sich thejls die sachlichen Vorschlage des Red- 
ners, theils auch die Art, wie er sich selbst den Zuhörern darstellt, 
darnach richten müssen 4 ). Aehnlich verbreitet er sich, um für die 
Ausführungen der epidiktischen Rede in Lob and Tadel eine Anlei- 
tung zu geben, aber das Schöne und Ruhmliche, die Tagend, ihre 
Hauptformen, ihre Anzeichen, und Wirkungen, und über die Art, 
wie der Redner diese Gegenstände zu behandeln hat 6 ). Zum Zweck 
der Gerichtsreden erörtert er zunächst die Ursachen und die Beweg- 
gründe ungerechter Handlungen, und da diese letzteren nicht Mos 
im Guten (von dem schon früher gehandelt ist), sondern auch imAu- 
genehmen liegen, die Natur and die Arten der Lust and des Lusterre- 
genden ); er fragt, welche Umstände, theils auf Seiten dessen, wel- 
cher das Unrecht begeht, theils auf Seiten dessen, dem es angefügt 
wird, dazu reizen ''); er untersucht den Begriff, die Arten und die 
Gradunterschiede der Rechtsverletzung 8 ); er giebt endlich in die- 
sem Abschnitt Regeln über 'die Benutzung der kunstlosen Beweis- 
mittel , da diese nur vor Gericht zur Sprache kommen r ). Die An- 
sichten, welche er über alle diese Punkte vorträgt; stimmen natür- 
lich mit seinen uns bekannten ethischen und politischen Ueberzeu- 
gungen überein, nur dass sie, dem Zweck der Schrift gemäss, 
populärer, und desshalb mitunter ohne die volle wissenschaftliche 
Genauigkeit, dargelegt werden. Erst auf diese Erörterung, des 
Besondern, was den verschiedenen Redegattungen eigentümlich 
ist, lässt der Philosoph die Betrachtung derjenigen Beweisarten 
1)1,6. 
2)1,6. 
3) Ebd. o. 7. 
4) I, 8, Tgl. oben B. 666, t 
5) 1,9. 
6) I, 10 £ 
7) Höic fyovTE; xsft rivcEf dBmoSotv, RUet. I, 19. 
8) I, 13 f. Tgl. c. 10, Anf. 
9) I, 16 Tgl. 8. 599, 1. 
i „Google 
60S Aristoteles. 
folgen, welche bei allen gleichsehr in Anwendung kommen *), in- 
dem* er theils einige rednerische Gemeinplätze, theils die allgemei- 
nen Formen der Beweisführung, Enlhymem und Beispiel, bespricht 1 ). 
Vor den zwei weiteren Beweismitteln, ausser der eigentlichen 
Beweisführung, der Empfehlung des Redners, und der Einwirkung 
auf die Stimmung der Zuhörer, wird jene nur flüchtig' berührt, da 
sich die Regeln hierüber aus anderen Theilen der vorliegenden 
Untersuchung ergeben 3 ); dagegen verbreitet sich der Philosoph 
sehr eingehend über die Gemüthsbewegungen und ihre Behandlung: 
über den Zorn und über die Mittel, ihn zu erregen and in 
besänftigen*); über Liebe und Hass, Zuneigung und Abneigung 
und das, was beide hervorruft 6 ); ebenso über Furcht, Scham, 
Gunst, Mitleid ), Entrüstung'), Neid, Eifersucht 8 )- Hieran schliesst 
sich endlich eine Auseinandersetzung über den Einfluss, weichen 
1) II, 16 (von 1391, b, 23 an) — c. SR, wenn man n&mlich diesen Ab- 
schnitt (s.o. 56, 3) mit Si-ksuet, den IT erntet) Kapp, des Sten Bachs voran- 
stellt. Aber such wenn man mit Bbisjiih (III, 194 f.) und Thcbot (Etoöts 
aar Arist. 328 ff.) die «herlief orte Anordnung für die ursprüngliche bllt — 
und die Möglichkeit davon musa ich zugeben — so bntte doch immer der 
Inhalt dieses Abschnitts hier «eine richtigere Stelle. 
2) Int Besonderen bandelt,' der c. 18, Schi, gegebenen Ankündigung ge- 
mäss, o. 19 von den Erörterungen Ober Möglichkeit oder Unmöglichkeit, ibit- 
alichlicho Richtigkeit oder Unrichtigkeit, höhere oder geringere UohaMosg 
(nipl BuvarraÜ xa'i äSuvaxou, xett r.6ztpav yiycniv 1J oü -f^fovtv xa'r «neu J] oüi fowi, 
h: 81 r.ipt jirfÄlout xai jj.txpo'TijTOj Ttuv i:psr[|iäTwv 1393, a, 19); C. 20 Tom Bei- 
spiel, C. 21 von der Gnomologie, 0. 21 — 26 von den Enthymtmcu, für wolclie 
Arist. nicht Mob allgemeine Regeln (c. 22), sondern eine vollständige Topik 
der beweisenden und widerlegenden Enthynutne (c. SB), der Tnagschltliie 
(c 24), der Instanzen aar Bestreitung von Enthymemen (c. 36) auistellt- 
5) II, 1. 1378, a, 6: zu Empfehlung desEedners dient dreierlei: daas ihm 
Einsicht, Beohtsobaffenheit und Wohlwollen zugetraut werde: Sflsv ui» «!«* 
jpdvijiOL xat mrowäaloi oavibv nv, i>. tüv rapt ;i; äpt«( Sitipriuiviuv (I, J i «, 
601, 5) li\r.-.£ov . . . JtEp'i S' cüvalot; xai f ikiai iv tot; jrip\ ti Ttifli] XtxWoV vüv. 
4) II, 2. 3. 
6)0.4. . 
6) c 6—8. 
7) um mit diesem Wort das au bezeichnen, wofür unserer Sprache eis 
einfacher, dem griechischen vejuok entsprechender Ausdruck fehlt, den Un- 
willen über das unverdiente Qlüök Unwürdiger, Ton dem RheL II, 9 Überein- 
stimmend mit dem handelt, wsa S. 405, 6 ans Eth. II, 7 angeführt ward«. 
8) H, 10/11. 
i „Google 
Rhetorik: Beweismittel, Darstellang. «03 
das Lebensalter und die äusseren Verhaltnisse (tu/*0 auf den Cha- 
rakter and die Gemüthsstimmung ausüben *), 
Mit diesen Erörterungen ist der erste und wichtigste Theil der 
Rhetorik beendet; kürzer bespricht Aristoteles im dritten Buch die 
Ausdrucksweise und die Anordnung. Die erstere betreffend unter- 
scheidet er zunächst den Vortrag und die Sprache, indem er eine 
kun st massige Anleitung zum rednerischen Vortrag vermisst, zu- 
gleich aber den Eintluss dieser Aeusserlichkeil auf die Wirkung der 
Beden bedauert 2 ). Weiter bemerkt er den Unterschied zwischen 
der Sprache des Redners und der des Dichters, verlangt von jener 
als ihre zwei wesentlichsten Erfordernisse Deutlichkeit und Würde *), 
und bezeichnet als das geeignete Mittel dazu Beschränkung auf die 
eigentlichen Ausdrücke und auf gefällige Metaphern*), über deren 
Eigenschaften und Bedingungen er sich sofort weiter verbreitet 11 ). 
Er bandelt ferner in diesem Abschnitt über die Richtigkeit der 
Sprache 6 ), die Fülle und Angemessenheit des Ausdrucks '), den 
Rhythmus und den Salzbau 8 ), über Gefälligkeit und Anschaulich- 
keit der Darstellung 9 ). Er untersucht endlich, welcher Ton der 
Sprache sich für die schriftliche oder die mündliche Darstellung und 
für die verschiedenen Redegattungen eignet 10 ). Wir müssen es uns 
indessen versagen, auf die mancherlei feinen und treffenden Bemer- 
kungen, welche wir auch über diese Punkte bei ihm finden, hier 
näher einzugehen. 
1) n, 12—17. 
2) in, 1. 1403, b, 31 - 1404, s, 23. Näher geht A. auf den Vortrag nicht 
ein; er bemerkt nur, es bandle sich dabei um die Stimme, und im Besondere 
um ihre Starke, ihren Wohlklang (&p|Mvi«) und ihren Khythiims. 
3) Da« itpinov, die richtige Mitte zwischen dem tcuhiv'dv lud dem iaip 
td öglupa, der gänzltohen Schmucklosigkeit und der Ueberladang. 
4) III, 1 f. 1404, », S4 — h, 87. 
5) A. a. O. bin c. 4, Schi. 
6) Dm SXlijvKeiv, TU, 5, wozu neben der Kichtigkeit des Genua, des Nu- 
meros und der Satibildung auch die Bestimmtheit und Un Zweideutigkeit des 
Ausdrucks und das EiJav&Yvujfr.-ny Und lUfpaifWt gerechnet wird. 
7) "Ofxot Tijc X^twc c. 6, t'd Jtpftsov i. U£. c. 7, welches zunächst in dem 
richtigen Yerhaltntas des Ausdrucks zum Inhalt besteht 
8) Jener c 8, dieser c. 9. 
9) Das «trrflov und iü£oxi|touv, das npb £[ip.&T[uv Jtoifiv u. s- w. c. 10 f. 
10) C. 13. 
i „Google 
In dem letzten Abschnitt seiner Rhetorik, welcher von der 
Anordnung handelt , hebt Aristoteles «mächst zweierlei als nner- 
Itsslicbe Theile- jeder Rede hervor: die Darlegung des Sachver- 
balts ') ond die Beweisführung. Hiezu kommt, bei der Hehrzahl der 
Reden Einleitung nnd Schlnss , so dass sich demnach im Ganzer 
vier Haupttheile ergeben *). Wie jeder dieser Theile zu behandeln 
sei, nnd welche Regeln sich je nach Beschaffenheit der Umstände 
in Betreff der Anordnung wie der Ausführung für sie ergeben, bat 
Aristoteles mit eingehender Sachkenntnis» erörtert; nnd wie er von 
seiner Theorie der Beredsamkeit die äusserlichen Hülfsmittel des 
Redners Oberhaupt nicht ausschliefst, so verschmäht er es auch 
hier nicht, solches mitzuberühren , was dem Redner nnr mit 
Rücksicht auf die Schwäche des Zuhörers oder auf die seiner Sache 
erlaubt ist*]. Die Rhetorik erscheint anch in dieser Beziehung als 
ein Gegenstück der Topik. Indessen können diese Erörterungen 
nter gleichfalls nicht tiefer in's Einzelne verfolgt werden. 
14- Die Kunattheorie *). 
Von dem Erkennen und Handeln unterscheidet Aristoteles als 
Drittes das künstlerische Hervorbringen, von der theoretischen und 
der praktischen die poetische Wissenschaft 5 !). Er selbst indessen 
hat die letztere lange nicht so umfassend behandelt, wie die erstem. 
Von seinen erhaltenen Werken ist nur Eines, nicht der Kunst über- 
haupt, sondern der Dichtkunst, gewidmet, und auch dieses besitzen 
' wir nur unvollständig. Aber auch unter den verlorenen beschäftigte 
sich keines mit der Kunst, oder auch nur mit der schönen Kunst 6 ), 
1) npdStot;, expositio. Nor eine besondere Art derselben, welche bloa 
in den gerichtlichen Beden vorkommt, ist die ErzBblnng; c. 18. 1414, a, M ff. 
2) C. 13. Dieser Eintheilnng entsprechend handelt A. denn zuerst o. 14 f. 
von den ProEmieen, sodann c. 16 von der Exposition (die er aber hier doch 
wieder tt^aii nennt), c. IT f. von den Beweisen, c. 19 vom Epilog. 
8) Vgl.c. B. c. 14. 1415, b, 4: Sei fii pJ) IonB&vhv Zv. r:i«n S-n cou Wyos 
T& TOiattw rtpö; oiuÄov -fäp ixpoaTijV xal Ta ((ii) toB icpiyjiaToi; ixodoVT«, hUtlc 
(ili TOioÜTOC f, oöBtv Sei npooiiiiou, iW Jj Boov xo :cpärf[i.t< slrMv MfcAouuSnc, T»» 
Ifrj &aiup aupa xeipaXiJv. 
4) GS. Hüi-lbb Gesch. der Theorie der Kunst bei den Alten II, 1—181. 
Buid» IL, b, 1683 ff. III, 156—178. 
5) 8. 8. in f. 445, S. 505. 
6) Zwischen beiden ist nämlich bei Ariitotalu ein grosser Unterschied: 
Knni(theorie; das- Sohöne. 60S 
ihrem ganze» Umfing nach; sondern ausser einer Schrift über die 
Musik, von zweifelhafter Aechtheit '), werden uns nur geschieht- „ 
liehe und dogmatische Untersuchungen über die Dichter und die 
Dichtkunst genannt, welchen überdiess wohl gleichfalls Unachtei 
beigemischt war. Eine vollständige Kunstlehre dürfen wir daher bei 
Aristoteles nicht suchen , und auch seine Ansichten über die Dicht- 
kunst lernen wir aus den uns vorliegenden Quellen blos IheUweise 
kennen. 
Die aristotelische Aesthetik gehl, wie die platonische *), nicht 
vom Begriffe des Schönen, sondern von dem der Kunst aus. Der 
Begriff des Schönen bleibt auch hier ziemlich unbestimmt. Aristo- 
teles setzt das Schöne in einer Stelle, in der es sich zunächst um 
die sittliche Schönheit handelt, dem Guten gleich, wiefern dieses 
durch sich selbst Wohlgefallen erweckt 8 ]), während er zugleich 
anderwärts bemerkt, dass es (abgesehen von dieser bestimmten 
Beziehung) in Vergleich mit dem Guten der weitere Begriff sei, denn 
gut nenne man nur gewisse Handlungen, schön auch das Unbewegte 
und Unveränderliche *). Er bezeichnet als die wesentlichen Merk- 
male des Schönen die Ordnung , das Ebenmaass und die Begren- 
zung B ), denen er anderwärts noch die richtige Grösse beifügt e ). 
zur ttyrr, gehört alles vod Einsicht geleitete Hervorbringen, mag ea nun der 
Schönheit oder dem Jtedflrfniss dienen; s. o. 445, 2 Metaph. I, 1. 961, b, 11 
u.a. 8t. 
1) Was wenigstens Plut. De Mus. 23. 8. 1139 daraus mittheilt, lautet 
für Aristoteles tu breit nnd in pytbagoraisirend. 
2) Ueber welche unsere erste Abth. 8. SOS f. su vergleichen ist 
3) Bhet 1, 9. 1866, a, SS: xoXm piv o5v lein, l äv SV aitb odpirdv 3v ln*i- 
vrtbv f„ ij l äv i-rsflbv 3v jjSu ij, Sti ä-fa&Äv. Von den zahllosen Stellen, in denen 
Aristoteles Jos xaXhv im Binn des sittlich Schonen, also des Outen, gebraucht, 
sind uns manche auch schon früher, z. B. 8. 479, 3. 4SI, I. 3. 494, 2. 512, 2 
u. ö., vorgekommen. * 
4) Metaph. XIII, 3. 1078, a, 31: im'< 81 to äyaeb* *& xo *aUv tripo», to 
[iiv -jap m'i b np&git, -ö äi i&\ tv xölt ixmJToii, b. B. mathematischen Figuren. 
5) A. a. ü. Z. 86: toü 51 -ioXhu jiiyiTT« itSi) ■cafo »*i ouufuxpfat xai rb röpia- 
uivov. Wie diese Gesichtspunkte in den Knnstregeln des Aristoteles festge- 
halten werden, zeigt Mülles 8. 98 ff., der auch Prohl. XIX, 88. XVII, 1 vor- 
gleicht. 
6) Poet. 7. 1450, b, 86 (vgl. Pol. VII, 4. 1826, a, 29 ff. b, 22 s. o. 5T1, 1 
auch Etli. IV, 3. 1128 L b, 6): tb vip xaXbv £v \uf&n xctk t«£u fort, Sib o&n reiu> 
|iiicpov ov ti ^(voETo xoXbv £Qov (ovvxifau T»P *l 9«*ipi« iyr*i ™0 «»«wOifn»» )tp£» 
OÜ 1 
606 Arii total et. 
Wie wenig aber damit der Begriff des Schönen Schürfer bestimmt, 
und wie wenig namentlich die sinnlicheErscheinung als ein wesent- 
liches Moment der Schönheit erkannt ist, zeigt ausser allem Andern 
die Behauptung 1 ), die angegebenen Merkmale des Schönen bringe 
ans besonders die Mathematik zur Anschauung. Wenn das Schöne 
ebensogut die Eigenschaften einer wissenschaftlichen Untersuchung 
oder einer guten Handlang, wie die eines Kunstwerks, bezeichnet, 
ist sein Begriff noch, viel zu allgemein, am der Kunsttheorie zur 
Grundlage dienen zu können. Aristoteles htsst daher am Anfang 
seiner Poetik diesen Begriff ganz bei Seite, um statt dessen mit der 
Betrachtung der Kunst zu beginnen *). 
Das Wesen der Kunst findet er nun mit Plato im Allgemeinen 
in der Nachahmung '). Sie entspringt aus dem Nachahmungs- 
trieb und der Freude an Nachahmungen, durch welche der Mensch 
sich vor allen anderen Wesen auszeichnet, und auf denselben 
Gründen beruht auch die eigentümliche Lust, die sie gewährt *). 
Näher jedoch erkennt Aristoteles in dieser Lust eine Aeusserung 
des allgemein menschlichen Strebens nach Erkenntniss: sie soll 
vuu -rivouiVi]) oüte Miipffttif ou i>ftp ä|ia ij fliinpia rlwtM, «XV ot/itat toi; Dso- 
poBat tb tv xii t'o EXov ix if,c. SciopLOf, oTov t! (uipluiv irraSluv eTij Uüoy. Wie ein 
sinnlich Ansehanbaree vermöge deiner Grösse leicht XU überseheu sein müsse, 
•a müsse ein Mythus leicht *n behalten sein. Die in Parenthese stehenden 
Worte (iviffi 'na i yip u.s.w.), hinsichtlich deren mich Mülleb a. t. 0. S. 103f. 
nicht befriedigt, verstehe ich so: wenn etwas xu klein ist, verschwimmen seine 
einzelnen Theile in einander, weil die Betrachtung derselben einen so ver- 
schwindend kleinen Zeitraum ausfüllt, dass sie sich nicht als einzelne der 
Seele einprägen; wir erhalten also kein deutliches Bild, nnr ein solohei aber 
kann schon sein, weil nnr in ihm Unterschiedenes nnd klar Anseioandertre- 
tendes symmetrisch verknöpft wird. 
1) Metspb. a. a. Q. 1078, b, 1. 
9) 6. 8. 76 ff. 
8) PoBt. 1. 1447, a, 12 (über die verschiedenen Formen der Poesie nnd 
die Musik): icttow vry/kvawi oirmi lufiijotit to otfvoXov. 0. 2, Anf. C S, Aof. 
m. o. Hur anf die Kunst im weiteren Sinn gebt Pbya. II, 8. 199, a, 16: !Xe>( t- 
Jj xi'/vr\ tat pfev fmtllfl St fj tpttet( (Üuvctrtl äiEipvitxiraflait, tl St ptjtlfrtu. Die schöne 
Kraut als solche ist bloa Nachahmung; all geleitet erweise kann allerdings aneb 
eis Vervollkommnung der Natur sein, z. B. dnroh Ausbildung der Stimme 
oder der Bewegung. 
4) Pott. 4, Anf. mit dem Beisatz: man sehe diess daraus, daas uns gute 
Bilder auch dann erfreuen, wenn die abgebildeten Gegenjtln.de selbst einen 
widrigen Eindruck machen. Vgl. folg. Anin. 
i „Google 
Knusttheorie; N*o bah mang. fl07 
sich darauf gründen, dass wir im Bilde den dargestellten Gegen- 
stand wiedererkennen, und dadurch den Genuas des Lernens gewin- 
nen ')- Wie aber das Wissen je nach seinem Inhalt Ton sehr ver- 
schiedenem Werth ist *), so wird das Gleiche auch von der künsl- 
Wischen Nachahmung gelten müssen. Der Künstler kann sich in 
semer Darstellung an die gemeine Wirklichkeit halten , oder sieh 
über sie erheben , oder hinter ihr zurückbleiben 8 ), er kann die 
Dinge darstellen, wie sie sind, oder wie man sie sich vorzustellen 
pflegt, oder wie sie sein sollen 1 ). Diese letaleren Darstellungen 
sind es nun aber gerade, in welchen die eigentliche Aufgabe der 
Kunst liegt. Die Kunst soll nach Aristoteles nicht das Einzelne als 
solches darstellen, sondern das Allgemeine, das Notwendige und 
Naturgemäße, sie soll die Wirklichkeit nicht nackt wiedergeben, 
sondern idealisiren: der Maler z. B. soll zugleich treffen und ver- 
schönern*), der Dichter soll uns nicht sagen, was geschehen ist, 
sondern was der Natur der Sache nach geschehen müsste, und 
ebendesshalb ist die Poesie , wie er glaubt , vorzüglicher und der 
Philosophie näher verwandt, als die Geschichtschreibung, weil sie 
1) PoSt. 4. 1448, b, IS fllhrt fort: arriov St xa\ toüt'ju (der Freude an Kunst- 
werken), 5ti tb [lavBaveiv oi [idvov Tdtf <pilooö*yoif rjBio-tov, iXXi xai toTc «Moif 
ipoün;- sdX' lx\ ßpav_ü xotvaivoÜaiv aiTOÜ Sli fkf touto yzlfavai raf c!xiv«( ipfflv- 
TS(, Sti au[ipa!vei OeiupoCvra; u.iv8&velv xotl miXXoffCtaBaE. t! Jxaarov, oTov Eti o!to( 
twlvof, IkA iiv |j.jj Tii](i) Rpatoipaxüi{, oü Si& p.fjj.7]p.a tiqltjoei t)jv JjBovrjV öXXa Eia 
t)|V bttpfasiav fj t)]v Yfot&v i) Sia -oioütijv Tivi öXXqv «rrfa». Khet. I, lt. 1871, 
b, 4: int\ St tb |ia»Mv«v te JjSEi xal t'o 8au[ia^E[v, xat tb to'.sBe iviyai) fjäea iTvai 
buw io ie [Ufiip.r,[»ivov, fitrnsp -vpayixi) xa\ ävBpiavrojraita xa'i JConjlixij, xat nS* ! 
«V EU [Up.ljllJpivOV lj, xäv ?; lijj Sjäij ttitb TO UEp.L|J.T)|ls'YUV QU fip (?t\ TOlSttp "/BipEl, 
äXXi ouJ,Xof wjiöt eV™ 8ti toüto fcirtvo , üjtte jxavSävEiv tl oou.|äa£vit. 
2) Vgl. 8. 278, 2. 
B) l'oet. 2, Auf.: ixt'i Si p.iu.ouvTai öl [iip.oup.Evo! jrp&TTOVT«S, övaYxr, 8t TuiS- 
*'j«( I) (ffiouSafouc 1) <t adXouc stvat . . . jjroi flalttovat tj xaB' fifäf 1 "/sipova^ i| xat 
tqioiStou;, was sofort am Beispiel der Malerei, Poesie und Musik erläutert wird. 
4) Ebd. □. 25, Anf: jicct fip imi p.[u.i)Ti)? £ 7touyri)( t wajtsp av e! (uiYpof of 
Jj tu iXXof 6(xovoltoib(, aväfxi) p.ijj^iaflai Tpiüv ÖvtiiiV Tav ipifliibv fr Tt ili - rj "f«p 
oti ?,v r) form, ?, ota f cbA xä Boxet, ?, ola sftoi Sit lob. halte diese Worte für 
aristotelisch, wiewohl sie in einem etwas bunt zusamraengesetiteii und von 
Km'«« nicht ohne Grnnd eiiigek Jammerten Abschnitt stehen. 
6) Poet. IG. 1464, b, 8: fall Ei p.ip.r,3ij ianv fj TpxrtuSia psXtuiviuY, f,[iäf 
SA u.i[i(toflai taue afaOoui ibtov«7pajpou(' xeu f ao txfivoi änoSi£4vra( tV iäiav (tep-. 
«4v, up.o(ou(itoiuüvrn, xaXXiouj TfpifOOBW. 
i „Google 
Q06 Aristo talat. 
uns nicht bloi einzeln« Thalsachen , sondern «Ugenwine Gesetse 
erkennen lässt 0- Diess gilt nicht allein von der ernsten, sondern 
hoch von der komischen Dichtung. Jene soll uns die menschliche 
Katar veredelt »igen, indem sie uns Gestalten vorführt, welche 
Aber das gewöhnliche Maass hinausgehen, sie soll typische Charak- 
tere aufstellen , an denen ans das Wesen gewisser sittlicher Eigen- 
schaften zur Anschauung gebracht wird 8 ); ebenso soll aber auch 
diese, wiewohl sie es an sich mit den Schwächen der menschlichen 
Natur zu tbnn hat*), doch nicht in Angriffen auf einzelne Personen, 
sondern in der Darstellung von Charakteren ihre Aufgabe suchen 1 ). 
1} Pott. 0, Auf.: oä tö ti ftväptva Xtvew, toOto kdditoD IfC* £ovtv, AU' 
ola <cv y t«oiTo, xoA Ta Buvsri i«xä . xh lixbf i) x'a ivn-fxaiov. & y ap toropnb; lil i 
noi^T)]4 ou itiJ ifijiiTpi Irjfiv I) cquxpa SWVtpWMH ' enj yip öv x& 'HpoSoroj Ul 
[lixp« TtOijVCU, xa"t oiJSlv ^TTon Sv snj E»Top(a xi( pjxä [üixpou Jj *V(U |UTpiiiv, iU> 
■coJttü Smf &Ei, x<Ü xbv jiiv Ti Y<vd[iLEva Ityiiv, xbv 8t oT« ön 7 ftoixo. 81b hol otio- 
t™q>t&tipov toi mtouBoKÄxipov ICoItjoic frropion fatt*- f| piv y'üp icobjait [i£Uov ti 
naMXou, fj I' loxopia tb xaO' fxaaxov Urii. wxi Sl xiWJiou («*, no icoioi xi itoT 
in« aupißafo« Uviiv ?, npaxxiiv «axi xb tExo4-.jj xb ävsyxs'ov . . . ra Sl xafl' Sil- 
«rov, ti 'AXxißiaSi); i;;pa!:Ev f, t( ixaGiv. Ebd. 1401, b, 29: xJv äps guhPS T"*" 
pjva jtobiv [xbv boh]xJ)v] oifllv ^xxov noLt)T)J; im»' tüv fäp -riYO|irinov fvia ovS* 
xiaXüi xoiaüt» «tvai ola av ilxbc vcvfatat xak Buvita ytviabxi. Vgl. c. 15. 1454, t, 
33: x,p"i 81 xat iv X0I4 tJÖeoiv, äaiccp xsl iv rij tüv Tipa-fiiiiiuv autniro, all ifrjfi* 
f, ib avafxatov f, xb ilxbc, uaxi xbv xoroüxov ra xoi«üx« W^tiv J] xpantiv 1) avsf- 
xalov ^ flxbc, xsk xoüxo [uxä toütq yivedfoi ?, övsfXoilliv )| lixot. C 1. 144V, b, 
9 ff.: nicht dal Metrum mache den Dichter, »lindern der Inhalt; die loknv 
tiachen Geapr&ohe seien von den Mimen eines ßopbron nnd Xenarch himmel- 
weit verschieden und blieben es, auch wenn sie in Venen geschrieben «Iren, 
Empedoklea (desien homeriache Kraft Arial, bei Dioo. VIII, 56 rühmt) habt 
mit Homer nichts gemein, ale da« Metram. 
' 2) Poet. 15 (B. 607, 6) fahrt A. fort: o5tu> >m\ toh Koujriiv p(igii(*«ov ti 
ipyCkoui xot p*afli![j.ou( xoil toXXb xa xuaüxB i^avTOt im xüv ^Ofiv, imaxtim Koa» 
KttpiSfrfp-a 1 oxX)]pdxi]xo; Bf: il «. w. Vgl. folg. Anm. nnd c. 13. 1453, a, 16. 
8) C. 2, Schi.: ij [*iv fap (die Komödie) ^("»»e 4 Bi ßaXtbm« ju(«nrt« poü- 
J.iTai xöjy vSv, C. 5, Anf.: f| £1 xiujupiCa icrtw, üaicip Ebcofin, (ji|n.i)Ot{ ftuilt- 
xipuv piv, 01! [itvroi xatk niraav xonionr, ak\k xoü aij^poü iat 1 ! xb yiXeloy papu>< 
TO -fip ytXdiiiv ürtn ä[iäjt)]p.i tt xo'i »to^o; ävuSuvov xa't ou tpflapxixiv. 
*) Vgl. Poet. 9. 1451, b, 11 ff. 0. 6. 1449, b, 5. Eth. N. IV, 14. 1128, * 
22. ArUt. giebt hier der neuem Komödie vor der alten den Voring, Weil tiea 
jene der Sohmanongen (aloxpoXo-j-ia) enthalte. 80 rShmt er ea aach Poet- *■ 
1448, b, 34 an Homer, daas er (durch den Margitea) Schöpfer der Kom&dit 
geworden aei, od tyiynv iXka xb TiXtflov Spt^unoiioi^aai- Ana xtnaerer Pottil 
leitet Bnasara (Rhein. Mns. VIII, CTO, s, o. 76, 1, Schi.) die 
KnnstthaoriBi rlsehshmnng. ß09 
Wenn daher Aristoteles die Kunst mitPlato aufNachahmung zurück- 
führt, so hat doch diese Bezeichnung: bei beiden eine verschiedene 
Bedeutung : Plato denkt dabei zunächst nur an eine Nachbildung der 
sinnlichen Erscheinung, und so drückt er mit derselben seine ganze 
Geringschätzung gegen die Unwahrheit und Wertlosigkeit der . 
Kunst aus '); Aristoteles dagegen lasst uns durch die künstlerische 
Darstellung allgemeine Wahrheiten zur Anschauung kommen, und 
so stelll er sie aber die erfahrungsmässige Erkenntniss des Ein- 
zelnen. 
Nur hieraus erklärt sich auch das, was unser Philosoph über 
die Wirkung der Kunst sagt. In zwei Stellen, welche uns früher 
schon vorlagen a ), unterscheidet Aristoteles zunächst von der Mu- 
Ung eil an uten in Cha^er 's Anecd. Paris. T. I, Anh. §. 4 ab: die xu[j.uiS(a unter- 
scheide sich tod dei Xoiäopla dadurch, das» diese unverhüllt, jene mittelst der 
Eii^aoi? (andeatungs weise) spreche. 
1) S. 1. Abth. 8. 611 f., womit freilich nicht Übereinstimmt, dass die 
Kunst sogleich eine* der wichtigsten Erziehungsmittel und die Darstellung 
sittlicher Ideen ihre Aufgabe «ein soll (ebd. S. 404. 688. 612 f. Tgl. Symp. 
20», D). 
2) Pol. VIII, 5. 7 s. o. S. 577. In der ersten von diesen Stellen wird der 
Reinigung nicht erwShnt, sondern nur gefragt (1339, a, 15): tlvo( 8(1 /apiv per- 
e/_eiu iJtjjc , 7r4t(pov xqhSlS; hsr.B mit avonaJutui; f t [isXÄov o?7j-rtov npbt 
«penj» ti Ttfvjiv tJjv [iou(n*V> "S Suvoc|Uvt]v ... xo ijftof tcoi6v v. notfiv, fflnjouaav 
SlivatrSat ^aiptiv Äp6öi{. Jj T:pb; 8iaf&ipjv tl aujj.fliXXtTai xa'i fpivrjmv ittt yip 
toQto Tpirov flsriov töjv tlpijpivtuv. Dagegen tritt diese sehr bestimmt in der 
zweiten (134t, b, 36) berTor: <pofj£v 8' oi fiiis evtxiv ü^eXe!si( tfj pousunj xpijaBai 
ScTv öU.i xai lüktioWv g&piv (tat ynp icsx8e1b( Evcxrv xat x«84pciw( ... TpliOT 61 
icpoj Bwrf tufV , itpb( Svwiv ts xai npi^ rijv rijs owMVutf, äyinotumy). Desshalb 
nun aber mit 8pbsqgt. (lieber die xA8«pois tSv 7raÖi]|iiTuv , Abb. der philo». - 
pfailol. Kl. der Bsyr. Akail. IX, 1, 16 f.) in der letzteren Stelle den Text an ttn- 
' dem und in lesen : xxt -rio xnBilaf tvfxcv Kar xa&apatüi;, . . . npof Siavi^Vr tpl- 
iov Sl xpbc ävEoiv ti n. s. w. oder: x. f- **•&■ *V. *■ xsflipo., Jtpi( övw(v tt — 
iv&iwwaiv, -,-pLTov 8i irpo« äia-fuifVi dieas ist eine Gewaltsamkeit, gegen welche 
Bkxbays (Khein. Hub. XIV. 1869. S. 370 ff.) mit Recht Einsprache tont. Der 
erste von diesen Vorschlagen wKre schon stylistisch kanm an ertragen ; keiner 
ton beiden lasst sich mit dem angeblichen Widersprach ■wischen c 6 und 
c. 7 begründen, da es ein bei Aristoteles gar nicht seltener Fall ist, das« eine 
TorlZnfige Eintheilnng in der Folge ergünat wird (m. Tgl. z. B. was S. 6G4 ff. 
über die verschiedenen Eintheilungen der Staatsformen angeführt ist); beide 
sind aber auch mit der im weiteren Verlaufe von o. 7 so bestimmt festgehal- 
tenen nnd sogleich nJlher nachzuweisenden Unterscheidung von ethischer und 
kath artischer Musik unvereinbar. 
Phüos. 0. Gr, 11. Bd. I. Atth. 39 
610 Aristoteles 
sik einen vierfachen Gebrauch 1 ): sie dient zur Erholung und Unter- 
haltung, zur sittlichen Bitdung, zur genussreichen Beschäftigung, 
zur Reinigung. Ob jede Kunstgattung diesen vierfachen Gebrauch 
zulasse, sagt er nicht ausdrücklich, und keinenfalls konnte er alle 
in dieser Beziehung sich gleichstellen: von den bildenden Künsten 
bemerkt er, dass ihre ethische Wirkung, wenn auch immerhin 
beachtenswert)), doch hinter derjenigen der Husik zurückstehe*), 
und an eine reinigende Anwendung hat er bei ihnen wohl kaum ge- 
dacht; die ernste Poesie andererseits soll, wie wir finden werden, 
gerade in der Reinigung der Gemüthsbewegungen ihren Hauptzweck 
haben, was aber andere, mit dieser zusammenhängende oder aus 
ihr hervorgehende Wirkungen nicht ausschliesst. Liesse sich nun 
aber ein Theil dieser Wirkung, die Unterhaltung, schon aus dem 
Wohlgefälligen der sinnlichen Erscheinung ableiten, so weist ans 
doch der höhere und werlhvollere Theil derselben auf den idealen 
Gehall hin, dessen Darstellung unser Philosoph von der Kunst ver- 
langt. Als ein Mittel zu edlerem geistigem Genüsse (Six-fcd-pO wird 
sie sich an unsere Vernunft wenden müssen, denn nach aristoteli- 
schen Grundsätzen ist ja das Maass unserer Vernunftthätigkeit auch 
das unserer Glückseligkeit 8 ); und wirklich setzt auch Aristoteles 
diese Kunstwirkung mit der Geistesbildung in die unmittelbarste 
Verbindung 4 ). Ebenso kann sie auf die sittliche Bildung nur dadurch 
1) Nicht einen Mos dreifachen, vis Bbrhatb a. a. O. will, indem er die 
äv£icau<F!{ mit zur Siayiijytj zahlt, Arist. Unterscheidet beide sehr deutlich: Act 
Suryurr!), sagt er, seien junge Leute noch unfähig, während sie doch aar kw- 
Sii und Sviatc sehr geneigt Bind (b. o. 578, 1) ; jene ist ihm Selbstzweck (i&ot|, 
diese blosses Mittel (c. 6. 1339, a, 29. b, 25—42); jene netzt eine höhere Bil- 
dung voraus (s. n. Anm, 4), nicht aber diene, und so werden denn beide auch 
1339, a, 35. b, 13. 15 ff. ehd. 4 Tgl. m. n, 33 durchweg auseinandergehalten. ' 
2) Pol. VIII, 5. 1340, a, 26: ouu^« St t5v aMrp&* ev [itv «■; tUw 
LujSiv Hx&prga» ö|«>iüi|*« -edif jjÜsaiv, otov tv toi( ama't xsl td« ytuotolt, öll'ö 
Tritt opa-tol^ lijäiEfjLst- oyi}|A«TS fip ian Tonika (denn es giebt solche, d. h. ethi- 
sche, Gestalten), «IV Ixi pix^bv, x«l xavrsj (1. oil itivrss, wie Müller a, a. 0. 
10 f. 343 ff. Tcrmuthet) iijc ToiOiir>if «?aBi{oso« xoivwvqüsly. fit St oüx Eon toiht 
0|*Dni[jiTa TÜv -ffliöv, iXkä oi)|iE"a iiäXlov t« Y'TVÖ|i£va o^iJLiiTa xsl yjoifJäH 
?üv ^fküv. Doch solle man, otov Stempel xai Tupi -ri)v tdutwv 6«up!av, die Ju- 
gend nicht die Gemälde eines Panson betrachten lassen,, sondern die eiu« 
Polygnot xäv e! tu; aXlo; tSv ypos^uv ?, tüv ä-^aXLiaToitoiüv torlv ijOlio^. 
8) M. q. was 6. 474 aas Eth. X, 8 angefahrt ist. 
4} In den S. 609, 2 angefahrten Worten Pol. VIII, 5: jtpö; äi«T»r!" ' : 
Wirkung der Kunst; Reinigung. 61| 
fördernd einwirken, dass sie uns die Nalur und die Aufgabe des 
sittlichen Handelns an nachahmeuswertben oder abschreckenden 
Beispielen zum Bewusstsein bringt, wie sie diess nach Aristoteles 
unzweifelhaft soll 1 }. Was endlich die reinigende Wirkung der 
Kunst betrifft, so ist zwar auch heute noch, nach den endlosen 
Verhandlangen, zu denen namentlich die aristotelische Definition 
der Tragödie Anlass gegeben hat 1 ), durchaus kein Einverständnis 
darüber erreicht, worin sie nach der Ansicht des Philosophen be- 
steht und worauf sie beruht; und es ist diess um so begreiflicher, 
da in unserer Poetik die genaueren Erörterungen darüber, welche 
das aristotelische Werk enthielt, fehlen 9 ); doch lösst sich dieser 
Mangel aus anderen Stellen wenigstens theilweise ergänzen. Diese 
beweisen nun für's Erste, dass die Reinigung, welche durch die 
Kunst bewirkt wird, nicht in dem Kunstwerk selbst, sondern in 
denen vor sich gebt, welche es anschauen oder anhören*). Weiter 
Tju.pii.ltT!« *al ^pävijotv. Spekrei, *. a. 0. S. 16 und unabhängig von ihm 
Thurot Ktiides sur Arist. 101 schlagen für ?[)öy>)cjiv eJspoouvTjv (oder to ti- 
(SfiLvtsv) vor, indem sie bemerken, die ^pövr.ji; würde nicht zur BtafioYi), son- 
dern zu der vorher genannten «per)] gehären. Allein dies« ist nicht richtig. 
Bei der öpeij] denkt Arist. an die ethische Tugend, die Charakterbildung, bei 
der Biorfw^i) xsu (ppivi)oi4 an die Geistes- und Gesohmackahildung. M. Tgl. was 
S. 677, 5 über Bia^M-fi) bemerkt wurde. 
1)8.8. 607 f. 
1) Die Literatur derselben will ich weder hier noch unten, in dem Ab- 
schnitt über die Tragödie, aufzählen, sondern nur die Haupt Vertreter der ver- 
schiedenen Ansichten nennen. 
3) S. S. 76, I. 
4) Auf das Kunstwerk selbst besieht Göthe (Nachlese zu Arist Poetik, 
WWXLVI,16f. d. Ansg. von 1828 ff. und in den Stellen des Briefwechsels mit 
Zelter, welche Bubs™ 3. 287 der sogleich zu nennenden Abhandlung an- 
führt: IV, 288. V, 330. 354) und nach ihm Stahb. (Deutsche Jahrb. 1842, Apr. 
8. 324 ff. — anders jetzt in der kleinen Schrift: Arist. und die Wirkung der 
Tragödie Beil. 1850. S. 27) die tragische Katharsis, indem sie in der Defini- 
tion der Tragödie Poet. 6. 1449, b, 24 ff. die Worte Br* iUm xA ?öfioi> wpat- 
»ouaa -ri)v luv ToiüUTuiv xa6r ( |i±T<dV xaÜapTLV von der in den handelnden Personen 
and im dramatischen Veilaufe sich darstellenden Ausgleichung und Versöh- 
nung der Leidenschaften erklären. Allein diese Deutung wird von Mülles 
(«■ s. 0. 380 ff.}, Bernats (a. a. O. 137) Spenobi. (a, a. 0. 6) mit Becht ab- 
. geniesen. Denn auch abgesehen von der sprachlichen Unmöglichkeit der 
Qüthe sehen Uebersetzung, wird durch Pol. VIII, 7. 1342, a, 4 ff. jeder Zwei- 
fel darüber ausgeschlossen, dass es sich bei der xäBspai; um eine Wirkung 
612 Aristoteles. 
sehen wir daraus, dass es sich bei derselben Dicht, wie man früher 
annahm ')< unmittelbar um moralische Besserung, sondern zunächst 
um eine Wirkung auf den Gemüthszustand, auf das Gefühl, handelt; 
denn Aristoteles selbst unterscheidet den Zweck der Reinigung mit 
aller Bestimmtheit von dem der sittlichen Erziehung*)? er will für 
diesen eine andere und anders zu behandelnde Musik angewindt 
wissen, als für jenen a ), er beschreibt die Reinigung als eine Hei- 
anf die Zuhörer bandelt, und das Gleiche IBsat sich, wie Mülles treffet 
, zeigt, auch au« der Poetik nachweisen; denn dasa die Tragödie durch Funkt 
und Mitleid eine Reinigung dieser Leidenschaften in den handelnden Perso- 
nen bewirke, könnte doch nur dann geaagt werden, nenn uns diese in der- 
selben im Zustande der Furcht oder des Mitleids vorgefahrt würden, was doch 
(wie schon Lebsibh in der folg. Änm. anzuführenden Abhandlung 78 8t be- 
merkt hat) gar nicht der Fall an sein pflegt und der Natur der Sache nach 
nur selten der Fall sein kann. Aber Arist. hat «ich auch hierüber c. 14, int 
so deutlich, wie nnr möglich erklärt. Art f «Fi aa K t er !liel > Yon uer Herroi 
bringung des yoßepby und Antvbv handelnd, xs\ sveu toS ipäv oütw tjuveirivai 
tot [iQOdv übte t'o v äxo jnv ta Tel JSp&-f|«iT0t fivo'jj.Eva x«t tpotTTitv xat &ee:v h rö» 
auußaivdvTwv. 
1) So nach alten Früheren Lebsiug Hajnb. Dramaturgie 74-78 St. (Werk« 
VII, 331 ff. Lachm.), nach welchem „diese Reinigung in nicht« anderm be- 
ruhet, als in der Verwandlung der Leidenschaften in tugendhafte Fertigkeiten" 
(8. 352), und seitdem die Meisten. Der neuste Vertreter dieser Auffassung ist 
Sfknoel in der 8. 609, 2 angeführten Abhandlang. 
2) Pol. VIII, 7. 1341, b, 36 b. o. 609, •>., c 6. 1341,«, 21: (*n 6' oäx ionv 
5 auXd; ^Bixbv iXXa jiaXXov opjiaijTixbv, &tzc icpb; tou; toioutou; oütS TUUfvt 
j^bijote'uv h oTt fj Btiiipia xiflapaiv [ic&Xov BJvitai 5) jiiftijoiv. 
3) B. vor. Anm. und c. 7. 1341, b, 32: da eine ethische, eine praktische 
und eine enthusiastische Musik au unterscheiden ist, und da ferner die Musik 
den verschiedenen (S. 609, 2 angeführten) Zwecken eu dienen hat, f anpdv "n 
^pijtnt'ov tiiv jröacu; Tal; äpjioviai;, ai Tdv «ut'ov 81 Tpditov j;aaa:s )>p»|0-rfbY, all« 
rcpö; (ikv tjJv jrcuSEla» toi; ^fiixüiTarai; TUpbf Bi «xpo'ao'iv ETEpiuv j(EtpoupYaOTT&>v tö 
toS; npaxTixal; xa\ Tat; tvOouaiavtixstf. 8 yip icspl ivta; auiißatvtt jciftot A'/^" 4 
foyupw;, toüto h Ttiodi; Snip^ti, tu Ei ?Jttqv SnyEpEi xa\ tu |«tXXov, dTov tli« 
x«\ tpöjäo;, tri £' JvflousiaajKit. xal yip fctl Teufa]; tjj; xnnjatio«; xorfaxtixuioi tiW{ 
ElStV - ix Se tSv UpÜV UiXüJY 5pS|isv TOiiTOu;, Srav xpTJauiVTni tot; JEopf t4£oiwi tJi 
ijnj^v [iAech, xafl'.aTxpinoj; (sich beruhigen) SoTEEp iatpsia; Tu^dVra; xa'i xaöäf- 
3eu>;. Tsütb Sjj toSto ävsYxatav Ti4o^_£tv xn'i tou; O.£i||j.ova; xal tou; tpoßi]Ttxou; «» 
reu; SXw; na^moü; (hicfiir will Sfenoel u. a. O. S. IS %\*n tou; iraÖ. setsen, 
indessen scheint mir die Lesart der Handschriften nicht unertrBglich), iwf 
6' äXXou; xaB' Soov ImßiXlEi tüv toioutiuv exäs-ru, x«\ icäVt TlyvwBa! Tiva xiflapa" 
*.«\ xoufi^EoBai [itfl' ^Sovij;. Suniiüe, Bi xa\ tb ü.Aj] tb xaflapTixi mftfa Xf" 
äßXiß^ toi; övBpcfiicai;. (Diess eine weitere, von der xiBapat; selbst versehie 
Wirkung der Kunst; Reinigung. 613 
lang, eine mit Lust verbundene Erleichterung des Gemüths 1 ), er 
sucht sie also nicht in der Besserung unseres Willens oder der Er- 
zeugung tugendhafter Neigungen 1 ), als solcher, sondern in der 
Ausgleichung der durch allzu heftige Gemüthsbewegungen her- 
vorgerufenen Störungen, in der Beruhigung der Affekte 3 ). Wel- 
cher Gebrauch des Ausdrucks »Reinigung« Aristoteles hiebei vor- 
schwebte, der religiöse oder der medicinische *}, können wir hier 
dene Wirkung dar reinigenden Musik: sie reinigt die icaftgtouit und gewährt 
Allen einen Genuas — weashalb die von Thubot Etudes 102 f. vor Sjwiwc Sa 
vermuthete Lücke nicht anzunehmen ist.) Aue dieser Stelle scheint mir, wie 
man sie auch im Uebrigen erklären mag, doch so viel unweigerlich hervor- 
zugehen, dasa es nach Arist. eine Musik giebt, welche eine Katharsis bewirkt, 
während sie doch keinen ethischen Charakter hat, und desshalb nicht zum 
Jugend unter rieht benützt, und von den Staatsbürgern wohl angehört, aber 
nicht ausgeübt werden soll, nämlich die enthusiastische; wenn aber dieses, 
so kann die Katharsis, mag sie auch mittelbar nicht ohne ethische Bedeutung 
sein, doch für sich genommen nnd nach ihrer unmittelbaren Wirkung be- 
trachtet unmöglich in der Erzeugung einer bestimmten Willensbeschaffenbeit 
bestehen. Dasa dies» auch von der durch die Tragödie bewirkten Reinigung 
gilt, lässt sich um so weniger bezweifeln, da gerade die Affekte, mit denen 
sie es au thon hat (s. u.}, Hitleid und Furcht, hier aus drück lieh mit dem En- 
thusiasmus zusammengestellt werden. 
1) S. vor. Anm. So wird mich Poet. c. 14. 1458, b, 10 der Zweck der 
tragischen Darstellung, welcher nach e. R in der Katharsis besteht, in einen 
Genuas gesetzt: uü fip naoav SU £i)ifiv i|5ovJ)v eueb TpctfiuSiac, «XX« tijv oi- 
«lav. erei 61 ri^v üno eXeou xot q>6ßou äti [uuiJoeu; SU fifiovtjv itapaa*Eui£Eiv vbv 
E0l);ujv U. S. W. 
2) Des x.a!paiv ipiüi xa\ XihceIoBbl Pul. VIII, 5. 1340, a, 15. 22 s. o. S. 578. 
B) In diesem Sinne fassen schon im Alterthum Manche den Bogriff der Rei- 
nigung. So schon AniSToxnvuB (s. n.). Javblich Myster. Aegypt. S. 22. Pao- 
KLL'sin l'lat. liemp. (I'lat. Opp. Basil. 1634) 8. 360. 3G2. Plut. sept. aap. conv. 
c 13. S. 156, C. qnsest. conviv. III, 8, 2, 11. S. 657, A; vgl. Bbrsayh Grund- 
lage der verlorenen Abhandlung d. Arist. über Wirkung der Tragödie (Abh. 
der Hist.-philos. Gesellsch. in Breslau I. 1858) S. 155 ff. 199. Ders. Heber die 
trag. Katbarais bei Arist. Rhein. Mus. XIV, 374 f. 
4) Nachdem schon Rückh in einer Rede vom J. 1S80 (Ges. kl. Schriften 
I, 180) diese Auffassung der xaSapatc als Ärztlicher Reinigung, Purgation, an- 
gedeutet hatte, wurde sie zuerst von A. Weh, (Ueber die Wirkung der Trag. 
nach Arist. Verband], der 10. Vers, deutscher Philologen, Basel 1848, S. 136 
ff.), eindringender und unabhängig von seinem Vorgänger von Bkbmiys in den 
*or. A.nm. angeführten Abhandlungen mit Bestimmtheit vorgetragen, denen 
Tut bot Jstn des 104 und was die Erklärung des Ausdrucks betrifft, auch Sun« 
614 Atl.tt.tel«. 
um so eher un untersucht lassen, da es sich in demeinen wie in den 
andern Fall nur um eine uneigentiiche Bezeichnung handelt, dem 
Bedeutung sich nicht unmittelbar von dem einen Gebiet auf das an- 
dere übertragen lässt '), und da für die Anschauung des Alterlhnms 
im Begriff der Reinigung, sofern dieser auf Gemütbszustande ange- 
wandt wird, die Merkmale der Heilung und der Entsühnung inein- 
anderßiessen *}. Dagegen dürfen. wir die Frage nichl umgehen, 
durch welche psychologischen Vorgänge die reinigende Wirkung 
der Kunst seiner Ansicht nach vermittelt und bedingt ist. DieKunst, 
hat man in dieser Beziehung gesagt, verschaffe dem Gemfilh Er- 
leichterung, indem sie das nun einmal in der menschlichen Natur 
liegende Bedurfhiss, bisweilen eine heftigere Gemütsbewegung 
durchzumachen, mittelst einer unschädlichen Erregung der Affekte 
befriedige und ableite s ). Aber sollte wohl Aristoteles die Tiiai- 
(Arist. and die Wirk, der Trag. 21 ff. u. ii.) beistimmt; wogegen Eon (üsber 
den Wirt. Begriff'dsr Katharsis. Elbing 1851. S. 8) n. A. von der religiösui 
und Kultusbedeutung: „Reinigung von Schuld, Entsühnung" ausgehen, an 
die auch unsere lote Ausgebe II, 551 in Verbindung mit der ärztlichen ei- 
1) Dagegen lässt sich nicht annehmen, liass Amt. den Tan ihm für eine 
bestimmte Wirkung der küns tierischen Darstellung ausgeprägten Ausdruck 
»iöctpaL; in der Stelle der Politik über die Musik in anderem Sinn gebrauche, 
als in der der Poetik aber die Tragödie, und Pol. VIII, 7. 1341, b, 38 giebt 
uns auch nicht das entfernteste Recht zu der' Voraussetzung, die tragische 
Katharsis sei von der musikalischen der Art nach verschieden. Die eine kann 
durch andere Mittel bewirkt werden als die andere, aber die mit dem Aul- 
druck x48«pois bezeichnete Wirkung selbst muss in beiden Füllen, wenn 
man Arist. nicht eine geradezu irreführende Verwirrung in der Terminologie 
intrauen will, im Wesentlichen die gleiche sein. Dieses beides hat Susi 
8. IS f. 31 f. s. Schrift zu wenig unterschieden. 
2) Wer vom Enthusiasmus oder sonst einer heftigen, als unfreier Znstud 
auf ihm lastenden Gemütsbewegung ergriffen ist, der ist (wie noch Arial. 
Pol. VIII, 7. 1342, a, 6 sagt) KKOM&xnM«. Die xatoxov/J) oder xaioxuij ab» 
wird ursprünglich durchaus als flsia xstoxio^Ji gedacht, von welcher man «Jel 
durch Versöhnung der Gottheit zu befreien hat, die Krankheit ist eine g "' 
gesandte, die Heilung Folge der Entsöhnnng (vgl. Pi.stu Phadr. 244, D !■]■ 
Auch der Ausdruck ioaoiiuatt, dessen sich Proklus, vielleicht nach Aristoteles 
für die Katharsis bedient, drückt diess aas; Bebnays (Abb. der Bresl. (tatü- 
schaft 164. 199} scheint mir auch liier die religiöse Beziehung zu wenig &>'' 
zuhalten. 
3) So Weil a. a. 0. 139; aber auch Bebhiys führt nicht weiter. Auch 
Wirkung der Kunst; Beifügung. 61S 
sache übersehen haben, dass nicht jede Erregung von Affekten eine 
Beruhigung und Reinigung bewirkt, und dass namentlich zwischen 
denen, welche die Kunst, und denen, welche die Wirklichkeit her- 
vorruft, in dieser Beziehung ein grosser Unterschied ist? Und wenn 
er sie nicht übersah, sollte er keinen Versuch gemacht haben, diese 
Erscheinung zu erklären? Wenn wir ihn selbst boren, können wir 
weder dieses noch jenes annehmen. Die Katharsis ist seiner Dar- 
stcllung nach allerdings eine durch Erregung der Affekte herbeige- 
führte Beruhigung, eine homöopathische. Heilung der Affekte 0» 
aber nicht von jeder beliebigen Erregung der Affekte erwartet Ari- 
stoteles diese Wirkung, sondern nur von ihrer kunstmässigen Er- 
regung, und als kunstmässig gilt ihm, wie diess aus seinen Äusse- 
rungen über die Tragödie deutlich hervorgeht, nicht diejenige, 
welche die stärkste Gemülhsbewegurig in uns hervorbringt, sondern 
diejenige, welche sie auf die rechte Weise hervorbringt. Käme es 
bei der künstlerischen Katharsis nach der Ansicht des Aristoteles 
nur darauf an, dass gewisse Affekle erregt werden, und nicht 
wesentlich zugleich auf die Art, wie, und die Mittel , wodurch sie 
erregt werden, so hatte er den Maasstab für die Beurtheilung der 
Kunstwerke nicht aus ihrem Inhalt und seiner sachlich richtigen Be- 
handlung, sondern einzig und allein aus ihrer Wirkung auf die Zu- 
schauer entnehmen müssen, wovon er doch weit entfernt ist*}. 
er weiss zur Erklärung der durch die Kunst hewirkten Katharsis nur zu sa- 
gen, dieselbe sei eine Entladung sollicitirter Affectionen, wie kathsrrischo 
Mittel dem Körper dadurch Gesundheit schaffen, dass sie den krankhaften 
Stoff zur Aeusserung hervordrängen, so wirke die kathartiaehe Musik beru- 
higend, indem sie das ekstatische Element in uns seine Lust büsseu lasss 
u. s. w. Vgl. 171. 176. 164 u. a. St. der Abhandlung Tom J. 1868. 
1) Die Tragödie bewirkt durch Mitleid und Furcht die Reinigung dieser 
Affekte (Poet. 0), die heilige Musik dadurch, dass sie den Menschen in eine 
Enthusiast» ehe Gemüthsstimmung versetzt, Seine Heilung und Reinigung 10m 
Enthusiasmus (Polit. VIII, 7. 1342, a, i ff. Tgl. m. c. 5. 1340, a, 8 ff. S. o. 
eis, 3). 
2) Um hier nur an Eines zu erinnern: Arist. kann nicht oft genug ein- 
schürfen, dass im Trauerspiel sowohl die Handlung als die Charaktere sich 
nach dem Gesetz der Noth wendigkeit und Wahrscheinlichkeit entwickeln müs- 
sen (Poet. 7. 1450, b, 32. Ebd. Schi. c. 9, s. o. 608, 1. c 10. 1452, a, 18. c 15. 
1454, a, 33 ff.), und er tadelt es an den Dichtecu, wenn sie die durch die Na- 
tur der Sache geforderte Entwicklung aus Rucksicht auf den Geschmack des 
Publikums verlassen (c. 9. 1451, b, 33 ff. vgl. c. 13. 1453, a, 30 ff.). 
i „Google 
616 Aristoteles. 
Wir sind mithin der Aufgabe nicht fiberhoben, in der eigenthindi- 
chen Natur der künstlerischen Darstellung den Grund aufzuzeigen. 
von welchem es Aristoteles herleitet, dass die künstlerische Erre- 
gung der Affekte dieselben beruhigt, während da, wo sie durch die 
Wirklichkeit erregt werden , diese Wirkung nicht eintritt. Diesen 
Grund aber, wo anders könnten wir ihn suchen, als in dem, was 
nach Aristoteles überhaupt den Unterschied zwischen der Kumt 
und der gemeinen Wirklichkeit ausmacht? Die eine stellt uns mir 
Einzelnes vor Augen, die andere im Einzelnen Allgemeines; in 
jener waltet vielfach der Zufall, diese soll uns in ihren Schöpfungen 
eine- feste Gesetzmässigkeit erkennen lassen *). Aristoteles sagt 
uns allerdings nirgends ausdrücklich, dass die reinigende Wirkung 
der Kunst hierauf beruhe; aber wenn wir seine hier gerade so 
lückenhaft überlieferte Lehre im Geist seines Systems ergänzen 
wollen, so lüsst sich kaum an etwas anderes denken. Die Kunst, 
wäre dann zu sagen, läutert und beruhigt die Affekte, weil sie 
dieselben ihrem Gesetz unterwirft, sie nicht an das Persönliche, 
sondern an das allgemein Menschliche anknüpft, ihren Verlauf 
durch ein festes Maass beherrscht und ihre Macht einschränkt 1 ); 
die Tragödie z. B. lässt uns in dem Schicksal ihrer Helden das all- 
gemeine Menschenloos und zugleich das Gesetz einer ewigen Ge- 
rechtigkeit ahnen *)i die Musik beruhigt die Erregungen des Ge- 
ll S. o. fl. 607 f. 
2) Nur 80 nämlich, als Reinigung der Affekte, nicht als Befreiung des 
Menschen von den Affekten (nie man neuerdings nicht aalten erklärt bat), 
werden wir die xiflapgi( ]ta8n|*srrii>v fassen dürfen. Schon sprachlich ist kaum 
eine andere Auffassung möglich, und aschlich geriethen wir bei jener Er- 
klärung in den Widersprach, dtM uns die Tragödie durch Erregung des Mit- 
leids nnd der Furcht von Hitleid und Furcht befreien, diese Affekte nicht Dir 
durch lieh selbst lHutern, Bondern durch sieb selbst vernichten mannte. 
3) Nach Poet. c. 13 soll sie weder gani Unschuldig« noeb durchaus 
Schlechte ans einer glücklichen Lage in's Unglück geratheu lassen, sondern 
solche, die weder durch Trefflichkeit noch dureb Schlechtigkeit sieh aus- 
zeichnen, die aber doch lieber über der mittleren sittlichen Höhe stehen, all 
unter derselben ()] oTou Etpijtai, fj ßeX-riovot fi£0,o» fl •fßipo'ittt), (ifl 3ii pi^pin 
ÜXk SV i|mpTLttv u4v&Xr,v. Die Tragödie soll demnach so gehalten sein, dau 
wir uns in die Lage und Handlungsweise ihrer Helden hin ei» fühlen, dass wir 
uus sagen können, was diesen begegnet, könnte jedem von uns auch begeg- 
nen, zugleich aber so, dass uns dieses Schicksal nicht als ein durehaas un- 
verdientes, sondern als ein selbstverschuldete« erscheint, die Qesetae der sitt- 
Wirkung Jet Kunst. Die Kirnte. 617 
müths, indem sie dieselben durch Rhythmus und Harmonie bindet *)• 
Wissen wir auch nicht, wie Aristoteles diesen Gedanken näher 
ausgeführt hat, so müssen wir doch nach den Voraussetzungen 
seiner Kunsttheorie annehmen, dass er ihn in der einen oder der 
anderen Form aussprach *). 
Wenden wir uns nun von diesen allgemeinen Ansichten über 
die Kunst zu den einzelnen Künsten, so giebt uns Aristoteles selbst 
verschiedene Gesichtspunkte an die Hand, aus denen sich eine Ein- 
theilung derselben hätte gewinnen lassen. Alle Kons! ist Nachah- 
mung, aber die Mittel, die Gegenstände , und die Art dieser Nach- 
ahmung sind verschieden. Die Mittel der Nachahmung sind llieils 
Farbe und Gestalt, theils die Stimme,' theils Wort, Harmonie und 
Rhythmus; und diese Mittel werden theils einzeln, theils mehrere von 
liehen Weltordnung eich darin offenbaren. — Es ist eine auffallende Verken- 
nung des Sinne dieser Stelle, wenn Kock a. a. O. 8. 11 meint, die Reinigung 
des Mitleids durch die Tragödie beruhe auf dem Gedanken, dass^man den 
Leidenden nicht so übermässig in bedauern brauche, weil er ja doch uioht 
gaDi unverdient leide, die Reinigung der Furcht auf der Uefaerzeugung, dass 
wir die Debel, welche den Helden treffe», gar wohl vermeiden kSnnen, wenn 
wir den Fehler, der sie herbeigeführt hat, eben nicht machen. Wenn die Wir- 
kung der Tragödie für Aristoteles in dieser ecbaalen moralischen Nutzanwen- 
dung eufgienge, dann hatte er vor Allem die Stücke empfehlen müssen , welche 
er so entschieden verwirft (a. a. O. 1453, a, 1. 30), die, in welchen grosse 
Verbrechen bestraft werden und die Tugend belohnt wird, denn bei diesen 
hat ja der Zuschauer die Beruhigung, dass er die Strafe des Verbrechens 
vermeiden und den Lohn der Tugend einerndten könne, in noch weit hö- 
herem Grade. Und Arist. weiss auoh, dass man mit dieser Moral Glück 
macht, aber er sagt (a. a. O.), sie gehöre nicht in die Tragödie, sondern in's 
Lustspiel. 
1) Bei dieser giebt sich Stihs (Arist. und die Wirk, der Trag. 19 ff.) 
seltsamer Weise mit der Erklärung von Bernays zufrieden, verwickelt sieh 
aber ebendamit in den Widerspruch, die Katharsis, welche doch von Arist. 
von verschiedenen Kunstgattungen gleichmässig ausgesagt wird, in dem 
einen Fall ganz anders fassen und erklären su müssen, als in dem andern. 
Vgl. 6. 614, 1. 
2) In dieser im Wesentlichen schon in der 1. Ausg. TT, 551 ausgespro- 
chenen Ansicht freue ich mich mit Brikdis II, b, 1710 ff. III, 163 ff. tusam- 
nienzn treffen. Weiter vgl. m. zu dem Obigen auch Müllbb Gesch. der Theorie 
der Kunst II, 56 ff. 378 ff. Boht» die Idee der Tragödie 117 ff. Subkuihi. 
Jahtbb. für Philo!. LXXV (1857) 8. 153 ff. Umbrwio Zeitsohr. für Philo«. 
XXXVI, 260 ff. 
JigiiizBdby Google 
6i8 Aristoteles. 
ihnen verbanden angewendet '}■ Den Gegenstand, welchen die Kunst 
nachahmt, bilden im Allgemeinen handelnde Personen ), und diese 
stehen ihrem Wertb nach bald höher bald tiefer 3 ). Die Art der 
Nachahmung (bei der aber Aristoteles nur die Poesie im Auge hat) 
unterscheidet sich dadurch, dass der Nachahmende bald Alles in 
eigenem, bald Alles in fremdem Namen darstellt, bald zwischen 
beiderlei Formen wechselt*)' Indessen hat es Aristoteles nicht 
versucht, diese Unterschiede für eine systematische Einteilung der 
sämmtlichen Künste zu benützen. Auch über die einzelnen Künste 
liegt uns, ausser der Abhandlung über die Dichtkunst, nur sehr 
wenig von ihm vor: einige gelegentliche Bemerkungen über die 
Malerei 5 ), und eine eingehendere Erörterung über die Musik 5 ), 
deren Hauptinhalt schon früher mitgetheilt wurde'). Was endlich 
die Poesie betrifft, so beschränkt sich der erhaltene Thcil der ari- 
stotelischen Schrift fast ganz auf die Untersuchung über die Tragö- 
die. Die Dichtkunst, sagt sie, entsprang aus dem Nachahmungs- 
triebe 8 ); aus der Nachahmung edler Menschen und Handlungen 
gieng das Epos , aus der Nachahmung unedler das Spottgedicht 
1) Po8t. 1. 14*7,», 16 ff. 
2) (iifiouvrai ot (j.i|ioii|iivo[ irpä-iovTa; — • die Landschaftsmalerei, Katur 
Schilderung u. s. w. betrachte! demnach Arist. keinenfalls als einen selbatSo- 
digen Gegenstand der Kunst, 
3) C. 2 5. o. 607, 3. 608, 3. 
4) Poet. c. 3, Auf., wo mir diese schon von Pi.jlto {Rep. HI, 392, C - 
394, C a. 1. Abtli. f. 15, 2) ausführlich entwickelte und wahrscheinlich von 
ihm zuerst Aufgestellte Dreilheilung, nicht blos (wie Rittes z. d. St. will) 
die ZweitheUung iu erzählende und dramatische Poesie, gemeint m sein 
scheint, wo aber der Text allerdings schwerlich in Ordnung ist: statt Sri |lb 
aÄ«n t '^- 0Vta u - ■■ "■ »olltc man eher erwarten: i) öti [iiv sütov «RErrAXarm 
Ott i\ ftEDOV YL-(Vtj[lEVQV. 
6) Poet. 2, 16. s. o. 607, 3. 5. Pol. VIII, 5. s. o. 610, 2, und wenn mm 
will «ich PoL VIII, 8, s. o. 575, 4. 
6) Polit. VIII, 3. 1337, b, 27. c. 6-7. 
7) 8. 577 ff. vgl. 8. 613, 2. 3. Wenn Arist. hier (wie a. a. O. und 610, 3 
gezeigt ist) der Mnsik vorzugsweise die Nachahmung von Charaktereigen- 
schaften zuweist, 80 giebt doch die Politik die (iriiode dieses ihres Vorzugs 
vor den anderen Künsten nicht an; Probl. XIX, 27 vgl. c. 29 wird gefragt: 
8ii ti M JMttotBV fiovov ffiiq (Vit t&n abQijTÜv; und geantwortet: weil wir nur 
durch das Gehör Bewegungen wahrnehmen, das fflai aber sich in Handlungen, 
also in Bewegungen äussere. Diess ist jedoch schwerlich aristotelisch. 
8) S. o. 8. 606. 
3,g,::zedBy GOOgk 
Die Künste. Dichtkunst. Tragödie. 619 
hervor; in der Folge entwickelte sich als die geeignetste Form für 
die edlere Dichtung die Tragödie, für die setyrische die Komödie ')■ 
Eine Tragödie ist die Nachahmung einer bedeutenden und abge- 
schlossenen Handlung von einer gewissen Ausdehnung, in anmu- 
Ihiger, nach ihren verschiedenen Gattungen an. die einzelnen 
Theile dieser Darstellung verteilter Rede, in unmittelbarer Aus- 
führung, nicht in blosser Erzählung, welche durch Mitleid und 
Furcht die Reinigung dieser Gemüthsbewegungen bewirkt 1 ). Das 
Ziel der tragischen Dichtung liegt in der künstlerischen Erregung 
undReinigung von Mitleid und Furcht: die schmerzlichen Geschicke, 
welche sie uns vor Augen stellt, sollen unser Mitleid, weiterhin 
aber durch das Gefühl, dass es Unsersgleichen sind, welche hier 
leiden, unsere Furcht für uns selbst rege machen 8 ), beide Empfin- 
dungen aber sollen schliesslich in der Ahnung der ewigen Gesetze, 
welche sich uns in dem Verlaufe des Kunstwerks offenbaren, zur 
Ruhe kommen 4 ). Dieser Eindruck knüpft sich nun zunächst an die 
i) C. *. 5. 
2) C. 6. 1449, b, 24: ät-tv oüv tpafiudia [ii|)i)ai{ rcpädsu; al»uBa(af xa'i rs- 
i:i«(, fUytiot i'i.oic&i rfoipdiiu Xöiif, yjO^K ixatrrou t£Sy elBüJv lv läft [iQpioif 
(d. h., wie dieaa im dd mittelbar Folgenden erklärt wird, so, dans diu ver- 
schiedenen Arten des f)äüd|i£UO( X&yoi, Xsfi4 und |i£Äg;, an die Theile der Tra- 
gödie, Dialog und Chor, vertheilt sind; Tgl. c 1, Schi.) Sfuvnuv xai ou St' 
i7[«YT£j.Li(, Si" iKku xa'i ^äficiu Jtepaivouaa rijv ti5v toi&utujv (d. h. Vuv &it)Tixü)V 
*A foßi]Tixüv vgl. Bebhatb Abb. der Eresl. Gesellacb. u. a. w. 8. 151 f. 196 f. 
— weniger kann ich demselben in der Unterscheidung von Jti0o( und r.M^n 
ebd. 149. 194 f. folgen; Tgl. Si-enuei. a. a. O. 38 f.) jtaOiju.itwv xiüopa'.v. - 
3) Diese zuerst von Lbsbixg <>. a. O. 75. St. 8. 337 f.) erkannte Bedeu- 
tung des Mitleids nnd der Furcbt ergiebt sich süsser Rhut. II, 5, Anf. o. 8, 
Anf. namentlich ans den 8. 616, 3 "besprochenen Regeln, und ihrer Begrün- 
dung c 13. 1463, a, 4: h |i±v -jxp [sXeof] r.ip\ rbv ivi£tov fori Euatux,o3vra, o Si 
[f£ßo(] mp\ tov o[j.o[ov. Weil so der erste Kindruck der Tragödie der des Mit- 
leids nnd die tragische Furcbt erst durch dieses vermittelt ist, stellt Arial. 
gewöhnlich, wo er von der Wirkung der Tragödie redet, den iJUoj dem fö- 
ßo{ voran. ( 
4) S.o. 6. 616 f. Von dieser reinigenden Wirkung der Tragödie die ethi- 
sche als eine zweite, von ihr verschiedene EU unterscheiden (L'kbkhweo Zeit- 
schrift fflr Philo». XXXVI, 284 ff.), scheint mir nicht richtig. Stelle Arist, 
such hinsichtlich der Musik die na;S*-a, Eis-fu.^ xi8apai( als coordinirteZweck- 
hegriffe neben emsoder (». o. 609, 2. 610, 1j. so folgt doch nicht, dass auch 
die Tragödie alle diese Zwecke in gleicher Weise zu verfolgen hat; sondern 
wie es eine ethische und eine katharLceliu Mucik gicbl, d. h. eine solche, die 
dargestellten Ereignisse; sie sind daher bei jeder tragischen Dar- 
stellung die Hauptsache, der Mythus ist, wie Aristoteles sagt, die 
Seele der Tragödie 0; und demgemäss untersucht er denn vor 
Allem, was nach dieser Seite hin durch ihre Aufgabe gefordert ist: 
eine natnrgetnässe Entwicklang *), die richtige Grösse 3 ), Einheit 
der Handlung *), die Darstellung mustergültiger Vorgänge von 
allgemeiner Bedeutung *); er unterscheidet von den einfachen 
unmittelbar auf den Willen, and eine solche, die zunächst nur auf die Gt- 
mütbsstimmung und erat mittelst derselben auf den sittlichen Zustand wirkt, 
ao kann es auch eine Poesie geben, deren nächster Zweck in der Katharsis 
aufgeht. Dasa aber die Tragödie nach Ariat. wirklich eine solche kathartische 
Fötale aein solle, müssen wir deashalb annehmen, weil er in seiner Definition 
derselben ihren Zweck, wenn er ihn Oberhaupt angab, auch wesentlich voll- 
ständig angeben mnsate. Eine ethische Wirkung der Tragödie ist damit nicht 
ausgeschlossen, aber sie geht nicht als ein Zweites neben der kathurtiachsn 
her, sondern als Folge derselben aas ibr hervor; sie besteht in der ruhigen 
Gomüths Stimmung, welche sich durch die Reinigung der Affekte erzeugt, der 
Metriopathis, an die sie uns gewöhnt. 
1) Pott c 6, wo u. A. 1450, a, 16 (nachdem die sechs Bestandthsile der 
Tragödie, pSfle«, fjb), X^t;, li&vma, fyit, [uXoirotfgt, infgezab.lt sind): (ifytrov 
Si -rouroiv irriii f\ TÜV JipaYpJrnov oiiocaoi; - fj -jap tpi-fi^äis p.ijjT,a<; fanv e Jx ävApü- 
nig« liXi spiljttut xafi ßlou u'i £'jEi[|iovia( xn\ xaxoBatfiovEi; oEJxouv Situn t« 
JJSi; fiqujiKoVTai itpÄTTouoLV, äXXi -.% ffa ou|i:tEptla$iBiiioua[ Bli tb; np^iif. &ra ti 
xpöruaTi »ji a p.36o; tAo! t^; TpuYtjjiiac,. Z. 38: ipx^l P** °'' v xo " °' u * Wl 
S pyQac Tijt Tpay(üS!i(, Srunpov 81 t« jJ8t|. Tgl. c. 9. 1451, b, 27: TOV r.onj-nj" 
liaXXov tSv {xilBtov tcWt Sri iwnj-riiv !) t<Üv jie'tsuv. Dagegen wird die durch die 
Süssere Darstellung (die 5<Jii;) erreichte Wirkung für diejenige erklärt, die des 
kleinsten künstlerischen Wnrth habe; a. a. O. 14&0, b, IS. 
2) C. Ts. o. 615,3. 
3) Diese Frage wird a. a. O. 1450, b, 34 ff. in ähnlichem Sinn entschie- 
den, wie in der Politik (s. o. GT1, 2} die über die Grösse des Staats. An sieb 
ist die längere und reichere Darstellung schöner, wenn die Durchsichtigkeit 
der Entwicklung (das EiJsiJvoTrcov) unter ihrer Länge nicht leidet; die richtige 
Norm der Grösse ist: tv Soui ps-ftQst *ara td tfob; i) to ävaYxolov tfilifc rrfw- 
fttVu» oup.pa!V£! e[{ EiJ-TJ^fav Ja 8u;rj^iof !j ft eäru^ia; il; Sujrjyiav pjTißiXXtrv. 
4) Von den sog. drei aristotelischen Einheiten der französischen Schalt 
findet sich bei Amt. selbst bekanntlich nur die Einheit der Handlung, welche 
Poet. c. 3 vgl. c. 9. 1451, b, 33 ff. c 16. 1456, b, 10 ff. bespricht. Die Einheit 
des Orts berührt er gar nicht, und über die der Zeit bemerkt er nur (c. b. 
1449, b, 13): die Tragödie bemühe sieb, die Handlung in Einen Tag rossm- 
menzudrangsn, oder dieses Hasss wenigstens nicht viel sn überschreiten, 
eine Regel giebt er nicht darüber. 
6) C. 9{ s. o. 6Q8, 1. 
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Tragödie. Epos. 821 
Handlangen die verwickelten, in welchen der Wechsel in der 
Lage der handelnden Personen durch eine Erkennung oder eine 
Peripetie herbeigeführt wird l ); er zeigt, wie die Mythen behandelt 
werden müssen, am die Gefühle des Mitleids and der Furcht, nicht 
etwi die der sittlichen Entrüstung oder Befriedigung ') oder der 
blossen Verwunderung, und um dieselben durch sich selbst, nicht 
Mos durch die äussere Darstellung, hervorzubringen 1 !)' Weiter er- 
örtert Aristoteles die Bedingungen einer richtigen Charakterschilde- 
rung *) , um sich schliesslich zu der Erörterung Aber die für die 
Tragödie geeignete Ausdrucksweise y ) zu wenden. Wir können 
uns bei dieser technischen Ausführung nicht verweilen , und auch 
aus dem Abschnitt über die erzählende Poesie s ), mit dem unsere 
Poetik abschliesst, nur anführen, dass Aristoteles auch hier vor 
Allem auf die Einheit der Handlung dringt, und eben darin den Un- 
terschied des Epos von der Gescbichtschreibung sieht, welche das 
1) C. 10. 11, wo auch Weitere« Über iva-fVfüpiaij and icipijrfwta. Auf die 
«vapnupian kommt e. 18 zurück; indessen hat Kjttku'h Ansicht, dass diese« 
Kapitel unlcht sei, Manches für sich; jedenfalls steht es wohl am unrechten 
Orte. Derselbe verwirft den Schlug! von'c. 11, wo der Peripetie und Erken- 
nung; noch das TtiBo; als Theil des Mythus beigefügt ist, und c. 12, eine ziem- 
lieh trockene AufzHhlung der Theile der Tragödie, welche störend genug hier 
eintritt, nnd auch bierin muss ich ihm beistimmen. 
2) In diesem Sinne, von der Befriedigung jenes sittlichen Gefühls, auf 
dessen Verletzung sich die sog. Nemesis (s. o. 496, 5) bezieht, verstehe ich 
dss oiXävflpuTtov, welches nach Arist. (c. 13. 1453, a, 3. c. IS. 1466, a, Gl) dem 
verdienten Unglück des Verbrechers anhaftet. Gewöhnlich denkt man dabei 
(wie schon Lbssiks) an die menschliche Thoilnaime, mit welcher wir auch 
diesen in einem solchen Falle begleiten; allein Arist. scheint, namentlich 
c. 18, gerade in der Bestrafung des Unrechts als solcher daa f iWreOpoiKOv zu 
finden: wer es mit der Menschheit gut meint, der muas wünschen, daas ihre 
Feinde kein Glück haben. 
3) C. 13. 14. 
4) C. 15, wo aber 6. 1454, a, 24 f. auch eine Schwierigkeit liegt; s. 
Ritt» e. d. St. 
6) Die Xsfo q. 19—22, wozu Müller a. a. O. 131 ff. z. vgl. Die Torher- 
gehenden Kapitel, 16 — 16, muss ich um so mehr übergehen, da wohl ein 
grosser Theil derselben, wie Bitteb annimmt, interpolirt, oder wenigstem 
an einen falschen Ort gestellt ist. Auch e. IT hat keine klare Stellung. Eben» 
werden die grammatischen Erörterungen c. 20. c. 21 g. E. und einiges An- 
dere von Retter nicht ohne Grund beanstandet. 
G) C. 23—26. 
i „Google 
Gleichzeitige abgesehen von dem inneren Zusammenhang erzähle 1 ), 
und diss er hauptsächlich aus diesem Grunde, wegen ihrer 
geschlosseneren Einheit, bei der Vergleichimg des Epos mit der 
Tragödie der letztem die höhere Kunstform zuspricht 1 )- Ueber die 
übrigen Dichtungsarten geben uns die erhaltenen Theile des aristo- 
telischen Werks keinen Aufschluss; nur die Komödie war schon 
früher kurz berührt worden '), und so flüchtig diese Andeutungen 
auch sind*), so sehen wir doch schon aas ihnen, dass Aristoteles 
Ptato's herben Urtheilen über diese Dichtungsart beizutreten nicht 
geneigt war 6 ). 
16. Das Verhaltnies der aristotelischen Philosophie 
zur Religion "). 
Wenn wir in dem vorhergehenden Abschnitt über die Bruch- 
stücke einer Theorie zu berichten hatten, welche Aristoteles seibat 
1) c. 23. 
2) C. 36, bei dem mir Rittes 's Verwerfungsurtheil doch keineswegs fest- 
steht. Auch c. 25 scheint mir viel Acht Aristotelisches zn enthalten. 
3) S. o. 608, 3. 4. 
4) Einige Ergänzungen dazu hat Beeriis, wie schon 3. 76, I, Schi be- 
merkt wurde, iu einer sonst werthloeen Compilation mit Wahrscheinlichkeit 
nachgewiesen. Ausser dem 8. 608, 4 Angefahrten gehört hieher namentlich 
die Eintheilung der komischen Charaktere in ßu>|ioXetYa slpbnixk and dt *S* 
ttXa£ävtuv, nnd die des Lächerlichen in T&os ix itp X&u* und y&wc h tu» 
Ttf.a-fliiTrüv. üeber die Bedeutung der ersten und die vielleicht aristotelischen 
weiteren Verzweigungen der zweiten Einteilung s. m. Bkrsays a> a. 0, 
Bhein. Uns. N. F. VIII, 677 ff. 
5) Pinto hatte die Komödie nur Überhaupt als Darstellung des HSss- 
lichen, und die Freude an dieser Darstellung als Schadenfreude aufgeiaut; 
erst in den Gesetzen will er sie als Mittel moralischer Belehrung anlassen 
(s. 1. Abth. 612, 8. 614, 8). Aristoteles giebt zu, dsW~eie es mit den mensch- 
lichen Mangeln zu thun habe, aber er fügt bei, es handle sich nur um un- 
schädliche Mangel, und indem er zugleich von der Komödie verlangt, das) 
sie nicht einaelne Personen verspotten, sondern Charaktere zeichnen solle, 
öffnet er sieh den Weg, um auch in ihr eine Läuterung natürlicher Stimmun- 
gen zu erkennen. Ob er diesen Weg wirklich eingeschlagen, und ob er der 
Komödie eine höhere Stellung angewiesen hatte, als derjenigen Musik, die er 
Polit. Vffl, 7. 1842, a, 18 ff. dem Pöbel vorbehält, können wir allerdings nich: 
entscheiden. 
6) Vgl. Zell Aristoteles in s. Verhältnise zur grieuh. Volksreligion be- 
trachtet. Feriensohr. N. F. I, 289 ff. Reidelb. 1857. 
i „Google 
Philosophie and Religion. 623 
vollständiger ausführte, so handelt es sich in dem vorliegenden um 
die Bestimmung eines Verhältnisses, welches der Philosoph nur in 
vereinzelten Aeusserungen gelegenheitlich berührt, nicht ausdrück- 
lich zum Gegenstand der wissenschaftlichen Betrachtung gemacht 
hat. Aristoteles hat so wenig, wie Plato, die Religionsphilosophie 
als eigene Wissenschaft behandelt'); andererseits fehlen aber auch 
seiner eigenen Philosophie die Zöge, durch welche die platonische, 
so viel sie auch an der bestehenden Religion zu tadeln hat, doch 
selbst wieder einen religiösen Charakter erhält. Er hat nicht jenes 
Bedürfniss der Anlehnung an den Volksglauben , welches sich in 
den platonischen Mythen ausspricht, wenn er auch nach dem Grund- 
satz, dass der allgemeinen Meinung und der unvordenklichen 
Ueber lieferung immer eine gewisse Wahrheit zukomme *), die An- 
knüpfungspunkte, die er ihm darbot, gerne benützt s ). Seine wis- 
senschaftlichen Untersuchungen erhallen nicht jene durchgreifende 
unmittelbare Beziehung auf das persönliche Leben und die Bestim- 
mung des Menschen , in welcher der religiöse Charakter des Piato- 
nismus vorzugsweise begründet ist *); und auch wo er sie aufs 
Praktische anwendet, sind es immer nur sittliche, nicht religiöse 
Antriebe, die er daraus ableitet. Seine ganze Weltansicht geht 
darauf aus, die Dinge möglichst vollständig aus ihren natürlichen 
Ursachen zu erklären; dass die Gesammtheit der natürlichen Wir- 
kungen auf die göttliche Ursächlichkeit zurückzuführen sei, bezwei- 
felt er nicht im Geringsten 5 ); aber weil damit wissenschaftlich 
nichts erklärt ist, knüpft er das Einzelne nicht, wie diess Plato so 
oft Ihul, unmittelbar an jene göttliche Wirksamkeit an : der sokra- 
tiscb-platonische Begriff der Vorsehung, als einer auf das Einzelne 
bezogenen göttlichen Thätigkeit, findet bei ihm keine Steile. Seinem 
System fehlt daher jener warme Ton religiöser Empfindung, welcher 
1} Seine Ansicht Ober die Gottheit setzt er zwar in der Metaphysik aus- 
einander; aber die Frage, mit welcher erst die Religion sphilosop hie als solche 
beginnt, nach, der unterscheidenden Eigentümlichkeit der Religion, nament- 
lich in ihrem Verhitltniaa Illr Philosophie, hat er nirgends eingehender unter- 
sucht. 
2) S.o. 177, 8." 597, 5. 
3) Die Belege hiefllr sogleich. 
4) Vgl 1. Äbth. 8. 606 f. 
5} 8. o. 8. 289. 
3,g,1 EE dby G00gle 
634 Aristoteles. 
ans dem platonischen in «Ben Zeiten empfängliche Gemüther so 
lebhaft angesprochen hat, es erscheint in Vergleich mit diesem hall 
and schwanglos. Und es wäre verfehlt, den Unterschied, welcher 
in dieser Beziehung zwischen den beiden Philosophen stattfindet, 
längnen oder verkleinern zu wollen. Sie behandeln ihren Gegen- 
stand wirklich in einem verschiedenen Geiste : das innere Sand, 
durch welches die platonische Philosophie an die Religion geknüpft 
ist, sehen wir in der aristotelischen zwar nicht gänzlich zerschnit- 
ten, aber doch so weil gelockert, dass der Wissenschaft die freieste 
Bewegung auf ihrem Felde möglich gemacht ist, und nirgends der 
Versuch gemacht wird, wissenschaftliche Fragen mit religiösen 
Voraussetzungen zu beantworten; während andererseits das Posi- 
tive, was nun weiter hätte hinzukommen müssen, die Religion selbst 
in Ahnlicher Weise, wie die Kunst oder die sittliche Thotigkeit, 
zum Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung zu machen, 
von Aristoteles so wenig, als von seinem Vorgänger, in Angriff 
genommen wurde. So verschieden sich aber auch beide Philosophen 
thatsieblich zur Religion verhalten mögen: in ihren wissenschaft- 
lichen Ansichten über dieselbe stehen sie sich doch sehr nahe, und 
sie unterscheiden sich in dieser Beziehung hauptsächlich dadurch, 
dass Aristoteles manche Folgerungen strenger sieht, deren Voraus- 
setzungen auch Plato nicht fremd sind. 
Aristoteles ist, wie wir wissen, mit Plato von der Einheit des 
göttlichen Wesens (sofern wir unter diesem die Gottheit im eigent- 
lichen Sinn , die höchste wirkende Ursache verstehen), von seiner 
Erhabenheit über die Welt, von seiner Unkörperlichkeit, seiner rein 
geistigen Natur, seiner mangellosen Vollkommenheit überzeugt, 
und er sucht sowohl das Dasein als die Eigenschaften der Gottheit 
noch vollständiger und strenger, als jener, durch wissenschaftliche 
Beweisführung darzuthun. Aber während Plato die Gottheil einer- 
seits der Idee des Guten, welche sich doch nur-' unpersönlich den- 
ken lässt, gleichgesetzt, andererseits aber ihre weltbildende und 
weltregierende Thättgkeit der gewöhnlichen Vorstellung entspre- 
chend nnd nicht ohne mancherlei mythische Znthaten geschildert 
hatte, wird diese Unklarheit von seinem Schüler durch feste, nacl 
beiden Seiten hin scharf abgegrenzte Bestimmungen gehoben : dit 
Gottheit ist als persönliches ausserweltliches Wesen vor jeder Ver- 
mischung mit einem allgemeinen Begriff oder einer unpersönliche" 
Theologie. 625 
Kraft geschützt, dagegen soll sie, in ihrer Thätigkeit aufs reine 
Denken beschränkt und lediglich auf sich selbst bezogen, in den 
Weltlauf nicht weiter eingreifen, als dadurch, dass sie die Bewe- 
gung der aus s ersten Sphäre hervorruft ')■ f' e einzelnen Ereignisse 
lassen sich daher auf diesem Standpunkt nicht unmittelbar auf die 
göttlickc Ursächlichkeit zurückführen : Zeus regnet nicht, dass das 
Getreide wachse oder verderbe, sondern weit nach allgemeinen 
Naturgesetzen die aufsteigenden Dünste sich abkühlen und als 
Wasser niederschlagen"); die weissagenden Träume sind nicht von 
den Göttern gesandt, um uns die Zukunft zu offenbaren, sondern 
soweit hier überhaupt ein Causalzusammenhang und kein blos zu- 
fälliges Zusammentreffen stattfindet, sind sie als natürliche Wirkun- 
gen aus körperlichen Ursachen abzuleiten 3 ). Und an diesem Ergeb- 
niss wird auch dadurch nichts geändert, dass zwischen den höchsten 
Gott und die irdische Welt noch eine Anzahl weiterer ewiger 
Geister eingeschoben wird *); denn die Thätigkeit dieser Him- 
melsgeister beschränkt sich gleichfalls darauf, die Bewegung ihrer 
Sphären hervorzubringen, von einer in's Einzelne eingreifenden 
Wirksamkeit, wie sie der Volksglaube seinen Göttern und Dämonen 
beilegte, ist bei ihnen nicht die Rede. Die wesentliche Wahrheit 
des Vorsehungsglaubens will Aristoteles darum allerdings nicht 
aufgeben; auch er erkennt in der ganzen Welteinrichtung das 
Walten einer göttlichen Kraft, einer vernünftigen Zweckthätigkeit"), 
er glaubt insbesondere, dass die Götter für die Menschen sorgen, 
dass sie dessen, welcher vernunftgemäss lebt, sich annehmen, dass 
die Glückseligkeit ihr Geschenk sei 6 ); auch er widerspricht der 
Meinung,* als ob die Gottheit neidisch sei, und desshalb etwa die 
1) 8. 8. 271 ff. vgl. m. 1. Abth. S. 690 ff. US ff. 
2) 8. o. 262, 1. ' 
3) 3. o. 424, S. 269, 1. 
4) S. 8. 8.48. 
5) 8. 8. 288 f. 381 ff. 
8) Eth. N. X, 9. 1179, a, 24; tl fip Ti( 'nipÄEia tum äv8pio7t£viuv Snb Biüv 
■jiv&TOH, äOJtEJ BoXeI, XOI 6*1] KV EÜXo-fOV ■fO.lptfi te «ilioü; tÖ «pioTtu, xal tö 1Uf- 
■jevsoiiTiii (toüto 6' äv e"h S voÜ() xtit to'u? arjaxämat [J.iXiara toÜto x«\ TipSviai 
ivTEuitoifiv ms tSv f Q,(uv iuTdi( E , j:!fie).oij|AS , Y0u4 xa\ ipBfijf te xcü xaXöJf np&nwTa«. 
I, 10. 1099, b, 11: d («» oJv u\ öXlo Ti in-\ Beüv BuipJijia avSpürcoi;, eüXovov 
x*\ -rijv tüBatjiotkv Beö«SoTov eIWi xa\ (liXiara tüv avSpunciuiov Boiu (WXtwwy. 
Phiioi. i. Oi. n. Bd. 1. Ai>tt * 40 
826 ArlBtoteUi. 
beste ihrer Gaben, das Wissen, den Menschen vorenthalten könnte 1 ). 
Aber diese göttliche Fürsorge (511t für ihn mit der Wirkung der 
natürlichen Ursachen durchaus zusammen *), und das am so mehr, 
da er auch den weiten Spielraum, welchen Plato durch seine Schi!' 
derungen des jenseitigen Lebens und seiner Vergeltangszustäode 
einem unmittelbaren Eingreifen der Gottheit eröffnet hatte, mit die- 
ser Eschatologie selbst beseitigt. Die Gottheit steht nach Aristoteles 
in einsamer Selbstbetrachtung ausser der Welt; sie ist für den 
Menschen Gegenstand der Bewunderung und der Verehrung ')i 
ihre Erkenntniss ist die höchste Aufgabe für seinen Verstand *), in 
ihr liegt das Ziel, dem er mit allem Endlichen zustrebt, dessen 
Vollkommenheit seine Liebe hervorruft 5 ) ; aber so wenig er eine 
Gegenliebe von ihr erwarten kann, ebensowenig erfährt er auch 
überhaupt von ihr eine Einwirkung , welche von der des Natunn- 
sammenhangs verschieden wäre, und seine Vernunft ist das Ein- 
zige, wodurch er mit ihr in unmittelbare Berührung tritt *). 
Auf diesem Standpunkt konnte nun Aristoteles der Volksreli- 
gion nicht die gleiche Bedeutung beilegen, wie Plato. Dass sie 
allerdings auch ihre Wahrheit haben müsse , diess ergab sich für 
ihn schon aus seinen Annahmen über die geschichtliche Entwick- 
lung der Menschheit und über den Werth der gemeinen Meinung. 
Die allgemeine Ueberzeugting gilt ihm ja an und für sich schon ab 
1) Metaph. I, 2. 982, b, 32 (a. o. 111, 4): et 8} Ufovvi n ot icanpä *« 
jtfipuxt pflovitv -tb Stlov, b& TotStou aupßafouv (iäIiotb ehii iXl' oSn w Oeioi 
? 8ovcpbv JvS^ini eTvhi a. s. w. Vgl. 1. Abth. 467, 1. 600, 3. 
2) Etil. I, 10 fBhrt A. fort: paivstai St xäv et (ij) 6c6nc|Mndf sVciv älli fc' 
eprrijy xa; ttva ft&lhflti Jj ämtijaiv irapKf(vcTat tüv 6eiot4twy Utax - *b f^> tij( «P" 
tij( Sfllov xa'i zikot ipmov tTvai tprivsr« xa'i teiiv v. xai itxxipiov. Vergloicieii 
wir biemit die 8. 485, 3. 289, 2 angeführte Stelle aus Etb. X, 10, so liegt in 
Tage, dass da« BtöuBotov der Glückseligkeit eben nur in der sittlichen und 
geistigen Anlage des Menschen, dem natürlichen Besitz der Vernunft besteht, 
dessen er «ich aber durch Lernen und Uebnng für sein wirkliches Leben i» 
versichern hat. Vgl S. 476, 4. 
3) Metaph. XII, 7 (s. o. 277, 2). Seseca qu. uat. VII, 30: egrtgie Ariito- 
idea ait, tatnguain nos vertewndioret esse dtbtre quam cum de DU agitur. 
4) Sie ist daa höchste Denkbare (a. u. 278, 2), die Theologie daher (i 
124, 6) der höchste Tbeil der Philosophie. 
6) Vgl. 8. 280. 278, 1. 
6) M. i. hierüber Anm. 2. 9.. 438 ff. % 
i „Google 
Theologie; Verhältnis cur Volksreligion. 627 
ein Merkmal der Wahrheit '), und diess um so mehr, wenn es sich 
um solche Ueberzeugungen handelt, die sich seit unvordenklicher 
Zeit in der Menschheit fortgepflanzt haben. Da die Welt nach 
Aristoteles ewig ist, so rnuss es auch die Erde sein, und wenn es 
die Erde ist, muss es auch die Menschheit sein. Nun unterliegen 
freilich alle Theile des Erdbodens einer beständigen Veränderung*), 
und eine Folge davon ist es , dass die Menschheit sich nicht in ge- 
radlinigem Fortschritt entwickelt, sondern immer von Zeit zu Zeit 
wieder in den Zustand der Unwissenheit und Rohheit zurückgewor- 
fen wird '), dass sie im Kreislauf des Werdens*) immer wieder von 
vorne anfangen muss s ). So ist alles Wissen und alle Kunst unzäh- 
ligemat entdeckt worden nnd wieder verlorengegangen, and die 
gleichen Vorstellungen sind nicht nur ein oder zweimal, sondern 
unendlich oft zn den Menschen gekommen. Aber doch hat sich eine 
gewisse Erinnerung an einzelne Wahrheiten in dem Wechsel der 
menschlichen Zustände erhalten; und diese Ueberbleibsel eines un- 
tergegangenen Wissens sind es nach Aristoteles, welche den Kern 
der mythischen Ueberlieferung ausmachen e )- Auch der Volksglaube 
ist daher aus dem wahrheitsuchenden Geiste hervorgegangen, 
mögen wir ihn nun unmittelbar auf jene Ahnung des Göttlichen, mit 
welcher sich auch der Philosoph in Uebereinstimmung zu erhalten 
1) 3. o. 177, 8, »nah 697, B. 
2) 8. 8. 394, 1. ' 
8) Vgl. Polit. It, 8. 1289, a, 4: ecuS; xt tou( jrp(foou(, tta ■piT EV *'C fa™ ift' 
ix finpai 1IV04 £(7<u&)]<Jiv, ifioisu; eTvbi k«1 toiif Tu^ivta; xKl TOv; bvoiJtou;, (SqTtEp 
*«\ Uftru xcrei tlTiv prrwfiiv, Cor' öronov w lmveiv h Ttftj toOtiüv Bifjiaatv. 
4) Vgl. Phys. IV, 14. 323, b, 24; <p*dt fap xiixXov «Tuai tb Mpikciv« npiy- 
5} Aehnlich schon Pi.ito Tim. 22, B ff., nur liaes bei ihm die Daner 
des Mensohengeschl echte auf der Erde auf ein Weltjahr beschrankt sn Bein 
BCheint, nach dessen Ablauf eine neun Men sehen bii düng einzutreten htttte; 
8- 1. Abtb. 521, 8. 646, 1. 
6) Metanh. XIX, 8; ». 0. 359, 4. De coelo I, 3; s. 332, 3. Meteor. I, 3. 
339, b, 19: nicht wir allein haben diese Ansicht von dem npünov utoi^eIov all 
dem Stoffe der himmlischen Welt, «aivlroi S' äpx«' 11 ff fijnSXij'lit «Gt7] xa'i tüv 
ipiiEpov av9pÜK(ov eil yip Sr; <pjjooLuv äi:»E oüSi B"i; oüS' ÄXif&xif tat *u«( 
&Ei>f «vmimXiIv pvoLKvat (v toI« äveptircoi;, ÜV fcmpix«. Polit VII, 10. 1329, 
■b, 25: ojtSeV jj.1v oEv xa\ ta öXXa Sei vo^elv täajjoflai JtoXXixif Ev tSj itoXXw 
/^vu, p.oXXov 3' aTHipaxi;, da die gleichen Bedürfnisse und Zustande immer 
wieder auf dieselben Erfindungen geführt haben werden. 
40* 
D«„!:zed B y GoOgle 
628 Aristoteles. 
wünscht 1 ), und jene Wahrnehmungen, aus denen er die Entstehung 
des Götterglaubens erklärte *), oder mögen wir ihn auf eine Über- 
lieferung zurückführen , welche als ein Ueberbleibsel älterer Wis- 
senschaft oder Religion ihre Quelle schliesslich doch wieder in der 
menschlichen Vernunft haben moss. Näher ist es eine doppelte 
Wahrheit, welche Aristoteles in dem religiösen Glauben seines 
Volkes wiederfindet: die Ueberzeugung von dem Dasein einer 
Gottheit und die von der göttlichen Natur des Himmels und der Ge- 
stirne*); also das Gleiche, was auchPlato darin als wahr anerkannt 
hatte. Mit dem weiteren Inhalt der griechischen Mythologie dage- 
gen , mit allen jenen Erzählungen und Lehren , welche die Eigen- 
thnmlicbkeit und die Schwächen der menschlichen Natur auf die 
Götter übertragen — mit dieser anthropomorphistischen Götterlehre 
weiss sich Aristoteles so wenig, als Plato, zu befreunden; nur dass 
er es gar nicht mehr nölhig findet, diese Vorstellungen ausdrück- 
lich zu widerlegen, sondern sie einfach als etwas Fabelhaftes und 
Ungereimtes behandelt *). Fragen wir aber, wie diese unwahren 
Bestandtheile in den Volksglauben hereingekommen sind , so ver- 
weist uns Aristoteles theils auf die natürliche Neigung der Menseben 
zu anthropomorphistischen Vorstellungen über die Götter 6 ), theils 
1) De coelo II, 1, Schi,: die aristotelische Ansicht über die Ewigkeit der 
Welt sei nicht nur an sich die richtigere, ü\a xat ijj (lavnt« ttj icspl tov fein 
[idvioj s» tj(Q[|uv oft-tu; SjioXo-roufifWt sjioyaLVEoBai anu^uivoj; X<S-rooj. Vgl. di» 
Berufung tmt die iräpioi lo^ot ebd. 284, a, 2. Metaph. XII, 8 s. o. 356, 1 
359, 4. 
2) B. S. 272, 6. 273, 1. 
3) Das Erstoro bedarf kaum eines Beweises; zum Ueberfluas Tgl. m. ww 
& 272, 6. 278, 1 ans Sextns und Cicero, S. 275, 7 aus der Schrift De coelo L 9 
angeführt ist; in der letztem Stelle wird Ja dem Namen des atuv ebenso, wi' 
anderwärts in dem des Aethers, eine Spar richtiger Erkenntnis« gefundai 
(xat fhf toÜto tüSvq;j.3 Qeiuj; i^QE-ptTai r.ipk tSv äp^iluv). Für seine Lehre tos 
der Göttlichkeit des Himmele und der Gestirne beruft sieh A. auf die beste- 
hende Religion in den ebenangefttbrten Stellen; s. o. 356, 5. 859, 4. 332, 6. 
4) Metaph. XU, 8; s. o. 359, 4. Ebd. Itl, 2. 997, b, S; s. 217, 2, Poit 
26. 1460, b, 35: eine poetische Darstellung laset eich damit rechtfertige. 
dass sie dem Ideal, oder dass sie der Wirklichkeit entspreche; ei Sk p/jUdf*; 
Sri oütio jaaiv , ob» xi xcp\ Stüv. 
5) Polit. I, 2. 1252, b, 24: xa\ xou; (Ieouj St o;a toSto hövit;; faa\ $W 
Mutoflsi, üti xm aÜTot ol u.tv iri x«t vüv ol Sk tb-äp^atov ISaaöUiioVTO • JSamp 51 
xa\ ts j'St, Ittvrdif JKpO[Mio3oiV ol ävOpuicei, oSxoi xEl tob« ßiou; tüv Slü». Die* 
Verhältnis zur V olks tel i gio n. 629 
nimmt er an , dass die Berechnung der Staatsmänner sich dieser 
Neigung anbequemt, und sie für ihre Zwecke benützt habe. Auch 
die alte Ueberlieferung, sagt er *)> erkennt an, dass der Himmel 
und die Himmelskörper Götter sind, und dass die ganze Welt von 
der Gottheit umfasst ist. »Das Uebrige aber sind mythische Zuthaten 
zur Gewinnung der Menge , um der Gesetzgebung und des gemei- 
nen Nutzens willen." Hatte demnach schon Plato dem Gesetzgeber 
gestattet, die Mythen, über deren Ursprung er sich nicht erklärt 
halte, als pädagogische Lögen im Nutzen des Staats zu verwenden s ). 
eo geht Aristoteles einen Schritt weiter, und tritt ebendamit den 
Annahmen sophistischer Aufklärer über die Entstehung der Reli- 
gion 9 ) ebensoviel näher: er glaubt, diese Mythen, oder doch ein 
grosser Theil derselben, seien von Anfang an nur für diesen Zweck 
gedichtet worden. Es begreift sich diess bei ihm um so eher, je 
strenger er selbst von seinen wissenschaftlichen Untersuchungen 
alles Mythische ausscheidet, je weniger er bei seiner naturalisti- 
schen Weltansicht *) zur Herbeiziehung religiöser Gesichtspunkte 
veranlasst ist, je ausschliesslicher sich auch seine Ethik auf die 
sittlichen Beweggründe als solche stützt, ohne die religiösen mit zu 
Hülfe zu nehmen. Die Religion selbst freilich betrachtet auch er als 
eine unbedingte, sittliche Nothwendigkeit: wer bezweifelt, ob man 
die Götter ehren solle, bei dem ist, wie er sagt s ), nicht Belehrung, 
sondern Bestrafung am Platze, ganz ebenso, wie bei dem, welcher 
fragt, ob man die Eltern lieben solle. Wenn die Welt in seinem 
System nicht ohne Gott gedacht werden kann, so kann auch der 
Mensch in demselben nicht ohne Religion gedacht werden. Aber 
dass sieb diese Religion auf so augenscheinliche Ffibeln^ wie die 
Ableitung des Glaubens an einen Götterkönig ist am so beachtenswert}] er, 
di Ariel, in demselben an sieh ebensogut einen Beweis von dem Bewusstsein 
der Einheit des Göttlichen hatte finden konneu. 
I) In der 8. 359, * angeführten Stelle aus Metaph. XII, 8. 
Z) 6. 1. Abth. 605,4. B. 
3) 1. Bd. 8. 781 f.' 
4) Diesen Ausdruck hier nicht als Tadel, sondern so genommen, wie er 
durch 8. 625 erklärt wird, als Bezeichnung des Grundsatzes, dass Alles in 
der Welt durch natürliche Ursachen erfolge. 
5) Top. I, 11. 105, a, 6 Tgl. Eth. N. VIII, IG. 1163, b, 15. IX, 1. 1164, 
b, 4 und oben 626, 3. 
i „Google 
Mythen der Volksreligion, stützen soll, dafür weiss er uns keinen 
anderen Grund , als den obengenannten, die politische Zweckmäs- 
sigkeit, anzugeben ')■ Er selbst benutzt diese Mythen bisweilen, 
wie andere Volksmeinungen , um irgend einen allgemeinen Salz 
darin aufzuzeigen 1 ), wie er es ja auch sonst liebt, wissenschaftliche 
Annahmen bis in ihre unscheinbarsten Anfänge zu verfolgen, auf 
Volkssagen und Sprichwörter Rücksicht zu nehmen 8 ). Eine tiefere 
Bedeutung dagegen schreibt er ihnen, sofern wir von den wenigen 
allgemeinen Grundzügen des religiösen Glaubens absehen, nicht ia, 
und ebensowenig scheint er andererseits auf ihre Reinigung auszu- 
gehen. Er setzt für seinen Staat die bestehende Religion voraus 1 }) 
1) Möglich allerdings, dase er, nenn er die Unterauohung über die Er- 
ziehung im besten Staat zu Ende geführt hätte, auch deu mit dem angege- 
benen Grunde ao leicht zu vereinigenden Satz Plato'a Ober die Nothwendic- 
keit der Mythen für die Erziehung aufgenommen hätte. 
3) So Verden Metaph. I, 3. 983, b, 27. c. 4, Anf. XIV, 4. 1091, b, 3, Pnji. 
IT, 1. 208, b, 29 in den kosmogonischen Mythen Heaioda und anderer Dicht« 
gewisse n&turphiloaopbische Ansichten, aber doch nur zweifelnd, genauso 1 ! 
Meteor. 1, 9. 347, a, 6 wird der Okesnoa von dem die*Grde umkreisenden Lufi- 
atrom gedeutet; der Mythus vom Atlas beweist, dass seine Erfinder, oben« 
wie spätere Philosophen, auch dem Himmel Schwere beilegten (De corfo II. 
1. 284, ä, 18 — in der Schrift De motu anim. 3. 699, a, 27 wird der AUasinf j 
die- Weltachse gedeutet; dieselbe Schrift o. 4. 699, b, 35 findet in den hoc- 
risohen Versen über die goldene Kette die Unbewegtheit de» ersten Bens 
gondan ausgedrückt); Aphrodite »oll diesen Namen wegen der schaumiger 
Beschaffenheit des Hamens erhalten haben (gen. an. II, 2, ScbL); dereelixr- 
Göttin soll Ares Ton dem ersten Erfinder dieses Mythus dcsshalb beigegeben 
worden sein, weil kriegerische Naturen in der Begel einen Hang zur Weiber- 
oder Knabenliebe haben (Pol. II, 9. 1269, b, 27); in der Sage, daas die Argo- 
nauten Herakles hätten zurücklassen müssen, liegt eine politisch richtige 
Wahrnehmung (Pol. HI, 13. 1284, a, 22); die Erzählung, das« Athene die Fiele 
wegwarf, soll ausdrücken, dass dieses Instrument der Geistesbildung nicht 
förderlich ist (Pol. VIII, 6. 1341, b, 2); die Verehrung der Chariten bezieht 
aieb auf die Noth wendigkeit wechselseitiger Mittheilung (Eth. N. V, 8. 111*. 
a,2)); die Dreizahl verdankt ihre Bedeutung für den Kultus dem CmitiM 
dass sie die erste Zahl ist, die Anfang, Mitte und Ende bat (De coelo J, 1. >**■ 
■,14). 
3) So führt er z. B. II. anim. VI, 35. bSD, a, 15. IX, 32. 619, a, 16 oiwg« 
Mythen über Tbiere an; in dem Bruchstück aus dem Endemna b. Flut. C°» 
ad Apoll, c. 27. 8. .115 benützt er die Erzählung von Midaa und ßflen: äte 
seine Vorliebe für Sprichworter vgl. m. S. 177, 3. 
4) Wie diess auch aus Pol». VII, 8. 1328, b, 11. c. 9. 1329, a, JA* »• 
Verhältnis» tax Volkareltgion. 631 
wie er sieh auch persönlich ihren Gebräuchen nicht entzog, und 
seine Anhänglichkeit an Freunde und Angehörige in den durch sie 
geweihten Formen ausdrückte 1 ); aber von jener platonischen For- 
derung einer Reform der Religion durch die Philosophie findet sich 
bei ihm keine Spur, und in seiner Politik will er dem bestehenden 
Kultus auch solches gestalten, was er an sich missbilligt 8 ]). Das 
Verhältniss der aristotelischen Philosophie zur positiven Religion ist 
so im Ganzen doch ein sehr loses : sie verschmäht es zwar nicht, 
die Anknüpfungspunkte zu benützen, welche jene ihr darbietet, aber 
sie bedarf ihrer für sich selbst in keiner Weise; ebensowenig will 
sie aber ihrerseits reinigend und umbildend auf die Religion einwir- 
ken , deren Unvollkommenheit sie vielmehr als etwas hinzunehmen 
scheint, was nun einmal nicht anders Sein könne; beide verhalten 
sich im Wesentlichen gleichgültig gegen einander, die Philosophie 
geht ihren Weg für sich, ohne sich auf demselben am die Religion 
viel zu bekümmern, oder in ihrem Geschäft eine Störung von ihr zu 
befürchten. 
16. Rfickblick auf das aristotelische System. 
Die Eigentümlichkeit und die Richtung ies aristotelischen 
Systems ist durch die Verschmelzung der zwei Elemente bedingt, 
1331, », 24. c. 16. 1835, b, 14 hervorgeht. Das» er jedoch in »einem Eifer 
für die Religion so weit gieng, den vierten Theil des gesammten Grttnd- 
eigenthuma der Priestersohaft und den Bedürfnissen des Kultus zozutheilen, 
schlies»t Zbll a. a. 0. 303 mit Unrecht ans Pol. VII, 10. 1380, a, 8. Arial. 
»agt hier zwar, da» Gran de igen tbnm »olle in zwei Theile getheilt werden, 
Privat- and Gemeingut, und letzte™ wieder in zwei Theile, für- die Kosten 
des Kultus und der Syasitieen, aber er sagt nicht, dass diese Theile gleich 
gross sein sollen. 
1) M. vgl. in dieser Beziehung was S. i, 2. 5. IT, 1. 2 Über die von ihm 
dargebrachten Weihgeschenhe und Todtenopfer angeführt ist. 
2) Polit. VII, 17. 1886, b, 3: SXuf uiv oüv ctcxpoXo-rio* ix -rijs mäXio*, ÄflitEp 
ttXXo Tt, Bit TOT VajMMnp «^OpIfcstV .... £Irt\ hk TO X(|EIV Tt TWV TOlOliriUV iÜOpßlojiCT, 
fmtpev Sti >.a\ xb Betopüv Jj -j-pafij J| Xi-yov; MXTJpiov«;. EJCqieXlf fjiv olv itnu 
Täte npj(ouai [iTjdiv [it^te ä^aX|ia pJTE ^patpjjv eTvii toioütiov itpiEewv pupajotv, (? [iJ] 
Itapi tim 9sdt( xoioiiroi4 otj xat tot TuiGsajibv inoSfScuaiu 5 vätWf np'of Sl toijtol; 
Bf £i)aiv S viä|io[ Toi< e^outb; SjXixtav ttXeov npojjnouaav x& Snip aäiüiv xal T&vtov 
xa'i rwviHxG» Ti|*sXtpEtv Toiit 6equ(. Die letztere Bestimmung zeigt deutlich, wie 
A. das, wsl er eigentlich missbilligt und nur ungern gestattet, wenigstens 
möglichst unschädlich zu machen sacht. 
JigiiizBdby Google 
632 A.riitot«l*i. 
auf welche schon beim Beginn dieser Darstellung hingewiesen 
wurde 1 ), des dialektisch -spekulativen und des empirisch-realisti- 
schen. Dieses System sieht einerseits in der unkörperlichen Form 
das wahre Wesen der Dinge, in der begrifflichen Erkenntniss der- 
selben das wahre Wissen; andererseits aber dringt es mit allem 
Nachdruck darauf, dass die Form nicht als jenseitige, ausser den 
Dingen Tür sich bestehende Idee gefasst , nicht das Allgemeine der 
Gattung, sondern das Einzelwesen, für das ursprünglich Wirkliche 
gehalten werde ; und es will aus diesem Grunde die Begriffe aus 
der Erfahrung als solcher ableiten, es will sie nicht dadurch gewin- 
nen, dass wir uns vom Gegebenen weg und zur Ideenwelt hin 
wenden, sondern dadurch, dass wir das Gegebene selbst in seinem 
Wesen erfassen , es will mit der dialektischen Begriflsentwicklong 
die umfassendste Beobachtung verbinden. Beide Züge sind gleicb- 
sehr in der geistigen Anlage seines Stifters gegründet, dessen 
Grösse eben aöf dieser seltenen Vereinigung dessen beruht, was in 
den meisten Menschen sich ausschliesst , auf der gleicbmässigen 
Entwicklung des philosophischen Denkens-und einer dem Thalsäch- 
lichen mit lebendiger Empfänglichkeit zugewendeten Beobachtungs- 
gabe. Dagegen verhalten sich beide zu der bisherigen Philosophie 
sehr verschieden. In der sokratisch-platonischen Schule hatte der 
Sinn für die Thatsachen mit der Kunst der Begriffsentwicklang 
lange nicht gleichen Schritt gehalten. Dem Inneren des Menschen 
ungleich mehr, als der Aussetiwelt, zugekehrt, hatte sie auch die 
Quelle der Wahrheit unmittelbar in unserem Denken gesucht: die 
Begriffe galten ihr für das schlechthin und an sich selbst Gewisse, 
für den Maasstab, an welchem die Wahrheit der Erfahrung w 
messen sei. Der stärkste Ausdruck und der eingreifendste Folge- 
satz dieser Ueberzeugung ist die platonische Ideenlehre. Aristoteles 
tbeilt zwar die allgemeinen Voraussetzungen dieser Begriffsphiloso- 
pbie : auch er ist überzeugt, dass das Wesen der Dinge nur durch'; 
Denken erkannt werde und nur in dem bestehe, was Gegenstand 
unseres Denkens ist, in der Form, nicht im Stoffe. Aber die Jen- 
seitigkeit der platonischen Ideen giebt ihm gerechten Anstoss: er 
kann sich die Form und das Wesen von den Dingen, deren Form 
und Wesen sie sind, nicht getrennt denken. Und indem er weiter 
I) B. 116 ff. 
Digi-ZBd^y GoOgle 
Bflckbliok; sein Standpunkt. 633 
erwägt, dass uns auch unsere Begriffe nicht unabhängig von der 
Erfahrung entstehen, kann er die Unrichtigkeit der platonischen 
Trennung von Idee und Erscheinung um so weniger bezweifeln. 
An die Stelle der Ideenlehre treten daher bei ihm wesentlich neue 
Bestimmungen: nicht die Gattung, sondern das Einzelwesen, ist 
nach Aristoteles das Substantielle, die Formen sind nicht als allge- 
meine ausser den Dingen, sondern als die eigentümlichen Formen 
dieser bestimmten Dinge in ihnen. So wird zwar die allgemeine 
Grundlage des platonischen Idealismus 'festgehalten, aber die nähere 
Bestimmtheit, welche er in der Ideenlehre erhält, wird aufgegeben : 
die Idee, welche Plato als jenseitige und ausserweltliche gefässt 
halte, wird als gestaltende und bewegende Kraft in die Erschein iings- 
welt eingeführt, sie wird als das Innere der Dinge in dem Gegebe- 
nen als solchem, wie es unserer Erfahrung gegenwärtig ist, aufge- 
sucht. Die aristotelische Lehre kann insofern gleichsehr als die 
Vollendung und als die Widerlegung der platonischen bezeichnet 
werden: sie widerlegt dieselbe in der Fassung, welche ihr Plato 
gegeben balle, aber ihren Grundgedanken führt sie noch reiner und 
vollständiger, als Plato selbst, durch, denn sie legt der Form nicht 
blos mit Plato die ursprüngliche und vollkommene Wirklichkeit, 
sondern auch die schöpferische Kraft bei, alle Wirklichkeit ausser 
sich zu erzeugen, und sie verfolgt diese ihre Wirksamkeit weit 
tiefer, als diess Plato vermocht hatte, durch das ganze Gebiet der 
Erscheinung. 
Aus diesem Standpunkt sind nun alle Grnndbestimmnngen der 
aristotelischen Lehre folgerichtig hervorgegangen. Da das Allge- 
meine nicht ausser dem Einzelnen sein soll, so besteht es nicht als 
selbständiges Wesen für sich, nur das Einzelwesen ist Substanz. 
Da die Form nicht als fürsichseiende , von der Erscheinung ge- 
trennte Wesenheit, Sondern als die in den Erscheinungen wirkende 
Kraft gefasst ist, so darf sie zu dem, was den Grund der Erschei- 
nung als solcher bildet, zu dem Stoffe, nicht, wie bei Plato, in ein 
rein gegensätzliches Verhältniss gestellt werden : wenn die Form 
das Schlechthin Wirkliche ist, so darf der Stoff nicht für das 
schlechthin Unwirkliche und Nichtseiende erklärt werden; sondern 
damit sich die Form im Stoffe darstellen könne, muss zwischen bei- 
den neben dem Gegensatz auch eine Verwandtschaft, eine positive 
Beziehung stattfinden, der Stoff ist nur das Nochnichtsein der Form, 
634 Ariitotel«. 
er ist das Mögliche, sie das Wirkliche ')■ Ans dieser Beziehung bei- 
der geht die Bewegung, und ebendamit das ganze Naturleben, alles 
Werden und Vergehen, aller Wechsel und alle Veränderung her- 
vor. Da aber die beiden Prirfcipien eben nur als ursprünglich ver- 
schiedene und entgegengesetzte aufeinander bezogen sind, so setzt 
diese Beziehung selbst, oder was dasselbe, die Bewegung, auch 
wieder ein Färsichsein der Forin voraus: als die Ursache aller Be- 
wegung muss sie selbst unbewegt sein und dem Bewegten den 
Wesen, wenn auch nicht der Zeit, nach vorangehen. Von der Ge- 
sammtheit der mit dem Stoffe verwickelten Formen unterscheidet 
sich daher das erste Bewegende, oder die Gottheit, als die reine 
Form, die reine, nur sich selbst denkende Vernunft. Weil jede 
Bewegung von der Form ausgeht, strebt jede zu einer Formbestim- 
mung als ihrem Ziel hin, es ist nichts in der Natur, was nicht sei- 
nen ihm inwohnenden Zweck hätte; und weil alle Bewegung auf 
Ein erstes Bewegendes zurückführt, ordnet sich die Gesammtbeil 
- der Dinge Einem höchsten Zweck unter, sie bildet Ein innerlich zu- 
sammenhängendes Ganzes, Eine Welt. Da aber die Form im Stoffe 
wirkt, der sich nur allmählig zu. dem, was er werden soll, ent- 
wickelt, so kann sich die Zweckthätigkeit der Fora nur anter man- 
nigfachen Hemmungen, im Kampf mit dem Widerstand der Materie, 
bald mehr bald weniger vollständig verwirklichen; die Welt ist aus 
vielen, an Werft nnd Schönheit unendlich verschiedenen TbeBen 
zusammengesetzt, und diese zerfallen näher in die zwei Haupt- 
massen der himmlischen und der irdischen Welt, von denen jene 
eine allmählige Abnahme, diese umgekehrt eine stufenweise Zu- 
nahme der Vollkommenheit zeigt. Sind aber so alle Theiie der 
Welt, auch die unvollkommensten nnd geringsten, wesentliche Mo- 
mente des Ganzen, so wird jeder in seiner Eigentümlichkeit und 
Bestimmtheit unsere Beachtung verdienen; und so ist es durch seil 
System nicht minder, als durch seine persönliche Neigung, gefor- 
dert , wenn Aristoteles Grosses und Kleines mit der Gründlichkeit 
des Naturforschers untersucht, und nichts in der Welt als ein Un- 
bedeutendes und für die Wissenschaft Werthloses geringsaalet *). 
1) Vgl. 8. 236 ff. 
2) M. n". hierflbor 8. 1 10, 3. 114, 6 und dam dio platonischen Awjwrtm- 
SM 1. Abu.«. 607, 
i „Google 
Zusimmnnhing leine« Systems. 63$ 
Aber die Werthunterschiede anter den Dingen, wie sie Aristoteles 
namentlich unter den lebenden Wesen nachzuweisen sucht, schliefst 
diess natürlich nicht aus. In unserer irdischen Welt nimmt der 
Mensch die oberste Stelle ein, denn in ihm allein tritt der Geist un- 
mittelbar in die Natur ein. Seine Bestimmung besteht daher in der 
Ausbildung und Betätigung seiner geistigen Anlage : das wissen- 
schaftliche Erkennen und das sittliche Wollen sind die wesentlichen 
Bedingungen der Glückseligkeit. Aber wie jede Zwecktbätigkeit 
eines geeigneten Stoffes bedarf, so kann auch der Mensch zur Er- 
reichung seiner Bestimmung die äusseren Hülfsmittel nicht entbeh- 
ren, und wie Alles sich nur allmählig zu dem, was es seiner An- 
lage nach ist, entwickelt, so zeigt auch das Seelenleben des Men- 
schen einen stufenweisen Fortschritt: aus der sinnlichen Anschau- 
ung geht die Einbildung und Erinnerung, aus dieser das Denken 
hervor; dem sittlichen Handeln geht die Naturanlage, dem sittlichen 
Wissen die Uebung und Gewöhnung voran; die Vernunft erscheint 
zuerst als leidende mit den niedrigeren Seelenkräften verwickelt, 
ehe sie als die thätige sich in ihrem reinen Wesen ergreift. Die 
höchste Vollendung unseres geistigen Lebens liegt aber nur in der 
wissenschaftlichen Betrachtung, denn in ihr allein richtet sich die 
Vernunft ohne eine äussere Vermittlung auf die reine Form der 
Dinge, so wenig es auch andererseits für Aristoteles in Frage steht, 
dass sie selbst sich nicht auf die unmittelbare Erkenntniss der höch- 
sten Principien zu beschränken, sondern % methodischem Denken', 
von der Erscheinung zum Begriff vordringend und von deu Ursa- 
chen zum Verursachten herabsteigend , alles Wirkliche zu umfas- 
sen bat. 
Schon dieser kurze Ueberblick zeigt uns in dem aristotelischen 
System ein wohlgegliedertes, nach Einem Grundgedanken mit 
sicherer Hand entworfenes Lehrgebäude. Wie sorgfältig und folge- 
richtig dasselbe auch weiter bis in's Einzelste ausgeführt ist, wird 
aus unserer ganzen bisherigen Darstellung hervorgehen. Aber doch 
hatten wir bereits auch öfters Gelegenheit, zu bemerken, dass nicht 
alle Fugen dieses Gebäudes gleich fest sind; und die letzte Ursache 
dieses Hangels werden wir nur darin suchen können, dass der Grund 
des Ganzen nicht lief und dauerhaft genug' gelegt ist. Lassen wir 
auch alte die Punkte ausser Rechnung, bei welchen die Mangelhaf- 
tigkeit des erfahrungsmissigen Wissens den Philosophen zu irrigen 
• 
636 Aristoteles. 
Annahmen und unhaltbaren Erklärungen verleitet hat, wollen wir 
überhaupt auf die absolute Wahrheit seiner Lehre nicht eingeben, 
und ans auf die Frage nach ihrer Ueberein Stimmung mit sich selbst 
beschränken, so lässt sich nicht verkennen, duss es Aristoteles 
nicht gelungen ist, die leitenden Gesichtspunkte seines Systems in 
widerspruchsloser Weise za verknüpfen. Wie in seinem wissen- 
schaftlichen Verfahren die Dialektik und die Beobachtung, das spe- 
kulative und das empirische Element nicht völlig im Gleichgewicht 
stehen, sondern die sokratisch-platonische BegriCTsphilosophie im- 
mer wieder über die strengere Empirie den Sieg davon trägt '), so 
sehen wir auch in seinen metaphysischen Grundsätzen- die gleiche 
Erscheinung sich wiederholen. Nichts gereicht ihm am platonischen 
System sosehr zum Anstoss, als jener Dualismus der Idee und der 
Erscheinung, welcher sich in der Lehre vom Fürsichsein der Ideen 
und in der Zurückführung der Materie auf den Begriff des Nichl- 
seienden so schroff ausgedrückt hat. Aus dem Gegensalz gegen 
diesen Dualismus ist seine ganze Umbildung der platoniscben, sind 
die eigenthüm liehen Grundbegriffe seiner eigenen Metaphysik her- 
vorgegangen. Aber so ernstlich und gründlich er sich bemüht, ihn 
zu überwinden , so wenig ist ihm diess doch in letzter Beziehung 
gelungen. Er läugnet, dass das Allgemeine der Gattung, wie diess 
Plato gewollt hatte , ein Substantielles sei ; aber er behauptet mit 
diesem, dass sich alle unsere Begriffe auf das Allgemeine beziehen, 
und dass die Wahrheit unserer Begriffe von der Wirklichkeit ihres 
Gegenstandes abhänge *). Er bekämpft die Jenseitigkeit der plato- 
nischen Ideen, den Dualismus der Idee und der Erscheinung. Aber 
er selbst stellt die Form und den Stoff gleichfalls in ursprünglicher 
Verschiedenheitsich gegenüber, ohne sie aus einem gemeinsamen 
Grunde abzuleiten; und in der näheren Bestimmung dieser beiden 
Principien verwickelt er sich in den Widerspruch "), dass die Fora 
einestheils dasWesen und die Substanz der Dinge, und dass sie doch 
anderntheils zugleich ein Allgemeines sein soll, der Grund des Ein- 
zeldaseins dagegen, und mithin auch der Substantialitäl , im Stoff 
1) S. o. S. 117 ff. Beispiele gebun namentlich die Abschnitte & SOS t 
in ff. 
3) Vgl. 8. 331 ff. 
8) Ueber iloU 8. 359 ff. k. vgl. 
i „Google 
Widersprüche seinei System». 637 
liegen müsste. Er hält Flato den Einwurf entgegen, dass seinen 
Ideen die bewegende Kraft fehle; aber aus seinen eigenen Bestim- 
mungen über das Verhältnis« der Form und des Stoffes lässt sich die 
Bewegung in der That auch nicht erklären 0- Er setzt die Gottheit 
als persönliches Wesen aus der Welt hinaus; aber um ihrer Voll- 
kommenheit nichts zu vergeben, glaubt er ihr die wesentlichen Be- 
dingungen des persönlichen Lebens absprechen zu müssen, und um 
sie nicht in den Wechsel des Endlichen zu verwickeln , beschränkt 
er ihre Wirksamkeit, im Widersprach mit seiner sonstigen lebendi- 
geren Gottesidee , auf die Erzeugung der Bewegung in der äusser- 
sten Himmelssphäre , und er schildert diese überdiess so, dass die 
Gottheit dadurch in den Baum versetzt würde. Hiemit hängt dann 
weiter die Unklarheit zusammen, an der sein Begriff der Natur lei- 
det : die Natur wird in altertümlichem Geiste als einheitliches 
zweckthätiges Wesen, als vernünftige 'allwirkende Kraft beschrie- 
ben, und doch fehlt dem System das Subjekt, welchem sich diese 
Eigenschaften beilegen Hessen ')• So weit femer Aristoteles über 
die Aeusserlichkeit der sokratischen und platonischen Teleologie 
hinausgeht, so wenig ist es doch auch ihm gelungen, den Gegen- 
satz der physikalischen und der Endursachen wirklich auszuglei- 
chen 1 ); »nd muss man auch zugeben, dass er hiemit vor einem 
Problem steht, an dessen Lösung die Naturwissenschaft heule noch 
arbeitet, kann es ihm insofern nicht zum Vorwurf gemacht werden, 
wenn ihm dieselbe notsjFnicht durchaus geglückt ist , so liegt doch 
am Tage, wie leicht in der Folge die zwei Gesichtspunkte, welche 
er für die Naturbetrachtung aufgestellt hatte, in Streit gerathen und 
auseinandertreten konnten. Eine weitere Schwierigkeit ergab sich 
aus den aristotelischen Bestimmungen über die lebenden Wesen, 
und namentlich über den Menschen, sofern es nicht leicht ist, die 
verschiedenen Seelentheile sich innerlich verknüpft zu denken, und 
noch schwerer, sich die Vorgänge des Seelenlebens zu erklären, 
wenn die Seele, wie jede andere bewegende Kraft, selbst unbewegt 
sein soll. Ihre Spitze erreicht aber diese Schwierigkeit in der Auf- 
1) 8. 6. 263. 268 und über jene Einwendung gegen die Ideeiilehre 8. 220,4. 
2) H. vgl. tu dem Obigen 8. 279 ff. 288 f. 321 ff. 
3) Wie dien ani dem, was 8. 250 ff. 326 ff. 382 angeführt ist, hervor- 
gehen wird. 
„Google 
gäbe, die Vernunft des Menseben mit den niedrigeren Seelenkräften 
zur persönlichen Lebenseinheit zusammen zufassen und ihren Anlheil 
an den geistigen Thätigkeiten und Zuständen zu bestimmen; dos 
leidenslose und vom Körper getrennte Wesen sich zugleich als 
Theil einer Seele zu denken, welche als solche die Entelechie ihres 
Körpers ist, der Persönlichkeit ihren Ort zwischen den zwei Be- 
standteilen der menschlichen Natur anzuweisen, von denen der 
eine für sie zu hoch , der andere zu tief steht >)• Fassen wir end- 
lich noch die praktische Philosophie in's Auge, so hat sich unser 
Philosoph zwar auch in dieser mit dem bedeutendsten Erfolge be- 
müht, die sokratisch-platoniscbe Einseitigkeit zu verbessern: er 
widerspricht nicht allein dem soldatischen Satze, dass die Tagend 
jm Wissen bestehe, sondern er beseitigt auch die platonische Un- 
terscheidung der gemeinen und der philosophischen Tugend; alle 
sittlichen Eigenschaften sind nach ihm Sache des Willens, und sie 
alle entstehen zunächst nicht durch Belehrung , sondern durch He- 
bung und Erziehung. Aber theils zeigt sich in der Lehre von den 
dianoetischen Tugenden eine unverkennbare Unsicherheit über das 
Verhältniss des sittlichen Wissens zum sittlichen Handeln; theils 
kommt in jener Bevorzugung der theoretischen Thätigkeit vor der 
praktischen *), die aus der aristotelischen Seelenlehre freilich gam 
folgerichtig hervorgeht, die gleiche Voraussetzung zum Vorschein, 
welche den von Aristoteles bestrittenen Aapvhmen za Grande lag. 
Ebenso lässt sich selbst in seiner Staatsieh™ so tief sie im Uebri- 
gen in die thalsächlichen Bedingungen des Staatslebens eindringt, 
und so gründlich sie Plato's politischen Idealismus überwindet, doch 
noch ein Rest dieses Idealismus, weniger in der Schilderang eines 
besten Staats, als in der Unterscheidung richtiger und verfehlter 
Staatsformen wahrnehmen, deren Unhaltbarkeit sich in ihr selbst 
durch die schwankende Stellung der Politie an den Tag bringt'). 
So zieht sich durch alle Theile des aristotelischen Systems doch im- 
mer wieder jener Dualismus hindurch, den es von Plato geerbt bat, 
1) 8. 8. 464 ff. 
2) Tgl. 8. 473 f. and den Satz (S. 276 f.), da» der Gottheit cur die theo- 
retische ThKtigkeit zukomme, welchen ja Avist. mich «u»dr ucklich für die 
Ethik Ter wendet. 
8) 8. B. 659. 
i „Google 
Wldetiptflflha aelDti Byntems. 639 
und dessen Beseitigung ihm bei dem besten Willen nicht vollständig 
gelingen konnte, nachdem er einmal in seine tiefsten Grundlagen 
aufgenommen war. Und je angestrengter nnn andererseits Aristo- 
teles daran arbeitet, über diesen Dualismus hinauszukommen , nnd 
je unverkennbarer die Widersprüche sind, in die er sieb durch die- 
ses Bestreben verwickelt , um so deutlicher kommt auch die Ver- 
schiedenartigkeit der Elemente , welche in seiner Philosophie ver- 
knöpft sind, und die Schwierigkeit der Aufgabe an den Tag, welche 
der griechischen Philosophie gestellt war, nachdem einmal der 
Gegensatz der Idee und der Erscheinung, des Geistes und der Na- 
tur, so scharf und klar in's Bewusstsein getreten war , wie diess 
durch die platonische Lehre geschehen ist. 
Ob nun diese Philosophie zu einer genügenden Lösung jener 
Aufgabe überhaupt die Mittel besass, und welche Wege die späte- 
ren Schulen hiefür einschlugen, wird im weiteren Verlauf dieses 
Werkes zu untersuchen sein. Was zunächst diejenigen betrifft, wel- 
che auf der aristotelischen Grundlage fortbauten, die Männer der 
peripatetischen Schule, so Hess sich von ihnen nicht erwarten, dass 
sie in der Hauptsache befriedigendere Ergebnisse linden würden, 
als diess Aristoteles selbst gelungen war; denn die seinigen waren 
in den Grundvoraussetzungen des Systems viel zu tief begründet, 
als dass sie sieh ohne Umbildung des Ganzen hätten indem lassen. 
Andererseits konnten aber so scharfe und selbständige Denker, wie 
wir sie in jener Schule auch nach Aristoteles noch finden, vor den 
Schwierigkeiten der aristotelischen Lehre die Augen nicht ver- 
schliessen, und so war es natürlich, dass sie auf Mittel sannen, ihnen 
zu entgehen. Liegt nun der letzte Grund dieser Schwierigkeiten 
eben darin, dass hier Begriffsphilosophie und Beobachtung, Spiri- 
tualismus und Naturalismus, ohne ausreichende Vermittlung ver- 
knüpft sind, und war eine solche auf den gegebenen Grundlagen 
auch nicht zu erreichen, so blieb nur der Versuch übrig, den Wi- 
derspruch dadurch zu beseitigen, dass das eine von jenen Elemen- 
ten gegen das andere zurückgestellt wurde. Dass aber hiebet das 
naturwissenschaftliche gegen das dialektische im Vortheil sein 
werde, war schon desshalb zu vermuthen, weil in jenem gerade 
die unterscheidende Eigenthümlichkeit der aristotelischen Schule, in 
ihrem Gegensatz gegen die platonische, das neue von ihrem Stifter 
ihr eingepflanzte Interesse lag, dessen Triebkraft naturgemiss 
** ,Google 
840 Arla totale*. 
stärker sein mnsste, als die der altern, ans der gemeinsamen 
sokratisch-platonischen Ueberlieferung aufgenommenen Ideen. Wer 
der aristotelischen Lehre vor der platonischen den Vorzug gab, von 
dem liess sich erwarten, dass ihn gerade diese Seite vorzugsweise 
anziehe, dass er mithin auch- für die Fortbildung des Systems auf 
sie den Hauptnachdruck legen werde. Dieser Erwartung entspricht 
nun auch die weitere Entwicklung der peripatetischen Schule, de- 
ren wichtigstes Ergebniss während der nächsten Zeit eben diess 
ist, dass sieb in derselben eine rein naturalistische Weltansicht, 
unter Zurückdrängung der entgegenstehenden Bestimmungen, mehr 
und mehr Bahn bricht. 
17. Die peripatetische Schule. Theophrast. 
Unter den zahlreichen Schulern des Stagiriten nimmt die 
erste Stelle Theophrast ein ')• Aus Eresos auf Lesbos ge- 
bürtig *}, war dieser Philosoph schon frühe, vielleicht noch tot 
Plato's Tod, mit Aristoteles in Verbindung gekommen *), von wel- 
1) Dios. V, 35: low SJ) STaylepiTOu rf-fifa« yh ralloi f u "'( H ! l0L i «ffWiti» 
61 [ii),i3Ta Sid^pBTTOC. Sihpl, Phys. 225, a. u.: t(Ü xopusalcii luv 'Aptorotöois 
tratpuv ÖtofpÄarcj). Dexa. Categ. Schot, in Ar. 92, b, 22: tot äpiarov tüv cütw 
[latbjiujv tot 6edf p. Dua er dies« wirklich war, ergiebt sich aus Allem, n> 
wir von Theophrast und seiner Stellung in der peripatetischen Schule wissen. 
2) 'Epimtti ist leb stehender Beiname. KmohPwrr. adv.Col. SB, 8.8. 11!S. 
n. p. suav. vm sec. Epic. 16, 6. 8. 1U97 hätte er seine Vaterstadt iweimsl 
ron Tyrannen befreit, Näheres wird aber nicht mitgetheilt und die Geschieht- " 
lichkeit der Angabe l&sst sich nicht prüfen. 
S) Nach Dioa. V, 36 geuoss er schon in Eresos den Unterricht eines sei- 
ner Mitbflrger, Namens Aloippns, ift' dxoJaat Iß-itiuvo; (in dessen leisten Le- 
bensjahren diess chronologisch möglich ist) (iSTforj) .icpö( 'ApioroTAi)v — womit 
es sich aber doch nur so verhalten haben könnte, dass Theophrast, wie Ari- 
stoteles selbst, bis xa Plato's Tod ein Hitglied des akademisahen Behüte- 
kreises blieb, and nach diesem Ereignis« sich an Aristoteles hielt Aas meh- 
reren Sparen geht ferner- hervor, dass Theophrast mit Aristoteles in Mactdo- 
nien war; denn ist auch Agliah's Angabe (V. H. IV, 19), er sei vom KBiiij 
Philipp geschaut worden, sehr unsicher, so steht dagegen mn so unsweifel- 
hafter fest, dass er mit KallUthenes, welchen er nur in jener Zeit kennen 
gelernt haben konnte, befreundet war und sein tragisches Ende in einer eige- 
nen Schrift, KoJJ.iijWvr.t II ntpt sevfaut, beklagte (Cie. Tose. III, 10, 21. V, 
9, 2&. Dioo. V, 44. Alex. De an. 162, b, Schi.); ebenso weist der Berits ein« 
Gutes in Stsgira (Dios. V, 52), and die wiederholte Erwähnung dieser Sudl 
and des Museums in derselben (Hist. Plant. III, 11, 1. IT, IG, S) daraufhin, 
Tbeophr.st. 641 
chem er auch seinem Lebensalter nach nicht allzuweit entfernt war ')• 
Vor seinem Tode übertrug Aristoteles dem vieljährigen Freunde 
neben der Sorge für die Seinigen *} auch die für seine Schule, welche 
er ihm schon bei seiner Abreise aus Athen übergeben hatte s ). Die- 
dase gt zugleich mit Aristoteles dort war. Du Wort freilich, welches dieicm 
bei Dioo. 39 über ihn und Kallisthenes in den Mund gelegt wird, iit um so 
unsicherer, da die gleiche Aeussermig «ach von PUto und Isokrstes erafthlt 
wird (b. 1. Abtb. 646, 2). Auch die Angabe, dm» Th. ursprünglich Tyrtamos 
geheiaaen, und von Aristoteles wegen seiner »nmuthigeii Darstellung den Na- 
men deitypa?™« erhalten habe (Stbabo XIII, t, 4. S. Cl8. Cic. Grat. 19, 62. 
Qüiktil. Inst. X, 1, 83. Pi,i». H. nat. praef. 39. Dioo. 36. Such. t)to>p. Am- 
nua. De.interpr. 17, b, li. Olywpiod. V. Pkt. S. 1) wird ran Buidii III, 251 
and Met» (Gesch. der Botanik I, 147) mit Eeoht bezweifelt. 
1) Tbeophrast's Qeburts- Und Todesjahr lässt sich nur annähernd be- 
stimmen. Nach 'Apollodos bei Dioa. 56 starb er Ol. 123 (266—284 Tor Chr.), 
daa Jahr jedoch wird nicht angegeben; elass es das dritte Jahr der Olympiade 
(Baisuia III, 254. Nauwkeck De Strat. 7), daSB er selbst 35 (Bhasoir a. a. 0.) 
oder SC. (Ritteu III, 408) Jahre Schul voratand gewesen sei, ist blosse Ver- 
mutbung. Hein Lehen» alter giebt Diou. 40 auf 85 Jahre an, und dies» ist 
ungleich wahrscheinlicher , als die Angabe des unäohten Briefs vor Theo- 
ph rast's Charakteren, dass er diese Schrift 99jahrig rerfasst, und des Hiebo- 
nwi (Ep. 34 ad Nepotian. IV, b, 256 Mart., wo unser Text freilich statt 
„Theophraatnm" „Tbemistoclem" hat), dass er 107 Jahre alt geworden sei. 
Denn theils folgt Diog. wojil anch hier Apollodor, thoils machen ihn diese 
Angaben alter als Aristoteles, und viel an alt, um von diesem (s. folg. Anm.) 
seiner noch nnerwachaenen Tochter anm Gatten bestimmt zu werden. Nach 
der Annahme des Diog. fallt Theophrast's Geburt 373—868 vor Chr., er ist 
also 11 — 16 Jahre junger, als Aristoteles. 
2) Kr bittet, bin Nikanor sich der Sache annehmen könne, neben einigen 
Andern Tbeophrast, ijii|it).sij(i«i iav ßoiiXijTai xat evS^toii süt<ü, t£üv te 
itaiBüiH xcli !EpituXXi6o( xa'i tö>v xmtbIeXeihjmWv, und für den Fall, dass Ni- 
kanor, dem er seioe Tochter Fythias zur Frau bestimmt hatte, vor der Ver- 
heirathnng sterben sollte, stellt er ihm anheim, als Gatte derselben und Vor- 
mund ihren jüngeren Brüden an dessen Stelle zu treten. (Testament bei Dum. 
V, 12, |3.) Die Erziehung dea letzteren übernahm Tbeophrast wirklich, wie 
ei anch in der Folge deu Sühnen der Pythiaa den gleichen Dienst leistete 
(Abistokj.. b. Eos. praep. et. XV, 2, 10. Dioo. 53. Skit. Math. I, 258 a. □. 
17, 2), nnd seine Liebe für ihn gab einem Aristipp sspl Jialaiäs tpupifc An- 
lage, ihn eines erotischen Verhältnisses zu ihm au licziiohtigen (Dioa. 30). 
In seinem Testament (a. a. O. 51 f.) sorgt Th. für Aufstellung und Anfer- 
tigung Ton Bildern des Aristoteles und Nikomachua. 
8) 8. S. 34, 2. 3b, 3. Was die an der letztem Stelle besprochene Erzäh- 
lung des Qeilins betrifft, so kann 'ich dem Unheil (Bbasdib III, 252), das« 
PaUoa. d. Gr. II. Bd. S. AM*. 4 1 
* Google 
S42 Theophrast. 
selbe gelangle unter Theophrast' s Leitung zu hoher Blfltbe '), und als 
er nach mehr als dreissigjähriger Scluilfuhrtmg 8 ), trotz mancher 
gegnerischen Angriffe 3 ) von Einheimischen und Fremden hoch ge- 
ehrt')] starb, hatte sie ihm die Stiftung des Gartens und der Halle 
zu verdanken, in welchen sie fortan ihren bleibenden Sitz hatte ')■ 
sie fabelhaft klinge, auch jetzt nicht beitreten; dass sie erfanden sein kenn 
freilich, will ich nicht bestreiten. 
1) Dioa. 87: £mjvTuv Ti tl; tjjv 8utTpi|H)Y «ütoü potOigtcü irpbf ii(fO, l Mi 
Soll damit genagt «ein, er habe wahrend seines ganzen Lehramts so Tide 
Schüler gehabt, so werden wir es auf den engeren BohDlerkreia beziehen 
müssen; sollte er sie gleichzeitig gehabt haben, so könnte es höchstens mf 
einzelne Vorträge, etwa über Rhetorik oder sonst einen populären Gegen- 
stand, geben. Von Beinen Schülern werden uns die bekannteren später vor- 
kommen; einige andere nennt Dum. 36. 57 nnd er selbst ebd. 58. Ihrer Menge 
gedenkt auch Pli?t. prof. in virt. c. 6, Schi. B. 78, e. De ae Ipso laud. c. 1". 
8. 646 , f. 
5) 8.0.641, 1. 
9) 8. folg. Amn. Ans der epikureischen Sohule schrieb ausser Epiknr 
selbst (Pi.ut. adr. Co). 7, 2, 8. 11 10) auch die Hetttre Leontion gegen ihn; 
Oio. N. De. I, 88, 8S. 
4) Von auswärtigen Fürsten gaben ihm nach Dioo. 87 Kaaander nnd 
PtolemBna Beweise ihrer Hochachtung; dem Enteren war eine Schrift ;. 
ßaaiXtia.;, deren Aechtheit aber nicht allgemein anerkannt »aide, gewidmet 
(Dioo. 47. Diokts. Antiqaitt. V, 78. Athen. IV, 144, e). Wie sehr man etintti 
Werth in Athen au schätzen wusate, zeigte sich bei seiner Bestattung (Dioo. 
41), nnd vorher schon bei der Gottlosigkeitsklage des Agnonidei, welche 
TollatKndig durchfiel (hieher gehört Tielleicht Asuu. V, H. Vlll, 12), «md 
bei dem Gesetz des Sophokles (aber das auch Athbn. XIII, 610, e. Kaisern 
Forsch. S38 z. Tgl.), nach welchem zur Eröffnung einer Philo Bophenscbül« 
die Genehmigung von Rath and Volk nSthig sein sollte: als auf diese« Ge- 
setz hin die sSmmtlicben Philosophen, nnd darunter auch Theophrast, Athen 
Terlieaaen, soll es besonders die Rücksicht auf ihn gewesen sein, welche 
seine Zurücknahme nnd die Bestrafung seines Urhebers herbeiführte; Duw. 
87 f. Tgl. Zuhft über den Bestand der philos. Schalen in Athen, Abb. der 
Berl. Akad. hiet.-phil. El. 1843, 41 f. 
6) Dioo. 89; Wyrwt 8' cnJrov aal Biov xijJtov ayfy pri ri|v 'ApwtOTÄeuf 
TtXwTJjv, Aji[H]Tp(ou toB QakTjptuii ioüto cruiiitpi£avTO(. Theophrast'i Testi- 
ment ebd. 63: tot St x»)*ov xat töv ittphtoToy xa\ tat ofeis; -i; *pef tw *faf 
jcaao? SfSujfjLL TÜv fsff afijWvoiv ^iÄmv ort tot( ßeuXo[uVat; ms^aMCiN xal trjpji- 
Xoooipslv iv aüra't {tetiSijittp oi B-jvrt'qv itSaiv «yOpümiif &£: im$mrtn) pfr' ifai- 
XorpioÜoi [iijr' E^iSut(ap.lvou injäEvoj, äU' lüf 3v lipbv xowfi x(*Ttj|irVoi? ... JerM» 
Gl ef xoivuvatniTef 'Innapx"; u. s. w. Zdkpt «. s» O. 8. 31 f. sohliesst an* des 
Worten der ersten Stelle; juta -ri]v 'Apmor&out iiXsuttiv, daae Arutotahe dir 
Theophraat als Philosoph. 643 
Auch um die peripatetische Lehre hat sich aber Theophraat ohne 
Zweifel ein bedeutendes Verdienst erworben. An schöpferischer 
Kraft des Geistes ist er freilich mit Aristoteles nicht zu vergleichen. 
Aber zur Befestigung, zur Verbreitung und zum Ausbau des Systems, 
welches jener ihm hinterlassen hatte, war er vorzüglich geeignet. 
Das wissenschaftliche Interesse, welches ihn bis zur Einseitigkeit 
beherrschte, and welches ihn neben anderen Störungen auch die 
des Familienlebens sich fernhalten liess I ), die Unersättlichkeit im 
Lernen, welche dem Sterbenden noch Klagen Ober die Kurze des 
menschlichen Daseins auspresste *), die Arbeitsamkeit, welche im 
höchsten Alter kaum feierte s ), der Scharfsinn, welcher sich auch 
in dem, was uns von ihm überliefert ist, nicht verleugnet, die An- 
muth der Sprache und des Vortrags, welche ihm nachgerühmt wird*), 
HU Garten früher besessen, und dass wühl, da er nach seinem Tode verkauft 
werden sollte, Demetrina seine Uebertragung auf Theophraat vermittelt habe. 
Diese Folgerung erscheint Bkiihdis (III, 253) mit Recht in gewagt, da» aber 
schon Aristoteles in eigenem Hans und Garten im Beiirk des Lycenms ge- 
lehrt habe, nimmt auch er an. Es fehlt uns jedoch an jeder Nachricht hier- 
über; selbst Aristoteles' Testament erwAhnt keines solchen Besitzthums, und 
sollte ans auch diese Urkunde nicht vollständig überliefert sein, sc ist doch 
kaum glaublich, dass Diogenes oder sein Gewährsmann gerade eine hierauf 
bezügliche Bestimmung weggelassen hatte. Auch die Worte, worauf sich Zuuft 
BtQtit, kOnnen, wenn wir ihnen überhaupt ein Gewicht beilegen dürfen, eben- 
sogut' desshalb beigefügt sein, weil die peripatetische Schale erst nach Ari- 
stoteles' Tod xu eigenem Grundbesitz kam. Mir ist daher das Wahrschein- 
lichste, dass Aristoteles seinen Unterricht noch nicht in eigenem Garten er- 
theüte. — Nach Anus». V, 186, a, (I, 402 Dind.) hatte Theophraat auch die 
Mittel ku gemeinsamen Mahlen der Sohnigen ossen hinterlassen. 
1) Dass Th. bei Aristoteles' Tode noch nnverheirathet war, ergiebt sich 
ans dem Testamente des Leistern (s. o. 641, 9), dasa er ea blieb, aus seinem 
eigenen und aus dem gänzlichen Fehlen jeder gegenteiligen Angabe; warum 
er aber die Ehe verschmähte, sagt er selbst in dem später noch za bespre- 
chenden Bruchstück bei Hiekos. adr. Jovin. I, 47. IV, b, 189 Msrt, wenn 
er hier dem Philosophen vor Allem desshalb von ihr abrttb, weil sie mit 
albntvielcn Störungen für die wissenschaftliche Thfttigk'eit verknüpft sei. 
3) Cic. Tn.sc. III, 28, 69. Dios. V, 41. HiMoa. epist. 34 ad Nepotian. 
IV, b, 368 Mart. ( 
8) Dioq.40: ftiXsifcti 6f, YIP"** — iireiSjjjttp oWyov iv^i£ twv mJwov. 
4) Tgl. ausser den S. 640, 3, Sohl, angeführten Stellen: Cic. Brat. Sl, 
121: ouü ... Theophrasto aWctorf Tose. V, 9, 24: Ate autem etegmUtMimu* 
ewmdim pküotephvnim et srudäMStmtu. Bei ihm, wie bei Aristoteles, beliebt 
41* 
' 644 Tlieophrast. 
such die Unabhängigkeit seiner äusseren Lage *)» und der -Besitz 
der erforderlichen Hilfsmittel für seine gelehrten Arbeiten ! ) - 
alles diess musste seinen wissenschaftlichen Forschungen und sei- 
ner Lehrtätigkeit in hohem Grade zu statten kommen. Die zahl- 
reichen Schriften, welche er als Denkmale seines Fleisses hinter- 
liess, erstrecken sich über alle Theile des damaligen Wissens s ). 
■ioh dieses Lob zunächst auf die populären Schriften, namentlich die Ge- 
spräche, welche Cicero (s. o. 95, 6) «ach bei ihm als eioterische bezeichne!. 
I'hokl. in Farm. I, Schi. S. 54 Cous. tadelt an denselben, daaa die Einleitun- 
gen mit dem Hauptinhalt nicht zusammenhangen. Nach Hkruu-pitb b. Athei. 
I, 21, ■ soll er in seiner äusseres Erscheinung zu gepatzt and in Beinern Tor 
trag bu theatralisch gewesen sein. Witzige Wendungen von ihm werden öf- 
ters erwähnt z. B. b. Pi.ut. qa. ^onv. II, 1, 9, 1. V, 5, 2, 7 (VII, 10, 2, IS). 
Lycurg. c 10. (cupid. dir. o. 8. S. 527. Pobph. De abstin. IT, 4. 8. 804). 
1) Theophrast's Wohlhabenheit ergiebt sich aas seinem Testament bei 
Dioo. V, 51 ff-, welches einen bedeutenden Besitz an Grundstücken, SkUren 
nnd Geld verzeichnet, wiewohl die Haupts um nie des letztem (§. 55 f.) nicht 
genannt ist. 
2) Seiner Bibliothek, deren Grundstock die aristotelische bildete, er- 
wähnt Stbabo XIII, 1, 54. 8. 608, das Testament bei Dioo--. 52, Athen. I, 3, ■ 
(wo das toütuv beweist, dasa TheophrRst's Name hinter dem des Aristoteles 
ausgefallen ist). 
8) Verzeichnisse derselben hatten Hermippus und Andronikus aufgestellt 
(Sehol. in Theophr. Metaph. 8. S23 Brand. Schal, in bist plant, Tfaeophr. 
Opp. ed. Schneider V, 64. Pmjt. Solla 26 Tgl. Porphtb. t. Plotini 24); ras 
ist ein solches von Dioo. V, 42 — 50 Überliefert (aber dasselbe Tgl. man die 
gründliche Untersuchung von Uskxer Analecta Theophrastea Lpz. 1858 1 — 24, 
über die logischen Schriften, die es enthalt, Pbabtl Gesch. der Log. I, 350). 
In diesem Verzeichnis« fehlen nan nicht Mos einige ans bekannte Schriften 
Ruberes 21 f.), sondern es befolgt auch eine ans sehr auffallende Anordnung: 
auf zwei alphabetische Verzeichnisse, tos denen das zweite offenbar zur Er- 
gänzung des ersteii dienen soll, die aber wohl beide not den in der alexm- 
driniseben oder sonst einer grossen Bibliothek befindlichen Vorrath theophn- 
stiBcher Werke darstellen, feigen noch zwei Nachtrüge; der erste von diesen 
ist nach keinem bestimmten Princip, der zweite, wenn man einige Einschieb- 
sel abzieht, wieder alphabetisch geordnet Es ist nicht unwahrscheinlich, daM 
dieses Veraeichniss, wie Ubenbb annimmt, von Hermippus herrührt, und swar 
(vgl. Rose Amt. libr. anct.43 f.) durch Vermittlung des Favorinus, aas wel- 
chem Dioo. unmittelbar zuTor (V, 41) den Hermippns citirt hat, wie er auch 
vor dem aristotelischen Sohriftenverzelohnies (V, 21) und dem platonischen 
Testament (III, 40) angefahrt war. Wie es sich mit der Aechtheit der hier 
verzeichneten Schriften verhält, können wir nur zum kleinsten Theil be- 
anheilen; von einigen (Geschichte der Geometrie, Astronomie and Aritb- 
Seine Schriften. 645 
Uns ist nur ein kleiner Theü dieser Schriften masse erhalten: die 
zwei botanischen Werke s ~), deren philosophische Ausbeute gering 
ist, einige kleinere naturwissenschaftliche Abhandlungen *), eine 
metik, vielleicht auch die der theologischen Meinungen V, 48. 60) macht 
IIsebek S. 17 wahrscheinlich , dui sie dem Eudemns angehörten. 
1) II. fu™ forop!«s 9 (Üiüu. 46: 10) Bacher; it. puriiv aftiSv 6 {Dior,. 8) 
B. Das« diese Schriften von Theophjast und nicht von Aristoteles herrühren, 
ist schon S. 69 f. gezeigt worden; Tgl. jetzt mach Bkasdib in, 322 f., der wei- 
tet darauf aufmerksam macht, dass HUt. pl. V, 2, 4 auf die Zerstörung Me- 
gara's durch Demetrius Poliorcetes, VI, 3, 3 auf das Arehontat des Simonides 
(OL 117, 2), IT, 3, 2 auf den Zug des Ophelias (Ol. 118, 1), IX, 4, 8 auf 
König Antigonus Beziehung nimmt. Auch Bist. pl. V, 6, 1 geht auf dje Zeit 
nach der Eroberung Cyperus durch Demetrius Puliorcetes (DionoB XX, 47 ff. 
73 ff.), ist also nach Ol. 118, 2 geschrieben. Dass gegen so entscheidende 
Beweise die Aussage de« äimran Phja. 1, n, u., Aristoteles habe, wie über 
die Thiere, so auch über die Pflanzen, theils historisch theils Ätiologisch 
gehandelt, nicht in's Gewicht fällt, liegt am Tage. Diese Aussage bewebt 
nur, dass BimpL, wie schon S. 69, 1 bemerkt ist, das aristotelische Pflanzen- 
werk nicht selbst gesehen hatte. — In den beiden theoph rastischen Schriften 
finden sich einzelne Lücken, und von der zweiten find die letzten Bücher 
unverkennbar verloren; von der Pflanz engeschiohte dagegen ist B. IV wahr- 
scheinlich in zwei (c. 1 — 12. 13 — 16) zu theilen, und so die Zefanzahl der 
Bacher herzustellen; vgl. Schbbtobb Tbeophr. Opp. V, 232 ff. 242 unt, 15. IX 
derselben Schrift ist uns vielleicht nur im Auszug erhalten (vgl. Wimheb 
Theophr. Bist, plant. Bresl. 1842. S. IX); dass es aber ursprünglich nicht 
zu der Pflanzengeachiehte gebort habe (Wimmkb a. a. 0.), glaube Ich um so 
weniger, da auch die Schrift K. qjuiüW efctüv in ihrem sechsten Buch densel- 
ben Gegenstand bespricht, und diese Erörterung, nach dem Schluss des ge- 
nannten Bachs zu urtbe/len, in den zwei weiteren Büchern zu Ende geführt 
bitte. Ebenso mass ich Mbybh (Gesch. der Botanik I, 176 f.) und Bk»hdis 
111, 321 f. Becbt geben, wenn sie den Gedanken, dieses fite Buch, De causis 
plant, könnte eine besondere Schrift, oder gar unScht sein, wieder fallen 
lassen; anch die Aeussernngon über die Siebenzahl c. 4, 1. 2, welche der 
Letztere auffallend findet, haben nichts Befremdendes: hatte doch schon Ari- 
stoteles, den sieben Tönen entsprechend, sieben Grundfarben und sieben Ge- 
schmäcke gezählt (s. c. S. .369 f.), nnd sagt doch Theophrast anch über die 
Dreizahl (De ventis 49): teIsut« 31 nsvTi lv tptafv- sei ti a^ioti S' iw -rij 
KplütT] tpt&Gc 
2) Diese Abhandinngen , welche alier auch nur Bruchstücke und theii- 
weise blosse Auszüge sind, finden sich bei Subbeideh Tbeophr. Opp. I, 647 ff-, 
die wichtigste derselben, 7t. afufliJOEoi; , in verbesserter Ausgabe bei 1'niLirr- 
»oa Tii] ävSpuRLVT] 81 ff., ebd. 239 ff. die von Pbiucia» gemachten Anszügo 
verwandten Inhalts. Theophrast wurde schon im Alterthnm auch die Schrift 
646 Theophrait 
bedeutende Anzahl sonstiger Bruchstücke *)• Die Charaktere sind 
nur ein dürftiger and mit mancherlei fremden Zuthalen vermehrter 
Auszug, wahrscheinlich aus Theophrast's Ethik *). 
In Theophrast's wissenschaftlichen Arbeiten tritt, so weil uns 
dieselben bekannt sind, als Grundzug das Bestreben hervor, die 
aristotelische Lehre theils ihrem Umfang nach zn erganzen, tbeils 
ihrem Inhalt nach schärfer zu bestimmen. Die Grundlagen des Sy- 
stems werden von ihm nicht verändert, selbst die Worte des Ari- 
stoteles nahm er nicht selten in seine Darstellung auf; aber er be- 
müht sich, seine Lehre möglichst vollständig' nach allen Seiten hin 
auszuführen, die Masse der naturwissenschaftlichen und ethischen 
Beobachtungen zu vermehren , die aristotelischen Regeln auf die 
besonderen Fälle, und namentlich auch auf die von Aristoteles selbst 
übergangenen Fälle anzuwenden, die Unbestimmtheil einzelner Be- 
griffe zu verbessern und sie auf klare Anschauungen zurückzufüh- 
ren '). Die Grundlage, von welcher er hiebei ausgeht, ist die Er- 
fahrung. Wie sieb Aristoteles in allen seinen Untersuchungen anf den 
über die ontheilbaren Linien beigelegt (s. o. 64, 1); von Neueren die Abhui- 
lung über die Farben {SamiSM. a. a. O. IV, «84, der sie aber doch nur fflr 
den Auszug aut einer theophraatiachen Schrift halt — gegen ihn l'Binri. Arial- 
von den Farben S. 84 f.) und die Schrift über Melissus u. s. w. (Biiipu I. 
358. III, 392, wogegen unser 1. Bd. S. 366 ff. tu vgl.). 
1) Da« bedeutendste dieser weiteren Bruchstücke sind die metaphysi- 
schen Aporieon, von denen wir aber nicht wissen, ob sie einem nmfassen- 
deren Werke oder einer blossen Einleitungsschrift angehörten (Arial, et Tlico- 
phr. Metaph. ed. Brand. 308 ff.). Nach dem Soholiutn am Schlüsse war die 
Schrift, von der sie einen TboiJ bildeten, weder von Hermippns noch wi 
Andronikua, aber von Nikolaus (dem Damaacen'er) angeführt worden. Eint 
Sammlung der übrigen Fragmente, die aber noch mancher Ergänzung flhig 
wftre, giebt Scübkidek V, 186 ff. 388 ff. vgl. Bbamdis III, 256 ff. Die Brncn- 
■tficke der Schrift (oder der Schriften) Aber die Physiker hat Usijikb e, a. 0. 
25 ff. aas am me »gestellt; die logischen Peahti, Gesch. der Log. I, 349 fL 
2) Ndheres hierüber und aber die ethischen Werke des Philosophen tie- 
fer unten. 
3) Vgl. Boeth. De interpr. S. 262: Theophrtutua, ut in oliit sota, gut» 
de limilibut reimt trocUU, guoe tcükct ob Arütotek ante traetatae tuni, tu Hin 
qvaqut de affirmatione et ntgaiione iüdem aliquibui verbü utitur, quihu m *K 
übro Arittotetet usus est .... in oumibui enim, de quibus ipte diapuiat jmjI ra 
gittntm, Itmter ea tangit, qua» ab ArittotcU diclo, ante cognovil, aiiat WO Ä^ 
gentiut res non ab Ariitotele Iractata» exiequitur. 
i „Google 
Philosophischer Standpunkt. 647 
festen Boden der Thatsachen gestellt, und auch die allgemeinsten 
Begriffe durch umfassende Induktion begründet hatte, so ist auch 
Theophrast überzeugt, dass wir mit der Beobachtung anfangen 
müssen, um zu richtigen Begriffen zu gelangen. Die Theorieen 
sollen mit dem Gegebenen übereinstimmen, und sie werden diess, 
wenn man von der Betrachtung des Einzelnen ausgeht 1 ); die Wahr- 
nehmung liefert dem Denken den Stoff, welchen es theils unmittel- 
bar für sieh verwenden, theils mittelbar, durch die Lösung der 
Schwierigkeiten, welche die Erfahrung erkennen lässt, zu weiteren 
Entdeckungen benützen kann *'). Die Naturwissenschaft ohnedem 
muss sich schon desshalb auf sie stützen , weil sie es durchaus mit 
Körperlichem zu thun hat s ), Yon dieser Grundlage will sich daher 
Theophrast nicht zu weit entfernen. Wo die allgemeinen Bestim- 
mungen für die Erklärung des Einzelnen nicht ausreichen, tragt er 
kein Bedenken, uns an die Beobachtung zu verweisen *); wo keine 
volle Sicherheit möglich ist, will er sich, wie Aristoteles und Plato, 
1) Caua. pl. I, I, 1: euOu yap ^pr; oup.y(uV£lo8ai toj( Wfuuc totf zbpmii- 
vol(. 17, 6: ix 81 TÜV xoBEiotnra fltwpoüoi ailpfiuvo; £ X&joi rüv •jfjia^iiiov, 
II, 3, 5: ntpl El tSv ii toi; xaÖexaora p.äXXov euftopotjuv.- jj yap i?nElqai( BiBwolv 
ap X äs u. b. w. 
2) Motaph. c. 8. 8. 316, 25: id 51 öv Ztt TtoXXir/ßi ?avtpiv. rj fäo tt"ul)>|a[( 
xaft to( Bia^opa; BtiopST xot Taj aWa; 0)Te1. tiya B' äXijWaTEpov tijtEiY i!>( äreo- 
ßiXXei ri] Biavoia, xa piv äicXüi; tnTOÜaa ti B' änopiav £pf tttouivjj, Bt' ^4 xöv pjj 
6tJvi]TBi npoßaivtiv, !piu( £p.:patVETai Tl fSj ev tS [i)j yiu-c'i (igTOiivndV liil jeXeW 
Ebd. 318, 23; pixP' piu o!v twb; BwiptBa 81' «frfou ÖKupttv, äpx«s «w t&» ata6»(- 
oewv lajißivonwj. Kleüess Strom. 11, 362, D: ©edipp- 3i xJjv obfiqan äp^ 
Aai «frmiit ipijoiv änb t«P taiinis al ap^ai irpös töv Xd-pv ibv iv jjjitv xa\ rijn 
Biivoiav ExTtivovtai. Seit. Math. VII, 217: Aristoteles und Theophrast Laban 
zwei Kriterien, alaflj](jn plv reüv a!o&r]T(üv, »6t]ulv 6k tS« vsijtüv' xoivbv 81 Äp- 
Bodpu*, «.; £lt[tv i öeifp., tb Evop-f/f. 
S) Aus dem 1. Buoh der theophr. Physik führt Biiifl. Phys. 5, b, 11. atf: 
bds. 61 oflx äveu p.b XEViJotüii oijBs ntp'i Ivb; Xexts'ov, jiivia ysp i» xivijusi Ta Tijs 
yjcrciBt, «veu 81 aXXomjTiXTJt xol jra9>iTixij[ oif_ faäp tuiv jrepV rd pioov, e?( Taüri 
tt xsi wp\ tofttrt W-jovTa? oü^ oTdv t* xataXintiv tJjv «ToBjjoiv, äXX' lata tbütiis 
äp)(opivQUS JWipaaflai xpi) Bwaflv, ^ « ^aivSptva Xapßavimai xa8' lauta, t\ «Jtb 
Toitauv, tl twe( äpa xupiuiKpai xa\ 5cp6t£pai toüiojv ip/_«i. 
*) Caus. pl. II, 4, 8: äXX' fv toi; xaoixama rb öxpißls pSXXov Iau>( «fo(b]Ti- 
xij; otltai bui^ueü);, Xri-j-ii) BJ oüx ciJpjipE; ätpopiaai. Vgl. Hist. I, 3, 5: Die Gat- 
tungsuuterschieclo unter den Pflanzen haben etwas Fliessendes; 5ia 6!] raÜTa 
£mup Xtyoiiiv oüx BxpißoXoY7]TEm tu Spiu äXXä rifi Tiiiau Xijicie'ov tobt äipopi<jp.QtS{. 
i „Google 
046 Theophra.t 
mit blosser Wahrscheinlichkeit begnügen *); wo genauere Nach- 
weisungen fehlen, nimmt er mit seinem Lehrer die Analogie zu 
Hülfe *), aber er warnt uns zugleich, dass wir sie nicht zu weit 
treiben, und das Eigentümliche der Erscheinungen nicht verken- 
nen ■), wie ja auch Aristoteles den Grundsatz aufgestellt hatte, diu 
Alles ans seinen besonderen Gründen zu erklären «ei *). Man kann 
nicht sagen, dass Theophrast desshalb die allgemeineren GeskJns- 
ponkte bei Seite gelassen habe; aber seine Neigung and seine wis- 
senschaftliche Thätigkeit ist unverkennbar mehr dem Besondern, 
mehr der Einzelforschung als den grundlegenden Untersuchungen 
zugewendet. 
In diesem Sinn hat Theophrast, und übereinstimmend mit ihm 
Eudemus, schon die Logik behandelt. Sie hielten die aristotelischen 
Grundzüge fest, erlaubten sich aber doch manche Aenderungen 6 ). 
In Betreff der Begriffe wollte Theophrast nicht zugeben, dass alle 
conträr entgegengesetzten Begriffe unter dieselbe Gattung fallen 6 ). 
Die Lehre vom Unheil und vom Satze, weleher er und Eudemus 
eigene Schriften. gewidmet hatten '0, erhielt bei ihnen verschiedene 
I) Siupl. Pbj«. 5, a, m i die N »tu twisacn schuft könne es niafat in Tollen 
Strange des Wissens bringen; all' oäit äii[ia<rrfoY 3io touto <fuvio\ny[<rt ■ ilV 
«pxfloflqu xM tö iitb t)]v J|[i£-rfp«v yjitjatv xol fitfvopiv, u'>4 xa\ &B><?pä<svp Born 
Vgl. hiezu 8. 113 f. 
3) M. s. Caii». pl. IV, 4, 9—11. (E, 16, 4 gehört nicht bieher.) UiatI, 
1, 10 f. 
3) HisL I, I, 4: man darf die Pflanzen nicht in allen Beuehungen mit 
den Thieron vergleichen, ludtr taüxa (ilv oStw; GjcoIjjjct&v oi jaoyov rlf xi vü> 
nXXac xiit TÖiv jieIWvxidv x."F lv ' °' a T a P V-h °Kn n iipafioiou» TiEpfepfov te fÜfy 
uflai nivru;, Tun jij) xa\ rijv oixtiav äjtoßilI.ei)[isv fleiupiav. 
4) 8.0. 170, 8. 173, 3. 8. 5. 
5) Vgl. FmsTj, Gesch. der Log. I, 846 ff., der aber meiner Ansicht Dien 
über den Werth der theophrse tischen und eudeniisohen Aenderungen in der 
Logik in geringschätzig urtheilt. ' . 
6) Vgl. ömri.. Categ. 106, L Scbol. in Ar. 89, a, 16. Ai.f.i. e. MeUpli. 
1018, a, 26, und datn oben 6. J63, 3. 
7) Theophrast in den Schriften refft stsxapiosiut *«t ino^ioewt (Dioo. 44, 
46. Alm. in pr. Anal. 6, a, m. 21, b, m - *H *, u. 128 o. n. Metapb. 653, 
b, 16 Brand. Gai.es libr. propr. 11. XIX, 43 K. Bobth. ad Arist. de interpr. 
384. 386. 291, Schot, in Ar. 97, a, 38. 99, b, 36. Peahtl 850, 4), *. Xb^u; 
(Dioo. 47. Dionvb. Hai. comp. verb. S. 213, Schaf.), n. tu» toS Xo^ou tmyeiia* 
(wie Püastl 353, 38 bei Simfl. Categ. 3, ß, Bat. richtig verbessert); Eodemu 
Logik. 649 
Zusätze, die aber doch, so weit wir sie kennen, von keiner grossen 
Erheblichkeit sind 0- D« n Regeln aber die Umkehrung der Urtheile, 
mit welchen die aristotelische Syllogistik beginnt, gaben sie eine 
theilweise Veränderte Begründung, indem sie den indirekten Beweis 
des Aristoteles für die einfache Umkehrnng der aligemein vernei- 
nenden. Urtheile durch einen direkten ersetzten *). Da sie ferner 
bei der Frage aber die Modalität der Urtheile von einem anderen 
x. X&o* (Alex. Anal. pr. 6, b, m. in Metaph. 566, b, 15 Br. Anon. Schol. in 
Arist. 146, a, 24. Galsh a. u. 0.). Ueber ihre andern logischen Schriftelt Tgl. 
m. S. 49, 1. 52, 1. PaiHTL 6. 350 nnd Bth. Bud. I, 6, Schi. II, 6. 1222, b, 37. 
c 10. 1227,«, 10. 
1) Theophrast unterschied in der Schrift it. xaTaoioiiof verschiedene Be- 
deutungen de* Ausdrucks jrporaioie (Alex. Anal, pr. 5, a, m; ebd. 124, a, u. Top. 
SS, a, o. 189, a, n. Eheliche Untere eh eidun gen an« derselben Schrift nnd der JE. 
touIIi>U«^üc, welche wohl der aristotelischen — s.o. 8. 67 — nachgebildet war); 
Eudemns bemerkte die prädikative Bedeutung des „ist" in ExistentiaUKtaen 
(Anon. Sohol. In Arist. 146, »,24 — eine andere das '„ist" betreffende Bemer- 
kung desselben bei Albs. Anal. pr. 6, b, m); Theophrast nannte die parti- 
kularen Urtheile unbestimmte (b. o. 169, 2 und BoEth. De interpr. 340. Schol. 
bei Waite Ar. Org. 1, 40. Phaktj, 356, 28), und die unbestimmten des Ari- 
stoteles h \u<T3.bi>ii*x. (a, o. 158, 4. Stepbanus und Cod. Laur. b. Wim s. ■. O. 
41 f. — über die Gründe dieser Benennung Pbastl S67); er unterschied bei 
den partikulär verneinenden zwischen der Form „nicht alle" nnd „einige nicht" 
(Schol. in Ar. 145, a, 80); er machte aus Anlata der Modalität der Urtheile 
einen Unterschied zwischen der einfachen und der aus einer näheren Bestim- 
mung sich ergebenden Noth wendigkeit (Alex. All. p. 12, b, a.)\ er erläuterte 
den Satz des Widerspruchs, den er im Uebrigen für unbeweisbar erklärte 
(Alex, eu Hetapfa. 1006, a, 11. S. 658, b, 16 Br.), mit der Bemerkung, das« 
sich oontradiotorisoh entgegengeaetate Urtheile nur dann unbedingt ans- 
sohlieasen, wenn ihr Sinn genau bestimmt sei (Schol. Ambro*, bei Waite 
». a. O. 40), einer Cautel gegen aophiatiaohe Einwürfe, an der Pbanil 8. 356 
ohne Noth Anstosa nimmt. 
2) Bei Arist. Anal. pr. T, 2. 25, a, 15 lautet er: ei jafitil tüvBAA inip- 
/Ei, aiSk Ttüv A oO&vl fiitipff i tb B. e! r£p tri, oIot töj C, oik ÖAijSic eot» to 
pifieii -tüv B xo A ixap^Eiv xh v«p F x&y B t£ hm. Tbeopbr. nnd Ead. sagten 
statt dessen einfacher: „wenn A keinem B ankommt, ist es von jedem B ge- 
trennt, also ist B von jedem A getrennt, also kommt es keinem A au" (Alm. 
An. pri. 11, a, m. 12, a, o. Ph.lqp. An. pr. XIII, b, Sohol. in Ar. 148, b, 46 
Tgl. das Bcholion, welches Piunti. 364, 45 aus Minas mittheilt). Pbastl's 
Tadel Über diesen „bequemen" Beweis kann ich so wenig beitreten, dass er 
mir vielmehr gams das Richtige an treffen scheint, nnd einen „tief in das 
Wesen des Gattnngs- und Artbegriffea aurückgehenden Grund" ksnn ioh in 
dem angeführten aristotelischen nicht finden. 
i „Google 
«SO Theophrast. 
Gesichtspunkt ausgiengen, als ihr Innrer l }» so läogaetea sie folge- 
richtig was dieser behauptet halle, dass jeder Möglichkeitssatt die 
entgegengesetzte Möglichkeit in sich schliesse, and sie behauptetet 
die von ihm bestrittene Umkehrbarkeit der allgemein verneinenden 
Möglichkeilssätze*); and bei den Schlüssen, deren Vordersitze an- 
gleiche Modalität haben, hielten sie streng an dem Grundsatz fest, 
dass der Schlusssatz dem schwächeren Vordersatz folge 3 > Weiler 
wissen wir, dass theophrast die. vier von Aristoteles aufgestellten 
Modi der ersten Schlussfigur mit fünf neuen, durch Umkehrnng der 
Schlusssätze oder der Prämissen gewonnenen, vermehrte, in deren 
Aufstellung wir allerdings keinen Fortschritt finden können 4 ); und 
1) Arist. hatte, nie S. 160 bemerkt ist, die Begriffe des Möglichen an:! 
Notliw endigen «o gefasst, dass sie die Beschaffenheit der Dinge, nicht die 
unseres Wissens von den Dingen, ausdrücken sollten; unter dem Möglichen 
versteht er nicht dasjenige, was wir zu laognen keinen Grand haben, um 
unter dem Notwendigen nicht dasjenige, was wir anzunehmen genothigt sind, 
sondern anter jenem das, was seiner Natur noch ebensogut sein als nicht 
sein kann, unter diesem das, was seiner Natur nach sein musa. Von Theo- 
phrast und Endemus wird nna in dieser Beziehung iwar keine allgemeine 
Bestimmung Überliefert; (auch von dem, was Pjiakti. 363, 4t ans Alex. Anal 
pr. 51, a, o. anfahrt, scheinen mir nnr die Worte: „tpiwv tb fa&pxav [sc. 
&/a-pts1o\ hm]' Sri fip iic&pjrsi x&xt ofy oUv tt u.)] fixten" Theopbrut'i 
erster Analytik, die weiteren Alexander selbst anzugehören;) aber das! sie 
die Möglichkeit und Notwendigkeit nur im formal logischen Sinn fassen, 
orgjebt lieh eben aus ihren sogleich anzuführenden Abweichungen von Ari- 
stoteles. 
2) S. 9. 160, 8 und Alex. Anal. pr. 14, a, nt. Anco. Schal, in Ar. 160, 
a, 8. Die Beweise der beiden Feripatetiker tbeilt ein Soholium mit, weicht! 
aus Miau' Anmerkungen zu Galen's EisaytüYi] 6caXexTixi| S. 100 bei Pusfi 
S64, 46 abgedruckt ist. Was Derselbe 36a, 41 aus Bobth. intarpr. 438 filier 
Theophrast anfuhrt, betrifft nur eine sachlich unerhebliche Erläuterung. Ebenso 
ist, wie auch Primi. 8. 370 bemerkt, eine von Alex. Anal. pr. 48, b,n. er- 
wähnte Aenderung einer aristotelischen Beweisführung bedeutungslos. 
3) Aus einer apodiktischen und einer assertorisch eu Primisse, sagten 
sie, ergebe sich ein assertorischer, aus einer assertorischen und einer proble- 
matischen ein problematischer, aus einer apodiktischen und einer prohlsm» 
tischen gleichfalls ein problematischer SohluMiatz (■■ o. B. 160, 3 und den 
dritten Fall betreffend Fhh«p.' Anal. pr. LI, a. SohoL in- Arist. 166, a, 11; 
über eine hieher gehörige Beweisführung Theophrast'« Alex. Anal, pr. 8!, 
h, o.). 
4) Da« Nähere hierüber bei Alex. Anal. pr. 22, b, u. 34, b, u. — 35, *, «■ 
Anon. Schul, in Ar. 188, a, 4, and was Pb*stl 336, 46 weitet au» Art«. 
sy Google 
Logik. 651 
ähnlich verfahr er vielleicht auch hei den zwei andern Figuren l ), 
indem er zugleich gegen Aristoteles behauptete, dass auch diese 
vollkommene Schlüsse geben '); auch änderte er die Reihenfolge 
einiger Schlussformen '). Wichtiger aber ist, dass Theophrast und 
Eudemus die Lehre von den hypothetischen und disjunktiven Schlüs- 
sen in die Logik einführten *}. Diese beiden fassten sie nämlich 
unter dem Namen der bypotetischen desshalb zusammen, weil auch 
bei den disjunktiven etwas, was Anfangs unbestimmt gesetzt ist, 
durch einen hinzukommenden zweiten Salz näher bestimmt wird s ). 
Im Besonder« unterschieden sie zweierlei hypothetische Schlüsse : 
diejenigen, welche aus lauter hypothetischen Sätzen bestehend» 
nur die Bedingungen darthun, unter denen etwas stattfindet oder 
De interpr. (Dogm. Plat. III), 373 f. 280 Ood. Boeth. sylL cat 594 f. Pat- 
i.op. An. pr. XXI, b (Schol. 152, b, 15) beibringt; Tgl. auch Ufbf.hwku Logik 
-278 ff. 
1) Wie Pkahtl 868 f. aus Alkx. Anal. pr. 35, a, n, »erotuthet. Vgl. folg. 
8) 8ohoL bei Waitz Ariel. Org. I, 46: o Gl Boijftbf . . . sWifaf t5> 'Apiara- 
t&ei iccpt tqiStdu i&i£vK . . . x»l ix&tiZw-, 8*1 Jrävts; o! iv Bjlte'oo) xa\ -pini t//,- 
U.B.-1 Tß-ELGi statv (wu Aris t. lftugnet, s. o. 1 66, 2) f aivewi £1 xa> Öedook- 
sio; .... TJ)v havdat ai-cSi (Arist.) nts*. TOiitou B4!;o» eftav. 
3) In der dritten Figur stellte er den vierten aristotelischen 'Modus als 
einfacher dem dritten und den sechsten dem fünften voran (Anon. Schol. in 
Ar. 156, b, 8. PniLor. ebd. 34. 156, a, 11), und fügte einen durch Theilang 
du ersten gewonnenen siebenten Modns bei (Afdl. s. ». O. B. 276). 
4) Wie diese Ar.es.- An. pr. 181, b, u. Philo?. An. pr. LX, a, Schol. in 
Ar. 160, b, 25 ff. ausdrücklich bemerken. Nach Boktf. SylL tiypoth. 606 
(bei Psjlktl S79, 59) hatte Budemns diese Lehre ausführlicher behandelt, als 
Theophrast. — Weit unerheblicher ist, was Alex. An. pr. 128, a, o. vgl. 68, 
a, m. Phu.op. CII, a. Schol. iu Ar. 189, b, 12. Anon. ebd. Z. 43. 190, a, 18 vgl. 
Pkahti. 876 f. aus Tbeopbrast'e Erörterungen über die Schlüsse xsti JtpoV 
Xni]>tv beibringen. Es sind diese Schlüsse aus BRtzen, wie die vob Aristoteles 
Anal. pr. II, 5. 68, a, 29. b, 10 erwähnten: & t'o A pjßtA Tb B nnvrt iicipjrsi 
n. s. w. Indessen hatte nach Alex. 128, a, o. Schol. 190, a, 1 Theophrast 
ausdrücklich bemerkt, daee eich diese Satze von den gewohnliehen katego- 
rischen nur im Ausdruck unterscheiden; das« er sich doch so umständlich auf 
sie einlies», iet nur einer von den vielen Beweisen für den oft kleinlichen 
Fleiss, mit dem er alles Einzelne durch arbeitete. 
5) Vgl. Pjiilop. An. pr. LX, b. Schol. in Ar. 170, a, 30 ff. Alm. An. pr. 
109, b, m. Dass beide a. d. a. O. der von Theophrast und Eudemus aufge- 
stellten peripate tischen Ansicht folgen, erhellt am dem gan 
i „Google 
652 Theophraet, 
nicht stattfindet '), und diejenigen, welche Beigen, dass etwas 
sei oder nicht sei *); unter den letzteren wurden dann wieder 
solche mit hypothetischer nnd solche mit disjunktiver Form un- 
terschieden *), welche sber beide darin übereinkommen , dass 
das wirkliche Stattfinden eines im Obersatz als möglich gesetzten 
Falls im Untersatz bejaht oder verneint wird *). Zu den hypo- 
thetischen werden endlich auch noch die Vergleichungsschlüsse s ) 
1) ol tlvo; öVrot rj pi) övrof tE oäx iotn J, vi tarn Siutvtivxtc („Wenn A ist, 
ist B — wenn B Ut, ist C — wenn A ist, ist C"), welcho Bti Tpitöv ukoBetlxijI 
oder Bi' EXuv 6no8ETixo\, von Tbeophrast auch, wegen der Gleichartigkeit der 
drei SStic in denselben, xbt' JvaloYi'av genannt werden. Theophraat unter- 
schied drei Formen dieser Soblttsae, welche den drei aristotelischen Figaro 
des kategorischen Schlaues entsprechen, nur dass er die zweite nnd dritte 
in umgekehrter Ordnung stellte. Alex. Anal. pr. 109, b, m. — 110, a, n. »gl. 
68, b, o. Phjlop. b. a. 0. 170, a, IS ff. 179, a, 13 ff. 169, a, 38. 
2) Philop. Sanol, in Ar. 170, a, 14. 80 ff. vgl. Alrx. An. pr. 88, b, o. 
S) Philop. a. a. O. : tan tö eTvai r) u.)j ihm xcmujxruoJOvTOV EntoSenxöyi s! 
[iiv ixoXoufliiv xstTäoxiuitouaiv ot 8i SiJ{eu£iv u. s. w. Von den enteren werden 
sodann awei Formen aufgezählt, die, welche durch Bejahung der Vorsui- 
setxnng die Folgerung bejahen, und die, welche durch Aufhebung der Fol' 
gerung die Voraussetzung aufheben („Wenn A ist, ist B — Nun Ut A" u.a.*. 
nnd: „Wenn A ist, ist B — Nun ist B nicht" u. s. w.) T von den andern, mit 
Terwiokelterfir Einteilung, drei Farmen: 1) „A ist nicht zugleich B undC 
nnd D — Nun ist es B — Also ist es weder C noch D." 2) „A ist entweder 
B oder C — Nun ist es B — Also Ut es nicht C." 3) „A ist entweder B oder 
C — Nun ist es nicht B — Also Ut es 0." 
4) Diesen* zum hypothetischen oder disjunktiven Oberssta hinzutretenden 
kategorischen Untersatz, für welchen spRter die Stoiker den Namen Kpitlirf« 
aufbrachten, nannten die altera Peripatetiker (oi Ap^atoi, ot ma\ 'Apratowiin 
»gl. Pe.hti. 365, 68), ArUtoteles (Anal. pr. I, 23. 41, a, SO vgl. Wim c. d. 
St.; c 2S. 46, b, 15) folgend, |irr&Xij T i< (Am*. An. pr. 68, a, o. 109, s, m. 
Philop. Sanol, in Ar. 169, b, 47. 178, b, 6); erhalt dieser Untersatz seinen 
eigenen BeweU durch eisen kategorischen Schluss, so entstehen die sog. „ge- 
mischten" Schlüsse (Alex. 87, b, ib. folg.). Der Bedingungssatz heisst odvjju- 
fievov, der Vordersatz desselben ' j)voiI|ttvov , der Nachsatz ixd[uvov (Paitor. 
Sohol. in Ar. 169, b, 40). Dabei bemerkte aber Tbeophrast den unterschied 
awisohen solchen Bedingungas&tsen, iu welchen die Bedingung problematisch, 
durch ein Et, und denen, in welchen sie assertorisch, durch ein 'Erat einge- 
führt Ut (Simpl. De coelo, Schol.509, a, S). Derselbe bemerkt Co. Alex. Anal. 
pr. 131, b, o. Aju. vgl. Peinti, 878, 67), dass die |«t&Xtj|i( ihrerseits entweder 
eine blosse Voraussetzung r oder unmittelbar gewiss, oder epagoguoh oder 
6) Ot hin -roS [uCUov xat iou &|i«üu xa't toö JJtw», wie etwa: „Wenn das 
Logik .658 
gerechnet, welche die Peripatetiker Schlüsse der Qualität •) 
nennen. 
Ans dem zweiten Haupttheil der Analytik , der Lehre von der 
Beweisrührung:,- ist uns keine eigentümliche Bestimmung von einiger 
Erheblichkeit von TheophTast oder Endemus überliefert *), und wir 
dürfen desshalb wohl annehmen , dass sich keiner von beiden hier 
in irgend einem wichtigeren Punkte von Aristoteles entfernte. Das 
Gleiche gilt aber im Wesentlichen auch von der Topik, welcher 
Theophrast einige Schriften gewidmet halte ')• Dass dieser Philosoph 
ihre Aufgabe anders auffassle, als Aristoteles, lässt sich nicht dar- 
thun *); und was uns von topischen Einzelheiten aus Theophrast 
und Eudemus bekannt ist, geht nicht über einige formelle Erweite- 
rungen der aristotelischen Bestimmungen hinaus s ). 
minder Werthvolle- ein Gut ist, so ist et auch das Werthvollere — nun ist der 
Reich th um , der minder werthvoll ist, als die Gesundheit, ein Out, also ist 
es auch diese." M. s. darüber Alex. An. pt. 88, N b, m. 109, a, m — b, o. 
Philof. An. pr. LSXIV, b. Pbanm. 369 £ - 
1) Kits jtouSnjTa, wohl nach Abist. Anal. pr. I, 29. 46, b, 16, Wo aber 
dieser Ausdruck night näher erklärt wird. 
2) Selbst 1'niNTr. (8. 392 f.) bat nur zwei bieher gehörige Angaben ge- 
funden: bei Puilop. An. post. 17, b, o. Schal, in Ar. 205, a, 4fl die Unterschei- 
dung der Ausdrücke f| oüt'o nnd xaB' aSn6, und in dem anonymen Scholium 
ebd. 240, s, 47 die Bemerkung, dass die Definition in die Apodiktik gebore- 
Ebenso anerheblich sind i/f Bemerkungen über das xnfl' oÜto bei Alex, qu. 
nat. I, 26. S. 62 Speng., ülar die Definition bei Boeth. interpr. II, 318, Scbol. 
110, a, 34, Aber Horistik nnd Apodiktik bei Eostkit. in libr. II, Anal. post. 
11, ji, o. Schol. 242, a, 17 vgl. ebd. 240, a, 47, über die Unmöglichkeit, den 
Sats des Widerspruchs zu beweisen bei Ar. ex. au Metapfa. 1006, a, 14 (aus der 
Schrift ic. «sTaf Aoöiic), nnd die Definition des ä^'uiis bei Themist. Anal. post. 
2,a,u.Bchol. 199, b, 46. 
8) Vgl. Prantl 360 f. Anm. 11 — 14. 
4) Pbanti. 8. 352 schliesst es ans der Angabe (Ahuoh. De interpr. 53, a, 
u. Schol. in Ar. 108, b, 27. Anon. ebd. 94, a, 18), dass Theophrast ein zwei- 
faches Verhältnis« unterschieden habe, daa zur Sache, bei dem es »ich am 
Wahr und Falsch handle, und das zu den Zuhörern; aber da« letztere wird 
hier Dicht der Dialektik, sondern der Poetik und Rhetorik zugewiesen. Aunh 
was Ales. Top. 70, u. ans der Analytik des Eudemns anführt, ist ganz 
aristotelisch. 
6) Theophrast unterschied «wischen tojiq{ und JutpitffO.\ia, indem er 
unter diesem eine allgemeine und noch unbestimmte, unter Jenem eine naher 
bestimmte Regel verstand (Alex, Top. 72, m. vgl. G, m. 68, o.); er stellte von 
Google 
$54 , Tbeophrhit 
Zeigt es sich nun schon hierin , dass Theophrast keineswegs 
geneigt war, die aristotelischen Lehren ungeprüft weiterzugeben, 
so erhellt diess noch deutlicher aus dem metaphysischen Bruchstück, 
welches freilich nur in verderbtem Text auf uns gekommen ist ')- 
Dieses Bruchstück enthält eine Reihe von Aporieen, welche grossen- 
theils auch die aristotelischen Annahmen treffen, ohne dass uns be- 
kannt wäre, ob und wie sich der Verfasser dieselben gelöst hat. 
Von dem Unterschied der ersten Philosophie and der Physik aus- 
gehend, fragt Theophrast hier, wie sich der Gegenstand beider, das 
Uebersinnliche und das Sinnliche, zu einander verhalten; und nach- 
dem er festgestellt hat, dass sie durch ein Band der Gemeinschaft 
verknüpft sein müssen, dass das Uebersinnliche den Grund des Sinn- 
lichen enthalten müsse, untersucht er, wie man es sich zu diesen 
Bebufe zu denken habe *)■ Das Mathematische (welchem Speusippns 
die oberste Stelle angewiesen hatte 8 )) kann der Aufgabe nicht ge- 
den topischen Gesichtspunkten, welche Arist. aufgestellt hatte, (t*°5 " ci 
Siajopa, Spo<, TStov, eupBtßigxOt, laütbv) des Tarfrrbv ebenso, wie die SimwÜ- 
unter dab yAoj (ebd. 35 u.), and alte andern ausser dem ou[ißtßqxb( unter den 
Kpot (ebd. 81, o. — Näheres wird uns nicht mitgetheilt, aber Prahti. 8. S9S 
scheint mir die Sache nicht ganx richtig aufzufassen, vgl. Bhasdib III, 379); 
er behauptete, entgegengesetzte Frincipien fallen nicht unter Einen Gattungs- 
begriff (»■ o- 648, 6) — um einige noch unerheblichere Bemerkungen in übel- 
gehen, die bei Alex. z. MeUph. 1031, a, 31 und Top. 16, o. (Behol. 377, b, M) 
angefahrt sind. Auch Theophrast'» Einteilung if/^fiSipat (Ubegob. Corintli. 
ad Hormog. de meth. VII, 1154 W.), Eudem's Eitrttjaihing der Fragen (AxH- 
Top. 38, ii.), und. desselben Theilung der Fehlschlüsse rtapi -rijv Wfiv (wenn 
nlmlich Gilen je. t. x* ? k t. M£. oopiop.. 3. XIV, 569 ff. ihm folgt) mSgen.hci 
Puhtl S97 f. uaebgesshen werden. 
1) Znletzt von Brand» (Arist. et, Tbeophr. Metaphystca 308—831) bsf- 
ausgegeben, und von demselben (Gr.-rom, PbiL III, 325—343) in arlantem- 
der Paraphrase eicerpirt. Der theoph ras tische Ursprung dieses Fragment» ist 
auch mir trota der mangelhaften äusseren Bezeugung (s. a. 646, 1) nniwmfel- 
hafi. Ausser seiner sonstigen •Beschaffenheit spricht dafür schon der Unutiad, 
dass keine philosophische Annahme der naahariatoteligehen Zeit darin !»■ 
rflokaiohtigt wird. Aach Hennippaa und Audrouikna haben et vielleicht, sar 
unter anderem Namen, gekannt In der Abhandlung n. TtÜv outXöJv ä«ojnj*i™' 
(Dioo. V, 46) jedoob, an welche Kbische Forsch. 843 denkt, mochte ich " 
nicht Buchen. 
3) S. 308, wo aber Z. 7 an lesen sein wi»d: ip](j) 8i > «*rap* a. a. w. „Das 
Erste ist hier die Frage ob" tt. s. w. , 
3) 8. lite Abth. «67, 4. 
.v Google 
Metaphysische Aporieen. 655 
nügen, wir bedürfen eines höheren Princips, welches nur in der 
Gottheit gesucht werden kann r ). Sie also muss die Bewegung' in 
der Natur hervorbringen. Sie bewirkt dieselbe aber nicht dadurch, 
dass sie selbst 'in Bewegung ist, sondern durch eine ihrer Natur 
entsprechendere Ursächlichkeit: sie ist Gegenstand des Verlangens 
für das Niedrigere und daher aliein stammt die endlose Bewegung 
des Himmels. Aber so befriedigend diese Annahme auch in vielen 
Besiehungen unstreitig ist *), so ist sie doch nicht ohne Schwierig- 
keit Giebt es nur Ein Bewegendes, warumhaben nicht alle Sphären 
die gleiche Bewegung? giebt es mehrere, wie haben wir uns die 
Uebereinstimmung ihrer Bewegungen zu erklaren? Aber für die 
Vielheit der Sphären müsslo freilich auch ein genügender Grund 
beigebracht, es müsste überhaupt Alles aus dem Gesichtspunkt der 
Zweckmassigkeit erklärt werden. Warum geht ferner das natür- 
liche Verlangen der Sphären nicht auf die Ruhe, sondern auf die 
Bewegung?*) Und setzt nicht das Verlangen die Seele, ebendamit 
aber auch die Bewegung schon voraas? Warum tragen nicht auch 
die Dinge unter dem Münde nach dem Besten Verlangen, und wie 
kommt es, dass dieses in der himmlischen Welt nichts Höheres be- 
wirkt, als die Kreisbewegung? Denn die Bewegung der Seele und 
der Vernunft steht doch höher, als jene. Doch darauf liesse sich 
antworten, es könne nun einmal nicht Alles gleich vollkommen sein. 
1) S. 309. Der Text ist über hier schwerlich in Ordnung; Z. 8 mochte 
ich vorsebllgeii: ij !' öp^äl Wp* n. s. w., nnd Z. 12: & iXifOK sTvai xoi *pw- 
TG<t, st |i)] «p« X«t IV Xtä JtpUTCU. 
2) 310, 2: [i^ffi uiv Sij toikiu» t>Tov äpiio( o ^i^oi, WiÄ* w **«ö» pfav 
Rtnuv, xoü t))V ivspftuN xstt tJjv o'Jofon mcoSi3o : j(, tri äk pJ) Siaiprtbv [itjät noaiv 
n lifon, ilX' öicXüf iEouptüv i!{ Kpilitu Ttvs \uai&x *st SeiOT^pnv. 
3) 310, 10— 21 (wo ich Z. 14 statt iwJTOTQV „iptarov" vormuthc). Die zu- 
nächst folgonde, auf die l'Utoniker bpzitgliche Bemerkung ist, wahrschein- 
lich wegen Textesverderbuiflfl , ziemlich unverständlich. Bbisiiis III, 328 f. 
übersetzt: „Holt es etwa durch Nachahmung geschehen, wie die behaupten, 
welche das Eins nnd die Zahlen, nnd diese wiederum als da* Eins setaen?" 
Aber ans unserem Text wttsste ich diesen Sinn nicht herauszu bringen, und 
auch an »ich scheint er mir nicht passend; denn wie kann die Bewegung 
durch Nachahmung des Unbewegten entstehen, und wie die Zahlen als daa 
Eins gesetzt werden? Im Folgenden ist wohl an interpungirent ■! Sj| ftpint, 
äUu( Tt xii Toü aplmou, pjii ■^•fffi, tt |uj ti( Wr"' xaB 1 ajioiJTtjT« x«t Gtafopäv 
(„falls nRmlioh der Ausdruck Iieol; nicht nach blosser Ähnlichkeit und on- 
'igentlioh gebraucht wird"), ■{•^ux' öv *T>j tä xivoiijuva. 
656 Theophraat 
Aach darnach endlich könnte man fragen, ob das Verlangen and 
die Bewegung zum Wesen des Himmels gehört, oder etwas Acci- 
denteltes an ihm ist *>■ Wollen wir ferner die Forderung, dass ans 
den Principien alles Wirkliche, und nicht blos einiges, abgeleitet 
werden sollte '), hier nur berühren, so fehlt es doch auch in Betreff 
der Principien selbst nicht an mancherlei weiteren Fragen. Sind 
nur ungeformte und materielle anzunehmen, oder geformte, oder 
beides? und wenn die erste dieser Annahmen offenbar unzulässig 
ist, so hat es doch auch seine Schwierigkeit, Allem bis aufs Kleinste 
seinen Zweck anzuweisen; es wäre also zn bestimmen, wie weit 
die Ordnung in der Welt geht, und warum sie an gewissen Punkten 
eine Schranke bat 8 ). Wie verhält es sich sodann mit der Rübe? 
ist sie ebenso, wie die Bewegung, als etwas Reales aus den Prin- 
cipien herzuleiten, oder ist das Positive nur die Energie, und im 
Sinnlichen die Bewegung, die Ruhe nur Aufhören der Bewegung? *) 
Wie ist das Verhallniss von Form und Stoff zn bestimmen? ist der 
Stoff das Nichtseiende, welches aber doch der Möglichkeit nach ist, 
oder ein Seiendes, welchem aber dieFormbestimmung noch fehlt? s ) 
Warum ist die ganze Welt in Gegensätze getheilt, so dass nichts 
ohne sein Gegentbeil ist, und des Schlechteren weit mehr ist, als 
des Besseren? s ) Und da wegen dieser Verschiedenartigkeit der 
Dinge auch das Wissen verschiedener Art ist, so fragt es sich, wie 
wir bei jeder Untersuchung verfahren , wie wir den Begriff nnd die 
Arten des Wissens bestimmen sollen 0- Von Allem Ursachen an- 
1) a 311 ff. S. 312 faiee ich um der Körte willen Z. 3 ff. und 21 ff. 
»ue»mniBD. SU, 21 sollte mau hinter ptwßoÜf ein Y'^nflai erwarten. 
2) S. 312 f., wo »her Z. 10 in interpnngiren Ut: hie 8' ob TcnSqt ] 
■coihuv t*v Apyüiv äf lüaiiev iv Tic, tk/a St xoil äico tüv iXXuv äp', «v ttf TtfliJT«, 
-t« iyd&ti iä6u; ijio&Wtai xsi [iJ) pi^pi tou npaelSina xaiitafai, wie dieu im 
Folgenden den Piatonikern vorgerückt wird.. 
8) ß. 813 f. — 314, 14 lese man statt afcb „«! %6." 
4) Dieaa, wie ea scheint, der Sinn von 318, 1— 7, da* Nächstfolgend* 
weiaa ich aber, so wie nusor Text lautet, so wenig, all Barnim 8, 332, — 
6) 8. 816 t 815, 23 leae iah: Suv£|Mt 8' öv. 81B, 2 scheint in den Wor- 
ten: (j oüoii f«iz&Twv ein Fehler in liegen. 
6) 8. 316.- 
7) 8. 316 unL — 318 m. Genauer kann ich hier auf dal Einaelae Hiebt 
eingehen; m. s. darüber Btumu III, 884 f. 
i „Google 
Metaphysische Anorleen. 657 
zugeben, geht nicht, da wir weder im Sinnlichen noch im Ueber- 
sinnlichen in's Unendliche fortgehen können, ohne die Möglichkeit 
des Wissens aufzuheben; sondern eine Strecke weit vermögen wir 
es im Fortschritt vom Sinnlichen zum Unsinnlichen; wenn wir da- 
gegen eu den letzten Gründen gelangen, können wir es nicht mehr, 
sei es weil sie keine Ursache mehr haben , sei es weil unser Auge 
zu schwach ist, um in das hellste Licht zu blicken '}• Will man 
aber auch annehmen, dass der Geist dieselben durch unmittelbare 
Berührung und desshalb ohne Irrthum erkenne *), so ist es doch 
nicht leicht zu sagen, so nöthig diess auch wäre, von was diese 
Bestimmung gilt, was Gegenstand dieses unmittelbaren Wissens ist 9 ). 
Zugegeben ferner, "dass die Welt und das Himmelsgebäude ewig 
sei *) (dass somit ihre Entstehungsgründe nicht aufgezeigt werden 
können), so bleibt doch immer noch die Aufgabe, die bewegenden 
Ursachen und den Zweck der Welteinrichtung anzugeben , und das 
Einzelne, bis zu den Thieren und Pflanzen herab, zu erklären. Der 
ersteren Forderung kann die Astronomie als solche nicht genügen; 
da vielmehr die Bewegung dem Himmel ebenso wesentlich ist, als 
den lebenden Wesen das Leben, so müsste sie tiefer aus seinem 
Wesen und seinen letzten Gründen abgeleitet werden 6 ). Was die 
Zweckmässigkeit der Welteinrichtung betrifft, so ist, abgesehen von 
andern Bedenken e ), gar nicht immer klar, ob etwas für einen be- 
1) Das Letztere eine Abweichung von der aristotelischen Lehre (über die 
S. 138, 1. 170 ff. zu vgl.) in derselben Richtung, nie der Satz Mciaph. II (a), 
1. 993, b, 9: £>3KEp yap xa'i ik tüv vuxTtpiBuiv Spfitna spb( to fi-ffoi Ijja ™ H 4 ^' 
fjjiEpav, outiu xa'i ti)( ^[AETEpas <[v'/jii & voü; npb( ra rif f üoei f iVEpÜTaia n&vtujv. 
2) Die aristotelische Annahme s. o. 135, 4. 448. 
3) So fasse ich die Worte S. 3l9: yaka^ Bi x< " £i S ttlSt ° toS9 ' % ««»rais xcü 
ilmi .... t'v tlvi Koiijt&v t'ov Spov. Brandjs 3. 336 erklärt: „wo man der For- 
schung die Grenze setzen solle", was mir der Text nicht zn erlauben scheint. 
Das Uebrige a. a. 0. 8. 313 f. 
4) 8. 319, 11 wird nämlich zu lesen sein: itApuxev. Baoi 8e tov oipavbv 
oföiov 6iuoX«[j.pavoB<n¥ fti St u. s. w. Ebd. Z. 18 hat schon Spenokl (s. Bbabdis 
8. 337) das sinnlose lj|Upuv in I] fiEpiÜv verändert. 
5) Diesa scheint wenigstens der Sinn von S. 319, 18 ff. 
6) Diese sind 320, 3 f. augedeutet. Useskb Anal. Tbeophr. 48 schlägt 
hier vor: SaAiu( 6' i äpop[0|j.bs oä pdolos xa\ Bi] tö tW yij Soxttv n. s. w. 
Vielleicht ist zn lesen: äXhai I' 4 ctfopw|xVi oä fiBioj — *&&** T ' ( Vn 'g- E ') 
«pljodkl xpi) {Vulg. XP^ V ) **' e! * t"'"* tEXtuTäv. xat B)] svia (seil, äsopfa» napex" 
oder Aehnliches) tÄ |trj SoxeIv a. s. w. Sonst konnte man auch, gleichfalls 
Philoi. d. Gr. D. Sa. B. Abth. 42 
Google 
658 Theophrast 
stimmten Zweck oder nur in Folge «ines zufälligen Zusammentreffens 
oder einer Naturnothwendigkeil da ist *); und such wenn man jene 
Zweckmässigkeit annimmt, kann man sie doch nicht in Allem gleich* 
sehr nachweisen, sondern man muss zugeben, dass dessen, was ihr 
widerstrebt, viel, ja weit mehr ist, als dessen, was sie rein dar- 
stellt, des Schlechten mehr als des Guten *). 
Es ist nicht möglich, aus einem so abgerissenen Bruchstück 
etwas Genaueres über Theophrast's Ansicht von den letzten Grün- 
den auszumitteln. Nur das sehen wir daraus, dass er für die Schwie- 
rigkeiten der aristotelischen Lehre nicht blind war, welche er na- 
mentlich an ihren Bestimmungen Aber das Verhältniss der bewegen- 
den Ursache zum Bewegten und ihrer teleologischen Naturerklärong 
hervorhebt. Nichtsdestoweniger müssen wir annehmen, er habe 
auch in der Metaphysik in allen wesentlichen Punkten an ihr fest- 
gebalten, wie er diess denn bei einigen *) ausdrücklich ausspricht, 
SXkuii lesend, du vorhergehende p.in]v als erläuternde Glosse auswerfen: Srtf 
St ToÜ reivO' Ivixi to-j xai \afi\t nlAajf , £ i^osi<ru.b; oi (ttdBio; U. s. w. 'AjKjpiqici 
ist hier — £pia|ui^ wie ob auch in der theopb ras tischen Stelle bei Sjhfi,. Php. 
94, a, m. steht. • 
1) Beispiele giebt Tlieopbr. 320, 15 ff., wo ich aber 821, 12 die Worte 
xoil tsüh' u. s. w. nicht zureolitsubringou rennag. 
2) 8. 320, 9 — 323, 16. — S2I, 16 lese ich: et 81 ^ toW [oder tjÜö'I 
Ivnci tou xal ilt x6 £pi«ov, Xipcreov u. s. w. Ebd. Z. 19: xat (oilöl^ Ir-fop*** 
(Brand. Wyojjjh a) xal xaß' ixanrov. Dem xsfl' sxaoroy ent.tp rieht dann im Fol- 
genden &A tüv t«m. 322, 7 ist vielleicht zu lesen: ixopwffov xb ftA.no» xalt» 
■Tvbi, Z. 8: jcqXI 51 icXijBof (ohne f\ oder dtai) tb xaxo». Im Folgenden mag 
der Text sunachst gelautet haben: ojx cv ieptorfn 81 jj.ivov xai oTov 31t]( lIBu, 
xaflaittp ti t^c pomtof (in der Henschenwelt — denn auf diese mfisste es sieb 
beziehen — findet sich nicht nur, nie in der Natur, Unbestimmtheit and Mi- 
terisliUt, sondern auch Böses). Dann aber scheint eine Lücke in kommen; 
von den fehlenden Worten ist nur das öjistOsoiitou erhalten. Ebenso fehlt im 
Folgenden in dem Vordereatz it -jap — sxirspwfliv (über den Abth. 1, 655, 9 
Sit Tgl.) der Nachsatz: so gilj; diess (die Seltenheit des Guten) von der Men- 
■chenwelt noch weit, mehr. Von dem Nächstfolgenden sodann ist in den 
Worten te plv o3v — oW nur ein abgerissenes Fragment erhalten. Das Wei- 
tere bis tum Bohluss ist wohl gant oder fast ganz volle tandig, dann aber 
bricht die Erörterung unvollendet ab, ohne dass wir verrautheu konnten, is 
welcher Weise sie weitergeführt wurde. 
SJ Ausser den sogleich in erörternden theologischen Bestimmungen ge- 
hört hieher die Unterscheidung von Form nnd Stoff (Metaph. 815,21. Tbkmht. 
De an. 91, a, m) und was damit ■nsanunenhajngt, und die aristotelische Tel»- 
und wie es sich im Allgemeinen daraus ergiebt, dass uns von keiner 
Seile 1 Abweichungen von derselben mttgetheilt werden. Auch das 
Wenige, was uns über Tbeophrast's theologische Annahmen über- 
liefert ist, stimmt durchaus mit den aristotelischen Sätzen überein. 
Zwar wird ihm vorgeworfen, er habe bald den Geist, bald den 
Himmel und die Gestirne für die Gottheit erklärt '); aber der gleiche 
Vorwurf wird aueb Aristoteles gemacht *), dessen Ansicht wir doch 
schlecht kennen 'müssten, wenn wir ihn nicht ohne Mühe auf die 
Thatsache zurückführen würden, dass er als die Gottheit im höch- 
sten Sinn zwar nur den unendlichen Geist, als ewige und göttliche 
Wesen aber auch die Beweger der Gestinisphären , und namentlich 
der obersten Himmelssphäre, gelten Hess. Auch Tbeophrast lehrt 
nichts Anderes. Die Gottheit schlechthin ist auch ihm nur der 
logia. Die letztere spricht Thsopbt. mit aristotelischen Worten ans, Caus. 
pl. I, 1, 1 (Tgl. II, 1, 1): f] fäp <p'jai( oä&tv Jcoial [i4t7|V fjxiorn Gl tv tot; npuiTois 
*& xupiurötotc. Ebd. I, 16, 11 (wo übrigens statt fj S' „?j S'" zu lesen ist): 
tu) icpbf Tb ßAtiatov opp.9 [f, tpfac}. Vgl. IT, 4, 2. 1, 2. Theils eine Nach- 
ahmung (Cans. 11, 18, 2), tbeils eioe Unterstütanng und Vollendung (ebd. II, 
16, 6. I, 16, 10 f, V, 1, 1) der natürlichen Zweckthatlgkelt ist die Kunst; sie 
unterscheidet sich aber (Cans. I, 16, 10 Tgl. oben S. 387, 1) von derNattar 
dadurch, dass diese von innen heraus und daher zwanglos (Ix TÖ» aäTOpaxuv), 
diese von aussen her und durch Zwang, und daher nur stückweise (Caus. I, 
12, 4) wirkt; und darauf beruht es, dass die Kanat manches Naturwidrige 
hervorbringt (s. a. O. I, 16, 11. V, 1, 1 F.). Aach dieses ist freilich uioht 
zwecklos, aber es dient nicht dem ursprünglichen Natnrsweck, sondern ge- 
wissen Zwecken der Menschen (vgl. V, 1, 1); dieses beides fallt aber nioht 
meammeu, und kann sich sogar widerstreiten (Cans. I, 16, 1. 21, 1 f. IV, 4, 1 
— Tb. unterscheidet hier, in Beziehung auf die Früchte nnd ihre Reife, vf|V 
TsX£liT7)Ta T1JV IE «pb( }](iJs XCtt ti)V ÄpOJ yhtQ{t._ f] [ijv fkf 7tpb[ tpO^T|V fj 6t 7tpO( 
Suvap.iv toB -fwvSv). Doch kann auch das Naturwidrige durch Gewohnheit aar 
andern Natnr werden (Caus. II, 6, 6. III, 6, 4. \V, i 1, 6. 7), und andererseits 
sind manche Gewächse nnd Tbierc, wie Tbeopbr. glanbt, von der Natnr aelbst 
auf die menschliche Pflege angewiesen, durch welche sie erst aur Vollendung 
kommen können, nnd eben hierauf beruht der Unterschied des Zahmen nnd 
Wilden (Cans. I, 16, 1 3), von dem wir auch später finden werden, dass er ihn 
nicht blos für einen künstlichen, sondern für einen natürlichen hfilt. 
1) Der Epikureer bei Cic. N. D. I, 13, 35: nee vero Theophr/uti ineon- 
•tantia ferenda ett; modo enim mtmti divinae tribuit prineipatum, modo toelo, 
tum autau rignU ddeributpte cnrUitibun. Klbhrbs Protrept. c 5. 44, B: 8<d<pp. 
. . . . mi |iiv odpavb» n!j Ct itküjutöv Bibv Snovott 
2) Cic b. s. O. %. 33 Tgl. Kbjschb Forach. 276 ff. und oben g. »8 f. 
42* 
.Google 
660 Theoph»»it 
Nus 0) die einheitliche Ursache, welche Alles zusammenhält, und un- 
bewegt Alles bewegt, weil Alles nach ihr verlangt *). Für die Annahme 
einer solchen obersten Ursache hatte sich Theophrast, wie es scheint, 
mit Aristoteles s } auf die Allgemeinheit des Götterglaubens berufen 4 ), 
ihre auf Alles sich erstreckende Wirkung als die Vorsehung be- 
zeichnet *), ohne jedoch diese göttliche Wirkung von dem Natur- 
lauf zu unterscheiden B ) , und von dem Menschen verlangt, dass er 
ihre rastlose Denkthätigkeit seinerseits nachahme T ). Zugleich schreibt 
1) Metaph. 315, 13: im 61 [tb xivoüv ftepov xai 3 xr.fi] öv vt In' «üYcv rn, 
tov voüv xnt um Biov. 
2) Ebd. 806, 11. 309, 15 — 310, 10, (s. o. 655) wo u. A.: fltia fapt*«*- 
tiuv «px^i W f[i SnavT« xai im xeft hiapdm hell 8' äxi»7]T0( x«B' oär)]v, ^ovtpln 
w( oüx «v eh] tu xivfiaflai wtc *»i? pJoitn ahio, öJJ.i loinbv öl).)] tnft Siwip« 
xpEirruvi xoft npottpa. tomüttj 6' i| tDÖ opttiou fdoit, äf' fc f\ xwxXud) [sc xinpit] 
J] tjuvi^l' xx\ änauaroj. 
8) lieber welchen 8. 272 «o vgl. 
4) Sihpl. in Epict. Enchir. 38. IV, 357 Schweigt].: Itavttt y«P ävSptam 
vojiSJoucn gTva! Aeov :t).?)v 'Axpo&VmJv, oBs icrropfi StÄypciejTot (nach irgend 
einer sonst unbekannten Sage) tcOfs»; Y E "°H^ vau ( '^» **is Y^f aflpdu; «iw- 
5) Misoc. Fbl. Oclav. 19, 11: Thwphrattui et Zaum a. s. w. ... adum 
totem Providentia« omnea rcvaUnmtur. Vgl. Pbokl. in Tim. 186, e : IJ -]-ip yiwi 
fj [ii)j9t« nXairuv Ti- äreb tq5 JEpovoo&vro{ ahia xarE^pijuaTa, fijolv h 6t&pp. 
6) Hierauf weist Alex. Afhb. am Schlnss seiner Schrift De anima: ym- 
piiiTaia St 8edtp paar0( Bilxvuai raikdv 3» t'o xaff iktap pA>]V ™ xa-il f dm f» ™ 
KaXlisflsW, denn die itu-appiA») bezeichnet den Weltlauf ata gOttlicbe Ordnung, 
welche demnach Th-, seiner ganzen Denkweise entsprechend, der Natnrord- 
nung, and ebenso beim Einzelnen die göttliche Bestimmung fiber seine Le- 
bensschicksale seiner Naturanlage gleichsetzte. Vgl. Stob. EU. I, 206: f^p>- 
ttu So* nus il; t'o tt[i[ipjLein]v eTvcu t)]v Examou fdvw' (v ■$ Tdirov ■cittäptüv «rnü< 
iracxiiow, icpoaipeocbif, (ipüoEii); add. Hkebes n. A.) "ri^nf. xai äviyxijc;. üfi! die 
letzteren betrifft, so wird tJ/r, den Zufall, «v&r 1 "! & en Zwang (sei es durch 
andere Menschen oder Natura othwendiglceit), im Unterschied von der ipint, 
der zweokthtttig wirkenden Naturtraft, bezeichnen. — Ans der Art wie Theo- 
phrast's Aeusserungenüber die VorsehuugbeiOtniPiODOB inPhaed. ed.FincU 
6. 169, 7 berührt werden, kann mau nichts sebiieseen. 
7) Jolun OraL VI, 165,a8panh.: &X& x^ DuSo-Top« otrt «V exatwn) uiffi 
ÖEospiTroj tb KaTa 8uvh|uv ö [ioiouo6.il Bew sich. Daa Letztere sagt in dieser 
Form zunächst Plato (s. 1. Abtb. 556, 1); inwiefern es auch Theophrast sagte, 
erhellt ans demZusats; xnt -yap xa'i o 'ApitTTOTÖiijc „8 -jap fj|iii; tiote, tomto i ös« 
ewi" (s. o. 277, 2). Vgl. Cic. Fin. V, *, 11. Ueber die Seligkeit Gottes k»<" 
Theophrast uaeti Dioo. V, 49 eine Abhandlung gegen die Akademiker ge- 
schrieben. 
i „Google 
Metaphysik. 661 
er aber auch, nach aristotelischem Vorgang *), dem Himmel eine 
Seele zu*), deren höhere Natur sich in seiner geordneten Bewegung 
offenbart 3 ); und da er ebenso mit den aristotelischen Bestimmungen 
über den Aelher als Stoff des Himmelsgebäudes *) und über die Ewig- 
keit der Welt*) einverstanden ist, so konnte er nicht blos den obersten 
Himmel, von dem diess ausdrücklich berichtet wird 6 ), sondern auch 
die andern himmlischen Sphären recht wohl als göttliche und selige 
Wesen bezeichnen ')• Zwischen ihm und Aristoteles findet sich in 
dieser Beziehung kein Lehrunterschied. 
Im Ganzen war aber Theophrast's wissenschaftliche Thätigkeit 
weit mehr der naturwissenschaftlichen als der metaphysischen For- 
schung gewidmet, und seine Begabung für jene auch ohne Zweifel 
viel grösser, als für diese. Dass er auch hier durchaus auf aristo- 
telischem Grund fortbaote, steht ausser Frage; doch sehen wir ihn 
bemüht, die Ergebnisse seines Lehrers nicht allein durch weitere 
Beobachtung zu ergänzen , sondern auch durch wiederholte Unter- 
suchung der naturwissenschaftlichen Begriffe zu berichtigen. So 
1) B. o. 3*9, I, 
2) Pboel. in Tim. ITT, a: Theopbr. findet es anntttfaig, die Seele als 
Ursache der Bewegung aus näheren Principien abzuleiten (wiePlato). zp&uyov 
■jkp xa'i auTÖ; tltai BISiuoi t'ov oijpavbv xi\ Sta toüto GsTov - il fip ftCii £ori, f ijA, 
xdt tifl äp!»T7]v l%ti 8tu'yw|'JjV, «[iiJuXiSv fett»- oiIBlv -pip tlfiiov äveu ijiuj(jj<, &( h 
-ö> itepl Oipavoä -(ixfufit. (LCtBtereB anch 8. 291, b. Fiat. Theo]. I, 12. 8. 35 
Harns.) 
3) lieber diese s. m. Metaph. 823, 5. Auf die Schönheit dea Himmels 
bezieht eich Cic. Tum. I, 19, 45; haec mim pukhritudo etiamin territ patriam 
•Main et atntam (vi ait Theophrastw) phüosophiam . . . ezeitavit. Mit der s«pi9( 
r.d: saXaiB »iXoaopfa nrnaa entweder die Astronomie, oder der Glaube an die 
Göttlichkeit der Gestirne (s. o. 272, 5. 273, 1. 369, 4) gemeint sein. 
4) Nach Taubds (bei dem ScholiaBten zum TimHns, S. 437 der Bekker'- 
achen Schollen) widersprach Tbeophrast der aristotelischen Lehre vom Aether 
anlieb Plato'a Behauptung (Tim. 31, B), dass alles Siebtbare und Feste ans 
Feuer nnd Erde bestehen müsse. 
5) Dass er diese vertbeidigt hatte, sehen wir ans einer Bemerkung über 
die rier GrnndirrthQmer ihrer Gegner b. Philo incomipt. mnndi 969, c HBsch. 
(610 M.) Tgl. oben 657, 4. 
6) S. Anm. 2 nnd dazu was 8. 832. 356 ans Aristoteles angeführt ist. 
7) Da Tb.., nach dem 8. 354, 2- Angeführten, der Sphären theorie des 
Aristoteles folgte, mnss er anch mit ihm jeder Sphäre einen ewigen Beweger 
vorgesetzt haben, wie diess ja nach den peripatetischen Grundsätzen Über das 
Bewegende nnd Bewegte gar nicht au umgehen war. 
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662 Theophrast 
haue er gleich den Grundbegriff der aristotelischen Naturlchre, den 
Begriff der Bewegung '), in einer eigenen Schrift *) erörtert, und 
er hatte dabei einige Abweichungen von Aristoteles nöthig gefun- 
den. Er behauptete nämlich, die Bewegung, welche er im Uebrigeii 
mit Aristoteles als Entelecbie des Potentiellen s ) deGnirte, komme 
1) Dui ca die Physik nur mit Bewegtem eh than habe (a. o. 8. ÜBE. 
124, ö), 8«gt auch Theophrast; b. S. 647, S. 
2) Den drei Büchern Jt. Kivrjmtüf. M. s. über dieselben und über die übt 
Bücher der Physik (wenn es deren wirklich so viele waren) Philiffsof Tat 
ävOp. 8, 84. Uebnbb Anal. Thcophr. 5. B. Brabiiis III, 281. Letzterer bumeril 
richtig, wie schon Rose Ariel, libr. ord. 8T, daaa du Ute Bach te. Kirnt*« 
und das 14te der Physik bei Sinn.. Phys. 33, a, and Kateg. HO, ß (BchoL 
331, a, 10. 92, b, 23) ans blossen Schreibfehlern (i<7, ti nud tffi t6" ans TQI A) 
entstanden lind. Ans dem iväeiii'ii der erstem Stelle wurde dann im aldim- 
sehen Text Sex W 
8) (WpY(L« xo3 SuvÖ[iei xtvijroB fi »t^ov xoti fhti Snaorov xöv xanifOpiSi 
— f) toB Suvajui Övto( )S toioütov evt&^iib — hippik Ti( öteM)( toB Sintyu 
övTOt j toloOtov xaB' Cxaa-roii -jf&ot tüv xaurropiüv (Tbecpbr. bei Sinn» Pbyi. 
94, a, m. 201, b, n. Kateg. a. a. O.). kteX))( -;kf, ^ xivtjoi; (Ders. bei Thehiit. 
De an. 91, a, m.). Dm diess mit den aristotelischen Bestimmungen durchaus 
übereinkommt, wird ans dem 8. 264, 2. 266, 3 Angefahrten erhellen. Aach 
bei Sihfi» Kateg. TT, e. Phys. 202, a, o. weiss ich die Abweichung von Ari- 
stoteles, welche Ritter (HI, 413 f.) hier sieht, nicht in finden. Die säte 
Stelle (SchoL in Ar. TS, a, 1) lautet: -oüiw uiv yap (Theophrast) Sentit jiij )?>■ 
pKsoSst d)v xlvtjaw tij( ivtp-jEiaf, elvoi äs -rijv |jiv xl^oiv xat ivefftim üi b b 
aiTfj 7r£p[£xo^£vi)v, oüxfti pivioi x«\ -rijy fospytiM xlvrjoiv ri]v yip ixäaTou oüaln 
xttt tb olxeTov eTBoj Ivipyiuri elvai Jx&atou [if] oSaav iai!li)V xlvtjoiy. Das bei»! 
doch: jede Energie sei eine Bewegung, aber nicht jede Bewegung eine Ener- 
gie, Energie sei der weitere, Bewegung der<engere Begriff, also so siemlieh 
das Gegentheil dessen, was Rittkr angiebt: er habe weder den Begriff der 
Energie nnter den der Bewegung gefasst wissen wollen, „noch den Begriff der 
Bewegung nnter den Begriff der Energie". Phys. 202, a, 0. sagt Simfl: s frs- 
^paoroi (qietv Seiv frfli ttcp\ lölv xivijotiov el a! [iev xiwjoiLt e?o'iv, b! 5i wotej 
eWp-j-etat tivet, was or aber nur als Beweis dafür anfahrt, dasa Th. xtvrpii nickt 
blos von der räumlichen Bewegung, sondern von jeder Veränderung gebiaucn 6 - 
So mag er namentlich die Bewegung der Seele (s. n.) in diesem allgemein"« 
Sinn verstanden haben. Aucb Aristoteles selat aber ilvjjtlc häufig gleicht* 
deutend mit [UiaßoMj, und auch er nennt die Bewegung ebensowohl Energie 
als Entelecbie, wahrend andererseits Theophrast sc gut, wie Aristoteles, sagt, 
daaa sie nur eine unvollendete Energie sei. Bei Phisciah (in dessen Meta- 
phrase des 5ten Buch» seiner' Physik S. 287, bei Phiufpso« Tat, otSbujm! 
8. 248) sagt er ausdrucklieb: wJta Sc [eVp-pia 'und xivijacf] Staftptr Wifa 
El äva-yxatov ivlati tott aOtdft 4v6' r iautv. 
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Physik! Bewegung; Btm 663 
in allen Kategorieen vor; es gebe nicht Mos, wie jener gewollt 
hatte 0) eine Veränderung der Substanz, der Grösse, der Beschaf- 
fenheit und des Orts, sondern auch eine Veränderung der Relation, 
der Lage u. s. w. *)• - Wenn sodann Aristoteles behauptet hatte, jede 
Veränderung erfolge allmählig, und desshalb müsse alles, was sich 
verändert, theilbar sein*), so hielt Dem Theophrast die von ihm 
selbst anderwärts *) eingeräumte Möglichkeit der gleichzeitigen Ver- 
änderung aller Theile einer Hasse entgegen s ). Wenn derselbe 
endlich, im Zusammenhang damit, angenommen hatte, dass es zwar 
bei jeder Veränderung einen ersten Moment gebe, in dem sie sich 
vollzogen habe, aber keinen, in dem sie sich zu vollziehen an- 
fange % so fand Theophrast diess mit Recht unbegreiflich T )- Ein- 
greifende Redenken erhob er ferner gegen die' aristotelischen Be- 
stimmungen über den Raum ")• Wenn der Raum die Grenze des 
umschüessen den Körpers gegen den umschlossenen wäre, bemerkte 
er, so wäre der letztere in einer Fläche; mit dem umschliessenden 
Körper würde auch der Raum sich bewegen, was doch' undenkbar 
sei; es würde nicht jeder Körper im Räume sein, da die äusserste 
Sphäre es nicht wäre; was im Räume ist, würde, ohne doch selbst 
1} 8. S. 290, 1. 
S) Theophr. bei Sihpl. Phys. 94, a, tu. SOI, b, n. Kateg. a. a. 0. In 
der ersten ton diesen Stellen ist übrigen« die Bemerkung über die Bewegung 
der Relation unklar, und In den Worten: f\ yip MfJV» xiijjfrit « xA xa8' aütb 
wahrscheinlich der Text nicht in Ordnung. Vielleicht ist zu lesen: 5] ylp 
InpxtUf x(vi]ot( toÜ ittft' o5tä. Aber ganz klar wird die Stelle auch so nicht. 
3) Phys. VI, 4, Anf. (b. o. 304, S) Tgl. c. 10. 
i) Phys. I, 3. 186, n, 13 und in den Erörterungen über das Licht, s. o. 
386, 3. 
5) Themibt. Phys. 54, b, o. 55, b, o. Sohol. 409, b, 5 Tgl. Siupl. Phjs. 
333, a, m. Was dagegen Smpr.. Phys. 23, a, u. ans Theophrast anführt, wird 
nicht gegen Aristoteles, sondern in Uebereinstimmang mit demselben gegen 
Melissas eingewendet. 
6) 8. o. 304, 7. 
7) Sjiipl. Phys. 230, b, m. Themist. Phys. 55, «, m (Sohol. 410, b, 44. 
411, a, 6) vgl. Eddbmus bei Bini-l. 231, b, o. 
8) In Betreff der Zeit dagegen stimmte er ganz mit Ariat. überein; SiurL. 
Phjs. IST, a, m. Tgl. denselb. Kateg. Sohol. in Ar. 79, b, 25. Dabei scheint 
er, sowie iWemus, (nach Sihfl. Phys. 165, a, u. 1j, tu) die platonischen An- 
nahmen über die Zeit bestritten zn haben. 
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004 Theophrast 
eine Veränderung zu erleiden, im Raum zu sein aufhören, wen 
sich der umschliessende Körper mit ihm zu Einem Ganzen verbände, 
oder wenn er andererseits ganz weggenommen würde l ). Er selbst 
war geneigt, den Begriff des Raums auf die Ordnung und Lage der 
Körper gegen einander zurückzuführen *)■ Von geringerer Wich- 
tigkeit sind einige andere Sätze, welche aus dem allgemeinen Theile 
der theophrastischen Physik erwähnt werden s ). In der Lehre von 
den Elementen 4 ), welcher die uns erhaltene Abhandlung über das 
Feuer angehört, hielt Theophrast zwar die aristotelische Grund- 
lage G ) fest, aber doch fand er auch hier Schwierigkeiten. Wahrend 
1) Sihpu Phys. 141, b, m: Theophrast wendet in der Physik gegen die 
aristotelische Definition des Kanmee ein, oti to <jiÜ|ia enrai h EJCipovtia, oti 
xivoJp-Evos euicei i idr.ru (dass er aber unbewegt sei, betrachteten Tbeopbrut 
und Eudemns, nach Sihpi.. Phya. 131, b, u. 136, a, o. 141, b, n. 143, a, o., all 
Axiom, wie diess such Aristoteles vorausgesetzt hatte, e. o. B. 298. Phyi. 
IV, 4. 912, a, 18 ff.), Bti oä näv amp.* ev tojüü) (oilot ^ip Jj äitXoyJjt), Sri, & 
auvaxQüjeiv at «palp«, xsl SXo? h oüpavö; oüx ioxat h tStiiu (vgl. Arist Phj». 
IV, 4. 211, a, 29), Sri tk tv tiltu im, flSlv onkä jiiTauvriB^Ta , eav äfaipiSj 
ri luipiejrovta aita, oSxfti (atai e'v Toicep. 
2) Bihfl. a. a. O. 149, b, m: Theophr. sagt, nenn auch nur zweifelnd 
(<ü; ev änopia Ttpoa-fwv tov Xo'yov): „[ajJjcoIe o-jx Ioti xafl" aSfov o-joia ti<. S iJjio;, 
xXXa Tfj Ta^Et /.at Bsfosi töv ouijiäiidv Xt^erai xais Tat aüoti; xa'i SuYxpiEi;, opolo. 1 ; 
S' Ul £(i)(i)V XQ& fUTÖV na"l BXui[ T(ÜV ävou,Otau,EpüJV, e"t£ IptyiflilV tTiE ou|i|IvUV, Efl- 
[wp^ov 6e t))V yiioiv iSrdvnav' xa'i fip roiinov *i£i( Tif xal Seolc töJy [ispwv fan 
irpoj irjV KJ-^v oiJoiay- Bio xa'i fxoorcov Ev Tij aitoÜ ^tipa Wjetbi lö e)C. E,w ^ oft'" 
tiijtv, fct\ xal tüv tou oruu.iTO( [lEpüiv Ixaorov EKiicoOifoEiEV 5v *ei äjiafcijstiE tj{> 
Eauioü ywpov xal flsoiv." 
3) Am Anfang seiner Schrift batte er den Anfang der aristotelisches 
mit der Bemerkung erläutert, alle Naturwesen haben ihre Principieu, dt 
alle natürlichen Körper zusammengesetzt seien (Sihfl. Fhys. 2, b, u. 6, b, 
m. Schol. in Ar. 324, a, 22. 326, b, 15. Pbilop. Phya. A, 2, m.) ; in drittes 
Buch, welches auch ic. Ofipavoü überschriebon war, unterschied er drei- 
erlei Werden: durch Gleichartiges, durch Entgegen gesetztes, und durch sol- 
ches, welches dem Werdenden weder gleichartig noch entgegengesetzt, son- 
dern nnr überhaupt ein ihm vorangehendes Wirkliches ist (Sinn. a. a. 0. 
287, a, n.). 
4) Theophrast hatte diese nach Alex, hei Sihpi.. De coelo, Auf-, Schol, 
468, st, 1 1 in der Schrift IC. OdaavoQ besprochen, welche aber (ebd. 435, b, SS 
und vor. Anm.) vom 3ten Buch der Physik nicht verschieden ist. 
5) Die Constrnction der Elemente aus dem Warmen, Kalten n. b. w. (»■ 
S. 334 if. Auf diese Ableitung bezieht sich t. B. De igne 26: to ^ip xüp fcf- 
Phyiik: Element«. 665 
alle andern Elemente bestimmte Stoffe sind, findet sich das Feuer 
(ob man nun das Licht dazn rechne oder nicht) nur an den bren- 
nenden und leuchtenden Stoffen vor; wie kann es aber dann als ein 
Elementarkörper betrachtet werden? Es gebt diess nur, wenn man 
annimmt, in einer höheren Region l ) sei die Wärme rein und un- 
gemischt, wogegen sie auf der Erde nur in Verbindung mit Anderem 
und immer im Werden begriffen vorkomme; wo wir dann aber 
wieder fragen müssen, ob das (irdische) Feuer aus jenem höheren, 
oder aus den brennenden Stoffen, in Folge einer bestimmten Be- 
wegung und eines bestimmten Verhaltens derselben entsteht*). Wie 
verhält es sich ferner mit der Sonne? Besteht sie aus einer Art 
Feuer, so müsste dieses von dem sonstigen sehr verschieden sein; 
besteht sie nicht ans Feuer, so wäre zu erklären, wie sie Feuer ent- 
zünden kann. Jedenfalls aber würde dann nicht blos das Feuer, 
sondern auch die Wärme an einem Substrat haften. Wie lässt sich 
diess aber von der Wärme annehmen, die ein weit allgemeineres 
und ursprünglicheres Princip ist, als das Feuer? Es führt diess 
aber noch weiter. Sind Wärme und Kälte u. s. w. wirklich Prin- 
cipien und nicht blos Eigenschaften? und sind die sogenannten ein- 
fachen Körner nicht vielmehr ein Zusammengesetztes? denn auch 
das Feuchte kann nicht ohne Feuer sein, da es ja sonst gefriert, 
und die Erde nicht obne alle Feuchtigkeit, da sie sonst zerfallen 
müsste *)■ Eine wirkliche Abweichung von der aristotelischen Lehre 
dürfen wir indessen Theophrast desshalb doch nicht zuschreiben b ~); 
sondern wie es überhaupt seine Art ist, ihre Schwierigkeiten zwar 
zu bemerken, aber sie 1 desshalb doch nicht aufzugeben, so macht 
er es auch hier. 
|üv xoft Ei^pdv.) Ebenso die Lehre Ton der natürlichen Schwere und Leichtigkeit 
der Körper; vgl. De yent. 22. De sensu 88 f. 
1) h a&tfi xJj Tisturrj Ofocfpa, womit aber nur die erste Elementaraphire 
gemeint sein kann. 
2) De igne 8 — 5. Vgl. auch Oltnpiodob in Heteorol. I, 137 Id. 
3) A. a. O. 5—7, wo §. 8 hei den Worten: h fiirox«[jivut tivl xsäto *3p xa\ 
i fjltoj t'd Bipfiiv iq snppliren ist: ijyi. 
4) A. a. O. 8: <palvsT«i fäp oürw lafipivouat x'o fcpfibv xk\ to 4 U XP° V äüirep 
jt£9j] tivmv eTvoi, o$* ip/A *«t oWjuic Sjj.« Bl xol ^ tüv änXüv XEY°iiA tuv ftiai( 
fiixTif xs xi> Jiuwrapxouaa; JJXiJXoii n. s. w. 
5) Auch Aristoteles sagt ja, die Elemente kommen in der Wirklichkeit 
nicht getrennt ror; s. 9. 387, 3. 
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666 Thsephrsst. 
Tbeophrast 's weitere Erörterungen über das Fever können wir 
hier um so weniger wiedergeben, da sie Beben manchen richtigen 
Beobachtungen doch nicht selten auch irrigen Meinungen folgen, 
und für die Erklärung der Thatsachen keine wirkliche Kenntniss des 
Verbrennungsprocesses zu Grunde legen können 0- Ebensowenig 
können wir auf seine Untersuchungen über die Winde 0» welche 
er in letzter Beziehung mit Aristoteles aus, der Bewegung der Sonne 
und der warmen Dünste ableitet 8 ), über die Entstehung des Regens 1 ), 
ober die Wetterzeichen *), über die Steine *), über die Gerüche'), 
1) Daher denn cur Erklärung mancher wirklichen oder vermeintlichen 
Erscheinungen Annahmen, nie die, dsss du kleinere Feuer von dem grosseren 
aufgeiehrt, oder diua es van der Luft, vermöge ihrer Dichtigkeit, erdrBokt 
und erstickt werde (De igno 10 f. 68. it. Xmso^x- l f - B - 8BS )> °*ss eine kal " 
Umgebung die Warme im Innern durch ZurÜcktreibuiig (£vtrtip£<r«ai() ver- 
mehre (ebd. 13.' 15. 18. 74. X. läptit. 23. 8. 818. Jt. leuiwjiux,. 6..S. 833. Cint- 
pl. I, 13, 8. VI, 18, 11 u. o. vgl. die Register unter ävtincplorcntf, ävrwctpiW- 
oSm. Pltjt. qn. aü. 13. 8. 916) u. dgl. 
2) II. iv^ucuv 8. 767—782 Bohneid. g. 5 dieser Schrift wird aooh die x. 
M&toiv (vgl. Dioq. V, 46. Ubkibb Anal. Theopbr. 7) erwähnt. 
3) A. a. 0. §. 19 £ Alu. in Heteorol. 100, b, o. vgl. oben 8. 365. 360. 
Ausführlicher hatte Th. in einer früheren Abhandlung darüber gesprochen; 
De vent. 1. 
4) Hierüber s. m. Oltmfiodob. su Heteorol. I, 222 Id. 
5) II. o)][u((uv üSitdiv n\ kvcuuätuiv xa'i Y£i|Mi>veüv Kit E^Sibiv. S. 782—800 
Sohn. 
6) F. Xfftoiv (8. 686—706 Sohn.), nach §. 59 unter dem Arohon Frazibilui 
(Ol. 116, 2. 815 t. Chr.) geschrieben. Am Anfang dieser Abhandlung wird 
die Schrift von den Metallen genannt, über welche Usebbk 8. 6 und oben 
8. 62, 1 g. E. au verglichen iat. Tb. laset a. a. 0. die Steine aus Erde, die 
Metalle ans Wasser besteben, und er schliesst sich bierin (s. o. 866,1} an 
Aristoteles an, dem er überhaupt in der Behandlung dieses Gegenstands folgt 
(m. s. die Naohwetsungen von Bchkeideb in seinem Commentar IV, 535 ff. 
u. &.), nur dasfl er weit tiefer, als Aristoteles in dem betreffenden Abschnitt 
der Meteorologie (HI, 6), in 's Einzelne eingebt. 
7) Ueber Gerüche und Geschmaoke vgl. m. CauB. pl. VI, 1—5 (über dis 
der Pfianten den Beet des Buchs) , Über die Gerüche allein: ÜEp'i oajiwv, 8. 731 
—767 Sohn. Tbeophrast bandelt hier über die Arten der Gerüche, welche sieb 
nicht so scharf sondern lassen, wie die der Gesobmaoke, und sodann sehr 
eingehend über die einzelnen wohl- oder übelriechenden Snbstanaen, ihn 
Mischung u. s. w. Vgl. auch Plut. qu.,conv, I, 6, 1, 4. 
JigilizBdby G00gle 
Physik des unorganischen. 067 
die Geschmlcke '), das Licht *), die Farben ■), die Töne *) näher 
1) Auch Aber diese hatte er eine eigene Schrift, nach Dies. V, 46 in fünf 
Buchen), geschrieben (vgl. Usexcu S. 8 und oben S. 63 n.); Caus.pl. VI, 1, 3. 
4, 1 zählt er, mit sichtbarer Erinnerung an Abist. De sensu 4. 442, a, 19 (■. 
o. 36S, 8 g. E-), Bieben Hanptgeschmäake. Ebd. c. 1, 1 eine mit Aristoteles 
(e. o. S. 869) übereinstimmende Definition des v,uu.d(. Einer Annahme Aber 
den Salagoschmack dea Meerwassers (da» er von der Beschaffenheit des Mee- 
resgrunds herrühre) erwähnt Oltopiod. in Meteorol. I, 286 Id, 
2) Tbeophrast hatte sich hierüber im 5 ton Buch der Phyaik erklärt, von 
dem uns Bruchstücke in Pmsciis's Paraphrase (S. 273 ff. der Basler Ausgabe 
Theophrast's vom Jahre 1541) erhalten sind. Dieselben finden sich bei Pst 
i.ippHüs "H.7] äv6piira(vi] 8. 241 ff. Ueber das Licht und das Durchsichtige vgl. 
m. hier Fr. III. IV. Da« fitufavtc ist nach dieser mit Aristoteles (s. o. 868, 8) 
übereil) stimm enden Darstellung kein Körper, sondern eine Eigenschaft oder 
ein Znstand gewisser Körper, und wenn das Licht die cWprus: toü Eiifavaü; 
genannt wird, so ist Ivfyytta im weiteren Sinn, von einem niSrjui, einer ge- 
wissen Veränderung des Durchsichtigen, zu verstehen. Die Vorstellung, als 
ob das Lieht ein stofflicher Ausflass sei, wird abgewiesen. 
8) Was sich hierüber aus den theo phras tisch od Schriften (an denen aber 
die pseudoaristotelUohe von den Farben nicht gehurt; vgl. S. 645, 2) abneh- 
men lässt, fast durchaus mit Aristoteles übereinstimmend, stellt Praktl Arist. 
Über die Farben 181 ff. zusammen. Auch De Mnsica 3. 6 (Opp. ed. Schneider 
V, 190 f.) gehört Melier. 
4) Theophrast hatte diese in der Schrift von der Musik besprochen. In 
dem Bruchstück dieser Schrift, welches Pobphtb in Ptol. Harm, (Wittum 
Opp. III, 241 ff.) erbalten, und Schkeideh in seine Ausgabe V, 188 ff. auf- 
genommen bat (ein Auszug daraus bei Baasnis III, 367 f.), bestreitet er die 
Annahme, als ob der Unterschied der höheren und tieferen Töne ein blosser 
Zahlen unterschied sei. Man könne nioht behaupten, dass der bShere Ton aus 
mehr Theilen bestehe oder sich schneller bewege (jtlelouj api6pou< xivfrcst §. 3, 
was nach §. 5, Sohl, auf die grössere Schnelligkeit der Bewegung in gehen 
scheint, vermöge der er in der gleichen Zeit eine grossere Aniahl gleich gros- 
ser Räume durchlauft), als der tiefere (jenes nahm Heraklides, dieses Plato 
und Aristoteles an; s. lste Abth. 686, 3. 499 med. und oben S. 869), denn 
theils müsste, wenn das Wesen des Tons in der Zahl bestände, überall, wo 
eine Zahl ist, auch ein Ton sein, wenn es dagegen nicht darin bestehe, können 
sich die Töne auch nioht Hob durch die Zahl unterscheiden, theils zeige die 
Beobachtung, dass cum tieferen Ton eine ebenso starke Bewegung erforder- 
lich sei, wie zum höheren, theils könnten beide nicht zusammenklingen, wenn 
sie sich mit ungleicher Geschwindigkeit bewegten, oder ans einer ungleichen 
Zahl von Bewegungen bestanden. Wenn der höhere Ton auf grössere Ent- 
fernung gehört werde, komme diess nur daher, dass er sieh mehr nnr in vor- 
wärtsgehender Eicbtung, der tiefe nach allen Seiten bin fortpflanze. Auch 
die Intervalle seien nioht der Grund für die Verschiedenheit der Taue, da 
668 Thtophr.it 
eingehen, und Aber seine Vorstellung vom Weitgehende nnr be- 
merken, dass sie von der aristotelischen nicht abwich *)■ Auch uns 
den zwei Pflanzenwerken können hier nur die Annahmen berichtet 
werden, welche die Anfange eines botanischen Systems enthalten. 
Diese Schriften stellen allerdings Theophrast's Tbätigkeit als Natur- 
forscher ein glänzendes Zeugniss aus. Mit dem unverdrossensten 
Sammlerfleiss werden in denselben Beobachtungen ans allen der 
damaligen Erdkunde zugänglichen Gebieten zusammengestellt; nicht 
allein über die Gestalt und die Theile, sondern auch über die Ent- 
wicklung, den Anbau, die Benützung, die geographische Verbrei- 
tung einer grossen Anzahl von Pflanzen *) wird mitgetheilt, was 
sich mit den unzureichenden Hulfsmitteln und Methoden jener Zeit 
finden liess B ); und diese Mittheilungen sind im Allgemeinen so zu- 
verlässig, und wo sie auf fremdem Zeugniss beruhen so vorsichtig, 
dass sie uns von der Beobachtungsgabe und dem kritischen Sinn 
ihres Urhebers die günstigste Meinung beibringen müssen. Weder 
das Alterlhum noch das Mittelalter hat den theophrastischen Schrif- 
sie diese vielmehr nur durch Beseitigung der Zwischenfalls wahrnehmbar 
machen. Es müsse vielmehr zwischen ihnen, wie zwischen den Farben, ein 
qualitativer Unterschied angenommen werden. "Worin dieser aber best«)», 
scheint Tb. nicht naher bestimmt zu haben. 
1) Wir sehen diess ans der 8. 354, 2 angeführten Angabe des Simplioins 
über die rückläufigen Sphären and der üb eroin stimm enden des Psecdoai.si. 
in Metapb. 678, 13 Bon. (807, b, 9 Br.). Anf die aristotelische Annahme, diu 
die Elemente kugelförmig um die Erde gelagert seien, bezieht sich die Be- 
merkung n. xfav 'tyfliicüv n . B . w , 6. 8. 827 Scbn., die Luft sei dem Feuer naher, 
als das Wasser. Dass Theopbrast die Milchstrasse, wie Macuob. Somn. Bcip. 
I, 15 angiebt, für das Band der zwei Hemisphären hielt, aus denen die Him- 
molasphSre zusammengesetzt sei, glaube ich nicht; er mag sie mit einem sol- 
chen Band verglichen haben, aber die Vorstellung, als ob die Himmeli- 
sphare wirklich aas zwei Tbeilen zusammengesetzt sei, ist mit der aristote- 
lischen Lehre, nach welcher die Welt vermöge der Natur der Stoffe nur die 
Kugelgestalt haben kann (s. o. S. 341 f.), nicht vereinbar. Dass Th. in seine! 
allgemeinen Ansicht von der Welt Aristoteles folgt, wurde schon 8. 661 be- 
2) Stacihoitse zahlt deren bei Theophrast 455 (a. Meykr Geseb. d« 
Botanik I, 6). 
8) M. vgl. was Rrandis III, 296 ff. .über die Quellen und den Umfang der 
theophrastischen Pflanzenkunde aus den Schriften des Philosophen meini- 
m engestellt bat. 
JigilizBdby G00gle 
Fflanienlehre. 669 
teil ein botanisches Werk von gleicher Bedeutung zur Seite zu 
stellen. Aber die wissenschaftliche Erklärung der Thatsacben 
musste schon desshalb höchst ungenügend ausfallen, weil weder 
die botanische noch die allgemeine Naturkenntniss damals dafür aus- 
reichte; und wenn uns Aristoteles in seinen zoologischen Werken 
für den gleichen Hangel theils im Ganzen durch die Grossartigkeit 
der leitenden Gesichtspunkte, theils im Einzelnen durch eine Menge 
sinnreicher Vermuthimgen und überraschender Wahrnehmungen bis 
zu einem gewissen Grade entschädigt, so lassl sich Theophrast 
freilich seinem Lehrer weder in dieser noch in jener Beziehung 
gleichstellen. 
Die Grundbestimmungen seiner Pflanzenlehre sind ihm durch 
Aristoteles gegeben. Die Pflanzen sind lebende Wesen 1 ). Ihrer 
Seele erwähnt Theophrast nicht ausdrücklich; als den Sitz ihres 
Lebens betrachtet er ihre natürliche Wärme nnd Feuchtigkeit r ), 
wie er denn auch hierin hauptsächlich den Grund des Eigenlhüm- 
lichen sucht, wodurch sie sich von einander unterscheiden S J. Da- 
mit sie aber keimen und gedeihen, ist eine ihrer eigenen Natur ent- 
sprechende äussere Umgebung erforderlich *); ihr Fortkommen, 
1) Zum« Cans. 1, 4, 5. V, 5, 2. 18, 2; fyQvx ebd. V, 4, 6; sie haben nicht 
£9n) [»JötiI und jcpafc«, wie die Thiere, aber doch ßt'out Hist. I, 1, 1. 
2) Hist. I, 2, 4: Sitav fip yurbv I/ei tlvs 6-fpiTT)T« xat Bep|j.iJTj|Ta aiififuiov 
tutnt£p xa'i Jßov, öjv änoXEijrfvriuv ftVETai pjpn( xa\ yftiuit, uXc(u( Sk fiitoXuiöntoiv 
flAvoro; *«1 BÜavs:;. Tgl. 11, 3. Cans. I, 1, 3: was keimen soll, bedarf der 
äpßioj frfpdti]; und des oujif utov Bspjibv und einer gewissen Symmetrie beider. 
Hist. I, 11, 1: der Samen enthält das tnjjiwcov Sypov *di Dspjibv, entweichen 
diese, so verliert er die Keimkraft. Weiter s. m. Caus. II, 6, 1 f. 8, 3. u. a. St 
3) Vgl. Caus. I, 10, 5. Ebd. c. 21, 3: xi; IBIjj sxiaTuv piSaE« «Ft* oSv 5fpö- 
TijTi xa'i fTjpdTTjTi xa'i 3cunvoT)]T[ [Conjectar Wimheb's] xal |mvoti)ti xal tot( ioioü- 
tol4 6iaf£poii(ja[ s're B£p|i4-n)Ti xoft iJiu^pdtTjTi. Die letzteren aber, bemerkt er, 
seien schwer zu messen, nnd bemüht sich daher hier nnd e. 22 Merkmale eu 
Enden, an denen sich die grossere Wfirme oder Killt« einer Pflanze erkennen 
lasse, was ihm begreiflicherweise sehr unvollkommen gelingt. 
4) Caus.. II, 3, 4: aii fip Bfi Xi-fov w4 ifivi tf)v xpäoiv ttj? yuroiof itpb? ti 
mpis^ov. 7, 1: tiJ suf-fsvi; -rijf qjJosiuj fxauTov i-fEi spo; tot oixtwv [Tino*] 
oTov Jj Btp[id-n][ xal }] üfvjji&Ttfi xa'i i| tfqpitai; xii f| ö-f-pdTTjs* jTjtfi fip ti jcpiityopa 
xoruä ri)v xpÖCTiu. c. 9, 6: Jj fip ExiBu^ia iräoi Tau avp's.yoüt. Dass die Wirksam- 
keit der Warme u. s. f. auch durch den Gegensatz bedingt werde (Brakdis 
III, 319), kann ich weder Caus. II, 9, 9 noch sonst wo bei Theophrast finden, 
wenn er auch bei anderem Anlass Hist -V, 9, 7 äussert, Leidendes und Wir- 
kendes müssen verschiedenartig sein. 
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670 Thaophrjut 
ihre Vollkommenheit, ihre Verbesserung oder Entartung- hängt daher 
in dieser Beziehung zunächst von der Warme und Feuchtigkeit der 
Luft und des Bodens, von der Einwirkung der Sonne und der Be- 
wässerung ab 0; je symmetrischer das Verhiltniss ist, in dem alle 
diese Faktoren zu einander und zu der Pflanze stehen, um so gün- 
stiger ist es ihrer Entwicklung *). Diese ist demnach einesteils 
durch die äusseren Einflüsse , andern theils durch die eigene Nalar 
der Pflanze oder des Samens bedingt; wobei, die letztere betreffend, 
wieder zwischen der wirkenden Kraft und der Empfänglichkeit für 
äussere Eindrücke '} zu unterscheiden ist. Natürlich schliesst aber 
diese physikalische Erklärung bei Theophrast so wenig, als bei Ari- 
stoteles, die teleologische ans, für welche er theils die eigene Voll- 
kommenheit der Pflanze, theils ihren Nutzen für den Menschen in's 
Auge fasst, ohne doch diese beiden Gesichtspunkte innerlich in 
vermitteln oder durch das Ganze seiner PSanzenlehre durchzu- 
führen *). 
Aus dem weiteren Inhalt der beiden Pflanzenwerke treten als 
die Hauptpunkte die Erörterungen Ober die Theile der Pflanzen, aber 
ihre Entstehung und Entwicklung, über ihre Eintheilung, hervor. 
Bei dem ersten von diesen Punkten stösst Theophrast auf die 
Frage, ob das, was jedes Jahr neu wächst und wieder abfällt, wie 
Blatter, Blüthen, Früchte, auch als Theil der Pflanze zu betrachten 
sei, oder nicht. Ohne eine bestimmte Entscheidung zu geben, ist 
er doch mehr für das Letztere s ), und nennt demnach als wesent- 
liche äussere Theile der Pflaqze a ) die Wurzel, den Stamm Coder 
Stengel}, den Zweig und das Reis ')• Er zeigt, wie sich die Pflanzen 
1) VgL Hut. F, 7, 1. Cmu. Oli 2 »• «t 13> 5- HI, 4, S. 22, 8. IT, 4, 9 f. 
18 n. ». St. Bei der Erklärung der Erscheinungen selbst freilich kommt Tb. 
nicht leiten in Verlegenheit, und hilft sich durch Annahmen, wie die 686, I 
berOhrte, von der Zusammen dran gung der inneren WHrme durch Sauen 
Eilte. 
2) C»o«. I, 10, 5. 6, 8. II, 9, 18. in, 4, 3 u. ö. 
8) Der Süva^i; toQ jioufiv und toü it&xfWi Caus. IV, 1, 3. 
4) S. o. 658, S. 
5) Hiat. I, 1, 1—4. 
6) ™ I?u fiipiE (a, a. 0. 4), die äv<i(u>io|iifnj (a. a. 0. IS vgl. oben 867, 7. 
371,6.893, 1). 
T) plZa, xauXbt, öpapa», rXiSui .... Irrt Et ^a jisv &' oZ tj)v tpof ))» hty 
Tat, (hierauf nämlich, auf die Süvapt; <p uoud), komme ei an, nicht auf di* I"*S* 
PflaDsenlahte. 871 
durch dis Vorkommen oder Fehlen, die Beschaffenheit und Grösse, 
die Lage dieser Theile unterscheiden *); bemerkt übrigens selbst, 
dass es überhaupt nichts gebe, was sich bei allen Pflanzen ebenso 
ausnahmslos finde, wie Hund und Bauch bei den Thieren, dass man 
sich vielmehr, bei der unbestimmbaren Mannigfaltigkeit pflanzlicher 
Bildungen, nicht selten mit blosser Analogie begnügen müsse 0- 
Als innere Theile s ) nennt er Rinde, Holz, Mark, und als die Be- 
standteile von diesen wieder Saft, Fasern, Adern, Fleisch *). Von 
diesen bleibenden unterscheidet er endlich die jedes Jahr wechseln- 
den Bestandteile der Pflanzen, die aber freilich bei manchen die 
ganze Pflanze umfassen *). Er legt aber hier, wie auch sonst nicht 
selten, zunächst die Betrachtung des Baums zu Grunde, welcher 
ihm ebenso für die vollkommene Pflanze zu gelten scheint, wie dem 
Aristoteles der Mensch für das vollkommene Thier und der Mann 
für den vollkommenen Menschen gilt. 
Was die Entstehung der Pflanzen betrifft, so giebt es hiefür 
nach Theophrast nicht blos Einen, sondern drei Wege: sie ent- 
stehen aus Samen, aus '('heilen einer anderen Pflanze und durch 
Urzeugung *). Die naturgemässeste Entstehungsart ist die aus 
Samen. Sie kommt allen Pflanzen zu, die Samen tragen, wenn 
auch bei einzelnen derselben zugleich noch eine andere stattfindet; 
wie sich diess, nach Theophrast, nicht blos aus der Beobachtung, 
sondern noch entschiedener ans der Erwägung ergiebt, dass der 
Same solcher Pflanzen andernfalls keinen Zweck hätte, die Natur 
aber in ihren Erzeugnissen, und vollends in so wesentlichen, nicht 
zwecklos verfahrt ')• Theophrast vergleicht die Samen, wie schon 
im Boden H. I, 6, 9) xauXbc & d$ i frfpeTW. xauX'ov St Wf u xo finlp f%i JWfpunb( 
if' Ev .... axpEji&va; ii toüf ärce toutou vytfQpdVQüi, aB; Üvioi xxXouoiv S[ouf . *X£- 
3ov Bi tu ßXaaT7]|ia tq Ix tv&iuN itf' h oTsv [tiliina t« IrJmov HilL I, 1. 9. 
Etwas ander« Arietoteies, a. o. 396, 6. 
1) A, a. O. ß ff. 
2) A. a. O. 10 f. 
3) ™ hroi a. a. O. Ti £ uv thÜ-re, e|U<o|upij, ebd. 2, 1. 
4) HUt. I, 2, 1. 3. Uebet die Bedeutung von T(, <?U$, akfi der Pausen 
Metci Gesch. der Bot I, 160 f. 
5) Higt. 1,2,1t 
B) £i folgt hierin Arietotelee, ■. 0. 8. 397. 
7) Gau.. I, 1, 1 f. 4, 1. Hut li, 1, 1. 3, 
i „Google 
673 Theophrast. 
Empedokles, mit den Eiern *); aber von der Befruchtung and den 
Geschlecbtsunterschied der Pflanzen hat er noch keinen richtigen 
Begriff. Er unterscheidet wohl häufig, bierin von Aristoteles ab- 
weichend *), männliche und weibliche Pflanzen '); aber wenn man 
genauer zusieht, so zeigt sich, dass sich dieser Unterschied, für's 
Erste, immer auf ganze Pflanzen, nicht auf die Befruchtungsorgane 
der einzelnen Pflanzen bezieht, und somit nur bei dem kleinsten 
Theil des Pflanzenreichs Anwendung finden könnte, dass er zwei- 
tens von Theophrast nur auf die Bäume, und nicht einmal anfalle, 
angewandt wird, dass ihm aber drittens, auch bei diesen nicht die 
wirkliche Kenntniss des Befruchtungsprocesses , sondern nur ein 
populärer Sprachgebrauch nach unbestimmter Analogie zu Grunde 
liegt *). Unter die verschiedenen Arten der Forlpflanzung durch 
• 1) C«uh. I, 7, 1 Tgl. Bd. 1,-536, 4. 8o auch Aristoteles, gcn.su. 1,33. 
731, a, 4. 
2) S. o. 895, 3. 408. 
3) M. s. die Register unter äjäfav und OijX'j;. 
4) Dass Theophrast die Unterscheidung männlicher und weiblicher Pfiwi- 
aen nicht zuerst aufgestellt, sondern dieselbe schon vorgefunden hat, und 
dass sie überhaupt dem ausser wissenschaftlichen Sprachgebrauch angehört, 
erhellt aus der ganzen Art, wie er sie anwendet. Nirgends giebt er eine ge- 
nauere Bestimmung über ihre Bedeutung oder ihre Gründe, dagegen bezeich- 
net er aie häufig (z. B. Hist. III, 3, 7. 8, 1. 12, 6. 16, 3. 18, 5) durch ein xaXoüi 
oder Ähnliche Ausdriioke als eine herkömmliche Eintheilnng. Diese Eintei- 
lung beschrankt sich aber auf die Bäume; die Bäume, sagt er, werden in 
männliche und weibliche getheilt (H. I, 14, 5. III, 8, 1. Caus. I, 22, 1 u. 5.1, 
und nirgends nennt er eine andere Pflanze, als einen Baum, männlich oder 
weiblich,' denn wenn er Hist. IV, 11, 4 von einer Art Schilfrohr sagt, »sei 
im Vergleich mit andern 8ijXj( tj; spoti^i, so ist dies» doch noch etwas an- 
deres, als die Eintheilung in eine männliche und eine weibliche Art: Theo- 
phrast redet auch (Caus. VI, IS, 4) von einer aop.^ OJjTtut. Auch die Blume 
fallen aber nicht alle unter jene Eintheilung; vgl. Hist. I, 8, 2: xa'i t» äj&v« 
& tüv SijXcttüv ^ufiiTtEpa, £v oT; Iitiv öiitpui. Ergiebt sich nun schon hier- 
aua, dass dieselbe nicht auf richtigen Begriffen von der Befruchtung der Pflan- 
zen beruht, so zeigen uns auch alle weiteren Aeusserungen, wie wenig Wenn 
ihr beianlegen ist. Der Unterschied der männlichen und weiblichen Bäume 
wird darin gefunden, dass jene unfruchtbar, oder doch weniger fruchtbar 
seien, als diese (Hist. HI, 8, I : der allgemeinste Unterschied unter den Blu- 
men ist der des Weiblichen und Männlichen, «iv tu uiv xxintof opsv to 81 rä«f- 
«ov h& tivüv. £v oT( S\ äjitpio xopTOipÄpa, to Or,Xu xaXÄinapTTd-rEpov xäl noXuiKf- 
jttiitpov, Manche jedoch nennen auch umgekehrt die letzteren Bänme männ- 
liche. Cans. II, 10, 1: -ti plv äxapna ti 8i xifia\ta tüv ifpiwv, & SJj OrjXEa"« 
Pflan.enHhre. 673 
Ableger, Wureelausschläge u. s. w. , welche Theophrast eingehend 
bespricht Oi gehört mich das Pfropfen und Oculiren; die Stamm- 
pflanze dient dem Auge oder Pfropfreis als Boden s ]. Eine zweite 
Erzeugung ähnlicher Art ist der Jahrestrieb der Pflanzen s ). Was 
endlich die Entstehung von Pflanzen durch Urzeugung anbelangt, 
so bemerkt Theophrast zwar, dass diese nicht selten eine blos 
scheinbare sei, sofern man die Samen mancher Pflanzen wegen ihrer 
Kleinheit nicht bemerke, oder sie an den Orten, wohin sie durch 
Winde, Gewässer und Vogel getragen werden, nicht erwarte 4 ); 
dass sie aber bei manchen, besonders bei kleineren Pflanzen wirk- 
lich vorkomme, bezweifelt er nicht 5 ), und erklärt sie ebenso, wie 
die Urzeugung von Thieren, aus der durch die Erd- und Sonnen- 
warme bewirkten Zersetzung gewisser Stoffe s ). 
B' SjSfevn xbIoüdi». Hist. III, 3, 7. c. 9, 1. 2. 4. 6. c. 10, 4. c. 12, 6. c. 15, S. 
C- 18, 5. (laus. I, 22, 1. IV, 4, 2); ausserdem wird bemerkt, dass die männ- 
lichen starker riechen (H. I, S, 2), und cFass sie im Holz harter, gedrungener 
und dunkler, die weiblichen schlanker seien (H. III, 9, 3. V, 4, 1. C. 1, 8, 4). 
Nur von den Dattelpalmen sagt Theophrast, dass die Früchte der weiblichen 
reifen and nicht abfallen, wenn der Bluthenstanb der männlichen darauf falle, 
und er vergleicht diess mit dem Besprengen der Fischeier durch die Männ- 
chen; aber eine Befruchtung im eigentlichen Sinn kann er auch darin nicht 
sehen, da ja die Früchte schon vorher da sein sollen; er erklärt die Sache 
vielmehr daraus, dass die Früchte durch den Blüthenstaub erwärmt und ge- 
trocknet werden, und stellt sie mit der Capriäcatiou der Feigen auf Eine Linie 
(Cans. II, 9, 15. in, 18, 1. Hist. II, 8, 4. 6, 6). Das» alle Samenbildung auf 
Befruchtung beruhe, kommt ihm nicht in den Sinn: Gaus. III, 18, 1 weist er 
den Gedanken, welchen mau auf die angeführte Tbatsaehe stützen könnte; 
irpb; to teXeio^oveiv u.J] aü*xpxE; sTvit tb flijXu, ausdrücklich mit der Bemerkung 
zurück: wenn dem so wäre, dürften nicht nur ein oder awei Beispiele dafür 
vorliegen, sondern es müsste sich in allen oder doch in den meisten Fallen 
bestätigen. Um so weniger kann es auffallen, dass et Caus. IV, 4, 10 sagt, 
bei den Pflanien verhalle sich die Erde iura Samen ebenso, wie bei den Thie- 
ren die Mutter. 
1) Hiat. II, 1 f. Caus. I, 1 — 4 u. o. Dabei auch die Fortpflanzung durch 
die sog. ThrBuen (Caus. I, 4, 6. II. II, 2, 1), worüber Meveh Gesch. der Bot 
I, 168 xu vgl. 
2) Caus. I, 6. 
S) Caus. I, 10, 1, wo auch Weiteres über diesen Gegenstand. 
4) Caus. I, 5, 2-4. 11, 17, 6. Hist. HI, I, 6. 
5) Vgl. Cans. I, 1, 2. 5, 1. II, 9, 14. IV, 4, 10. Hist. III, 1, 4. 
6) Caus. I, 5, 5 vgl. II, 9, 6. 17, 5. 
l'nilo». d. Qr. II. Bd. 1. Abtb. 43 
Digilzeday GoOgk 
674 Theopkratt 
Um eine Eintheilung des Pflanzenreichs zu gewinnen, stellt 
Theophrast vier Hauptgattungen auf: Baume, Sträucher, Stauden 
und Kräuter 0; wobei er aber freilich selbst nicht umbin kann, auf 
das Schwankende dieser Einteilung aufmerksam zu machen »). 
Weiter unterscheidet er zahme und wilde, fruchtbare und unfrucht- 
bare, blühende und blüthelose, immerbelaubte und ihr Laub ab- 
werfende Pflanzen; und giebt er auch zu, dass dicss gleichfalls 
keine festen Unterschiede seien, so glaubt er doch darin gemeinsame 
natürliche Eigentümlichkeiten gewisser Klassen zu sehen *). Be- 
sondere Bedeutung legt er aber der Einteilung in Land- und Was- 
serpflanzen bei*}. In seiner eigenen Pflanzenbeschreibung folgt er 
der zuerst aufgestellten Haupteintheilung, nur dass er Baume und 
Sträucher zusammenfasst 6 ). Auf den weiteren Inhalt seiner Schrif- 
ten Aber die Pflanzen können wir hier nicht eingehen e ). 
Von Theophrast's zoologischem Werk 7 ) ist uns fast nichts er- 
t) lllst. I, 3, 1, mit der «eiteren Erläuterung: SevBpov uiv oÜv (ort to rä'o 
iil^i (iovomÖ.ex E f tolijKXaSov e^urov oäx tianiXuiov flipo; 8i tb feto fifai 
isoX'dxXaBov ooilf avou 6i tb ir.6 färfi 7ioXd3te1ev_£S xal noXdxXaSov rAz& 
tb änb f ICijs (puXXofdpov itpo'iby «stAe^e« öS h xftuXb; o?i£p[J.opdpot. 
2) A, a. O. 2: SA Gl tobt Bpous oStioj änoBE^EaSai xa"l Xap.ßxvEiv iy, nimu wi 
Irfl tb jrä» Xrropiwuf* cVta -jap Tuws EJtaXXaTTEiv Gc^eie, t! Be xal Jtapa -ri]¥ ÄYtufr)» 
(durch künstliche Behandlung) öXXo'.OTEpa fiVEoflai xat ExßaivELV Tijf fJotu;. Und 
nachdem diese durch Betipiele erlttutert und weiter ausgeführt ist, diu et 
auch StrSncher und Kräuter Ton baumartiger Form gebe, und dass man in- 
sofern geneigt sein könnte, «ich mebr an die Grösse, Starke und Daner der 
Pflanzen zu halten, schlichst er §. 5 wieder: Bi& Bf, -taSt« SarcEp Xi'yojiev oil 
äxpißaXaYi)t^ov tS Bpui aXXa tu tJnui Xhicteov tou( ätpopi<»[i.ou(. 
3) HIst. I, 3, & f., noch einiges Weitere e. 11, 3. Was namentlich den 
Unterschied zahmer nnd wilder Pflanzen betrifft, so bemerkt er hier und 10, 
3, 1 f., es sei dicss doch ein natürlicher, da manche Pflanzen durch die Kultur 
sich verschlechtern, oder doch nicht verbessern, andere umgekehrt (Cam- I, 
16, IS) auf dieselbe angewiesen seien. 
4) Hist I, 4, 2 f. 14, 3. IV, 6, 1. Cans. H, 3, 5. 
6) B. II — V der Pflanzengeschichte handelt Tun den Bäumen nnd Strln- 
chern, also den Holzpflanzen, B. VI Ton den .Stauden, B. VII. VIII tob den 
Kräutern. B. IX bespricht dann die Safte und Heilkräfte der Pflanzen. 
6) Eine Inhaltsübersicht über beide Werke giebt Brihdis III, 302 ff., 
eine kürzere Metes Gesch. der Bot. I, 159 ff. 
7) Sieben Bücher, welche bei Dioa. V, 43 erst einzeln nnter besonderen 
Titeln aufgezahlt nnd dann unter dem gemeinsamen it. Ziitiv zueammeugefaut 
werden. Einzelne derselben werden auch von AthenIm n. A. angeführt! *■ 
PfUnzenlehre. Zoologie., 675 
ballen, and auch was wir sonst über seine Ansichten von derThier- 
welt wissen, giebt uns„keinen Grund, ihm auf diesem Gebiete mehr, 
als eine Ergänzung der aristotelischen Arbeiten durch weitere Be- 
obachtungen lind durch Einzeluntersuchungen von untergeordnetem 
WBrth zuzuschreiben 0- 
Ubeheb 8. 5. Theophrast selbst verweist Caus. pL II, IT, 9 vgl. IV, 5, 7 auf 
die laropLOE ntpt (riiiüv. Er scheint es aber, nach den Einzeltiteln bei Diogenes 
zu sohliessen, bei diesem Werke (wie überhaupt da, wo Aristoteles das We- 
sentliche schon gethan hatte — s. c. 646, 3) nicht auf eine vollständige Thier- 
beschreibung, sondern nur auf eine Ergänzung der aristotelischen Thierge- 
schichte durch eingebende Behandlung einzelner Punkte abgesehen zu haben. 
Einige Bruchstücke bei Bchnbisek I, 825—837. 
1) Was in dieser Beziehung von ihm anzuführen ist, beschränkt sich, 
abgesehen von einzelnen mitunter (nie in dem Bneh «. tiÜv Xe-ropivwv £(j)euv 
<p9ove1v nnd bei Plüt. qa, conv. VII, 2, 1, 3) Kiemlich fabelhaften Notizen zur 
Thiergeschichte , auf das Folgende. Die Thiere nehmen eine höhere Stufe 
ein, als die Pflanzen: sie haben nicht blas ein Leben, sondern auch tfli] [ffin] 
und jcpifei( (Hist. I, 1, 1). Ihr Leben geht zunächst von der angeborenen inne- , 
ren Warme aus (lt. 1el7toi{iux- 2 - '> 822 Sehn.); zugleich bedürfen sie aber einer 
angemessenen (oiijifjieTBot) äussern Umgebung, Luft und Nahrung u. s. f. (Caus. 
pl. II, 3, 4 f. 111, 17, S); der Wechsel des Orts und der Jahrszeit bringt in 
ihnen gewisse Veränderungen hervor (Hist. IL 4, 4. Caus. II, 13, 5. 16, 6). 
Die Zweckbeziohung ihrer körperlichen Organe wird mit Aristoteles (a. o. 
378, 3) der alteren Physik gegenüber betont: das Körperliche ist Werkzeug, 
nicht Grund der Lebcnsthatigkeie (De sensu 24). Unter den Thieren werden 
gelegentlich Land- und Waaserthiere (Hist. I, 4, 2. 14, 3. IV, 6, 1. Cans. II, 
3, 5), auch zahme nnd wilde (Hist. III, 2, 2. Cans. I, 16, 13) unterschieden; 
Über den letzteren Unterschied bemerkt Hist. I, 3, 6: der Maasstab dafür aei 
daa Verhältnis! zum Menschen, ö vip ävBpumof i) juSvoy 3) u.iXtoTa Sj|i4pov. Den 
Nutzen, welchen die verschiedenen Tbiere einander gewahren, hatte Theo- 
pbrast in der Thiergeschichte berücksichtigt; Caus. II, 17, 9 vgl g. 5. Die 
Entstehung dar Thiere betreffend, glaubt aueb er an Urzeugung (Cans. L. 1, 2. 
fi, 5. II, 9, 6. 17, 5. n. tSv lv tö ^jüS 8l«|uv. 9. 11. I, 828 f. Sehn, n. t. iftpowv 
faiv. 1. 6. 8. 832. 834), selbst bei Asien, Schlangen und Fischen; ihrer Me- 
tamorphosen erwähnt Caus. II, 16, 7. IV, 5, 7, Den Zweck des Athmens sucht 
er mit Aristoteles in der Abkühlung: die Fische athmen nicht, da ihnen das 
Wasser diesen Dienst leistet (n. t. t"v t$ €qp$ Siou.. 1. 3. S. 826 f. vgl. je. 
Xstxotytfr 1. S. 822). Dia Ermüdung wird (it. Kdicuv 1. 4. 6. 16 8. 800 ff.) auf 
eine ouvtt ; ^{, eine Zersetzung gewisser B es tan dtheile des Körpers (vgl. das 
oJvr>if|iB, oben 410, 1) der Schwindel (s. 'IXiyvuv, I, 806 ff. Sehn.) auf eine 
ungleichmäßige Kreisbewegung der Flüssigkeiten im Kopfe zurückgeführt. 
Die Eigenschaften des Seh weiss es nnd ihre Bedingungen untersucht das Bruch- 
stüok *■ 'lSpturuiv (I, 811—821 Schu.). Die Ohnmacht entsteht durch Mangel 
43* 
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676 Theophraat. 
Beachtenswerther sind seine Annahmen über die Seele and d» 
Seelenleben des Menschen ')• Einige von den Grundbestimmungeii 
der aristotelischen Seelenlehre standen für ihn nicht ausser Zweifel 
Wenn Aristoteles die Seele als den unbewegten Grund aller Bewe- 
gung beschrieben, und die anscheinenden Bewegungen der Seele, 
so weit sie wirklich als Bewegungen anzusehen sind, auf den Körper 
zurückgeführt hatte ■), so glaubte Theophrast diess nur für die nie- 
deren Seelenthatigkeiten zugeben zu können, die Denkthätigkeil 
dagegen wollte er für eine Bewegung der Seele- gehalten wissen') 
oder Abkühlung der Lebensw&rme in den Athmungs werk zeugen (n. Aiiw- 
}'JX>a( 8. 822 f.), ebenso die Lähmung durch eine Erkaltung des Bluta (it. 
IlKpaXiStFEWf S. 624). 
1) Ueber die Seele hatte Tb. im 4ten und 5ten Buch der Physik gespro- 
chen, welche nach Thbmibt. De an. 91, u, o. auch die Ueberschrift iL fjj.ij; 
2) S. o. 457, S. 459, 2. 
3) Naeh Simfl. Phys. 225, a, u. sagte er in dem eisten Roch K. KiyT^tu;: 
Sri at [ib öpelJEt; xal al taiQuuiou xat öpyat <™fi3-:ixa\ xivijaEi? eWt xat «jeö touth» 
«PX7jv eyouoiv, Saat Si xpiatts xat Gsupin, Taikaf ojx JonvEif JtEpoV ä'j'a'pSiV, äU' 
iv afl-nj rtj <] i,J X!i * a ^ 1 "PX") * n ^ h ^pY £,K * a ' t T0 l&Ofc £ f St Bj) xb\ 5 voüf xftitri" 
ti jiipoj xal ÖEtSrEpov, ste Sj) e^diSev Enstctuv xa\ «avTÄsioj. xat iotStot( istjn' 
forlp piv o3v toJtiuv oxsnrfov et Tiva jtwptofibu £■(£! 7ipb( t'ov 3pov, txä tiS ft xmf- 
o£i( E?vai xat taiirat i[ioXoyotl|i£Vov. Als sfvrjtjtt 4 FU X*i* bezeichnet Tb,, (s. unL) 
die Mnsik. Auf ihn besieht Ritter III, 418 auch Themist. De an. 68, a, o. 
folg., wo von einem Ungenannten, mit den Worten S tSv 'Aptoro-rt/.ou; lfe-<i<ni,i 
Bezeichneten, verschiedene Einwendungen gegen die aristotelische Kritik der 
Annahme, dass die Seele bewegt sei, angeführt werden. Und allerdings sagt 
Thbvist. 89, b, n. OsiippaoTaf ev ofj ^stüJiiiv ?k 'ApiortoröioiHj-nnd Hkhmoi.il« 
Barhahos übersetit (nach Kittbh) beide Stellen: Theopkrattus in iis Ubruin 
quibaa traclat locos ah Ariitotde ante traetalos. Allein gerade diese Gleichheit 
legt die Möglichkeit nahe, dass Hermolaus Tbeophrast's Namen nnr ans der 
zweiten Stelle in die erste übertrug; jene Stelle selbst aber berechtigt niia 
schwerlich zu dieser Uebertragung. Die Angaben des Themist. scheinen mir 
auf einen Andern, als Theophrast, wahrscheinlich einen weit Jüngeren, hin- 
zuweisen, wenn derselbe dem Ungenannten, den er bekämpft, vorwirft (69, 
&, o.), er scheine die aristotelischen Bestimmnngen über die Bewegung gani 
vergessen zu haben, xarrot otivo|tv cxSE&uxtii; tüv mpt xtvilown stpi^ittat 'Apt- 
n-roTSAEi (Theophrast hat eine solche Schrift — und' auf eine eigene Schrift 
deutet das IxSiSux&f — wob] schwerlich geschrieben, und man brauchte 
sieh auch bei ihm nicht darauf zu berufen, um zu beweisen, dass ihm Aristo- 
teles' Lehre von der Bewegung bekannt sein konnte); wenn er von ihm be- 
richtet (b, o.): ShoXoySv tt]v xhniaiv t9jt fU^C oöoiav eTvat xa"t (ptav, 3tä muri 
Anthropologie; die Vernunft. 677 
Halte doch auch Aristoteles von der leidenden Vernunft geredet, 
und erklärt, nur die Anlage zum Wissen sei uns angeboren, zum 
wirklichen Wissen müsse sich diese Anlage allniählig entwickeln 0; 
die Entwicklung dessen aber, was nur der Anlage nach vorhanden 
ist, das Wirklichwerden des Möglichen, ist die Bewegung 1 ). Dass 
Theophrast den Begriff der Seele desshalb anders bestimmte, als 
Aristoteles, ist nicht wahrscheinlich *); dagegen fand er in dem 
Verhältnis der thätigen und leidenden Vernunft erhebliche Schwie- 
rigkeiten. Die Frage zwar, wie die Vernunft von aussenher kom- 
men und uns doch zugleich angeboren sein kann, lässt sieb, wie er 
glaubt, durch die Annahme beantworten, sie komme gleich bei 
unserer Entstehung in uns. Aber wie sollen wir sie uns nun näher 
denken? Wenn mit Recht gesagt wird, sie sei ursprünglich noch 
nichts wirklich, sondern Alles nur der Möglichkeit nach, nur als 
Vermögen, worin soll ihr Uebergang in's wirkliche Denken und das 
Leiden bestehen, das wir ihr doch in irgend einem Sinn zuschreiben 
müssen, wenn wir ihr ein Denken beilegen? Soll sie den Anstoss 
zum Denken durch die Aussendinge empfangen, so begreift man 
nicht, wie das Unkörperliche vom Körperlichen eine Einwirkung 
und Veränderung erfahren kann; soll jener Anstoss von ihr selbst 
ausgehen, wie man von ihr im Unterschied von den Sinnen erwarten 
muss, so verhält sie sich nicht leidend. Jedenfalls aber muss dieses 
Verhalten anderer Art sein, als das leidentliche Verballen sonst ist: 
nicht ein Bewegtwerden dessen, was noch nicht zur Vollendung 
fi]siv, Sau» av |i£XXov xtvfJTai Toooiinu |iö£XXov TTJt o&aiat aÜTrjf ^Eioraaflai n. b. w. 
(wb* Theophrast gewiss nicht gesagt hätte); wenn er ihm mit Beziehung hier- 
auf esgt, er scheine den Unterschied von Bewegung nnd Energie nicht zu 
kennen. Ueberbaupt macht der Ton von Themistins' Polemik den Eindruck, 
dua er es mit einem Zeitgenossen zu tbun habe. 
1) S. 8. 439 f. 137. 
2) 8. S. 264, 2. 662, 3. 
3) Jährlich sagt zwar bei Bios. Ekl. I, 870: frtpoi Bt [sc. tüv 'ApiüTOTB- 
Xuuüv] TiXttoti] , ta aÜT^v ioopf^oviai xat' oäabxv tdu 8e(ou atügunoc, jjv (die teIkotijc, 
nicht etwa das Gtfov 4üua) frnMxciav xzXü 'AptTtor&ijc, uSajcsp Bf, iv hlmt 8ei- 
fptOToc Indessen hatte mich Aristoteles die Seele als Enteleehie eines or- 
ganischen Körpers bestimmt; Theophrast hätte also nnr beigefügt, dass das 
nächste Substrat der Seele das Bflov jÖi|ia, der Aelher sei; was er aber doch 
wohl in demselben Sinn meinte, in dem sich auch Aristoteles (s. o. S74, 2) 
die Seele an einen dem Aether Ähnlichen Stoff geknüpft dachte. 
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678 Theophraat 
gelaugt ist, sondern ein Zustand der Vollendung. Wenn femer 
dasjenige, was blos der Möglichkeit noch ist, nichts anderes als 
der Stoff ist, würde die Vernunft nicht, als blosses Vermögen ge- 
dacht, eu etwas Stofflichem? Muss endlich allerdings auch in der 
Vernunft, wie allenthalben, zwischen dem Wirkenden und dem Stoff 
unterschieden werden, so fragt es sich doch, wie der Begriff beider 
näher zu bestimmen ist, was wir uns namentlich unter der leidenden 
Vernunft zu denken haben, und wie es kommt, dass die thätige, 
wenn sie uns angeboren ist, nicht immer nnd von Anfang an wirkt, 
wenn sie es nicht ist, dass sie später in uns entsteht 1 > Dass 
1) Theophrast bei Thehist. Da an. 91, a, o. (das Gleiche in einem ziem- 
lich schlechten nnd verderbten Auszug in PrIroum'i Metaphrase S. 285 E, 
abgedruckt bei Pmupfboh Tlij ävflp. 2*6 ff.): ö Si voüf (tot tto« ec>8cv &v ul 
(üoKBf EJtfScEOf, o[ili( aufifuij;; xcii zi( Jj fiiaif aäioö; xo Jiiv fäp [iTjStv ihm *it' 
eWprEUiv, Buvipi Bfc jrivTa, xaliüf, uornp xa'i I] alaSTjoi;. od fip oGtoj XtjttWwv, 
u>; oiSBe autoV EpioTTtxbv ■yip- iXÄ' «ij taüxEipivi^v xiva SüvauM, xaflijtip xa'i W 
™ IXixSu (man darf das eben Gesagte, dass er nichts r.a~' eWo-teio™ sei, nicht 
so verstehen, als ob nicht einmal er selbst vorbanden wHre, jeder Thltigkeit 
des Nos muss vielmehr er selbst al* Kraft vorangehen). «Xll z6 eTjuBs» ip> 
oij^ (üj ejciSetov, ÖW.' J>4 ev Tji JtpoVri) Y £V ^ JEl ou[inipila|iJavov [— ßavoptvov] h- 
tfov. jcüij Be 1 jtote -ffvitBi t& voijTi (wie wird der [Jus zum Denkbaren, wie einigt 
er sich mit demselben — Aristoteles hatte' ja sowohl vom göttlichen als vom 
menschlichen Denken gesagt, in geiner Denkthätigkeit sei es das Gedachte; 
s. o. 135, 2. 186, 1. 2. 137, 1. 278, 2. 3), x«t ri t'o nooy«" botöv; 8(1 -fif [sc. 
JtioY_Eiv}, ilxip ik Evlp-fstav ffyl, xaflaJCEp J] aiofl>|axc äaufiittji 3k Site si|iaTW 
TL TD naQo;; f ( noia |j.:TaßuXj] ; xat TtärEpov an' exeivou f] äp)$ 1 *"' a'Jtoii; ™ r 1 '" 
yip (denn einerseits) Ttia/Eiy «n' exeivou Sd^citv äv [sc. ö voü;] (oüBev -jip iy £au- 
toÜ [so. nauv_Ei] tüv li jwBh), rd Bc'äpx^l (so Bbikdib III, 2B9 für äp^v, auch 
Pbibcian bat äpxjl] '*vwi>v sllvai xo't in' ai)rfi to votlv xai u.r, (SmtEp Tal? afaOiJMU 
alt' aiJTOÜ. ra^a S' äv f «vtiij xa\ tquto äTOjrov, eI £ voii; R.rj( Ijfti fiitm (11)8e« ü«, 
Sbcavta Se äuvarf;. Diese Erörterungen, fügt Tliemiat. bei, habe Theophrafit 
im 5ten Buch seiner Physik, dem 2ten von der Seele, noch weiter verfolgt, 
und sie seien bei ihm [lETta noXXüv jiev änopiüv, noXXöiv Bt EmariaEwil noUüv 
Se Xüoewv. Es ergebe sich hieraus, 8ti xal KEp 1 ! toü Euvajiet vou o^eBo» ti avfi 
Bianopoüaiv, e'te eSuiAev io"tiV eTte ctup-ipuJji, xsl BtopfijEiv itEipüVTai, lEÜf piv e^uiSei 
xÜh; Se auji^uijc Xt^ousi Se xat aÜTOV anafl^ xii yiupiotov, cuoüip tov nonjtt"" 
xai tov ivaprsff ■ „d^«l}i](" fip, pijatv, „i voS(, e! p.i) äpa äXiu^ naoijTuiof" (Pa* 
ciah, der diese Worte auch hat, führt vorher noch an: ganz leidenslos Wnnf 
pian den Nns aber doch nicht setzen: „e? fap Üu>; anaSJ);", f]o\v, aJBiv »«- 
ijjst.) xal öt! to JtaBrjTtx'ov In' [1. in'] a'JToü oil^ <!;; Tel xivijtixÖv Xijmiov, ÖTiltf 
T«p ^ xlvnoi;, ÄX1' in btlpftiazt. (8o auch Pkiiouv.) xaft npo'älv ^bi t« [ih 
atoflrJoEtt ojx ävtu aujiBTo;, töv Se voi3v x.'op'OTov. (Gib,-, fögt hier Pinnen* 8, 288- 
. «d .Google 
Anthropologie; diu Vernunft. 679 
Theophrast nichtsdestoweniger an der aristotelischen Lehre über 
die doppelte Vernunft festhielt, steht ausser Zweifel 0; «her was 
wir von der Art wissen, wie er seine Bedenken beschwichtigt hat, 
kommt doch nur auf die verneinende Bestimmung hinaus, dass das 
über den Nus Ausgesagte von ihm eben in anderem Sinn gelte, als 
von anderen Dingen *). 
Fr. VI bei Philippaon bei, tüv ^u icpoeXOöVruiv (1. jipoylB.] oä 8eTcbi «pbt tJ]v 
«XeIiuoiv.) äi|i4jievo( 81 xou tüv wp 1 ! to3 ÄOojrixoiJ vo5 Siiüptojiswiiv 'ApiawtAu, 
„ixtlvd, fJ]9tv, cinaxEXTiov % 8j£ f i[i£v ey nioi) fdw, tb [iev iL; SX>]» xri 8uvi[Ui, 
-r'o 8t aTriOY x«ft iraajTixöv, xa'l Ötl «e\ Ti|it'ot£pov to jiqiqBv tou iir/ov;a( xii ij 
«PX^I tflt EXiis." xaCra (itv önoS^rwi, Bianoptt 8k, tIve; o3v »Stbi a! 8Jg a ii<rii(, 
xat t£ itiltv tb 6jto«t£(isiiov )] ouwipTJiLi&ov Ty iranrr«£>- jiixtbv yip «*»; b voät & 
-CE toü TtoiTjTixou xal toB Euvx|j£t. e? jiey oüv oJu.^gTO( ö xivüv, xat «S6i>( «xpijv xol 
äil [bc xiveIv]- tl 81 CsTEpov, [uti t!»0( x«\ Jtüt ij fftratj; eoixev o5v xcft ä-feVvj^ 
T0(, s'rap xal äfOopTo;. Ivunap^uiv 5' oSv, Sii TL oux sel; J) 8ii ti Xt[6i] xal änir»] 
xa\ |euSo(; I) 8^ tijv uü=iv; Den letzten Satz giebt Tbbmibt. S. 89, b, u., wie 
sä scheint wörtlicher, io: d jity yäp uf £?«, figtitv, f, Biivau.it tWvio (dem vou; 
xoiijt.), e? |*iv oiiu^>UT04 äii, x«l Euflu; tfj/äff d &' uWpov a. I. w. Als Erwer- 
bung einer IJif , einer bleibenden Geisteerichtung (eine E?i; ist ja die Tugend, 
die Wis Ben schuft u. s. f. s. o. 194, 1) wird die Entwicklung de« thfitigen Nus 
aus dem potentiellen aach in dem hier einzufügenden BrnchBtÜck bei I'tus- 
ciai 288, 38 (Fr. VII. B. 249 Philipp«.) bezeichnet 
1) Vgl. vor. Anm. and S. 676, 8. 
2) Schon die Andeutungen bei Thehistius nehmen diese Wendung. Die 
Leideusf&higkeit und Potentialität des Nus soll anderer Art sein, als die des 
Körperliehen; er bedarf als unabhängig vom Körper der äusseren Eindrücke 
nicht, um als thfttiger zu seiner Vollendung in gelangen, sondern entwickelt 
sich aus sich selbst von der SJvap.i; zur 8;if ; Irrthum und Vergessen werden 
von seiner Verbindung mit dem Leibe hergeleitet. In ähnlicher Weise recht- 
fertigt Theopbraat «ach in dem, was Pbibcian S. 290 f. weiter mittheilt, die 
aristotelische Lehre. M. s. Fr. VIII— X (8. 259 f. Philipps.): jeüiy 81 üjeo- 
u.i[iVijoXEi qjcXoooydiTata i BiiSipp. t>; i>\ atiYo to eIvsl tb npa-Y[j.aTa tov voüv xol 
Suy&fiEi xa\ ivEpfEla lijffWov o[xe!üi;- Tva [t)j wf liii Tijt BXt|( naxa (rrEp)]oiv rb Su- 
VOjUI, 5j XBT& I7jV E^IüSeV xai na9l{Tlxi]V TeXcIiUOLV TG EVEpyEUl U^OVOlJoiüjiEV ■ dXXic 
fji)]8c <j'i( fiel trJ4 afoSTJOEiiic, Evöa Sia xrji tüjv alofiigTiipituv xivijotu: f] tüv Xii-fuiv 
Tivetei KpoßoXJ), «a"i aStj) tüiv i?w xiijjufvwv o3aa OEUpqtixJ), öXXä vo;p£Ji Ixt voG 
xa'i tb Suvap.£[ xa\ to fvEp-yEii sTvai rä rpaYfiaia Xijtcte'ov ifSEiSJ], !p tjolv, Ta [isSi 
e'thv Iv ZXji zk Si ävsu CXi);, önoi* al oauipaToi xa\ ^upi!JTa\ oüalai, iv [iE* To"i( 
X,bip(aToT{ laüiov fan ib voouv xat rb vooiijuvov (so schon Aristoteles ; s. o. 278, S) ' 
S te yip voü; ttJ] E^ui äiiOTEiVÖ[uvof ÖÄX' Ev oürcü [aunp] [itviuv voeI tb 7ipa-fu.aTa ■ 
Sio ö aflib; totf Voi^nflc' rä t» äüXa JtävTa öuiprara övea xa\ Cwijt xsl -p">0Ew4 
7:iijp7| voipa rjfy_ivEi Öuia u, S. w toSto Se StBpOpüJV ö 8. lizkyu- aXX' Stav 
f(vt]Ta[ xa\ vot)8tj, SijXov Sil tbÜtb I?ei, tb 8e voijt» öcl, cTitEp f] EJinmjjii] ^ fliiu- 
680 Theophrast. 
Wie sich nun schon in dem eben Angeführten, und namentlich 
in der Uebertragung der Bewegung auf die Seelenthätigkeit , die 
Neigung nicht verkennen lässt, das Geistige im Menschen dem Physi- 
schen näher zu rücken, so wird uns auch eine Aeusserung Theo- 
phrast's mitgetheilt, worin er ausführt, dass die menschliche Seele 
der thierischen gleichartig sei, dieselben Lebensthätigkeiten and 
Zustände habe, und sich nur durch grössere Vollkommenheit von 
ihr unterscheide '); was sich aber doch wohl nur auf die unteren 
Seelenkräfte, mit Ausschluss der Vernunft, bezieht. Das Verhaltniss 
dieser beiden Haupttheile der Seele befriedigend zu bestimmen, 
scheint auch ihm nicht gelungen zu sein; wir wissen wenigstens, 
dass er hinsichtlich der Einbildungskraft im Zweifel war, ob er sie 
zu dem Vernünftigen oder dem Vemunftlosen rechnen solle *). 
Nach dem, was uns über seine Behandlung der Lehre vom Nus be- 
p>]Tix)i Toiitö toif KpKT|iM»- bBti) 8e fj x«t' ivfpytiav hpLovJn, nupKorani -[ip- 
(So ist nämlich zu interpungiren.) Ti) vSi, <ptjo>, tö (iiv voj)Tb, touuW t« SüX», 
&& faop^u- *««[!j) xirc' oiaiav airolt <tiJveot! xa\ ttjTi(v) onsp ti vOTjTa' Ta St oral», 
itav vOTjftjS, *«1 "Wt t$ vi" Snip&f, ofy *'( eio-reix 10 ! (?) «flriji voT]&i]oi(iCTa- oü5t 
jcot( räp t! tVuXn t$ vtp ätJXfc) dvti- bXX' St«v 4 voü[ ti iv ai-rffi piJ| ü[ airi |iiwi 
ölXi xa\ i( «Tti« täv äviiXwv vmfox}), titi x«\ x^i v<5 änipfti tb IvtA« km« lij» 
aWav. Bei der Benützung dieser Stellen darf man freilich nicht vergeuden, 
dass wir Theophrast's Worte in ihnen nur in der Paraphrase eine« Neupls- 
tonikerfl haben, 
1) Porphvh. Da abstinent. III, 25: Sto^paoroj 8k xaft toloiJtu) xsj(pi|Tat WfV 
(vielleicht in der Schrift it. ^^at ipooYtjmüj; xoi dpooc, Dioa. V, 49). tots& 
tüv aOrtu* ■jivnfiivrat .... olxet'ouj eTv« ftia« ipjfilv iXliJlüiv. Ebenso aher suoli 
Volksgenoasen, selbst wenn ale nicht Eines Stammes sind. nintaf Si toi* 
ävBpiunou; älXijloLS f-eqiiv otx£(ou[ te xa\ aufrfvtff ^«' [»äd. Sii] Buälv flätipov, 
15 -cöj npOYÜviov tTvat Twv «Ütüv, 9] rCi tpOfSfc in i^flüv xa'i tbÜTOü ye^ou; »oivuvtlv. 
.(Der nächstfolgende Satz, eine Wiederholung des eben Gesagten, scheint 
Glosse su sein.) xat ul^v JtÖm to"; £(j>oi( off te tüv oe>(iät<av äpy^i wsfdwww ei . 
aita\ wie Samen, Fleisch u. s. w. (Hier scheint ausgefallen zu sein: so dass 
sie somit ihrer leiblichen Natur nach verwandt sind.) itolii Sc (utUov tö rat 
e\i aCtott i]>uyi( aäiapöpout Ktpmeta, Mru St faiBujik« xo'i W(t( op-vaie., *" Bi ** 
XoyiouloTj, Rat Lt&Xicrta 7u4vtwv totf aMhjoeaiv. all' Siwrep tä aiijiar«, xnl t« 
t u X*< oBt,,> t « P iv äjtijxpißüiuAat tya tüv feW, ti Bl Jjttqv Totalität, «aaiY! 
uj|v «iho*i( »i aüra^ nE^iiiaoiv ip^*'- StjXoT Et i] tüv jcaflüv oUtidti];. Das Weitere 
gehört Porphyr, nicht Theopbrast 
2) gruFMcius De an. 80, a, m.j über den Unterschied von Phantasie 
und Wahrnehmung auch PaisciAtr a. a. 0. 285, 13, bei Pmurrso» 8. 2*5, 
Pr.L 
jignizBdby Google 
Anthropologie; Blnnesemp findung. 681 
kannt ist, lässt sieb vermuthen, dass er auch hier manche Schwie- 
rigkeiten aufwies l ). 
Aus dem weiteren Inhalt der theophrastiseben Anthropologie 
ist uns über die Lehre von den Sinnen einiges Nähere überliefert 8 ]. 
Indessen entfernt sich Theophrast hier in keinem irgend erheblichen 
Punkte von den aristotelischen Bestimmungen s ). Die Ansichten der 
, früheren Philosophen über die Sinne und die Gegenstände der sinn- 
lichen Wahrnehmung werden genau dargestellt und vom Standpunkt 
der peripatetischen Lehre geprüft*). Theophrast selbst erklärt die 
Sinnesempfindung mit Aristoteles für eine solche Veränderung in 
den Sinneswerkzeugen, wodurch diese dem Wahrgenommenen, 
nicht dem Stoffe sondern der Form nach, ähnlich werden D ). Diese 
Wirkung gebt von dem wahrgenommenen Gegenstand aus s 'j ; damit 
sie eintrete, ist ein symmetrisches Verhfiltniss desselben zum Sinnes- 
organ nöthig, dessen Zusammensetzung somit wesentlich dabei in 
1) Zar Lehre von der Phantasie, gehört auch die Frage (bei Pkisciak 
8. 56S der Didot'sohen Ausgabe Plotin's; bei Bhasdis III, 378; doch nennt 
Prise, selbst Theophrast nicht, dass er ihn hier benütze, ist eine Vermvthnng 
Dübhrr'i)), auf die wir aber keine klare Antwort erballen, wesshalb wir nns 
wachend der Traume erinnern , aber nicht umgekehrt. 
2) Eine andere anthropologische Ausführung, die in den aristotelischen 
Problemen XXX, 1. S. 953—965 befindliche Erörterung über die Melancholie, 
deren theophrastisohen Ursprung (ans dem Bach js. Miix^faiiai Dioa. V, 44) 
Hose De Arist libr- ord. 191 an dem darin (954, a, SO) vorkommenden Citat 
der Abhandlung über das Feuer (§. 35. 40. 8. 717. 719 Sahn.) glücklich er- 
kannt hat, kann hier nnr kurz berührt werden. Die mancherlei Erscheinun- 
gen, welche man auf die jjätjj x°H zurückzuführen pflegte, werden hier 
unter Beiziuhung der Analogie, welche die Wirkungen des Weins darbieten, 
davon hergeleitet, dass dieselbe von Natnr kalt, aber starker Erwärmung 
fähig sei, nnd so je nach dem Zustand, in dem sie sich befinde, bald erkäl- 
tend und ermüdend, bald erhitzend und aufregend wirke. 
8) M. vgl. über diese S. 416 ff. 
4) In der Schrift De sensu, so weit sie erbalten ist. Im Besondern vgl. 
man über Empedokles §. 2 — 4. 7 — 24; über Alkm&on 25 f.; Anaxagoras 
17—87; Klidemus 38; Diogenes 39—46; Demokrit 49-82; Plato 5 f. 83-91. 
5) Pbisciam a. a. O. 273, 5. {8. 341, Fr. I Philipps.): Xfyi (4* ouv xa\ 
ai3rb(, xbt« tb eTSt; xa\ To'uf \6yms öveu Tijf 3Jij( tiveoBizi d)v i^o[toiui(tiv. Die 
Vorstellung von einem Eindringen der Stoffe in die Sinne, einer meo^oJ), be- 
streitet De sensu 20 vgl. Caus. pl. VI, 5, 4. Vgl. hiesu was S. 417, 2, 316, 4 
aus Aristoteles angeführt ist. 
6) Pbisouh 261, 26, S. 244, IX Ph. 
i „Google 
682 Theophrast. 
Betracht kommt •); dieses Verhältnis» darf aber weder Mos in da 
Gleichartigkeit noch in der Ungleiche rtigkeit ihrer Bestandteile ge- 
sucht werden *)■ Die Einwirkung des Gegenstandes auf den Sinn 
ist auch nach Theophrast immer durch ein Medium vermittelt 3 ], 
Von den einzelnen Sinnen hatte er ohne Zweifel, wie in der Kritik 
' seiner Vorgänger, so auch in eigenem Namen eingehend gehandelt, 
aber es wird uns darüber nur wenig berichtet *)■ Von ihnen unter- 
schied auch er wohl den Gemeinsinn, war aber mit der Ansicht des 
Aristoteles von der Art, wie die allgemeinen Eigenschaften der 
Körper wahrgenommen werden, nicht ganz einverstanden*). Die 
Wahrheit der Sinnesemp6ndungen vertbeidigt er gegen Demokrat 0- 
1) De sensu 33. Pnuoiiv 288, 18 (245, XII Pb.) Caus. pl. VI, 2, 1. 6, i. 
2) Beiden Annahmen widerspricht Theophrast De sensu 81; der eisten 
ebd. 19, der zweiton bei Frisciak 280, 39 IT. B. 248, VI Pb. Vgl. oben 8. 318. 
3) 8. o. 8. 369 m. (Aber das Snjxie. und SIoojiov). Pbieciab 8. 276, 56, 
277, 48. 280, 2. 261, 44. 282, 10. (8. 241 ff. Pr.IH. IV. V.1X X. Philipps.) Csni. 
pl. VI, 1, 1. Theophrast sagt hier, mit Arist. übereinstimmend (s. o. 418, 2. 4], 
alle Sinn as nin drücke gelanget) xa uns durch ein Medium, welches beim Tast- 
sinn du Fleisch, bei den übrigen gewisse Stoffe ausser uns sind: du Durch- 
sichtige für du Gesicht, die Luft für du Qehör, du Wasser für den Gescbmaoi, 
beide für den Geruch; ebenso lisst er mit jenem die unmittelbaren Organe 
der sinnlichen Wahrnehmung bei Gesicht, Gehör und Geruch ans Wasser und 
Luft bestehen. 
4) Ausser dem eben Angefahrten gehört hieber die Bemerkung (De oder. 
4. 8. 738 Sohn. Caus. pl. VI, 6, 1 f . — nach Aristoteles; s. o. 419, 6), da» 
der Geracb der schwächste Sinn des Menschen sei, er allein aber den Wohl- 
gernch als solchen liebe, dus die Wahrnehmungen des Gehör« den empfind- 
lichsten Eindruck aufs Gemüth machen (Flut. De andiendo 2. 8. 38, s), die 
Eraahlung (b. Bi»pl. De ooelo, Schol. 613, a, 28, wosu m. vgl. wu S. 420, ! 
angeführt ist) Ton feuersprfihenden Augen, nnd was De sensu 61 t gPP" 
Demokrit'e Annahme von einer Abbildung der sichtbaren Gegenstande in der 
Luft (s. 1. Th. S. 626 f.) bemerkt wird. Doch sagte auch Theophrast nach 
PmsciAH 280, 87 (24S, Fr. VI Ph.) über die Spiegelbilder: tJfc («Wi« ö«f 
ixotttaiuw £v -iE! öspt f iW03[. 
6) Aristoteles hatte De an. III, 1. 425, a, 13 ff. (in der S. 420 f. berührter, 
Erörterung) gesagt, Grösse, Gestalt u. s. w. nehme man mittelst der Bewe- 
gung wahr, cctonov 8k, o ötiop. figdv, di [1. *t] tjjv [iop^v rij xmjou (Paisciii 
288, 27. 8. 245, Fr. Xin Pb.). 
6) De sensu 68 f. (wo aber §..68 für XW^ nio!lt mit Scfibeideb nnd Pm- 
lifpson x.' J ^°5, aondem 8sp[io5 zu lesen ist) tadelt er ea, dus Demokrit ü« 
Schwere, Leichtigkeit, Harte, Weichheit für an sich sei endo, die Kalte, Wann«, 
Bissigkeit n. s. f. für blos reUÜTe Eigenschaften hielt (s. 1. Th. B. 696 ff). 
Anthropologie. 683 
Dass Theophrast die Freiheit des Willens behauptete •)» ver- 
steht sich bei dem Peripateliker von selbst. In seiner Schrift über 
das Freiwillige *)* hatte er diesen Gegenstand. eingehender bespro- 
chen, und dabei möglicherweise schon auf den eben damals auf- 
tretenden stoischen Determinismus Rücksicht genommen, indessen 
ist uns über diesen so wenig, als über so manche andere Punkte 
der aristotelischen Seelenlehre, deren weitere Untersuchung wun- 
schenswerth war, bekannt, was Theophrast dafür gelhan hat. 
Etwas vollständiger sind wir über Theophrast's Ethik unter- 
richtet '). Auch hier sehen wir ihn auf der aristotelischen Grund- 
Weiin (liese Eigenschaften anf der Gestalt der Atome beruhen, du Warme 
a. B. ans runden Atomen bestehe, seien sie aneh etwas Objektive*; wenn sie 
dieaa dcsshalb nicht sein sollen, weil sie Dicht Allen gleich ericheinen, so 
raüsstü dasselbe auch von allen andern Bestimm an gen der Dinge gelten; anoh 
bei jenen tausche man sich aber nur über den einzelnen Fall, nicht über die 
Natnr des Süssen oder Bittern. So wesentliche Eigenschaften, wie Wurme 
und Kälte, mSasen etwa« den Körpern seibat zukommendes sein. Vgl. hiein 
was S. 140 f. angeführt ist Gegen Theophrast vertheidigte Epiknr die ato- 
roistiseba Ansicht; Flut. adv. Col. T, 2. 6. 1110. 
1) Stob. Ehl. I, 206: 6eo"<pp. *pof6iotp(i (Mein. — «p8po1) tat; afci'a« rip 
Bpoajpcmv. Pbeudom-ut. V. Hom. B. T. V, 777 Wjtt 
2) ff. 'Exouniou 4 Dioq. V, 48. 
S) Dioq. V, 42 ff. (wozu Usbseb Anal. Theophr. 4. ff. die beigefügten 
weiteren Belege giebt) verzeichnet von Theophrast folgende ethische Schrif- 
ten: §. 42: it. ßtoiv 3 Bücher (wenn diese Schrift nämlich über die verschie- 
denen Lebensweisen, den ß!oj Btmpij-tixb;, ffpoxTLxdt, äffolauffrubf — B. o. 471, 
S — bandelte, und nicht vielmehr biographischen Inhalts war). §. 43: ipiu- 
tcxöj « (Aiues. XI11, 662, e. 567, b. 606, c). «. «piüToj k (Stsabo X, 4, 12. 
8. 478). ff. tSSoijicvIaf (Athen. XII, 643, f. XIII, 667, a. Behkeh Anecd. gr. I, 
104, 31. Cic. Tnic. V, 9, 24 vgl. Aei.ia». V. H. IX, 11). §. 44: n. f|Sov^ üt 
'ApmDtOnc i. It. itöovijs akXo & (Athbm. XII, 636, d. 611, o. Ders. VI, 278, o. 
Vni, 347, e mit der Bemerkung, die Schrift werde anoh Chamäleon beige- 
legt). KaUictOs'v)]? fj 7t. jts'vO'juc (Alex. De an. Sohl. Cic. Tose. V, 9, 36. III, 
10, 21). §. 45: it. ?<Xlaf 3 B. (Hieeos. VI, 617, b Vallars. Gsix. N. A. 1,3,10. 
V1H, 6). tu. iptloxijj.!*! 2 B. (Cic. ad Att. II, 3, Schi.), g. 46: ff. -isuäout ^Sovi-c; 
(Olthpiodob in Phileb. 269). §. 47 : ff. titu/ja;, ifiafäv uvolöv i. ijtuol yapax- 
rtjpEj (s. u.). it. xolnxtiot a (Athes. VI, 254, d). qjjuXjjtixoj a. it. Spxou i. n. 
TeXoiirou & (Asfas. in Bth. N. 51 u. Cic. Off. II, 16,66). JtpoßljffMrra JioliTut« 
^Stxa eumxä ipiüiixi k. %. 50: ff. fuasßsla; (Sohol. in Arist. av. 1S54). ff. itatStiaf 
?j n. apstüjv f[ r. sruqipou'jvi]; a (aus dieser Sahrift kannte das Bruchstück bei 
Stob. Floril. IV, 216. Nr. 124 Mein, stammen). Theophrast hat aber anoh nrei • 
grössere ethische Werke geschrieben, von denen das eine mit den tf)uu& ojo- 
684 Theopbr.it 
läge fortbauen, und hauptsächlich in der genaueren Ausführung des 
Einzelnen ein Verdienst suchen. Doch iässt sich bei ihm eine ge- 
wisse Veränderung des aristotelischen Standpunkts nicht verkennen, 
die aber nicht in der Einführung neuer oder der Bestreitung aristo- 
telischer Bestimmungen, sondern nur in einer etwas abweichenden 
Schätzung und Stellung der Elemente hervortritt, um deren Ver- 
Xth des Diog., welche dum aber nicht blos Sin Buch gehabt haben müssten, 
identisch gewesen sein kann : 'HOixä und k. 'IKJüv. Ana %i6yp. lv tqI; rjBuuitc theill 
Plot. Perikl. 38 eine Erzählung über Perikles mit. '£v -tot; t tfiSii hatte er, 
dem Bcboliaatcn in Ckameb'b Anecd. Paria. I, 194 zufolge, den Geiz des Bimo- 
nides erwähnt, und nach Amts. XT, 673, e halte ein Zeitgenosse dieses Ge- 
lehrten, Adrantns, 5 Bücher xejh tüv rtapk ©to^pia-tw lv to1j xf.pi ifimv **.)' 
luroplav xal Xi£tv CtjtoduAhov und ein sechstel Jt*p\ tÖ>v lv toT( 'HBixolt Nij!0|ia- 
*(lloi( 'ApiarorfXouf ge»ahrieben. Miisnen wir nun sobon nach dies« Stelle anneh- 
men, dass die theophraatische Schrift, welche zn so viel mehr geschichtlichen 
Erläuterungen Anlass gab, als die nikomachische Ethik, gleichfalls ein um- 
fassenderes Werk war, so erfahren wir aneb ausdrücklich, daaa sie sowohl, 
als die 'llOn», aus mehreren Büchern bestand. Eijstrit. in Eth. N. 61, b, o. 
theilt nämlich, unverkennbar nach eiuem gut unterrichteten Gewährsmann, 
mit, Theophrast habe den Vers: iv 8t SiiaiooiivT) n. s. w. (Abist. Etb. N. V, 2- 
1129, h, 29) im ersten Buch w. 'Hflüv Theoguis, im ersten Buch der 'HBiti 
dagegen Phocylides beigelegt. Aus einem dieser Werke, oder auch aus bei- 
den, scheinen nun einerseits die Schilderungen von Fehlern entlehnt au sein, 
welche in unBern „Charakteren" zusammengestellt sind — denn an die Au- 
thontie dieses Schriftchens ist nicht zu denken, und dass ihm ein eigenes 
theophraatisches Werk zu Grunde lag (was Bhasdib III, 360 f. für möglich 
holt) glaube ich auch nicht; und ans dieser Entstehung jener Sammlung, die 
ebendeshalb kein geschlossenes Ganzes bildet, haben wir es nns wohl in 
erklären, dass sie in verschiedenen Bearbeitungen vorliegt (vgl. Pbtbbsi* 
Theophrasti Charaoteres S. 56 ff. Sauppk Philodemi De vitüs 1. X. Weim. 
1853. 8. 8). Andererseits haben Spenoel (Abb. der Münchner Akad. phiL- 
pbilos. Kl. III, 495) and Petbbbeh (a. a. 0. 8. 66) vennothet, dass in der 
Darstellung der peripatetiseben Ethik bei Stobädb Ekl. II, 242 — 334 dasselbe 
theophrastisebe Werk benutzt sei, nachdem schon Hbebefi (zu 8. 254) einen 
Tlmil derselben aus Theophrast'» Schrift 1t, efcujffo; hergeleitet hatte. Da in- 
dessen die nächste Quelle des Stobftas jedenfalls eine weit spätere ist (wie 
man diese aus der vielfachen Einmischung stoischer Terminologie und der 
eingehenden apologetischen Berücksichtigung stoischer Lehren lieht, und wie 
es auch durch Cic. Ein. V wahrscheinlich wird; Näheres S. 688, 2), und da 
selbst aus ober theilweisen Übereinstimmung mit Theophrast für den übri- 
gen Inhalt des Auszugs nichts folgt, können wir denselben mit Ausnahme 
der Einen Stelle, in der Theophrast genannt ist (S. 300), nicht als Zeugnis! 
über die Lehre dieses Philosophen gebrauchen. Vgl. auch Baums B. 858 1 
Ethik. 685 
knilpfung es sich in der Ethik handelt. Halte Aristoteles die Bedeu- 
tung der äusseren Güter und Verhältnisse für das sittliche Leben 
des Menschen nicht verkannt, aber doch nur ein Hiilfsmittel und 
Werkzeug der sittlichen TbStigkeit darin gesehen, und ihre Be- 
herrschung durch praktische Tugend gefordert, so entspringt bei 
Theophrast aus dem Wunsch, alle Störungen von sich abzuwehren, 
eine etwas höhere Wertschätzung und Berücksichtigung des Äus- 
seren. Hil jener Bevorzugung der theoretischen Tbäligkeit, die so 
tief im aristotelischen System wurzelt, verbindet sich bei ihm das 
Bedürfniss des Gelehrten, sich seinen Arbeiten ungehindert hingeben 
zu können, und die in den veränderten Zeilverhältnissen begrün- 
dete Beschränkung auf das Privatleben, welche wir ebendesshalb 
in der ganzen nacharisiotelischen Philosophie finden; und in Folge 
davon verliert seine Moral etwas von der Kraft und Strenge, welche 
der aristotelischen, trotz der umsichtigsten Berücksichtigung der 
äusseren Bedingungen des Handelns, nicht fehlt. Die Vorwürfe je- 
doch, welche ihm namentlich stoische Gegner desshalb gemacht 
haben, sind offenbar übertrieben; zwischen ihm und Aristoteles 
findet kein grundsätzlicher, sondern nur ein leichter Gradunter- 
schied statt. 
Der bezeichnete Charakter der theophraslischen Ethik drückt 
sich zunächst in ihren Bestimmungen über die Glückseligkeit aus, 
welche auch nach Theophrast das letzte Ziel der Philosophie, wie 
der menschlichen Thätigkeit überhaupt bildet ')■ Ist er auch mit 
Aristoteles darüber einverstanden, dass die Tugend an und für sich 
begehrenswerth sei, wollte er sie auch, wenn nicht allein, doch 
wenigstens vorzugsweise für ein Gut gehalten wissen 2 ~), so konnte 
1) Cic. Fin. V, 29, 86: omni* auetoritat philosophiae, nt ait Theapkrastna, 
etmtittit in vita beala eomparanda. beate «um vivendi aupidilate incenri omna 
tumut — wenn nämlich die Worte vi ait Th. t wie ich nicht zweifle, fc.ieh.er zu 
versetzen sind. 
2) Ciceko Logg. I, 18, 37 f. rechnet Theophrast und Aristoteles zu denen, 
qui omnia recta et honetta per ss expctenda duxerunt , et tiut nihil omnino tu 
bonit numerandum , niti quud per st ipsum laudabiie esset , aut certe nuUttm ha- 
bendum magmtm lionitm, niti quod vere laadari sua sponit pauset. Theophrast 
werden wir aber um so mehr nur die letztere Ansicht zuschreiben dürfen, da 
durch das unmittelbar Folgende wahrscheinlich wird, dass Cicero hier, wie 
sonst, Antiochua folgt, dessen Eklektioismas es mit sich brachte, den Unter- 
schied der peripatetisohen and der stoischen Ethik ebenso zu verkleinern, wie 
loogle 
«86 Thoopbf.it 
er doch nicht zugeben, dass die äusseren Zustände gleichgültig 
seien; er längnete, dass die Tugend allein zur Glückseligkeit aus- 
reiche, dass diese z. B. mit den Sussersten körperlichen Leiden zu- 
sammenbestehen könne ')i er klagte über die Störungen, welche 
unser geistiges Leben, durch das leibliche erleide *)i "her die Kürte 
des menschlichen Lebens, das eben aufhöre, wenn man zu einiger 
Einsicht gekommen sei *), über die Abhängigkeit des Menschen von 
Umständen, die nicht in seiner Gewalt liegen *}■ Den Werth der 
Tugend dadurch herabzusetzen, und das Wesen der Glückseligkeit 
in zufalligen Vorzügen und Zuständen zu suchen, war zwar gewiss 
nicht seine Absicht 5 ); aber etwas grössere Bedeutung scheint er 
die Stoiker ihrerseits ihn in übertreiben pflegten. Cicero selbst äugt uns Tue. 
V, 9, 24, das* Theophr. (wie Aristoteles und Plato ; a. o. 480, 3. 1, Abt.h. GIB, 1. 
679, 8) dreierlei Güter annahm. 
1) Cic. Tuic. V, 8, 24: Theophr. ... cum itatuiiset, verbera, tormmta, cra- 
datat, patriae eeertione», exäia, orbitate» magruaa vim habere ad male miaertqae 
vivendi»» (was aber auch Aristoteles sagt, s. o. 476. 479, 4. 480, 1), nonent 
autui rlatp, et ample loqyi, cum hunuliter demü»eque sentiret . . . vexatur autm ai 
omnibun (d. h. den Stoikern, höchsten* noch Akademikern)... ouodntuitadupu- 
tarii, quamobrem ie qui torqueatur , qui crucietur , beatut eue nan pouit. Vgl. 
Fin. V, 26, 77. 28, 85. Dieselben Erörterungen aind es wohl, auf welche sieb 
Cicero Acad. II, 43, 134 mit der Bemerkung bezieht: Zeno habe der Tugend 
mehr engetraut, als die menschliche Natur ? er statte, Tkecphraito multa duertt 
copioteque [add. contra] dieente. Nichts anderes hat aber ohne Zweifel such der 
Vorwurf Acad. I, 9, 33 im Auge: Theophr. . . . »poliamt virtutem tuo decore im- 
betiUamque reddidit, quod negavit in ea sola positum esse beute vivere; vgl Fin. 
V, 5, 12 : Theophraetttm tarnen adhibeamus ad phraque, dummodo pliw in nr- 
tuteteneamut, quam iäe tenuit, ßrmitatie etroborU. 
2) Bei Plut. De MniL tu. 24, 6. 135, e. Pobphvr. De abstin. IV, 20. 
S. 373 sagt er: noXii tÖ) odiuati \OX\i ^yoimov ri[v tyrtfy, nämlich wie e* in den 
pltttarohisehen Fragment II, c. 2. 8. 252 Hott, erläutert wird, die Mxai, ftf"', 
fei&upiLOu, (>]XoTURlai. 
8) 8. o. 8. 643, 2. 
4) ■Cic.Tnso. V,9,25: vncalur idem Theophrattus et librit et tcholia omnium 
phüotophorvmt, quod inCaävthone tuo iaudamt illam tententiam: infam regit }'<*■ 
twna, nun tapientia. Vgl. Plöt. codi, ad Apoll. 6. 8. 104, d. 
6) Vgl. 8. 685, 2. Aach die Erzählung über Perikles b. Plot. PericI. 38 
kann nur den Zweck haben, die Verneinung der dort von Theophr. aufge- 
worfenen Frage, s? Jtpbt ra; xJ^a; xpfkirai xi ^Otj xat xivoüu.sviz toi; xüiv asiuim» 
s&Öeatv ^ioraxai xijs ap etjjs, xa begründen. Was aber die ob eingeführten Worte 
aus dem Kalliathenea betrifft, so aind diese fftr'a Erste, wie Cicero selbst be- 
merkt, eine von Theophrast benutzte Sentens eines Andern, wahrachainlioh 
Ethik. 687 
allerdings äusseren Verhältnissen einzuräumen , ils sein Lehrer. 
Den letzten Grund dieser Nachgiebigkeit gegen das Aeussere wer- 
den wir aber in Theophrast's Vorliebe für die Ruhe und Stille des 
Gelehrtenlebens zu suchen haben. Dass er den äusseren Gütern als 
solchen einen positiven Werth beigelegt hatte, wird ihm nicht vor- 
geworfen O9 Buch seine Aeusserungen über die Last entfernen sich 
nicht von dem aristotelischen Vorgang *). Aber jene Bevorzugung 
der wissenschaftlichen Thätigkeit, welche er mit Aristoteles theilte *), 
war bei ihm von Einseitigkeit nicht frei, und was ihn irgend in dieser 
Thätigkeit stören konnte, hielt er sich ferne. Wir sehen diess na- 
mentlich-, aus dem Bruchstück seiner Schrift über die Ehe 4 ), von 
eines Tragiken oder Komiker»; jedenfalls aber müssten wir, um ihre Trag- 
weite beurtheilen eh können, den Zusammenhang kennen , in dem sie bei 
Theopbr. standen, die vereinzelte tadelnde Anfahrung der Gegner iit eine 
za unsichere Quelle. 
1) Nur darüber wird er getadelt, das« er Schmerzen und Unglück für ein 
Hinderniss der Glückseligkeit hielt, diees ist aber Scbt aristotelisch. 8. o. 
686, 1. Dagegen verlangt aoeh er b. Stob. Floril. IV, 283, Nr. 202 Mein., da» 
man durch einfaches Leben sich unabhängig vom Aeussern, bei Plct. Lyc. 10 
(Pom-ii. De übst. IV, 4. S. 304). cup. div. 8. S. 52T, dass man durch rechten 
Gebrauch den Reich thum örtXoutOf xeü *t)]Xos mache, und er sieht seinen Werth 
(Cic. Off. II, 16, 56) hauptsächlich darin, dass er zur magnißcentia et apparatio 
popularmm munemm diene. 
2) In der Stelle des Aspasius, welche Bramdis III, 351 aus dem Claasical 
Jonmal XXIX, 45 (vielmehr 115) anführt, sagt er, was Aristoteles auch hatte 
sagen können, nicht das Begehren des Angenehmen verdiene Tadel, sondern 
die Leidenschaftlichkeit der Begierde und der Mangel an Selbstbeherrschung, 
und nach Oi.tmpiodob. in Phileb. 269 Stalin, behauptete er gegen Pluto, [^ 
tTvai iXijBrj xal iltuBij S|ÖovJ)V, iXka icsjji; aXijOs*;, wobei aber seine Absicht nicht 
die sein konnte, den Werthuntersohied zwischen den verschiedenen Arten der 
Lust aufzubeben, den gerade die peripatetisahe Schule nie geleugnet hat, son- 
dern er fand, wie aus der weiteren Ausführung bei Olymp, erhellt, nur die Be- 
zeichnung: wahre und falsche Lust, unangemessen, weil jede Lust für den, 
welcher sie empfindet, eine wirkliche Lust sei, und das Prädikat „falsch" über- 
haupt hier nicht passe. Richtig erklärt dagegen will er (wenn die Worte T| 
fifriov u. s. f. noch ihm gehören) auch sie sich gefallen lassen. 
8) Cic. Fin. V, 4, 11 über beide: vilae auttm degendae ratio maanane i/uidtm 
iäi> plaeiSt quieta, in amtemplatione et eognüümc potita rerum u. s. w. Ebd. 
25, TS. ad Att. II, 16: Dicfiarch giebt dem 'praktischen, Theophrast dem theore- 
tischen Leben den Vorzug. 
4) Bei Hikmm. adv. Jovin. I, 47. IV, b, 189 Mart. (Schheideb Theopbr. 
Opp. V, 121 ff.) 
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686 Thftophrast. 
welcher er dem Philosophen desshalb abrälh, weil ihn einerseits die 
Sorge für die Familie und das Hauswesen von seinen Arbeiten ab- 
ziehe, und weil andererseits er gerade sich selbst müsse genügen 
und das Familienleben entbehren können *). Zu einer solchen Denk- 
weise passt es vollkommen, wenn Theophrast die Süsseren Schick- 
sale und Schmerzen, welche die Freiheit des Geistes und die Ge- 
mütbsruhe bedrohen, als ein Hinderniss der vollen Glückseligkeil 
scheut. Seine Natur ist nicht auf den Kampf mit der Welt und den 
Uebeln des* Lebens angelegt; was er von Zeit und Kraft an diesen 
Kampf wenden müsste, würde der wissenschaftlichen Arbeit, in der 
ihm allein wohl ist, entgehen, die ruhige Betrachtung und die ihr 
entsprechende Gemuthsstimmung unterbrechen; er schent daher 
alles, was ihn in denselben verwickeln würde. Gieng doch gleich- 
zeitig auch die stoische und epikureische Schule darauf aus, den 
Weisen selbstgenügsam auf sich zu beschranken. Derselben Sich- 
tung folgt Theophrast, nur dass er, dem Geist der peripatetisenen 
Sittenlehre gemäss, die äusseren Bedingungen eines solchen sich 
selbst genügenden Daseins nicht übersehen will *)• 
1) Theophr. antwortet hier auf die Frage, ob der Weise eine Fran nehme, 
zunächst zwar: ripulehra äset, ribtn&moratu, ti honcttU parertiÜMi, si iji« 
innut ac divet, so neide er es than. Aber dann fügt er sofort bei, diess alles 
linde man selten beisammen, und so sei es doeb rUthlicher, das Heirathen » 
unterlassen. Primutn enim impediri ttudia phüotopkiae, nee pone fuemjw" 
lUris et uxori pariter inservirc. Möchte der vorzüglichste Lehret auswärts sn 
finden sein, man könne ihn, nicht aufsuchen, wenn man an eine Fran gebunden 
sei. Eine Frau habe zahllose kostspielige Bedürfnisse; sie liege ihrem Maos 
(wie diess Tb. sehr lebhaft und mimisch ausführt) Tag und Nacht mit hundert 
Klagen und Vorwürfen in den Ohren. Eine arme sei schwer an erhalten, eine 
reiche nicht zu ertragen. Alle ihre Fehler erfahre man erat nach der Hochieit, 
Der Ansprüche, des Misstrauens, der Aufmerksamkeiten für sie and die Ihrigen 
sei kein Ende. Eine reizende sei fast nicht treu zu erhalten, eine reizlose ein 
lastiger Besitz u. s. w. Man thue besser, sein Hauswesen einem treuen Diener 
zu überlassen, in Krankheitsfällen sich an seine Freunde zu wenden. Zur Ge- 
sellschaft bedürfe man auch keiner Frau; der Weise sei nie allein, er habe die 
edoln Menschen aller Zeiten zur Gesellschaft, wenn es ihm an Menschen fehlt, 
rede er mit Gott. An Kindern brauche ihm ebenfalls nichts zu liegen — habe 
man doch von ihnen so oft mehr Kummer und Last, als Freude und Unter' 
Stützung — und zu Erben wähle man sich besser seine Freunde. 
2} Dagegen sind wir nicht berechtigt, die Art, wie in späteren Darstel- 
lungen der stoische Grundsatz des naturgemassen Lebens znr Rechtfertigung 
der peripatetisohen Gäterlehre gebraucht wird, auf Theophrast zaxückunfUJiren. 
Ethik. 689 
Ist nun schon bei den bisher besprochenen Punkten zwischen 
Theophrasl und Aristoteles nur ein Gradunterschied, der keine 
schärfere Bestimmung zulässt, wahrzunehmen, so kommt auch in 
Bei Ctc. Fin. V, 6, 17. 9, 24 ff. fährt Piso an», das« der Gnindtrieb jade« We- 
sens der natürliche Selbsterhaltungstrieb, das» daher für jedes dasjenige Gegen- 
stand seines Begehrens oder ein Gut sei, quodnaturaeutaeeotnmodatun, für den 
Menschen daher das höchste Gut: vivere ez haminit natura undiqats perfeeta et 
nihil requirente. Daraus wird dann c. 12, 36 ff. 16, 44. IT, 46 f.- geschlossen, 
dua nicht blos geistige, sondern auch körperliche Vorzüge, auch Schönheit, 
Gesundheit , Schmerzlosigkeit u. E. w. eara propter le, per se expetenda seien, 
nie ja auch ipti hominet tibi eint per te et tua sptmte cari, werth voller jedoch 
die Vonüge der Seele, als die des Körpers, und unter den ersteren die aittlicbeu 
werthvoller, als die blos natürlichen. Wettet wird beigefügt (c. 23, 64 ff.), ris 
die tugendhafte Thitigkeit sich auch auf Andere erstrecke, seien Freunde, 
Verwandte, Vaterland u. 4. f. gleichfalls propUr se expetendi, wiewohl sie nicht 
unmittelbar, als Bestand iheiie desselben, in dem höchsten Out enthalten seien; 
es wird endlich je. 24, 72. 29, 89) den Stoikern die Inoonsequens vorgeworfen, 
dau sie die leiblichen and äusseren Güter nicht für Güter gelten lassen wol- 
len, wahrend sie dieselben doch für natargemftsB erklären. Dsjb nun diese 
ganie Erörterung i einerseits' eine Verteidigung der peiipate tischen Lehre 
gegen den Stoioismas beabsichtigt, andererseits aber ebendesahalb den Grund- 
satz des natu rge müssen Lebens in der stoischen Fassung (über welche unser 
S. Theil S. 12S f. 1. Ausg. *, vgl, ist) za Grunde legt, bedarf keine« Beweises, 
and ebensowenig, dass sie von Antiochus entlehnt ist, da uns diess Cicero 
(c 3, S. 25, 75. 27, Sl) selbst sagt. Der gleichen Darstellung des Antiochus 
folgt Cicero Acad. I, 5, 19 ff. vgl. ebd. 4, U. Mit Cicero trifft aber Stob. Ekl. 
II, 246 ff. so auffallend, and stellenweise so wörtlich zusammen, dass wir seinen 
Beriebt in letzter Beziehung auf dieselbe Quelle, wie jene, zurückführen müs- 
sen. M. vgl. x. 1!. mit Fin. V, 13, 37 Stob. 256: el fap 5 övSpunoc 6t' aihov «Ijis- 
-:</-, u. s. w.j mit Fin. 17, 47 Stob. 2S6 f.; mit Fin. 23, 66. 67 Stob. 246: twv 6* 
Tfevuv u. s. w. 254: il £' £ yttot Si' eukbv «ipttdt; mit Fin. 23, 66 Stob. 268. 
Wollte man nun auch annehmen, die Darstellung des Antiochus sei aus der 
von Stob&ui benutzten, oder beide seien aus einer gemeinsamen filteren ge- 
flossen, so würde doch diese keineufalls Theophrast angehören können, dem 
sieh eins ao durchgreifende Berücksichtigung und Aneignung des Stoischen 
noch nicht antrauen laset. Das Wahrscheinlichere ist mir aber, dass zuerst 
Antiochus Stoisches und Peripstetisehes in dieser Weise verknüpft, und Sto- 
blas ans der Schrift eines jüngeren Peripatetikers geschöpft hat, welcher mehr 
oder weniger abhängig von Antiochus ist. Dass dagegen StobSus seinen Be- 
richt dem Letzteren unmittelbar entnommen hat, wie Mitviq in Cio. De Fin, 
S. 417, 67ö. 862 f. annimmt, glaube ich dessbalb nicht, weil die beiden Dar- 
stellungen (bei Cio. und Stob.) in ihrer ganzen Entwicklung doch zu weit von 
einander abweichen. 
Philo*, d. Or. IL Bd. «. Abth. 44 
DiqrzBd^y G00gle 
890 1 ' Thenphraat. 
den übrigen Mittheilungen Aber seine Ethik nur selten eine erhebli- 
chere Abweichung von jenem zum Vorschein. Theophrtst bestimmle 
die Tagend mit Aristoteles als Einhalten der vernunftgemässen rich- 
tigen Mitte zwischen zwei Fehlern, oder genauer als die hierauf 
gerichtete, von Einsicht geleitete, Beschaffenheit des Willens 1 ). 
In der Beschreibung der verschiedenen Tugenden und der ihnen ent- 
gegenstehenden Fehler gieng er ohne Zweifel noch weit mehr iu's 
Einzelne als sein Lehrer *), wenn wir auch seine Ausführungen 
1) Stob. EU. II, 800: xb ol» jipb; fju.ä( idow Spiorov, ofov, ^ijcäv b 6siBpa- 
STOf , t\ Tat( cvtu}(faif ifft p.iv itoXi.* BieXBcuv xa\ jj.sxpw( JBoXsaXjJa»; , ob*! E' oXir« 
xat (was Gaisf. ohne Grand streicht) oi38e tiva-piala, ollof & nüti a eSei [«■)] "'« 
xaipbv IXaß». e5t7] juaiTJ]( rcpb; f/iie*, aCtij yip So)' f]p,üv SpiOTOt tu XS-fio. SV S 
fern ij iperij t£t; nposiprnxj), h pjaiTjjT'. oSaa tS| icpa( tjpiic, Mpioyiw] Ää-fii), *™ ** 
äv S ippivifio; JipiotuiV (wörtlich die aristotelische Definition ; a. O. 491, 2). cht 
!tapaS('|AevO( -roiis au^u-rfo;, nxoXoiSBi»: tu S^n-pirij (Abist. Elh. N. II, T) axoJtE» 
IfttrtB x«9' fxaorov sVi-fu« faiipi9n t'ov Tpinon toBtov {vielleicht: oxobeIv taipWi 
x. Ix. fcÖYMn T. Tp. t.)' &ii?6jj3av St JiapaSitfjiiTtiW X,apiv °®*' Huf patnlvi] , axa- 
. Xaafa, ävnirfbiVa- jupaoriK, äp-f iWt>](, iiaX-jr^'.a. • ivSpelx, BpaeJnK, BtiXfa' 8nuuo- 
«tSyr,- AcuSepiOTt;;, «autta, avtXiufepfa - firfaXodpfaiia, uixpoTupiMia, oaXoxnivla. 
Nachdem nun das Weten dieser Tugenden in der angegebenen Richtung ertin- 
tert ist, wird S. SOS beigefügt: toüio p.h> tb rwv ijOnöJv aperüv tRof naChn-rixu» ioI 
xarl [MOiTijia 6(U)poii|uvov, i W| xat t^v äVcoxoXouOIbv e^Ei [add. trj »povifoti], uJi;v 
ouX fyoiws, £XX' f, jiiv ?piyi]oi( t«T( ^6ixa1f xarl ib Biov, ceStou 6' exeivt] mtri oup- 
ßtßi;xd(. ÖTi [1. o] uiy vip 6(xai0( fori xa\ fpdvipicic, £ vap Toiri;!f enSthv ÄiifO? iffio- 
- (Mist, oii u,Jjv Sti [S] ippivijto j xai Sfxaio; xati t'o TStov , äXX 1 Sri t£>V xiXnji xi-päüiv 
xorvS; npxxTtxb; f wftou S' oi^Bevö; (die Einsicht ist in dem Begriff der Gerech- 
tigkeit unmittelbar enthalten, denn die Gerechtigkeit ist das der Einsicht ent- 
sprechende Verhalten in Rechtsverhältnissen, die Gerechtigkeit im Begriff der 
Einsieht nur mittelbar). Bis hieher scheint mir der Auszug ans Theopbrast n> 
gehen, da der Zusammenhang von den Worten : tlt« jiapaW[«vo( n. a. t. an, die 
sieh nur auf ihn beziehen können, ununterbrochen fortlauft. Am Anfang der 
Stelle wird der Text cv ra« ivTujrj*« von Peteksks Theophr. Char. 07 f. gegen 
Hüeebs's Conjectnr: t\ xo'i( wp 1 ! rfruxf«! mit Recht in Schutz genommen; di- 
gogen. verkannt er selbst Theophrast's Ueinnng, welche in dem offenbar unvoll- 
ständigen Auamg allerdings nicht sehr deutlich ausgedrSckt ist, wenn er statt: 
pij) t'ov xwpdv Raßer, sohreibt: x*\ u.)|V t. x. R. Mit den Worten «ho« — iXaf«» 
soll nicht das richtige, sondern ein dritter Fall tob fehlerhaftem Verhalten be- 
zeichnet werden, derjenige nämlich, dasa «war an sich, aber nicht im Verhält- 
nis« zu den besonderen Umstanden der handelnden Personen, das Richtige ge- 
schieht, die [leaixTj; itpdf tri itpäyjA«, aber nicht die %pii %£; (s. o. 490, i) ein- 
gehalten wird. 
2) Ans Btob. EU. U, S16 ff. vgl. Cro. Pin. V, 23, 66 llast sieh diess IM- 
Ethik. ß9i 
hierüber nur in Betreff mancher Fehler an dem unsicheren Leitfaden 
der Charaktere verfolgen können. Dabei verbarg er eich aber nicht, 
dass die Abgrenzung der einzelnen Tugenden gegen einander bis 
zu einem gewissen Grad eine fliessende sei, wie sie ja auch alle 
durch die Einsicht als ihre gemeinsame Wurzel zusammengehalten 
werden l ). Dass auch er von den ethischen Tugenden die dianoe- 
thischen unterschied, kann bei dem Hanne, welcher die wissen- 
schaftliche Thätigkeit der praktischen so weit vorzog, nicht- be- 
zweifelt werden; und ihre Berührung konnteer in seiner Ethik wohl 
kaum umgehen; oh er sie aber hier eingehender behandelt hat, lässt 
sich nicht ausmachen '). Ebensowenig sind wir über seine Behand- 
lung der Affekte genauer unterrichtet 8 ); nur das wird uns mitge- 
licb, nach dem eben Bemerkten, nicht mit Sicherheit erweisen, dagegen lit oa 
theila an lieh, nach der Analogie von Tbeophrsst's sonstigem Verfahren , au 
vermnthen, theils wird ei durch die eingehende Beschreibung einer Reihe tos 
Fehlern in den Charakteren wahrscheinlich. Dass er in seinen LehrvortrSgen 
auch im Aeusserliehe» der mimischen Schilderung sehr weit gegangen sei, ver- 
sichert, wahrscheinlich übertreibend (wie Braneis 8. 369 richtig' bemerkt), 
He«hifpuh b. Atbbü. I, 21, a; s. o. 648, 4. Seine Neigung und sein Talent cor 
Einzelschilderung erhellt aus dem 688, 1 besprochenen Fragment. Auf sahl- 
reiohe Beispiele , die er in seiner Ethik anfahrte , l&tst die Notis über Adrentus 
(s. o. 6 BS, 8) sshliessen. 
1) A&E£. Aphh. De an. 155, b, m: KMU öv fitotVTO ai äpiTal Tjj fpavjjmi. 
uiiBi -rip f clEcov tüv äprrüv na:» rov Ssiippaurov ra; fcaf opäc ofiru XaßAir , <.'>( uJ) 
xara x\ noivojvtlv aütä( äXXifXai;. ' vtvovmi S" b4t«i4 «i nporq-ropfai i«ti to nlfiarov. 
Vgl. den Sohlnss der vorl. Aum. angeführten Stelle ans Stcbäns. Ebd. 8. 270: 
die <ppövi]3t( bestimme für sioh selbst und alle andern Tugenden, was au thuu 
und au lassen sei, tüjv S" iXXwv Ixoartjv ijioriuvsofljii (Aiwa ri xafl 1 icuiTiJv. 
2) Dass es nicht gesohehen sei, schliefst PetkiIben a. a. 0. 66 mit SrEwoiL 
(Abh. d. Müuchn. Akad. philol.-philos. Kl. III, 495) aus dem Fehlen der dinnoe- 
tischen Tugenden in der grossen Moral. Allein theila sind sie (wie Bhasbib, 
H, b, 1S66. III, 861 einwendet) anoh dieser der Bache nach nicht unbekannt, 
theila ist ea durchaus tute r weislieh, dass die grosse Moral hier Tbeophrast folgt 
Auch bei BtosIub Ekl. II, 816 wird die ffc IsMpirtlx)] , au der ampi«, fettrnfgjui, 
ippdmiqis gehören, von der xpOKTHJ) unterschieden. Da aber auoh Aristoteles 
(s. o. 602, i) die theoretischen ThHtigkeiton in der Ethik nur so weit bespricht, 
als ihm diess sur vollständigen Erklärung der ethischen nötbig sn sein scheint, 
kennen wir nicht behaupten, dass es Tbeophrast anders gemacht habe. 
>) Et hatte diese in einer eigenen Schrift [jt. «aOüiv k Dioo. 45) bespro- 
chen, ans der Simpl. Categ. 60, 8, Scbol. in Ar. 70, b, 8, mittheilt, dass er die 
Begriffe [üj«e, ^p"rt i *» r u 'f durch das [löXloy xot Jjrrov unterschieden habe. 
44* 
6Ö2 Theopbrait 
thoilt, dass er die Naturgemas»hßit and Unvermeidlrchkeit gewisser 
Gemüthsbewegungen , wie des Zorns über das Schlechte und Em- 
pörende, es seheint gegen Zeno, behauptete '); im Uebrigen verlangt 
auch er, dass man nicht im Affekt bandle, Strafen z. ß. nicht im 
Zorn vollziehe *). Von den Verfehlungen, welche aus Affekten ent- 
springen, erklärte er die der Begierde für schlimmer, als die des 
Zornes, weil es schlimmer sei, aus Lust, als ans Schmers tu 
fehlen =). 
Wie Aristoteles hatte auch Theophrast den auf Lebensgemein- 
schaft beruhenden sittlichen Verhältnissen besondere Aufmerksam- 
keit gewidmet. Wir kennen von ihm eigene Abhandlungen Aber die 
Freundschaft, die Liebe, die Ehe *). Den höchsten Werth legte er 
der Freundschaft bei, wenn sie von der rechten Art sei, was aber 
freilich nicht zu oft vorkomme 6 ); und er gieng hierin so weit, dass 
er sogar eine leichtere Pflichtverletzung gestatten wollte, wenn da- 
durch ein bedeutender Vortheil für den Freund erlangt werde, indem 
er der Meinung war, in diesem Fall werde der qualitativ höhere 
Werth des Sittlichen durch das quantitative Uebergewicht des ent- 
gegenstehenden Freundesinteresses aufgewogen, wie der eines 
kleinen Stücks Gold durch das einer grösseren Menge Kupfer ")■ 
1) Sensu De irs I, 14, 1. 12, 1. 3. Rkuh Eth. loo. Bto. II, IS. (BibL 
Mu. patr. XXVI, 87 D und bei Bimtou HI, 866). Gegen die Stoiker w«w 
wohl auoh die ron Binri.. in Categ. , Schot. 86, b, 28 erwähnten Erörterungen 
Ober die WaDdelbarkeit der Tagend gerichtet. 
2) Stob. Floril. 19, 12. 
8) M. Aoftu. np. i»T. II, 10. fJobol. b. Cmmbb Aaeod. Paria. I, 174- So 
schon Aristoteles s. 8. 610, ont. 449, 4. 
4) S. o. 688, B. 687,4. Theophrast's 3 flüohar aber die Freundschaft Euü« 
Cioero für seine bekannte Abhandlung iu umfassender Weise benütat; Qui- 
rl. A. 1,8,11. 
6) HiEaonm. In Miohem III, 1648 Marl: toriptU Theeplirattui tria de 
amicitia volumina, omni eonpraefermi choritati, et tonen raran in roh« Im- 
manu ette conleilatut ut. Vgl. wu schon S. 688, 1 angeführt wurde, data die 
Pflege der Freunde der einet Fran voMUsiehen sei. 
6} M. s. wu Gell, a. a. 0. §. 10. 21 — 28 theila im griacbiMhen Text, 
theila in Uebereotiung und Auazng mittheilt. Cicero (amic 1 1 ff. 17, 61) geht, 
wie ihm Gellina mit Recht vorwirft , weit leiehter Aber diesen Punkt wegr er 
deklaruirt erat mit Pathos gegen die Behauptung, welche Niemand anfgeitellt 
hatte, d*H man seinem Freunde zu Gefallen LandssTerrath und dergleichen 
schwere Verbrechen begehen dürfe, um schliesslich mit iwei Worten ata- 
Ethik. 693 
Um so notwendiger musste ihm Vorsicht bei der Wahl der Freunde 
erscheinen ')• Die drei Arten der Freundschaft, welche Aristoteles 
unterschieden hatte, kennt auch er 1 ); ober das Eigentümliche 
derselben und aber die verschiedenen im Verhfillniss zu Freunden 
vorkommenden Verwicklungen enthielt seine Schrift ohne Zweifel 
schöne und feine Bemerkungen *). Weit weniger weiss Theophrast 
die leidenschaftlichere Liebe erotischer Verbindungen zu billigen; 
sie gilt ihm als eine vernunftlose Begierde, welche dasGemüth über- 
wältigt, und wie der Wein nur mit Maass genossen werden darf *). 
Doch ist es nicht dieser Grund, welcher ihn der Ehe abgeneigt 
macht 5 ), über die er aber nichtsdestoweniger ebensogut, wie über 
die Erziehung und das Verhalten der Frauen 6 ), manches richtige 
Wort gesagt haben kann 7 ). 
geben, dua, wenn für die Freunds viel auf dem Spiel stehe, dedinandum tii dt 
via, modo ne lumma tvrpüudo lequatur. Eine Kritik der theopbr. Lehre (Bbah- 
dts III, 353) kann ich darin nicht finden. 
1) Fldt. frat am. B. S. 482, b. (Stob. Floril. 84, 14. Sensca ep. I, 3, 2 
1 n.A. ■- Schneider V, 389): die Freunde prüfe man erst, ehe man sie liebe, bei 
den Geschwistern verhalte es sich umgekehrt. 
2) Eubtrat. in Eth. N. 141, a, m (bei Brabdis III, 352 steht dafür aus Vor - 
sehen: Aapssins): nach Theophrast und Endemus haben die Freundschaften in 
ungleichem Verhältnis« dieselben drei Arten, wie die in gleichem; vgl, Eth. 
End. VII, 4, Anf. und oben 8. 515, 3. 
3) Dahin gehört Gell. VIII, 6: bei der Versöhnung mit Freunden seien 
Erörterungen gefährlich. Pi.ut. frat. am. 20. 8. 490: wenn Freunde Alles ge- 
mein haben, müsse dioas vor Allem von ihren beiderseitigen Freunden gelten. 
Der«. Cato min. c 37: zu viel Freundschaft schlage leicht in Hass um. Stob. 
Floril. 3, 50, Schi.: es sei besser Saveiaavttz ^ povfuui; änoXaßelv (piXtuülf, 1J auvaX- 
Xi^avta <f iXavflpaincu; xojiiaaaflai f tXanEX.Oijujiviot. 
4) Stob. Floril. 64, 27. 29. Athen. XIII, 562, e. 
5) 8. o. 688, 1. 
6) M. e. hierüber Stob. Floril. 74, 42: eine Frau solle weder sehen noch 
gesehen werden wollen; ebd. 85, 7: nicht die Politik, sondern das Hauswesen 
sei ihre Aufgabe; ebd. Bd. IV, 193, Nr. 31 Mein.: der Unterricht in den r?£ib- 
pxta sei auch fBr Mädchen nothwendig, solle aber nicht über den Bedarf der 
Haushaltung hinausgehen. 
7) So verlangt er b. Stob. Floril. 8, 50 Fürsorge and Freundlichkeit gegen 
Frau und Kinder, die ja von beiden erwiedert werden. — Was sonst noch Ethi- 
sches von Theophrast angeführt wird, beschrankt sich anf einzelne Aussprüche, 
meist treffend nnd von feiner Beobachtung zeugend, aber ohne wissenschaft- 
liche Eigentümlichkeit. So die Apophthegmen bei Stobäus im Florilegium 
.CO 1 
(04 Th«aphiajit. 
Von Theophrast's politischen Schriften wissen wir, abgesehen 
von einer Anzahl geschichtlicher Angaben, nur^ias Allgemeine, d*ss 
er auch hier die aristotelische Lehre zu ergänzen bemüht war: zn 
den aristotelischen Folitieen hatte er eine Sammlung von Gesellen 
hinzugefügt; aus seinen eigenen Untersuchungen über das Staats- 
wesen werden namentlich die Erörterungen über die obrigkeitlichen 
Aemter und über die Behandlung der aus den besonderen Verhält- 
nissen sich ergebenden Aufgaben hervorgehoben. Dass Theophrtit 
in irgend einer Beziehung von den Grundlagen der aristotelischen 
Staatslehre abgewichen wäre, lässl sich nicht annehmen 1 ). 
(b. die Register) und bei Pj.üt. Agis c. 2. Sertor. o. 13, die Angabe (Cic Off. 
II, 18,84), er buhe die Gastfreundschaft empfohlen, die angeblich gegen Anaii 
goraa gelichtete Bemerkung über das Verhältnis» von Last und Schmer* bei 
Asfas. in Arist. Eth. (Clauical Journal XXIX) 114. Die Bemerkung fiber du 
dreifache $e06i>( b. Oltiifiosob iu Phileb. 160 Stallb. (s. o. 687, 2) besieht sici 
nicht auf Hau moralische Verhalten, sondern anf die möglichen Bedeutungen 
dea Ausdrucks i]>eu8f b { fjBowj. 
1) Fast alles, was wir ober seine Politik wissen, verdanken wir Cicrw, 
an dessen Lieblingsschriftstellern in diesem Fach er gehörte {ad Att II, 9, !}. 
Cicero sagt nns nun nicht allein , dass Theophr. die Politik eingehend und mit 
grosser Sachkenntnis bearbeitet hatte (DiTin. II, 1, 3: dar locus derepuhüea 
sei a Piatone Arütotele Theaphrtuto totaqtie Peripat&icorum familia tractatou 
ubsrrime. Legg. III, 6, U: Theophr. wo inttitutut ab ArittottU hahüavit, ai 
teitit, in eo gtnere rervm), sondern er beieiob.net auch den Inhalt seiner poli- 
tischen Schriften noch genauer. Legg. IIT, 5, 14: ted hujtu hä de magiitratifa" 
sunt proprio quaedam , a Theopkraeto primum , demde a Diene [riell. Diogatt] 
Bloico qyaenta eubtüiut. Fin. V, 4 , II: omräum fere ävüatum , non Oraeäat 
laluin, tsd.etiar.ibarbariae,aIiÄTutoleletnorainititutadijciplina3, aTheophrado 
leget sttam eogntmmut; cumgue Uterqu» eorum doetöltet, qualem in repuUiea 
prmeipem ette eonvemret, plaribut praeterta cum tcriptiiiet, quii ttttt optima 
reipublieaf, ttatat: hoc ampliut TheophratUn, qua« erneut in republiea mclina- 
tiones rsrunt et momenta temporum, quÜnu seiet moderandum ntcunque ret pottu- 
laret. Die letztere Stelle bestätigt nun einen Theil der von Diogenes tu A. >er- 
aeiohneten politischen Schriften Tbeophrast'e, nämlich die vö^ni {nach Dioo. 44 
xaia mx/äo* (A— Q) 24 Bücher; Ussskb S.6 weist Anführungen bis nun 10. B. 
nach; dagegen sind die 10 Bücher der inito[».J(v4[«uv wohl sicher spater; Dioe.47 
rinden wir ein Bach it. viijwuv und eines *. rapetvö'uwiw; Bruchstücke der vijwu 
n grosseres aas Stob. FloriL 44, 23, hier unter dem besondern Titel 
, giebt Schheidkk Tb. Opp. V, 201 ff.), das Buch it. t% «püron 
xoXitlia( (Dioa. 45, das gleiche, wie es acheint, unter anderem Titel 46), die 
4 B. iraXiTixäv xpb; v&t xojpoiif (D. 45 u. A. s. Usexer 8. 7), it. ßaaäslae (D. 41 
1 B, D. 49 3 B., so auch Pltjt. Thentiat 25: Htipp. h Tot; k. Sa«., s 
Dar Staat. D ie Religion. 695 
lo einer seiner ethischen Schriften *) hatte Tbeophrasl auch 
jene Ansichten über die Opfer ausgesprochen, wegen deren ihn 
Porphyr als seinen Vorgänger behandelt. Er suchte hier nicht 
blos geschichtlich nachzuweisen, dass ursprünglich nur die ein- 
fachsten Naturerzeugnisse *) zu Opfern verwendet worden seien, 
und dass namentlich die Tbieropfer, wie die Fleischnahrung selbst, 
späteren Ursprungs seien 9 ); sondern er verlangte auch, dass man 
sich der letzteren enthalten und sich auf die harmlosere Darbringung 
von Feldfrüchten beschränken sollte*}. Von dem volkstümlichen 
Opferdienst wollte er sich aber desshalb nicht lossagen s ), nur dass 
er seinen sittlichen Werth natürlich nicht in der Grösse der Gaben, 
sondern in der Gesinnung des Opfernden suchte *}. Seine ganze 
1 B- r.f'di KiravSpov it. ßociS-iia; s. o. 642, 4 und eines tt. KatStta; ßasiWiut D. 43). 
Die jtoXltix« (nach D. 45 6 Bücher) enthielten wohl die Untersuchung über die 
obrigkeitlichen Aemter, deren Cicero erwähnt; dass wir eine noXmxfj ixpiaait 
von ihnen >.a unterscheiden schwerlich Grund haben, wurde schon 6. 527 m. 
bemerkt. Anch die 2 Bücher noiittx&iv, D. 60, sind wohl nur eine Verdopplung 
oder ein Auszug, und ähnlich die 2 B. it. xaipöiv (D. 60 u. A. b. Usbkrb 12) auf 
die JcoXitixi Ttpbf Toii; xaipc'u; zur Buk eh fuhren. Wie es sich mit den 4 B. JtoXi- 
Ttxüv dSüv, dem Bach «, tupavviooc und den 3 B. vo^oftciSiv (D. 45) verhält, lUsst 
sich nicht ausmachen. 
1) Der Schrift Jt. Eiaißit«{ (Dloq. 50), wie dies« Uhl'mken bei Baös an 
Foiph. De abstin. II, 11. S. 139 aus PaoT. Lex. a. v. mfpßsis Tgl. m. Sohol. in. 
Aristoph. Av. 1364 nachweist , 
2) Gras, später Früchte; Wasser, dann Houig, erst zuletzt Wein. 
3) Pobph. De abstin. II, 20. c. 12, Auf. Bei diesem Anlass hotte er auch 
der Menschenopfer (a. a. O. IL 53, Sohl.) und der eigeulhiimücbeii Opferge- 
bräuche der Juden (II, £6, Apf. — wo aber Porphyr Eigenes einmischt) erwähnt. 
4) A.a.O. II, 11 f. 
5) A. a. O. II, 43.. S. 184: iSSotg xail xk eißijpivx ÖcospfiiTu flüaofüv xofi 
f,[täil- Die Begrttudung dieses Grundsatzes aus der Dämonologie aber, welche 
Porphyr hier siebt, kann er nicht aus Tbeophrast haben, dem er sie auch nicht 
zuschreibt, und ebenso wenig giebt uns l'r.ur. Def- orac. 20, S. 420 ein Recht 
diesem Philosophen den Glauben an Unionen beizulegen; selbst wenn sich 
die dort angeführte Aeusserung bei ihm wirklich auf diesen Glauben bezog}." 
würde sie nur beweisen, dass er sich denselben zwar in der herrschenden Form 
nicht aneignen konnte, sich aber doch nicht getraute, ihn unbedingt tu ver- 
6) B. Stob. FloriL 8, 60 (vielleicht ||eiehf«]ls aus der Schrift je, ejo^ei'k) 
'sagt er: xpfj toIyuv tov iisXXovta %aupna<tfat.r;bai ntpt m 6ttou yiXoBuTiiv eImbi, [ij| 
Ttjl icoXXa Uikiv aXXs t<7> ffuxvä Tiuäv tö 4e1ov t'o (iev fsp EUTtopio; tq S' *ouiTi]to( 
i „Google 
096 Theophrnt 
Auffassung der Religion wir ohne Zweifel von der seines Lehrers 
nicht verschieden ')■ 
Aus den zahlreichen rhetorischen Werken unseres Philosophen *) 
sind uns nur wenige, ziemlich unwichtige, Bemerkungen aufbe- 
wahrt *), und von seinen Schriften zur Kunsttheorie *) ist uns um 
Aber die im Alterthum geschützten G ) musikalischen ') etwas Näheres 
1) Van seiner eigenen Theologie ist diese schon S. 669 f. nachgewiesen. 
Was die Volksreligion und ihre Mythen betrifft, so ist es ganz in aristote- 
lischem Geiste, wenn er die PromelheuBsage dahin deutete, dsss Prometheus 
der erate Lehrer der Menschheit gewesen sei (Bchol. in Apoll. Rhod. II, 1248 
b. Schheidik Th. Opp. V, 216), die Sage Ton den Nymphen als Ammen des 
Dionysos auf die Thrftnon des WeinHtocke { Aibem. XI, 466, b). 
2] Vgl. darüber Ubeüeb Anal Theophr. B. 20, dessen Vermnthang, due 
die itti] i<C' ncpl tstvEW fijTopuwv der Oeaammttitel der im Verzeichnis« einsels 
aufgeführten Bfloher seien, viel fllr lieh hat. 
3) Die Definition de« otUÜuji« all £v£tora|j.'o; äjiaprii; itaptaxiuartouzvoc 
(Pi.ut. qu. conv. II, 1, 4, 7. S. 691), welche doch wohl einer rhetorischen 
Schrift (vielleicht aber auch, wie Buna HI, 366 vermnthet, der Schrift r. 
TtXolou) entnommen ist, und ähnliche Einzelheiten (vgl. den Index an den ßhe- 
torea graeci unt. Theophr. Cic De invenL I, 35, Gl. Tb. Opp. ed. Sehn. V, 
317 f.) nnd die schon 8.663,4 berührte Angabe des Amnionitis, Theophr. habe 
ein doppeltes Verhältnis« der Rede unterschieden, in den Zuhörern und *um 
Gegenstand. Auf jene« beziehe sieh die Rhetorik nnd Poetik, welche desshalb 
auf gewühlten Ausdruck, Wohlklang, gefällige nnd wirkungsvolle Darstellung 
a- s. f. en eeben haben; T7Jj Si -jt np'm ti Ttpirjfiata toü Xäyoj vjjmmi S ipildooeo; 
itpTfauju'viü; fcijts'MJaetai , xi Tt ^eüüoj Si*MyY_iuy xal xa iXjßk iatotvxtii. Am- 
nion, führt diese Aeusserung an um zu zeigen, dsss es eich in der Schrift *. 
'Epjiipdai nur am den i*oq>«vTtxo; livet handle, sie wird eich also wohl auch 
bei Theophraet nur auf die Form der sprachlichen Darstellung bseogen, nnd 
nicht den ganzen Unterschied der Rede- und Dichtkunst von der Philosophie 
m erschöpfen beabsichtigt haben. 
4) Dioct. 47 f. 43 nennt swei x.iton]ttxij(, eine it. xwp.ii) 5 in;, Athen. VI, 161, d 
die letztere, VHI, 348, a die x. ^sXotou, was er aber daraus, j^tt heilt, ist gans 
unerheblich. Die Bezeichnung der Tragödie als fyjiuuaijf ziJyT,tm#{<TtmfL(Diouiv. 
De orationu 6. 464 I'utach) könnte bei Theophraet, nachdem ihm Aristoteles 
mit »o eindringenden Untersuchungen vo rangegangen war, keinBnfalls eine 
vollständige Begriffs bcatimmung sein Bellen. 
6) Plut. n. p. aus*, t. sec. Epic. 13, 4. S. 1095 bfclt Epiknr entgegen: v. 
Myeij, Si 'Eirir-oups ; Ki6apu>5ü>v xA chjXtjiiSv EuiStv ixpoao-ipjvo; slj xo Oduxpm psBi- 
£«4, sv St avptoaiiji ÖiofpiaTou ^ep\.eu(upuviüv SiaÄEfojiiuou xa'c 'Apumff^ou jufi 
(trtajloXGv Mu, 'Aptorof ivou( KEp\ 'Ojiijpou xk Hxa xatttliii^i] rat; xtpji; Kr »teilt 
also Theophrast mit dem berühmten Musiker Ariiioxenue zusMamen- Von 
Tischreden aber die Musik , die sich in einer Schrift Tbeophrsst'a 
„Google 
Knnstlebro. 697 
bekannt Dieses selbst aber bezieht sich grösstenteils auf die physi- 
kalische Erklärung der Töne, und ist in dieser Beziehung schon früher 1 ) 
von ans benutzt, worden. Sonst erfahren wir nur, dass Theophrast 
die Wirkung der Musik auf eine Bewegung der Seele zurückführte 0> 
durch welche wir von der durch gewisse Affekte erzeugten Belästi- 
gung befreit werden *); dass er dieser Affekte näher drei zählte: 
Schmerz, Lust, Begeisterung*); dass er den lebhaften Eindruck der 
Musik mit der eigentümlichen Empfindlichkeit des Gehörs in Ver- 
bindung brachte S J; dass er selbst körperliche Krankheiten durch 
Musik geheilt werden liess ')• So weit wir aus diesen wenigen 
haben, oder von ihm Überliefert seien (Bkasdtb III, 369), ist hier so wenig, als 
von solchen <lei Aristoxenus, die Rede, 
6) lt. [iwjixijf 2 B. (D. 47 vgl. Anm. 3); ap|iovtxöv & (D. 46); ff. jMjiSy i 
(D. 50). 
1) S. 6B7, 4. 
2) Daher Ceksokin di. nat. 12, 1: ka»e[mtuiea] emm rive m voce tatitum 
modo ttt ... tive, vi Arittoxenui, in voce et corpori* motu, live m hii et praeterea 
in onimi motu, vi pvtal Theophraetxu. 
3) Am Sohltut des Fragments aus dem 2. Buch it. (»oiwixiij b. Pöbphts in 
Ptol. Harm. (Wallisii Opp. III, 244. Theophr. Opp. cd. Sehn. V, 193) sagt er: 
|iia 5t ipiioi; tij( |uuaixj|(, x£vi]ai5 rijs ■j'U^iic (oder nie os am Anfang heisst: x!v»||ii 
jiGlidäTjTixbv ffapl d)v J'U^v), f| xtCTE äniSXuaiv yifvO|i^v)] tülv Bio ™ itaflrj xaxiwv, i) 
cl [if, fy. Die offenbar lückenhaften Sehlassworte ergänzt Brandts S. 369, in- 
dem er statt fj xati iicei. u. s. f. >) x. äjtdX. liest, dahin: die Musik solle eine 
Erleichterung der Uehel gewahren, die ans den Affekten hervorgehen, „oder 
wo sie fehlen, sie erwecken." Allein wenn diese gemeint »Are, müaate statt: d 
[il t j[v stehen: Srcou oSx latlv oder &v ji)j t|. Indessen sagt mir auch der so ge- 
wonnene Sinn nicht ganz zu. loh mochte daber eher etwa folgenden Text ver- 
mntben: ij x. in6X. — xouiüjv, xoutporepoui (oder ipaiSporfsous oder fi^uyiiriptu; 
oder Aehn liehe«) %b; anssyäCnai, i) e? (it, ^v: die Musik igt eine Bewegung der 
Seele, welobe Befreitjag von den durch die Affekte bewirkten (Jubeln herbei- 
führt, und uns dadurch ein höheres Wohlsein verschafft, als wir hatten, wenn 
diese Affekte gar nicht in uns erregt worden w&ren — ganz die aristotelische 
Katharsis; », o. S. 611 ff. 
4) Plüt. qu. COQT. I, 5, 3. S. 623: Ufa Et (beAya, |j.oi>oix?j( äp/aj Tptt( iTW, 
X^Ttigv, fjSavi|v, tv6eu«MWp.bv, w( ixanrou TOuttov ROpatptVcoviot £x toS ouv>j8ou{ xa: 
rrxKvovrot ti)v ywvifv. Dasselbe hei Jon. Ltkus De mens. II, 7. S. 54 Roth, nnd 
in Chaiif.b's Aneod. Pari«. I, 317, 10. 
5) Pi.rr. De and. 3. S. 88, a: xiat TSfc äxotMTtxijc aferSifmwt, fjv o Öeiyp. 
jcsAtiTUcuTäTTiv tTviii tpiy j '- jraofflv — ob die weitere Nachweisung auch Theophrast 
entnommen ist, wissen wir nicht. 
6) A'iaRs. XIV, 624, a: Sit St xsi vuaout ISrai (xououd) Bt6fp. {möpijaev «V itö 
Google 
Bruchstücken auf Thcöphrasi's Konstiehre schliessen können, wird 
auch sie sich von den aristotelischen Ansichten nicht entfernt 
haben. 
18. Fortsetzung. Eudemus, Aristoxenus, Dicäarchus 
und Andere. 
Neben Tbeophrast erscheint Eudemus ans Rhodos als der 
bedeutendste unter den unmittelbaren Schülern des Aristoteles *}■ 
An Gelehrsamkeit mit Theophrast wetteifernd hat auch er zahlreiche 
Schriften theils der Darstellung der peripatetischen Lehre, theilsder 
Geschichte der Wissenschaften gewidmet 3 ). Aber alles, was wir 
mpt ivBouatanpou, !u]t«ucoiic, tpiaxuv ävdaouj Eiawlttv, d xatauXifmi Tis toü toww 
TiJ qipuynjTt äp[iov(a. Dss Gleiche Plif. H. n. XXVIII, 2, 21. Aach Vipernbis« 
und Anderes Rollten nach Th. dureh Fl Stenspiel geheilt werden (Gem.. IV, 13, !. 
Apollow. Mirabil. C. 49). 
1) Ueber dessen Leben ans aber gar nichto welter bekannt ist. Ali liho- 
dier und als Schüler des Aristoteles wird er sehr häufig bezeichnet, am iha 
von andern Gleichnamigen in unterseneiden (s. Fritzbchb Ethica Eudemi XIV). 
Da er «leb seine Logik unter Theopbr&st's Einfluss gebildet zu haben scheint, 
andororsoit* aber Ober die aristotelische Phyaik brieflich bei ihm aufragt {«. o. 
90, 2), io kann man Terruuthen, er sei eine Zeit lang unter Theophrast's Sehnl- 
fnhrung in Athen geblieben, spater aber in seine Hehnath, oder sonst wohin, 
gegangen. Vgl. ß. 699, 4. 
2) Ala solchen bezeichnet ihn die 8. 36, S. 641, 8 berührte ErsAhlung, 
und die Angabe (oben 91, 8), er habe Aristoteles' Metaphysik herausgegeben; 
das« jedoch dieser «elbst sie ihm an diesem Behufe zugesandt babe, wie Asele- 
riDB sagt, ist bei ihrem unvollendeten Zustand doppelt unwahrscheinlich. 
9) Wir kennen von Eudemus folgende Schriften (die Stellen , worin sie 
genannt werden, ». m. bei Fritesqke a. a. ü. XV f.): rnuu.(Tpix«\ totoplst, 
'Api0)i.i]iixj] laTopia, 'Ao-ipoXoytxaL loiopfst, die hauptsächlichste undfsat 
die einsige Quells aller späteren Nachrichten über «Ve Uteren Mathematiker 
und Astronomen. Dam kommt vielleicht noch eine Qesehiebte dar tbeola- 
gischen Vorstellungen ; dajs er diese eingehend besprochen, und dabei nament- 
lich such, Aristotelisches (s. o. 8. 59. Bd. I, 68, 2) weiter verfolgend, die Kot- 
mogonioen des Orpheus, Homer, Heeiod, Akusilaus, Epiuienides, Pborscydos, 
die babylonische, zoroastrische, pboniciaehe, weniger genau die ägyptische 
Lehre von den Urgründen und der Weltentstefauag besprachen hatte, sehen wii 
aus Dailuc. De priue. c. 124 f. S. 382 ff. vgl. m. Die«. L. Promm. 9; vgL anob 
oben 644, 3, Sohl. Ferner eine Schrift *. Tuvloi«, 'AvaluTtxa in mindesten 
swei Büchern (s. o. 62, 1), x. iWEtwc (s. o. 51, I g. E.), schwerlich aber Kstc- 
gorieen und Jt. 'Eppiviiae, (s. S. 49 imt. f.); die Physik, Über welche sogleich 
weiter su sprechen sein wird, die Ethik, von der wir die drei ersten nnd da* 
Logik. 099 
von ihm wissen, bestätigt, dass es in philosophischer Hinsicht weit 
mehr die treue Aneignung; nnd Fortpflanzung als die selbständige 
Fortbildung der aristotelischen Lehre ist, in der sein Verdienst 
liegt ')• In der Logik fand er zwar, wie schon früher gezeigt wurde, 
einzelne Abweichungen von seinem Lehrer, und einige nicht un- 
wesentliche Ergänzungen der aristotelischen Theorie nöthig 1 ); aber 
ihre Grundzüge hielt er mit Recht fest, und in jenen Aenderungen 
seheint er sich fast durchaus an Theophrast angeschlossen zu haben, 
welcher als der selbständigere von beiden wohl auch hierin voran- 
gieng *). In seiner Bearbeitung der aristotelischen Physik *} folgte 
er ihrer Darstellung Schritt für Schritt, in der Regel selbst an 
letite Buch noch besitzen (s. o. 72, 9}. Dm« in der späteren Zeit anoh ein 
zoologisches Werk unter seinem Namen in) Umlauf war , sehen wir ans Arm.. 
Apol. o. 36. 8. 622. Hild. Anui Hist. an. III, 20. 2). IV, 8. 45. 63. 66. V, T; 
»u [jedoch Aolien daraus mittheilt, dient seiner Aeehlheit nicht eben nur Em- 
pfehlung. Unserem Eudemus ichreibt Kose Arial, libr. ord. 174 anoh die ana- 
tomischen Untersuchungen r.u, wegen deren ein Eudemoa vun Ctai.kk (*. d. 
Index, Hosb a. a. 0. Braus«. Gesch. i. Arancik. 4. Aufl. I, BB9 f.), Rnrus 
Ephes. I, 9. 20 nnd den homerischen Bcholiasten (a. Fbitmohh a. a. O. ß. XX, 
49 f.) rühmend angefahrt wird. Da aber dieser Endemus in keiner von diesen 
vielen Stellen als der Rbodier bezeichnet ist, nnd da er nach Gir.EN (De ut. 
anat. 8. Bd. II, 81)0. De semine II, 6. Bd. IV, 646. Hippocr. et Plat. pleo. 
VIII, 1. Bd. V, 651. loo. affeot. III, 14. Bd. VIII, 212. in Aphor. Bd. XVIII, a, 7. 
libr. propr. Bd. XIX, SO) heinenfalls Hier war, als Herophilus, und wahrschein- 
lich auch nicht alter als Erasiatratna , der Schuler Theophrast'« (Dioo. V, 67) 
nnd jenes Metrodor (Ssn. Math. I, 258), welcher als der dritte Mann von Ari- 
stoteles' Tochter bezeichnet wird («. o. 17, 2, g. K), so glaube ich, dass der- 
selbe Ton unserem findemua sa unterscheiden ist. Noch weniger wird man bei 
dem Bhetor Eudemua (über den Fkitxsche S. XVII s. vgl.) an ihn denken dürfen. 
1) Simft.. Phys. 98, b, m: [loprupil Si tö i.6yia xs\ Eüti][iof A fvtpiiiiwrm 
T'Üv 'AptoTorAouf iioetpwi. 
2) 8. ». 648 ff. 
3) Dafür spricht such der Umstand, dass neben dem Gemeinsamen, worin 
Theophrast und Eudemtu Übereinkommen, von diesem nur sehr wenig, von 
jenem weit mehr Eigentümliches berichtet wird. 
4) Diese hatte er wohl sonltchst zum Gebrauch seiner Lebrvortrags unter- 
nommen; vgl. seine Worte bei Simfc, Phvs. 178, a, m: tl ${ n$ juumdflti* tölf 
IluOorfopEbHf, *j; nil.iv ts aOrä äpi8|ifii (dass in einer künftigen Welt alles Ein- 
zelne wiederkehren werde), xarjä> (luBoXopfoiu tb £»ß£iov (den Stab des Schol- 
vorstands) zyyi ojitv XBBrjpiratf. Verbinden wir diese Stelle mit dem S. 90, 2 
Angefahrten, so wird um so wahrscheinlicher, dass Eudemun ausserhalb Athens 
sine eigene Schule errichtete, und für diese die Physik bearbeitete. 
Google 
700 Endnmn». 
ihre Worte sich anschliessend '); materielle Abweichungen von 
derselben scheint er sich in der eigentlichen Physik so gut wie gir 
keine erlaubt zu haben *); was er sonst Eigenes hinzufügte, be- 
schränkt sich auf eine Verminderung der Bucherzahl *)» auf einige 
wenige Umstellungen *)» auf geschichtliche und dogmatische Erlau- 
1) Belege sind schon S. 90, 1 in ausreichender Zahl beigebracht; weitere 
weiden tu» sogleich begegnen. Seitdem hat nun Buum in seinem dritten 
Bande 8. 218—240 durch eine ausführliche Zusammenstellung der hei Sünpli- 
oiuH erhaltenen Nachrichten und Brnchstücke den Gang und die Eigentüm- 
lichkeiten der endemischen Physik bolenchtet. um so mehr glaube ich mich 
auf eine kUrxere Behandlung dieses Gegenstands besohrAnken an sollen. 
2) Simpmciub, der ihn au oft nennt, orwBbnt mir einer einzigen, weleke 
überdies« unerheblich genug Ist, das» er nilmlich (nach Phys. 93, b, n. 94, «,m) 
in neirfeni »weiten Buch den vier «riatoteli sehen Bewegungen (s, o. 290, 1) die 
Veränderung in der Zelt (das Aelterwerden ) betfagte; dagegen war er mit 
Theophraat'a Ausdehnung der Bewegung auf alle Kategorieen (a. o. 662, f.) 
nioht einverstanden: Arist. Phys. V, 2. 226, «,23 erläuternd hatte er ansdräek- 
Höh geneigt, dass tob einer Bewegung der Relation nur abgeleitet erweise ge- 
sprochen werden könne (a. a. O. 201, b, «.). Sonst werden uns nur noch einige 
leise Zweifel an unerheblichen Einielheiten begegnen. 
8) Simpl. nennt nur drei BOeher derselben, und da die Anführungen an» 
dieaen über die sechs ersten aristotelischen sich erstrecken (s. folg. Anmm.}, 
das siebente aber von Eudemus übergangen war (a. a. 6. 61), so kennen es in 
Garnen höchstens Tier gewesen sein. 
4) Die Erörterungen, welche sieb bei Aristoteles Phys. VI, lf. finden, hatte 
Eud. (nach Simpl. 220, a, □.), wohl aus Anlas» der Frage Über die in's Unend- 
liche gebende Thejlnng der Raum- nnd Zeitgrüsaen (Arist Phys. III, 6, Auf. 
a. o. 296, 5), ganz oder thellweise sehon in sein zweites Bach aufgenommen, 
wahrend er Raum nnd Zeit (bei Arist. im vierten B. der Physik) im dritten be- 
sprach (Sinn. 124, e, u. 155, b, o. 167, b, n. 169, b, m. 173, a, m. Tmtsii«T. 
Phys. 40, a, m); ebenso hatte er achon im zweiten Buch, vielleicht bei der glei- 
chen Gelegenheit, die Frage (bei Arist. Phys. VI, 6, Sohl.) bertlhrt, inwiefern 
von der qualitativen Veränderung gesagt werden könne, daas sie in einer un- 
theilbaren Zeit erfolge. Sonst aber scheint ersieh an die Betbenfolge des aristo- 
telischen Werks, mit Ausnahme des nicht hergehörigen siebenten Buchs, ge- 
halten eq haben, denn am Anfang aeiner Erltuterangen sa diesem Buche, 
B. 242, «, O. S»gt Sivfi,.: na) 5 fE Eü&][io; (ItXpI ToB8( vSlt Bio« (r/sSbv -riJ4 Jtp«T- 
|L»Ttiat M^alaiaif {iitoXowBijaac. , toBto napslfliüv w; Jtipittov fa't ik h zfn Ttlsutaup 
ßipliiu xtpäXat* |uti|XStv. Znm sechsten Buch war er aber, »ach 8. 216, a, in, 
unmittelbar TOtnSohluee des fünften übergegangen. Nach diesen Aeusaernngen 
muss der Hauptinhalt des fünften nnd sechsten Buchs bei Endemns au der 
selben Stelle, wie bei Aristoteles, swisohen dem des vierten nnd achten ge- 
standen haben. 
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Physik. 701 
terangen und auf solche Aenderungeit des Ausdrucks, welche ihn 
um der Deutlichkeit willen nöthig zu sein schienen *}• 1° den zahl- 
1) Wu wir darüber aus SmrMciug erfahren, ist dieses: 9,a,n.i Plato 
Labe zuerst die materiellen Ursachen atoiy/m genannt (vgl. Akut. Metaph, 
XIV, 1. 1087, b, 13. Dioo. L. IB, 24). 3, >, o.: Bad. zeigt am Anfang seiner 
Physik, dasB derPIiysiulug mit der Betrachtung der Frincipien beginnen raflssu. 
Ebd. m. u. : von den Tier Ursachen nennt er die stofflichen orot^ilov. 6, b, u. 
9, b, m: die Urgründe lind entweder bewegt oder unbewegt.' 10, b, n. 11, a, o.: 
Fragment aas dem Anfang der Physik, worin Kud. (Phys. I, 2. 184, b, 25 er- 
läuternd; Tgl. was 8. 199, 3 angeführt ist) die Frage aufwirft, ihre vollständige 
Lösung aber einer andern Untersuchung zuw'ejst, ob jede Wissenschaft ihre 
Principion aelbst in begründen, oder von einer andern au entlehnen habe, oder 
ob es eine Wissenschaft gebe, welche die Frincipien aller andern beweise. 
18, b, m: über Antiphon'a Quadratur dea Kreises (über die des Hippokrates, 
aber aus der yEiuttrcputJ) forauia, 13, b, u. f. 16, a, m). IG, h, o. : gegen die Lahr« 
Ton der Einheit alles Seine; über denselben Gegenstand 18, b, o. u. 19, a, o. 
8. 21, a, u. (»gl. 53, b, o.): längeres Brachstück über die senontsche Behaup- 
tung, dasa Eines nicht angleieh Vieres sein könne, zur Erläuterung Ton Phys. 
[, 2. 185, b, 25 IT. (etwas daraus 80, a, in wiederholt; Tgl. auch unsern 1. Bd. 
S. 426). 28, a, o. b, m. 24, a, o. m: Bemerkungen über einige Satze de* Mo- 
limina. 25, a, m (Tgl. b, m). 26, a, o. n. 29, a, o: Aeuiserungen aber Parme- 
nidea. 37, b, tu: gegen die Mischung aller Dinge bei Anaxagoras. 42, b, in (au 
Phys. I, 6, Auf.): alle Gegensatze bilden eine Mehrheit, num Mindesten eine 
Zwoiheit, and setzen die Substanz voraus, welche mit keinem von ihnen iden- 
tisch ist. Substanzen entstehen nur aus Substanzen, Körper nur aus Körpern, 
44, *, (ki Bad. nennt die Materie ottfurouSifc. 58, a, o. : Fragment, worin der 
Begriff der Natur als i^J) xivifceiu; it ultoic [nit.j nat x«8' airk (vgl. oben 287, 6) 
durch Induktion erlKutert wird, lieber denselben Begriff 68, a, m die Bemer- 
kung: die filoi« könne sowohl in den Stoff als in die Form gesetzt worden. 
72, a, O.I die vier Ursachen, namentlich die Endursache. 73, b, o.: Anaxagoraa 
(a. o. Bd.1, 888,2, Schi.). 74, a, u.: die Einwürfe gegen den Zufall (Phys. II, 4. 
195, b, 38 ff.) legt End. Demokrit bei; 74, b, m: er vertbeidigt die, welche ihn 
nicht unter den Ursachen mitzählen; 75, b, IL: der Zufall findet sioh nach ihm. 
nur im Gebiete der Zweckthfttigkeit (Tgl. oben 254, 1); 80, b, m: die Natur 
geht der Kunst, die Kumt dem Zufall voran; Tgl. 81, a, u. — 98, b, m (Tgl. 
99, h, m, unsern 1. Bd. 255, 2. Pi.iTo Tim. 57, E): Bruchstück über Plato's and 
Arahytas' Lehre von der Bewegung. 100, b, n.i Erläuterung dea Satzes (s. o. 
268, 3), data die Bewegung im Bewegten, nicht im Bewegenden sei. 106, a, o; 
Bemerkung über das Unbegrenzte (zur Rechtfertigung von Phys. III, 4. 208, a, 
19 f.). 108, a, m: Eud. fügt den fünf von Arial. (Phvj. III, 4. 203, b, 16) ange- 
gebenen Gründen für die Annahme des Unbegrenzten einen sechsten hinzu, den 
aber, wie Sikfl. bemerkt, auch Aristoteles (Z. 23 f.) nicht übergangen hatte; 
statt ix TiSf h Tat; j*B-f ^flsoi Sioipfosu; sagte er (107, b, m): „iv rolf <njwrfiai." 
108,«,».: Archytas über daa Leere (a. Bd. I, 317, 1); 109, b, n.: eine weitere 
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reichen Bruchstücken seiner Schrift werden wir richtiges Verständ- 
nis» der aristotelischen Lehre, sorgfältige Beachtung der verschie- 
Bemerkuug gegen die Ann »hm a, du« das Unbegrenato ein Snoslrat eei; 111,», 
u. folg. Widerlegung der Uubegreoitheit des Körperlichen ; 114, b, m: bei der 
Theilung der Rautngrösaen entsteht in der Wirklichkeit (nach Phys. 111,6. 
SOG, a, 28) immer nur Begrenztes. 114, a, o.: das j£, itoabv, xotäv , no! ist du 
Allgemeine, das tiSt, üaov, oTov, aS die nähere Bestimmung. ISO, b, o. 121, b,u. 
(>. o. 90, 1). 122, a, o. 198, b, n. 124, a, u. 128, a, m. b, o.; kleine Zoattia 
zur Erlinterung nnd Verteidigung der aristotelischen Lehre Tom Baum. 
131, a, m : Anführung und Widerlegung eines senonischen Arguments (a. Bd. I, 
488, 1} gegen die Realität t des Räumlichen. 131, b, o. 136, a, o. 141, b, u. (*. o, 
684, 1): Unbewegt iohkeit dea Baums. 138, b, u. (Thihjbt. Phye. 40, a,m): 
Fragment, worin daa VerhUtniss de* Himmels tum Baume übereinstimmend 
mit Arial, (s. o. 298, 6) besprochen wird. 155, b, o: über die Erscheinung, dau 
ein mit Asche gefüllte« Qefftaa noch ebensoviel Wasser fasse, wie ein leerM 
(die also auch Eud. durah keine genaueren Versuche berichtigt bat): man könne 
e!e sich auch daraus erklären, das« durch die Hitze der Asche ein Theil de« 
Wassers verdunste. 186, b, m: Widerlegung der (von ArisU Pby». IV, 10. 
218, a, 31 berührten, nach Simpi,. 165, a, o. Ton End. und Theopuraat, wohl 
naoh Aristoteles' Absicht, und nach unserer 1. Abth. 621, 1 hiebt ohne Qrund, 
Flato zugeschriebenen) Annahme, daas die Zeit nichts anderes sei, als der Um. 
lauf des Himmele. 167, b, n.: die Stetigkeit der Zeit ist van der der Bewegung, 
diese von der der Raumgrösse abanleiten. 169, b, o. : die Zeit ist im Allge- 
meinen die Zahl jeder Bewegung, zunkohst aber dar das Himmels. 171, a, m: 
über das vüv (Erläuterung von Arist. Phys. IV, 11. 219, b, 18 ff.). 178, a, m. ».: 
2 Bruchstücke, Paraphrase von Phys. IV, 12. 220, b, 12. 167, a, m: statt des 
Phys. IV, 11, Auf. gebrauchten Beispiels hatte Eud. ein anderes angefahrt. 
178, b,m: Phys. IV, 18. 222, b, 18 hatte er nicht lUptuv o IMccreptto«, sondern: 
als Simonides in Olympia die Zeit das Weiseste nannte, «opivr« twi rüv seoä» 
ibulv. 187, a, m: Eud. und Theophrast stimmen mit Aristoteles' hebte vuu der 
Zeit aberein. 192, b, o.: zu Phys. V, 1. 225, ■, 12 ff. bemerkt Eud., die cnff 
atit seien mit den ircoiutfuva auf Eine Linie su stellen, wenn sie auch nicht 
ganz in demselben Sinn, wie die x«Tap4siij, als 'iicoxfi^uva zu betrachten seien 
(der Uebergang von der Blindheit zum Sehen sei demnach ein Debergang «E 
uioxsiuinou e!; 6jto*£L|J4vov , der vom Niohtsehen zum Sehen ein Uebergang oi» 
$ Wxtuitvou ek Snoxefiuvov — m. vgl. hierüber S. 290, 1). 201, b, a. (s. o. 
700, 2). 202, a, o. (vgl Phys. V, 1. 226, a, 84). 202, b, o. (au Phys. V, 2. 226, 
a, 2« ff.). 208, b, n. (su V, 8. 226, b, 21). 207, b, o (zu V, 4. 228, a, 5): kleine 
Erläuterungen und Zusätze mm aristotelischen Text. 206, a, (kl das buvsxm, 
cyd|uvov und «fiöjf sei begrifflich aus dem ouppulc abzuleiten (nach Phys, V, S. 
227, a, 14, aber doch wohl gegen Aristoteles' Meinung). 216, a, o. a. 8. 90, 2. 
216, n, in. s. 8. 700, 4. 217, a, m (au VI, 1. 231, b, 6). 217, b, m (au der glei- 
chen Stelle). 990, a, u. (zu VI, 9. 232, b, 20). 223, a, u. (aa VI, S. 284, s, l). 
397, a, m (au VI, 4. 984, b, 21 — 236, a, 10): Erläuterungen, WM Tkeil nur 
Physik. 708 
denen Fragen, um die es sich dabei handelt, geschickte Erklärung; 
mancher Begriffe and SSUe nicht verkennen; aber neue wissen- 
schaftliche Gedanken oder Beobachtungen dürfen wir nicht darin 
soeben l )- 
Eine erheblichere Abweichung von seinem Lehrer erlaubt sich 
Endemus — um eine immerhin beachten swerthe Eigentümlichkeit 
seiner Kntegorieenlehre *) hier nur zu berühren — an dem Punkte, 
Paraphrase, aristotelischer Worte. 231,«,, m: Frage, die gleichzeitig erfolgende 
äÄ^obumt betreffend. 281, b, m: mit Ariel, übereinstimmende Erläuterung de« 
VI, 6 Ausgeführten (s. o. 304, 7). 238, a, u.: Tadel eines zenonischen Argu- 
ments (Bd. I, 432 f.). 239, a, o. : über den Zweck der Bemerknngen Phys. VI, 9. 
240, a, 29. Ebd. med.: wu Arial, a. a. O. b, 1 ff. sagt, wird von Eud. als zwei- 
felhaft bezeichnet 272, b, m: die Annahme eines zeitweizen Aufhörens der 
Bewegung, welobe Arist. VIII, 1. 252, a, 6 ff. Empedokles zuschreibt, bezieht 
Eud. auf den Suhairoa. 273, a, o. : gegen Anaxagoras (zwei Zusätze zu dem, 
was Arist a. s. 0. Z. 10 bemerkt). 277, a, u-i Erläuterung von Phys. VIII, 3. 
253, b, 30. 279, a,m: Paraphrase von Phys. VIII, 8, Bohl. 282, b, u.: Erläu- 
terung von Phys. VIII, 4, Schi. 283, a, m: weaahalb Phys. VIII, 5, Anf. zu- 
nächst vom siitaitCvirrov gesprochen werde. 283, b, m: Erläuterung des Satzes 
(». a. O. 256, a, L9), dass die Belbstbewegung jeder Bewegung durch Andere!, 
vorangehe. Ebd. n.: Phys. VI, 5. 238, a, 28 sagt Eud. statt „5j aitöi unit ti, 
xlvoOv 5) SW.ii)", to Sj) xivoüv ij Si' iaut'o xiviT 1J Ei' äXXo xotl iauTÜ i\ öXXui," 
286, b, IL: zwei unbedeutende formelle Aenderungen bei Phys. VIII, 5. 257, b, 2. 
287, b, m: veränderte Fassung der Beweisführung s. a. O. Z. 13 ff., mit Bezug- 
nahme anf Plato's ufroxlviiTov. 294, b, o. (s. o. 90, 1 — Beihdib S. 289 bezieht 
die Worte ü; EEG. itpo(Ti(h]aiv , wie mir seheint weniger richtig, auf das Fol- 
gende). 319, a, n. b, in: das erste Bewegende hat seinen Sitz (nach Phys. 
VIII, 10. 267, b, 6) in dem grünten Kreis, dem, welcher durch die Pole der 
Himmeltsehse gebt, weil dieser sich am schnellsten bewegt (so nach der Les- 
art, welche Simfl. bei Ai-exandsb fand, nnd welche der seine« Exemplars offen- 
bar vorzuziehen ist). Dabei wellte aber Eud. mit Aristoteles (s. o. 275, 7) daran 
festhalten, dass das erste Bewegende ohne Theile sei, wogegen er, wie es 
scheint (s. u. 704, 3), sein Verhältnis» zum Bewegten etwas anders bestimmte, 
1) „Eademns, sagt Bhandis 8. 240 ganz richtig, stellt sieh in seiner Phy- 
sik als ein den Gedanken des Meisters mit Sorgfalt und Verständnis» nach- 
sinnender, aber nur in Nebenpunkten und zaghaft von ihnen sieh entfernender 
Schüler dar." Wenn sich Fxitzbchk Eth. Eud. XVIII gegen unsere erste Aus- 
gabe II, 566 auf Waisas's Versicherung (Arist. Phys. ß. 800) beruft, dass Eu- 
demns in der Physik vielfach von Aristoteles abweiche, so beweist diese 
nur, das» er so wenig, wie jener, 'die Angaben des Sitnplioius genauer unter- 
sucht hat 
2) Eth. N. I, 4. 1096, a, 24 nennt Arist 8 Kategorieeu: ri, iroiw, xesöv, 
xp6i n, xpiwi, tokos, Eademus dagegen sagt Eth. Eud, I, 8. 1217, b, 36: 
704 Eid«nm. 
an welchem die Physik in die Metaphysik übergeht, in der Theo- 
logie. Ist er euch im Allgemeinen mit dem aristotelischen Gottes- 
begriff einverstanden l % so scheint ihm doch mit Recht die Behaup- 
tung, dass sich das erste Bewegende mit der Welt berühren müsse, 
um sie zu bewegen 0, seiner Unkörpeiiichkeit zu widersprechen ; 
dass es sich aber freilieh mit der von ihm selbst getheilten Annahme 
über den Sitz desselben ebenso verhält, scheint er nicht bemerkt, 
und über die Art, wie die Welt von der Gottheit bewegt wird, sich 
nicht naher erklärt zu haben ■> 
Nach der gleichen Seite bin liegt auch die bemerkenswertheste 
du Sein and das Gate komme In mehrerlei iraüatic ror, dam -ri, icnibv, rcoobv, 
xort, „xA itpb( touTU(( tä \iiv b rfi» xtvtteiat xo Si tv tu xi«h", welche letxterea 
zwei, bei Aristoteles fehlend (s. o. 187, S), an die Stelle des aristotelisches 
naill* and niaytiv zu treten scheinen. 
1) 8. 701, 1 g. E. Aach des Sata wiederholt Eaderaus, dus Gott nur 
«ich aelhit denke '(Eth. Eud. VII, 12. 1245, b, 10: oö 7010 oBtu? 4 fei* eB tjjsi 
[wie der Mensch), aXXi Sfttiov 1) &ctxi ÖXXo n wfh jtap' aihb( afahl. aTriov 6' 
Sri Jjttfv [ilv tb tS xafl' E-tEpov, jxefvtii St aixat sutoö to ei <Wv), and er leitet 
daraus den weiteren ab, data die Gottheit keiner Freunde bedürfe, und da» 
lie den Menschen, wegen ihres weiten Abstände« von ihm, nicht, oder doch 
nicht to liebe, wie der Mensch sie (Eth. VII, 8 f. 1288, b, 37. 1289, a, 17. 
c 12. 1244, b, 7. 1246, b, 14; a. o. 278, 1). 
2) S.o. 8. 281. 
8) Smir. 320, a, o: St EBB. tqBtq |itv odx «noptl Skib & 'AaKrrovAnf, ei 
tvif^ttai -■[ xtvwi|itvov xtvdv mrttfiät, iaopfi fit -ivrt voiirou, tl hüeftiai tb ixivtf- 
TOV xivtlv „Soxti yap , figot, ib xivoüv ins tütiov Jj iüSquv J] Oucov xiveTv (s. o. 
290, 1 g. E.)- ei Si [ij| povov oStox, all' oSv iictofMvdn 7t I| afah 1) Si' äUou, 5] 
tl' Ivb; f] nXltdvuv, to 3t &|Uplf odStvoj jiS^itai Etyao-Sai- q-j fif iorty aüroü tb 
[ifcv äp/^ tb St icipaf, Tai St cbrtoji^vcuv tk Vipern &|ia (s. O. 808, 8). küc oSv 
Xtnjoii Tb «(iBpft; xal Xdei rijv äitopiiv Xtyu», Bti ti [ih xtvodfUV« xivei xk St 
^pifioönta, xaft ti [iiv xivotfjiev« xivel ämufieva äXXni( [1. ämd^uvs, Ta Si ^pifioüvTS 
äXXut — Bkandib III, S40 Termuthet: Sin. iOX» äXXuc, allein das Folgende 
beweist, dass vor dem älAu>c des Buhenden erwähnt sein mnsa], oäx Äfiofoc 
Be Jtiv:a- ou yio ™; f] pj -ty n «fpsnj (Wfciaav fc' sJrijv övo> falwt, oSfei; xsl tb 
ttpdiTiu; xivrjaav oi -fip JUporivOjiinif xivjjotid; ixttvo xwtt" od yip 3* eti ipäim>t 
xtvofn- 4) Si fff oäSöran i^pejio&ja itpum,,; xivijmt." Eine Lösung der Frage kann 
man hierin um so weniger sehen, je weniger die Zusammenstellung des ersten 
Bewegenden mit der Erde an 'sich nnd nach aristotelischen Grnndaltaen an- 
geht: denn theils bewegt die Erde in dem von Eudemns angeführten Fallja 
wirklich durch Berührung, theils kann ein seiner Natur nach Unbeweglich» 
mit einem Ruhenden überhaupt nicht verglichen werden, da Buhe (f. 0. 187, 
C, Sohl.) nur dem Beweglichen u 
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Ethik. 705 
Bigenlbümliehkeit der. endemischen Ethik ■> Wenn sich Aristoteles 
in seiner Sittenlehre ganz auf die natürlichen Aufgaben und Anlagen 
des Menschen als solche beschrankt hatte, so setet Eudemus das 
menschliche Handeln seinem Ursprung und seinem Zweck nach mit 
der. Gottesidee in eine engere Verbindung. In der ersteren Bezie- 
hung bemerkt er die Erscheinung, dass manche Leute, ohne aus 
Einsicht zu handeln, doch in allem, was sie tbun, Glück haben, 
and da er diese Erscheinung, wegen ihres regelmässigen Eintreffens, 
nicht für zufällig zu halten weiss *), so glaubt er sie auf eine den 
Beireffenden eigentümliche gluckliche Naturanlage, eine natürliche 
Richtigkeit des Willens und der Neigung, zurückführen zu müssen. 
Diese selbst aber, woher soll sie stammen? Da sie der Mensch sich 
nicht selbst gegeben hat, so wird sie sich nur von der Gottheit her- 
leiten lassen, welche alle Bewegung in der Welt hervorbringt *)- 
1) Dasa diese Schrift wirklich für ein Werk de« Eudemus zu halten ial, 
d*as jedoch nur ihre drei ersten Bücher und da* siebente erhalten sind, B. T, 
IS. VI. TU der Nikomachien dagegen tod Fisches, und Fhitsbohe mit Un- 
recht ibr. angewiesen werden, ist schon S. 72, 2 Tgl. 501, 2 bemerkt norden. 
Auch tod Ech. N. TU, 12 — 1.') ist mir der aristotelische Ursprang überwie- 
gend wahrscheinlich. End. TU, 13 — 16 (von FnirzaoH» mit der Mehrzahl der 
Handschriften als Stea Buch bezeichnet) enthalt Bruchstücke einer umfas- 
senderen Abhandlung, deren Text überdies* liemlich verderbt ist Diese Ab- 
handlung stand aber ohne Zweifel (wie dieas auch FaiTzsosis 8. 244 annimmt, 
und BuAsDis II, b, 1564 f. naher begründet) wirklich am Sehluss des Ganzen, 
nicht rot dem Anfang von B. VII, wie Srnweir. (8. 601 f. der 72, 1 angefahr- 
ten Abhandlung) wegen M. Mor. II, 7 (von 1206, a, 36 an) 8. 9 »ermuthet. 
2) Nach dem S. 268, 2. 828 besprochenen Grundsatz. 
3) Schon F.ud. I, 1. 1214, e, 18 war bemerkt; glückselig werde man ent- 
weder durch ji*6i]oi; oder durch äexnoif, oder auf einem Ton zwei anderen 
Wegen: ijroi xaS&xep ol vu|if^Xi)xro( xs\ QtAXipmt zSn avflpt&itoiv, fewvoi* 8ot- 
povfou tivbt'ßarttp iv6ouo(ü;o>iTt5, rj Gin ^X1^- Bestimmter führt Eud. TU, 14 
ans: manchen Leuten gelinge fast Alles, so wenig sie auch Einsicht haben 
(äppovif Övtb; xatopfloüai r.olXa £v oT( j) Tiivi] *u?ta' tri 81 x«t iv oT; tE^wj ^trc\, 
xoWi |i4VT0t xat tiStijs jvunäpj(£i), und dies* lasse sich ans dem oben bezeich- 
neten Grunde nicht tom Zufall, sondern mir von der filme herleiten, solche 
Leute seien nicht sowohl nkuxit?, als eipuElf. tl Be 6»j; (wird ■nun 1247, b, 18 
fortgefahren) ap' oux cveiaiv opjuft h Tjj ^u/Jj cd y.h ölte J.o-fOajJ.üij , fll 8' ontb 
ip^Eiu? aXiyau, xal itpöripni ajTii; d -fif loa siiwi fj St' «itt8u|tlav ffiias äpcl-ii, 
fiioei rf ftrt r'o äfiflov ßaüitJoL 9v jräv. tl Sif tlv^( eJchv il^iuSis, ujonip oi tbSixol 
qük tTHarip-Evot äSstv, out<o( e5 n;;piixaa[ x«t Öveu Adfou Dpjiuaiv, äXX' Sri Jj «>iJ<rt{. 
tl xbuxt, xnt äct8u<Jo3ai xal roihou xa't ton xai tAxait ü< 6fi xa> oü 8(1 xal Stt, 
Ptaio». (L Gr. IL Bd. ». AML. 45 
.Google 
796 EudomuB. 
Auf die gleiche Quelle weist aber auch die Einsicht und die aus 
Einsicht entsprungene Tagend, so verschieden sie auch au sich 
selbst von jenem iinbewusslen Ergreifen des Richtigen sein mag '); 
denn jeder Vernunftthäligkeit muss die Vernunft selbst vorangehen, 
in der wir nur eine Gabe der Gottheit sehen können *). Und wie 
so die Tugend in ihrem Ursprung auf die Gottheit zurückgeführt 
wird, so soll die Gottheit auch das letzte Ziel aller geistigen und 
sittlichen Thätigkeit sein. Wenn Aristoteles die wissenschaftliche 
Erkenntnis» als die höchste Geistesthfitigkeit und den wesentlichsten 
Bestandteil der Glückseligkeit bezeichnet hatte, so wird diese Er- 
kenntniss von Hudemus näher als Gotteserkenntniss gefasst, und 
demnach der aristotelische Satz, dass die Glückseligkeit so weit 
gehe, als die Theorie 3 ), dahin umgebildet, dass gesagt wird; Alles 
oätoi xatopMxiouai xäv Tt!v_euiiiv äff ove; Svtes ii'i iXo-fGi .... ixtltout |*lv toi» a» 
eü-eu^eiv oii fJotv hhi^rcm. f, yip opfii] xdl ij öpt^tt oäoi oä I£ft lOTwffliuaiv, i 
äl XoYMu.bc ijv ^X!6io4. Man konnte nun fragen, fahrt End. 1348, », IG fort, 
5p' auroS Toiftoo nJxi «Wa, tou £jci8uu.iiaai «3 Bei xat Kte Bfi ; and nachdem er 
dieoa in der sogleich ariMfillireudeii Weise abgelehnt hat, sagt er Z. 34: w St 
£7]T0li|AEY0V ToSt' ItTtt, TL( fj TTJC XLWJatlUS (tpX'l £ ' V *B 4 >W X?S ' äT|).OV BJJ, IHOTIGf CV TÜl 
üi-iu, Bebt xai Jv [so Fa. für jtäv] &s(vai [— i)J. xtvfi -j-äp raif nana tb h V 
Sfiev. Xo^ou 6' £px.)j cd aöyo( älXä Tt xpslTTOT. ti oü* Sv xpdnov xai faianj|H|f 
t»| (xat »oB, wie SrMOiu, nnd Futziohe beifügen] «M]V 6iri;; ij fip äpsr)| toü 
vou [besser vielleicht: jxilvou oder toü öeoS] öpY aVQV ^ouni 70p «p/V «*■"■ 
tijv, ij xpELttuv tou voü xai ßouXiiSaiuc, «je treffen ohne den M-pt dae Rechte, 
nicht dureh Uebnag and Erfahrung, sondern t«T> 6tö. Auf dieselbe Art, fügt Eu- 
demus bei, habe man aioh auch die weisssgenden Traume su erklären : iouu yip 
*i ■PX*i (der Hub, aUPrincip eines annüttel baren Wissens) SnXlMpAmu toO X07W 
iiiXikiv juOAoy. Vgl. II, 8. 1225, a, 27: die tvOououävnt und JtpoMpvci; seien 
in einem unfreien Zustand, wiewohl ihre Thätigkeit eine vcrnttnfiige (Biavoia; 
IpY^v) «ei- — In Betreff der tiijrij werden wir bei Aristoxenos Aehnliohes finden. 
1) Denn dieses ist ohne den X070:, s. vor. Anm. nnd Eud. «. a. O. 1246, 
h, 37. 1247, a, 13 ff. 
2) Eud. a. a. O. 1248, a, 15: liegt bei den obenbesprocheuen glücklich 
organisirten Naturen der Grand ihrer glücklichen Anlage in der "nix*,? )) i&w 
ys Jtävrwv farai; xa'l ydp toü voijoai xat ßoulsJooKTflai ■ oü -fip ää) iftoulnlaaro Bw 
Xeuuajisvot (die Uebetlegung ist nicht das Eraengnisa einer andern ihr Yorsn- 
gehenden Ueberlegung), iXV lotiv apx.*I T, »i °^' ^ 5 i" voijoat npdrapov voSjiJt 
xat TOÜY iff äjcsipov. oix äpa tcö voijoai vo&4 ap^i), oiSt tou ßouisiJaa.a6ai fioul^. 
tl aSv äUo ic)kijv ni^i; ; tuor' är.o vift\i Srtavra torat, st fori 714 äpx^ ffi od> um 
äXXi) i^io. aüti) Sg öiä t! ToiaiiTn iä ilvai wotg touto SJvaaDai noietv j te 5i Catod- 
(uvov a. i. w. (s. vorl. Anm.). 
B) Eth. N. X, 8; b. o, 474, 1. Wie entsahiedea Eudemas hienüt Obeniii- 
Ethik. 707. 
sei in dam Maasse ein Gut, in dem es zur Betrachtung der Gottheit, 
führe; was dagegen durch Uebermsass oder durch Mangel uns hin- 
dere, die Gottheit zu betrachten nnd zn verehren, das sei verwerf- 
lich; und eben hierin wird die bei Aristoteles zu vermissende ge- 
nauere Bestimmung darüber gefanden, was für Handlungen der Ver- 
nunft gemäss sind: je mehr wir uns an jenes Ziel halten, um so 
weniger werden wir von dem vernunftlosen Theil der Seele gestört 
werden *)■ Wie aber das Streben nach Gotieserkenntniss nach 
stimmt, spricht er, mit Aristoteles, auch in der Behauptung (Eth. Eud. VII, 
12. 1244, b, 23 ff. 1245, a, 9 -vgl. oben 519, 3) aas, dass das Leben nichts 
anderes sei, als das siM&vmQw xa'i pndpfi^iv, — öote 8ii toCto xa\ £ijv mi poJ- 
Xctai (man wünscht immer zn leben), Sti ßodXETni ä£i vyiuofifiiv. 
1) Eth. End. VII, 15. 1248, a, 21 (wahrscheinlich am Sehtuss des Oan 
i.eri): Wie der Arzt einen bestimmten Gesichtspunkt (3p«;} hat, nach dem er 
bourtheilt, was und in welchem Maass es gesund ist: oCrtu xa'i itj tmouSstbi 
npt Tis KpaEsif xa'i alpivt.it tuv ^üiei piv £f aOSv oilx sjcaivETulv Sa Bfi tivo eTvoi 
8pov xa'i -äfi f£tb>; xoä -rij; ato&rEw; x<x\ cäpt eufifc 7pi;uäru)V *X)f6ou( xa\ Ü:^tt|TOC 
xaltuiv eOW//|[i.äx*iv [1. xotl <pu-[7J;, xai xspl xp)][iiTwv JtXijOo; ii'i öXivdopi u.s.w.). 
Jv pb oüv tote xpinp&v cXcjr.t>i tö o>; & Mym ioUto B' ahfiif piv, oi axiplt St*. 
(8. o. 4BJ, 1.) 3ß 6J) Ätorop xa'i iv Ttfit «XXoi( itpo; tä «px«v 1*5'* xx'i «pof t)]v l?tv 
xara -ri]v eWp-jwav tijv ioÜ ip/uvTo; freei Sk x«l ävflpiuira; ipijalt ouveotiixev JE 
op^ovroj xal äp^ojiE'nou , xal txaarov Sä Stoi rtpbt t))v Sauituv «px4 v tjiv. «&t*l S* 
Scnrj' SXXm; Y«P h top«*) äpx*i *=> äXXu( h &T' E,a i taürr^ 81 tta« Ixslvi)- oütüi 
8' J^tt xbtb t'o. fetopirtixilv. oü -rip jnrcaxTixüf ip^tuv o ftiot, ili' öS Iyexcl <j y po- 
n)oi( liunirrei (Sittov 81 i« o3 fvtxa- Sitipirtai 8' iv aXXon), fati txeraij -p °"6shb4 
äslrai. Ich setze hier nicht blos die Worte Suipitrrai u. h. f., sondern schon die 
vorangehenden in Klammer, and fasse den Zusammenhang so: der Mensch 
soll sich tu seinem Lebeo nach dem richten, was ihn n&tnrgeroHa* beherrscht. 
Dieses ist aber ein doppeltes: die wirkende Kraft, welche sein Handeln be- 
stimmt, and der Zweck, auf den diese hinarbeitet. Jene ist die Vernunft 
oder die Einsicht, dieser liegt in der Sattheit; denn eben nur als der hSchste 
Zweck unserer TbtUigkeit regiert uns die Gottheit, nicht wie ein Herrscher, 
der am seiner selbst willen Befehle giebt, da sie ja unserer Leistungen nicht 
bedarf; und der Zweck ist sie nicht in dem Sinn, in welchem es der Mensch 
Ut, sondern in dem hUhereu, nach welchem sie es auch für den Menschen 
selbst ist (Ueber diese doppelte Bedeutung des oZ Ivexb hatte sich Aristoteles 
in der Schrift von der Philosophie erklärt; die erhaltenen Werke geben' dar- 
über nur einige kurze Andeutungen, aus denen hervorgeht, dass zwischen 
dem unterschieden werden .soll, welchem eine Thatigkeit zu Gate kommt, 
und dem, was ihr letztes Ziel ist; in jenem Sinn ist der Mensch, in diesem 
die Gottheit der Zweck unseres Thuns. Vgl. Phvs. II, 8. 194, a, 86: iofiiv jap 
*<o$ xal fjiitlj tß«- 6'rv£( 7«p tö o5 Imw Elprjtai 6' iv Ttftt iwpY $>iXoaoo(<«. De 
an. II, 4. 415, b, 1 : nivta -fop helwv [toü OeIou] ipifitti, xaulvou Ivex» jcpi-rrsi 
45* 
* 
708 Eudemus. 
Kudemas die tiefste Wurzel aller Sittlichkeit ist, so ist ihre erste 
Erscheinung, und die Einheit, auf welche alle einzelne Tagenden 
zunächst zunickzuführen sind, jene Güte der Gesinnung, welche er 
die Rechtschaffenheit (xaXox&YafiCx) nennt, und welche näher darin 
besteht, dass man das unbedingt Werthvolle, das Schöne und Löb- 
liche, um seiner selbst willen begehrt, in der auf Liebe zum Guten 
beruhenden vollendeten Tugend ')■ Aristoteles hatte diese voll- 
kommene Tugend unter dem Namen der Gerechtigkeit zwar berührt, 
aber nur beiläufig, und wiefern sie sich in der Beziehung des Men- 
schen zu Anderen darstellt *); das eigentliche Band aller Tugen- 
den aber ist ihm die Einsicht "). Indem Eudemus die ihnen allen 
San jcpirwi xati fiSaty. tb 8' o3 tvntt Brrtbv, tb ulv öS tb Bl &. Die tariere 
Stelle seheint Endemus bei der unsrigen im Gedächtnis» au haben, tollten 
auch in ihr die Worts tb 6' oü h. u. s. w., welche eich nachher, Z. 20, wieder 
holen, mit T nun du lknbl- na auszuwerfen sein.) Eudemus fuhrt nun fort: ljtt( 
oSv aTpimt la'i xiijoif tüv ipiioii s-faflSv noiifwi t?|V Toti flioÜ iiiXurta ÖEiupin*, H 
ou>|uith; tj -fnigunian ? ( oüiuv fj töv äXXtuy B^aSSy, aBri) ooiunj xal outo; & Iso; 
x&Xiaroc- tjti( S' Jj Ei' nBciav f| St' ün£ppoXJ)v xuXii« rsv 8ib* Bepaicrisn x«l flsui- 
pBiv, «Bttj St oenAi), eyei Bl toBto (?) -rij 4"Xfi * B ' 1 ' TO ! "l< t"X,1* ° °P°* «f" 1 **» 
ri [1. tb] tjxima >M£vw8w toB öXXou [Fr. richtig: iXoyou] uipou« T^t iux^t Ü 
ToioStov. 
1) Eti. Eud. VII, 15, Auf.: Nachdem Ton den einzelnen Tagenden ge- 
handelt ist, muss auch das Ganze besprochen werden, wae aus ihnen beitebt. 
Diaaee iit die xaXoxa-ffcÜ!». Denn wie enrOesnndheit Wohlbefinden allerTbeilo 
de» Leibee gehört, so in ihr Besita aller Tugenden. Sie ist aber etwa« an- 
dere», ata daa blosse J-jo9bv ifvui. Kali sind nur die Güter, lait 8V «Sri oW 
atpttä (so leae ich nämlich mit Bi-enaei, statt dea unpassenden JtävTB' — vgl- 
Rhet. I, 9 oben 605, 8) fanvni lortv, solcher Art sind aber {vgl. auch 1148, 
b, 86) eben nur die Tagenden, äf a6b; ui» öS» ia'.tv & ti fiiuti i-^M hm kjM 
(h. o. 479, 3 and Etb. N. V, 2. 1120, b, 8), was eben nur da der Fall ist, wo 
*on diesen Gutem (Ehre, Beicbthom, Gesundheit, Glück u. s. w.) der rechte 
Gebrauch gemacht wird) xaVog 3( xäyaSb; tu tüv a-]-oQiÜv t« xstXs ijiip^EV 
aihiü Si' a&tä xal tö itpaxTixbt tfcat tu* xaXüv xa\ i-jtSv ivtxa. Wer tugendhaft 
■ein will, aber nur um jener natürlichen Güter willen, der ist awar ein ifiüb; 
ivJjp, aber die xaXaxäf>9ia fehlt ihm, denn er begehrt daa Schone nicht um 
seiner selbst willen. Bei wem diess dagegen der Fall ist (vor den Worten x» 
(rpoaipoüvrai 1249, a, 8 scheint mir eine kleine Lücke an sein), für den ist 
nicht allein 3aa an sieb Schöne, sondern auch jedes andere Gut ein Schöne), 
weil es bei ihm jenem dien! i .S' oUpavoc tat opstä; fytvt 8dv ftaut ™i frröf 
äfaBfflv xata tö oufißGßijxb; -cä xaXa nportii. fanv oäv xaXoxiyafita öprri) tAmk. 
2) 8. o. 495, S. 
8) S. 492, 1.491,1.2. 
i „Google 
Ethik. 709 
zu Grunde liegende Willensbeschaffenheit und Gesinnung ausdrück- 
lich hervorhebt, ergänzt er eine Lücke der aristotelischen Darstel- 
lung; der Sache nach halte allerdings auch schon Aristoteles in 
seinen Erörterungen über das Wesen der Tugend- 1 ) die gleichen 
Grundsätze ausgesprochen. 
Im Uebrigen unterscheidet sich die eudemische Ethik, so weit 
sie uns erhalten ist, von der aristotelischen, ähnlich wie die Physik, 
nur durch einzelne Umstellungen, Erläuterungen, Verkürzungen, 
durch Aenderungen des Ausdrucks und der Fassung ')■ Eatiemus 
löst zwar die enge Verbindung der Ethik mit der Politik, indem er 
zwischen beide als Drittes die Oekonomik einschiebt 1 ); und er giebt 
in der Ethik den Thätigkeiten des Erkennens und den auf sie bezüg- 
lichen dianoetischen Tugenden eine selbständigere Bedeutung, als 
Aristoteles *); aber auf seine Behandlung der ethischen Fragen hat 
diese Abweichung keinen bemerkbaren Einfluss. Noch unwesent- 
licher ist da» Weitere, was der endemischen Ethik eigen ist *). Da- 
1) Oben 483, 4. 434, 1. 479, 3. 
3) M. Tgl. tum Folgenden Fbitzbchh Etb. Eud. XXIX ff., namentlich 
aber Bbandis, welcher n, b, 1557 ff. III, 240 ff. die Abweichungen der eude- 
mischen Ethik von der nikomachischen zusammenstellt. 
3) Dm er die Oekonomik vielleioht auch selbst bearbeitet hat, und ans 
diese Bearbeitung im ersten Buch der aristotelischen Oekonomik erhalten ist, 
wird später, bei der Besprechung dieser Schrift, gezeigt werden. 
4) 8. o. 136, 6. 603, 3. Dass Eudemus I, 5. 1216, b, 16 die poetischen 
und praktischen Wissenschaften in ihrem Unterschied von den theoretischen 
als xonrtuuck £jtiirrij[j.at lusammenfasst, ist unerheblich. 
5) So siebt Eud..die Einleitung, Eth. N. I, 1, in eine flüchtige Andeutung 
zusammen, und beginnt dafür mit Nik. I, 9. 1099, a, 24 ff.; er hebt I, 2. 1214, 
b, 11 ff. den Unterschied zwischen den Bestandth eilen und den unerlässlicfaen 
Bedingungen der Glückseligkeit (vgl. oben 479, i. 260, 2) ausdrücklich her- 
vor, erweitert I, 6 Nik. I, 3 (zum Theil ans N. VI, 13; s. o. 487, 1) schiebt 
I, 6 methodologische Bemerkungen ein, welche Übrigens mit den aristote- 
lischen Ansichten ganz übereinstimmen, vermehrt a. 8 die Erörterung Aber 
die Idee des Güten aus Nik. I, 4 mit einigen weiteren Bemerkungen, übergeht 
dagegen die Untersuchung Nik. I, 10 — 12 (oben S. 476 ff), nnd verarbeitet 
den wesentlichen Inhalt von Nik. I, 8 f. In das Vorhergehende. In den Erör- 
terungen fiher das Wesen der Tagend II, 1. 1218, o, 31 — 1219, b, 26 ist 
Aristotelisches (Nik. I, 6. X, 6, Anf. I, 11, Auf. I, 13. 1102, b, 2 ff.) frei be- 
arbeitet; enger schliesst sich das Folgende an Nik. I, 13 an. II, 2 folgt Nik. 
II, 1; II, 3 Nik. II, 2. 1104, a, 12 ff. II, 5. 1106, a, 26. II, 8, Anf.; die Ueber- 
sicht der Tugenden und Fehler 1220, b, 36 ff-, die aher spätere Zusitie w- 
Google 
710 Eudamui. 
gegen lässt sich in der oben besprochenen Verknüpfung der Ethik 
mit der Theologie, so sichtbar sie auch auf aristotelische Lehrbe- 
stiitimungen zurückgeht, doch eine gewisse Abweichung von dem 
Geist der aristotelischen Philosophie und eine Annäherung an die 
platonische nicht verkennen *)■ 
halten an haben »cheint (». Frltzbchb e. d. 8t), Nik. n, T; 1231, h, 9 ff. 
stammt ans Nik. IV, 11. 1126,8, 8 ff. Zu Eud. II, 4 vg]. Nik. IT, 2. 1104, b, 
13 ff. c. 4, Auf. Nik. II, 3 (Entstehung der Tugend durch tugendhafte ThStig- 
keit) ist übergangen, Nik. II, 4 (die Tugenden weder Suviusif noch ji&fhj, also 
Rt«) a. a. 0. kaum berührt; dnss jedoch die Tugend nicht bloa f£tf {Eni. II, 
S, Anf. Sohl. c. 10. 1227, b, 8 u. ö.), sondern such SiiSsai; genannt wird (II, 1. 
1218, b, 38. 1220, a, 29), ist "unerheblich. Eud. II, 3 ist im Wesentlichen au> 
Nik. II, 8 genommen. Die Untersuchung Über Freiwilligkeit n. s. w. eröffne! 
Eudemus II, 6 mit einer ihm eigen thütnlichen Einleitung, giebt dann c. 7 — 10 
in freier Aaswahl und Anordnung die Grundgedanken der aristotelischen Aus- 
führung Nik. III, 1— 7 wieder (vgl. BlUHDin 11, b, 1388 ff.), und »chliesst c. 11 
mit der Frage, welche Aristoteles, nicht bat, für deren Beantwortung »bei 
Nik. III, 5. 1112, b, 12 ff. benütat wird, ob die Tugend dem Willen (itpodpant) 
oder der Einsicht (Xä-jo;) die rechte Beschaffenheit verleihe. Eud. entscheide! 
sich für das Erstere, denn bei der Tugend handle es sich vor Allem um den 
Zweck uusers Tb uns und diesen bestimme der Wille; die Einsicht vor Ver- 
derbnis« durch die Begierde zu schützen, sei Sache der äviipixtia, welche swu 
löblich, aljer von der äpttj) zu unterscheiden sei. In der Behandlung der ein- 
zelnen Tugenden folgt Eud. mit unerheblichon Zusätzen nnd Aenderangen 
III, 1 (ävSpcfe) Nik. HI, 8—12; 111, 2 (ouypooTiwj) Nik. III, 13 — 15; wendet 
sich von da (c. 3) zur npaoTiis (Nik. IT, 11), hierauf e. 4 aur &Euflspi«JT>i{ (N.IV, 
1—3), o. 6 zur [utiIo^x!» (N. IV, 7—9), c. 6 zur wAtntfiitu* (N. IV, 4— 6k 
meist unter bedeutender Abkürzung und nur mit wenigen Erweiterungen der 
aristotelischen Darstellung, und bespricht schliesslich c. 7 (vgl, N. IV, 12— IS 
und oben ö. 494 f.) die vejieh«, afäi;, tpiÄia, gejj.uö'ttk (Nik. fehlend), aUfii" 
und äxkixi\i, Eiltpa7tiXfi, welche er, in theilweiser Abweichung von Aristo- 
teles, samtnxlich zwar für löblich, aber nicht für Tugenden im strengen Sinn, 
sondern für u.Eainvrct reaSijv.xat oder puaixai ipexott gehalten wissen will (1233, 
h, 18, 1234, a, 23 ff.), weil sie ohne JtpoaipEun seien. Die piloxuiia (Nik. IV, 
10) übergeht er, und für einige von Arial, anonym gelassene Tugenden (die 
fikia nnd t&ijftiia) hat er hier, nie auch sonst bisweilen — ein Zeichen für 
die "spätere Abfassung seines Werks — feste Namen. Die folgenden drei Bü- 
cher besitzen wir (s. o. 72, 2) nur in der aristotelischen Bearbeitung; das 7te 
giebt c. 1 — 12 den Inhalt der Untersuchung über die Freundschaft (Nik. Vlll. 
IX) grossen chfiils in eigentümlicher Fassung, aber doch so, das« neue Ge- 
danken nur an untergeordneten Paukten, Abweichungen Ton der ariitote- 
lisch™ Lehre nirgends hervortreten, lieber die drei Schlusskapitel diciei 
Buchs (richtiger wohl: B. VIII) ist schofrS. 705 ff. berichtet. 
1) Mit Eudemus ist in dieser Beziehung auch sein Neffe Patiklet (bei 
Ari.toxenu«. Hl 
Gegen diese religiöse Denkweise des Eüdemus stiehl nun der 
Naturalismus nicht wenig ab, durch den seine Mitschüler Aristo- 
xenns und Dicearch sich bekannt gemacht haben. Der Erste von 
diesen *), vor seiner Bekanntschaft mit Aristoteles durch die pytbtt- 
Philop. Pasikrates), welcher gleichfalls ein aristotelischer Schüler genannt 
Wird, zusammenzustellen, falls er wirklich (nach der Glosse zu ArisL Heiaph. 
IL Vir. leott. zu 993, a, 29 und Schul. 589, a, 41. Phit.of. in Metapli, II f. 7 
PMr. ungef. von Kaisern; Forsch. 266, 1; vgl. As b.w. Schul, in Ar. 520, s,-ft 
der offenbar ans Verwechslung A statt x Pasikles beigelegt werden laust) der 
Verfasser von Klein-alpha der aristotelischen Metaphysik ist. H. s. c. 1. 993, 
a, 9: Solttp 70p xal Ta TÜiv vuxtcpiSuv ö|i[iaTa 7tp'os t'o f^TY ' E X £l T ° (""' hv^f* v , 
• oGtni xal ttj; T,\iii{pat <f»X% '" V °Q( n P°5 T ö'^ ip'Jssi favsptirtetta niviui»), and ver- 
gleiche damit Puto Rep. VII, Anf. Im Uebrigen zeigt der Inhalt dieses Buchs 
keine Bemerkens werthe Bigenthiiralicbkeit. 
1) Ueber da« Leben und die Schriften des Aris tosen üb handeln: Haube 
De Aristoieno. Amstord. 1T9S. Müu.i« Fragm. Hist. gr. II, 269 ff. Bei den- 
selben findet man «eine Fragmente. — Ans Tarent gebürtig -(Suis. 'ApitrtcS!;. 
STiPHiaua Btz. De arb. Tapas), wtr er der Sohn des Bpinthams (Dipo. II, 2«. 
Seit. Math. VI, 1 — Aber seinen angeblichen zweiten Namen Messias b*i 
Suis. s. m. Müller S. 269), eines namhaften Musikers (Abu«» H. anim. 11,11. 
8. 34 Jsc). Aosser ihm hatte er nach Suid. den Musiker Lampras (über den 
Mabnh 8. 12, vgl. auch flhth. 1, 41, 3), den Prthagoreer Xeajppbilos (s. Bd. I, ■ 
242, 4), und echlisss lieh den Aristoteles zu Lehrern,' als Schüler des Arist. 
bexeiehnen ihn auch Cic. Tubc. I, 18, 41. Gull. N. A. IV, 1 1, 4. Er selbst 
bezieht sieb Harm. Eiern. S. 30 (s. 1. Abth. 4&3, 1) auf eine mündlisfte Mit- 
teilung desselben, and ebd. S. 31 erz&hlt er, dass Arist. in seinen Vorträgeh 
den Gegenstand und Gang der Untersuchung vorher angegeben habe. Naob- 
Buid. wSjg er einer der angegebensten unter den Schülern des Aristoteles ge- 
wesen, Hftü hjptc sich Halfiiiing .gemacht, sein Nachfolger zu werden; als 
dinfs nicht geschah, habe et 1 »einen, verstorbenen L*hrergeschniüht. Aristosass 
jedoch (s. 0. 8, 2. 9, 2) iKugnet das Letztere entschieden, und viellBiobt gab 
nur die a. a. O. tnitgctheilte, auf einen Andern bezüfpiche, Aeusserung Amissa 
jener BuhH.opittng. Sonst erfahren wir noch, dase Arietojcenro, zunächst, 
BuhH.uptang. 
es^in «InGr 
scheint ei,, in sftkfir Jflgeud, in Msntinca lobte, und das* er mit DioKaroL, 
- befreundet' war (61c. nennt ihn TugA.il, 16, 41 seinen otquolit et ctmcUict- 
'■puitti und ad Att. XIII, 32 erwähnt er eines zu seiner Zeit noch vorbtmdensB 
Briefe Ton Dicäarcb an Aristox.). Auf m Luc im 's Angabe Paraa. So, ar sei 
0A Parasit« des Neleus (des Skepsierai der aber liiefiir fast zu jung iat; s. o. -.. 
80 f. 82, 2) gewesen, sich begebt, wiesen wir nicht] jedenfalls ist daran?' 
nicht EU gehen. Die Lebenszeit des Aristo«., deren Grenzen wir nicht ge- 
nau*, beieichnw kännen, ergiaht sieh in Allgemeinen ans aeinem VsrlsMt- 
J^UtoteSi m Dfcaarck* w«rn (ha Ctbill o. Jul. IS, C Ol 39 setzt, 
r ihn(M*nN» 16) mit dorn viel_lilteren »ein an tischen Dicktet; 
' '■ 
•' £ * Google 
7*2 Aristcenua. 
goreische Schute gegangen, hat sich durch seine Schriften aber 
Musik *) unier allen Musikern des Alterthums den berühmtesten 
Namen erworben a _) ; und was uns von diesen Schriften erhalten ist, 
lässt uns diesen Ruhm wohlliegründet erscheinen; denn wie er durch 
die Vollständigkeit seiner Untersuchungen alle seine Vorgänger 
weit hinter sich zurückliess s ], so zeichnet er sich auch durch ein 
streng methodisches Verfahren *)> durch Genauigkeit der Begriffs- 
bestimmungen, durch gründliche Sachkenntniss in hohem Grad ans. 
Indessen beschäftigte er sich auch mit naturwissenschaftlichen, psy- 
chologischen, moralischen und politischen Fragen s 3, mit Arili- 
melhik*) und mit geschichtlichen Darstellungen T ), von deren Zo- 
richtiger nennt er ihn 206, B jünger, alsMeneriorona der Pyrrhllor (oben 308,1. 
641, 1). 
1) Dm Verzeichnis* der uns bekannten, bei Molleb B. 370, enthält 11 
Werke, min Theil in mehreren Büchern, nicht blos über Musik, Rhythmik 
n. a. w., sondern auch über die muaikaliechen Instrumente. Erhalten sind 
die drei Bücher R. äp|iovixüJy oror^eluiv, ein grösseres Fragment der Schrift s. 
£u6u.k<uv oroix'iujv und andere Bruchstücke (bei Mahhe 8. 130 ff. MCijjs* 
6. 283 ff.). 
2) '0 Moutnxo; ist aein itehender Beiname. Als ente musikalisch« Ank- 
toritit stellt ihg) At.bx. Top. 49, n. den raediciniBkhen und matbematiachti 
Grossen, Hippokrates und Arehimedei, zur Seite. Vgl. auch Plut., oben 
696, 6. Cic. Fin. V,. 19, 00. De orat III, 33, 1S2. Siwpi,. Phys. 19S, e, n. 
Vmm. I, 14. V, 4. 
3) Er seibat macht gerne, and nicht ohne eine gewisse Selbstgefälligkeit, 
aufmerksam darauf, wie viele und wichtige Punkte er iuerat.uuterau.ehe; TgL 
Harm. El. 8. 2. S. 4, D. 5, o. 6, m. 7, u. 85, u. 86, in. 87 u. ö. 
4) Jeder Untersuchung pflegt er Erörterungen Ober daa£iaa^ftt]ageiid* 
Verfahren und eine Uebersj*jit aber 'den Gang derselben vorananschickün« da- 
mit man über den Weg, den man vor |ich habe, und die Stelle deaaelbea, 
auf der man sich befinde, im Klaren sei. Harm. EI. 8. 30 f. 8—8. 43 f. 
5) Ethischen Inhalts acheinen ausser den nu6arropuiaV 
historischen Schriften ifcber die Pythagoreer grossanthef 
ausserdem kennen wir vdpoi icaiScuttacit unA xijioi noXiTtxoa 
aber dte Pythagoreer können sich auch die später anauffihraa£en TTnitiMiiiiii 
gen. über die Seele gefunden haben, da sie sieh ■unSchet au Pytltagoralschef 
anaohliesien. Natttr wissen achaftlich es wird ans den oi!u{uxtb foeMsJMai sa- 
gefahrt ( s. MClt.bk 290 £ 
6) M. s. das Bruchstück aus der Schrift ir. sp[B[U)Tuc^( Stob. EkL 1, 16. 
1) Auster einer Geschichte der Harme» ik (Harm. Ek^B. 2 angsMhrtj, 
einer Schrift über Tregodiendichter nud eine« Aber HötenSfWftiejr Jk#tto er pr. 
«Sp*i vertatst, die, srie es a*Jjei-it, Ton allen «ninhaftej« Y)&tN0m 14» 
ipmalJpBciTEii auch die 
i.iTixocsVjaW oqKchrlftu 
3y Google 
Ittfk. 713 
verlässigkeit uns freilich seine fabelhaften und theilweise offenbar 
aus Verkleinerungssucbt entsprungenen Angaben über Sokrates und 
Plato keinen vortheilhaften Begriff geben '-). 
In den Ansichten des Aristoxenns treten, so weit wir sie 
kennen, zwei Züge hervor: einerseits die Sittenstrenge des Pytha- 
goreers, andererseits der naturwissenschaftliche Empirismus der 
peripatetischen Schule. Ernsten und herben Wesens s ) wusste er 
sich auch als Peripatetiker mit der pythagoreischen Sittenlehre so 
einverstanden, dass er seine eigene Ethik den Männern dieser Schule 
in den Hund legte *). Was er die Pythagoreer zur Empfehlung der 
Frömmigkeit, Massigkeit, Dankbarkeit, Freundestreue, der Ver- 
ehrung gegen die Eltern, des strengen Gehorsams gegen die Gesetze, 
einer sorgfältigen Jagenderziehung sagen liess 5 ), druckt unstreitig, 
während es mit der Grundrichtung der pythagoreischen Ethik über- 
einstimmt, zugleich seine eigene Meinung aus. In ähnlicher Weise 
schliesst er sich an den Pythagoreismus an, wenn er das Glück, 
auf Aristoteles herab handelten, ferner 5tio|j.viJ(ixts laroptxi, woran* Angaben 
Über Plato und über Alexander den Brossen angefahrt werden. Aach in 
seinen andern Schriften fanden sich wohl manche geschichtliche NotUeu. 
1) 8. 1. Abth. S. 43 f. 46, 3. 49, 5. 58 ff. 289, 2 g. E. 813, 3. 316, 1 nnd 
die Ton Luciin Paras. 36 ana ihm angeführte Behauptung Über Plato'» aiei- 
lischa Keiisn. 
2) Im Uebrigen kann da* Lob der Gelehrsamkeit, weichet ihm Ci*. Tunc. 
I, 18, 41. Ökll. IT, 11, 4. Htehom. Hist. eocl. Praef- aollen, ebenso begründet 
■ein, ab da», welches Cic. ad At.t. VIII, 4 »einer nnd DlcJUrch's Darstellung 
ertheilt. 
3) Dies« wird ihm wenigsten* nachgesagt: AfJLUM V. H. Till, 13 nennt 
ibn tm ■jikam ävk nfiecot «Xf|Hii(, Ai>r*bt b. Phokl. in Tim. 192, A sagt too 
ihm: oü jt&vu t'd sTBo; ävj]p ii£Tvo$ |ioujiib(, aXX' Siros «* BdEfl ti xouv'ov lifui 
ittfpanwbt. 
4) Das» nSmlicb die pythagoreischen Sprüche und Erörterungen, wie die 
»ogloich ansnfflhrende im Leben de» Arcbvta», von ihm seihst componirt, 
oder »oweit et sie älterer Ueberlieferang entnommen hatte, wenigstens durch- 
aus gebilligt waren, müssen wir annehmen. 
5) M. Tgl. in dieser Betlebung, ausser dem Bd. I, 386 f. Angeführten, 
anch da» Bruchstück bei Stob. Floril. X, 67 (hei Mülles a. a. 0. Fr. IT) über 
die Begierde, künstliche, natürliche nnd verfehlte Begierden, nnd den von 
Atbbs. XII, 546, a ff. mltgetbeilten Abschnitt ans dem Leben des ArohyUa 
(Fr. 16), von welchem er uns leider nur die erste Hälfte, die Hede des Poly 
nrch für die Lust, gegeben, ihre Widerlegung durch Arofayta», welche sicher 
nicht fehlte, verschwiegen hat 
i „Google 
714 ArUtox«r.ns. 
noch einen Schritt ober Endeinus l ~) hinausgehend, theils auf nalnr- 
liche Begabung, theils auf göttliche Eingebung zurückfuhrt *). Auch 
in seiner Ansicht Aber die Musik machen sich diese Gesichtspunkte 
geltend. Er schreibt der Musik, wie diess nach pythagoreischem 
Vorgang auch Aristoteles gethan hatte, theils eine sittlich erzie- 
hende *), theils eine reinigende Wirkung zu, welche sich in der 
Besänftigung der Gemfithsbewegungen nnd der Heilung krankhafter 
GemnthsEUBtfinde äussert *), Muss er aber schon in dieser Hinsicht 
darauf dringen, dass der Musik ihre ursprüngliche Wurde und 
Strenge gewahrt bleibe, so fordert das Gleiche, seiner Ansicht nach, 
auch die Rücksicht auf ihren künstlerischen Charakter; und so 
1) 8. o. TOS f. 
2) Fr. 21 bei Stob. EU. I, 216 (aus den xu6. iroxpise« ) : n«p\ 61 t»x<1( w*' 
ifxmw efw uevtoi (Witt. conj. (iA ti) xat 6ai|ii»io» uipoj airijf, fsvlaO« T*P 
In'.iritit&v tivs Tropa tou 6aiuD»(ou tüv ävflpiumi™ (Vidi; iiil xo (S&tiov ^ Im x'o ;?.- 
poii, xcü s7*ai ^*npüi( xter* etoYo ToSro toii; jiiv tuTDxßf tquj St äT"X/it, wie "an 
diess daran seheo könne, daaa die Einen ohne Besinnung einen gunsligen ■ 
Erfolg erreichen, die Andern mit aUer Usberlegnog ihn verfehlen, ifvai El xsl 
ttipov tüx.I» EIS04, x«B' & ot UfV ti?»fl; xat tüqno^ot, ot St äf wffc Tt x«t Iviviin 
f^ovTif suoiv ßXao-coitv n. s. w. 
3) Stbibo 1, 2, S. 9. 16 f.: Nicht am der J/vfa.-tv,yl.(t , sondern nm du 
atlifpovtafibt willen wird die Dichtkunst als Erziehungsmittel verwendet; selbst 
die Musiker [«TajtoioDvT«! xij( äpcrijt miT)]C' iritSeuTtn/A yap eTvoi ipaai ist ira- 
vopOüJtixo! tüv ^Btäv, wie dies» mit den Fytbagoreern auch Arjsloxetms «igt 
Vgl. Fr. IT, a (Stob. Floril, V, 70 aus den xuO. ir.o?.); die wahre ipcAoxsil" 
beliebe eich nicht aaf den auaserliahen Schmnck des Lebens, sondern aie 
bestehe in der Liebe an den xaü efli; £im;8EÜ|A«T<x and üiiotjjj««. Harm. GL 
Sl, n.i *i [iW TOiaifri] [[loumxr,] ßMxtti tä ijvi}, f] St TOtaiJTt] w<ptlä — nur dürfe 
man detshalb an die Harmonik, welche ja nicht dae Game der musik alischtn 
Wissenschaft sei, nicht den Anspruch machen, daso sie moraliioh bessern. 
Auf die sittliche Wirkung der Musik bezieht eich, «g-tArist. bei Plut. Uns. 
(i. 17. USÖ, e gegen Plato's Bevorzugung der dorisclrtt^ronart bemerkt. Auch 
wm Ousibbs b. Paosu in Tim. 27, C ans Arietoxenris anfuhrt, gehört hiebu. 
i) Marc. Catella IX, 928 (Fi. 24) : Nach Aristoi. und den Pythagowern 
Mast Biet die ferocia animi dureli Musik beaAnftigen. Cbimkb Aneod. Paris. 
I, 172: die Pvthagoreer bedienten aich nach Ariatoz. zur Reinigung dee Leibes 
der farpixri, zur Reinigung der Seele der [louoixij. Pi.ut. Mus. c.43,6. 8. 1146, f.: 
AriaL sagte, iicörcoQai [iouonti|V (tu Trinkgelagen] xaf eoov o jiev olva; ayülin 
xifuxx Twv Ö6r,v aitfii xjn-i<ja(i£™v ™ ti »ei[i.aTa xa't Tai Stavoiat. ^ Sl uouatxi) xäj 
irsp\ «&ri)v taSsi tt xai auiifiirpia st; tt,v svswitan xatiiiuaiv htm xt xai xpaoW 
Ariatox. selbst soll naoli Apollob. Mirab. c 49, weloher aich hiefür auf Tbao- 
phrast beruft, einen Geiateakranken durch Musik geheilt haben. 
Mnsik. 7« 
hören wir ihn dann lant Aber die Verweichlichung nnd die Itnrbarei 
klagen, welche in der Musik seiner Zeit die frühere klassische Kunst 
verdrangt habe *)■ Nichtsdestoweniger tritt Aristoxenus seinen 
pythagoreischen Vorgängern als Begründer einer Schule gegenüber, 
deren Gegensatz gegen die ihrige bis in die letzten Zeilen des 
Alterthums fortdauert *). Was er ihnen vorwirft, ist nicht Mos die 
Unvollständigkeil, mit der sie ihren Gegenstand behandelt haben *}, 
sondern auch die Willkührlichkeit ihres Verfahrens; denn statt den 
Erscheinungen nachzugehen, haben sie, wie er glaubt, gewisse 
apriorische Bestimmungen den Erscheinungen' aufgedrungen. Er 
seinerseits verlangt zwar, im Gegensatz gegen einen unwissen- 
schaftlichen Empirismus, gleichfalls Beweise und Gründe; -aber er 
will von dem Gegebenen ausgeben und nur auf dieser Grundlage 
das Wesen und die Ursachen dessen aufsuchen, worüber uns die 
Wahrnehmung unterrichtet hat *} ; und um seine Wissenschaft un- 
1) TaBKiar. Or. XXXIII, Auf. 8. 864: ' Apren»!;, S fiouoixbi Or>vo(i&j;v jfoj; 
xj]v |isu9txj)v JXiipÖTO ävadpewtfvaii, sJnJt Tt ör>-a7:Sv ti ivSpixuTtpa twv xpouuäTiov, 
»ii ml; p.a6i)T(fIt JxxcXciIdiv tqQ |wA6oxeu ätptiiiAouC (pillpfflv tb aiijivwitbv iv -.itl', 
[x&sstv, woran sofort als Beleg eine Aenssornng gegen die Thcatormnsik 
seiner Zeit geknüpft wird. Er selbst sagt Fr. 90 (hei Athbh. XIV, 682, s): 
wie die Bewohner des italischen Posidonla, früher Grieehen, jetit Tyrrlieoer 
oder Römer geworden, jedes Jahr noch ein hellenisohes Fest der Trsuar dar- 
über widmen, das» sie Barbaren geworden seien: oSra) 8-)] o5v, an)ot, xai )j]M?;, 
Ir.uSri irii ta Be'atpa hßctpßzputai um eE; [isysXijv Bxatpflopiv TcposXt[Xt)6cv i| sävSi}- 
[LOt bGti) juu«ixj], xb8' airoij; -fEvifuvoi ilffoi ivnjii|ivi]TOä|ie8a oTa t(v (| iiouairnj. 
Vgl. auch Harm. El. 33, m, und die Aeneserungen bei Plot. qu. conv. VII, 6, 
I, 4. fi. 711, C, wo Aristox. die Gegner ävavSpoi xot BtottflpwiiiUvoi ta Ära 8V 
ijioudiav xoA iicsipüxaXtav nennt. De Mas. c. 81. 8. 1142, wo er von einem 
seiner Zeitgenossen erzählt, wie schlecht ihm die Nachgiebigkeit gegen den 
Zeitgeschmack bekam. 
8) M. vgl. über diesen Qegensats der Pythagorear oder Hsrmoniker nnd 
der Aristoxenianer, zwischen denen Ptolemäns vermitteln will: Bojesek De 
Hannos; scientta Graec. (Hafn. 1833) 8. 19 ff. und die von ihm Angeführten: 
Ftoi.swXus Harm. I (o. 3. 9. 13 u. 8.) Forn-um. in Ptol. Harm. (Wallis. Opp. 
III) 188. 2Ü7. 208 f.; Cäsak Grands, der Bhjthmik 22 f. 
8) 8.0.718,8. 
t) Harm. EL 03: footxip f «o äij tivoe <pa[üv J)|tti( "rijV (ptuy^v x!vt|Otv xtvfioSat, 
xn'i oijr lü; tvr/£ Siäim]jJO TiBfrat. xal TOihuv örcoSlfgitt neiptöiuSa Itfymv ijieAO- 
YOuiiivot toTc «aivo;iivois , du xafläiCEp dl tp.npotj6av , oE [ih ilXoTpioÄofouvtti xa\ 
tJ)v |tcv s1o9i)an ekxXivovw; , m; oäaay <nlx ixpiflij, *oj)Tiu; 6s xcTKEtxnxSx^ovTiE; «rriai;, 
xsl fiaxavni Xdrout ti w«c öpiBjuSv iTmi xoit ta/i] xp'05 öÜkXijXa, Iv ol; -cd n <i£ü 
OÜ 1 
716 Ari.toxen.s. 
abhängig auf ihre eigenen Füsse zu stellen, enthält er sieh gninu- 
satilich aller der Untersuchungen, welche von einer andern entlehnt 
wären: die Theorie der Musik soll sich auf ihr eigentümliches 
Gebiet beschränken, aber dieses vollständig erschöpfen 0. Genauer 
können wir auf die musikalischen Lehren des Aristoxenus hier nicht 
eingehen, und nur über ihre allgemeinsten Grundlagen zur Be- 
zeichnung ihrer Richtung Einiges beibringen *). 
xa'i jäapi -[i<ina:, nivtuv iWioTpiMTÖrccut M-fo«; U^OTOf xa\ «V*vtüütA™>4 iS( 
f aivojuvoi;' oi 8t iutoOiaH'UJovTEj Ixuot« bviu aWa; n't BitaSp'^idf, oäBi aÜTi ti 
ip*tviSu«a xcO.»>( ^i)p[B[i7]i.iitE;. Jjjidi S\ ipjri; n jrsipiip^ßa Xaßttv paivojitva; tii- 
Oi( ttfi( ('[j.TtJipoif [iouonf|; xa'i Ta Ix toljiiuy aup.ßai'vovTa änoStixuIvai äwrfEtai 
5' Jj npaffiBTEia sie Buo- e"( TS ri)v äxoJjv xa> st; ttjv Biivoiav. tt] u.ev -j-ip axojj xpi- 
vo|irv ta TÜV SrooTT][*ii(iiv |i£fETS], Tj( äi BiaWa BiuipoS^uv t!( TOiJrwV 5uvi|i;i(. 
Mit der Mosik torhalle ea sich nicht, wie mit der Geometrie. Diese tiäunc 
die Beobachtung entbehren; rö 6e p-Qumxiü ayEÜöv earw iffjii E^ounn T«£tv $ 
TiJ( a!o9TJ(j£(d4 axpißtii. ■ 8. 36, u.: ex Etio fip ^oiitiov Sj t5J{ |*ouoixiJ4 <ni»Eof( lotn, 
oMiJaeut ti xal pi[ju)(. 8. 43, tL: dreierlei ist nöthig: richtige Auffassung der 
Erscheinungen, richtige Anordnung derielben, richtige Schlüsse aus denssl- 
bon. Di« mm Theil unbilligen Urtheile Späterer, eines Pror.EwIus (Kann. I, 
3, 13), Poki'utr (in Ptol. Harm., Wallis. Opp. III, 211), Bobthics (De Mm. 
1417. 1473. 1476) Aber dieses Verfahren des Aristo*. ■. m. bei Mause 8. 167 ff. 
Bkamus III, 380 f. 
1) Harm, EL 44: die Harmonik mnss mit solchem anfangen, was durch 
die Wahrnehmung unmittelbar bestätigt wird. ^aOdlou Sc ii tiTi asyuiOai xapa- 
■CTjpTfiiav, EnbK pi** iE; riii Smpopiav ä|iit!*wifuv, äjto tivo; ^«fc ij xpnjotoi; öspoc 
ap^duOToi, («fr' a! xapcrmiTe; Ivtb; (nach innen von den Grenzen unserer Wis- 
senschaft abbiegend, ihren Umfang verengernd) ftoUä tüv oixEiiuv äxoXiuxi- 
vtojuv. Wirklich laset sich Aristo*, auf die physikalische Untersuchung Aber 
die Natur des Tons nicht ein. S. folg. Anm. Vgl. auch S. 1, n. 8, o. 
2) Dasjenige, wovon Aristo*, für seine Harmonik ausgeht, ist die mensch- 
liche Stimme (vgl. hierüber auch Harm. £1. 19, u. 20, n. and Ceasoam o. 1!: 
nach Aristox. bestehe die Musik in voce et corporit motu — dag« sie jedoch 
btoa hierin bestehe und keinen tieferen Gehalt habe, darf man hieraus cm 
so weniger schllessen, da es dam 8. 714, 3 Angefahrten widersprechen würfe, 
und da Qensorin s. a. O. auch von Sokratea sagt: die Musik sei nach ihm 
in rose tantitmmodo). Diese hat sweierlei Bewegung: beim Sprechen nnd beim 
Singen. Beim Sprechen bewegt sie sich stetig, beim Singen in Zwischen- 
räumen (x(vj|üi; «ruvEvjt nnd Siaroipcraxi;), d. h. dort rindet ein fortwährender 
Wechsel der Tonhöhe statt, hier wird jeder Ton eine Zeit lang anf der glei- 
chen Hohe gehalten (a. a. O. S. 2. 8). Ob aber der Ton an sich eine Bewe- 
gung sei, oder nicht, diesi, sagt Arist. (S. 9. 12), wolle er nicht unters neben: 
er nenne einmal einen Ton ruhend, so lange er Beine Hohe nicht andere, mSge 
diess nun an sich ein wirkliches Bähen oder nnr Qleiehmttssigkeit der Be- 
Musik; Beeleniebre, 717 
Als eine Harmonie, um) näher als die Harmonie des Leibes, 
hatte Aristoxenus auch die Seele bezeichnet: die Seelenthätigkeiten 
sollten aas den zusammentreffenden Bewegungen der körperlichen 
Organe als ihr gemeinsames Erzeugniss hervorgehen, eine Störung- 
in einem dieser Theile, welche denEinklang ihrer Bewegungen auf- 
hebt, sollte das Erlöschen des Bewusstseins , den Tod, herbeifüh- 
ren '). Er folgte hierin nur einer Ansicht, welche schon vor ihm, 
wegung (SpaXdnjf xtvjjo»o>4 J) -raÜTOTijt) »ein; ebensowenig wolle er auf die 
Frage eingehen, ob die Stimme wirklich genau auf der gleichen Hohe ver- 
weilen könne: genug, dass uns diese so erscheine. sjiXSJ; vi», 8tov «v outiu 
xiviJTai f] tpiiivf), öjote (j.7|Sa(j.oü äoxfiv TjiitiBai tj] äxoij, ouvexI liyoiwv Taiitigv tJjv 
xi«]oiv, Stov 61 oriSval nou i6^«aa efr« niltv BiapalvEiv Tivi töiiov f avij, xel toOto 
irotojaaaa iciÄiv if 1 hdpa-i ilmnif (Tonhöhe) or^at WEij, xaü tqSto (wXXäE ijoieiv 
eatvou/vij auvr/.öi? Üi«tiX>5, fica9TQjunixJ)v tJjv Totaiingv xlwjar* Xfyojuv. Hiernach 
wird nun, in einer tadelnswertheu Zirkelde&nition, die heitaatt tpwvijf als Be- 
wegung der Stimme von der Tiefe zur Höhe, die ävtoit ^oivifc als ihre Be- 
wegung von der Habe zar Tiefe, die j£ita]< nmgekebrt wird durch die Worte: 
Tb ytvi[itvov 8ii Tjj; IntTiatuij, die ßapOtq; durch: tb y!vi|itvov fiiit t^( ivfasw« 
definirt (8. 10). Kb wird ferner die kleine 8£w« ('/, Ton) ale der kleinste wahr- 
nehmbare and darstellbare Tonuntersoiied bezeichnet (S. 13 f.), wogegen der 
grösete, welcher sich durch die menschliche Stimme oder dnroh -ein einziges 
Instrument darstellen laset, das Sit ni+ts xal 81s Sii naoöv (2 Oktaven und eine 
Quinte) sein eoll (8. 20); es werden die Begriffe des Tons und des Intervalls 
bestimmt (8. 16 f.), die Unterschiede der Tonivsteme angegeben (8. 17 f.), 
unter denen das diatonische das ursprünglichste »ein soll, das chromatische 
das nächste, das enharmon lache das letzte, an welches sich das Gebor nur 
mit Mühe gewöhne (8. 19) u. s. w. Wir können den Qang dieser Untersu- 
chung hier nicht weiter verfolgen. Dass Aristo*, {auch Harm. S. 24. 46 f.) 
den Umfang der Quarte auf 2'j a , der Quinte auf 37,, der Oktave auf 6 Töne 
bestimmte, wahrend dieser Umfang etwas kleiner ist (weil nämlich die Halb- 
töne der Quarte und Quinte nicht voll sind), wird ihm von Ptoleu. Harm. I, 
10. Bobth. De Uns. 1417. Cbksoris .Di. nat. 10, 7 vorgerückt Vgl. aneb 
Pldt. an. proer. c. 17. 8. 1020 f. (wo aber die öpjiovixol die sonst *s-f«wixVi oder 
(Aouatxoi genannten Aristoxeneer sind). 
1) Cic Tuse. 1, 10, 20: Aristo». ipsius corporis mtentiontm (tdvof, 
Stimmung) guandam [animam dixil] ; velut in cantu et ßdü/us quatt harmonia 
dictiur, sie ex corporis totius natura et ßgura varios motu* citri, tamquam in 
cantu tottot. Vgl. c. IS, 41, wo dagegen eingewendet wird: membrorttm vero 
tiitui et ßgura corporis vacans omimo quam possit harmonian tjftcert, tum video. 
c. 22, 51 : Dicaearckua quid&fi et Aristox. .... mdlum omnino ultimum esse di- 
xerunt. Lautamt. Instit VII, 13 (wahrscheinlich auch nach Cicero): quid Art- 
stoxenus, qui negotii omnino ullom esse animam, etiata Cum titvit in iioi-porel 
sondern wie ans der Spannung der Saiten die Harmonie sieb erzeuge, ita »i 
Google 
716 D)o»»rehn*. 
wahrscheinlich von Mitgliedern der pythagoreischen Schule, vor- 
getragen wurde ')■ Seinem Empirismus mochte sie sich um so mehr 
empfehlen, da sich ihm in ihr eine Erklärung des Seelenlebens dar- 
bot, wie sie dein Musiker zunächst lag: wie er sich als Musiker an 
die Erscheinungen hält, so hält er sich auch in der Betrachtung des 
Seelenlebens an seine Erscheinung im körperlichen, und wie er dort 
aus dem Zusammentreffen der einzelnen Töne die Harmonie ent- 
stehen siebt, so soll auch die Seele aus dem Znsammentreffen der 
körperlichen Bewegungen entspringen. 
Mit Aristoxenns wird sein Freund und Mitschüler*) Dicäir- 
chus aus Messene 3 ) wegen seiner Ansichten über des Wesen der 
corporüiut ex tosipage viicervm ac rigor« membrontn oim lentiendi Keulen. 
Pen. Opif. D. c. 16: Arittms. diiqit, mentem cmmmo nuiiatn es«, ttd quaa 
harmoniom inßdilua ex cowtructione corporis et eompogibtu vUeerum «im ««- 
lUndi exiliere .... icüicet vi trngvlarum corporis partium firma eonjimetio b» 
brorumque omniutn conteniieni in unum vigor oiofunt Hlum teniibileni fand 
animumqtte concinntt, staut nervi bette i 
infidibtit, cum aliiptÄd out interrttptum 
turbatwr Kt tolvitur, ita in corpore, cum r ,.— 
deilrui wisverta, corrupliique oiitnibut et turbatU oetidere l 
1) 8. Bd. I, 823. Vielleicht hatte auch Ariatox. diese Ansicht in seinen 
Schriften über die Pythagoreer misdergelegt. Wm er dagegen bei Jahu- 
Theo]. Aritbm. S. 41 aber die Hetempsyohoaen den Pythagoras sagt, bewaht 
nicht, da** er leibst eine Seelenwanderung annahm. 
9) Hierüber a. in. Cic. Tuac. I, 18 ad Att. XIII, 32 (oben 711, 1). 
8) Nach Bdid. a. d. W. Sohn des Phidiss, aus dem sieilisehen Messene ge- 
bürtig, Schüler dea Aristoteles, Philosoph, Rbetor und Qeometer. Als Man- 
nier und ala Schüler des AiUtotelea wird er öfters bezeichnet (Cic. Legg. W> 
b, 14. Athen. XI, 460, f. XV, 668, b u. A.}; wesahalb ihn Taiwianu* njii*r 
den Verllntudern des Aristotelet auffahrt (s. o. 86, 2), lüsst sieh schwer laga; 
denn der Umstand {an den Mülls i Fragtn. HisL gr. II, 226 f. erinnert), d»w er 
dem praktischen Leben grösseren Werth beilegte, ala jener (•■ u.), hat so wenig, 
«Ja seine (von Oei.su 8. 46 bieher gezogene) Abweichung von der aristote- 
lischen Seelen lehre , mit den persönlichen Vorwürfen, nm die es sich bei Tli»- 
miat. liandelt, etwas in schaffen. Vielleicht hat aber Themist. oder sein Ab- 
schreiber einen falschen Namen: man könnte an Demochare» denken. Soasi 
wissen wir ron ibm-niir noch, dass er im Peloponnes lebte (Cic ad Att. VI, !)> 
und dus er im Auftrag msnedon isolier Könige Berghütten tnaass (Pui. H. nit 
II, 65, 1GB), wie er dies« auch im Peloponnea that (Suio. nennt von ihm ism- 
psTpijnic t&v jv IIe?.ojtijvv7Joui üpüv]. Seine Gelehrsamkeit rühmen Plib. b. s. 0. 
Oto. a. a. O. ad Att, II, t u. o, V*bbo De ß. It. I, 1 (§. 11Duj> a. a. O. *«)■ 
Soelenlebre. 719 
Seele zusammengestellt '), mit dem er sich, wie es scheint, noch 
ausdrücklicher und eingehender beschäftigt hatte, als jener')- Auch 
seiner Ansicht nach ist nämlich die Seele nicht ein für sich und 
unabhängig vom tförper bestehendes Wesen, sondern nur das Er- 
gebnis aus der Mischung der körperlichen Stoffe, nur diese be- 
stimmte harmonische Verbindung der vier Elemente zu einem leben- 
digen Leibe; sie ist daher in ihrem Dasein an den Körper gebunden 
und durch alle seine Theile verbreitet 3 ~). Dbss er von hier aus den 
Sein Gebart«- and Todesjahr iHsst sich nicht genauer bestimmen. lieber »ein 
Leben and seine Schriften vgl. m. Osasx Beitr. II, 1 — 119. Fuhr Dicaearchi 
Messen, qnae sapersunt. Darmst. 1841. Möi.lkh Fragm. Hist. gr. II, 225 ff. 
Ich citire die Fragmente zunächst nsoh dem Letsteren. 
1) Cia Tum. I, 18, 41. 22, 51. 
2) Wir kennen von ihm durch CiL. od Att.XIII,32.Tusi;.I, 10,21. 31,77. 
Pi.lt. adr. Cul. 14, 2. S. 1116 zwei Werke Ober die Seele, Gespräshe, von 
welchen das eine nach Koriuth, das andere nach Leabos verlegt war. Ob mit 
dem einen oder dem andern von diesen (Osinn 40 f. vermuthet, dem Kopwfliaxet) 
die Schrift De iateritn hominnm (Cic. Off. II, 5, 16. ConsoL IX, 361 Rip.) iden- 
tisch war, mnss dahingestellt bleiben j mir ist es nicht wahre cheinl iah. 
3) Cio. Tubc I, 10, 21: Die. läaut einen gewissen Pberekrates anseinan- 
dersetien , nihü ette omnina animum et hoc ette nomen tutum \nane . . . negtte in 
komint ineiK aninium vei animam nee in bestia; vimque omnem eam, qua vd 
agamut quid vei tenliamm (die xfvijtris nnd aToflfjoij hatte schon Aaur. De MI. 
I, 2. 408, b, 26 als die unterscheid enden Merkmale dea fyjfir/ay beseickmat), in 
omnünu eorporiius vinii aequabiliiar eieefiuan, nee teparabiUm a corpore tut, 
quippe qua» intBa lil (vgl. 11, 24: nihü omnina animum dicat eise), nee iü quid- 
qttam niti corpus umim et rimplec {der Leib allein), ila figtiratum ut lempera- 
tUme naturae vigeat et tentiat. Ebd. IS, 41 : (Die.) tu condoiuiite quidem unquam 
videtnr, qui onimum te habere non tentiat. 22, 61 (s. o. 717, 1). Aoad. IV, 39, 
124. Sbxt.; er lehre, |ii| elveu ttjv •^f/i v (Pfrrh. IL 81), gujSkv tfcai «ärijv irapi tb 
nüf fyov aSyia (Math. VII, 346). Attiku« b. Eis. praep. ev. XV, 9, 5: ivijpijxi. 
ii]v SJ.7jv Suicrao-iv Tffi &u-/tj4. JssiBt.. b. Stob. EkL I, 970: die Seele sei nach 
ihm tb tjJ füau eu|i[«|»Lf pf*M, f[ to toE oiÄjiaytot 5v, üarap t'o lft^u-(Üiisiixf inhij 81 
jii) sap hi tfj (|iuj»ji Sanip uTta^ov (i). Simw.. Kateg. Schol. in Ar. 68, a, 28: iix. . . 
tb plv Jijiov ouvr)(t&pii eÜvoci*, -rilv St steht tnrtol) $u}(j)v ävjjpii. Neues, Nat, bom.. 
8. 68: Auwiapfcos Bt [ti)v li»*.*!" Wf**] «rr**"™ T " y ^«roiptuv «oi^iiiuv {so auch 
Pinx. pUc. IV, 2, 5. Stob. EkL I, 796. Huhu« Irria. phil. 8. 402), was so 
viel sei als: xpäaij xel aujupidvia tüv o-w/eiii». Denn nicht dia musikalische 
Harmonie sei damit gemeint, sondern die harmonische Mischung des Warmen, 
Kalten, Feuchten nnd Trockenen im Körper. Er halte somit die Seele für dvoii- 
ante, (was aber nicht stoffioa, wie Osaka S. 48 übersät«, sondern „nicht-sub- 
stantiell" heisst). Unklar ist Tehtui.i.. De an. e. 16 (wir kommen bei Strato, 
auf diese Stelle zurück). i 
i „Google 
790 Diolarobna. 
Unsterbiicnfceitsglauben lebhaft bestreitet *), werden wir nur folge- 
richtig finden können; auffallender ist die Angabe, er habe eine 
Weissagung durch Träume und im Zustand der Entzückung ange- 
nommen *); indessen hat er dieselbe ohne Zweifel, nach aristote- 
lischem Vorgang *), durch eine natürliche Erklärung mit seinen 
Annahmen über die Seele zu vereinigen gewusst *). Dass er kein 
Freund der Wahrsagerei und der priesterlichen Wahrsagerkünste 
war, Ifisst sich auch aus den Bruchstücken seiner Schrift über die 
Höhle des Tropbonius 6 ) vennulhen. 
Mit Dicäarcb's Ansicht über die Seele steht auch die Behaup- 
tung in Verbindung , dass das praktische Leben vor dem theoreti- 
schen den Vorzug verdiene 6 ) : wer sich die Seele durchaus an den 
Leib gebunden dachte, der konnte der Denkth&tigkeit, in welcher 
sie sich von allem Aeusseren zurücksieht, um sich in sich selbst m 
vertiefen, nicht den gleichen Werth beilegen, wie diess Philo und 
Aristoteles, von ihrem Begriff des Geistes aus, gethan halten. 
Ebenso aber auch umgekehrt: wer die höchste Thätigkeit der Seele 
nur in der praktischen Gestallung der Aussenwelt zu finden wusste, 
der musste um so eher geneigt sein, sie auch ihrer Natur nach sieb 
von den körperlichen Organen nicht getrennt, als die ihnen inwoh- 
nende wirksame Kraft zu denken. Aber wie diese Seelenkraft den 
ganzen Körper durchdringen soll, so verlangt Dicäarch auch, dis* 
1) Cic. TtiBc. I, Sl, 77. Laltiht. tnttit. Vit, IS. Vgl. folg. Anrn. 
1) Flut, pliic. V, 1, 4: 'ApiTtoTÖ-Tif xeit Au. to ut' foOouautOLtbv [ycVoc juw- 
iaffi] tiävov nipiifiyouai *ai roiij jvn'poj«, iBivirov jih sh<u ei vojJEwnt rijv +u- 
X>[v, Öeiou !e rivs; jmt^iiv «imjv. Daanolbe Cic. Dirtn. 1, S, 5. 50, 1 1 3. Vgl. «M. 
11,61, 10: mapnui DicaeareM über eit, neicire ea [ptac Ventura lint] meKiw swe, 
S) Tgl. 8. 424, 8. 626, 3. 
4) Das« die Seele (Paeadop)nt, s. vorl. Anm.) «in QOtÜiohei in sieb tngvn 
■bll, würde dem nicht unbedingt im Wege stehet!, ein solches erkennt ja seltni 
ein Demokrit an (s. 1. Anth.JiSl, 6. 7). Indessen fragt ea sich, ob die Plaoita 
ein Recht haben, Dicäareb. in dieser Aussage mit Aristoteles iueammeniuf>ui£CT- 
Keinenfalis wird ihm aber angeschrieben werden' können, waa Cic. Dirin. I, 
00, HB Ober die Ablösung der Seele vom Körper im Schlaf und in der Ent- 
zückung sagt, wie denn mich Cicfro Die. hiefllr nicht nennt 
5) Fr. 71 f. b. Athen. XIV, 641, e. XIII, 594, e Tgl. Oaam 8. 107 C 
6) Cic. ad. Att. II, 16: quoniam tanta controMriia ett Dieaeoreho, famiHari 
tuo, cum TheophrtMo, amico meo, ut üh tiau tbv TtpaxTutöv ߣov Itmge — Mm 
autem tbv Bicdp7]tixdv. Vgl. ebd. TU, B. 
i „Google 
Ethik und Politik. 721 
sich die sittliche Kraft in dem ganzen Leben des Menschen zur Er- 
scheinung bringe: nicht die Lehrvorträge machen den Philosophen, 
nicht die Volks reden und die Amtsgeschäfte den Staatsmann, son- 
dern ein Philosoph ist, wer in allen Lagen und Thätigkeiten Philo- 
sophie treibt, ein Staatsmann, wer sein ganzes Leben dem Dienst 
seines Volks widmet *). 
Bei dieser Richtung aufs Praktische mussten natürlich politische 
Untersuchungen für Dicäarch einen besonderen Reiz haben; und so 
hören wir denn nicht blos im Allgemeinen, dass er sich mit diesem 
Gegenstand beschäftigt habe 1 !), sondern es werden auch Darstellungen 
hellenischer Verfassungen von ihm erwähnt s ); namentlich wissen 
wir aber, dass er in seinem » Tripoütikus« , an Aristotelisches an- 
knüpfend *) , eine Mischung der drei reinen Verfassungsformen 
[Demokratie, Aristokratie und Monarchie) als die beste Verfassung 
vorschlug, und eben diese Staatsform in Sparta aufzeigte 6 ). Sonst 
1) Dies* der Grundgedanke der Erörterung bei Plüt. an. geni s. ger, reap. 
c, 26. 8. 796, von der wir freilich nur vermuthen kennen, dass iie sich an Di- 
cäarch ihrem ganzen Inhalt nach nnd nicht blos in dem Satz anschliesee: xat 
fip toStf i* tat; otosIs avaxaji.i:TovTaj jttpintrrfiv yaotv, tü( iktft Autaiapvoc , odiofii 
3£ toÜ( tl; iypbv Jj ^üov ßaäijovia;. Dieaei Satz selbst soll dann einen Tadel an 
einem Beispiel anschaulich machen: „wie man nnter TtspiTta-nftv nur ein solches 
Gehen au verstehen pflegt, bei welchem die Absicht, sich Bewegung an machen, 
unmittelbar Torliegt, so nennt man auch ^[Äoao^fiv und iroXiTtiJseflai gewöhnlich 
nur die Th&tigkeiten, welche diesem Zweck ausdrücklich and unmittelbar die- 
nen, das Eine ist aber so unrichtig, wie das Andere." 
S) Cio. Legg. III, ö, 14. 
3) Cic. ad Att. II, 2 (wozu Osasb S. 13 ff. z. vgl.) nennt von ihm Politieen 
der Pellen&er, Korinthier und Athener, doch wohl Theile einer umfassenderen 
Geschichte der Staats Verfassungen, wenn nicht des Blo( 'EUoSot (s. u.), Srjw. 
sagt, seine isl™ InapTiaTÜv (welche aber auch im Tripoütikus stehen konnte) 
sei in Sparta jedes Jahr öffentlich verlesen worden. 
4) S. S. 548 f., namentlich aber 587 ff. 
5) Dass dieses der wesentliche Inhalt des TputoXitabs war, und dass Cicero, 
der Leser und Bewunderer DicBarch's (s. o. 720, 6. Tuec, I, 31, 77: deliciatt 
•neoe Dicatarchus ; ad Att. II, 2 u. a, St.), seine Theorie von der Verschmelzung 
der Verfaasungsfürmen und den Gedanken, diese Verschmelzung an einer ge- 
gebenen Verfassung naohzuweisen, Dicäarch verdankte, dass wahrscheinlich 
auch Polte. VI, 2—10 Dioftarch folgt, hat znerst Osakh a. a. O. 8. 8 ff. (wel- 
cher nur die politischen Fragmente des Arohytaa nnd Hippodamus nicht hatte 
als acht behandeln, und Pi.ot. qu. oonv, VIII, 2, 2, 3. S. 118, wo Dicäarch blos 
Ton der Verbindung des Somatischen nnd Pythagoreischen bei Flato redet, 
Phflei. i. Gr. IL Bd. i. Abth. 46 
. .CooqIc 
722 Dielarohui. Phanias. 
ist uns von Dic&arch's praktischer Philosophie kaum etwas bekannt '). 
Was aus seinen zahlreichen historischen, geographischen, literatur- 
und kunstgeschichtlichen Schriften mitgetheilt wird, müssen wir hier 
um so mehr übergeben, da er darin keine eigentümlichen philo- 
sophischen Ansichten ausspricht 1 }. 
Von einem weiteren namhaften Peripatetiker , Theophrast's 
Freund und Mitbürger Phanias *), sind uns nur geschichtliche und 
nicht hatte für sich anführen sollen) dargethan, and diese Annahme hat die 
höchste Wahrscheinlichkeit , wenn wir erwägen, das* Prot. Bibl. Cod. 37. 
S. 8, a (ans einem Gelehrten des 6ten Jahrhunderts) ein iIBb( coXitelih Sutaiap- 
jixbv erwähnt, das in einer Mischung der drei Verfassungen bestehe, Und die 
wahrhaft beste Verfaaeungsform bilde, dass aber (nach Fr. 23 b. Athen, IV, 
141, a) im Tripolitikna auch eine genaue Boschreibung der spartanischen Pbi- 
dilion Torkam, nnd wenn wir mit diesen Nachrichten die Art zusammenhalten, 
wie Cicero in der Republik (i. B. I, 39. 45 f. II, 28. 39) nnd Polybius a. a. 0. 
ihren Gegenstand behandeln. Obank vennuthet anch (S. 29 ff.), die Schrift, für 
welche Cic. ad Att. XIII, 32 den Tripolitikna an benutzen wünscht, seien die 
Bücher de gloria. 
1) Von direkten Nachrichten gehört hieb er nnr die Sentenz (Plct. qn- 
coriT. IV, prooäm. S. 659), man solle sich da« Wohlwollen Aller, die Freund- 
schaft der Guten verschaffen. Weiter ergiebt sich ans Pobpb. De abst. IT, 1, 2 
(s. folg. Anm.), und ans der Bemerkung (C:c. Off. II, 5, 16. Conaol. IX, 351 
Bip.), M seien weit mehr Menschen durch Menschenhände umgekommen, als 
durch Naturereignisse und wilde Thiere, eine Missbilligung des Kriegs. Nach 
Poam. a. a, 0. acheint Die schon im Schlachten der Thiere den Anfang einer 
Verschlimmerung gesehen zu haben. 
2) Denn dass er die Kugelgestalt der Erde (Fr. 53 ans Pub. H. n. D, 86, 
162) vertheidigte, und die Ewigkeit der Welt, der Tbier- nnd Menschen-Ge- 
schlechter voraussetzte (Fr. S. 4 aus Csss. di. nat. c 4. Vabho R. tust, IT, 1), 
ist rein aristotelisch; und wenn er sich bemüht, unter Benützung der Sagen 
Yon der Herrschaft des Kronos, den Urzustand der Menschheit nnd den »11- 
mähligen Uebergang von dem anfänglichen Naturzustand anm Hirtenleben 
(mit dem erst die Fleiechnahrung und der Krieg begonnen habe) nnd weiter 
zum Ackerbau, recht anaiehend und verständig, zu schildern (Fr. 1— 6b.Potra. 
De abstin. IV, 1, 2. B. 295 f. Hiehos. adr. Jovin. IL T. IT, b, 205 Hart. 
Cesbor. c 4. Varko R. R. II, I. I, 9), so muss er hiebet mit Aristoteles (a 
S. 627) annehmen, dass die Fi ldungsge schichte der Menschheit sich in einem 
beständigen Kreislauf bewege. 
3) Was uns über das Leben dieses Mannes von Sno. u. d. W. ftraani 
XIII, 2, 4. 8. 61S. Pldt. Themist. c. 13, Avuon. in Categ., Schol. In Ar. 28,s,40 
mitgetheilt wird , beschränkt sieh auf die Nachricht, dasa er aua Eresos ge- 
bürtig und Schüler des Aristoteles war, und Ol. 111 folg. (Ol. 111, J kehrt 
Arist. ans Makedonien nach Athen zurück) gelebt habe. Ans einem Brief, den 
Klearohos. 723 
naturgeschichtliche Angaben erhalten *)■ Aehnüch verhält es sich 
mit Klearchus aus Soli *); denn wenn auch unter den Schriften 
dieses Hannes, so weil sie uns bekannt sind s ), kein einziges Ge- 
schichtswerk ist 1 ), so werden uns doch fast nur geschichtliche 
Nachrichten daraus mitgetheilt, und diese sind meist so kleinlich 
und anbedeutend B ), in ihrer Aufnahme zeigt sich so wenig Kritik, 
und in Klearch's eigenen Vermuthungen ein so schlechter Ge- 
schmack *}, dass sie uns von dem Geist dieses Schriftstellers keine 
hohe Meinung beibringen können. Ueberhaupt ist, was uns von 
ihm mitgetheilt wird, nicht geeignet, die Behauptung zu bestätigen, 
Theophrast schon in höherem Alter an ihn schrieb, fUhrt Dioo. V, 37 Tgl. 
SehoL in Apoll. Khoii. I, 972 etwas an. 
1) Wir kennen von Phaniaa mehrere historische Schriften, ein Werk 7t. 
jiDintüv, eines Ober die Sokratiker (vielleicht auoh Über noch andere Philo - 
«ophen), eine Schrift spbj to'm ao^c^r»;, von welcher die no'o; AidSopov (Dio- 
doras Kronus) vielleicht nur ein Theil war, eine lt. outiüv, in der aach gestan- 
den haben kann, was Pi.is. H. iiat. XXII, 13, 36 ans dem „Physiker" Phaniaa 
anfährt. Ausserdem soll er auch logische Schriften verfasst haben (Amwos. 
a. a. 0. s. o. 49, 1 n.). Die Nachrichten über diese Schriften nnd die Bruch- 
stücke derselben hat nach Voibih (Do Phania Eres. Gand. 1824) Mült.bh Fragm. 
Hiet gr, II, 293 ff. zusammengestellt. 
2) SoXsüf wird er oft genannt; dass damit das ©yprisehe, nicht das cili- 
eische Soli gemeint ist, erhellt, wie diese schon Frühere bemerkt haben, nnd 
Mcller a. a. 0. 302 gegen Veebacrt De Clearcho Sei. (Qand. 1828) 8. 3 f. 
mit Recht festhält, aus Athes. VI, 256, c. e. f. Sonst wissen wir über sein 
Leben nichts, als dass er ein Schüler des Aristoteles war; s. 8.724, 1.2 u. a. St. 
3) Ihr Verzeichnis* nnd ihre Ueberbleibsel bei Verriebt nnd Melles 
a, d. a. O. 
4) Anch die Schrift n. BIiov nämlich, wie es scheint Klearch's Hauptschrift, 
von welcher die vier ersten nnd das achte Buch angefahrt werden, kann, nach 
den Fragmenten an anheilen, kein biographisches Werk, sondern nur eine Er- 
örterung Über den Werth der verschiedenen Lebensweisen gewesen sein; vgl. 
Uolleb, S. 302. 
6) Woran denn doch nicht blos der Umstand schuld sein kann, dass sie 
□na durch einen Athen Ans überliefert sind. 
6) Wenn er z. B. den Mythus vom Ei der Leda b. Athen. II, 57, e dahin 
erklärt: man habe vor Alters statt urapöov blos ilbv gesagt, nnd weil nun He- 
lena in einem äntpffiov erzogen worden sei, sei die Sage entstanden, dass sie ans 
einem Et gekommen sei; oder wenn er b. Dido. I, 81, offenbar aar wegen des 
bekannten Verses (b. Plut. VII sap. conv. c. 14. B. 157, e), von Pittakus erzählt: 
toiixi» Tfupau!» ^v oltov öXsiv, oder wenn er {Fr. 60 b. Müller) den Mythus von 
den men seh enfres senden Stuten des Diomedes auf seine Tüchter deutet. 
46* 
L>oogk 
734 Klearchas. 
dass er keinem anderen Peripatetiker nachsiehe l ~), wenn wir auch 
andererseits allerdings nicht wissen, worin die Abweichungen von 
der Schien peripaletischen Lehre bestehen, die ihm I'lutarch sctrald- 
giebt *), Neben ein paar unerheblichen naturwissenschaftlichen 
Annahmen s ) und einer Erörterung über die verschiedenen Arten 
von Räthseln *)> lässt sich aus Klearch's Bruchstücken auch über 
seine sittlichen Ansichten Einiges abnehmen; was aber doch nur 
darauf hinauskommt, dass Ueppigkeil und Ausschweifungen zwar 
höchst verwerflich 5 ), die cynische und stoische Gleichgültigkeit 
gegen das Aeossere aber auch nicht zu loben 9 }, dass zwischen 
Freundschaft und Schmeichelei scharf zu unterscheiden ')i leiden- 
schaftliche und naturwidrige Liebe zu meiden sei *) u. s. w. Int 
Ganzen macht Klearch durchaus mehr den Bindruck eines mit man- 
cherlei Wissen ausgerüsteten, aber ziemlich oberflächlichen Litera- 
ten *), als den eines gründlichen Gelehrten und Philosophen. 
1) Joseph, c. Apion. I, 22. II, 454 Haverc: KX. o 'ApinoiAauf üiv [ixtforö« 
xn\ wBv Ix toÜ TiEpinitou piXooätpi>iv odBivb; BtJtEpo;. Athbn. XV, 701, c: Kl. i 
£oXib; oiBtvbj Sul-npg; töjv toÜ aotpoÜ 'ApioTOTAouj |ia9r h Twv. 
2) De fac. hm. 2, 5. 8. 920: ifuttpof ykp & «v^p, 'ApiaToifiLout tdD hoIiu» 
Y«Yovii; 3«vijBt ( (, el xol JtolXä to3 jciputiTou nop^rpcj-EV. 
3) Fr. 70 — 74, a. 76. 78 M. vgl. Spbehqel Gesch. d. Areneik. 4. Aul 
V. SOSEBBAUM I, 442 f. 
4) Fr. 63 aas An»«. X, 448, c vgl Fbasti, Gesch. d. Log. I, 399 f. 
5) In diesem Sinn hatte Klearch namentlich in der Schrift w. Biuv jtai 
aahlreiohen Beispiele Ton aussch weifen der Ueppigkeit und ihren Folgen ange- 
führt, welche Athb«2üb aus ihm mittheilt (Fragm. 8 — 14 vgl. Fr. 18 — 19. 
21 — 23); dagegen hatte er (Fr. 15 b. Athen. XII, 548, d) Qorgias als Bewtii 
für die heilsamen Wirkungen der Massigkeit genannt. 
6) Bei Athen. XIII, 611, b unterscheidet er, wahrscheinlich Cynikern oder 
auch Stoikern gegenüber, den (äiot sspTEpwbi von dem ߣo( xuylkiS(. 
7) Vgl. Fr. 30. 32 ( Athfn. TI, 265, b. XII, 633, e), und die breite Schildern^ 
eines Terweichlichten , durch schmeichlerische Höflinge verdorbenen jur,gfcj 
Fürsten trod einiger Ähnlicher Erscheinungen Fr. 25 f. (Athbm. VI, 256, * ffi 
258, a). 
8) Fr. 34 — 86 (Atbbm. XIII, 678, o. 689, d. 605, d. e). 
9) Nor als Erfindung des Literaten werden wir auch du von Ktearch *»■ 
richtet« GetprOch zwischen Aristoteles and einem Jaden (Fr. 69 b. JomrB.6 
Apion. 1,22), sammt der weiteren Aufklärung, du.ua die Jaden .von den iiifl- 
sehen Philosophen stammen a. s. w., anzusehen haben. Die betreffende BcW 
(ic. Bjjvqu) für unterschoben an halten, ist man nach dem, wag wir sonst te* 
Klearch wissen, nicht genüthigt. 
Heraklides, Kallint henns n. A. 725 
Zu den aristotelischen Schälern wird nicht selten auch der Poli- 
tiker Heraklides gerechnet. Es ist indessen schon früher be- 
merkt worden, dass weder die Zeitrechnung noch der Charakter 
seiner Lehren dieser Annahme günstig ist, wenn er sich auch durch 
seine gelehrten Bestrebungen allerdings der peripatetischen Schule 
verwandt zeigt. Bedeutender mag Aristoteles' Einfluss auf den 
Redner und Dichter Theodektes .gewesen sein, der aber schon 
vor Alexanders Perserzug starb *). Mehrere andere Aristoteliker, 
wie Kallisthenes 3 )* Leo von Byzanz *}, Klylus 6 ), sind uns 
nur als Geschichtschreiber bekannt 6 ); um solcher nicht zu erwäh- 
nen, von denen uns überhaupt keine schriftstellerische oder Lehr- 
thiitigkeit berichtet wird ')• 
19. Theophraflt'a Schule; Strato. 
Auch in der thcophraslischen Schule scheint bei der Hehrzahl 
die literarisch-historische Richtung die vorherrschende gewesen zu 
sein. Die meisten von den Männern, welche aus derselben genannt 
werden, sind uns nur durch geschichtliche und literargeschichtliche, 
1) 1. Äbth. 647, 2 TgH 685 ff. 
2) Ueber diesen von Aristoteles hanfig angeführten Schriftsteller, tob 
welchem schon S. 19, 2 g, F.. nach Plut. Alex, c 17 rermnthet wurde, das* er 
mit Aristoteles in Makedonien war,, s. m. Wkstekminh Gesch. d. Beredsaink. 
bei d. Griccb. u. Köm. I, 84, A. 6. 142, A. 21 und oben 36, 3. 3"D, 1. 55, 2. 
3) Dieses Verwandten und Schülers Ton Aristoteles ist schon S. 19,2 g.E. , 
(wotn noch Valbr. Mix. VII, 2, ext. 8. Sem. u. d. W. kommt), seines Todes 
S. 28 f. erwähnt worden. Weiteres Über ihn und seine Schriften b. Obibr Alex. 
Hist. Script 191 ff. Müller Script, rer. Alex. 1 ff. 
*) Dm Wenige, tu wir über diesen (bei Sutd. At'uv Hut- mit einem gleich- 
namigen, aber alteren, byzantinisch™ Staatsmann »eraisehten) Geschieh t- 
schreiber ans Sein. a. a. 0. Atben. XII, 650, f. Pseodopldt. De flu*. 3, 2. 
24, 2 abnehmen können, erörtert Müller Fragm. Hist. gr. II, 328 f. 
ß) Athen. XIV, 655, b. XII, 640, o. Dioo. I, 25. Müller a. a. O. 333. 
6) Zu diesen kann »neb Maistas (s. o. 19, 2) gerechnet werden, wenn wir 
auch nicht wissen, ob und wie weit er sich an die peripatetische Philosophie 
ansehloss. 
T) Dahin gebort Adrastns ans Philipp! (Stefh. Byz. de nrb. Waitoi]; 
Echekratides ans Hethymna (Stefh. Byz. MtfOup«:); König Kasan der 
( Plut. Alex, c, 74); Mnason ans Phocis (Athen. VI, 264, d. Amin V. H. 
III, 19). Antipater war Aristoteles' Freund, aber nicht sein Schüler. 
Google 
moralische, politische und rhetorische Schriften bekannt. So De- 
metrius aus Phalerus, der bekannte Gelehrte und Staatsmann '), 
1) Ueber das Leben dieses Hannes handelt ein Eingehendsten Ostekiuiv 
De Dcmctrii Phal. vit«. u. s. w. psrt. I. Hersf. 1847. p. II. Fulda 1857; die 
Titel and Bruchstücke seiner Schriften bei demselben p. II und Hebwiq Ueber 
Demeti 1 . l'hal. Schriften it. s. w. Rinteln 1S60. — Um die llitte dee fünften 
Jahrhundert» geboren (Ort. I, 6 ff.), hatte Demetrius, Allem nach noch bei Ari- 
stoteles' Lebaeiten, Theophrast's Unterricht genossen (Cic. Brut. 9, 37. Fiu. V, 
19, 54. Legg. DI, 6, 14. Off. I, 1, 3. Dioq. V, 75), und war als Volksredner 
(nach Demetb. Magn. b. Dioo. V, 75} inerat um die Zeit, als Harpalua nach 
Athen kam, also nm 824 v. Chr., aufgetreten. Nach der Beendigung des lami- 
seben Kriegs scheint er anter den Männern der macedonisch -aristokratischen 
Parthei neben Phooion eine Solle gespielten haben, denn als nach Antipaters 
Tod (318 v. Chr.) die Gegenpartei für einige Zeit sur Herrschaft kam und 
Phocion hingerichtet wurde, ward such Demetrius zum Tode verurteilt 
(Plut. Phoc. SC). Er entzog sich jedoch diesem Urtheil durch die Flucht 
und als im folgenden Jahr Kasandcr Herr Athen's wurde, übergab ihm die- 
ser die Leitung des Staats unter oligarchiaeh- republikanischer Vcrfassungs- 
form. Zehn Jahre bekleidete er diese Stelle, and wenn auch «eine Verwaltung 
nicht tadellos gewesen sein mag (von Uueib und Diillus wird ihm b. Athek. 
XII, 542, b ff. XIII, 693, e f. — Arlui V. H. IX, 9 überträgt die Angabe anf 
Demetr. Polioreetea — Eitelkeit, Ueppigkeit and Sittenlosigkeit vorgewoiftn; 
indessen lllsst die Uniaverifissigkeit des Doris und der Ton seiner Aussage 
starke Uebertreibung vennuthen), so sind doch seine Verdienste um den Wohl- 
stand and die Ordnung Athen's h Hebst bedeutend. Als jedoch Demetrius Palior- 
oetes 307 v. Chr. den Pir&eus nahm, brach ein Aufstand gegen den Phalereer 
und die Parthei Kasander's aus; er gieng, vou Poliorcetes geschützt, nach 
Theben, and von hier in der Folge, nach Kasander's Tod (Ol. 120, 3. 289 8 
v. Chr.), nach Aegyptcu. Hier genährte ihm PtolemHns Lagi eine ehrenvolle 
und einflussreiobe Stellung, in der er namentlich für die Gründung der alexan- 
drinischen Bibliothek thatig war. (Ost. I, 26—64, der nur S. 64 eine sehr un- 
wahrscheinliche Vermnthung macht, II, 2 ff.; vgl. Gbacert Hist. n. phil. Ans- 
lekten I, 310 ff. Drovskn Gesch. d. Helleuism. I, 428 ff.) Nach dem Tode die- 
ses Fürsten (und zwar nach Hbbmiff. b. Dioe. V, 78 ohne Zweifel unmittelbar 
nach demselben, also 283 t. Chr.) wurde er von Ptolemftus Philadelphias, gegen 
dessen Nachfolge er gewirkt hatte, an einen Ort im Lande verwiesen, wo er 
noch eine Zeit lang als Staatsgefangener lebte, dann aber (nach Cic. pro Sahir. 
Post. 9, 23 scheint es freiwillig, nach Hekmipi-. a. a. 0. snfUllig) an einem Nat- 
terbiss starb. Ueber Demetr. als Redner und als Gelehrten spricht sich Cicaao 
(Brut. 9, 37 f. 82, 285. Orat. 27, 92. De orat. II, 23, 95. Offic. I, 1, 3 vgL 
Quibiil. Inst. X, 1, 33. 80. Dioa. V, 82) seht günstig ans, wenn er auch das 
Feuer und die Kraft der groasen Redner des freien Athens bei ihm vermiast, 
Dass er die Uebersetzung der sog. LXX veranlasst habe, ist eine handgreifliche 
Fabel, welche Ostebiuxn (II, 9 ff. 46 f.) dem Falscher AristAus nicht hatte 
Duris, Chamäleon u. A. 727 
so Duris l ) und sein Bruder Lynceus *), Chamäleon s ) and 
Praxiphanes*)- Auch aus den ethischen Schriften dieser Männer 
ist uns aber kein eigentümlicher philosophischer Salz über- 
liefert s ). 
glauben sollen; ebenso ist die Schrift über die Jaden, tu welche sowohl Heh- 
wia (B. 15 f.) nie Obterhann (II, 32 f.) glauben, offenbar unforachoben. 
1) Ton Duris (in. b. Aber ihn Ecus-ra De Duride Sun. Bonn 1846. Mül- 
ler Fragm. HisL gr. II, 466 ff. — Houbkask Durid. 6. quae supera. Utr. 1841 
steht mir nicht za Gebot) wissen wie nur, daas er ein Saurier und ein Schiller 
Theophrast's war (Athen. IV, 128, a); alle genaueren Berechnungen über seine 
Lebenszeit (wie sie Müllek a. a. 0. anstellt) sind unsicher. Nach Athen. VIII, 
837, d hatte er, wann können wir nicht sagen, seine Vaterstadt beherrscht. 
Ueber seine Zuverlässigkeit in geschichtlichen Dingen nrtheilt Pi.lt. Perikl. 28 
sehr ungünstig; und dass dieses Unheil begründet ist, zeigen die von ihm über- 
lieferten Angaben, wie diese Eckeetz ausreichend dargethan hat. 
2) M. e. über ihn Athf.b. «. d. a. O. Beine Schriften verzeichnet Mülles 
s. a. 0. S. 466. 
S) Eöfeh De Chamaeleonte Peripstetico. Berl. 1856. Aach von ihm wis- 
sen wir nur wenig. Er war ans dem pon tischen Herakles gebürtig (Athen. IV, 
184, d. VIII, 338, b. IX, 874, a, n. b.), und ist wahrscheinlich derselbe, dessen 
mathige Antwort an König Seleukus Mmwos b. Fbot. Cod. 224. S. 226, a be- 
richtet; als Peripatetiker bsfeichnet ihn Tatian c. Gr. 31. 8. 269, A und der 
Umstand, dass seine Schrift x. 'Häovijc auch Theophrsat beigelegt wurde 
(Atuk.w VI, 278, c. VIII, 317, e). Eben .daraus schliesst Kurse S. 3 f., er sei 
ein Schüler diese» Philosophen gewesen. Vielleicht war er aber auch sein Mit- 
schüler; b. Dioa. V, 92 beschuldigt er seinen Landsmann Heraklides, einen 
von I'lato's alteren Schülern (1. Abtn. 646, 3), eines an ihm begangenen Pla- 
giats. — Neben Cham, nennt Tatian a. a. O. Athen. XII, bl3, b. Edbtath. in 
II. i S. 84, 18. luis. 'Aeyaföt. Hestch. 'AOr,va einen Peripatetiker Mega- 
klides (oder Metakl.), ans dessen Schrift über Homer eine sprachliche Bemer- 
kung angeführt wird. 
4) Als EtOLpuc 6;o9piarou von Pboel. in Tim. j, C bezeichnet. Nach dieser 
Stelle tadelte er den Anfang des Timaue; nach Tzetz. in Hesiod. Opp. et dl. 
V. 1 hielt er den Eingang dieser Schrift für nnacht. Epiphak. Expos, fid. 1090, A 
nennt Ihn einen Bhodier, in der Lehre mit Thecphrast übereinstimmend. Ob 
er der in Bbixei's Anecd. II, 729 (wo freilich unser Text JWp' 'E£[psvou( hat) 
als Peripatetiker und zugleich als Grammatiker bezeichnete Prax. ist, wird 
(wie Zohpt Abh. d. Berl. Akad. v. J. 1842. Hist.-phil. Kl. S. 91 bemerkt) da- 
daroh zweifelhaft, daas Klehens Strom, 1, 309, A einen MitylenKer Praxiphanes 
als den ersten bezeichnet, der Ypar t r l<XT!X ' > > genannt worden sei. Wahrscheinlich 
ist aber doch in allen diesen Stellen der gleiche gemeint. 
5) Von Praxiphanes wissen wir überhaupt nnr das eben Angeführte. 
Unter den acht ans bekannten Werken des Durra waren ohne Zweifel die drei 
historischen (griechische and mscedonisohe Geschichte; über Agathokles; is- 
L .,.:,! ,G00qIc 
Viel bedeutender ist in philosophischer Beziehung Theophrast's 
'Nachfolger Strato *) aus Lampsakus, der einzige unter seinen 
mische Jahrbücher) die bedeutendsten. Tier weitete handeln von Festspielen, 
' von der Tragödie, von Malern, von der Bildscbnitzejei. Phil CBopbisohen In- 
halts könnte höchstens die Schrift it. N6[ui»v gewesen sein; indessen aind dar- 
aus nur zwei mythologische Notizen erhalten. Ans T.yncens, einem Komö- 
dien dichter nnd zugleich einem Feinschmecker, der eine Koohknnat schrieb 
(Athbn. IV, 131, f. VI, 228, c VII, SIS f. vgl. IV, 128, a), theÜt AthebIus in 
■einen vielen Anführungen (m. s. d. Register nnd MCli.ek a. a. O.), Pwr. 
Demetr. c. 27, ßchol. Theoer, m IV, 20 (81) mir einzelne Notizen nnd Ge- 
schichtchen, meist ans dem Gebiete der Eaaknnst, mit unter den 16 Schriften 
ChamsVleon's, welche Köfkk 8. 15 ff. aufzählt, handeln zwölf Über epische, 
lyrische, komische and tragische Dichter, sie sind also durchaus literarge- 
schichthoh; aber auch ans dem npoipertotbc nnd den Abhandlungen s. flllh|c, 
x. 'Htovij;, *. 6eüv (ebd. 86 ff.) sind nni (vor/ AthzmIüs an vielen Stellen, Klb- 
kehb Alex. Strom. I, 800, A. Bbxxbb Anecd. I, 2SS, ohne Angabe einer Schrift 
Dios. ITI, 46) nur unerheblioho geschichtliche Bemerkungen aberliefert. Dem«- 
triua war einer der fruchtbarsten unter den Schriftstellern der peripate tischen 
Schule; an den 45 Wecken von ihm, welche Dios. V, 80 nennt, kommen noch 
einige andere uns bekannte; Ostbbvanb (a. a. 0. II, 21 ff.) und Hbbwib (a.a.O. 
10 ff.) weisen 60 Schriften, einige davon in mehreren Büchern, nach, wovon 
jedoch die ttbar die Juden jedenfalls (a. o. 726, .£ Sohl.), nnd wahrscheinlich 
(a. Obmuima.uk S. 84) auch die über Aegypten abznaiehen ist. Unter diesen 
Schriften befinden lieh aiemlich viele Abbandlangen Aber moralische Gegen- 
stände (auch die 8 GesprÄche scheinen m diesen zu gehören) , 2 Bücher über 
He Staatskunst, eines n. vijioiv; ausserdem geschichtliche, grammatische und 
literargeachiehtliehe Untersuchungen, eine Rhetorik, eine Sammlung von Reden, 
•welche Cicero noch gekannt haben mnsa, und von Briefen, Indessen a ' D ^ nn * 
•na dieser ganzen Schriftenmasse ausser einer Anzahl gttahncnlicher nnd 
grammatischer Bruchstücke nur wenige unbedeutende Bemerkungen 'mora- 
lischen nnd politischen Inhalts (Fr. G— 15. 38 — 40. 54 Ostena. aus Dioo. V, 
81. BS. Stob. Floril. 3; 20. 12, 18. Pi.üt. cona. ad Apoll, o. 6. S. 104. Diodos. 
Exe. Vati«, libr. XXXI, 5 in Mai's Nova Collect II, 81. Poum. Bio. 1. XXX,! 
n ebd. 434 f. EicL XXXIV— XXXVII, 2 ebd. 444. Der«. X, *fJM. »"""■■ 
Lotus De flg. eeut. I, 1) erhalten, 
1) Strato am Lampsakus (Dioo. V, 68 u. A. Aiu4 B *"f v ''S ist ein« sobter 
stehenden Bezeichnungen) war der Schüler Theophrast's (ebd. Cic. Acad. I, 
9, 34. Fin. V, 6, 13. Baut- Phya. 225, a, n. u. A.), folgte demselben dach 
Apollobor b. Dioo. V, 58 Ol. 123 f26*fc *. Chr.) im Soholarohst, bekleidete 
dieses 18 Jahre lang, und starb (ebd. 88) Ol. IST zwischen 270 nnd 268 t. Chr. 
' Wenn er wirklich, wie Dioo. a. a. <3. sagt, Lehrer des PtntftmBus Philsdelfhos 
war (der 185 v. Chr. Hitregent, 28S Nachfolger seines Vaters wilde), so muai 
er sieh eine Zeit lang am ägyptischen Hof aufgehalten haben, vroÖfc-Sr -viel- 
leicht auf Antrieb dea Phalereers Demetrins berufen war. Darauf weisen anek 
Leben and wisientabaft). Charakter. 729 
Schülern, von dem uns bekannt ist, dass er die naturwissenschaft- 
liche Richtung des Theophrast and Aristoteles mit Erfolg fortsetzte ')• 
Dieser Mann geniesst nächst Theophrast unter allen Peripatetikern 
des grössten Ruhmes *), und er verdient denselben nicht Mos durch 
den Umfang seines Wissens und seiner Arbeiten, sondern noch weit 
mehr durch die Selbständigkeit und Scharfe seines Geistes; ja an 
wissenschaftlicher Unabhängigkeit ist er auch Theophrast über- 
legen 8 ). Seine zahlreichen Schriften, welche aber mehr auf ein- 
eeine Briefe (oder Bein Brief) au Arsinoe, PtolemSus' Schwester und Gemahlin 
(D. 60). Dui er von seinem fürstlichen Zögling 80 Talente bekommen habe, 
sagt selbst Diog. mit einem oa<i!; einen wohlhabenden Mann zeigt aber sein 
Testament b. Dioo. 61 ff. Er ninterlBist in demselben die Statptßt] (den Garten 
und das Gesell sahaftahaua der Schule) mit der .für die Syssitieeti erforderlichen 
Einrichtung und seine Büchersammlung mit Ausnahme seiner eigenen Hand- 
schriften Lyko; für sein übriges Tonnagen erscheint Aroesilsus, der fcitrato's 
Tater gleichnamig wohl sein Sohn war, als Erbe. — Zum Folgenden Tgl. m. 
NiuwnncK Do Btratone Lampsaceno. Bert. 1836. Krischk Forschungen n. s.w. 
349 ff. Beihdib in, 394 ff. 
1) Für Theophrast'« Schäler wurde zwar auch der berühmte Arat Erasi- 
stratns von Manchen gehalten (Dioo. V, 57; als Befaauptnng der Eraeistrateer 
»och bei Gii.kn nat. fao. U, 4. Bd. II, 68. 90 f. K. De sangn. in arter. c. 7. 
Bd. IV, 729). Ist diess aber anch nicht nn wahrscheinlich, so entfernte er sich 
doah nach Gilrh nat. faonlt II, 4. a. a. 0. in Hippocr. de alim. III, 14. Bd. XV, 
307 f. vgl. De tremore o. 6. Bd. VII, 614 vielfach von der peripatetiscfaeo Lehre, 
ja er behauptete oiBtv Api&i l-piaxivni Mp\fMtu{ toii( moinan]Tutoii4; nur fn der 
Anerkennung der durchgängigen Zweckthatigkeit der Natur (worüber auch 
nat. facnlt. II, 3. Bd. II, 78. 81 e. vgl.) scbloss er sich an sie an; auch dieser 
blieb er aber nicht immer treu. Da er im Uebrigen, so viel wir wissen, keine 
selbständigen philosophischen Untersuchungen angestellt hat, mag hier nm so 
mehr auf Spbehqbi. Gesch. d. Arzneik. 4. And. v. Robbbbadh I, 521 ff. ver- 
wiesen werden. 
2) Vgl. folg. Anm. and Dioo. V, 58 : ävjjp AXo-fijitit.aTOC xat (pumxbf t5EixAr ( - 
6e\( aico toü nEp\ t)jv Üewptav raiSiuv jcap' övrnoÜV liupiXitnaxx SutTctpio^vai. 8inpr,. 
Phys. 225, a, n.: toT( spioroic HEpinsTijT'.xoii itptfl|ioii]uvo;. Selbst Cicero, wie- 
wohl er dem Physiker nicht besonders hold ist, nennt ihn doch Fin. V, G, 13 
(in phytimt) magmu, nnd lobt Acad. I, 9, 34 sein aere vngenium. Dueh soll 
seine Schule weniger besucht gewesen sein, als die Menedem's (des Eretriera), 
worüber er sich b. Plut. tranqu. an. 13. 8. 472 mit den Worten tröatet: tf o!« 
Baup-aorbv, ä jcXetovfj jfmv ot Xoiitoflai 6Aovte( tüv aXE^EnDai ßoulofUvsiv ; 
3) Diese Selbständigkeit, deren Beweise wir sogleich finden werden, wird 
auch von den Alten anerkannt; Plut. adv. Col. 14,3. 8. 1115: ™« äXXwv Iltpi- 
JiatijTOtöv & xopu?atitcc»( Stp&tuv oür' 'ApieTotAti xari soXXi oup^epETai n. i.'w. 
730 Stt««o. 
dringende Untersuchung einzelner Fragen, als auf systematisch 
zusammenfassende Darstellung ausgegangen zu sein scheinen, er- 
strecken sich über alle Theile der Philosophie '); der Lieblings- 
Paendo-GiLEN hiat, pfail. c. 3. S. 228 K.: {'ÄpiaTorA»)t) tot STpitiuva spopifrarE* 
tlj läiiv Tiva ^apaxrJjpa yumoXöftof [-:«;}. Cic. (nach Antiocbus) Fin. V, 5, 13: 
nova pltraquc; Acad. I, 9, S4: in ea ipjü (der Physik) plurimum dUcedii a iuu. 
Poi-yb, Exe. libr. XII, 25, c. Bd. II, 750 Bekk. : xa\ väp htim; {Zipimn a <pwn- 
xb(] Gtav if/eif/tOji rat Töiv ÖXJUiv ärj^oi öiaot&iUaflii xai ^üSoiroifin Bauuiaio; 
foriv, OTey 8' iE aitoD tl Kpofipjjiai xai ti tuJv föloiv ^nivoTjjiitcuv öJij-rTJTBi , **?* 
noXii yaiviTa: tois imTtiJfiooiv (Jijflio-TEpof bStoü xa\ vtoBportpoi — welches Letz- 
tere ühriganit schwerlich für ein unbefangenen Urtheil zu halten ist. 
1) Dioo. V, 59 f. nennt von ihm ausser den Briefen und den iitojiwipjiTi, 
deren Aeehtheit bezweifelt norde, noch 44 Schriften, zu denen wir ans Paoax. 
in Tim: 242, B f. nach das Bach ntpt tau Övtoj und aus Sihpl. Pbya. 214, *, m. 
225, a, a. das ntp'l xivjjaiiuj hinzufügen kijnneu. An die einzelnen Fächer ver- 
theilen sie sich wie folgt: 1) Logik: it. toS spou. n. ruü jtpotipou ftVouf. 1% tou 
. Rlou. TÖituv jtpooipua. 2) Metaphysik: n. toD öno(. n. tou rcpoT^pou xai Saripo» 
(auch bei Sikpl. in Categ. 106, a. 107, i. Sehol. in Ar. 69, a, 40. 90, a, 12). 
n. toj jj.a5.Xov xai rjTrov. it. toi ouu.ßEßj]x6TO(. n. toB u&XovrCi. it. HeSv -f - 
S) Physik: it. cb^CJv -f' (handelte wohl fibei daa Wanne and Kalte n. s. w. ala 
physikalische Principieu). n. BuväjiEiuv. Jt, toÜ xevqÜ. it. xpivoi*. I. xivifastB«. 
«,' u.l5eiii?. Jt. xoiStpou xa\ Pttpto;. it. toü oiipavoÜ. it. toÜ itvtJ[M<TOt. it. /pruu.ato)V. 
n. J(ooyov;a(. it. Tpofrjtxa'l ai£rjo-tu>(. Jt. Sitvou. it. e'vuiivhdv. 7t. aWriJaeiüf. it. ö^t<u(. 
x. luv «itopoupuviuv £<uwv r it. tSv [iu6oXorou[isviuv (eiiuv. it. ^lioEio; ctvSaum'njt. 
n. tSBouatanpiÜ. it. voawv. it. xploauv. it. Xuwü xai exotoloituv. (Bei diesen drei 
Schriften konnte man geneigt sein, eine Verwechslung mit dum sogleich au er- 
wähnenden eiaa istrat eischen Arzt in zunehmen ; indessen hat auch Theopbraat 
Ober Schwindel n. dgl. geschrieben.) Physikalische Probleme scheinen die 
Waei; äiropijuariuv und die Schrift it. ainwv enthalten zu haben. Zum mecha- 
nischen Theil der Physik gehört auch das Bach it. tuv [«toäXixöjv pixror 
[ttttüiv. 4) Ethik: it. Ta-fafloü v\ h. JjSovqc Jt. eKaijiovEai. it. ß!»v (wenn diess 
nämlich eine ethische, nicht eine historische Schrift war). *. äv8oc(af. K. Sixaio- 
aivrfi i'. n. iSixou. it. ßaotlaas y'. n. ßaoiWiui «iXotrooou (diese zwei Werke, 
namentlich das zweite, könnten für PtolemHua Philadelphus bestimmt gewesen 
sein; den Titel it. ßac. tpiX. hat Übrigens nur Cobet, die Früheren setzen dafür 
it. fXoaofltn). Ausserdem noch EipTjjiitiov £ktrff_ai Suo, jedenfalls die gleiche 
Schrift, welche Kükens Strom. I, 800, A. 308, A (aus ihm Euseb. praep. er. 
X, 6, 6) mit der Bezeichnung Iv tiji oder h to!( ntp't t&piiuanuv anführt. Nach 
Pub. H. nat. I, Ind. libri VII (Strotan* qtä contra Ephori eipjjuaTa tcriptit) war 
sie namentlich gegen Ephorus (wahracbeinlich aber auch gegen Andere) ge- 
richtet, und daher der Titel bei Diogenes: Strato wollte die Meinungen seiner 
Vorgänger Über die Erfinder der verschiedenen Künste berichtigen. — Neben 
den liier genannten Werken, deren Aeehtheit wir freilich nur zum kleinsten 
Theil prüfen können, müssten wir Strato auch med icinia che Schriften beilegen, 
Schriften. Logik. 73i 
gegenständ seiner Forschung war aber die Natur, und auch der 
Geist und die Richtung derselben rechtfertigt den Namen des 
Physikers, welcher unsern Strato vor allen Peripatetikern aus- 
zeichnet ')■ 
Was uns an logischen und ontologisclien Bestimmungen Eigen- 
■ thümliches von ihm berichtet wird *), ist nicht sehr erheblich. Da- 
wern wir bei dein von GUlkn De venae scct. adv. Erasistratnm 2. Bd. XI, l&l. 
De T. 8. sdv. Erasistrateos 2, Bd. XT, 197 genannten Strato an ihn zu denken 
hatten. Indessen unterscheidet Dioa. V, 61 (wohl nach Demetrins Magnes] 
beide ausdrücklich, nnd dieses Zongnins (mit Bobe De Arist. libr. ord. 174) zu 
bezweifeln ist um so unitatthafter, da der Arzt Strato auch von Gai.es {schon 
in den eben angefahrten Stellen ganz deutlich, nnd noch bestimmter De pul«, 
differ. c. 17. Bd. VIII, 759), nnd ebenso von Okiuas. collect. XLV, 23 (bei Mai 
Class. Auct. IV, 60) and Ebotus (Lex. Hippocr. S. S6 Franz) als Eiasis träte er 
bezeichnet wird, nnd da überdies» auch Tbrtuluan De an. 16 die Ansiebt des 
„Strato nnd Erasistratus 1 ' über den Sitz der Seele der des Physikers Strato ent- 
gegenstellt. Nach Dron. a. a. O. war der Arzt ein persönlicher Schaler des 
Erasiatratns; wahrscheinlich ist es der gleiche, welchen Gat.ek De comp. 
medic. IV, 3. Bd. XU, 749 einen Berytier nennt. M. Tgl. aber ihn Si-ubsoki. 
Gesch. d. Arsneik. 4. Ann. I, 559. 
1) Beispiele dieses seines gewöhnlichsten Beinamens (über den Kusche 
Forsch. 351 z. Tgl.) sind ans schon 729,3.3 vorgekommen. Weiter vgl. m. fjic. 
Pin. V, 5, 13: primum Tkeophraiti Strato phyaicvm ic voluit m quo etai e$t 
magno* , tarnen novo pierague etperpauea de moribui. Dm Letztere sagt Cic. 
noch unbedingter Aoad. I, 9, 34, und will theils dessbafb, tbeils wegen seiner 
abweichenden physikalischen Ansichten Strato nicht für einen Peripatetiker 
gelten lassen; indessen zeigt das Verzeichnis« seiner Schriften, daes er aneb 
die Ethik nicht ausser Acht Hess. Sichtiger Sekeca nat. qo. VI, 13, 2: haue 
partem pküatophiae maxime colv.it et renim naturae inquiritorfuü. 
2) Er soll nicht, wie die Stoiker, Begriff, Wort nnd Saohe (n)[uuv£(uvov, 
«tjuahov, TUYjiävoy}, sondern wie Epiknr nur das mj[Mßvov nnd tur^fevov unter 
aohieden, nnd somit Wahrheit und Irrthum in die Stimme (die Worte) verlegt 
haben (Seit. Math. VIII, IS) — eine Angabe, die wahrscheinlich in ihrer zwei- 
ten Hälfte nur eine Folgerung des Sextcs enthalt, auch in der ersten aber 
weder Strato 's Ansdrflcke, noch seine Meinung genau wiedergiebt. Er hatte 
farner von dem Seienden die Definition gegeben: tb öv im tb rij( Sunxovij; «Tttov, 
d. h, er hatte es als das Beharrliche in den Dingen deGnirt (Phukl. in Tim. 
242, E). Weiter seben wir aus Simpl. in Categ. 106, a. 107, « ff. (Schol. in Ar. 
89, a, 37. 90, a, 12 ff.), dass er verschiedene Bedeutungen des Ausdrucks t.?&- 
ttpov und üutipov unterschied, welche Simpl. e. ». O. auf die fünf in den aristo- 
telischen Kategorieen c, 12 aufgezahlten zurück zuführen bemüht ist. Endlich 
tadelt Ai.ix. Top. 178, i Aid. (Scbol. 281, b, 2) eine Bemerkung, durch welche 
er eine aristotelische Regel (Top. IV, 4. 125, a, 5) zur Antnüttlung de* Snb- 
. ;:: ;i -,G00Qlc 
732 . Btr.to. 
gegen kommt der ganze Unterschied seines Standpunkts von dem 
aristotelischen sofort zum Vorschein, wenn wir fragen, wie er sich 
den Grund des Daseins und der Veränderungen in der Welt dachte. 
Aristoteles hatte diese zunächst zwar auf die Natur als allgemein 
wirkende Kraft, weiterhin aber auf das erste Bewegende oder die 
Gottheit zurückgeführt, ohne doch das Verhältnis» dieser beiden 
Begriffe schärfer zu bestimmen ')• Unser Physiker, sei es weil er 
die Unklarheit und die inneren Widersprüche der aristotelischen 
Annahmen erkannt hat, sei es weil er seiner ganzen Richtung nach 
einer über die Natur hinausliegenden Ursache abgeneigt ist, giebt 
die Gottheit als ein vom Weltganzen verschiedenes und getrenntes 
Wesen auf, and begnügt sich mit der Natur. Diese selbst aber 
weiss er sich, hierin an Aristoteles sich anschliessend '), nur als 
eine mit innerer Notwendigkeit, ohne Bewusstsein und Ueberlegung, 
wirkende Kraft zu denken. Er wollte die Well, wie Plutabch sagt *), 
nicht für ein lebendiges Wesen, und alle Naturerscheinungen nur für 
eine Wirkung der Naturnotwendigkeit gehalten wissen; er war mit 
Demokrit, trotz alles Widerspruchs gegen seine Atomenlehre, über- 
zeugt, dass sich Alles aus der natürlichen Schwere und Bewegung 
erklären lassen müsse, und er behauptete desshalb, wie ihm Cicero 
und Andere vorwerfen, der Gottheit für die Weltbildung nicht zn 
bedürfen *); oder wie seine Ansicht richtiger dargestellt wird, er 
ord in nttons Verhältnisses aweier Begriffs ed ergänzen versneht hatte; wir kön- 
nen hier darauf nicht nUher eingehen. 
1} 8. o. 8. 387 ff. 271 ff. 282 f. 
2) S. 9. 324, S. 
3} Adv. Col. 14, 3. S. 1115 (s.o. 729,3): oüt' 'AbiototAei xutl nolXö sufi- 
ptfierai im nXcctuvt tä( (vecvcfo« eir^xe Bö?»! xEf>t xtvt]aeb>{ np\ voü xA ntpl ifaf^ 
xz't JTEp'i fevfotu;- teIeuiSv [81] t'ov xöofion «iltbv od twov E?vai <frpt t to 81 naia 
fioii tmoSai xm xnti vbfnv äpyjjv -jap boßivt: to «ütöuätoii , iTt* oCtu Ktpai- 
Vfoflai tüv f uatxüiv rcaflSy txxTzov. Nur müssen wir uns (ähnlich, wie bei Demo- 
krit; s. Bd. 1, 600 f.) wohl hüten, Plutarch eh glauben, dais Strato den Zufall 
(tiixi) für den Grund der Natur gehalten habe; dafür konnte er allein dieNatnr- 
noth wendigkeit (aOtd|i.iTov) hallen, welche nur PI utarch dem Zufall gleichstellt, 
weil beide gleichaehr den Gegensats int Zweckthstigkelt "bilden (vgl. ß. 250 ff.). 
4] Cic. Aead. IV, 38, 1 2 1 : negat »ine Den potte qiädquam. ecee tut e traw- 
verto Lampiacrnits Strato , qui dtt isti Deo immanitatem maywi i/uidcm mutterii 
• . . negal opera Decram H uti ad fabricandttm mundum. quaeeunque rini dornt 
omma es« effteta natura : nee ui ille , qui asptri» et laevibui et hamatU unetnafü- 
jue coTporibut eonereta hatc Ute dieat, mterjeeto inani. somnia eentet haec tue 
Die Natnrkraft und die Gottheit 733 
setzte die. Gottheit der Natur selbst gleich, er sah in ihr nicht ein per-r 
sönliches, oder gar ein menschenähnliches Wesen, sondern die all- 
gemeine Kraft, von der alles Werden und alle Veränderung in der Natur 
ausgeht 0; wesshalb ungenauere Berichterstatter auch wohl sagen, 
er habe der Gottheit die Seele abgesprochen 2 ), und er habe Himmel 
und Erde, oder mit anderen Worten das Weltganze, für die Gottheit 
gehalten 3 'j, 
Sollen nun die natürlichen Gründe der Dinge angegeben wer- 
den, so konnte sieb Strato, wie bemerkt, trotz seines Naturalismus, 
mit der mechanischen Naturerklärung eines Oemokrit nicht befreun- 
den*); theils weil er eine befriedigende Erklärung der Erscheinun- 
gen an ihr vermisste ■'), theils weil er sich untheilbare Körper so 
wenig, als einen unendlichen leeren Raum , zu denken wusste s ). 
Die wesentlichen Ursachen liegen vielmehr seiner Ansicht nach in 
den Eigenschaften der-Dinge 7 ), oder genauer in den diese lügen- 
Demoeriti, non docentii, eed opUmtis. ipie autem eingula* tmatdi parte» peree- 
queni, quidquid sit aut fiat naluraiibus ßeri aut factum eist docet ponderibut et 
motÜALS, 
1) Der Epikureer bei Cio. N. De. I, 13, 85: nee avdiendut ejus /Theo- 
phrasü] auditor Strato, is quiphysiem appeUatur; gvi omnem vim dtvmam m 
natura titam tase ansei, quae eausas gignendi augendi mmuendi habeat, *ed 
careat omni sensu (Bewuastsein) et figwa (die Menschengestalt der epikurei- 
schen Gütler). Dicäs wiederholt ziemlich wörtlich Lactast. De ira D. c. 10, 
Auf., kürzer Hisdc. Felix Octav. 19, 9: Strotan quoqut tt ipte naturam [so. 
Deum loquüur]. Aehnlich Max. Tyr. I, IT, 5: auch der Atheist hat die Idee 
Gottes ... xäv bit&Wbfyi (au die Stelle Gottes setzst) vjjv tpüaiv, mj I-rpaTuv. 
2) Seneca b. Auovibtin Cir. D. VII, 1: hoc toco dicel aUqui* ... ego/eram 
mtt Plaionem aut Peripateticum Stratonem, quorum alter feeit Deum live corpore, 
8) Teetull. adv. Marc. I, 13: Strato coehan et terram [Dcos pronuntiavitj. 
4) S. 8. 732, 4. 
5) Darauf scheint sich wenigstens Cicero's somnia non docenttt eed op- 
tantis (S. 732,4) zunächst zu beziehen: die Atome sind eine willkührliobe Hypo- 
these, von der nur behauptet und gehofft, nicht nachgewiesen wird, dass sie 
erklärt, was sie erklären soll. 
6) Ueber beide Punkte sogleich das Nähere. Die Annahme eines leeren 
Kanins hatte Strato in einer eigenen Abhandlung besprochen (s.o. 730, 1), 
welehe vorzugsweise gegen Demokrit gerichtet gewesen sein wird. Ob er 
mm er den angeführten weitere Gründe gegen die Atomistik geltend gemacht, 
oder sioh mit Aristoteles' eingebender Kritik begnügt hatte, wissen wir nicht. 
7) Bbxt. Pyrrh. III, 33 (und fast wortgleioh Galeh hiat pbil. c 6. 8. 2«)! 
sy Google 
734 Strato. 
schaflen bewirkenden Kräften ')» für die Grondeigenschaften biett 
er aber die Wärme und die Kille '), in denen schon Aristoteles die 
wirkenden Elemente erkannt hatte *); unter ihnen scheint er, gleich- 
falls mit Aristoteles *), der Wärme die höhere Realität beigelegt, 
sie als den nächsten und positiven Grund des Daseins und Lebens 
betrachtet zu haben ')■ Das erste Substrat der Kälte sollte das 
Wasser, das der Wärme das Feuer oder die warme Ausdünstung 
sein *). Wärme und Kälte liegen beständig im Streit; wo die eine 
eindringt, wird die andere weggedrängt; aus diesem Hin- und Her- 
wogen beider sind z. B. die Erscheinungen des Gewitters und des 
Erdbebens zu erklären *)■ Neben diesen körperlichen Kräften fand 
Strato die unkörperiieben entbehrlich 8 ). 
iTpiTtöV 81 & yuowbt t«( ttoi6Tl]Ta( [ipjipi Wf 1 ]- Ebenso j^ w ; e schoa F*na[cins 
ta dieser Stelle bemerkt, in den Clemeutiniachen Reoognitionen VIII, 15 („Cai- 
lUtrata» quaütatea" sc. prineipia mundi diätj für Callietr. Strato zu setzen. 
1) Strato haue hierüber in den 3 Büchern x, i?yf»v, vielleicht auch in 
dem ?t. SuvapEtuv (S. 730, 1) gehandelt. 
2) Stob. Ekl. 1, 398; Xxplmov ««jyä« to Sspiibv xa\ to tW**- ^gl-Amn.7. 
3) S. S. 835, 3. 
4) S. S. 338, 2. 
5) Epivhas. Exp. M. 1090, A: 2-ips-wvimv (L Stparuv) Lt. Aau^aiwu t)jv 
6epfi.))v otaiav iXtftv attiov icavtiov Ireip^nv. 
6) Ptur. prim. frig. 9. 8. 948: ol ulv Stwiiol xS äipi to «piänat l fuXP i,v 
aicoSiSdvtEt, 'E^ikSoxX^i 81 xeti Stpätwv T<p Km. Bei der Wärme, worüber eine 
ausdrückliehe Angabe fehlt, versteht sich die Sache Ton selbst Aach diess ist 
aber aristotelisch; s.o. 338,3. 
7) Senbc* nat. qu. VI, 13, 3 (über die Erdbeben): kujta [Strat.] taU de- 
eretum tat: Frigidum et eolidum temper in contraria abeu/ni, una eise nonpoi- 
tunt. tofrigidum confluit, unde vii calida düccgait, et invicem ibi eolidum wl, 
undefrigua expirfaum eit. Dessbalb seien Brunnen und Kühlen im Winter warm, 
quia iilo te calor contuHt auperiora poaeidenti /rigori cedena. Wenn nun im In- 
nern der Erde Wärme angesammelt sei, and noch weitere Wärme, oder sneh 
umgekehrt Kälte, eben dahin gedrängt werde, suche jene sich gewaltsam einen 
Ausweg, und daher die Erdbeben, vicei deinde hujua pugnae sunt: defit ealori 
eongregatio ae rurtnts eruptto. tunc/rigora compeaetintur et auccedunl moxfittwa 
potentiora. dum altema via curiat et vitro citroque tpirüui commeat, terra am- 
eutitur. Stob. Ekl. I, 598: ÜTpa-tiov, 9Ep|ioä ^u)^p5> sapsiEavioj, otov ExBiasflEV 
TiJx,7)i 1* to:aCra YipEsBai, ßpovriiv |iev öicoffii5«, filt 31 äorparrijv, xiysi 31 xEpeu- 
vbv, jrp^aTijpa; 6e xa"t Tu^üvaj tö jiJiovaafirp tu i% D3.?](, Jp EX&TEpoi afltöv !<?&■ 
xiiai, SEpuotEpav |»ev ö jipijorJjp, jtajjuTEpaY 81 c tufilv. Vgl. hiezu was S. 365, 2. 
636, 1 über die ävtuiEpforaoit bei Aristoteles and Theophrast bemerkt ist 
8) Plvt. a. a. O.: xa aMr,Ta xsuii, lv oTt 'Ep.riE5osJ.ij; te x<& Ziplavi xsl "' 
Die Grundkrllfte. Di« Schwere. 735 
Wie Strato mit dem Grund gegen salz des Warmen und Kalten 
die weiteren elementarischen Gegensätze verknüpfte, und wie er 
die Elemente ableitete, wird nicht berichtet; er wich aber wohl in 
der letzteren Hinsicht von Aristoteles nicht ab. Dagegen wider- 
sprach er seinen Annahmen über die Schwere. Aristoteles wies 
jedem Element seinen Ort im Weltganzen an, dem es zustrebe, und 
hielt desshalb nur die Erde für absolut schwer, das Feuer dagegen 
für absolut leicht, Wasser und Luft für relativ schwer und leicht *); 
Strato dagegen behauptete, auf Grund einer freilich noch sehr ein- 
fachen Beobachtung, mit Demokrit, alle Körper seien schwer und 
streben der Mitte zu, und wenn einTheil derselben aufsteige, so sei 
diess nur eine Folge des Druckes, welchen die schwereren auf die 
minder schweren ausüben a ). Wie er diesen Unterschied der grös- 
seren und geringeren Schwere näher erklärte, ob er annahm, dass 
zwar Alles schwer, aber wegen der qualitativen Verschiedenheit 
der Stoffe nicht Alles gleich schwer sei, oder ob er mit Demokrit B ) 
alle Materie für gleich schwer hielt, und die Verschiedenheil des 
specifischen Gewichts der Körper von den leeren Zwischenräumen 
StiüTxoi rät obaiai tiBevth tüv Suvkj*e(uv, ot jilv Stwüuh u. ». w. Vgl. auch waa 
S. 736, 3 über Licht und Warme angeführt ist, nnd Pi.ct. plac. phil. V, 4, S 
(Galen h. pliil. c. 31. 8. 323): Sipixuv xn\ iijjioxpTtot xol ri|v SiSva^tv [sc. ™ü 
ffJiEpuoixos] aüjia- J7veu(iit'.hJi föp. Ein aü[j.ii wird aber Strato so wenig, wie 
Demokrit, die BiSvap-tc genannt haben, sondern seine Behauptung war nur, daia 
die KrHfte, wie der Höhte Plutureh engt, am Körperlichen als ihrem Substrat 
(oSoin) haften. 
1) S. 8.311 f. 333. 
2) Siupl. De coelo 62, h. Sohol. in Ar. 486, a, 5: Sri St öS« tjj 1k' öXXrp.o>v 
Extfttysi piB^riuzva xiviitai (die Elemente, bei der Bewegung an ihre natürlichen 
Orte) Betxvuotv ['Apio-t.] fytßfc. whnt St yt^vooi t% W&w [wr' cnVcbv STottwv a 
\a\tfyaxi\v6i; te xa"i 'Enfxoupo;, nSv aüjio piapiitiiTa e^eiv yofif(ovte4 mü *pbj w 
(jioov pEp«j8«i, tCi Sk Ta papuTtpn iip^ivtiv ta JJrtov ßape"« in' {xekwv ixflXiftwBat 
ßla npbs to «via, Stte t" t« ä<p£O.E tty -rSi«, D.8fiv 5v t'd SSwp elf t'o xEvtpov, xii ä ti( 
to QStip, tt,v ätpa, x<£l tl t'si aspa, tb nup. ... ol Se toü nr&vtn. icpbf to ile'oov fl'ptoBai 
xot« f itaiv TEs|a.r|p[Ov xojiflJovT« *° Tfjc fij( Itiostiiup-eVt); t'd üäwp iiA tb litfcJ p /- 
ptatai xa\ tou &8aTo( t'ov aesa, trjvooiiot a. s. w. !<rr/ov Se Stt od ZTpinuv [idvoi 
oIEe 'Ejrixoupo; kivti IXe-|"ov e7vai ra tnup-a-ri ßapta tat füaei |tev äict t'o xotdi (pipi- 
p.tva napi ^uaiv Be Ml to aviu, äXXä xst ITXaTwv oTBe <pEpo|<ivrjv ttjv üijav x.« 1 . Su- 
WfX«. Stob. Ekl. T, 348: Stparwv [acv Kpotffvai tq"h aiüuooi ouoix'ov jäipos, ti 81 
xouf OTEpa toi; ßipuTä'poij eitit:o).A.£eiv oTov ixicupijvüfdjuva. 
3) Bd. I, 59t f. 
i „Google 
736 Str.to. 
in ihrem Innern herleitete, wissen wir nicht Seine sonstigen An- 
sichten sprechen aber mehr für die letztere Vermuthung. Wiewohl 
er nämlich die Atomenlehre mit Aristoteles bekämpfte, and die un- 
begrenzte Theilbarkeit der Körper behauptete ')i schloss er sich 
doch durch die Annahme eines leeren Raums an Demokrit an. Denn 
so wenig er auch die Mehrzahl der für diese Annahme angeführten 
Gründe für entscheidend ansah *), so glaubte er doch manche Er- 
scheinungen, wie namentlich die des Lichts und der Wärme, nur 
durch die Voraussetzung leerer Zwischenräume erklären zu können, 
in welche das Licht und der Wärmesloff eindringen 0- Da aber 
1) S. 8. 782, 4 und Bm. Math. X, 165: xal Bfj otSw* tyttfhfMX o\ 7-e.pt tb» 
Stpittdvtt tbv fwtxöv' toü; (ib yip ypiivou; ilf äpjpit SnAaßov xBTOÄiiyeiv , li Et 
oii>p.aTO; xai isii; -idnou; tl; ärcElpov TEu.VEa8ai, xtvsiaBai te to xtvoiSjitVOV & apipti 
/plivtil SXOV äflpauv (lEpIOTOY SLttdtl]jl01 XB^ OÜ JTEp'[ TO JEpOTBpOV TIpiTEpOV, 
S) Die drei Gründe für die Annahme eines leeren Baums, welche Akut. 
Phja. IV, 6. 213, a aufiählt (vgl. oben 8. 300} hatte Strato nach SiMrx. Pliyi. 
163, a, o. auf zwei surflokgefiihrt , e!( ti tV xati tAtcov xtvnaiv x«t tl( -rijv tü> 
owpariov 7tiXij3[V (es wäre ohne ein Leeres keine räumliche Bewegung und keine 
Verdichtung möglich); tsiiov Et npocTiÜjjat "tb äjrb riji öXx%;' d)v f >p «nSipi™ 
Xtöov fapa oiSijpL« £i' irtpiiiv IIxeiv aup.p'alvEL (wie dies« SimpL noch weiter erläu- 
tert). Er kann jedoch keinen Ton diesen Gründen stichhaltig gefunden haben, 
denn Über den ersten bemerkt Simpl. 134, b, n., nachdem er die. Beispiele an- 
geführt bat, mit denen ihn Aristoteles widerlegt hatte: noch schlagender sei 
das, was Strato geltend mache, dsss sich in einem mit Wasser gefüllten ver- 
schlossenen Oefftss ein auf dem Grand liegendes Steinchen gegen die Mündung 
bewege, wenn mau das Gefftaa umkehre; nnd ebenso 165, b, m. über den drit- 
ten: f es Srp&Tiuv x«i tbv feto TJjtEkfcw; [so. Xäfov] ävaXüttiv- oiBi Jj flfo , fjjofc, 
öwsrx^ci tiOsuflai to xeväv. oute fiep tl eYiiv EXu; D,Si; f RVtOOV, Et« xal DÜrmv 
aii'u; tJjv fXxtixJiv BuWluv ävaipilv Senil, oütt, e! Jotiv Elfo, BijXov, tf Siä t'd xtvb» J) 
liBo; fXxii xni [iii bY äXXijv ottiov. oiBk -jap inoEitxviiouotv, 1XX' SnoTflltvTai to xribi 
oi oBto> X»yfiv-.-E;. Diese sowohl als die weiteren Hittheilnngen des BünpL über 
diesen Gegenstand werden wir mittelbar oder unmittelbar auf Btrato's Schrift 
it. xiviiu inrückiuführen haben, 
3) StuPL. Phys. 163, b, o.: i p.tv«i Aouii)>ax7]vb( iTpirtuv BeixviSvoi itiipärai, 
5ti fort tb xtvbv Eialajißi/ov fo itav o-ülhe &o-ts pj| eTvai ouve^Is, Xe^iuv Bti oäx » 
St' EEatoc, ?, ätpof i) JXXou aiiu-aio; e'E'jVuto EtExnlnrEtv tb f ü{ ovEfc f] hpiioriK o&it 
ÖU.i] SJvo;[ii5 oäSfLiia acULiaiiitij. t^j; -f*P a ' tau jjXiou ixtiVEt BleEejihctov elf tb toü 
if-ftiou säatpo;; t! fip tb ifpöv p.i] eT^i mipout, iXXi ß[a Sie'oteXXo* suto al aüfti] 
ouv^aivjv fiitEpsxXtioflai ti TtXijp)] töv BrfyEMUV , xa"[ oix 5v at piv tö« äxti'™v «B- 
XSvto jcpb; tov ävu -ir.ai at Si nitui SiE^nintov. Wir sehen ans dieser Stelle zu- 
gleich «uofa, da« sich Strftbo das Liebt und die Warme materieller dachte als 
Aristoteles, 
JigiiizBdby Google 
Raum und Zeit. 737 
dieser Grund nur für leere Räume im Innern der Körperwelt be- 
weist, und da seine der aristotelischen verwandte Bestimmung über 
den Begriff des Raums >) einen Raum ausser der Welt ausschloss, 
so beschränkte Strato das Leere auf das Weltganze; dass dagegen 
ausser unserer Well ein grenzenloser leerer Raum sei, gab er De- 
mokrat nicht zu a ). Auch über die Zeit s ) hatte Strato seine eigenen 
Ansichten. Die aristotelische Begriffsbestimmung der Zeit als Zahl 
der Bewegung schien ihm nicht richtig. Die Zahl, bemerkte er, 
sei eine diskrete, Zeit und Bewegung seien stetige Grössen, welche 
man desshalb nicht zählen könne. Die Zeit entstehe und vergehe 
unablässig, bei der Zahl sei diess nicht der Fall. Die Theile der 
Zahl seien alle zugleich, die der Zeit niemals. Wenn die Zeit eine 
Zalll wäre, müsste das Jetzt und die Einheit dasselbe sein. Warum 
sich endlich die Zeit als Zahl des Früher und Später nur auf die Be- 
wegung beziehen solle, und nicht ebensogut auch auf die Buhe, in 
1) Stob. Ekl. I, 380: töjcov 61 t&st (nach Strato) rö [i;ra;ü Siia^iia toi 
ntpu^ovTo; xa\ toÜ iuspc£Y_opAou , was sich von der aristotelischen Definition 
(oben 298, 4) nur dadurch unterscheidet, dass diese die innere Grenze des um- 
»cbliessenden Körpers selbst, Strato, welcher die Körper durch ein Leeres ge- 
trennt sein Hess, das zwischen dem umschliess enden und dem umschlossenen 
Körper liegende Leere als den Raum des letzteren ansah. 
2) Stob. a, a. 0. : EtpiTiuv j£toTt]M (liv fyr\ toÜ xö"o|aou p] tTnai xsvbv, E'voWpw 
St Buvtrtbv ytiiöflai. Nach derselben Quelle, wie es scheint, Thgoi>obkt cur. gr. 
äff. IV, 14. 8. 68: £ 6t Stpfrnov IjinaX.v (sc. ]| ot Stwöuft), eVBsv uiv pjBtv tlvai 
xevöv, eväuÖEV Sc Suvatbv tW Hiemit an J mit S. 736, 3 vertragt sich auch Simpl. 
Phys. 144, b, m: die Einen halten das ^topirnxbv für unbegrenzt, wie Demokrit; 
oi 6t EoöjUTpo'ii aä-tb tcü kM|Mx$ aiufiiti noioiJai, *a\ Sii toCto xij plv fautoD fuasi 
xevbv tüuai Wy°u<jl, ««rliipöoflcu 61 «uro oufiiTtiv «\ stoft [tövji 7s Tij faivgüi flsiu- 
ptloBai cu; xaS' «uro SipEutüf, 0T01 tive( ot XoXXdk tüiv QXnuvtxGrü ipiXonifiev 717^- 
vckjl, Jtal Sipiruiva 6t ifyai tbv Aafi^axivbv tJfc -roiaitagc YtvioBsu Ööfrii. Denn 
theila schreibt Sim.pl, diese Ansicht Strato nicht ganz bestimmt zu, tbeils redet 
er hier nur davon, dass der Kaum im Ganzen von dem Körper der Welt ausge- 
füllt sei, was nur ein Leeres ausserhalb, nicht kleinere Zwischenräume im In- 
nern, ansscbliesst. Ungenau ist dagegen, was Si hfl. vorher, 140, b,o., sagt: die 
Einen glauben, der Raum komme auch ohne Körper vor, wie Demokrit und 
Epikur; ol 6k Siiorr^a xa: asi tjupa Ifav x& e'nmJSEiov icpbj Ixbotov, u>( ... ä Aap.- 
■JaxTjvb; I:pä-(uv. Die leeren Zwischenräume innerhalb der Körper sind 
hier nicht beachtet. ■ 
3) Welche er ebenso, wie das Leere, in einer eigenen Schrift behandelt 
Philo«. 4. Ot. n. Bd. S. Aldi. 47 
i „Google 
der ja auch ein Früher und Später vorkomme? ') Er selbst definirte 
die Zeit als die Grösse der Thätigkeiten '), die Grösse oder das 
Maass der Bewegung und Ruhe 3 }; von der Zeit unterschied er das, 
was in der Zeit ist *), sehr bestimmt B ), and wollte desshalb nicht 
zugeben, dass Tage, Jahre u. svw. Theile der Zeit seien, da diese 
Begriffe vielmehr bestimmte reale Vorgänge bezeichnen, die Zeit 
dagegen nur die Dauer dieser Vorgange °). Die Angabe, dass die 
1) M. b. die «uefilhrlicbe Auseinandersetzung dieser Einwurfe bei Simpl. 
Pbya. 187, a, m. Weiter hatte Strato {ebd. unt.) bemerkt: wenn das «v xp^ 1 ;' 
ifvai ao fiel Bei, als ixb toü xpiivou Tifpi^foBai, sei das Ewige nicht in der Zeit. 
Nooh Anderes übergeht Simpl., b. folg. Anm. 
2) Sjmit.. 187, a, n. : xot äXXa 61 mUi £vn iieüiv itpb< t};v 'ApiowrfXout ani- 
Sootv o STpartov BJrbt tov xpdvov i'o It tätf jtpn^ai jtuoöv Aou xiOtrou xoUv ftp, 
?1 ol i XP^ V0V T a r lIV «KoEijpilv ia't nAiTv xa\ aTpntsiSEcflai za) fteAlfMtv, ö^ioiiu; S 
xafl!p6ai xo\ xaAi-j&cH xai itrfih TtpstrsiV, xa\ ffsXüv XP*v°* <p»|J.b x«1 oXif ov, uv 
uiy fort tb noobv rtoXu, «oX'uv xp^ ,ov i &" °* Öl-fov, ÄXfyov XP° V0 C T«p tö ^* «**- 
trtut; ToJviuv xaa6v. Eine Ähnlich gefaaate Definition der Zeit ist aas, wenn 
die Angabe genau ist, schon 1. Abth. 662, 1 bei Speosippns vorgekommen. 
5) Stob. Ekl. T, 250: Etpartov [tbv xpovov] t£v iv xivt[«l xa\ fytpbf soodv. 
Best. Pyrrh. III, 137 {Math. X, 128): Stpitwv 6e, JJ fit «•* 'ApiüTOtAne, fap*- 
vov ^tjo'iv eTvoi] [iirpov xinjactu; xa\ ["vi];. Math. X, 177: 2Tp&Tü>v o fuo-utbf 
iltytv fshiov i^ip^Eiv pi'tpov naoi]( xivrjutui; xa't [iovijc napijXEt yäp 7uäai Tote 
xiVOupAoie Bte xivrtiai xit rcaoi Tdtf ätmjTOt( öte äxivip^et. xat Gl« toÜto itivia 
ii -fivi[Mva iv xpo'vtp ^foet«!. 
4) Oder genauer: das, worin die Zeit ist; denn bei Suhl. 187, b, o. sagt 
Str. ausdrücklich: Ein toCtq '6\ kovt« e'v xpivio efvai pojjiv, Ett Jtäai tb ™a'ov 
axoXcuflfi x«\ Toi; -y:vo|ixvo:; xb\ rotf oloiv. Es sei diess xati -b evbvtJov gespro- 
chen, wie wenn man sage, die Stadt sei in Verwirrung oder der Mansch in 
Furcht, St[ taüta h exe(voh. 
6) A. a. 0. 187, a, n. erörtert Strato die Begriffe des xv/p nnd ßpsSii. 
Jene« sei Jv (5 tb jiev jtoobv, aip' öS iJp!;aTo xai st; o titatfo-aro , &(yov, tb 81 y«- 
■yovbj lv ai™ uoXii, dieses das Gegentheil, Etav fl tb plv noodv sv afit&i itaX'u, 
to St xtRpayp.bav oliyov. In der Rohe finden sich daher diese BeBtinunnngen 
nicht, nnd die Zeit sei weder schnell noch langsam, sondern nur viel oder 
wenig, depn nur die Handlang nnd Bewegung, nicht aber das noobv, h & 5| 
itpafif, sei schneller und langsamer. 
6) Simpi.. 1S7, b, o: f)pipa Ee xak vuf, <pi)c\, [add. mü fiijv] xtu eiiautbf oü< 
iari xpi*<>! oiEi XP^ V0U P<fp*l i ^^* T » r^ v ( 9*«wph( x^ ^ oniaoi(, Tn Sc 4 ^ 
orX7|vi|( xttl S| toj jjAta'j TiEpioäo;, iXXä ^p^vot inii xb Ronbv Iv >S TaSto. {Da* 
Nttohstfolgendc ist nicht mehr aus Strato, wie ISbahdis III, 403 annimmt, son- 
dern eine Gegenbemerkung des Simpl.) Dagegen darf man ans Sihfl, *. a. 0. 
189, b, u. (ex äs toiituv :iuv Xiloiuv xai ia( tuü STparuiyof ämplaf xip'i 1«Q pi| 
Etyai tov xp 0Vöv SuX'jsiv Suvarbv) nicht sohliesBcn, das* Strato der Zeit die 
Zeit. Bewegung. 739 
Zeil nach Strato aas tintheilbaren kleinsten Theilen bestehe, and 
dass sich die Bewegung in diesen einzelnen Zeittheiten nicht snc- 
cessiv, sondern momentan vollziehe '), scheint auf einem Missver- 
ständniss zu beruhen *> Dass ebenso, wie der Raum und die Zeit, 
auch die Bewegung 3 ) stetig sei, halte Strato in allgemeinerer Weise, 
als Aristoteles, bewiesen *). Den Sitz der Bewegung suchte er, 
zunächst bei der qualitativen Veränderung, nicht, bios in dem be- 
wegten Stoffe, sondern zugleich auch in dem, was durch die Bewe- 
gung aufgehoben, und dem, was durch sie hervorgebracht wird E ). 
Die zunehmende Beschleunigung der natürlichen Bewegungen hatte 
er mit nabeliegenden Beobachtungen über den Fall der Körper er- 
härtet 8 ). 
Eine sehr eingreifende Abweichung von der aristotelischen 
Realität abgesprochen habe, sondern er wird diese Aporie mir in demselben 
Sinn vorgetragen haben, wie Aristoteles selbst Pbys. IV, 10, Auf. 
1) Barren b. 0. 736, 1. 
2) BeiBwFL. Pkys. 187'«, m sagt ja Strato ausdrücklich, die Zeit könne 
nicht die Zahl der Bewegung sein, Biiri ö 11b apiBpbc BuopojiAoY noobv Jj äi 
xivigoif xal xpdvq; euvEjfijc to Bl auvE^t oiix äptfljiijTiv. Ueber die Stetigkeit 
der Bewegung sogleich noch Weiteres. Wahrscheinlich hat Strato nur gesagt, 
was auch Aristoteles (s. 0. 304, 5. 7. 368, 3 und Phys. T, 3, 136, a, 15) über 
die Dntbeil barkeit des Jetzt und die äOpia jisrapoXJj gelehrt hatte. 
3) Ueber die Strato gleichfalls ein eigenes Buch geschrieben hatte. 
4) Sikfl. Phys. 168, a, 0: o St kautyaxrfitn St^btiuv otlx otto TOÜ (iE-y(Uou( 
[livov auvr^i] xjjv xivj]oiv (Tyai ^ijolv, älXa xa\ xa&' iouri]v, üt, il Siaxeictfi] (wenn 
sie nicht stetig wBre), arlciu SiaXap$*<iaptvij (1. — «jv), xal tö jircocEti Stio 81a. 
araosuiv (L otäoeiuv) kivtioiv oÜsiy öSiixonov. „xal rcoa'ov 6( ti, <p7)-rtv, J] xlvrjoii 
xa"t SiatpiTÖv e?; ei SiaipeTo." Das Weitere stammt nicht mehr ans Strato, son- 
dern ist, wie schon die Worte: äUi KÖk trwv (Arist. Phys. IV, 11. 219, a, 13). 
ooTj fif fj xlv)]oi( u. s. w. »eigen, Erklärung des aristotelischen Textes. Erst 
am Scbluss dieses Abschnitts, 166, a, in, kommt Sünpl. wieder auf Strato mit 
den Worten: äXk' 5 pilv 'ApiarotE'X>]f Iolxev ix tou aatpcaripou jtoiiJiiaaBai irfi liti- 
ßoXijv b St ÜTpattuv n lXoxciXiu; x«l oJTijv xaD' aurf/V t)]y xlvqaiv ÜSei^e t'd ouve^ej 
Ijouaav, "aus xai rcpbf touto ßX/niov, Tva (jl-Jj [iövov enl xf,( xaTS TÖnoy xinJoEiuf, 
äUä xal liii tÜ>y ÖXXujv rcaeüW auYa-yijrat Ta Xt-fiusva. 
6) SiHPu 191, a, m (eu Pbys. V, I): xal xaÄü; 71, oTlie:, & Srpi'üiv ii,Y 
xiynoiv .o'j |iivou sv tö xlvoujie'vij <pr,at" eTyii, äXXa xii £v T^i ££ o3 xal *Y tu lt( 8, 
ällov äi tponoY h txavtu. tö jaey 700 äreoxElufvov , »7jal , xivstrai ui; [iEiaß«).loy, 
to Ei ^E oä xal to e!; S, ~.ä ah i'n <p6stp6j«v(iv, to 6k ü( ^tviijiavov. Ueber die ent- 
sprechenden aristotelischen Bestimmungen s. m. S. 268, 3. 
6)' M. s'. die Bruchstücke der Schrift Jt. xmjaiwt bei Siufucius a. a. O. 
214, a, m. 
47* 
Digiüzeday GoOgk 
740 8t «»<•■ 
Kosmologie wird Strato von Stobäus beigelegt, wenn er ihm zufolge 
den Himmel für feurig and das Licht der sämmtlichen Gestirne für 
einen Abglanz des Sonnenlichts gehalten haben soll *}. Dass die 
erste von diesen Behauptungen sonst nirgends erwähnt wird, kann 
auffallen, da sie in Wirklichkeit nichts Geringeres enthält, als ein 
Aufgeben der Lehre vom Aether und aller auf sie- gebanten Be- 
stimmungen; dootl werden wir desshalb die Möglichkeit nicht be- 
streiten dürfen, dass die Schwierigkeiten der aristotelischen An- 
nahmen über die leuchtende und erwärmende Kraft der Gestirne *} 
unsern Philosophen veranlassten, dem Himmel und den Himmels- 
körpern statt der ätherischen eine feurige Natur beizulegen. Ebenso 
wird uns die Angabe über das Licht der Gestirne nach dem da- 
maligen Stand der Astronomie nicht zu sehr befremden dürfen. 
Eine sichere Bürgschaft für die Richtigkeit jener Aussagen ist uns 
aber freilich in dem Zeugniss des Stobäus nicht gegeben 8 ). Die 
Behauptung, dass Strato die Theile der Welt unbegrenzt gesetzt 
habe *), ist offenbar unrichtig, wenn damit, wie es scheint, eine 
unbegrenzte Ausdehnung des Weltganzen behauptet werden soll *). 
Anderes, was von Strato berichtet wird, über die Ruhe der 
Erde B ) , über die Kometen 7 )i über meteorologische Erscheinun- 
gen und Erdbeben s ), über die Bildung der Meere 0» über Far- 
1) Ekl. I, 500: Üapjicv^T);, 'Hp£xXiiTO(, IxpirW, Zijvu» itiipnov dvai tot 
otlpavö'v. 1, 518: Ets&tujv xal afcoc t! äarpK fijr'o roB J]Xfou <F«>T!?£96a(. 
2) S. H. 360. 
S) In der ersten Stelle könnte das, was Strato nur von der FeuerspbSre 
gesagt hatte, mit Unrecht auf den Himmel abertragen, in der »weiten das, 
was nnr von den Planeten gelten sollte, anfalle Sterne ausgedehnt sein. 
4) Epipuin, Exp. Bd. 1090, A: «isai St IXs-jsv eTvki t« pipij TOÜ xöofiou. 
5) Denn eine solche nahm Strato, wie S. 737, 2 gezeigt ist, nicht an. 
Vielleicht ist aber die Angabe nnr ans seiner Lehre von der unbegrenzten 
Theilharkeit des Körperlichen (oben 736, 1. 732, 4) entstanden. 
6) Daaa Strato diese (mit Aristoteles) annahm, und einen eigenen Grund 
dafür angab, welcher uns leider nicht mitgetbeilt wird, erhellt ans Cumes 
Aneed. O»on. III, 413: xfj Se ir-papAn (I. npoMtJKvn) vüv tthioXo^iif tjl rrepl Tifc. 
Axmpiat Ti]5 ri]; Stpiiiov Sosttf npSro( S pj«xb( xpiferoO«. 
7) Btob. Ekl. I, 578 (Pi.ut. plac III, 2, 5. Gaibh h. pbil. 18. 8. 286): der 
Komet ael nach Str. ätrtpou füj( nepiXijiBty vffti jruxviji, xaSfattp ii& tüv l«[utT»j- 
8) 8. o. 784, 6. 
9) Nach Stbabo I, 3, 4. S. 49 (ans Eeatostbeubb, deuen Anfing ans 
Weltgel) Ende. Unorganische Physik. 741 
ben i^d Töne *), kann hier nicht eingehender besprochen 
werden. 
Auch von Strato' s physiologischen Annahmen ist uns nur Ver- 
einzeltes und Unerhebliches bekannt '). Dagegen nehmen seine 
Strato aber ohne Zweifel nur bis zu den Worten S. 50: tJ;v Sxutlüv Jpjjpav gehl, 
du Weitere sind seine eigenen Bemerkungen) «teilte Strato die Vermutbang 
auf, welche er dort mit verschiedenen Beobachtungen rechtfertigt, dass das 
Bohwarze Meer vom mittelländischen und dieses vom atlantischen ursprüng- 
lich durch Landengen getrennt gewesen seien, welche sie erst später durch- 
brochen haben. 
1) Hierüber heisst es in den Excerpten ans Jofiaxn- Damasc. I, 17, 3 
(Stob. Floril. v. Meineke IT, 173) ziemlich unklar: ErpÖTiiiv yj>u|AaT& qrqaiv äito 
tüv otupaTiuv ifiptain ouy/piü!Jovi' «äröfs töv usTafu äepa.. 
3) Nach Alex. äphe. De sensu 117, a, o. erklärte Strato die Erscheinung, 
dass man die Töne aus grösserer. Entfernung nicht deutlich vernimmt, nicht 
mit Aristoteles (De sensu 6. 446, b, ■■•, durch die Voraussetzung, dass sich die 
Gestalt der bewegten Luft unterwegs (tv Tij eesä, wie statt ?eoup£ zu lesen 
ist) Ändere, sondern T£j> exlsicofat tov t6vov xvjt itXi^vi'.t oi -jap yijmv b tö) 
oXT)[j.aTil;Eofl«i jciu( tov culpa tou; Stufig. 4 otliyYou; - waflai, iXAi tj] "rijt TtXrjij; 
öviodTTjTt* aXX' o3v ÖTtorepov äv yevijuu, Tiip p.i] tj:u>s äxoJEi6ai ü( -fiverai f, iva- 
fopä, äXXi tu iv rS ji£ra?ü Suumfjicra, SV öS ptfactia, tu [so streichen] SiaBf- 
Xea&cu Ttjf iX7j-f7J; [1. tJ)* — Jjv] äXlov ^ äXXou itpa toüto -jlvseflai. Diese Worte 
stimmen auffallend mit dem überein, was am Anfang des pseudoaristoteli- 
sehen Bruchstücks r.. äxouaruu 800, a, 1 Steht; xi; 8s foivac äjTaaa; Tujißaivsi 
■ytYvsaO»t xat Toij( ijidcpouc oü Tif) tov as'pa aX1">ovt(£wflai, xaBarap ouvtsit Tivtc, 
öXXa tu xtvfirfai jcapartXjpifoi «ärbv auoreXlU(i*vov xoTt txT«vti|Asvov u, s. w. Doch 
geht diese U Übereinstimmung nicht so weit, um die Vermuthung (Bsasdis II, 
b, 1301) au rechtfertigen, dass jene gut and sorgfältig ausgeführte und seiner 
nicht unwürdige Abhandlung Strato angehöre. Um so weniger können wir 
auf die Art eingehen, wie hier die Töne der menschlichen Stimme und der 
musikalischen Instrumente, und die verschiedenen Modifikationen derselben 
erklärt werden. Die allgemeine Voraussetzung dieser Erklärung ist am Be- 
stimmtesten 803, b, 34 ff. ausgesprochen. Nach dieser Stelle, welche an die 
Theorie des Heraklidea (1. Abth. 686, 3) erinnert, ist jeder Ton aus einzelnen 
stossweisen Bewegungen (jiirjyoJl) zusammengesetzt, die wir aber nicht all 
solche unterscheiden, sondern als Eine ununterbrochene Bewegung wahrneh- 
men, der höhere, dessen Bewegung schneller ist, ans mehreren, der tiefere 
-ans wenigeren. Zusammenklingende Töne, die gleichzeitig aufhören, erschei- 
nen uns als Ein Ton. Die Rübe und Tiefe, Härte und Weichheit, überhaupt 
die Beschaffenheit jedes Tons richtet sieb (803, b, 26) nach der Beschaffenheit 
der von dem tönenden Körper ursprünglich erzengten Bewegung der Luft, 
welche sich so, wie sie ist, fortpflanzt, indem jeder Lufttheil den nächsten 
in derselben Weise bewegt, nie er selbst bewegt ist. 
S) Nach Gale» De aem. II, 5. Bd. IV, 629 erklarte er sich die Entstehung 
.CO 1 
742 Strato. 
Ansichten über die menschliche Seele ') durch ihre Abweichung von 
der aristotelischen Lehre unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. Dass 
er hier seinen eigenen Weg gehen musste, ergieht sich schon aus 
seinen allgemeinen Grundsitzen über die wirkenden Kräfte. Wenn 
diese überhaupt vom Stoff nicht getrennt sind, so wird diess auch 
von den Seelenkräften gelten müssen. Folgt daraus auch nicht, dass 
Strato die Seele mit Aristoxenus und Dicaarch für die Harmonie 
ihres Körpers erklären musste *], so konnte er doch Aristoteles 
nicht zugeben, dass sie unbewegt, und dass ein Theil von ihr von 
den übrigen Theilen und vom Leibe geschieden sei. Alle Seelen- 
tbStigkeiten , behauptet er noch entschiedener, als Theophrast '), 
des Geschlechts Unterschieds, die aristotelische Ansicht (oben 413, 3) wohl 
etwas materialistischer auffassend, aber darum doch Dicht zu dar demokri- 
tischen (Bd. I, 615, 1) zurückkehrend, daraas, dass entweder der männliche 
Barnen Ober den weiblichen (welchen Aristoteles nicht zugab; e. S. 409 ff.), 
oder dieser Ober jenen das Uebergewiohl habe. Nach Pldt. plan. V, 8, 2 
(Qalxk b. phil. 83. 8. 326) liess er die Missgeburten Jtapi itpdfBenv, äj ifaift- 
otv, 1) (utahaw (Verseilung einzelner Theile) % TrnujiaTBKnv (Verflüchtigung, 
oder auch Aufblähung des Samens durch die in ihm enthaltene Luft) entstehen. 
Bei J*hblich Theol. Arithm. S. 47 endlich (den Macbob. Borna. Scip. I, 6, 65 
wiederholt) Tgl. Cbhsobin di. nat, 7, 5 giebt er die ersten Entwieklongssta- 
dien des Embryo nach Hebdomaden an. Die gleiche Ansicht wird hier dem 
Arzte Diokles ans KaryatUH beigelegt, welcher nach Ast zn Theol. Arithm. 
um Ol. 136 (382) vor Chr. blühte, and von Idelk'k Arist. Meteorol. I, 157 für 
einen Schaler Strato's, einen der bei Dioo. V, 63 mit der Vollziehung seines 
Testaments Beauftragten, gebalten wird. Spbekqbi. jedoch (Gesch. d.Araneik. 
4. Aufl. I, 4685 hftlt ihn für älter, und mit Recht; denn wenn sieh auch schwer- 
lich beweisen lägst, dass er „kurze Zeit nach dem Hippokrates" lebte, so 
rechnet ihn doch Galen in Aphorism. Bd. XVIII, a, 7 ausdrücklich zu den 
Vorgängern des Erasistratus, und was wir von seinen Ansichten wissen (Bpskb- 
oel a. a. 0.) kann dieser Angabe nur zur Bestätigung dienen. 
1} Die er wohl zunächst in den Schriften n. f Jotwt ävOpwnivj]! und t.. 
oböijjEu; dargelegt hatte. 
2) Zwar sagt Ol vhi-iouoh Sohol. in Phaedon. S. 143 : Sri w? äpjiavi« äojio- 
»ia( äfurfpa xi\ ßoeput^j]«, oikii) %& i)>uy_j) iHtlfi fpfa i Srpiroiv, ö^UTtp« xa) 
vu6ETCEpa. Ob er aber damit wirklich beweisen wollte, dass die Seele eine 
Harmonie sei, oder ob diese Bemerkung aar zur Widerlegung dar platoni- 
schen Einwendung Phädo 93, E ff. dienen sollte, oder ob sie endlich aar Dar- 
stellung einer fremden Ansicht gehurt, erfahren wir nicht. Tehtum.. De an. 
15 unterscheidet seine Ansicht, wie wir sehen werden mit Becht, von der 
Dic&arch's. 
8) 8. o. 6. 676, 8. 
bigilzedoy G00gle 
Anthropologi«. 743 
seien Bewegungen, dsst)enken so gnt wie die Wahrnehmung, denn 
sie alle seien eben das Wirken einer vorher unwirksamen Kraft; 
und zum Beweis dafür, däss zwischen der sinnlichen und der Ver- 
nunftthäligkeit in dieser Beziehung kein wesentlicher Unterschied 
sei, berief er sich auf die Thatsacho, welche schon Aristoteles be- 
achtet hatte 1 )) dasswir nichts zu denken im Stand seien, wovon uns 
die Anschauung fehle *). Ebenso bemerkte er aber andererseits, dass 
die Wahrnehmung und Empfindung durch ein Denken bedingt sei: 
wenn wir an Anderes denken, kommen -uns ja die Eindrücke, welche 
unsere Sinne erhalten haben, oft nicht zum Bewusstseiu *); über- 
haupt aber sei nicht der Leib , sondern die Seele, der Sitz der Em- 
pfindung: wenn wir einen Schmerz in dem leidenden Theile zu füh- 
len glauben, so sei diess nur die gleiche Täuschung, wie wenn wir 
die Töne ausser uns zu hören meinen, während wir sie doch nur 
im Ohr vernehmen. Der Schmerz entstehe nur durch die rasche 
Fortpflanzung des äusseren Ein drucks vom leidenden Theil zur Seele; 
werde diese unterbrochen, so empfinden wir keinen Schmerz *). 
1) 8. 8. 133,2. 188,4. 
2) Bihpi.. Phyi. 22S, a, n,: xal Ztpätuv 3i . . . d)v tyvtfp ofAoXoifrl xntota 
oi tiävev -ri|v öXoyov, öXXi xal -njv Xo^cx^v, xinjoiif X^wv tTvai ti^ tvip-rtCac t9J( 
ifw^ifc. Xl^st olv 2v tu rast Klv7]'he(i)( r.poi äXXoi; J10XX014 xal taSs- „ön yäp ö voüv 
xivtTrsi, &mtp xal & ooSv xal äxautiv xb\ ÄaspaivdLiEVOc hipym yip tj vätjuij tij« 
Stavolaf xaBÄmp xal f) Spantt Tij( CKJicb);" (beide also , ist die Meinung , Bind Suvi- 
[tti Öwto; e'vepTtiai, Bewegungen), xal rcpo toiJtou 6k toO f^toü y j rpfw „5-n oäv 
liaiv at nXfujtai tflv xivijoe&jv «In«, S; f] t|m)$ xafl' aJtJ|v xivAtbi Biavoou|Uvi] xal S( 
ujto rüiv abÖTJoEu» ^lvijOij npitipov, BjjXÄv est», üaa fäp liJ) sportpov lüpoxt taä-s 
oii EtlAnai voitv, 0T0* Tiitout Jj XipivBs 1 Yf a ?="4 ?t ävBpi4vT«( ?, ivQpiujtojf fj Ttüv 
äXiiov ti *üiv totoi(t(0¥." Die Worte: Sri oüv — afriai sind übrigem, weil wir den 
Zusammenhang nicht kennen, in dem sie standen, ziemlich unverständlich. 
3) Plot. »olert. an. B, 6. S. 901 (aas ihm Pukfhyk De ahetin. III, 21): 
xattoi Stpaiiovd; -rc tau puaixo3 XifO{ iaitv ebtoStutvtluv, <I>j oä8' aioflavirfai tqtco- 
panav ävtu toB vosiv iTiip^sr xal f äo ^pa^AOra KoXXäxis fauMpOKiLtCVovt vi) itysi 
xal Xö-fOt Ttpotximov-tE? tij äxofj Bialavflavouo'tv ^«( xa'i SiaynSfOuoi Xpb; SiEpoif, tov 
«öS* ^(ovrat, tV a56n jftmrijXBf xal [iitaM in ([irrajäuixsi töiv jcpoajitvu» fxaotov 
(xXifdiuvo;. (Das Folgende ist vielleicht nicht mehr ans Strato genommen.) fj 
xal XöjxToi- »uÜ5 öpif n. s. w. (s. Bd. I, 365, 1), iö( toü xepl xa ÖLtjurta x«l iXra 
xaOoui; , äv [li] irapf| tö ^povoGv , atrtijoiv od itoioüVco«. 
4) Plut. ntr. an. an corp. sit libido (Fragm. I, 4. Bd. V, 462 Wytt.): ol |ih 
f ip änavta euXXiißSi)V Taiha (so. tä nah)} ri] ^»Xf! ?(povTt( ävAlio-av , äanp Stpi- 
TDiv £ f uoixbf , ai iiävov rä; iaiftu[i(a(, öXXa xel tb; Xuitsj, uiiSe tov; ^ößout xal taue 
fSJvow; xal ta; faijraipexaxij^ , äXXä xai ftovovc xii J]6oväj xal äXyii8äv«( xal IXuf 
CO 1 
744 Strato. 
Strato bestritt daher die aristotelische Unterscheidung zwischen dem 
vernünftigen und dem empfindenden Theil der Seele : die Seele ist 
seiner Meinung nach eine einheitliche Kraft, die Vernunft (welche er 
mit den Stoikern, aber nicht ohne aristotelischen Vorgang '), das 
T,YEi*.ovutov genannt zu haben scheint*)) ist das Ganze der Seele, 
und nur besondere Aeasserungen dieser Kraft sind die einzelnen 
Sinne "'). Den Sitz der Seele verlegte Strato in die'Gegend zwischen 
jraaav «*afli]<ro it -tf, tyuxfi auvtoTBafl« 91p E*o; x«\ Tij; tyuyrji Ta TOiaÜM Jtivt« eIvoi- 
|ii] töv icdSa TcavsiivTüiv fjjiüu Brav T^otxpotfoiüjwv, p)Si ri]v xe^jcXJjv Stiv ini- 
(u[uv, p.)| tov SairjXov Erav fxT^tupEU' ävaLoOr^a -yip ta Xotnä jrXJp tuü JjYSpo- 
vixou, 7:po5 8 tt^ icX^'plc o£lu; iva<pepoiiivTj( ri;v i"o!h;oiv «Xpi^dva xaXoÜjAEV' in Z\ 
-ri)» ipdvfjV totf iüo!v aiHolf Jvij^oüoav e?iu BoxoEfiev cTvai tb äjrb lijä äpx^c &A td 
fpf Ejiovtxöv Si&mjtui Tij a&rfbjosi :tpofXoYito , |AEVQ[, rcipan).7)aLtD; xdv ix Toö TpaLi(iaro; 
növou oi^ Sjtou t)]y a'oOijaiv (Uiistv, ÜX' SQev ca^e riju äpxV E ' ,al Soxoäjuv, tiio- 
[<iv)|; in' Exilvo ttJ( ^vfra *?' u ^ wöcoKÜe. Sib xoü jrpotxiS'lBVTSt aiiixa ti; oopi; 
(hier soll ja der Sitz der Seele sein ; s. n.) ouvjjy»Y ov ^ v t $ jAiy^vti p-op'™ to3 
J]Yt|i.ovuio5 -ri]v aWwjaiv i^imt ÖJtoBiädvToj. xa'i TtapE-jxomoLuv lofl' ?« tb nveujia 
xäv ti jispi) 8(0[ioi( SiaXa[ipiv7iTai xep't o^dSp« jcieTJoluv [Wyitesb. vermuthet 5v 
T, [i. S. SikX. Kai Tat; xeaoi u. n. w. , besser vielleicht: «v ti |jip») Sio-li. S;aXo|i- 
ßavijrai t[ -a~$ ysp<n afiSpa m^tofuv] torn|*EVoi 7Cpb( (uns entgegenstell and] T^v 
BiiBooiv toü iui8ou( xa\ -ri|v idijyjjv sv to« avenoDiJToif itXtjtr^tn [Witt. oonj. 
^gX4rtovTt(], Iva [ii| ouviijiai [-aoa Witt.] 7tpb( to ppovoS« äX^Sä« fA^t«. taut« 
ulv oSv o Sipanov int naXXolf ü( eUös raoiSms. Pisa. phll. IV, SS, S : Etpitwii x*\ 
Ta n«6i) njt fojjii xa\ Tat afaOjjuEij ev tu jjYtiMVUfä, oilx iv toT( xEitovfldai 1011014 
(TuvioraoBaL. äv yäp tautr) [rouTcii?] xcloOai -rijv 6no|iovJgv, £omp ^Jti ttüv BelvüJv xal 
aXi'infiv xal Soicip in'i ävSptfuv ia'i SiGkuv. 
1} 8. 0. 460,5. 
3) B. die vorletzte und die folgende Anm. 
3) S. S. 743, 4. Seit. Math. VII, 3&0: ol p-iv Biaf^pen cririjv (d)v i^Vl 
Tbiv aloftifaiuv, i; at tcXiIouc of St aJTijv clvai T«( aiaOijatt; xaBdbrap äii tivw» JXÜV 
T«jv aloSiitTipIuv 7cpoxiiKTOixiav , f 5 (jtäoEu j ijpiJE Lrparuv ti a puoixoj xal A!y7)ai- 
6i)[ics. TEiTtJLkDe an. 14: von lange hocexemphim at aßtrabme tt Aenetidevw 
et Heraclilo ; nam et ip>i tmilatem animae tuentur , quae in totvm eorpm dif uta 
et vbique ipaa, vclutflatut in calamo per cavtmat, ita per MntuaJM variit tnoöti* 
emicet , non tarn ctmcita quam dispensata. Weil Strato somit die Seele nicht, 
wie DioKaroh, als besondere Snbstanz aufhob, londem sie nnr als eine vom 
Körper untrennbare Kraft beschrieb, welche aber doch in diesem ihren be- 
stimmten Ort haben, nnd innerhalb deren der Einheitspnnkt des Seelenlabans 
von seinen einzelnen Aaslttnfern sich noch unterscheiden sollte (s. folg. Anm.), 
kann ihn Tbbt. De an. IS, gemeinschaftlich mit Plato, Aristoteles n. A., denen 
gegen üb erstellen, welche, wie DicOaroh, abttulenmt prinzipale, dum in oxmm 
ipso rsoluni etm sensit», quorum vindicatur prineipmk. Andereneita kann aber 
anoh Sextna Mgen, die Seele sei nach Strato mit den alsOnatif identisch, sofern 
Anthropologie. 745 
den Augenbraunen 1 ;), d, h. in den hier liegenden Theil des Gehirns; 
von hier ans liess er sie in die verschiedenen Theile des Körpers, 
und namentlich in die Sinneswerkzeuge, ausströmen *), indem er 
sie sich wohl an die Lebensluft geknüpft dachte 3 ). Auf einer Zu- 
rückziehung dieser Lebensluft sollte der Schlaf beruhen *)■ Wie 
damit die Träume in Verbindung gebracht wurden, ist nicht klar 6 ). 
Da nun bei dieser Ansicht von der Seele das Unterscheidende 
er nicht, wie Aristoteles, Empfindung and Denken verschiedenen Seelen tUeilen 
■ 1) Pldt. plae. IV, 5, 2 (Gii.EB h. phil. c 28. S. 315. Theodoket cor. gr, 
äff. V, 23. 8. 73): STpiTiuv [t'o -rije \uy_%i fJYspovLxiv eTv«i Wvei] ev [itaoippiitjf. Pol- 
lui onomast. II, 226: not 4 jAty voij; xa'i Xo^iii[ib; xctl jJYEjiavutav . . . e!te laret tb 
jitai^puov, ü( sXeye uTpatbiv. Tkbtui.l. De an. 15: nee in supercüiorum medüuBio 
[prmäpale eubare ptitea] ut Slraio pht/sicuS. Vgl. S. 743, 4. * 
2) Dies» ergiebtsich, nenn wirdie 8. 743, 4. 744, 3 angeführten Stellen 
mit der Angabe über den Sita der Seele verbinden. Nur weisen die Ausdrücke: 
KpoxwiTstv, emteare, namentlich aber das S. 743,4 Gesagte, wornach einestheils 
der äussere Eindruck an das fyfEjj.ovcx'ov gelangen, anderutbeils die Seele an den 
von ihm berührten Theil gezogen werden soll, darauf hin, das» sie nicht immer 
durch den ganzen Leib verbreitet gedacht wurde, sondern nur von ihrem Sitz 
im Kopf ans, wenn die Eindrücke dorthin getragen sind, sich in die Sinnes- 
werkzenge u.s.w. ergiessen sollte. Wie sich Strato diesen Hergang näher ver- 
mittelt dachte, wird nicht angegeben ; wir werden aber entweder an die Nerven 
denken müssen, welche eben damals von Herophilus und Erasistratua entdeckt 
waren, und von denen wenigstens die Augennerven, wie es scheint, für Bohren 
gehallen wurden (Sprengel Gesch. d. Arzneik. 4. Aufl. 1,511 f. 524), oder noch 
wahrscheinlicher an die Schlagadern, welche nach Erasistratna das msäfis Jti- 
nxbv, nieht das Blut, durch den Körper führen (ebd. 536 f.). 
3) Diese Vermutbung liegt theile an sich am Nächsten, theils spricht da- 
für, was 8. 743, 4 über die Unterbrechung des zum jj-fsfioyKov flieeseaden 
nvi5p.a, 734, 8 über die Btivafiis xvcv|iamJ) des Samens und folg. Anm. ange- 
führt ist. 
4) Tbexull. De an. 48: Strato (womit doch wohl der Physiker, nicht der 
Arzt, gemeint ist) legregationem contali apiritus [tomnum affirmat], 
6) Plut. plac. V^ 2, 2 {Gii.br bist. ph. 30. 8. 320) giabt an: Ifpanüv [rou; 
OViipouj -fiVEafiai) ÄAo-fep (itv'l add. Qal.) y iSoel Tjj; Öiayoia; ev toi( 5jtvol( afnflTjYuuo- 
TCpn; [i£y nu( (tfj; ijiujf ijf add. G.) YifVOjJÄin, nap' xiia Sk uuto Tüi fnnaraSi xivou- 
y&tji (Gal. gewiss falsch: rviwraxric ftvoftivijt). Die Meinung scheint zn sein, 
daas durch das Uebergewicht des Vernunftlosen die Sinnes emp find ung ge- 
schärft, das Denken dagegen gestört werde, und dass wir desshalb einerseits 
zwar Manches, was uns sonst verborgen wäre, im Schlaf wahrnehme« (vgl. 
8, 434, 3. 720, 2), aber doch darin nur verworrener Vorstellungen fähig seien. 
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7« •»«.•. 
der menschlichen Seele, die Vernunft als ein eigener, höherer See- 
lentheil, aufgegeben war, so konnte Strato einerseits behaupten, 
alle lebenden Wesen seien der Vernunft, welche für ihn eben mit 
dem Bewusstsein zusammenfiel, und ohne die er sich schon die 
sinnliche Wahrnehmung nicht za denken wnsste, theilhaftig 1 }; an- 
dererseits musste er das, was Aristoteles von der Endlichkeit der 
niedern Seelentfaeile gelehrt hatte, auf die ganze Seele ausdehnen. 
Wir hören ihn daher nicht allein die platonische Lehre von der 
Wiedererinnerung bestreiten *), sondern auch den Unsterblichkeits- 
beweisen des Pbädo eine Kritik entgegensetzen 3 ), welche uns ver- 
I) Epiphas. Exp. Bd. 1090, A: Stqctidvvuv [Erpirwv] Ix Aa^iitQu . .. «äv 
J&ov iXtyvi oil [1. D,ty£ vo5] Stxnxov tTvai. 
!) M. i. diu Auszüge, vielleicht aus der Schrift jr, ^iiina>; ävAparalw;;, in 
Olymfiodüb Schol. in Phaed. ed. Finckh 8. 127 {diess auch im Wyttenbacli*- 
sehen Plntarch V, 490). S. 177 (hier, wie aus dem Folgenden hervorgeht, 
nach dem in diesen Schotten öfters angeführten Alezander von Aphrodisias). 
8. 188 «', fl'. 
8) Die Einwendungen gegen die Beweisführung im Phädo 102, Äff., 
welche bei Olthpiodok In Phaed. 8. 160 f. 191 angefahrt werden, lind im 
Wesentlichen diese: Wenn die Seele unsterblich sein soll, weil sie als das Le- 
bende nicht todt sein kann , no mflsste diess von jedem Lebenden , anch von 
Thieren und Pflanzen gelten, denn auch sie können, so lange sie leben, nicht 
todt sein; ebenso aber von jedem Naturwesen, denn die natürliche Beschaffen- 
heit eines jeden sohliesst das Naturwidrige ans; von jedem Zusammengesetzten 
and Gewordenen, denn die Zusammensetzung ist mit der Auflösung, das Dasein 
mit dem Untergang unvereinbar. Aber der Tod ist nicht etwas zum Leben, 
während es fortdauert, Einzutretendes, sondern Verinst des Lebens; es ist auch 
nioht 'bewiesen , dass das Leben eine vom Begriff der Seele untrennbare nnd 
sieh von ihr aus Allem mittheilende {imyipQuaa), nicht eine ihr mitget heilte 
(teiffpojiivr,) Eigenschaft sei; und wenn auch, so theilt sie das Leben neu mit, 
so lange sie existirt, nur so lange also ist sie ohne Tod. Wollte man endlich 
auch alles Andere zugeben, so bliebe immer noch das Bedenken, dass sie als 
endliches Wesen nur eine endliche und begrenzte Kraft habe, nnd daher an 
sich selbst am Ende schwächer werden und erlöschen müsse. — Nocb ein leich- 
teres Spiel bat Strato der Phado 70, C ff. entwickelten Behauptung gegenüber, 
dasa das Lebende aus dem Todten, wie das Todt« aus dem Lebenden,' werden 
müsse. Diese Behauptung, asigt er (». a. O. 166), sei unrichtig, denn das 
Seiende entstehe nicht ans dem Untergegangenen; wenn ferner der Thail, s. B. 
ein abgehauenes Glied, nicht wieder auflebe, so werde diess anoh beim Garnen 
nicht der Fall sein; auch was ans einander entstehe, bleibe aber nur der Art, 
nioht «ler Zahl nach dasselbe; indessen finde nicht bei Allem in der Entstehung 
Gegenseitigkeit statt: ans der Nahrung werde Fleisch, ans dem Erz Rost, aas 
Peripatotischo Schale nach Strato. 747 
muthaii lasst, dass er mit dieses Beweisen den Unsterblichkeits- 
glauben selbst aufgegeben balle. 
Ans Strato's Ethik ist ans nur eine der Sache nach mit Aristo- 
teles übereinstimmende Definition des Guten aufbewahrt *J. 
20- Die peripatetische Schule nach Strato, bis gegen 
das Ende des zweiten Jahrhunderts. 
Auch nach Strato fehlte es der peripatetiseben Schule nicht an 
Männern, welche sich durch mannigfaches Wissen, Lehrgabe und 
schöne Darstellung: Ruhm erwarben; aber nach allein, was wir 
von ihr wissen, brachte sie von dieser Zeit an keinen Philosophen 
mehr hervor, welcher den Namen eines selbständigen Denkers ver- 
diente. Sie blieb fortwährend ein Hauptsitz der damaligen Gelehr- 
samkeit, und unter den gleichzeitigen Philosophenschulen konnte 
sich ihr nur die stoische seit Chrysippus in dieser Beziehung zur 
Seite stellen; sie pflegte namentlich die historischen, literarge- 
schichtlichen und grammatischen Studien, welche vor allen andern 
das alexandrinische Zeitalter bezeichnen ; sie beschäftigte sich im Zu- 
sammenhang damit eifrig mit der Rhetorik und der Ethik; aber selbst 
aus diesen Fächern wird uns kaum irgend etwas Eigenthümliches 
von ihr überliefert, die naturwissenschaftlichen und metaphysischen 
Untersuchungen vollends scheinen, wenn sie auch nicht ganz brach 
lagen, doch in keiner Beziehung aber die Forlpflanzung der altern 
Lehren hinausgekommen zu sein. Auch wird man nicht etwa nur 
die Dürftigkeit unserer Nachrichten für diesen Schein verantwort- 
lich machen dürfen; denn theils wird ausdrücklich über die Unfrucht- 
barkeit der peripatetischen Schule in dem bezeichneten Zeitraum ge- 
klagt 1 ), theils müssen wir annehmen, wenn von Strato's Nach- 
dem Holz Kohlen, ans dem Jüngling ein Grois, nicht umgekehrt. Mar dann 
könne etwaa ans dem Entgegen gesetzten werden, wenn im Substrat erhalten, 
nicht wenn es untergegangen sei. Dass aber ohne diese Gegenseitigkeit die 
fortwKhrende Entstehung von Einzelwesen aufhören müsste, sei nicht richtig-: 
diese verlange nur, dam Gleichartiges , nicht dass die gleichen Individuen 
1) Stob. E kl. H, 80: Stp&MV [ävaflbv ^rft] -rb reXtioDv tJjv iijv«|uv, 8t* JjV vifc 
evepYste? toyy4vojmv. Vgl hiesa 8. 472, 5. 
2) Stbabo XIII, 1, 54. S. 609: Nach Theophrast widerfuhr es den Peripa- 
tetikern, weil sie von Aristoteles nur wenige und meist esoterische Bücher he- * 
sassen, |U]Btv tvnv jilouoipEiv xpavpxTixüf (im Sinn realer Forschung), illa 
748 Ljk* 
folgern Bedeutendes zu berichten gewesen wäre, so würden auch 
die Quellen über' sie reichlicher Messen, und es würden namentlich 
die gelehrten Ausleger des Aristoteles, welche über die Peripatetiker 
zwischen Strato und Andronikus ein so tiefes und bezeichnendes 
Schweigen beobachten ')> wehr Anlass gerunden haben, ihrer tn 
erwähnen. 
An Strato's Nachfolger Lyko aus Troas, welcher der peri- 
patetischen Schule fast ein halbes Jahrhundert lang vorstand *), 
und auch eine Anzahl Schriften hinterliess *), wird die anmulhige 
und glänzende Darstellung mehr, als ein bedeutender Inhalt, ge- 
rühmt *)■ Das Wenige, was uns aus seinen Werken überliefert ist, 
Oüek (Gemeinplätze ; s. o.. 17!, 2. Bd. 1 , 784, I) Xi^uBiCttv (schminken , aus- 
malen). Flut. Sulla 26: ol 6t npcaSiStcpoi IIcpiRaTnmoi (vor Andronikus) ?ni- 
vovtii |itv iiö' iauxob; tcviSjmvoi japim« xcft ip).o).<S-|" ol j die aristotelischen und 
theophraetischen Schriften Jedoch haben ihnen sichtbar gefehlt. Du Letztere 
freilich ist ebenso unrichtig, als dnns die wissenschaftliche Unfruchtbarkeit 
der Sehnte schon nach Theophrast anfieng; a. S. 83 ff. 
1) Mir ist in allen mir bekannten Commentoren unter den zahllosen An- 
führungen Blterer Philosophen keine einitge atifgestossen , welche sich auf 
einen derselben bezieht. 
2) Lyko ans Troas (Diog. V, 65. Plut. De eiiL 14. S. 605) hotte ausser 
Strato auch den Dialektiker Panthödes gehurt (Dioo. 68). Ton Strato zum 
Erben de* Schulvermögens eingesetzt (s. o. 728, 1), folgte er ihm als ein noch 
junger Mann 2 7 %8 v. Chr. auf dem Lehrstuhl, nnd starb 74jfthrig, nach 44jsh- 
riger Scfaulfohrung, 22% v. Chr. (Dioo. 68 nnd oben 728, 1). Ein bewunderter 
Bednar (s. Anm. 4), beschäftigte er sich auch mit Öffentlichen Angelegenheiten, 
nnd erwarb sich nach Dioo. 66 bedeutende Verdienste um Athen, wo er dem- 
nach (wenn das sup.ßouXeu!iv hier Beden in der Volksversammlung bedeutet) 
Bürger geworden sein musa. Von den ersten pergamenischen Königen ge- 
schätzt und beschenkt, vonAntigonus bewundert, von Antiechns (wohl Ant.II 
Theos) vergeblich an seinen Hof eingeladen (Diog. 65. 67), zeigt er sieb io 
seinem Testament (b. Diog. 69 ff.) als ein wohlhabender Mann, und nach Hia- 
Mirr. b. Diou. 67 lebte er auch als solcher; was jedoch Antiüokdb Kastst. b. 
Athbs. Xu, 547, d ff. von seiner Ueppigkeit erzahlt, ist wohl stark über- 
trieben. Derselbe ebd. 548, b und bei Diog. 67 aagt ihm auch übermässige Be- 
schäftigung mit gymnastischen Künsten nach. Ueher sein Begräbnis« ver- 
ordnet er (Diog. 70), es solle anstttndig, aber nicht verschwenderisch sein. 
S) Einem Sklaven, dessen er sieh wobl bei seinen Arbeiten bedient hatte, 
vermacht er b. Diog. 73, indem er ihn freilässt, T>|ut ßißXio -.3. ävirvunuiva, die 
niehtveröffentlichten dagegen seinem Schüler Kailinus zur Herausgabe. 
4) Oic Fin. V, 5, 13: hujus [SlratonUJ Lyco est oratione loeuplu, reew 
ipritjejunior. Auch Dioo. 65 f. rühmt an ihm das k^pKotiKÖv not «et^E-f««« k 
Hieronrmm. 749 
beschrankt sich auf eine Bestimmung über das höchste Gut ')> und 
auf einige Bemerkungen ans dem Gebiete der Ethik '). 
Ein Zeitgenosse Lyko's, der aber von der aristotelischen Lehre 
bedeutend abwich, ist Hieronymus der Rhodier "). Das Meiste, 
was uns von diesem, nach Cicrro's Versicherung 4 ) kenntnissrei- 
cben und in der Darstellung gewandten Mann mitgetheilt wird, be- 
steht in geschichtlichen Angaben 5 ), Büchertiteln 6 ) und einzelnen 
rif ip[ii ( v£'!o, und die täiuäia seiner Beden, wegen deren er auch wohl l'lu*wi 
(wie er bei 1'i.ut. u. a. 0. heiaal) genannt worden sein soll, doch mit dem Bei- 
satz: rv St tüi ypijEiv övi|ioiü( aürä. Die Beispiele, welche Diog- anführt, bestä- 
tigen sein Urtbeil. Ueber seine Berühmtheit in seiner Zeit vgl. m. Thbmibt. 
orat. XXI, 265, B. ' 
1) Kr.EMEsa Strom. I, 416, D: AJio; (es muas aber Lykau gemeint sein) ö 
lIiptitiTTitwbt tJ,v bXj]9ivJ]v fttpin -t^i <|mjx?* ■ral^>tßJTE , ' Aw, <*{ Aalxi[«( [f) t)jv 
lz\ xiHt xaXtiTf. Mit der aristotelischen Fassung der Gifickseligkeit ist diese Be- 
stimmung nicht im Widerspruch, wenn sie dieselbe anch allerdings lange nicht 
erschöpft. Wir wissen aber 'anch nicht, ob Lyko damit wirklich eine erschöp- 
fende Definition geben wollte. Ueber den geringen Werth der äusseren Güter 
e. m. folg. Anm. 
9) Bei Cic. Tose. UT, 32, 76 sagt er über die aegritudo: parvit tarn rtbu* 
7noveri,forhmae et corporis incommodii , tum animi matte. B. Stob. Floril. Ex« 
e Jo. Damasc. II, 13, 140 (IV, 226 Mein.) nennt er die nsufaia ein lepbv noulov. 
Dioa. 65 f. bezeichnet ihn als ppaorixbf £v))p *A r.cii itaiSuv afuifiiv ixpiu; ouv- 
tst»|]iAoj , indem er einige Anssprflche von ihm anffihrt. 
S) Dieser Philosoph, welchen Cic. FSn. II, 3, 8. Athbh. X, 424, f. Dioe. 
II, 26 u. a. St. als Rhodier bezeichnen, lebte gleichzeitig mit Lyko, Areeiilaua 
und dem Skeptiker Timon in Athen (Diog. V, 68. IV, 41 f. IX, 112). Wenn 
ihn Atiieb. X, 424,?. einen Schüler des Aristoteles nennt, so tat diese ein un- 
genauer Ausdruck für Peripatetiker. Nicht auf ihn, sondern anf den Geschicht- 
schreiber Hieronymus ans Kardia, den Waffengeflthrten des Enmenes und 
Antigonus, bezieht sich die Angabe Lucias'b Macroh. 22. S. 224 B, er sei 
104 Jahre alt geworden, wie diess aus dem Anfang des Kapitels deutlich her- 
vorgeht. 
4) Orator 57, 190 nennt er ihn Ptrlpataieus inprimit nobili», Pin. V, 5, 14 
aagt er : praeterto maltet, in Aw doctum hommem et suavem Hieronyinvm. Vgl. 
auch Fin. II, 6, 19. Mancherlei Wissen erhellt anch ans dem sogleich Anzu- 
führenden. 
5) Wie die bei Athen, il, 48, b. V, 217, e. XIII, 556, a. 557, e. 602, a. 
604, d (wohl meist aas den loropixi ■Jirojj.vi^a-ta, welche 557, e. 604, d genannt 
werden). X, 424, f. XI, 409, f (ans der Schrift x. ji^r,;). X, 434, f (aus den 
Briefen); bei Dios. I, 26 f. (im 2ten Buch der (MtopABijv oitopvikma, welche 
wohl mit den Ixt. Siropvv. identisch sind). D, 14 (ebd.). 26. 105 (c* tiji ic. iiEogift). 
TM Aristo. 
unbedeutenden Bemerkungen *); zugleich hören wir aber, da» er 
die Schmerzlosigkeit für das höchste Gut und den letzten Zweck 
unserer Handlungen erklärt habe; diese Schmerzlosigkeit wollte er 
jedoch von der Lust scharf unterscheiden, und die letztere, hierin 
über Aristoteles hinausgebend, nicht einmal für ein Gut gelles 
lassen *). 
Nach Lyko's Tod übernahm die Führung der Schule, durch 
die Wahl seiner Genossen dazu berufen B ), Aristo ans Keos*J. 
VIII, 21. 57. IX, 16. Dans dagegen der von D*nucius und Josephus benutzte 
Hieronymus nioht der unsrige ist, wurde schon Bd. I, 71 Bemerkt. 
0} Aniier den eben genannten und sogleich zu nennenden führt Pi.ut. qn. 
conr. pro. 3. S. 613 Xä-pi Jtocpl jtirov yEvijisvoi, möglicherweise aas der Behrift 
n. (iWi]t an, und derselbe (n. p. sust. vivi 18, 6. S. 1096) rechnet ihn in den 
Schriftstellern über Musik. " 
1) So bei Cic. a. a. 0. (ans einer rhetorischen oder einer metrischen 
Schrift) der Nachweis von etwa 30 Versen bei Isokrates, bei Plut. qn. conv. I, 
6, 3, 1. 8. 626 eino Bemerkung über die Kuresiohtigkeit der Greine, bei Sekici 
De im I, 19, 8 ein Wort gegen den Zorn, bei Stob. Floril. Exo. e Jo. Dam. II, 
13, 121. Bd. IV, 209 Hein, gegen die Erziehung durch Pädagogen. 
2} Unsere hauptsächliche Quelle hiefür ist Cicero, der diese Behauptung 
des Hieron. sehr oft berührt. Äead. IV, 42, 131 : vaeare omni rnoUtüa Hier* 
rtymuK ffinem ute voluitj. Ebenso l-'iii. V, 11, 36. 25, 73. Tuac. V, 30, 87 f. 
Pin. II, 3, 6: Ttnesnt igilur, inquam, Hieronymus Ehodiun quod dicat «sie «um- 
mim bonum, quo pulet omnia referri oportertt Teneo, inr/uit, finem Uli mderi, 
nihil dolere. Quid* idem üte de volwptate quid aentitt Ncgat etat eoiu , inqwt, 
prepter le iptam expettndaat. 6, 19; nee Arittippui, out voiupUttem sunmtmt bo- 
num dicil, ™ voluptate ponit ntm Ädert, neque Hieronymut , qui mimmum bonum 
itatuit nun dwlere . voluplatie nomine unquam uiitur pro iüa indolentia; quippt 
qui ne in expetendU quidem rein* numeret voluptattm. V, S, 14: Hieronymum; 
quemjam cur FcripaUticum appeüem, neteio. sumrnv.ni enim bonum expotuit eo- 
cuitat&m dolorii. KLEHEKsStrom.il, 415, C: 3 « 'lspi&vu|iof & HfpncBfntttfe4 tAo; 
[isv eJvol: tö äo^XifTtu: [ijv teXikov B' ÄfiBbv |idvov Tr,v Eii6cu[j.oviav. Klemeni 
■eheint hier derselben Quelle zu folgen, wie Cicero Acad. IV, 42, 131, wo An- 
tiochus als sein Gewährsmann angedeutet ist; dasi Cicero ausser der rheto- 
rischen auch eine ethische Schrift des Peripatetikera selbst gekannt hat, folgt 
ans Fin. II, 6, 19 nicht mit Sicherheit. 
8) Aristoteles soll Theophrast wenigstens andeutungsweise als seinen 
Nachfolger bezeichnet haben; Theophrast vermachte den jcspiitortot 10 Freun- 
den, Strato dem Lyko (a. o. 35, 3. 642, 5. 728, 1); Lyko hinterlttaat ihn in 
■einem Testament (b. Dioo. V, 70) tüv -fvwpijuov to"( BouXo[iivaif und namentlich 
iahen dort Genannten, Ton denen uns jedoch keiner ausser Aristo anderweitig 
bekannt ist, mit dem Beisata: spoonjosoBwoav 3' *üioi 8v 3v üna).Bp.(Üvcu<n 8in- 
umftt fol toü jupi-flieros %A auvoü^ei* fiiXiati SuvijmoOm. Wenn aber wahr ist, 
Aristo. 75i 
Auch er soll sieb aber mehr durch eine abgerundete und gefällige 
Darstellung, als durch gewichtige Gedanken ausgezeichnet haben *)■ 
Von seinen zahlreichen Schriften sind uns nur Titel a ) und wenige 
was Themist. Or. XXI, 265, B erztthlt, hätte auch er dem Aristo sogar Tor sich 
Beibat den Vorrang zuerkannt. 
i) Kilo; wird er schon in Lyko's Testament (Dioa. V, 74) und seitdem znr 
Unterscheidung von dem gleichnamigen Stoiker, 'Apioruv ö XIoj, gewöhnlich 
genannt, aber wegen der Aehnlichkeit beider Bezeichnungen auch oft mit ihm 
verwechselt. Eine andere Bezeichnung, TouXujtrjS oder 'iAiiJxitf (Dioa. VU, 164), 
drückt ans, dasa er aus Julis, der Hauptstadt der Insel Kcos, herstammte, wie 
liieafl auch Öteabo X, 5, 6. S. 646. Sibphahes De urb. 'lauXt; bemerkt. Purr. 
De eiil. 14. B. 605 nennt den 'Apiorov h KAo zwischen Glyko und Kritolans, 
Cic. Fin. V, 5, 13 und Lyko selbst (s. vor. Anm.) bezeichnet ihn als Lyko's 
Schiller; wenn Aristo statt dessen bei Seit. Math. II, 61 der -yviipijio; des Kri- 
tolsua heisst, so ist sobwerlich ein gleichnamiger jüngerer Peripatetiker (etwa 
der von Stbjbo XIV, 2, 19. S. 658 genannte Koer, der Schüler und Erbe des 
Aristo ans Keos) gemeint, sondern vvuipijio;, welches sonst den Schüler be- 
zeichnet, steht hier in weiterer Bedeutung; derselbe Ausdruck einer griechi- 
schen Quelle scheint dann Quintiliak II, 15, 19 zu dem Prädikat: Criiolai peri- 
patstici dücipuius veranlasst zu haben. Sonst hären wir noch, d&ss er ^XaiiiK 
des Boryatbeniten Bio (g. 1. Abtb. 347, 1. 700 f.) gewesen sei (Stkabo a. a. 0.), 
womit aber, nach dem Zeitverhältuiss beider Männer, nicht wohl eine persön- 
liche Schülerschaft gemeint sein kann, und dasa er noch gleichzeitig mit Arne- 
silaus (der 241 v. Chr. starb) oder nicht lange nachher in Athen war (dies» 
scheint wenigstens aus dem Witz über ihn hei Seit. Pyrrh. 1, 334. Dioa. IV, 33 
hervorzugehen, wenn -dieser ihm und nicht dem Stoiker angehört), lieber ihn 
und seine Schriften s. m. Hubxabn in Jahvs Jafarbb. Bupplementb. 111. 1834. 
S. 102 ff. Kitschi. Aristo d. Peripat. bei Cic. de senect. 3 (Bhein. Mus. N. F. 
1842. I, 103 ff.). Khiscbe Forach. 405 f. 408. 
1) Cic. Fin. V, 5, 13: conrinnu» deinde et tUgaru fmjut [Lyconie, sc. diici- 
pviua] Aristo; sed ea quae detideratur a magno pfiüotqpho gravitat in eo nun 
fv.it. scripta atme et touita et poiüa; ted neteto quo pacta auctoritatmi oratio nun 
habet. Dasselbe deutet Stkaso (vor. Anm.) durch die Vergleicbung mit Bio an. 
2) Wir kennen von ihm aus Plut. and. po. 1, Anf. S. 14, wo doch kein 
Anderer gemeint sein wird, vgl. Cic. senect. 1, 3 und dazu Ritschl b. s. O., 
einen Lykon, der dort mit den äsopischen Fabein und dem Abaris des Hora- 
klides zusammen gestellt wird, der also eine Sammlung mährchenhafter Erzäh- 
lungen, in welcher Form diese auch war, enthalten haben muss, und aus 
Athen, X, 419, c. XIII, 563, f. XV, 674, b die 'Eputeui "Ouokc. Ausserdem 
wurden aber nach Dioa. VII, 163 die sämmtliobeu dort dem Stoiker Aristo bei- 
gelegten Werke ausser dea Briefen von Pahäiios und Sobikbatgb ihm zuge- 
schrieben; was aber vielleicht nnr in Betreff eines Tbeils derselben der Fall 
war, und jedenfalls nur bei einem solchen richtig sein kannte. 
i „Google 
Bruchstücke, meist geschichtlichen Inhalts, erhalten ')■ Bedenten- 
der scheint sein Nachfolger *) Kritolaus ans Phaseiis in Ly- 
1) Geschieht! iohen Inhalts lind die sHmmtlicIieii Bruchstücke bei Athz- 
näus (s. d. Indes) ausser II, 38, f (einer Bemerkung über Getränke) und die 
Notizen b. Fi.lt. Themist. 3. Aristid. 2. Sotioh De Aar. 26. Von ihm hat 
ferner Dioqehbb (nach V, 64 — wo Cobgt ans dem sinnlosen 'Ap. o olxtit>$ 
nicht Xio(, sondern Keio? zu machen hatte — s. o. 35, 2.) ohne Zweifel, mit- 
telbar oder unmittelbar, die 1 es tarnen te der peripatetischen Philosophen, und 
wohl auch noch andere Nachrichten Über dieselben, entlehnt, nnd daher 
mag es kommen, dass seine Geschichte des Lycenms nicbt über Lyko herab- 
reicht. Sonst wird von ihm noch mitgetheilt: bei Stob. Ekl. I, 828 (wo doch 
unser Aristo gemeint sein muss) eine Eint heil trag der iv^r.™^ 6dv«pvi( Tijs 
^■■•'/jli in das abSiTut'ov nnd den voS;, jenes an die körperliehen Organe gebun- 
den, dieser ohne Organ wirkend; bei Seit. Math. U, 61. Quibtil. II, 15, 19 
(wozu 8. 751, 3 z. vgl.) eine Definition der Rhetorik, die auf eine rhetorische 
Schrift scbliessen lilsat. Die Bruchstücke aus Aristo in StobIus Floril. (a. d. 
Index) geboren dem Stoiker, wie dies* *. B- aus 4, 110. 80,5. 82,7. 11. 15. 16 
erhellt; was Sinn.. Categ., Schol. in Ar. 63, b, 10. 66, a, 3S aus einem Ariulo 
mittheilt, scheint sieb auf einen jüngeren Peripaietiker, eiuen von den Nach- 
folgern des Andronikua, zu beziehen, vielleicht den gleichen, über den Seneca 
ep. 29, 6 sich lustig, macht. Welchem Aristo die Aussprüche bei Fltjt. amator. 
21, 2. S. 767. praeo. ger. rein. 10, 4. S. 804 angehören, lasst sich nicht bestim- 
men. Bei Pi.ur. Demostb. 10. 30 haben wenigstens unsere Ausgaben Xioj. Von 
der Schrift r.. *evo8o?ia( und den Mittheilnngen daraus b. Philodev. De Tit. X, 
10. 23 macht Siuppe (Pbilod. de vit. lib. dec. 8. 6 f.) wahrscheinlich , daas sie 
unserem Aristo zuxutheilen sind. 
2) Dass Kritolaus Arieto's unmittelbarer Nachfolger war, wird von kei- 
nem unserer Zeugen ausdrücklich gesagt, denn Klkhehs, welcher Strom. 1, 
301, B die peripatetischen Diadoohen aufzählt, oder doch unser Text desselben, 
Übergeht Aristo (den Aristoteles 8i«8rx ETal WffWWoS' 8v ETp&rtuv ov Ailxuv 
ErraKpiTOlao;- 6Ttai'.iBü)pD(), nnd Flut. De exil. 14. S. 606 will keine vollstan- 
digeDiadocbenliste geben, sondern nur diejenigen Peripatetik er nennen, welche 
aus dem Ausland nach Athen kamen, wenn er sagt: 'Apwwtö.i]t ^v in 2™- 
■filpow . . . riJxuv ir. TpwiBos, 'ApiaTiuv (x Kita, KpttdXao; 4><x<n]Xip|t. Auch Cicicso 
Fin. V, 5, 18 f. will nicht über die Reihenfolge der Sohnl vorstände berichten, 
sondern nur das Verhältnis» der späteren Peripatetiker zu Aristoteles und 
Theophrast angeben; und nachdem er hier Strato, Lyko und Aristo genannt 
hat, fährt er fort: praetero mvltot, in Ais .... Hieronymian, nnd nach einigen 
Bemerkungen über diesen : Oritolaut imitori antiquot voluit n. a. w. Diese Aus- 
sagen scheinen für weitere Namen zwischen Aristo und Kritolaus Raum zu 
lassen, nnd die Annahme, dass ein solcher einzufügen wttre, kannte sich um so 
mehr empfehlen, da die Zeit zwischen Lyko'e nnd Kritolaus' Tod für blos zwei 
Schulvorstande fast zu laug scheint: denn da Lyko 22% t. Chr. starb, Krito- 
laus aber (s. folg. Anm.) 15% v. Chr. noch in Rom war, so erhielten wir, wem 
KritoH-a» 753 
oien gewesen zu sein *), Was uns von seinen Ansiebten bekannt 
diese Reue auch in seine letzten Lebensjahre fallen sollte , für seine und 
Aristo'« Scbulfübrung immer noch einen Zeitraum von mehr als 70 Jahren, 
unil wenn wir Lyko's 41 Jahre hinzurechnen, für drei Scfaolarcbate gegen 
120 Jahre. Zumpt (ab. d. Bestand d. philoa. Schalen in Athen u. d. Success. d. 
Scholarchen, Abh. d. Berl. Akad. hiflt.-phil. Kl. 1842, S.90ff.) Ut daher geneigt, 
zwischen Ariuto nnd Kritolaua noch Andere einzuschieben , indem er lieh auf 
den Anonymus des Menage beruft, welcher & 13, 8 West sagt: Sl&Sox. 01 '' 
mhou (Arial.) Tijc <r/okr,i xtta -i?iv •ysvwM offie- ÖsippaoTOS, Eip&tiuv, IIpaEi- 
tAij{, AJxuv, 'Apioriuv, Auxioxot, IIpaEijavnc, 'Ifpcivuiio;, üpuiavi;, 4>op|i(iüV, Kpi- 
rilio;. Allein dieaea Zeugniss ist lediglich nicht zu braueben. Denn ala eine 
glaubwürdige Diadoeh anliefe, und vollende eine xorriTi&v entworfene, kann 
doch ein Bericht nicht gelten, welcher zwischen Strato und Lyko, deren unmit- 
telbare Aufeinanderfolge urkundlich feststeht, den sonst ganz unbekannten, 
nicht einmal in Strato's Testament genannten, Praxiteles (welcher aebon dess- 
halb nicht mit Zumft zu Strato's zeitweiligem Stellvertreter gemacht werden 
kann, aber auch dadurch nicht zu seinem Bia6ov_ot würde) einschiebt, Theo- 
phraat's Schüler Praxiphanes (s. o. 727, 4) ztun zweiten, Phormio, den wir bei 
Cic. Deorat. II, 18, 75f. nm 194 schon betagt in EpheBus, anscheinend nicht blos 
auf einer „Kunstreise", treffen, auin fünften Nachfolger Aristo's in Athen macht, 
nnd zwischen 226 und 166 v. Cbr. nicht weniger als sieben Diadochen zahlt. 
Cicero aber setzt so wenig eins Lücke zwischen Aristo nnd Kritolaua voraus, 
dass er vielmehr von Schul vorständen zwischen den von ihm genannten allem 
Anschein nach nichts gewuest hat: Hieronymua nnd die andern zu den multi 
(Jp.hürigsn, welche er übergebt, sind eben diejenigen, welche er in die Dia- 
dochenliate nicht einreiben konnte, weil sie keine Schul Vorsteher waren. 
Warum hätte aber die Amtsführung des Aristo und Kritolaus, von welchen der 
Letztere (nicht: Aristo, wie Zukpt 8. 90 aagt) nach Luoiak Macrob. 20 über 
82 Jahre alt wurde, nicht ebenaogut 70 — 80 Jahre ausfüllen können, als die 
Lyko's 44, nnd die Tbeophraat's, welcher beim Tod seines Vorgängers selbst 
nicht mehr jung war, 36? Die Stoiker Chrysippus nnd Diogenes waren In- 
somnien wohl mindestens 80, die vier ersten atoiaohen Diadochen 140 Jahre 
1) Die Vaterstadt des Kritolaus ist durch Plut, a- a. O. und andere Zeug- 
nisse festgestellt. Sonst ist die einzige sichere Nachricht au» seinem Leben 
seine Theilnahme an der berühmten Gesandtschaft, welche aus ihm, Karneadea 
und Diogenes bestehend, nach Cio. Acad. IV, 45, 137 unter dem Consulat von 
P. Scipio und H. Marcellus (59 s | 9 a. u. c. lß«/s v. Cbr. b. Clinton Fast Hellen. 
zu diesem Jahr) nach Rom kam, nm einen Erlaaa der den Athenern wegen der 
Plünderung von Oropus auferlegten Strafe von Ö00 Talenten zu erwirken. M. 
h. Aber dieselbe und ihren Anlass Pauhan. VII, 11. Cic. a. ». O. De orat. II, 
37, 156. Tuao. IV, 3, 6. ad Att. XII, 23. Gell. N. A. VI, 14, 9. XVII, 21, 48. 
Plis. H. n. VII, 30, 112. Flut. Cato roaj. 22. Aai_ V. H. III, 17 (über ihre ge- 
schichtliche Bedentung wird später zu sprechen sein). Das« auch Kritolaus 
tnuoi. a. Gr. ii. m. a. Abth. 48 
l zsd ,Gooq1c 
754 KritoUua. 
ist, lässl ihn im Ganzen als einen treuen Anhänger der peripatetiscben 
Lehre erscheinen 1 ), der aber doch bei einigen Punkten von Aristo- 
teles abwich. So dachte er sich die Seele, mit Einscbluss der Ver- 
nunft, an den ätherischen Stoff gebunden *), und in der Ethik gierig 
er durch die Behauptung, die Lust sei ein Uebel*), über Aristoteles 
hinaus. Dagegen sind seine sonstigen Bestimmungen über das 
höchste Gut acht aristotelisch, wenn er dasselbe im Allgemeinen 
als die Vollendung eines naturgemässen Lebens beschrieb, und hiezu 
näher eine Verbindung der dreierlei Güter verlangte *)> unter diesen 
jedoch denen der Seele so unbedingt den Vorzug gab, dass die 
andern gegen sie gar nicht in Betracht kommen 6 ). Ebenso tritt er 
in der Physik als Vertheidjger einer nicht unwichtigen aristotelischen 
Lehrbestimmung auf, indem er die Ewigkeit der Welt und des Men- 
schengeschlechts, zunächst, wie es scheint, gegen die Stoiker, in 
damals, mit den Andern, Vorträge in Bon) hielt, wird ausdrücklich tünchtet 
(•■ folg. Anm.). Ans dem TOr. Arm. Erörterten und ans den Angaben fiber du 
Zeitalter »Diner Nachfolger wird wahrscheinlich, dnsa diese Gesandtsckaftsroiae 
in die spateren Lebensjahre des Kritolans fallt Er wurde übet 83 Jahre alt 
(i. vor. Anm.). Eine genauere Bestimmung seines Todesjahr» ist nicht möglich. 
2) Vgl. auch Cid. Fin. V, 5, 14: Critolaus imitari antiquoe voluii, et jwidem 
ett gravitate proximut , et redundat oratio, atiamtn ii gttidem in patriis iaititutit 
maust, üeber seine Vortrage in Rom sagt Gell. VI, 14, 10 nach Rutiliua and 
Polybias: vioienta ei rapida Carneadei dicebat, teita et ttrttia Oritalatu, modetta 
Diogenei et sobria. 
1) Sa Cicebo; s. vor. Anm. 
2) Stob. Ekl. I, 68 : KpirfXiOf xn\ AidSupo; 5 Tdpio( vuSv ix' alOipoi aitaBoÜf . 
Tbbtoll. De an. 5 : nee ittot dieo solot, qui eam [tmimam] de manifestit corpora- 
libui efingtmt ... tit Critolaus et Peripatetiei ejui esc quinta neteio qua ti&ttantxa 
(die n^ucen oiloi«, der Aetlier). 
3} Gem.. N. A. IX, 6, 6: Critolaus Peripateticut et malum esse votuptatem 
aii et multa alia mala parere ex sete, injuria», desidiai, oblivionet, ignaviae. 
1) Klemkhs Strom. II, 316, D: KpirfXao; 5t, o xA aüib; HspmaTijTnb; , te- 
XEiiTrjTa eXE-fev [sc. to tAo;] xoiit lüuiv lipooEtroj ß(au~ tJjv Ix tüv Tpiü» fEV&iv 
(die drei Arten der Güter) OTjp.jiXijpoup.ev7]> iEpov<m*J|v (V vitll. iv8p(OJrtxi)v) -ecXstd- 
vtfitt |ii]vi!div. Stob. Ekl. II, 58 : 5itb 81 tüjv vEwripuv ncpiicnTijTiitäJv, tüv ht'o KpiTo- 
Xiou, [sc. t&o( XivEtHt] to ix ^cfvTuv Tiöv i-]- a 8wJ aup.itE7[Xi]pt>>[!ivov. toüto 8s fy to 
ix tflv tpiSv YtVtüV. 
5) Cic. Tuüc. V, 17, 51: quo loco quaero, quam vim habeat libra iäa Ori- 
tolai : qui cum in alteram lancem emimi bona imponat , in alteram corporii et ex- 
terna, tantum propendere üiam. bonorum animi ianeem pulet, ut terram et maria 
deprimot. 
JigiiizBdby Google 
EfitoUn«. 755 
Schatz nimmt *). Er stützt sich hiebei vor Allem auf- die Unver- 
änderlichkeit der Naturordnung, welche die Annahme ausschliesse, 
dass die Menschen jemals auf einem anderen Wege entstanden seien, 
als diess jetzt der Fall ist; er begründet denselben Satz mittelbar, 
indem er der Vorstellung, als ob die ersten Menschen aus der Erde 
hervorgewachsen seien, mancherlei Ungereimtheiten nachweist; und 
er schliesst daraus, dass die Menschheit, und somit auch die Welt, 
ewig sein müsse, indem die Natur, wie schon Plato und Aristoteles 
gesagt hatten *), die Unsterblichkeit, welche sie den Einzelnen nicht 
gewähren konnte, mittelst der Zeugung dem ganzen Geschlecht ver- 
liehen habe. Er bemerkt weiter, was sich selbst Ursache des Da- 
seins sei, wie die Welt, das müsse ewig sein; wenn die Welt einen 
Anfang hätte, müsste ihr auch Wachsthum und Entwicklung, nicht 
folos ihrem Leibe, sondern auch der in ihr waltenden Vernunft nach, 
zukommen, welche sich doch bei diesem vollkommensten Wesen 
nicht annehmen lassen; wenn die lebenden Wesen durch Krankheit, 
Alter oder Mangel untergehen, so könne bei der Welt keiner dieser 
Fälle eintreten; wenn die Weltordnung oder das Verhängniss an- 
erkanntermassen ewig sei, so müsse es auch die Welt selbst sein, 
die ja nichts anderes sei, als die Verwirklichung dieser Ordnung. 
Sind auch die leitenden Gedanken dieser Ausführung nicht neu, so 
werden wir doch immerhin eine tüchtige Verteidigung der perl- 
patetischen Lehre darin anerkennen müssen. Was sonst noch von 
Kritolaus berichtet wird s ), ist ziemlich unerheblich. 
Der Zeit des Aristo und Kritolaus gebort auch der Peripate- 
tiker Phormio an, welchen Hannibal 194/5 in Ephesus traf 4 ), 
1) Bei Philo incorruptib. mundi S. B43, B - 
Erörterung «nn&chst gegen die Stoiker gerichtet ie 
947, A. B. 
2) 8. o. 396, 4. I. Abth. 385, 1. 552, 6. 
3) Stob. EM. I, 252: er halt« die Zeit für ein viTjfii J\ |iltpov, nicht eine 
■jTOuraat;. Seit. Math. II, 12. 20. Quistil. II, 17, 15: er richtete gegen die 
Rhetorik scharfe Angriffe (wovon Seit, etwas niittlieilt) , indem er sie nach 
Qcimt. II, 15, 23 als tuits dicendi (»am hoc tp ip-Jj tignificat, fügt Quillt, bei), ä. h, 
mit Plato (Sorg. 468, B) als eine kunstlose, durch blosse Uebnng erworbene 
Redefertigkeit definirte- Im Zusammenhang dieser Angriffe gegen die Rede- 
kunst hatte er wohl auch erxählt, was Gell. XI, 9 ans ihm mittheilt. 
4) Der Vorfall ist aus Cio. De orat II, 18 bekannt. Da Hannibal damals 
bei Antioohus in Ephesna war, mnss er in die angegebene Zeit fallen, und da 
48* 
Google 
758 Phormio. Sotion. 
Aber den uns aber ausser der Übelangebrachten Vorlesung Aber das 
Feldhermamt, welche er dem puntschen Helden hielt, nichts weiter 
bekannt ist *). Um die gleiche Zeit schrieb, wie es scheint, So- 
lion *) sein vielbenfitztes Werk über die Philosophenschulen ■), 
er den Philosophen einen ddimt tenex nennt, muss Phormip damals schon bei 
Jahren gewesen sein. 
1) Denn mit der 3. T63 berührten Angabe des Anon. Hen. ist, wie be- 
merkt , nichts anzufangen. 
2) Daaa auch dieser ein Peripatetiker war, wird nicht ausdrücklich be- 
richtet, aber der ganze Charakter seiner schriftstellerischen ThStigkeit macht 
es wahrscheinlich. Vgl. auch Sotion De fluv. 44 (Westerm. naoaBo^-fpasoi 
8. 191). 
8) Vgl. Wkstehmahn napaBo^i-fpaipoi 8. SLIX, namentlich aber PiniKi- 
biktbb, Sotion. Jahn's Jahrbb. Snpplamentb. V (1S3T), SU ff. P. zeigt hier 
ans den Angaben des Diogenes, dass die iiaSo^J, tcT™ fiXoa6fiav «wischen 200 
und 150 v. Chr. (wahrscheinlich aber 200—170) geschrieben sei, da einerseits 
Chrysippus (f um 206) darin noch besprochen war (Dioo. Vil, 18S), und an- 
dererseits Heraklide» Lembas (s. n.) einen Auszug daraus machte. Derselbe 
macht wahrscheinlich, dass sie ans 13 Büchern bestand, deren Inhalt er im 
Einzelnen nSher an bestimmen versucht. Der gleichen Schrift sind die Anfüh- 
rungen b. Athkh. IV, 162, e. VIII, 843, c. XI, 505, c. Seit. Math. VII, 15 ent- 
nommen. Weiter kennen wir von Sotion ans Athen. VIII, 336, d eine Schrift 
jks'i tSv T(u,(üvo( tt'IUwv und aus Dioo. X, 4 (wozu Panzerhietek S. 218 f. z. vgl.) 
12 Bücher äloxXeIiov Dd-ffiav, von denen sich muthmaasen läset, dass sie gegen 
den Magnesier Diokles gerichtet waren and Berichtigung seiner Angaben und 
Urtheile Ober die früheren Philosophen bezweckten. — Andere Schriften, da* 
Repa; 'Aualfl;ia; (Gell. N. A. I, 8, 1), das Fragment über die Flusse und Quel- 
len (in Westbkhann's PapaSoSävpafoi S. 183 ff. vgl. Phot. Bibl. Cod. 189), 
welches aber vielleicht in eben diesem Werk stand, die Schrift tu. op-rfi (Stob. 
Floril. 14, 10. 20, 53. 108, 69. 113, 15) und diejenige, aus welcher die Bruch- 
stücke b. Stob. Floril. 84, 6 — 8. IT. 18 stammen, geboren einem oder zwei 
gleichnamigen jüngeren Männern : jenes, wenn der von Gell, als Verfasser des 
Kep»! 'Ali. genannte Peripatetiker Sotion mit dem Lehrer Seneca's (epist. 49, 2, 
108, 17—20) ans der Schale der Seitier (s. Bd. III, 1. 1. Aufl. S. 383, 2) iden- 
tisch ist, wie Möller Fragm. Hiat. gr. HI, 168 annimmt, dieses, wenn beide, 
wie mir diess doch viel wahrscheinlicher ist, verschieden sind. Dem Peripate- 
tiker werden wir in diesem Fall auch das beizulegen haben , was bei Alri. 
Arm Top. 213, o. , wie es scheint aus einem Commantar zur aristo tu lisch an 
Topik, und was in Craher's Anecd. Paris. I, 391, 3 angeführt ist, und derselbe 
ist vielleicht such b. Pr.rjT. trat. am. c. 16. S. 487, und Denis. Ales. c. 6t ge- 
meint; wogegen die Sittensprücbe bei Stobttus für den Lehrer Seneca's passen. 
Was für ein Sotion der in den Geoponica häufig citirte Ist, laset sich nicht 
sagen; der Verfasser der ÄiaSo^J] koincnfalls. 
i „Google 
Hettrilppui. Satyrn«. Heraklide«. 757 
Hermippus und Satyrus ihre Geschichtswerke. Etwas 
junger sind Heraklides Lembus 8 3 und Agatharchi- 
1) Ilermippus (über welchen Loztkski Bermippi fragm. Bonn 1832. Prel- 
le n in Jahns Jahrbb. 1836. XVII, 159 ff. Müller Frugal. Hist. gr. III, 35 ff. 
s. Tgl.) wird von Hie kos. De Script. eccL c. 1 , dessen Zengniss freilieb kein 
grosses Gewicht hat, ein Peripatetiker, von Athen. II, 68, f. V, 213, f. XV, 
696, f & KkUiu&VU04 , d, h. der Schüler des Kallimacbus, genannt, and ist 
wahrscheinlich derselbe, welchen Athen. VII, 327, o als Smymäer bezeichnet. 
Da er in seinem Hauptwerke den Tod Chrysipp's erwähnt hatte (Dioo. VII, 184 
— noch etwas weiter, bis in 203 v. Chr., würde die Anführung des Etymol. 
M. 11g, 11 herabfahren, wenn die dort citirte Schrift ihm angehörte; s. Mül- 
ler zu Fr. 72), spätere Ereignisse aber nicht mehr aus ihm angeführt werden, 
scheint er um 200 v. Chr. oder bald nachher geschrieben zn haben. Wir ken- 
nen von ihm ein grosses biographisches Werk, Biai, dessen einzelne Theile mit 
verschiedenen andern Titeln bezeichnet zu sein scheinen. Eine zweite Schrift 
lt. tSv jv tiilÜeJo SioXap.ijiRVTb>v (Etym. M. a. a. 0.), wovon die it. tSv Biajcptijiav- 
ibiv ev itBiSfia Eo'Jliuv (Sdid. "Iorpof) ohne Zweifel nur ein Theil ist, wird von 
Prrlleb, Müller n. A. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einem Späteren, 
dem Bcrytier Hermippus, zugewiesen. Ueber andere dem Kallimacheer nicht 
zugehörige Schriften s. m. Prellee 8. 174 ff. 
2) Als Peripatetiker bezeichnet ihn Athbu. VI, 248, d. XII, 534, b. 641, c 
XIII, 656, a. Sein Hauptwerk war eine Sammlung von Biographieen n. ä. T. 
Blot {vgl. Athen. VI, 248, d. f. 250, f. XII, 641, c XIII, 667, c. 684, a. Dioa. 
II, 12. VIH, 40. 63. Hieron. De Script, eccl, C. I). Ausserdem theilt Athbr. 
IV, 168, e von Satyrus, ohne Zweifel demselben, ein Bruchstück aas einer 
Schrift ic. XapaxTiifHdv mit. Ein Werk, worin die Domen Alexandria's aufge- 
zahlt waren (Theoi-uil. ad Autol. II, S. 94), nnd eine Sagensammlung (Diohts. 
Hai. An ti quitt. I, 68) haben vielleicht einen jüngeren Gelehrten, von dem wir 
in diesem Fall nicht wissen, ob er gleichfalls Peripatetiker war (denn bei 
Athbr;. XIII, 656, a kann nur unser Satyras gemeint sein, welcher auch sonst 
mit der gleichen Bezeichnung angeführt wird), zum Verfasser; doch ist diess 
keineswegs sicher. Entschiedener können wir ein Gedicht Ober die Edelsteins, 
welohes Plin. H. nat. XXXVII, 2, 81. 6, 91. 7, 94 anführt, dem Peripatetiker 
absprechen. Vgl, Müllsb a. a. O. 169; ebd. die Brachstücke, welche, so weit 
sie ficht sind, mit Ausnahme des angeführten aas den Charakteren, nur ge- 
schichtliche Notizen enthalten, 
3) MfiLLEB Hist gr. III, 167 ff. — Heraklides, mit dem Beinamen Lembus 
(über den Mülles a. a. O. z. Tgl.), stammte nach Dioa. V, 94 aas Xalatis in 
Pontus oder aus Alsxandrien, nach Suu. 'HpoxX. aus Oxyrynchos in Aegypten, 
und lebte nach B did ab unter Ptolemäua Philometor (161 — 147 v.Chr.) in an- 
gesehener Stellung. Bltid. nennt ihn f Aiwp o;, nnd sagt, er habe philosophische 
und andere Werke verfastt; da' sein Gehälfe Agatbarchtdes (s. folg. Anm.) zu 
den Perlpatetikero gezählt wird, und die Eiohtnng seiner schriftstellerischen 
Thltigkeit für diese Schule am Besten paaat , werden wir auch ihn dahin in. 
iOO 1 
758 Agatharchidet. Diodor. 
des ')• Indessen ist uns von keinem dieser Hinner ein philoso- 
phischer Satz überliefert. Wichtiger ist für ans der Nachfolger 
des Kritolans, Diodor von Tyrus *). In seiner Ansicht von 
der Seele mit seinem Lehrer einverstanden *), entfernte sich 
dieser von ihm und von Aristoteles in der Ethik, indem er mit 
ihren Bestimmungen über das höchste Gut die des Hieronymos, 
ebendamit aber gewissermassen auch das stoische und das epi- 
kureische Moralprincip mit einander verband: er behauptete 
nämlich, das höchste Gut oder die Glückseligkeit bestehe im 
tugendhaften und schmerzlosen Leben *}; da aber auch er die 
»teilen haben. Philosophischen Inhalte war vielleicht der Asußfuimö; iW-fo;, 
von dem sein Beiname herrühren soll (Dioo. a. a. O.); bedeutender waren aber 
wohl Jedenfalls leine historischen Schriften. Wir kennen ein Geschieht« werk 
in mindestens 37 Büchern; einen Auszug aua den Biographieen des Satyrn» 
(Dioo. Till, 40. 44. 53. 58), and eine Aisän^ ia 6 Büchern, welche ein Auszug 
aus Sotion'i Werk war (Dioo. V, 94. 79. Till, 7. X, 1). Die UeberMeibwI die- 
ser Schriften b. Müller a. a. 0. 
1) Agatharchidee ans Knidos & h tS» mpiicÄtuv (Stha,bo XIT, 2, 15. 8. 656) 
war Secretlr des ebengenannten Heraklides Lembus (Pbot. Cod. 213, Auf.:, 
später, wie er selbst b. Phdt. Cod. 250. S. 445, a, 33. 460, b, 3 sagt. Erziehet 
eines Primen (Möller a. a. O. 101 vermntbet nach Wessslihg, des Ftolemlui 
Phyakon IL, welcher 117— 107 regierte). Er verfasste mehrere historische und 
ethnographische Werke; ans dem Über das rothe Meer hat Pnor. Cod. 250. 
S. 441 — 460 einen bedeutenden Th eil erhalten; die Bruchstücke der übrigen 
b. MUlleh S. 190 ff. 
2) AU Tyrier bezeichnet ihn Stob. Ekl. I, 58, als Schüler und Nachfolger 
des Kritolaus Cic. De orat. I, 11, 45. Fin. V, 5, 14. Jji.fmksb Strom. I, 801, B. 
Sonst wissen wir nichts von ihm , und weder sein Todesjahr, noch die Zeit sei- 
nes Eintritts in's Scbolarohat lässt sich bestimmen, wenn aber Cic. De oral. I, 
11, 45 zuverlässig ist, müsste er 110 v. Chr. noch gelebt haben; s. Zdkft S. 93 
der 752, 2 angeführten Abhandlung. 
3) Stob. a. a. O. s. o. 754, 2. Doch wollte er deufailb den Unterschied 
des Vernünftigen nnd Ternnnftlosen in der Seele nicht aufgeben; denn nach 
Pldt. Fragm. disput. utr. an. an oorp. c. 6. T. T, 464 Wytt. (wenn hier statt 
AiÄBovtot Atd&opot eu lesen ist) schrieb er dem Xo-rixev der iujf !j eigene x&h) *i, 
dem ouufut; [sc. tö neiu-an] und akayiv eigene; was mit dem äirvHf des Stob, 
sich durch die Annahme vereinigen lüsst, er wolle die Terlnderungen des itr- 
nflnftigen Seelentheih, die DenkthStigkelt , nur in un eigentlich er Bedeutung 
nAfloc genannt wissen. 
4) Cic. Fin. T, 5; 14: Diodorut, ejus fOritol.] avdilor, adjungit ad hone- 
itatem vaeuitalem dolorit. hin qiwque mau est; de summoque bona ditimtitni 
diei vere Peripaieticut uonpotett. Dasselbe 26, 78. II, 6, 19. Acad. IT, 42, III. 
»fodoru. A. 759 
Tagend für seinen wesentlichsten und anerlisslichsten Bestandteil 
erklärte, so zeigt sich diese Abweichung im Grande nicht 60 bedeu- 
tend, als sie auf den ersten Blick scheinen könnte ')• Diodor's 
Nachfolger Erymneus s ), und Prytanis, wie es scheint einen 
Peripateliker des zweiten Jahrhunderts 8 ), kennen wir nur dem 
Namen nach. V-onKallipho nndDinomachas, zwei Philosophen, 
die in der Ethik eine vermittelnde Stellang zwischen der epikurei- 
schen and peripatetischen Lehre einnehmen, wissen wir gar nicht, 
welcher Schule sie angehörten *). 
Flu. It, 11, 34: Caäiphc ad virtuttm nihU adjunxil, nin voluptatem: Diodonu, 
niii vacuüalem dolor*. Tusc. V, SD, 85: indolentium uutem honettati Pcripa- 
tetiau Diodorue adjunxti. Ebd. 87: eadem (wie dar Stoiker) CaUiphontis Grit 
Diodorique eenUntia; ipioruwi uterqu« twnestatem. ne compleotüur, uf omnto, guoe 
nne ea tint, lange et retro pcmenda cenieat. Klkhexs Strom. II, 415, C: xol &;&- 
Brupoj JfiOLu; , ijz'o zr,i aü-rij; «Ipfoiioj yet&pe/Qi (wie Hieronymu»), tAoc tnropat- 
VEtai tb aoglifttiif xol xoltö; £f[v. 
1) Ausser dem Angefahrten wird von einem Diodor auch eine Definition 
der Rhetorik erwähnt (Nikol. Progymn. Rhet. gr. von Spengel III, 451, 7), 
welche eine rhetorische Schrift voraussetzt. Wir werden sie dem Peripateliker 
um so mehr beilegen dürfen, da uns Aehnliches auch von Aristo und Kritolaus 
Torkam; s. S. 762, 1. — 755, 3. 
2) In dem ausführlichen Bruchstück des Posidoniue , welches Athes. V, 
211, d ff. mittheilt, wird eraiblt, dass Athenion, ein Peripateliker, welcher erst 
in Hessene nnd Larissa gelehrt hatte (daes er Sobalvorstand in Athen gewesen 
sei, ist eine offenbar irrige, aas Posidonius selbst in widerlegende, Angabe des 
Athenäus), nnd dann sich bei Mithridates einzuschmeicheln nnd zum Gewalt- 
haber in Athen aufzuschwingen wusste (der gleiche Mann, der sonst Aristion 
genannt wird, und nach Appus Mithr. 28 ein Epikureer gewesen wHre), ein 
natürlicher Sohn von Erymneus' Schüler Atbeuion gewesen sei. Da nun der 
Abfall Atben's von den Römern 88, v. Chr. fallt, so muss das Lehramt des 
Erymneus nm 110 — 120 gesetzt werden. 
S) Von Pldt. qu. conv. promm. unter den Philosophen, welche Tisch- 
reden anfxeicbneten, genannt, nach Anon, Men, (>, o. 753) Peripatetiker, den 
wir aber, wie bemerkt, auf diese* Zeugnis» bin nicht unter die Diadoohen ein- 
reihen können. 
*4) Was uns über diese zwei Philosophen von Cio. Fin. II, 8, 19. 11, 34 
(s.o. 758,4). V, 8, 21. 26,73. Aoad. IV, 42, 131. Tuso. V, 30, 85. 87 (s.768,4). 
Offlo. III, 84, 119. Kleuii Strom. II, 415, C f. mitgetheilt wird, beschränkt 
sich darauf, dass sie das höchste Gut in der Vereinigung von Lust und Tugend, 
oder wie Klemens sagt, dass sie ea zunächst zwar in der Lust gesucht, weiter- 
hin aber die Tagend für gleich wertbvoll, ja nach Tuso. V, 30, 87 für durchaus 
uaerlasslich erklärt haben. — Nach Cic. Fin. V, 26, 78 war KaUipho alter, als 
. z: ;i -,CoOQlc 
760 Paendoariitoteliach« Schriften. 
Zu den Urkunden, welche ans Aber den Stand der peripaleti- 
schen Philosophie während des dritten nnd zweiten vorchristlichen 
Jahrhunderts Aufschluss geben, werden wir wohl auch die Hehr- 
zahl der Schriften zu rechnen haben, die unsere frühere Unter- 
suchung als unachi aus der aristotelischen Sammlung ausschloss. 
Ist auch die Ausbeute, welche sie uns gewahren, nicht sehr be- 
deutend, so ist sie doch andererseits auch nicht so werthlos, dass 
es sich nicht verlohnte, zu sehen, was sich in ihnen finden lassl. 
Unter den logischen Schriften würde der zweite Theil der Katego- 
rieen , deren gegenwärtige Gestalt doch wohl so weit hinaufreicht, 
hieber gehören •}; so wichtig aber diese sog. Postprädicamenie der 
späteren Logik gewesen sind, so unbedeutend muss uns diese Be- 
arbeitung einiger Punkte aus der aristotelischen Logik erscheinen, 
und ähnlich ist von dem letzten Kapitel der Schrift rapl 'Eppivski; 
zu urtheilen *). Die unachten Bestandtheile der Metaphysik ") ent- 
halten mit Ausnahme einer bereits berührten Stelle im zweiten 
Buch 4 } kaum eine Abweichung von den aristotelischen Lehrbestim- 
mungen. Die Schrift über Helissus Zeno und Gorgias, von der wir 
übrigens gar nicht wissen, wann sie verfasst wurde, beweist ihre 
Unächlheit nicht durch positive Abweichungen von der aristoteli- 
schen Lehre, sondern nur durch die Mängel ihrer geschichtlichen 
Angaben und ihrer kritischen Ausführungen, und durch das Unklare 
ihrer ganzen Abzweckung s ). Unter den physikalischen Werken 
Diodor; an welcher Schale er nnd Dinomachns gehörte, wird nicht berichtet; 
dass Harlhss in Fabrio. Bibliolb. III, 491 Dinouacbas für den von Lucmjt 
Pbilopseud. 6 ff. aufgeführten Stoiker hält, ist ein atarker Verstoss! dieser soll 
ein Zeitgenosse Lncian's sein. 
1) 8. 8. 60 f. 
2) Die Postprädicamente handeln 1) c. lOf. über die vier Arten de* Gegen - 
aatzes, welche schon S. 152 ff. besprochen sind; 2) o. 12 'Ober die verschie- 
denen Bedeutungen des ftpdtGpov, mit tbeilweiser, aber doch nur formeller, Ab- 
weichung von Metaph. V, 11; 8) c. 13 Über die Bedeutungen des Sua, nnr 
theilweise an die übrigen Schriften sich anlehnend, theilweise eigentümlich 
(vgl. Waite i. d. St.), aber nicht gegen den Sinn des Aristoteles; 4) c 14 Ibei 
die sechs Arten der Bewegung, mit dem 8. 290, 1 Nachgewiesenen überein- 
stimmend; 5) e. 15 über das ej[eiv, dessen Bedeutungen etwas ander* aofgealhlt 
werden, als Metaph. V, 23. 
3) üeber welche B. 57 f. zn vgl. 
4) S. o. 710, 1. 
5) H. vgl. über dieselbe ausser unserem 1. Bd. B. 366 ff. nun auch Taa> 
Logische, raet&phyeisiiho, physisobe Werke. 76i 
wird uns das Bach von der Welt als ein Beispiel von eklektischer 
Verknüpfung der peripatetischen und der stoischen Lehre später 
noch beschäftigen; diese Darstellung ist aber wahrscheinlich jünger, 
als das zweite Jahrhundert. Die Schrift von den untheilbaren Linien, 
welche, wenn sie auch nicht von Theophrast herrühren sollte, je- 
denfalls aus seinem Zeitalter zu stammen scheint *)i bestreitet mit 
tüchtiger Dialektik eine auch von Aristoteles verworfene Annahme. 
Theophrast's und Strato's Schule mögen die Abhandlungen über die 
Farben , über die Töne, über den Lebensgeist und über die Bewe- 
gung der Thiere angehören; Arbeiten, welche nicht ohne Selbstän- 
digkeit sind , und immerbin von einem achtungswerthen naturwis- 
senschaftlichen Streben Zeugniss geben. Die erste derselben leitet 
die Farben, von Aristoteles vielfach abweichend, aus den Elementen 
her, von denen das Feuer gelb, die übrigen an sich selbst weiss 
sein sollen, das Schwarze soll beim Uebergang der Elemente in 
einander, bei der Verbrennung der Luft und des Wassers und der 
Vertrocknung des Wassers entstehen *). Aus diesen drei Ele- 
menten sind die säinmllichen Farben, gemischt s ). Das Licht wird 
als die eigentümliche Farbe des Feuers bezeichnet *); dass es 
körperlich gedacht ist 5 ), sieht man ausser dem eben Angeführten 
(die Mischung des Lichts mit den Farben) auch aus der Art, wie 
einerseits der Glanz, andererseits die dunkle Färbung dicker durch- 
meubun, die Autorschaft der d. ArisL lugeschr. Schrift X. Eavoy&voi* u. s. w. 
Jena 1861. 
1) VgL S. 64, 1 und 1. Abtb. 670, 2. 
2) De eolor. c. 1. Pkintl Arial, t. d. Farben 106 bemerkt hier den Wider- 
spruch, daaa die Finsternis! einerseits als Abwesenheit oder tbeilweise Abwe- 
senheit des Lichts (letztere in Folge des Schattens oder einer durch die Dich- 
tigkeit des durchsichtigen Körpers gehemmten Strahl enbrechnng) bezeichnet, 
andererseits das Schwarze in der angegebenen Weise erklärt wird. Derselbe ist 
jedoch wobl nur scheinbar vorhanden: das tredtoc, welcbes die Erscheinung des 
Schwarzen zunaohst hervorbringt (791, a, 12), ist von dem [i£kav yfiStjia, der 
das exdro; bewirkenden, das Licht hemmenden Beschaffenheit der Körper 
(791, b, ,17), au unterscheiden. 
3) C. 1. 791, a, II. c 2. 792, a, 10. c. 3. 798, b, 33. Genaueres über 
diese Entstehung der verschiedenen Farben c. 2. 3. 
4) C. 1. 791, b, 6 ff. Tgl. a, 8. 
5) Wie diess Strato, nicht aber Aristoteles und Theophrast, annahm; s. o. 
368, 3. 667, 2. 736, 3. 
J, S ,:z, ;; i:vC00gIe 
762 rieudoariitatelUobe Sehtiftsn. 
sichtiger Körper erklirt wird 0- Ueber den weiteren Inhalt dieser 
Abhandlung, welche in's Einzelne der Farbenbereitung nnd der 
natürlichen Färbung von Pflanzen and Thieren eingeht, können wir 
ans hier nicht verbreiten. Ebenso mag es in Betreff der ihr in Ton 
and Verfahren verwandten und vielleicht von dem gleichen Ver- 
fasser herrührenden kleinen Schrift über die Töne genügen, auf 
unsere frühere Mittheilung daraus *) zu verweisen. Einen andern 
Verfasser müssen wir für die Schrift vom Lebensgeist *) voraus- 
setzen, welche die Entstehung, die Ernährung, die Verbreitung 
und Wirkung der von Aristoteles angenommenen und der Seele 
zum unmittelbarsten Substrat gegebenen Lebensluft *) in ziemlich 
skeptischer Haltung bespricht, und für uns theiis wegen der ab- 
gerissenen Darstellung, theiis wegen des verdorbenen Textes, mit- 
unter fast unverständlich wird. Ihre allgemeinen Voraussetzungen 
sind aristotelisch: im Weitganzen die zweckthätige Naturkraft 6 ), 
im Menschen die Seele und die Lehensluft, an die sie geknüpft 
ist "3; eigentümlich ist ihr dagegen die Annahme, in der sie Erasi- 
stratus folgt 7 ), dass diese Lebensluft sich vom Herzen aus durch 
die Schlagadern in den ganzen Körper verbreite, and dass sie (nicht, 
wie Aristoteles wollte, das Fleisch) das nächste Organ der Em- 
pfindung sei s ). Eine Wirkung dieser Lebensluft ist das Athmen, 
!} Dm Glänzende (ariXßov) ist (c. 3. 79S, s, 12) eine ouv^eia cpiuio; tat 
»xvdliic, das Durchsichtige erscheint drmka], wenn es an diok ist, am von den 
Lichtstrahlen durchdrangen su werden, hell, wenn es dann ist, wie die Lnft, 
welche, in nicht ED grosser Hasse vorhanden, von den Strahlen bowäitigt 
wird, xupi£d[uvot !tr.' sütüy ttuxvoTtpuv ojoüv xat äioo»ivo[j.^vtuv St' afcoS (o. 3. 
794, a, 2 ff,). 
2) 8. 741, 2. 
3) Ueber welche auch 8. 67, 1, Sohl. t. vgl. 
4) 8. o. 874, 2. 
5) Tgl. c. 7. 484, b, 19. 27 ff. e. 9. 4B6, b, 2 ff. 
6) C. 9. 486, b, 11 vgl. mit c. 1. 480, a, 17. o. 4. 482, b, 22. c. 5. 483, 
a, 27 ff. Ueber den Nue sich iu Hassern, gab der Gegenstand keine Veran- 
lassung. 
7) Ueber diesen Arzt, wahrscheinlich einen Schüler Tbeopbraat's (s.o. 
729, 1), und seine Lehre von der Verbreitung des Pneuma durch die Artesien 
s. m. Öpkesoel Gesch. d. Arzneik. 4. Aufl. I, 525 ff., über das Verhältnis! 
anserer Schrift an seiner Lehre Boan De Arist. libr. ord. 187 f. 
8) C. 5. 483, *, 23 ff. b, 10 — 26. e. 2. 481, b, 12. 18, 
Vom Lalevigctat; t. d. Bewegung d. Tliisre. 783 
der Pnlsschlag, die Verarbeitung und Verthetlung der Nahrung' '); 
sie selbst soll sich vom Blut nähren, und der Atbem soll ihr, wie 
schon Aristoteles annahm *), nur zur Abkühlung dienen s ). Nicht 
ganz klar ist, wie sich hiezu das bewegende Pneuma verhält, wel- 
ches in den Sehnen und Nerven *) seinen Sitz haben soll s ). Jün- 
ger, als diese Schrift °), und weit klarer geschrieben ist die von 
der Bewegung der Thiere, welche sich selbst für ein Werk des 
Aristoteles ausgiebt 7 )» so wenig sie diess auch sein kann B ). Diese 
Abhandlung enthält fast durchaus aristotelische Sätze, aber sie bringt 
dieselben theilweise in eine dem Geist ihres Urhebers widerstre- 
bende Verbindung. Sie geht davon ans, dass alle Bewegung anf 
ein Sichselbstbewegendes, und weiterbin auf ein Unbewegtes zu- 
rückzuführen sei 9 ), leitet dann aber hieraas mit einer auffallenden 
1) C. i f. 
2) VgL S. 374, 2. 403 f. 
3) C. 1 f. c. 6, Schi., wo aber 484, a, 8 za lesen ist: <jJ|as«jwv r.fi; Jj Sia- 
4) Diese beiden wurden nHtulich von dem ersten Entdecker der Nerven, 
Herophilus, and ebenso von seinem Zeitgenossen Erasielratns und noeb lungere 
Zeit, niebt unterschieden, sondern mit dem gemeinsamen Namen viBpa, der 
nrsprünglich nur den Sehnen gilt, bezeichnet; Sphkkoei. a, a. O. 511 f. 624 f. 
6) C. 8, Anf. (wo 485, a, 4 vielleicht zu lesen ist: Jtivnov S' h& Ufo-/ 
fyiX-tittv u>( xal vDv IijteIv): ein äv Bi^eie xivijoiui fvtxa ti iorä, äU.1 u.SU.ov -rä 
veüpa Ji to iviiKa-c» , Iv (5 rcpciiTw to nveüfia tb xtvigioioY 
6) Wir sehen dieas daraus, dass dieselbe De motu an. c. 10. 703, a, 10 
angeführt wird. Diess wurde nun die Möglichkeit, dass beide Abhandlungen 
den gleichen Verfasser haben, nicht ansscbliessen; ibr Sprach ton und ihre Dar- 
stellungsform ist aber doch dafür zu verschieden. ' 
7) Gleich iu ihren An fange Worten bezeichnet sie sich als Ergänzung einer 
früheren Untersuchung, mit welcher deutlich auf die Schrift K, ;<jxav r.optiii 
hingewiesen ist; c. 1. 698, a, 7 verweist sie anf Pbys. VIII, c. 6. 700, b, 4, 9 
anf die Bücher von der Seele und r.. rijf nptfmjc f&oaatftat, c. 1 1, Bebt, auf die 
je. £ilkdv [lopiuv, n. ilnr/ifc, *■ *Whj*s*>( xai Bjcqu x«i |ivrj[ii]s, und zwar durchaus 
so, wie Aristoteles selbst seine Werke anzuführen, pflegt. Der Verfasser hat 
also bereits eine Sammlung aristotelischer Schriften vor sieb, in welcher auch 
die Metaphysik stand — ob schon in ihrer jetzigen Gestalt, wissen wir nicht. 
Doch fehlt es sowohl im Inhalt als in der Sprache der Schrift zu sehr an An- . 
zeichen der späteren Zeit, als dasa wir sie in die Periode nach Andronikus 
her abrücken dürften. 
6) 8. o. 68, 3. 
9) .C. 1. 696, a, 7 ff. (wo aber wItoi» 8t w äxivnTOV zu lesen ist), c. 6. 700, b, 7. 
704 Pttadofttiatoteliaehe Schriften. 
Wendung den mechanischen Satz ab, dass jede Bewegung zweierlei 
Unbewegtes voraussetze: in dem Bewegten selbst einen ruhenden 
Punkt, von dem die Bewegung ausgehe, ausser ihm ein Ruhendes, 
auf das es sich stütze '}; und hieraus folgert sie dann wieder, 
dass das Unbewegte, von dem die Bewegung des Weltganzen 
ihren Anstoss erhält, nicht in ihm, sondern nur ausser ihm sein 
könne *). Sie zeigt weiter in einer Erörterung, die wir schon 
früher kennen gelernt haben, wie die Vorstellung des Begehrens- 
werthen die Begierde, und diese die körperlichen Bewegungen er- 
zeuge 8 ), welche alle von der Mitte des Leibes als dem Sitz des 
Empfindungsvermögens, oder eigentlich von der Seele, die hier 
ihren Sitz hat, ausgehen *). Diese Wirkung der Seele auf den 
Leib soll durch die Ausdehnung und Zusammenziehung, .das Auf- 
steigen und Niedersinken der Lebensluft (des nveü[uc «niujpuTov) 
vermittelt sein; die Seele selbst aber soll dazu nicht nöthig haben, 
ihren Sitz im Herzen zn verlassen, und im Körper überall unmit- 
telbar einzugreifen, da vermöge der Ordnung des Ganzen ihre Be- 
fehle van selbst vollzogen werden 5 ). Mit Bemerkungen über die 
unwillkürlichen Bewegungen °) schliesst das Schriftchen. 
Zu den besseren unter diesen pseudoaristotelischen Schriften 
gehören auch die mechanischen Probleme '}, welche aber zu wenig 
Anklänge an philosophische Satze enthalten, um hier bei ihnen zu 
I) C. 1. 698, a, II — c.2, Sohl. c. 4. 700,«, 6 ff. Dabei gleich 698, a, 11 
die auffallende Aeusserting: Sti 6k toöto pi) (j.dvsv -ö X6*fo> xotflilou XnjJfiv, älla 
x«"l liil Tön xaStxaers *«i tüv aiafhjtSv, Si' SltEp i«'i to'u; xnOöXou ^i;Toü|UV Idfouj — 
«ine Uebertreibung dessen, was 8. 113 als aristotelisch nachgewiesen ist. 
S) C. S f., wo dem De ooelo II, 1. 284, a, 18 berührten Mythos vom Atlas 
■eine mechanische Unmöglichkeit ausführlich nachgewiesen wird; ans 699, a, 31 
konnte man ichliesseri, dass det Verfasser die aristotelische Annahme Aber die 
Buhe der Erde nicht theile, was aber schwerlich seine Meinung ist: er verhaut 
»ich nur Im Eifer der Widerlegung, indem er einen Grund bringt, der auch 
Arietoteies treffen würde. 
3) C. 6— 8; b. o. B.^UTt. 
4) C. 9. 
5) C. 10. Diese Ausführung erinnert theile an die hier angeführte Bohrift 
K. xveti|iaio5, theila an das Buch je. xoojiou, welches in seiner Erörterung Aber 
die Wirkung Gottes auf die Welt, namentlich c. 6. 398, b, 13 ff. 400, b, 11 ff-, 
unsere Stelle und c 7. 701, b, 1 sn berücksichtigen scheint 
6) C. 11. 
7) Oben 64, 1. 
i „Google 
Pbyitkalitebo Schriften. 765 
verweilen. — Selbst die Physiognomik, so verfehlt dieser ganze 
Versuch ist, lässt doch logische Methode, fleissige and theilweise 
scharfe Beobachtung nicht vermissen. Ihr leitender Gedanke ist der 
durchgängige Zusammenhang des leiblichen mit dem Seelenleben '); 
aus diesem Zusammenhang schliesst sie, dass es gewisse körper- 
liche Anzeichen der sittlichen und geistigen Eigenschaften geben 
müsse, für deren tief in's Einzelne eingehende Bestimmung theils 
die Analogie gewisser Tfaiergattungen, theils der ästhetische Ein- 
druck der Körperbildung, der Gesichtszüge und der Bewegung 
maassgebend ist. In dieser letzteren Beziehung sind manche ihrer 
Bemerkungen nicht ohne Werth. — Das zehente Buch der Tier- 
geschichte *) entfernt sich durch die Annahme eines weiblichen 
Samens von einer Grundbestimmung der aristotelischen Physiolo- 
gie 3 }, wiewohl es im Uebrigen von einer für jene Zeit sorgfäl- 
tigen Beobachtung zeugt. Es durfte am Ehesten Strato's Schule 
angehören *)■ — Nicht als selbständige Untersuchungen, sondern 
nur als ein Beweis der kritiklösen Vorliebe, mit welcher die spä- 
teren Gelehrten auch die unwahrscheinlichsten Angaben, wenn sie 
nur auffallend waren, zu sammeln pflegten, können die pseudo- 
aristotelischen Wundergeschichten angeführt werden; und nicht viel 
anders verhält es sich mit unserer jetzigen Bearbeitung der Prob- 
leme. Wir können mit diesen Schriften für unsern Zweck schon 
> nichts anfangen, weil wir gar nicht wissen-, wie viele 
1) C. 1, Anf.: St! a\ fiiivuioi üravTai rotf atujiaoi, xj'i aüx ilthv aJTil *aS' iau- 
Ta? inaGti; ouooi tüiv TOÜ auiLiaTO; xnnjostuv ... xctt TQ&V*vriov Stj tgl; rvj; ^ u Xlf 
jciBijjiaai tb aüifji au|Mtiirj(QV ^avtpov ^ivEiai u. s. w. c 4, Anf.: Sox« Si |ioi ij 
<|n>X^I «ü *b omjao sujinetflßv üXi[loi{ u. s. w. Diese ou(j.h48sis erinnert an den 
stoischen Sprachgebrauch. 
2) Wahrscheinlich mit dem faio tqü [ij] fF.vvav identisch; s. o. 65, 1. 
3) C. &. 636, b, 16. 26. 87. c 6, Sohl. o. 2, 634, h, 29. 36. o. 3. 636, a, ] 1. 
c. 4, Schi. n. ö., wozu das S. 409 ff. Angefahrte z. vgl. 
4) Aach bei Strato haben wir ja den weiblichen Samen getroffen; a. o. 
741, 3. Eine weitere Abweichung unseres Bachs von Aristoteles, anf welche 
Boss Arist. libr. ord. 172 aufmerksam macht, besteht darin, dass es den Samen 
durch das icvEupa, nicht, wie Aristoteles (gen. an. II, 4. 739, b, 3. 9), durch die 
Wanne des Uterus von diesem eingesaugt werden lägst (c 2. 684, b, 34. c. 8. 
636, a, 4. c. 6. 637, a, 15 ff.). Dass du Buch naoh aristotelisch ist, beweist 
anch die Stelle über die [tüXn c 7. 638, a, 10 — IS, welche wörtlich ans gen. 
an. IV, 7. 776, a, 27 ff. abgeschrieben ist. 
i „Google 
reS PseudoarUtotelisohe Schriften. 
Hinde sie durchlaufen und wann sie ihre gegenwärtige Gestalt er- 
halten haben '). 
Unter den ethischen Werken der aristotelischen Sammlnng 
befinden sich, abgesehen von der endemischen Ethik, drei, welche 
erst der peripatetischen Schule angehören: der Aufsatz über die 
Tugenden und Fehler, die sog. grosse Moral und die Oekonoinik. 
Das erste von diesen Stücken wird uns nun unter den Zeugnissen 
für den Ekleklicismus in der jüngeren peripatetischen Schale später 
noch vorkommen. — Die grosse Moral ist eine verkürzende Bearbei- 
tung der nikoma einsehen und endemischen Ethik, welche (abge- 
sehen von den gemeinsamen Büchern) meist dieser, in einzelnen 
Abschnitten aber auch jener folgt ! ). Ans dem Inhalt dieser Schrif- 
ten wird das Wesentliche in der Regel mit verständiger Auswahl 
und richtiger Auffassang herausgehoben, mitunter auch weiter aus- 
geführt und erläutert; die Darstellung ist theilweise etwas unbe- 
hülflich und nicht frei von Wiederholungen, die Beweisführung 
nicht immer bündig ! ); die Aporieen, welche der Verfasser aufzu- 
stellen liebt, erhalten öfters keine oder eine ungenügende Lö- 
sung *). In dem Eigentnumlichen, was die Schrift enthalt, findet 
sich manches, was vom Geist der aristotelischen Ethik mehr oder 
weniger abweicht B ). Der religiösen Wendung der Ethik, welche 
1) II. s. darüber 8. TS, 1. 71 ; über den Anfing aus der un aristotelischen 
Schrift Ton den Wetterzeichen 8. 63 m.; über die Bacher von den Pflanieo, 
welche ans hier gleichfalle nicht ioteressiren, H. 69, 3, 
2) Vgl. Si-kioel Abb. d. philos. -philo]. Kl. d. Bayr. Akad. in, 515 f. 
Biuhdib n, b, 1 566. 
3) Z.B. I, 1. 1183, b, 8 ff. 
4) So II, 3. 1199, a, 19 — b, 86. II, 15. 1218, b, 87 ff. I, So. 1137, b, 37 ff. 
Seltsam nnd achulmassig kleinlich ist die ernsthaft erörterte Aporie 11,0. 
1201, •, 16 ff. 
5) Was in dieser Beziehung in erwähnen ist, mag diese* sein. I, 2 f. fin- 
den wir verschiedene Einteilungen der Güter, von welchen nur die in geistige, 
leibliche nnd Bnssere (c. 3) aristotelisch, die der geistigen in ypAvn<m, ase-urj, 
iflmii ans End.II, I. 1218, b, 34 genommen ist, wo aber dies« drei Stacke nicht 
eine Ein thei lang, sondern nnr Beispiele der geistigen Güter sein sollen; eigen- 
tümlich ist dem Verfasser die Unterscheidung der Güter in -{(im (die Gottheit, 
die Seele, der rinn u. s. w.), Ifttuvti« (die Tugenden), Suvajuic (ein auffallender 
Ausdruck für die Suv&uxi ärsBa, die Dinge, welche gut oder schlecht gebraucht 
werden können, wie Reichtbum, Schönheit n. s. w.), woiu als Viertes das «wo- 
Ttxöv xA itoiijtixiiv af*0oü hinzukommt; ferner die in unbedingt nnd bedingt 
Die grosse Moral. 767 
er bei Eudemus fand, geht der Verfasser aus dem Wege *)• Von 
der späteren Vermischung der peripatetischeii Lehre mit stoischen 
Werthrolles (die Tagend und die Süsseren Güter), in tAi) und oj tsaij (wie Ge- 
sundheit und Mittel siir Gesundheit), tAeu uud »:£Ä7J. Bei diesen Einteilungen 
mag der Vorgang der Stoiker mitgewirkt Laben, von deren vielfachen Unter- 
Scheidungen der Bedeutungen des Ifsdftv Stoh. II, 92 — 102. 124 f. 130. 136 f. 
Dioti. VII, 94—98. Cic. Via. III, 16, 66. Seit, Pyrrh. III, 18t. Sek.ci epiat. 
66, 5. 36 f. Nachricht geben. (Da diese stoischen Eintheilungen wohl snnlchat 
von Cbrysippus herstammen, kannte mau hieraus auch auf die Abfaasuugaieil 
derM.Mor. schlieflsen.) — Wenn es ferner iji cht richtig ist, das» die grosse Moral 
die diabetischen Tugenden fibergehe (denn nur dieser Name fehlt ihr, die 
Bache hat sie I, S. 1185, b, 5. 1, 35 vollständig), so ist ea dagegen nnaristo- 
teliach, daaa nur dia Tagenden des «Xqyov (<" e ethischen), welche dcsshalb 
wohl auch allein äprrsft genannt werden, fnnvital aeiu sollen, die des Xöyov t^ov 
nicht (1, 5. 1185, b, 5 ff. C 35. 1197, a, 16). Unter den dianoS tischen Tugen- 
den nimmt der Verfasser, von Aristoteles abweichend, die te/vt, mit der Im- 
onjfti), welche hier stehend für rfyvrj gebraucht wird (I, 85. 1197, a, 18 Tgl. 
m. Nik. VI, 5. 1140, b, 21. Ebd. 1198, a, 32. H, 7. 1206, a, 81. 1306, a, 26 
vgl. m. Nik. VII, 12 f. 1162, b, 16. 1163, a, 28. II, 12. 1311, b, 26 Tgl. ra. 
Nik. X, 7. 1167, b, 83; nur 1,85. 1197, a, 12 ff. steht nach Nik. VI, 4. 1140, a, 11 
■w'jf.vr,; b. Si'esuel a. a. O. S. 417), zusammen, fügt dagegen den vier übrig- 
bleibenden Verstandes lügenden als fünfte seltsamer Weise die SitAi^i; bei 
(1,36. 1196,b, 37). Wenn er die Gerechtigkeit im weiteren Sinn als ifstr, lelsäa 
definirt, mit dem Beisatz: in diesem Sinn könne man auch für aich allein ge- 
recht sein (I, 94. 1193, b, 2 — 15), übersieht er die nfthere Bestimmung bei Ari- 
stoteles, dass sie dio ipsTi] nisla npb( fttpov Bei (s. o. 495,8). Bei der Frage, 
ob man sich selbst Unrecht thun könne, wird das, waa Aristoteles Nik. V, 15 
Sohl, als blosse Metapher bezeichnet hatte*, die Ungerechtigkeit eines ßeelen- 
theils gegen die andern, ernstlich genommen (1,34. 1196,», 25.11, 11. 1211, «,27); 
die entsprechende Frage, ob mau tich selbst Freund sein könne, hatte schon 
Eademua VII, 6. 1240, a, 13 ff. h, 28 ff. ähnlich beantwortet, wie M. Mor. 
II, 11. 1211, a, 30 ff. Dan hier II, 3. 1190, b, 1 anter die Dinge, welche an 
sich gut seien, wenn auoh nicht immer für den Einzelnen, auch die Tyrannis 
gex&hlt wird, iat aehr nn aristotelisch; und wenn der Verf. II, 7. 1204, b, 26 ff. 
die Lust als Bewegung des empfindenden Seelentheile bezeichnet, stimmt er 
gleichfalls mehr mit Theophraat, als mit Aristoteles fiberein; a.o. 477,8. 676,3. 
1) In der Erörterung über die lixvfla II, 8 (nach End. VII, 14) weiat der 
Verfasser zunächst 1207, a, 5 die Annahme zurück, -dass sie in einer iiccuAEta 
Siüv bestehe, da die Gottheit die Güter and Liebel nach der Würdigkeit vcr- 
thoileu würde; er führt dieselbe aodann mit Eudemus (a. o. 706 f.) theils auf 
die ujr&TETtiisic tüSv xpavpinDv, theils und hanptsSchlich auf die glückliche 
Naturanlage (die fimt ilo-foc) zurück, deren Wirkung er gleichfalls mit der dea 
Enthusiasmus vergleicht, unterlasse es aber, sie mit seinem Vorgänger von der 
Gottheit abzuleiten. Wenn er eich ferner nicht Mos in dar Zusammenfassung 
l .^Google 
768 Pseudoariatotelisc.ho ßohriften. 
und akademischen Elementen zeigt sein Werk kaum eine Spur *), 
und es wird theils desshatb, theils wegen seiner nüchternen, von 
der Fülle eines Krilolans entfernten Sprache, wohl noch dem dritten, 
spätestens dem zweiten Jahrhundert zuzuweisen sein; aber an wis- 
senschaftlicher Selbständigkeit steht es auch hinter der eudemischen 
Ethik entschieden zurück. — Aeller, als die grosse Ethik, ist ohne 
Zweifel das erste Buch der Oekonomik. Den Inhalt dieser kleinen, 
aber gutgeschriebenen, Abhandlung bildet theils eine wiederho- 
lende Zusammenfassung theils auch eine Ergänzung dessen, was 
Aristoteles in der Politik über das Hauswesen, das Verhällniss von 
Kann und Weib und die Sklaverei gesagt hatte Oj auf die Recht- 
fertigung der letzteren lässt sie sich nicht ein s > Das Eigentüm- 
lichste ist bei ihr die Lostrennung der Oekonomik, als einer beson- 
deren Wissenschaft, von der Politik; eine Aenderung der aristo- 
telischen Bestimmungen, welche wir schon früher bei Eudemus 
getroffen haben *)• An Eudemus erinnert unser Buch überhaupt: 
sein Verhällniss zu den Ökonomischen Abschnitten der Politik ist 
dem der eudemischen Ethik zur nikomachischen sehr ähnlich, und 
die ganze Art der Behandlung, auch die Sprache, welche klar und 
schön, aber von elwas weicherem Ton, als bei Aristoteles, ist *), 
würde der Vermuthung, dass er der Verfasser dieses Aufsatzes 
alter Tagenden anr xaXtta^aflfa (II, 9), sondern auch darin an Eudemns 
(a. 8. 707, 1) ansehlirsst, dass als die eigentliche Aufgabe der ethischen Tagend 
bezeichnet wird, die VernnnftthStigkeit vor Störung durch die Affekte *u be- 
wahren (II, 10. 1308, a, 6 — 20. I, 35. 1198, b, 17), »o feblt dooh auch hier 
die Beziehung der Vernunftthatigkeit auf die Qottheit, die Bestimmung-, daas 
die Gotteaerkenntnisa der letzte Lebenszweck sei. 
1) Die einzige Stelle, worin man eine positive Beziehung auf die stoische 
Lehre finden kann, ist die eben besprochene I, 2; eine abwehrende findet eich 
vielleicht II, 7. 1306, b, IT: äicXu; 5' oäv_, *>( otovtm ei «Jim, tifc ipttf,t «Rrjl 
xat ffftp&t fom b WfOt, üXx [w&XoV ist r.bAfj. 
2) B. 8. 534 ff. 
3) Diese neben Anderem ein Beweis dafür, dass sie nicht etwa eine der 
Politik vorangehende aristotelische Darstellung, sondern eine Bearbeitung der 
betreffenden Abschnitte der Politik ist, welche wir Aristoteles selbst freilich 
nicht zutrauen können, 
4) B. 8. IM, 6. 
5) Im Einzelnen findet sieh, wie in der eudemischen Ethik , kaum etwas, 
was als anaristotelisch m bezeichnen wfl.ro; nnr der Ausdruck tJ)v tßv tonpfi» 
*!vaju» c 5. 1244, b, 9 ist auffallend. 
i „Google 
Oekonomik. Rhetorik an Alex. 769 
sein möge, einen weiteren Anhalt gewähren. Das zweite Buch der 
Oekonomik, welches sich selbst mit dem ersten in keine Verbin- 
dung setzt, steht diesem unverkennbar an Alter, wie an Werth, 
nach. Seinem Hauptinhalt nach ist es eine anekdotenhafte Samm- 
lung von Beispielen zur Erläuterung eines aristotelischen Satzes l ); 
zur Einleitung dient derselben eine trockene und ziemlich sonder- 
bare Aufzählung der verschiedenen Arten von Oekonomie a ). Die- 
ses Buch, wenn auch ohne Zweifel aus der peripatetischen Schule 
hervorgegangen, gebort doch nur unter'die vielen Belege der klein- 
lichen Polymathie, welche nach wenigen Menschenaltern in dieser 
Schule so stark überhandnahm. . 
Die Rhetorik an Alexander, welche wir, wie bemerkt 3 )> nicht 
für voraristotelisch halten können, ist die Arbeit eines Rhetors, dessen 
Zeitalter sich nicht näher bestimmen lässt; hier brauchen wir um 
so weniger bei ihr zu verweilen, da sich keinerlei philosophische 
Eigenthümlichkeit in ihr ausspricht. Unsere Bearbeitung der Poetik 
ist, nach den äusseren Zeugnissen *} zu schliessen, vielleicht erst 
in der christlichen Zeit an die Stelle der Urschrift getreten. 
Auch mit Einsclituss dieser pseudoaristotelischen Bücher ist 
unsere Kenntniss der Schriftwerke, welche aus der peripatetischen 
Schule des dritten und zweiten Jahrhunderts hervorgiengen , und 
ihres Inhalts, der Masse und der Reichhaltigkeit dieser Schriften 
gegenüber, noch immer höchst dürftig zu nennen. Aber doch setzt 
uns selbst diese unvollständige Kenntniss in den Stand, über die 
Entwicklung dieser Schule im Ganzen uns t ein richtiges Unheil zu 
bilden. Wir sehen sie bis gegen die Mitte des dritten Jahrhunderts, 
unter Theophrast und Strato, ihre Stellung rühmlich behaupten; wir 
sehen sie namentlich durch ihre naturwissenschaftlichen Forschun- 
gen Bedeutendes leisten, und unter dem Einnuss dieses naturwis- 
senschaftlichen Interesse's das aristotelische System an wichtigen 
Punkten in einer Richtung umbilden, welche eine einheitlichere Ge- 
staltung desselben anzubahnen geeignet schien, deren Durchführung 
aber nur unter Aufgebung wesentlicher Bestimmungen möglich war. 
I) 8. o. 541, 6. 
S) Die pEMiXuei), «trpanwjj, müLreutj), I&uorui), bei jeder dann wieder e: 
VereeiohniBB ihrer verschiedenen Einkommensquellen. 
3} 8. 56, 8. 
4) Oben 76, 1. 
< Philon. d. Gi-. n. Bd. 1. Abtta. 49 
Digimed By GoOgk 
770 ßohluBi. 
■ Indessen war der Geist jener Zeit diesen Bestrebungen nicht gun- 
stig, und die peripatetische Schule selbst konnte, sich dem Einfluss 
dieses Geistes nicht auf die Dauer entziehen. Schon bald nach 
Strato hören ihre selbständigen naturwissenschaftlichen Untersu- 
chungen, gleichzeitig aber auch die logischen und metaphysischen, 
auf, und sie beginnt sich auf die Ethik und die Rhetorik und auf 
jene geschichtliche und philologische Gelehrsamkeit zurückzuzie- 
hen, die uns bei aller Ausbreitung und Vielseitigkeit des Wissens 
doch weder durch eine gesunde Kritik der Ueberlieferung noch 
durch eine grossartigere Geschichtsbetrachtung für den Hangel an 
philosophischen Gedanken entschädigt. Ebendamit ist aber die Schule 
in eine untergeordnete Bedeutung zurückgetreten : es bleibt ihr im- 
merhin das Verdienst, dieKenntniss der früheren Wissenschaft fort- 
zupflanzen und durch ihre maassbaltende, von den aristotelischen 
Bestimmungen nur ausnahmsweise an einzelnen Funkten sich ent- 
fernende Sittenlehre gegen die Einseitigkeit anderer Schulen ein 
heilsames Gegengewicht zu bilden; aber die Leitung der wissen- 
schaftlichen Bewegung ist anderen Händen anvertraut, die eigent- 
lichen Wortführer der Zeitphilosophie haben wir in den jüngeren 
Schulen zu suchen. 
JigilizBdby GoOgle 
Zu S. 26, Anm. 1. Auf die fortlaufenden Vortrüge beliebt «ich die Angab« de« 
Aristoxenus. Harm. Eiern. S. 31 (S. 711, 1 dieser Schrift). 
Zu 8. 49, Z. 19 v. n. Anch Phys. n, 2. 194, s, 36, wo Philo*. Pbye. F, 15, n. 
nnd der Ungenannte Schol. in Ar. 349, b, 23 verkehrter Weise an die 
Ethik denken, bezieht sich auf dieses Werk. Wenn nicht ttlos Kobk 
(Arial, libr. ord. 63 ff.), sondern nun auch Sdsehihl (Genet. Entw. d. 
plat. Philoa. II, 2, 534 ff.) die Aecbtheit der Schrift aber das Giito be- 
streitet, so muss ich eine ans reiche» de Begründung dieses Urtheila ver- 
miesen. Geht anch Ahibtox. Harm. EL 8. 31 anf eine mündliche Erzäh- 
lung des Aristoteles, und der Ausdruck h Tolf nept ptXouof in; Itf ojiAoi; 
De an. I, 2. 404, b, 16, wie hiemit zugegeben sei, zunächst auf die pla- 
tonischen Vortrage über die Philosophie, nicht anf die aristo! eliscbs 
Darstellung dieser Vortrage, so ist doch Phys. a. a. 0. unlaugbar eine 
aristotelische Schrift gemeint, und diese in einem verlorenen Abschnitt 
unserer Metaphysik zu suchen, bleibt auch dann noch bedenklich, wenn 
man dabei nicht an unsere ganze Metaphysik, sondern nur an das Buch 
7t. toü Tloaxfßi (s. o. S. 66}, unser jetziges Gtea Buch der Metaphysik, 
denkt; denn tfaeils passt die Verweisung der Physik nicht anf diese«, 
und so muss man dann erst wieder zu der Annahme seine Zuflucht neh- 
men, das» unser 5tes Buch der Metaph. nur ein Aaszug der aristote- 
lischen Schrift ic. toü JJoaayfii sei, theila ist es sehr auffallend, das« 
diese *. a. 0. mit der Bezeichnung: Iv toi; itepl "tiXoaofütj citirt sein 
sollte. Dasa aber Albx. zu Metaph. 987, b, 83. 990, b, 17 in seinem aus 
der Schrift vom Guten genommenen Beriebt Aber die platonische Ablei- 
tung der Zahlen aus dem Eins und der unbestimmten Zweiheit nicht 
ausdrücklich zwischen den mathematischen und den Idealzahlen unter- 
scheidet, berechtigt nicht zu der Behauptung (Bus. S. 534), nach jener 
Schrift müssen, in schroffem Widersprach mit der aristotelischen Meta- 
physik, die mathematischen Zahlen bei Plato die ersten Elemente der 
Dinge nächst jenen beiden Priucipien gewesen sein, Anch Aristoteles 
selbst unterscheidet Phys. III, 6. 206, b, 27 ff., indem er Plato vorwirft, 
dasa er die Zahlen nur bis zur Zebnzabl ableite, nicht zwischen den 
mathematischen und den Idealzahlen. Aebnlicb Metaph. XIV, Ö. 1092, a, 
21 ff. XIII, 9. 1085, b, 4 ff. Wir haben daher keinen Grund, die Au 
thentis der Schrift vom Guten zu bezweifeln, selbst wenn wir, mit Rück- 
sicht auf das S. 59 Angeführte, die Schrift lt. $iXoo«?lac von ihr zu 
unterscheiden geneigt sein sollten. 
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772 Zncltxe. 
8. 56, 7,. 17 ist hinter: „Bliet. 1, 1369,«, lö ff." beizufügen: II, 18 f. 1391,1,31. 
1893, a, 8. 
Zu 8. 67, Z. 10: Vgl. jedoch Bund» 1t, b, 1300. 
S. 72, 32 Jst hinter dem Citat aus David beizufügen: und das Scholium zu 
Porphyr, ebd. 9, b, 28. 
Zu S, 7G, Anm. 3, Schi. Ob der von Ab.mei.mkj in einem ojabiacnnu Codes ge- 
fundene Brief dei Aristoteles an Alexander eine Uebcrsetzuug der Ach- 
ten Abhandlung nipt BaaüUii; ist, nie Besser dem Entdecker desselben 
auch DnESBEt, (in s. Bericht darüber, Philologus XIV, 353 f.) annimmt, 
wird sich erst dann benrtheilen lassen, wenn er veröffentlicht ist 
Zu 8. 95, Anm. 1. Weiter s. in. Thubot Etudes snr Aristote 309 ff., welcher 
j^uiTtfixat der Sache nach für gleichbedeutend mit BiaÄExraöt hält, und 
Thomis De Arist. föat. Uro« (Gütt. 1860) S. 37 ff., welcher (mit den 
neueren Untersuchung«!) Ober die ethischen Schriften des Arist., wie es 
scheint, ganz unbekannt) nnter den E?wttpno'i Xi-joi nichts anderes ver- 
standen wissen will, als die grosse Moral, oder genauer, das Werk, von 
dem diese ein Bruchstück sein soll. Dieser letztere Einfall bedarf nun 
keiner Widerlegung; auch TntiROt'a Ansicht liesse sich aber nur mit 
grosser Gewaltsamkeit an den sammtlicben 8. 100 ff. aus Aristoteles und 
Endemus beigebrachten Stellen, denen hier noch Etb. Eud. VII, 1. 
1235, a, 5 vgl. m. Z. 29 f. beigefügt werden mag, durchführen. 
Zu S. 110, Z. 10, v. u. Vgl. auch Hhet. I, 3. 1356, b, 38. 
Zu 8. 113, Anm. 1. In den Worten: &t SXn tou xaQoXou o5aa dürfte das tau zu 
streichen sein. 
Zn S. 115, Anm. 1. Vgl. ebd. 8. 396. 
Zu 8. 130, Anm. 3. Vgl. Cic. Ad Att. II, 1. Acad. IT, 38, 119. De Orat I, 
11, 49. Qdintil. Inst. X, 1, 83. 
8. 123, Anm. 2 ist den Citaten ans David, 8impl. Pbilop. n. s. w. beizufügen: 
Asitolicb in Fabbic. Biblioth. III, 463 Harl. (nur dass dieser die prak- 
tische Philosophie blos in Ethik und Politik theiit). 
Zu 8. 124, Anm. 4: Vgl. Anal. post. II, 19 (S. 140, 1). Kbot. I, 3. 1357, a, 35. 
Zn 8. 131, Anm. 4: Vgl. anch Rhet. I, 4. 1359, b, 10: Tifc ävtaXuraijc f-nmjfiii;, 
Wofür c. 3. 1856, a, 36 BitdiExr.xijc und ebd. Z, 22 toÜ fntXXovfoaofla! Suva- 
fiEwau stand. 
Zu 8. 164, Anm. 1 : Vgl. c. 32 und die eingehende Erörterung von Uebebwbq 
Logik 8. 271 ff. 
Zu 8. 176, Anm. 1. In der Stelle aus Eth. VI, 3 mit Teesdelenbbrb HisL 
Beitr. II, 366 ff. Bbabdis U, b, 1443 die Worte: iiHqtu^ äpo au strei- 
chen, scheint nicht nQthig. 
Zn 8. 177, Anm. 2, Schi. Die verschiedenen Aeusserungen des Ariat über den 
Zweck der Dialektik stellt Thubot Etudes sur Aristote 201 ff. zusam- 
men, welcher aber doch ihre tfaeilweise Ungenau igkeit im Ausdruck au 
stark betont hat. 
8. 178, Z. 14 v. u. ist Bbet. I, 1. 1355, a, 15 beizufügen. 
Zu 8. 193, Anm. 4: Viel eher konnte man mit Uebbsweo (Logik 94 f.) sagen, 
der Gegensatz gegen die Ideenlehre habe die aristotelische Kategorieen- 
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lehre veranlasst. Indessen heschrünt t er selbst diele Bemerkung mit 
Recht auf das Allgemeine, data er von dieser Seite den Anstois erhalten 
habe, überhaupt eine geschlossene Beibe der verschiedenen Existenz- 
formen aufzustellen, ohne eine wirkliche Deduktion der Kategoricen 
ans Einem Prittcip behanpten zu wollen. 
8. 278, Anra. 1 ist hinter: „Eud. VII, 3" beizufügen: Tgl. c 12. 1244, h, 7. 
1245, b, 14. 
Zu 8. 260, Arno. 3: S. auch De an. U, 4. 416, b, 1. 
S. 289, Anm. 2 ilt l'olit. TU, 4. 1326, a, 32 beianfügen. 
Zu S. 359, Z. 1 T. n. Tgl. Kkische Forschungen 347, 1. 
Zn S. 453, Z. IS t. n.: oder wie es Rhet. 1, 10. 1366, b, 10 definirt wird: hm 
eJSotes xoi |j.ij «va-fxt<VQ'|i£voi ttoioSciv. Die gleiche Stelle iat über den 
Unterschied von ixodoiov nnd irpompeoi? (ebd. Anm. 2) zu vergleichen. 
S. 471, Anm. 1 Tgl. m. neben Eth. I, 5 auch Eth. X, 6. 1176, b, 3. 30. In der 
Erklärung der Worte: owspt6u.o-j[i&i)v 6t n. s. f. stimmt MUnschek 
Quaeat. crit. et eieget. in Arist. Eth. N. 9 ff. mit Beihdie fiberein; für 
ihre Ausstossang spricht auch der Umstand, daas lie M. Mor. I, 3. 
1184, a, 14 ff. nicht berücksichtigt werden. 
Zn S. 472, Anm. 3. Tgl. auch Übet. I, 5. 1361, a, 23. 
Zn 8. 495, Anm. 5. Tgl. Rhet. II, 9, Auf. 
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