H. von Helmholtz

Handbuch der physiologischen Optik

이윤진이카루스 2015. 1. 15. 15:09

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Handbuch 
der 
Physiologisclien Optik 
von 
H. von Helmholtz. 
^0 I- Lo 
Britte Auflage 
ergilnzt und herausgegeben in Gemeinschaft mit 
Prof. Dr. A. Gullstrand und Prof. Dr. J. von Kries 
Upaala Freiburg 
von 
Professor Dr. W. Nagel 
Erster Band 
Mit 146 Abbildungeu im Text 
Einleitung herausgegeben von Prof. Dr. W. Nagel 
Die Dioptrik des Auges herausgegeben von Prof. Dr. A. Gullstrand 
Hamburg und Leipzig 
Verlag von Leopold Voss 
1909. 
CDMUY 
Druck von Metzger & Wittig in Leipzig. 
Bi«»Wi«(iJ 
— - _-4f Ukraij 
103 
Vorwort zur ersten Auflage. 
Die erste Abteilung des Torliegendeii Haudbuches ist schoii im Jahre 1856 
erschieiien, die zweite 1860, die dritte teils Anfaiig, teils Ende 1866. Die lange 
Verzogeruiig der Herausgabe des letzteii Teils war teils durch iluBere Grilnde, 
zweimaligeii Wechsel des Wohnortes uud Wirkungskreises, sich zwischendrangende 
andere wisseiischaftliche Arbeiteii, teils durch iimere Griinde veraidaBt. Die 
Lehre von den Gesiclitswabrnehinungen ist gerade im Laufe der letzten Jabre 
sebr vielfaltig bearbeitet worden, und bat eben angelangen ibren reicbeii Inbalt 
und das tiefgreit'ende Interesse, was sie besitzt, zu entfalten. Es konnte billiger- 
weise audi jetzt nocb einem Zweit'el unterliegen, ob es scliou moglich ist, mit 
einiger Aussicbt auf Erfolg einen, wenu aucb iiur vorlilufigen, AbscbluB eines 
so jungen und gleicbsam nocb garenden Zweiges der Wissenscbaft geben zu 
woUen, wie es doch der allgemeine Plan dieses Buches und der Enzyklopiidie, 
zu der es gebort, erfordert. Andererseits ist bei der eigeutiimlicben Natur dieses 
Gebiets ein scbneller Fortschritt zu einer endgiiltigeu Beantwortung der noch 
offeuen Fragen nicbt gerade zu erwarten. Teils ist dasselbe eng vertiocbten 
mit den scbwierigsteu psycbologischen Problemen, teils ist die Zahl der Be- 
obacbter gering, die es fordern konnen, da immer eine lange Ubuug in der 
Beobachtung subjektiver Erscbeinungeu und in Beberrscbuug der Augen- 
bewegungen vorbergeben muB, ehe man aucb nur siebt, was die Yorgiinger 
scbon geseben baben, und mancber, der diese Ubungen nicbt vorsicbtig geniig 
austellt, scbon dann geuotigt ist, eine sorgfaltige Scbonung seiner Augen ein- 
treten zu lassen. Dazu kommt, daB gerade bier, wo ps3'cbiscbe Prozesse eiii- 
greilen, aucb der Spielraum der individuellen Abweicbungen viel groBer zu seiu 
scheint, als in andereu Gebieten der Pbysiologie. 
Dennocb muBte am Ende der Versuch gemacbt werden, Ordnung und Zu- 
sammenbang in dieses Geliiet bineiiizubringen und es von den aut'lalligen Wider- 
spriichen zu befreien, die sicb bis jetzt durcli dasselbe binzogen. Icb babe dies 
getan in der Ul)erzeugung, daB Orduung und Zusamnienbang, selbst wenn sie 
auf ein unbaltbares Prinzip gegriindet sein soUten, besser sind als W'iderspriicbe 
und Zusammenbanglosigkeit. Icb babe deshalb das Prinzip der empiristischen 
Tbeorie, wie icb es im 26. und 33. Paragrapben auseinandergesetzt babe, und 
von dem icb micb immer melir iiberzeugt luibe, je liinger icb arbeitete, daB es 
das einzige ist, welches ohne \\'iderspriiche durch das Labyrinth der gegenwilrtig 
bekannten Tatsachen bindurcbt'ubrt, zuin Leitfaden genommen. Es sind mir 
auf diesem Wege schon andere Forscber vorangegangen, deren Arbeiten, viel- 
leicht wegen einer der materialistiscben Neigung der Zeit entsprechenden Vor- 
liebe zu unmittelbar mechanischen Erklilrungen , im ganzen nicbt den Beil'all 
591101 
ZOOLOGY 
IV Voiwort zur ersten Auflage. 
gefunden liaben, den sie wohl verdient batten. Der Grund davon kann darin 
gelegen liabeii, daB diese meine Vorgiinger immer nur einzelne Kapitel der 
Lehi-e von den Gesichtswahnielimungen bearbeitet habeu, imd bier eigentlieli 
nur der Zusammenbang des Ganzen der Ansicbt, in welcber er gewounen wird, 
iiberzeugeude Kraft verscbaiien kann. Icb babe micb desbalb lieniiibt, diesen 
Zusammenbang vollstilndig zu entwickeln. 
Den tJbelstanden, welcbe durcb die Verzogerung der Herausgabe des 
Ganzen fiir die ersten beiden Abteilungen entstanden sind, babe icb dadurcb 
abzubelfen gesucbt, daB icb in einem Nacbtrage die neuere Literatur zusammen- 
gestellt uud kurz wenigstens die wicbtigsten der seit Herausgabe jeuer Ab- 
teilungen neu gefundenen Tatsacben besprocben babe. Gliicklicberweise befiudet 
sieb unter diesen keine, welcbe eine weseutlicbe Veranderung der aufgestellten 
Scliliisse und Ansicbten bedingt batte. 
Was die literariscben Ubersichten betrifft, die nacb dem Plane der Enzy- 
klopiidie verlangt wurden, s<i babe icb sie so gut gegeben, als icb bei den mir 
zu Gebot stebenden Hilfsmitteln konnte. Die neuere Literatur wird ziemlicb 
vollstandig sein; die altere babe icb vielfacb aus sekundaren Quellen zusammen- 
tragen miissen und kann fiir ibre Genauigkeit keine Garantie iibernebmen. 
Die Ausarbeitung einer wirklicb zuverlassigen Gescbicbte der pbysiologiscben 
Optik wiirde eine Arbeit sein, die die Zeit uud Kraft eines Forscbers fiir lange 
Jabre in Ansprucb nabme, und das entsprecbende Interesse wiirde sie docb 
erst baben, weiin der Zustand der Wissenscbaft selbst ein reiferer ware, als er 
jetzt ist. 
Mein Hauptstreben bei der Ausarbeitung des vorliegenden Bucbes ist es 
gewesen, micb durcb eigenen Augenscbein und eigene Erfabrung von der Richtig- 
keit aller nur einigermaBen wicbtigen Tatsacben zu iiberzeugen. Die Metboden 
der Beol)acbtung babe icb stets in derjenigen Ausfiibrungsweise bescbrieben, 
welcbe mir die zuverlilssigste zu sein scbien, und wo dieselben von der Metbode 
des Entdeckers abweicben, bitte icb darin nicbt eine unmotivierte Sucbt nacb 
Xeuerungen zu seben. 
Mogen sacbverstandige Ricbter die Scbwierigkeit und Weitliiutigkeit der 
Aufgabe, die zu losen war, beriicksicbtigen, wo sie das ibnen bier ilbergebene 
Bucb zu tadelu finden sollten. 
Heidelberg, im Dezember 1866. 
H. Uelmlioltz. 
Vorwort zur dritten Auflage. 
Die erste Auflage des Haiidbuchs der pliysiologisclieii Optik von Hermann 
VON Helmholtz, die im Jahre ISGC erschien, ist seit langem vergriffeii uiid 
audi die zweite Auflage voni Jahre 1885 ist bereits aus dein Buchluuidel 
verschwunden. Die Nachfrage nach dem Werk hat nicht aufgehort und wild 
noch lange uicht aufhoren, deiin es gibt keine Neuschopfuiig, die uns das 
Helmholtz sche Werk ersetzen konnte. Die unifassende Flille des Iiihalts zu- 
saminen mit der in ihrer klaren Eiiifachheit so glanzenden Darstellung steiupeln 
die „Pliysiologische Optik" zu einem wahrhaft klassischen Werk, das seinen 
Wert audi dauii behiilt, weiiii neue Forschuiigeu in dem einen oder dem andren 
Punkte zu Auschauungeu fiihren, die von den Helmholtz schen abweichen. 
Ein solches Werk der wissenschaftlichen Welt und dem Buchhandel zu 
crlialten, ist nidit nur durch Pietiit und historisdies Interesse, sondern auch 
durch praktisdie Bedurfnisse im hochsten MaBe geboten. So halje idi die 
Mitteilung der Verlagsbuchhandlung, daB sie eine Neuausgabe wiinsche und die 
Aufforderung, eine soldie zu ubernehmen, niit Freude begriiBt, wenn auch 
freilidi die groBeii Sdnvierigkeiten dieses Unteriiehnieiis von voniherein keiiien 
Augeublick iibersehen werden koniiten. 
Mit der Herstellung eines bloBen unveriinderten Abdruckes des Helm- 
holtz schen Textes (sei es der ersteii, sei es der zvveiten Auflage) konnten wir 
uns iiidit Ijefreundeii. Selbstverstiindlich wiire ein noch fur lange Zeiten wert- 
volles und iiiitzlidies Budi auch auf diese Weise entstanden. Allein bei der 
Flille und Bedeutung des iieuen Forschungsmateiials versteht es sich, daB 
der Hinweis auf dieses ubei'all schmerzlich vermiBt worden wiire, und daB der 
Wert des ganzen Werkes wesentlicli gesteigert werden konnte, wenn den Fort- 
schritten der Wissenschaft in geeigneter Weise Bechnung getragen wurde. 
Krsdiien eine solclie Neubearbeitung an Stelle eines bloBen Neudrucks 
ausfiihrl)ar, so konnte in. E. audi nur sie als das weit bcfriedigendere in 
Fruge kommen. Allerdings niuBte icli mir sogleii'h sagen, daB die sachgcMnilBc 
Bearbeitung des ganzen Werkes verinutlich die Krafte eines einzelnen, jeden- 
falls aber die lueinigen, iibersdireiten werde. Diese Sdiwierigkeit durfte ich 
als iu erwiinschter Weise erledigt l)etrachteii, nacluhnn Herr Professor Gdll- 
STKAND die Bearbeitung der Dioptrik des Auges, Herr Professor v. Kries die- 
jenige der Gesichtswahrnelimungen iibernomnien hatte, so daB ich micli, al)- 
gesehen von wesentlicli tedmischen Aufgaben, auf die Bearbeitung des zweiten 
Absdinitts, die Gesichtsenipfindungen, beschrilnken konnte. 
Die Hauptschwierigkeit lug, wie selbstverstiindlich, in der Waiil des 
Bearbeituiigsmodus, und es war von vorulierein klar, daB wir nicht hofFen 
VI Vorwort zur dritten Auflage. 
kdunten, alien Wiinschen gereclit zu werdeii. Die Beratungeii der Herausgeber 
uutereinander, sowie mit dem Herni Verleger und Frau Ellen von Siemens 
gcb. V. Helmholtz, als Vertreterin der Rechtsnachfolger des Autors, haben 
jedocb aucb in ilieser Frage bald zu einer Klarung und zu einem bestimniten 
Ergebnis gefiibrt W'ir waren ubereinstimmend der Uberzeugung, daB eine 
voUige Neubearbeitung, die unter freier Bemitzung des Helmholtz scben Textes 
ein ganz neues Werk herzustellen batte, nicht in Frage kommen konnte. 
Allerdings ware so und nur so ein einbeitlicbes, formell abgerundetes und 
somit in jeder Weise leicbt benutzbares Werk zu scbaifen gewesen. Es ware 
dabei aber das, was Helmholtz gescbrieben bat, mit der Darstellung des 
Bearl)eiters voUkommen zusammengearbeitet und verscbmolzen, daber auch 
vollig unerkennbar und untrennbar geworden. Ob spiiter einmal eine Be- 
arbeitung dieser Art augezeigt erscbeinen wird, dariiber niogen zukiinftige 
Zeiten entscheiden. Gegenwartig — daiin stimniten wir iiberein — ist der 
Zeitpunkt dafiir nocb nicbt gekommen; nocb ist die Bedeutung dessen, was 
Heljiholtz schrieb, zu groB, als daB es zulilssig erscbeinen konnte, seine 
Darstellung in der eines Bearbeiters aufgeben und verscliwinden zu lassen; 
nocb ist es geboten, gerade die Ai't, wie Helmholtz die Tatsachen und die 
Prohb'Hie der pbysiologiscben Optik ansab, der allgenieinen Kenntnisnabme 
zugtiuglicb zu balten. 
Aus diesen Uberlegungen ergab sich also die Notwendigkeit, den Helm- 
holtz schen Text unverandert zuni Abdruck zu bringen und die Bearbeitung 
auf die Form von Hinzufiigungen zu bescbrtlnken, unter Aufopferung voller 
Einheitlichkeit de-; Werkes. Dieser nnvermeidliche Dbelstand wird sicli natur- 
gemaB um so weniger storend bemerkbar macben, je mebr sicb die ueu liinzu- 
zufiigendeu Abscbnitte im Einklang mit den von Helmholtz geauBerten An- 
schauungen und Uberlegungen befinden, je mebr sie sicb also als ein Weiter- 
bauen auf der Basis der HELMHOLTZschen Anscbauungen darstellen. In den 
einzelnen Abscbnitten liegen bier die Unistande verscbieden. In den tbeoretiscb 
am meisten umstritteneu Gebieten der Pbvsiologie der Gesichtsemplindungen 
wie der Gesicbtswabruebmungen lagen nacb der Ulierzeiiguug der Herausgeber 
die Verbiiltnisse insol'ern giiustig, als selbst da, wo eine betraebtlirbe Weiter- 
entwicklung der wissenscbaftlicben Forscbung gegen die Entstebungszeit der 
ersten Auflage der ^pbysiologiscben Optik" zu verzeichnen ist, diese Entwicklung 
keincrlei gegensatzlicbes Verbaltnis zu den Lebren von Heljiiigltz in sicb 
schlieBt. Gerade darin, daB wir in diesen Fragen von denselben grundsiitz- 
lichen Anscbauungen ausgeben zu miissen glauben, die Helmholtz sicb gebildet 
batte, liegt das wesentlicb bestimmende Moment flir unsern EntscbluB, die Be- 
arbeitung zu iibernebmen. Wie die Dinge bier fiir die einzelnen Abscbnitte 
sich gestalten, darauf wird sogleicb nocb zuriickzukommen sein. 
Nachdem dureb diese Erwagungen die Entscbeidung fiir einen Neu- 
druck des Helmholtz schen Textes mit Zusatzen gegeben war, erhob sich die 
Frage, ob der Text der ersten oder der zweiten Auflage zu wahlen sei. AII- 
gemeiner Ubung nach hiitte das letztere als selbstverstandlicb erscbeinen konneu. 
Penn mit welchcm Rechte konnte der Herausgeber sich anmaBen. irgendwelche 
vom Autor selbst vorgenommeneu Anderungen, Ergiinzungen usw. wieder zu 
beseitigen? Wenn wir uns trotz dieser uaheliegenden Erwiigung entschlossen 
haben, den Text der ersten Auflage wieder abzudrucken, so haben" uns dabei 
besondere Grunde geleitet. Erstlich war die ganze unvergiinglicbe Bedeutung, 
Vorwort znr dritten Auflage. yil 
die Helmholtz fiir die Physiologie des Sehorgans besitzt, die Heranziehung 
und Ausbildung feinster physikalischer Methoden, die sorgfaltigste Beobachtuiig 
der Empfiiidungen und aller sich an sie knupfenden psychischen Erscheinungen, 
die mathematische Durcliarbeitung und die philosopbisch kritische Erorterung 
doch im wesentlichen an die erste Auflage gekniipft. Sie ist das klassische 
Buch, von dem wir eine neue Ara der Sinnesphysiologie datieren diirfen. 
Es kommt indessen noch ein anderer Grund hinzu, der uns bestimmte, 
den Text der ei'sten Auflage zu bevorzugen. Besondere UmstJinde baben 
es mit sich gebracht, daB die Anderungen und Zusiltze der zweiten Auf- 
lage gegenwartig in erheblicb hoherem MaBe als der Inbalt der ersteu 
liberholt zu nennen sind. Dies liegt nicht etwa daran, daB Helmholtz, als 
er mit der zweiten Auflage beschaftigt war, dui'ch seine mannigfaltigen 
andercn Arbeiten abgezogen, fiir die physiologische Optik nicht niebr das 
voile MaB von Arbeitskraft, Interesse, oder gar Verstandnis gehabt hi'itte. Im 
Gegenteil waren gerade damals auf seine Veranlassung und unter seiner 
Mitwirkung die wichtigen Untersuchungen A. Konigs begonnen wordoii , denen 
er das lebhafteste Interesse entgegenbrachte. AUein gerade diese Untersuchungen 
batten von einem neu eroifneten Gebiete doch uur einen Teil kennen gelehrt; 
spatere Weiterfiihrung und Vervollstandigung hat ihre Ergebnisse z. T. in einem 
anderen Lichte erscheinen lassen und eine abweichende Deutung wahrscheinlich 
gemacht. So war denn, wie wir jetzt wohl sagen diirfen, wegeu der Unfertig- 
keit dieser Untersuchungen gerade der Anfang der 90 er Jahre fiir eine neue 
Auflage ein Ijesonders ungiinstiger Zeitpunkt; und so kommt es andererseits, 
daB eine gegenwiirtige Bearbeitung im allgemeineu leichter und l)esser an die 
in der ersten Auflage gelegten Fuudamente, als an die in der zweiten ver- 
suchten Weiterfiihrungen ankniipfen kann. Allerdings gilt das Gesagte nur von 
einem Teil der physiologischen Optik; aber es gilt gerade von dem, in welchem 
iiberhaupt die zweite Auflage die betriichtlichsten Anderungen gegeniiber der 
ersteu aufweist. 
So haben wir uns denn fiir einen genauen Wiederabdruck der ersten 
Auflage entschieden (unter Einfiigung der von Helmholtz selbst dieser Auflage 
beigegebenen Nachtrage). Beziiglich der von den einzelnen Bearljeitern zu 
liefernden Zusiitze erschien es uns richtig, je nach ihrer besonderen Art eine 
weitgehende Freiheit in formaler Beziehung zu gewiihren. Ganz kurze Er- 
ganzungen oder Berichtigungen sind als FuBnoten angefiigt, etwas umfang- 
reichere als Anliiinge an die einzelnen Paragraiilien. In alien drei Haupt- 
ahsclmitteu des Werkes ergab sich jedoch auch die Notwendigkeit, einzelne 
Gegenstiinde in ausfiihrlicherer Weise vollig frei zu bearbeiten und die so ent- 
standenen Kapitel teils zwischen die Paragraplien des HELMiioj/TZsclien Textcs 
einzuscbieben, teils an dem Scblusse der Hauptabsclniitte anzuhiingen. In 
diesen Zusatzkapiteln haben wir einige von Helmholtz nur kurz oder gar nicht 
behandelte Gebiete der physiologisclien Optik bcsprocben, die durcli neuere 
Forscliungen erst ersclilossen worden sind, in anderen Kapiteln kommen 
neuere theoretische Ervvagungen zur Darstellung. 
Von einer Neubearbeitung der a.natomischen Einleitung glaul)te ich ab- 
sehen zu soUen; zur Orienticu-ung fiir den nichtspezialistisch gebildeten Leser 
geniigt die Helmholtz sche Darstellung in ihrer musterhaft klaren Knappheit, 
und eine ausfiihrlichere, mehr in die Einzelheiten gehende Bearbeitung wiirde 
aus dem Rahmen des Werkes herausfallen. 
VIII Vorwort zur dritten Auflage. 
Von den drei Hauptabsclmitten hot der erste, die Dioptrik des 
Auges, insofern besondere Umstande, als die wiilirend der letzten Jabre 
gewonnene Kenntnis der tatsacblicben Abbilduugsverhaltnisse in optiscben 
Systemen so erbeblicbe Al)weichungen gegeniiber der bisber iiblicben Dar- 
stcllmigsweise der Dioptrik mit sicb gebracbt bat, daB mit kleinen Zusatzen 
und Anderungen zu deni HELMHOLTZscben Text nicbt wobl eiu befriedigendes 
Resultat zu erzielen Avar, vielmebr eine neue Darstellung groBer Gebiete der 
Dioptrik von den nunniebr gewonnenen Gesicbtspunkten aus wiinscbenswert 
erscbien. 
Wenn es sicb audi nicbt leugnen lieB, daB eine vollstandig neue Dar- 
stellung des ganzen Gebietes der Dioptrik des Auges aus dieser Ursacbe er- 
wiinscbt gewesen ware, so zeigte es sicb aut' der anderen Seite bald, daB eine 
solche Darstellung eine unverbaltnismaBige Anscbwellung des betreffenden Teiles 
biitte verursacbt und demnacb aufzugeben war. Der Bearbeiter dieses Haupt- 
abscbnittes lieB sicb desbalb angelegen sein, hauptsiicblicb eine das Wesentlicbe 
unserer Kenntnisse eatbaltende Darstellung derjenigen Gebiete zu bringen, auf 
welchen wicbtige Fortscbritte gemacbt worden sind, und diese Darstellung dem 
in der niatbematiscben Analyse nicbt Bewanderten miiglicbst zugauglich zu 
macben. An dem bierbei zuni ersten Mai als ein Ganzes in Umrissen hervor- 
tretenden Lebrgebiiude duri'ten die unbekannt gebliebenen Gesetze der optiscben 
Abbildung in Medien mit varialjlem Brecbungsindex nicbt feblen, unisoweniger, 
als dieselben teils zur Berecbnung eines den nunmehr bekaimten Tatsacben 
entsprecbenden scbematiscben Auges unumgangbcb sind, teils aber aucb Licbt 
werfen auf die Versucbe, die HELMHoLxzscbe Tbeorie der Akkommodation 
durcb eine andere zu ersetzen, und als obnebin diese Versucbe ebensowie die 
von anderen Autoren gebrachten neuen Stlitzen der HELMHOLTZscben Tbeorie 
zu wlirdigen waren. 
In dem Gebiete der Gesicbtsempfindungen gait es vor alien Dingen, 
Stellung zu der Frage zu nebmen, ob die Vorstellungen , die sicb Helmholtz 
liber den Aufbau und die Funktionsweise unseres farbenempfindenden Apparates 
gebildet batte, aucb fur die in den letzten vier Jabrzebnten gemacbten neuen 
Beobacbtungen nocb eine binreicbende Erkliirung zu bieten vermocbten und, 
wenn nicbt, ob sie etwa ganz zu verlassen seien oder endlicb, ob uns die 
Kinfiibrung neuer erganzender Hypotbesen nennenswerten Gewinn Ininge. 
Uer Herausgeber stebt in dieser Frage auf dem Standpunkte, daB keinerlei 
AnlaB vorliegt, in der Farbentheorie die Grundanscbauungen, die Helmholtz 
vertrat, preiszugeben; wolil reicbt die Lebre von der Gliederung des farben- 
einpKnd(!ndeu Apparates nacb drei Komponenten nicbt mebr aus, um alle 
bekanuten Tatsacben des Farbensebens in befriedrgender Weise zu erkliiren. 
In der Lelire von der Duplizitiit der Netzbautfunktion ist uns indessen der 
Weg gegeben, die Erscbeinungen verstiindlicb zu macben, bei deren Betracb- 
tung die Tbeorie der Netzbautfunktion in der urspriinglicben HELMHOLTZscben 
Fassung vorsagte. Da die DuplizitiUstbeorie in ibrer Begriindung wesentlicli 
an die Verscbiedenbeiten des Sebens bei starkem und bei scbwacbem Licbt 
und die sogenannte Adaptation des Auges ankniipft, muBte zunacbst diesem 
(Jcgenstande ein besonderes Kapitel gewidmet werden. in dem die Abbiingig- 
keit des Licbtsinnes und des Farliensinnes vom Adaptationszustand des Auges 
bebandelt wm-de. In einem zweiten Kapitel waren die Fortscbritte zu wurdigen, 
welcbe die Metbodik der mcssenden Untersucbungen liber die Farbenempfind- 
Vorwort zur dvitten Auflage. IX 
licbkeit des Auges in den letztcn Jahrzehnten gemacht hat (Spckti-ophotomctrie, 
heterochrome Helligkeitsvergleichung, Peripheriewerte, Flimmerwerte u. a. m.). 
Das dritte Hauptkapitel bebandelt die Farbensinnsstorungen in ihrer Be- 
deutung fiir die Farhentbeorie. 
Was die Gesicbtswahrnebmungeu anlaugt, so wird ibre Auffassung uud 
Darstellung wohl noch fiir lange Zeit von Uberzeugungen aljhangen, die durch 
ein subjektives der Disknssion scbwer ziigaiigliches Ermessen l)estimnit werden, 
da es sicb bier uni eine Eeibe von Punkten handelt, die weder deni Experiment 
nocli der direkten Beobacbtung zuganglicb, sondern durch Erwagungen philo- 
sophischer und psychologischer Natur bestimnit werden. Aucb die Grundlage, 
auf die Helmholtz seine Lehre von den Gesichtswahrneliraungeu aufbaute, den 
,,Enipirismus'' in seinem Sinne wird, wie uns scheint, selbst derjenige, dor ihm 
uur in beschraukteni MaBe zustinimt, ja selbst derjenige, der ihm ganz ab- 
lehnend gegeniibersteht, als eine Auffassung bezeichnen miissen, die auch gegen- 
wilrtig noch moglich, ja im Grunde ebenso berechtigt, durch die namlichen Tat- 
sachen gestiitzt, mit den gleichen Schwierigkeiten und Bedenken behaftet ist, 
wie sie es vor 40 Jahren war. Und wie es Helmholtz s Absicht war, im 
Jahre 1894 fiir die zweite Auflage diesen Abschnitt ohne erhebliche Anderungen 
wieder abzudrucken, so darf man wohl mit Sicherheit sagen, daB auch die 
seitdem bckannt gewordimen Tatsacben, wenn sie damals scbon zu seiner 
Keuntnis gekommen waren, an diesen seinen prinzipiellen Uberzeugungen gewiB 
nichts geiindert haben wiirden. Unter diesen Umstiinden hatte es gerade bier 
wohl zulassig erscheinen kounen, die Bearbeitung auf eine Anzahl rein tatsiich- 
licher Hinznfiigungen zu beschrilnken, in die Erorterung theoretischer und 
prinzipieller Frage aber gar nicht einzutreten. 
Indessen schon der Wunsch, fiir eine Keihe von Punkten den gegen- 
wilrtigen Stand der Frage darzulegen, dazu noch manche andere, an Ort und 
Stelle zu erwahnende Griinde lieBen eine solche Beschrankung doch als un- 
angiingig erscheinen und ergaben fur den Herausgeber schlieBlich die Not- 
wendigkeit, eine allgemeine und selbstiindige Bearbeitung der fundamentalen, 
an die Schlagworte des Empirismus uud Nativismus gekuiipften Probleme zu 
gebeu. AuBer diesen ist dem dritten Abschnitte noch ein Kapitel hinzugefiigt 
worden. das sich mit den binokularen oplischen Instrumenteu beschaftigt, ein 
Gegenstand, der ja ganz im Rahmen des Werkes liegt, in erheblichem Umfange 
auch schon in der urspriinglichen Helmholtz scheu Darstellung beriicksichtigt 
ist, fiir den ajjer die umfangreiche und praktisch so liedeutsame neuere Entwick- 
lung der Konsti'uktionen eine ausfiihrlichere Darstellung wiinschenswert machte. 
Was nun das A.u6ere betrifft, in dem sich die neue Auflage prasentiert, 
so hat es der Herr Verleger sich angelegeu sein lassen, dem Werk eine gute 
Ausstattung zu geben. Es ist ein groBeres Format und ein fiir den Leser 
angenehmerer Letternsatz gewahlt worden. Da auch das Papier starker als das 
der friiheren Auflageu ist und der Text durch die Zusatze ganz erheblich iiber 
den Umfang nicht nur der ersten, sondern auch der zweiten Auflage hinaus 
vermehrt wurde, erwies es sich als notwendig, eine Teilung des Werkes in 
drei Biinde vorzuuehmen, um nicht einen allzu voluminosen Band zu bekommen. 
Die Teilung in die drei Hauptabschnitte gab dafiir die willkommene Grundlage. 
Die in der ersten Auflage auf Tafeln enthalteuen Abbildungen haben wir, wie 
es Helmholtz schon in der zweiten Auflage tat. soweit wie moglich in Text- 
dguren umgewaudelt. 
Vorwort zur dritten Auflage. 
Das Literaturverzeichnis . das Aethce Konig fiir tlie zweite Auflage ge- 
liefert hat, haben wir in die neue Auflage nicht iibernommen; es hatte jeden- 
falls bis auf die neueste Zeit fortgesetzt werden miissen, hiitte dann aber einen 
Band fiir sich gefullt und der groBe Aufwand von Zeit und Miihe hiitte kaum 
im richtigen Verhiiltnis zuiii Wert der Ai-beit gestanden, da wir jetzt iiber gute 
periodische Literaturberichte verfiigen, besonders iiber den von A. Konig be- 
griindeten und speziell der Sinnesphysiologie gewidmeten in der Zeitschrift fiir 
Psychologie und Phjsiologie der Sinnesorgane. 
Die Literaturverzeichnisse der ersten Auflage (nebst den in den Nachtriigen 
enthaltenen; haben wir beibehalten, da sie viele Zitate aus alter Zeit enthalten, 
deren Auftindung sonst auf Schwieiigkeiten stoBt ; in den neuen Zusiitzen haben 
wir die Zitate unter den Text gesetzt. 
Um das Zitieren und die Vergleichung mit den beiden friiheren Auflagen 
zu erleichtern, sind iiber der einzelnen Seite die entsprechenden Seitenzahlen 
der ersten Auflage angegelten, wie es auch n der zweiten Auflage geschah. 
In den Zusatzabschnitten, die von deu Bearbeitern Gullsteand, v. Keies und 
Nagel herriihren, ist dies dadurch zum Ausdruck gebracht, daB an Stelle der 
Seitenzahlen aus der ersten Auflage ein G., K. oder N. angebracht ist. In 
gleicher Weise sind die von Bearlieitern herriihrenden Anmerkungen unter dem 
Text gekenuzeichnet. 
Ein Bild von H. v. Helmholtz wird dem niichsterscheinenden Bande bei- 
gegeben werden. 
Rostock, im September 1909. 
W. Nagel. 
Inhaltsverzeiehnis. 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
Seite 
S 1. Formen des Sehorgans im allgemeinen l 
§ 2. Sehnenliaut und Hornhaut 4 
Messuiigen der Diiiiensiouuu des Augapfuls uud dor Iloruliautkrummung. 
Beschreibung des Ophthalaiometeis 6 — 12. 
!; 3. Die Uvea 13 
Die Iiis der Liuse anliegend. Methode, ihre Entfcrnung von der Horuhaut 
zu messen 15 — 20. Nachtrag von Helmholtz (aus d. 1. Aufl.) 20 — 21. 
S 4. Die Netzhaut 22 
Ihre Struktur, Messuugeii ihrer Elemente 22^25. Nachtrag von Helmholtz 
(aus d. 1. Aufl.) 25-28. 
S b. Die Kristallinse 28 
S 6. WaBrige Feuchtigkeil und Glaskorper :w 
Befestigung der Liuse 31 — 32. 
S 7. Umgebung des Auges 32 
Augenmuskehi 33: Augeulider, Triiuenorgane 34. 
Physiologische Optik. 
S 8. Elnteilung des Gegenstandes 35 
AUgeineine physikalische Eigensohaften des Lichts 35. 
xn 
Inhaltsverzeiclinis. 
Erster Abschnitt. 
Die Dioptrik des Auges. 
Seite 
§ 9. Gesetze der Brecliung in Systemen kugeliger Flachen 43 
BreL-lmngsgesetz 43 — 44. Breehung an kugeligen Fliichcu 44 — 46. Eigeu- 
scluiftcn der Kardinalpuukte 47 — 49. Mathematische Thcoric der Hrecliung an 
einer Kugelfliiclie 49 — 57. Die Theoreme von Gauss fiir die Breehung in 
zentrierten Systemen von Kugclfliichen 58 — 68. Anwendung auf Linsea 69 — 72. 
§ 10. Breehung der Strahlen im Auge 73 
Das Netzliautbildchen 73 — 74. Das Gesichtsfeld 74—75. Die Kardinal- 
punkto des Auges 75. Schematisches uud reduziertes Auge 76 — 77. Hreehnng 
in der Hornliaut 78—80; in der Kristallinse 80—84. Mctlioden zur Messung 
der Brecliuugsverhaltnisse 84 — 88; zur Bestimniung der optisclien Konstanten 
der isolierten Kristallinse 88 — 90; zur Bestimniung ihrer Lage im lebenden 
Auge 91 — 92; Diskussion der Genauigkeit in der Bestimniung dor Kardinal- 
puukte 93 — 96. Geschicbte 96 — 100. Naclitrag vou Helmholtz (aus d. 1. Aufl.) 
100 — 101. 
1; u. Zerstreuiingsbilder auf der Netzhaut lOi 
Begriti' der Akkominndatiou 101 — 104; Scheiners Versuch 104 — 107. Ver- 
schiedenheit der Sehweiten 108. Bereclinnng der GroBe der Zerstreuungskreisc 
und Visieren 109 — 111. Optometer 111 — 114. Refraktion, Ametropien, Akkoiii- 
modatiousbreite (Naclitrag vuu Helmholtz aus d. 1. Aufl.) 114 — 120. 
S 12. Mechanismus der Akkommodation 120 
Die Veranderungen der Iris 120 — 121; der Liusenreflexe 121 — 123; Mecha- 
nismus derselben 124—127; sohcmatisches Auge fernsehend und nabsehend 
127 — 128; Messungen der Anderungcu 129 — 131; Ausatz der Iris und des Ciliar- 
muskels 132 — 133; verschiedene Theorien der Akkommodation 183 — 141. Naeh- 
trag von Helmholtz (aus d. 1. Aufl.) 143 — 146. 
§ 13. Von der Farbenzerstreuung im Auge 146 
Sehweiten in verschiedenen Faibeu 146-148; farbige Eiinder der Zer- 
streuungskreise 148 — 151; die Dispersion im rcduziertcn Auge bereebnet 151—152; 
Berechnuug der Helligkcit der Zerstreuungskreise, welchc feblcrliafte Akkom- 
modation und Farbenzerstreuung geben 153 — 158. Zusaix, vou A. Gullsthand 
(ehromu/isclic Verf/rd/Senmrjsiliffnron) 158 — 160. 
S 14. Wonochromatische Abweichungen (Astigmatismus) 160 
Strahlenforraige Zerstreuungskreise 161 — 164; Verschiedenheit der Sebweite 
fiir verschiedene Meridiane 164—166; Theoiie fiir ellipsoidiscbe Form der 
Honihaut 165—167; Diffraktion des Licbts im Auge 167 — 168; Messungen an 
individuellen Augen und Geschichte 168—171. Nacbtrag von Helmholtz 
(aus d. 1. Aufl.) 172—174. 
S 15. Die entoptischen Erscheinungen 175 
Beobaehtungsweise 175—177; feste Objekte 177—179; fliegeude Mucken 
179 — 182; NetzbautgcfiiBe 182-187; Tbeoiie der entoptischen Parallaxe 187—188; 
Bestimniung der licbtempfindlichen Schicht mittels der GerdBfigur und Ge- 
schichte 188—190. Nacbtrag von Helmholtz (aus d. 1. Aufl.) 191—192. Ziisati 
von A. OuLLSTRASD (farbiyc liingc um Lichiijuellcn) 192—104. 
Inhaltsverzeichnis. XIII 
Seite 
S ic. Das Augenleuchten und der Augenspiegel 194 
Bediugungen des Augenleucbtens 194 — 197; mathematische Theorie des 
Angenspicgels 197 — 214: Fonneu dur Augenspiegel 214 — 219; ]?eobachtuugeu 
niit dcnselbon 219 — 221. Gcschichto 221 — 223. Naclitrag von Helmiioi.tz (aus 
d. 1. Aiifl.) 22;!— 225. Zusati von A. Oullstraud (Pliolograpltic des Anyen- 
/linlergrtmdes) 225. 
Zusiltze von A. Gullstrand. 
I. Die optische Abhildung 22G 
Die E'tittciekhmg der Lehre von der optischcn Abhildung 226—229; die all- 
gemeine Konstitution eines Strahlenbiindels 230 — 231; Qrundgesetxe der all- 
gemeinen opiiscl/en Abbildung 232 — 235; die optise/ic Abbildung in Umdrelmngs- 
systetnen 235 : rcdiixiertc Konxergenx mid Brechhraft 239; Zusammenselxung von 
xwei iind drei Systemeti 244 — 246; Anwendung der Abbildungsgesetx.e 248—250; 
die Abbildungsgesetxe xweiter und h'uherer Ordnung, Aberration 250 — 258. 
II. Brechung der Strahlen im Auge. Abbildung sgesetse erster Ordnung 259 
1. Die Hornkaut 259 
Die tordere Hornliautflacke. Opkthalmometrie 259 — 270; opti.sclie Achse und 
Visierlinie 270 — 272; die opiische Zone der Hornliuut, p/iysiologischer Astig- 
matismus 272 — 276; Berechnung der Uornhaulfonn aus den Ophthalmonieter- 
messungen 276 — 279. Der Brechung sindex und die Dicke der Hornhaut 
279 — 282\ Radius der hinteren Hornhauifldche 282 — 284; Konstanten des 
Hornhautsystems 285. 
2. Die Linse 286 
Ort der Linsenfldchen 286 — 2SS; Kriimmung dersclben 288 — 290; die 
Linsensubstanx als heterogenes Medium 290 — 202; allgcmeine Form der 
Indixialgleichung der Linse 292 — 294; Brechungsindices, Breehkraft 294— 297 : 
Konstanten der Indixialgleic/iung und des Linsensyslems 298 — 299. 
3. Das brechende System des Auges 299 
Schematisches Auge in Akkommodationsruhe 300 — 302; tereinfaclites 
scliematise/ies Auge 303; Dexentration des Auges 303 — 305. Peripherisehe 
Abbildung 305—306. 
III. Die Refraktton 306 
Begrijf der Refraktion 306 — 308; Emnietropie und Ametropien 308; Haupt- 
punkt- und Fokalpunki-Winkel 309; Vergrufierung durch opiische Instrumente 
309 — 313; die ferschiedeneti Ma fie der Schschdrfe 313; Grufie der Zrrstreuungs- 
hreise 317; Einflufi der Diffraklion am Pupillenrande 319—320; die physio- 
logische Refraktion 320; Akkommodationsbreite 322; Anonialien der Refraktion 
323—326. 
XIY Inhaltsverzeichnis. 
Seite 
IT. Der Mechanis^nus der Akkommodation 327 
Aupere VerUnderungen der Linse bei der Akkommodation 327—328; Indixial- 
gleicJmng der aldommodierenden Linse 329 — 330; intrakapsuliirer Akkommo- 
dationsmeclmnismus '131 — 333; schematisches akkommodierendes Auge 334 — .555; 
extrakapsidarer Akkommodationsmeelianismus, Pupillenrerengerung 336—339; 
akkotmnodative Detenfration der Linse 339—341; Dynamik der Ciliormiiskel- 
kontraktion342—347. IVe.sen des Akkommodationsmechanismiis 347 — 349; mani- 
feste und latenie Ciliarmiiskelkontraktion 349\ Tscherning s Theorie 350 — 353. 
r. Die monoc/iromatischen Aherrationen des Aiiges 353 
Asymmetric des Awjes 334 — 357; die Aberration des Augcs und die exakle 
Konstitution des gebrochenen Stralilenbiindels 357—374; Auflosungsrertnbgen des 
Aiiges 374 — 376". 
Verzeichnis einiger Abkiirzungen, 
welche in den Zitateu des HELMHOLTZSchen Textes geln-aucht sind. 
Der Band des betreffenden Werkes ist jedesmal mit riimischer Ziffer, die Seite mit arabischer bezeicbnet; wo 
eiue Zeitschrift mehrere Serien von Banden umlafit, ist die arabische Nummer der Serie, cingelvlammert ( . . . .), 
der romischen Zalil des Bandes vorausgesetzt worden. 
1. Bericlit iiber die zur Bekanntmachung geeigueteu Veihandlungen der Kouigl. PreuB. 
Akademie der Wissenscliaften zu Berlin. — Berl. Mouatsber. 
2. AbhandliiDgen der mathemathisch - physikalischen Klasse der Kouigl. Bayr. Akademie 
der Wisseuscliafteu. — Abh. d. Miiuch. Ak. 
3. Abhandluugeu der Kiinigl. Gesellscbat't der Wissenschaften zu Gottingun. — Abh. d. 
Kon. 6es. zu Gottingeu. 
4. Gottiugische gelebrte Anzeigen unter Aufsicht der Konigl. Gesellsehaft der Wisseu- 
schafteu. — Getting, gel. Auz. 
5. Abhaudluugen der Leipziger Akademie. — Abh. d. Siichs. Ges. d. Wiss. 
6. Berichte der Saehsischen Gesellsehaft der Wissenschaften zu Leipzig. — Leipz. Ber. 
7. Annalen der Physik und Cliemie, herausgegebeu von G. Poggendoeff. — Pogg. Ann. 
8. Journal fUr reine und angewandte Mathematik, herausgegebeu von A. L. Ceelle. — 
Cbelle's J. 
9. Notizen aus dem Gebiete der Natur- und Heilkunde, herausgegeben von Frokiep und 
ScHLEiDEN. — Fror. Not. 
10. Polytechnisches Journal, herausgegeben von J. G. Dingler und E. M. Dinqleh. — 
Diugler's pol. J. 
11. Archives des sciences physiques et naturelles par de la Rive, Marignac et Pictet. — 
Arch. d. sc. ph. et nat. oder Arch, de Geneve. 
12. Philosophical transactions of the Royal Society of London. — Phil. Trans. 
13. Transactions of the Royal Society of Edinburgh. — Edinb. Trans. 
14. Proceedings of the .... meeting of the British Association. — Rep. of Brit. Assoc. 
15. T/te London, Edinburgh and Dublin philosophical Magazine and Journal of science, 
conducted by Brewstek, Taylor, Phillips, Kane. — Phil. Mag. 
16. The Edinburgh new philosophical Journal, cond. by R. Jameson. — Eding. J. 
n. The American Journal of science and arts, cond. by Silliman, B. Silliuan and Dana. — 
Silliin. J. 
18. Memoires presenfes a l' Academic Royale de Bruxelles. — Mem. de Brux. 
19. Bulletin de rAcademie Royale des sciences et belles lettres de Bruxelles. — Bitll. ile 
Brux. 
20. Comptes rendus hebdoynadaires des seances de V Academie des Sciences de Paris. — C R. 
21. Ulnstilut, journal tmiversel des sciences et des societes savantes en France et a Vetranger. 
— Inst. 
22. Memoires de VAcadcmin des Sciences a Paris. — Mem. de Paris. 
23. Memoires des savants ctrangers, presentes a rAcademie des Sciences a Paris. — Mem. 
d. Sav. etr. 
24. Annales de chimie et de physique par. MM. Gay-Lussac, Abaqo, Ghevbeul, Dcmas, 
Pelouze, Boussingault et Reonault. — Ann. de ck. et de ph. 
XVI Verzeichuis einiger Abkurzungen. 
25. Bulletin dc la societe d'encouragemeitt pour I'industrie nationale. — Bull, de la Soe. 
d' enc. 
■it). Bulletin dc la cltisse iihysico-nmth&matique de VAcademie imperialc des Sciences de St. 
PiHershoimj. — Bull, de St. Pit. 
21. McDioires prescntes d VAcademie imperinle de St. Petcrsbourg. — Mem. de Petersb. 
28. Arcliiv fiir Oplithalinologie, heraiisgegebeu vou F. Arlt, F. C. Donders mid A. v. Graefe. 
— Arch. f. Ophthalm. 
29. Sitzungsberichte der Kaisurl. Akademie der Wissenschafteu. Mathematisch-uiitiirwissen- 
schaftliche Klasse. — VVien. Ber. 
30. Cosmos, revue encyclopedique hebdomadaire des progrcs des Sciences, redigee par Moiqno. 
Paris. — Costnos. 
31. Archiv fiir die hoUandisehen Beitrage zur Natur- und Heilkuude, herausgegebeu vou 
F. C. Donders und W. Berlin. — Arch, fiir d. hoU. Beitr. 
32. Nederlandsch Archief voor Geuees- en Natuurkuude, uitgegeven door F. C. Donders 
en W. Koster. — Nederl. Arcli. 
33 Jaarlijksch VersUig betrekkelijk de verplegiug eu het onderwijs in het Neder- 
laudsch Gasthuis voor Ooglijders. — Jaarl. Versl. iu het Nederl. Gastli. 
34. Henle uud Pfeuffer Zeitschrift fiir rationelle Medizin. — Henle u. Pfeupfer Zeitschr. 
oder Zeitschr. f. rat. Med. 
35. Archiv fiir Auatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medizin, herausgegebeu frlilier 
von J. MOller, jetzt von 0. B. Reiciiert uud E. du Bois-Reyiiond. — J. MOllers 
Archiv oder Reichert und x>u Bois Archiv. 
36. Jahresberieht des physikalischen Vereins zu Franlifurt a. M. — Jahresber. d. Frankf. 
Vcr. 
37. Allienucuin, journal of litteraturc, science and the fine arts. — At lien. 
Anatomisehe Besehreibung des Auges. 
§ 1. Formen des Sehorgans im allgemeinen. 
Die Augen der Tiere unterscheiden: 
Entweder nur Hell und Dunkel. Dies ist wahrscheinlich bei den sogenannten 
Augenpunkten der niedersten Tierformen (Ringelwiirmer, Eingeweidewiirmer, 
Seesterne, Seeigel, Quallen, Infusionstierchen) der Fall. Ein lichtempfindender 
Nerv, dessen peripherisches Ende dem Lichte zuganglich unter durchsichtigeii 
Decken liegt, geniigt zu diesem Zwecke. Das periplierische Ende des Nerven 
scheint meistens von verschiedenfarbigem Pigment umgeben zu sein, und ver- 
rat sich dadurch dem Beobachter. Doch wissen wir durchaus noch nicht. ob 
alle pigmentierten sogenannten Augenpunkte der niederen Tierformen wirk- 
lich zur Lichtemptindung dienen. Andererseits miissen wir aus der Emptind- 
Hchkeit. welclie niedere Tiere ohne Augenpunkte fiii- das Licht zeigen, 
schlieBen, da6 auch lichtempiindende Nerven in durchsiclitigen Tieren ohne 
Pigment vorkommen, die nur der Beobachter in keiner Weise als seiche 
erkennen kann. 
Oder die Augen unterscheiden nicht bloB Hell und Dunkel, sondern auch Ge- 
stalten. Um das zu konneu, mu6 Licht, welches von gesonderten leuchtenden 
Punkten ausgeht, gesondert, d. h. mittels verschiedener Nervenfasern wahr- 
genommen werden. Es darf dann nicht mehr jede einzelne Nervenfaser von 
alien Seiten des Raums her Licht empfangen, sondern nur von einem be- 
schrankten Teile des Raums. Jeder einzelnen Nervenfaser entspricht dann 
ein gewisses Gesichtsfeld, und es wird in der Wahrnehmung unterschiedeu 
werden konnen, in welchen dieser elementareu Gesichtsfelder leuchtende Korper 
Uegen, in welchen nicht. Je kleiner jedes einzelne Gesichtsfeld ist und je 
groBer ihre Gesamtzahl, desto kleinere Teile der uns umgebenden Korper 
konnen unterschiedeu werden. bis bei der hochsten Vollendung des Gesichts- 
organs die einzelnen elementareu Gesichtsfelder gegen das Gesamtgesichts- 
feld verschwindend klein werden. Fiir ein solches Organ konnen wir die 
Bedingung des deutlichen Seheus so aussprechen: Licht, welches von einem 
leuchtenden Punkte der AuBenwelt kommt, darf nur auf einen Punkt der 
lichtempfindenden Nervenmasse (Netzhaut) fallen. 
V. Hblmholtz, Fhysiologische Optik. 3. Aufl. I 1 
Anatomische Beschreibung des Auges. [2. 
Die Scheidung des Lichts. welches von verschiedenen Seiten des Raums 
kommt, geschieht 
entweder durch trichterformig gestellte. undurchsichtige Scheidewiinde (zu- 
sammengesetzte Augen der Wirbellosen), 
oder durch Brechung des Lichts an gekriimmten brechenden Flachen (einfache 
Augen der Wirbellosen und Augen der Wirbeltiere). 
Die Trennung der Augen. welche nur Licht und Dunkel. und derer, welche 
auch Gestalten wahrnehmen. ist keine scharfe. Schon bei den niedersten Tier- 
formen bewirken die Pigmentscheiden der lichtempfindenden Nervenfasern, da6 
Licht nur von der freien Seite auf das Ende der Faser fallen kann. und mit Hilfe 
von Bewegungen seines Korpers wird ein Tier mit solchen Augenpunkten schon 
ermitteln konnen. von -vvelcher Seite das meiste Licht kommt. ebenso wie der 
Mensch durch sein Hautgeftlhl die Eichtung einstrahlender Wiirme wahrnimmt. 
oder ein Kranker mit vollstandig getrtibter Kristallinse den Ort der Fenster eines 
Zimmers ermittelt. In dieser Beziebung habeu die Pigmentscheiden der Augen- 
punkte offenbar einen sehr wesentlichen >>utzen. Wo. wie bei den Blutegeln 
und Planarien, vor der Nervensubstanz noch ein durchsichtiger kugeliger oder 
kegelformiger Korper liegt, konnen schon verschiedene Telle der Netzhaut von 
dem aus verschiedenen Eichtungen einfallenden Lichte verscbieden stark getrofFen 
werden. Von diesen hndet ein allmahlicher Fortscbritt der Ausbildung statt durch 
die einfachen Augen der Crustaceen, Arachniden und Lisekten. welche meist 
hinter der Hornbaut noch eine Linse und einen Glaskorper unterscbeiden lassen, 
zu denen der Mollusken und namentlich der Kephalopoden. welche letztercn 
denen der Wirbeltiere schon sehr ahnlicb sehen. Da die mikroskopischen 
Elements der tierischen Gewebe, namentlich auch die des Nervensystems, in 
alien Klassen ziemlicb gleiche GroBe besitzen. und die Genauigkeit des Sehens 
wesentUch zusammenhangt mit der Menge einzelner empiindender Elemente, die 
Zahl dieser aber nahehin proportional sein muB der hinteren Oberfliiche des 
Glaskorpers der einfachen Augen, so ist im allgemeinen wohl anzunebmen. daB 
die Genauigkeit des Sehens dieser Augen ihren linearen Dimensionen direkt 
proportional ist. 
Zusammengesetzte Augen kommen bei Crustaceen vor, wo sie sich oft noch 
wie ein Aggregat kegelformig verlangerter einfacher Augen verhalten. Am meisten 
entwickelt sind sie bei den Insekten. Ihre auBere Oberflache ist kugelformig. 
und nimmt oft mehr als die Hiilfte. selbst zwei Drittel einer Kugelflache ein. 
Im Zentrum der Kugel liegt eine kolbige Anscbwellung des Sehnerven, von 
welcher aus radial nach alien Seiten Fasern gegen die kegelformigen und ebenfaUs 
radial gestellten Glaskorper bin auslaufen. Die Basis dieser Glaskorper ist gegen 
die Hornhaut gewendet, welche in der Eegel jedem Kegel entsprecbend auBerlich 
eine ziemlicb ebene sechs- oder viereckige Facette darbietet, nach iiinen aber 
oft linsenformige Vorspriinge macbt. Die einzelneu durcbsichtigen Kegel sind 
durch trichterformige Pigmentscheiden, in denen sie stecken. voueinander ge- 
trennt. Ich gebe bier die Abbildung (Fig. 1) einer Anzahl solcher Kegel aus 
dem Auge eines Nachtschmetterlings nach Joh. MtOji.ERi. Es sind mit a die 
Facetten der Hornhaut bezeicbnet, mit h die durcbsichtigen Kegel, mit c die 
Sebnervenfasern, mit d das Pigment zwischen ihnen. 
' ZurvergleichendenPhysiologiedesGesichtssinnes. Leipzigl826. S.349. Tat. VII. Fig. 5. 
1. Foruien des Sehorgans im allgemeinen. 
Wenn zu jedem Kegel sich nur eine Nervenfaser begibt, wiirde das Ge- 
sichtsfeld nur in so viel Telle zerfallen, als Kegel da sind. Doch hat Gottschb ^ 
neuerdings nachgewiesen , daB an den inneren Enden der Kegel ein optisches 
Bild der vor dem Auge liegenden Gegen- o 
stands entworfen wird, so daB auch in jedem 
Kegel uoch eine Sonderung einzelner Eindriicke 
statttindeii konnte, wenn mehrere empfindende 
Nervenelemente da waren. Sollte in jedem 
Kegel nur ein solches vorbanden sein, so wiirde 
die BrecbuDg des Licbts doch dadurch nocb niitz- 
lich sein, daB das der Acbse des Kegels parallel 
einfallende Licht auf das Ende der Nervenfaser '^' 
konzentriert und das von anderen benacbbarten Punkten des Gesichtsfeldes 
kommende besser davon abgebalten wird, als es die Scbeidewande allein tun wiirden. 
Vom Auge des Menschen babe ich in Fig. 2 einen horizontalen Querdurch- 
scbnitt abgebildet in liinfmaliger VergroBerung; das Auge der Wirbeltiere ist 
Fig. 2. 
dem menscblicben im wesentlichen abnlich gebaut. Diese Augen schlieBen 
folgende durcbsicbtige Telle ein: 
1. die wilssrige Feucbtigkeit in der vorderen Augenkammer B. 
2. die Kristallinse ,1. 
3. den Glaskorper C. 
J. MiiLLERs Archiv fur Anat. u. Physiol. 1852. S. 483. 
Anatomische Beschreibimg des Auges. [3.4. 
Umschlosseu siud diese Teile vou drei ineiuander liegenden Systemen vou 
Hauten. 
1. System der Netzhaut i und Zonula Zinnii e, schlieBt zuuilclist deu 
Glaskorper ein und heftet sich vorn an die Linse A. 
2. System der Uvea, besteht aus der durcli einen starkereu schwarzeu 
Strich augedeuteten Aderhaut [Chorioidea] g, dem Ciliarkorper h imd der 
Eegeubogenhaut [Iris) h. Es umschlieBt das vorige System mit der Linse 
und hat nur an der vorderen Seite vor der Linse eine Offuuug, die Pupille. 
3. Die teste Kapsel des Augapfels, welche in ihi-em groBereu hinteren 
Teile aus der undurchsitlitigen weiBen Sehnenhaut [Sclerotina] und in dem 
kleineren vorderen aus der dui-chsicbtigen kuorpeligen Hornhaut [Cornea] ge- 
bildet wird. Am lebendeu Auge siebt man zwiscbeu den Augeulideru den vorderen 
Teil der Sehnenhaut (das WeiBe) und hinter der durchsichtigen und hervor- 
springeuden Hornhaut die braun- oder blaugefarbte ringformige Iris, in deren 
Mitte die Pupille. 
Eine Linie, welche durcb deu Mittelpunkt der Hornhaut und durch den 
Mittelpuukt des ganzeu Auges gebt, nennt man die Achse des Auges, well 
das Auge wenigstens anniihei-nd einem Kotationskorper mit dieser Achse ent- 
spricht. Eine darauf senkrechte Ebene, welche durch die groBte Weite des 
Augapfels gebt, nennt man dagegeu Aquatorialebene. 
loll werde im t'olgenden eine Beschreibung der einzelnen Teile des Auges 
geben, dabei aber natiirlich nur so weit in Einzelheiten gehen, als es fiir das 
Verstaudnis der Funktionen des Auges notwendig ist. 
Fiir die vergleichende Anatomie und Physiologie des Sehorgans sind die Hauptwerke: 
J. MuLLER, Zur Physiologie des Gesichtssinnes. Leipzig 1826. S. 315. 
R. Wagner. Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. 1835. 
J. MuLLER, Handbuch der Physiologie des Menschen. Coblenz 1840. Bd. H, S. 305. 
R. Waoner, Lehrbuch der speziellen Physiologie. 1843. S. 383. 
V. SiEBOLD und Stannius, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. Berlin 1848. 
Beromann und Leuckart, Anatomisch-physiologische Ubersicbt des Tierreiehs. Stuttgart 1852. 
Als allgemeine Lehrbiicher fiir den Bau des menschlichen Auges: 
Th. Sii.MMERiNG, Abbildungen des menschlichen Auges. Frankfurt a. M. 1801. — Latei- 
nisch ebenda. 
C. F. Th. Krause, Handbuch der menschlichen Anatomie. Hannover 1842. Bd. I, T. IL 
S. 511 — 551. — Die altere Literatur der Anatomie des Auges ebenda. S. 733 — 745. 
E. Brijcke, Anatomische Beschreibung des menschlichen Augapfels. Berlin 1847. 
W. Bowman, Lectures on the parts concerned in the opera lions on the eye and on the structure 
of the retina and the rilreous humour. London 1849. 
A. KiJLLiKER, Mikroskopische Anatomie oder Gewebelehre des Menschen. Leipzig 1854. 
Bd n, S. 605. — Neuere Literatur ebenda. S. 734—736. 
DujARDi.M, Remarques sur certaines dispositions de Fappareil de la vision chex les insectes. 
C. R. XLH, 941. Inst. 1856, 194. 
§ 2. Sehnenhaut und Hornhaut. 
Die Sehnenhaut des Auges [axhjnov, tunica albuginea, sclerotica, dura, 
harte Haut) umschlieBt den gi-oBereu Teil des Augapfels, bedingt seine Ge- 
stalt und scblitzt ihn vor auBereu Einwirkungen. Hire auBere Form weicbt 
merklich von der einer Kugel ab; ihre hintere Seite ist namlich abgeplattet, und 
im Aquator wird sie oben und unten, rechts und links durch den Druck der 
geraden Augcumuskeln etwas eingedriickt, wahrend sie sich zwischen diesen 
i, 5 I § 2. Sehnenhaut und Hornhaut. 5 
Stellen starker hervorwolbt. Der groBte Durchmesser liegt bei den meisten In- 
dividuen von der Naseuseite und uben nach der Scblafenseite und unten. Vorn 
nimmt die Sehnenbaut die starker gewolbte Hornhaut in sich auf, hinten und 
etwas nach der Nase heriiber ist sie durchbohrt, um den Sehnerven [Nervus 
opticus) Fig. 2 d eintreten zu lassen, und geht bier in dessen sehnigen Uber- 
zug iiber. Die Sebnenbaut ist hinten und vorn dicker als in dem Aquator des 
Auges, wie dies die Figur zeigt. Die vordere Verdickung wird dadurcb bedingt, 
daB die Sehnen der Augenmuskeln sich an die Sehnenhaut anlegen und mit ihr 
verschuielzen. Bei m ist der Ansatzpunkt des inneren, bei n der des iluBeren 
geraden Augenmuskels. 
Das Gewebe der Sehnenhaut ist Sehnengewebe; es ist weiB, weuig durch- 
scheineud, biegsam, fast unausdehnbar. Seiner cbemischeu Beschaffenheit nach 
gehort es zu den leimgebenden Stoffen. Mikroskopisch besteht es aus einem 
auBerst dichten und straften Geflechte von Bindegewebsfasem, welche meist der 
Oberfliicbe parallel verlaufen, und daher eiue unvoUkommene Spaltbarkeit der 
Haut in Lamellen zulassen. Dazwischen liegt, v^ie in anderen Sehnen, ein Netz- 
werk auBerst feiner elastischer Fasern, welche an den Stellen, wo sich ursprung- 
lich ihre Bildungszellen befanden, Verdickungen mit Kernrudimeuten zeigen. 
Die Hornhaut ist vorn in die Sehnenbaut eingesetzt, und hat im allgemeinen 
die Form eines starkgekriimmten Uhrglases. Ihre vordere Flacbe schlieBt sich 
ziemlich nahe einem Abschuitte eines Rotationsellipsoides an, welches um seine 
langere Achse gedreht ist. Das Ende dieser Achse liegt in dem Mittelpunkte 
der Hornhaut. Die Form der hinteren Fliiche ist nicht sicher bekannt. Bei Er- 
wachsenen ist die Hornhaut in der Mitte etwas diinner als am Raude. 
Die Hornhaut besteht aus folgenden Schichten von auBen nach iunen: 
1. Ein Epithelium, aus geschichteten platten Zellen von Hornsubstanz ge- 
bildet (Pflasterepitbeliuui), in der Figur angedeutet durch die gebrocheue Linie ff. 
Es setzt sich auf die Bindehaut der Augenlider fort. Die vordere Fliiche dieses 
Epitheliums wird durch die fortdnueriid zuflieBende Tranenfeuchtigkeit feucht 
und glatt erbalten. 
2. Die faserige Schicht der Hornhaut [Substantia propria contsae) ist 
die miichtigste von alien, in der Figur weiB gelassen. Sie gehort nach ihrer 
chemischen Zusammensetzung den Kuorpeln an, indem sie beim Kochen Chondrin 
gibt. Sie besteht aus einem ahnlicben Gewebe von Fasern wie die Sehnenhaut, 
nur sind die Fasern zu platten Biindeln vereinigt, deren Flache der Oberflache 
der Hornhaut parallel lauft, daher auch die Hornhaut sich unvoUkommen in 
Schichten trennen laBt. Beim Erwachsenen entbiilt die Hornhaut keine blut- 
fiihrenden GefilBe, wohl aber zwischen den Faserbiindeln ein System verastelter 
kernhaltiger Zellen, wie sie als unentwickeltes elastiscbes Gewebe in manchen 
bindegewebigen Organen sich finden, und vielleicht unterhalten diese den zur 
Ernahrung der Hornhaut notigen Austausch von Fliissigkeiten durch die Substanz 
bin. Die Substanz der Hornhaut erscheint bei der gewohnlicben Beleuchtung 
voUkommen durchsichtig. Konzentriert man aber viel Licbt durch eine Sammel- 
liuse auf einen Punkt der Hornhaut, so erscheint sie triib, indem nun das von 
den Grenzflacben ihrer mikroskopischen Elemente zuruckgeworfene Licht reich- 
lich genug wird, um wabrgenommen zu werden. 
3. Die DEscEMETsche Haut (Wasserbaut, glasartige Lamelle der 
Hornhaut. auch Membrana Demoursii) ist eine strukturlose . durcbsichtige, 
briichige Membran von 0,007 mm bis 0,015 mm Dicke. Wenn man sie von der 
6 
Anatomische Beschreibung des Aiiges. 
[5.6. 
Hornhaut trennt, rollt sie sich auf. Sie schlieBt sich durch ihre Resistenz gegen 
kochendes Wasser, Sauren und Alkalien dem elastischen Gewebe an. Auf ihrer 
der wassrigen Feuchtigkeit zugewendeten Fliiche trilgt sie eine Schicht groBer 
polygonaler Epithelialzellen, welche durch die punktierte Linie auf der inneren 
Seite der Hornhaut angedeutet ist. 
Die Grenzflache zwischen Hornhaut und Sehnenhaut ist nicht senkrecht 
gegen die Oberilache des Augapfels, sondern auBen greift 
die Sehnenhaut, innen die Hornhaut weiter liber. Auf 
der inneren Fliiche ist die Grenze der Hornhaut ein 
ziemlich regehuaBiger Kreis, von auBen erscheint die 
Hornhaut dagegen queroval, weil obeu und unten die 
Sehnenhaut etwas mehr iibergreift, als an den Seiten. 
Die Fasern der Hornhaut gehen an dieser Grenze un- 
mittelbar in die der Sehnenhaut iiber. 
Eigentiimlich verhiilt sich dagegen die DEscEMETSche 
Haut an der Grenze der Hornhaut. In Fig. 3 ist ein 
Querschnitt dieser Gegend dargestellt. Darin ist S die 
Sehnenhaut, C die Hornhaut, ihr auBeres Epithelium, 
welches auf die Bindehaut D tibergeht, d die DESCEMETsche 
Haut. Von f ab entspringt zwischen dieser und der 
Substanz der Hornhaut ein Netzwerk elastischer Fasern, 
wilhrend die DESCEMETsche Haut selbst mit einem zu- 
geschiirften Rande zu enden scheint. Indem sich die 
Schicht elastischer Fasern von der Sehnenhaut trennt. 
und weiter hinten sich an eine Lamelle a derselben 
, ansetzt, entsteht hier an der Grenze zwischen Sehnen- 
haut und Hornhaut ein ringformiger Kanal, der ScHLEMMsche Kanal. Nach 
auBen ist derselbe von der Sehnenhaut begrenzt, seine innere Wand besteht 
dagegen vorn aus elastischem Gewebe, liinten aus Sehnengewebe. An dieser 
M 
W 
V 
Fig. 3. 
inneren Wand sind die muskulosen Telle der Uvea befestigt. 
Kanal scheint Blut zu fiihren. 
Der genannte 
Die Messungeu der Dimensionen des Auges sind fiir die pliysiologische Optik 
von der gi-oBten Wichtigkeit, aber meist mit vielen Schwierigkeiten verbunden, weil 
die Gestalt des ganzen Augapfels imd seiner einzelnen Telle einmal bei verschiedenen 
Augen auBerordentlich verschieden ist, und zweitens nach dem Tode den mamiig- 
fachsten Veranderungen imterliegt. Die individuellen Verscbiedenheiten sind so groB. 
dafi man Mittelwerte aus Beobachtungen verscbiedener Augen nur mit groBer Yor- 
sicht anwenden darf. Wo es auf genaue und sichere Resultate ankommt. miissen 
alle wichtigeren GroBen durcbaus an demselben Auge gemessen sein. 
Was zunaebst die auBere Form des Augapfels anlangt, so bangt dieselbe rem 
Drack der Fliissigkeiten ab, die er einschlieBt. Unmittelbar nacb dem Tode entleert 
sich ein groBer Teil seiner BlutgefaBe, wobei sicb der Druck natiirlich verringei-t: 
dann vermindert sich allmablich die innere Eliissigkeitsmenge auf endosmotischem 
Wege nocb mehr, so daB der Augapfel scblaff wird, und die Haute, namentlich die 
Hornbaut, sicb falten. Messungen iiber die Form des Augapfels miissen daber eut- 
weder an sebr friscben Augen angestellt werden, oder man muB, wie BbuckeI, den 
Druck kiinstlicb wiederberstellen, indem man durch den Sebnerven eine Kaniile ein- 
stoBt und diese mit einer senkrecbten, eine Wassersaule von etwa 0,4 m enthalteu- 
• E. BrCcke, Anat. Beschveibuug des meuschl. Augapfels. Berlin 1847. S. 4. 
6.7.] 
§ 2. Sehnenhaut and Hornhaut. 
den Kohre in ^'el•biudung bringt. Diese Methode geniigt, um die verschiedenen Durch- 
messer des Augapfels zu messen. Aber fiir eines der wichtigsten optischen Elemente 
des Auges, die Horuhautki-iimmung, geniigt es nicht, den Druck nur anniihernd her- 
zustellen. Der Kriimmungsradius des Scheitels der Hornhaut wird. wis ich durch 
eine unten beschriebene Messungsmethode gefunden habe, desto groBer. je groBer der 
Druck. Der Grund hiervou ist wohl darin zu suchen. daB eine membranose HviUe, 
welche Fliissigkeit uinscblieBt. sicb desto mehr der Form einer Kugel nabern mufi, 
je groBer der Dnick der Fliissigkeit ist. weil die Kugel unter den Korpern mit gleich 
groBer Oberflache das groBte Volumen bat. Wenn dies beim Auge eintritt, wird 
namentlich die einspringende Rinne zwischen Hornhaut und Sehnenhaut herausgedrangt 
werden miissen. und dadurch die Hornhaut werdger gewolbt werden. 
Unter diesen Umstanden ist es offenbav ein wesentliclies Bediirfnis, daB so viel 
als moglich alle wichtigeren GroBenverhaltnisse des Augapfels an lebenden Augen be- 
stimmt werden. 
Die alteren Messungen des Auges sind meist nur mit dem Zirkel ausgefiihrt. 
C. Krausb. welcher ein sehr ausgedehntes System von Messungen ausgefiihrt hat. hat 
die auBeren Dimensioneu des Auges mit dem Zirkel abgemessen, dann hat er die 
Augen, nachdem er sicb die Schnittlinie vorher bezeichnet hatte, halbiert. und zwar 
Hornhaut, Iris und Liase durch einen Schnitt des Rasiermessers, die Sehnenhaut mit 
der Schere, die Halften dann in ein Schalchen voll EiweiBlcisung gelegt, so daB die 
Schnittflache sich dicht unter der Oberflache der Fliissigkeit befand. So maB er die 
I>imensionen des Querschnitts teils mit dem Zirkel, teils mit einem gegitterten Glas- 
mikrometer im Okulare eines schwach vergroBernden Mikroskops, teils mit einem 
quadratischen Drahtnetze, welches auf die Oberflache der Fliissigkeit gelegt wurde. 
Er hatte vielfach Gelegenheit, sehr frische Augen anzuwenden; bei diesen konnen die 
auBeren Messungen der Sclerotica als hinreichend zuverlassig angesehen werden, die 
Wolbuug der Hornhau.t. deren GroBe vom Drucke der Fliissigkeiten abhangt, ist aber 
wohl an den durchschnittenen Augen betriichtlich veriindert gewesen. 
Ich gebe bier Krauses Tafel fiir die Form von 8 Augapfeln. Es ist Nr. I von 
einem SOjahrigen ertrunkenen Manne. Nr. II das rechte Auge eines 60jahrigen Mannes, 
durch einen Schnitt in den Hals getotet, Nr. HI und IV das linke und rechte Auge 
eines 40jahrigen Mannes. erhangt., Nr. V und Yl das linke und rechte Auge eines 
29jahrigen. Nr. VII und VIU dieselben eines 21jahrigen Mannes, die beiden letzten 
mit dem Schwerte hingerichtet. Die MaBe sind in Pariser Linien* angegeben. 
Achse 
des Auges 
Durchmesser 
Nr. 
. 
i senkrechter 
diagonaler 
iiuBere 
innere 
versal 
auBerer 
innerer 
gro 
auBerer 
Ber 
innerer 
kleiner 
I. 
10,9 
9,85 
10,9 
10,8 
9,9 
11,25 
10,3 
II. 
11,05 
10,0 
10,3 
9,4 
11,1 
10,2 
11,05 
(III. 
iiv. 
10,7 
9,8 
10,7 
10,5 
9,6 
11 
10,2 
10,6 
10,0 
9,0 
10,6 
10,3 
9,5 
10,9 
10,1 
10,7 
1 V. 
10,8 
9,55 
10,9 
10,55 
9,6 
11,3 
10,35 
11 
IVI. 
10,8 
9,55 
11 
10,6 
9,45 
11,3 
10,2 
11,1 
J VII. 
ivm. 
10,65 
9,4 
10,75 
10,3 
9,45 
10,7.^ 
9,6 
10,75 
10,65 
9,4J 
10,75 
10,3 
9,15 
10,9 
9,75 
10,7 
BKLTKi; hat Messungen an Augen angestellt, welche durch einen Wasserdruck 
von 4 Dezimeter gespannt waren. und gibt an, daB die Achse des Augapfels zwischen 
23 und 26 mm betrage. der groBte horizontale Durchmesser zwischen 22,8 und 26 mm. 
der groBte vertikale zwischen 21.-') und 25 mm. 
* 1 Pariser Linie = 3,2558 mm. 
N. 
8 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
[7.8. 
C. Krause vergleicht die innere WOlbung der Sclerotica mit der Flache eines 
Eotationsellipsoides; die Achsen, welche er berechnet hat. und seine Angaben liber die 
Dicke der Hornhaut und Sclerotica an verscliiedeneu Stelleu fiilire icli hier uocb an. 
Dicke 
der Sebnenhaut 
Halbe Achsen des 
Dicke 
Nr 
in der 
am 
Ellipsoides der 
der 
Augen- 
am 
Aquator 
vorderen 
inneren Wolbung 
Hornhaut 
acbse 
Rande 
groBe 1 kleine 
Mitte 1 Rand 
I. 
0,55 
0,45 
0,35 
5,12 ' 4,45 
0.4 
0,5 
n. 
0,5 
0,35 
5,05 4,15 
0,35 
0,5 
(III. 
I VI. 
0,45 
0,4 
0,35 
5,12 4.23 
0,4 
0,5 
0,5 
0,4 
0,3 
5,07 4.41 
0,4 
0,45 
1 V. 
0,65 
0,4 
0,3 
5,14 4,58 
0,5 
0.55 
\ VI. 
0,65 
0,5 
0,3 
5,05 4,43 
0,48 
0,55 
( VII. 
1 VIII. 
0,55 
0,5 
0,4 
5,05 4,41 
0,53 
0,63 
0,6 
0,5 
0,4 
4,93 4.19 
0.5 
0,62 
Die Messungen von C. Krause iiber die Form der Hornhaut iibergehe ich hier, weil 
deren Methode fiir ein so vviehtiges Element nicht zuverlassig genug erscheint. Ich be- 
merke nur, da6 er die vordere Wolbung der Hornhaut fiir eine Kugelflilche, die hintere 
fiir den Seheitel eines Eotationsparaboloides erklart. Betreffs der Dicke fand ich an einigen 
Hornhauten, die ich untersuchte. daB die Dicke in den mittleren zwei Vierteln des Quer- 
schnitts fast konstant war, und erst gegen den Rand hin schnell zunahm, so daB in 
der Mitte die Krummungskreise der beiden Flachen nahe konzentrisch zu sein scheinen. 
KoHLRAUscH hat an lebenden Augeu den Kriimmungsradius der Hornhaut dadurch 
zu messen gesucht. daB er die GrriiBe der Spiegelbilder auf der Hornhaut bestimmte. 
Der. dessen Auge untersucht werden sollte, saB auf einem sehr massiven Stuhle mit 
hoher Lehne. Sein Kopf wurde durch erne besondere Vorrichtung gehalten. wodurch 
es ihm leicht wurde. vollkommen ruhig zu sitzen. Er fixiert eineu kleiuen weiBen 
Puiikt, der auf dem Mittelpuukte des Objektivs eines auf 2 l)is 3 Fu6 Entfernung zu 
gehrauchenden Kepler schen Fernrohrs angebraeht ist. Das Fernrohr ist auf das Auge 
gerichtet. und zwar so, daB der besagte weiBe Punkt in derselben Horizontalebene mit 
dem Mittelpuukte der Hornhaut liegt. In dem Brennpunkte des Okulars sind zwei Spinn- 
faden parallel gespannt, welche. ohne ihren Parallelismus zu verlieren, durch Schraubeu- 
bewegung einauder genahert werden konuen. Auf jeder Seite. wieder in dersell)en Hori- 
zontalebene, steht ein Licht. dessen Schein durch eine runde Offnung in einem kleiuen 
Schirme auf das Auge fallt und von diesem rertektiert wird. so daB im Fernrohre zwei 
kleine Bilder der leuchtenden Punkte erscheinen. Nachdem die Spinnfaden auf diese 
genau gerichtet sind, wird an die Stelle des Auges ein wohlgeteilter MaBstab gebracht, 
und auf diesem die Entfernung der spiegelnden Stelleu der Hornhaut abgelesen. Aus 
dieser Entfernung. aus dem Abstande des Auges von den Offnungen in den Lichtschirmeu 
uud dem Mittelpunkte des Objektivs, und endlich aus der Entfernung der letztgenannten 
Punkte voneinander wurde der Radius der Hornhaut annaherungsweise berechnet. 
KoHiBAi-scH fand aus Messungen an 12 Augen im Mittel 3,49.5 Par. Lin. (7,87 mm), 
als kleinsten Wert 3,35, als grOBten 3,62, und berechnet den wahrscheinlichen Fehler 
der einzelnen Bestimmungeu auf 0.02. 
Sexff hat nach einer ahnlicheu. aber nicht genauer beschriebenen Methode nicht 
bloB die Kriimmungshalbmesser. sondern auch die Elliptizitiit der Hornhaut bestimmt 
und gibt folgende Resultate an: 
Kriimmungs- 
halbmesser 
im Seheitel 
Recbtes Auge. Vertikal 
Recbtes Auge. Horizontal 
Linkes Auge. Vertikal 
GroBe Achse ■ Kleine Aehse o 
7,796 
7,794 
7,746 
0,1753 
0,2531 
0,4492 
9,452 
10,435 
11,243 
8,58.1 
9,019 
8,344 
8,6^ 
2,9 » 
1,6» 
8. «. 
2. Sehnenhaut unci Hornhaut. 
9 
Den Wiukel a nennt Senff den Winkel zwischen dem Scheitel der Ellipse und 
dem Endpunkte der Augenachse. Jener liegt von diesem in den vertikalen Durch- 
sc-hnitten naeli unten. in dem horizontalen nacli auBen. Wahrscheinlich verstelit Senpp 
hiev vinter Augenachse dasselbe, was wiv spatev als Gesichtsliuie definiereu warden. 
Die groBte Schwierigkeit bei diesen Messungen ist die, das Auge und den Kopt' 
des Untersuchten gehorig zu befestigen. Bei einer jeden Messungsmetbode der Bilder, 
wobei man erst abzulesen hat. mit welchem Teilstriche der gewahlten Skale der eine 
Rand des Hornhautbildes. und dann. mit welchem der andere zusammentrifl't . wird 
jede kleinste Yerschiebung des Koptes zwischen den beiden Ablesuugen zur GriiBe des 
Bildes addiert oder davon subtrahiert werden. Ich habe deshalb ein MeBinstrument 
konstruiert. welches diese und andere Messungen am Auge genau auszufiihren erlaubt, 
uugestoi-t durch die kleinen Schwankungen des Kopfes. und es eben deshalb Oph- 
thalmometer genannt. obgleich es auch zu einer groBen Menge anderer Messungen, 
uamentlich zu Messungen optischer Bilder mit Vorteil anzuwendeu ist. Wenn wir 
durch eine planparallele Glasplatte, die wir schriig gegen die Gesichtsliuie halten, nach 
einem Gegenstande blicken, sehen wir diesen in seiner naturlichen GroBe, aber um 
ein wenig seitlich verschoben, und diese Yerschiebung ist desto groBer. je kleiner der 
Winkel zwischen den Lichtstrahlen u.nd den Flachen der Platte wird. Das Ophthalmo- 
meter ist im wesentlichen ein Pernrohr. zum Sehen auf kurze Distanzen eingerichtet, 
vor dessen Objektivglase nebeneinander zwei Glasplatten stehen. so daB die eine Halfte 
des Objektivglases 
durch die eine, die an- 
dere durch die andere 
Platte sieht. Stehen 
beide Flatten in einer 
gegen die Achse des 
Fernrohrs senkrechten 
Ebene. so erscheint nur 
ein Bild des laetrach- 
teteu Objekts. dreht 
man aber beide Flatten 
ein wenig und zwar 
nach entgegengesetzteu 
Seiten, so teilt sich 
das einfache Bild in 
zwei Doppelbilder. 
derenEntt'ernung desto 
groBer wird. je groBer 
der Drehungswinkel 
dnr (j-lasplii,tten. Diese 
Entfernungder Doppel- 
bilder aber kann aus 
den Winkeln. welche 
die Flatten mit der 
Achse des Fernrohrs 
machen . berechnet 
werden. Stellt man 
die beiden Doppelbilder einer zu messenden Liuie so aut'einauder ein. daB sie sich 
gerade mit ihren Enden beriihren. so ist die Lange der Linie gleich der Entt'ernung 
ihrer beiden Doppelbilder voneinander iind wie diese zu berechnen. 
Das Instrument selbst ist in Fig. -4 in einer vertikalen Ansicht gezeichnet. in 
Fig. 5 in einem horizontalen Durchschnitte, in halber natiirlicher (TniBe. Der vier- 
I'l-kige Kasteii Z?, B^ B., B., . welcher die ableukenden Glasplatten entbillt. ist am vordereu 
10 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
[»• 
Ende des Ferurohrs A befestigt. lu Fig. 4 ist die vordere Wand des Kastens weg- 
genommeu. imd auBerdem sind alle Telle der \;nteren Halite in der Mittelebene dureh- 
schnitteu gedacht. Die Gi-undlage des Kastens bildet ein starker viereckiger Rahmen, 
den man in Fig. 4 rings um den Kasten lauten siebt; an diesen sind diinne Messing- 
platten als Wiinde befestigt, wie nameutlicb in Fig. 5 sicbtbar ist. In der Mitte der 
borizontalen Telle des Rabmens sind koniscbe Durcbbobningen vorbanden, in denen die 
Drebuugsacbsen C C der beiden Glaser laufen. 
•Tede der Achsen tragi auBerbalb des Kastens 
eine Scbeibe d. deren zvlindriscber Umfang 
in Winkelgrade geteUt 1st; bei a ist ein 
Nonius angebracht, mittels dessen Zebnteile 
eines Grades abgelesen werden konnen. Inner- 
balb des Kastens tragi jede Acbse zuuachst 
ein Zabnrad e e und einen iletallrabmen g. 
in welcbem die Glasplatte f befestigt 1st. Der 
Rabmen jeder Platte bat aber nur drei Seiten, 
die der anderen Glasplatte zugekebrte Seite 
desselben feblt. Die beiden Glasplatten bildeteu 
urspriinglicb eine planparallele Platte. Fiir 
diese wurde ein vollstiindiger Metallrabmen gemacbt und zwiscben den Flacben der beideu 
Zahnriider befestigt. dann die Achsen abgedrebt und endlicb der Rabmen in der Mitte 
durcbschnitten. Ebenso wurde das Glas durcbscbnltten, jede Halfte In der entsprechenden 
Halfte des Rabmens befestigt. So wurde eine genau iibereinstimmende SteUung der 
Flatten auf den beiden Acbsen erreicht. Bewegt werden die Zabnrader dureh die 
Triebe c, und c, , 
die an den Achsen b^ Cj 
und 6, c, befestigt sind. Jede dieser 
Achsen tragi auBerdem in ibrer Mitte einen Trieb h. Dreht man den Knopf bei b^, 
so wird mittels des Triebes Cj das untere Zabnrad mit der untereu Glasplatte be- 
wegt. AuBerdem greiti der Trieb k^ in den Trieb h,. und drebt die zwelte Achse b^ c^ 
um ebensoviel in der entgegengesetzteu Rlchtung. Infolge davon wirki auch der Trieb c, 
auf das obere Zabnrad, und drebt dieses mit der oberen Glasplatte um einen nahe 
ebenso groBen Winkel wie die untere Platte. Gemessen wird die Drehung jeder Platte 
mittels der auBerbalb des Kastens auf die Drebungsacbse aufgesetzten geteilten Scheiben. 
Es 1st notwendlg, zwei Flatten anzubriugen. welcbe um nabe glelcbe Winkel ge- 
dreht werden, well die Bilder der dnreb die Flatten gesehenen Objekie nicht bloB 
seitlicb verscboben. sondern aueb ein wenig geniihert werden. und weun die Naberung 
fiir die beiden Bilder desselben Gegenstandes ungleich gi-oB ist, man das Ferarobr 
nicht gleiehzeitlg auf beide genau einstellen kann. 
In das vordere Ende des Fernrohrs sind zwei ObjektivUnsen einzusetzen. k und /. 
Die achromaiiscbe Doppellinse k allein wird gebraucbt, weim man entferntere Objekte 
zu betrachten bat. Ibre bikonvexe CrownglasUnse wird wie gewohnlicb dem Objekte 
zugekebrt. Will man dagegen sebr nabe Objekie betrachten. so gibt eine eiiizelue Lliise 
kelu gutesBild mehr. well dlese Linsen darauf berecbnet sind, parallel elnfallende Strableu 
in einen Punkt zu vereinlgen. Desbalb seize Icb dann eine zweite acbromaiiscbe Doppel- 
linse I ein, deren Crownglas der anderen zugekebrt wird. Steht dann das Objekt Im 
vorderen Brennpunkie dieser zweiten Llnse, so macbi sle die Strablen parallel, die erste 
Linse vereinigt die parallelen Strableu In Ibrem hinteren Brennpunkie. Dadurch erhiilt 
man scbarfere Bilder. Die Brennwelie von k ist bei meinem Lisirumente 6 ZoU. die 
von / 1 6 Zoll. Das Fernrohr ruhi auf eluer Siiule n, in der ein ZyUnder gedrebt, sowle 
auch auf- und abbewegt werden kann. Auf diesem ist mittels des Cbarniergeleuks i 
das Fernrohr befestigt. So kann man der Fernrobrachse belieblge Stellungen gebeu. 
AuBerdem 1st auch der Kasten mit den Glasern drebbar um das vordere Ende des Fernrohrs. 
Zuniicbsi will Ich nacbwelsen. wie die Verschlebung der Bilder aus dem Drehuugs- 
winkel der Glasplatten zu finden 1st 
10.] 
§ 2. Sehnenhaut und Hornhaut. 
11 
Es sei in Fig. 6 A.^ A^ A., A.^ eine Jer Glasplatten, a^ Cj der einfallende, c. c, der 
gebroclieue. c^ a, der hindurcbgegangeue Stralil; b^c^d., das erste, b.,c^d^ das zweite 
Einfallslot. Der Einfallswinkel b^ Cj Oj , welcher dem Winkel b, r, a., gleicli ist, werde 
mit «. der Brechungswinkel rf, c, c,, welcher gleicli ist mit Cj c, rfj, mit /? bezeichnet 
und die Dicke der Platte mit h. Wird der Strabl a., c, riickwiirts verMngert, so scheint 
der leuchtende Punkt u^ fiir eiii unterbalb der Platte befindliches Auge in dieser Ver- 
langerung von a.^ c.^ zu liegen. Fallt man von Oj ein Lot a^ f. dessen Lange wir x 
nennen wollen, auf die genannte Verlangerung, so ist dies x die scheinbare seitliche 
Yerschiebung des leuchtenden Punktes. Es ist 
X = 
Cj c^ • sin 
^ c^c 
J 
«1 
C.-, = 
h 
cos/5 
Z- 
c^c 
,/•= 
^ rf, c., / 
- L 
d^ c. 
h 
, sin (a - 
« • 
-/?) 
m 
cos ji 
Der Winkel u wird durch das Instrument gemessen; die Dicke der Glasplatte h muB 
bekannt sein. ebenso ibr Brecbungsverhaltuis n gegen Luft. Dann ist 
sin a = w sin/?. 
Aus dieser Gleichung ist /? zu linden, und dann sind alle Stiicke zur Bereclmung 
von X bekannt. Benutzt man zwei drelibare Flatten, wie in dem Instrumente. welches 
ich beschrieben habe, geschieht, so ist die Entfernung E zweier beobachteten Punkte, 
deren Bilder man aufeinander gestellt hat, doppelt so groB als x. also 
sin (« — /5) 
E= 2h- 
cosji 
Die Werte von n und h kaiin man, weun andere Bestimmungen derselben fehlen, 
durch Messungen, die mit dem Instrumente selbst gemacht werden, finden, indem man 
miBt, um welcheu Winkel man die Flatten drehen 
muB, um jeden Teilstrieh eines genauen MaBstabes 
auf den niichsteu oder den je zweiten. je dritten usw. 
einzustellen. Man bekomrat dadurch eine Reihe zu- 
sammengehoriger Werte von x und «. aus denen 
man durch ein passendes Eliminationsverfahren h und 
n bestimmen kanu. Will man viele Beobachtungen 
machen. so ist es ratsam. sich eine Tafel von E* fiir 
die ganzen Gi'ade von 0" bis 60" zu berechnen. 
Dieselbe Stelluug der Doppelbilder. welche bei 
einer Drehung um tc Grade stattfindet, tritt auch ein 
bei einer Drehung um —a. um 180 — a und um" 
« — 180 Grade. Um Fehler der Teilung und des 
Parallelismus der Glasplatten zu eliminieren. ist es 
ratsam. bei diesen vier Stellungen jede Messuug zu 
wiederholen und aus den vier gefundenen Zahlen 
das Mittel zu nehmen. 
Einer der wichtigsten Vorteile des Ophthal- 
mometers ist, daB die lineare GroBe der scheinbaren Entfernung seiner Doppelbilder 
tinabhangig ist von dem Abstande des Ubjekts. Man braucht also den letzteren 
nicht zu kennen. um die Messungen auszufiihren. 
In del- iTSteu Auflage stcht statt tJ hiev //, ein oft'cnbarer Schreib- oder Druckfehler. N. 
12 Anatomische Beschreibung des Auges. [lo. ll. 
Wenn man das beschriebene Instrument zur Messung eiues Hornhautbildes sm- 
wendet. wird man von kleinen Schwankungen des Kopfes des Beohaehteten durcbaus 
nicbt gehindert, da beide Doppelbilder immer in derselben Weise sich mitbewegen, 
und ibre Stellung zueinander nicbt geandert wird. 1st gleichzeitig das Objekt des 
Hornbautbildes weit genug entfernt, da6 die kleinen Scbwankungen des Kopfes gegeu 
seine Eutferuung verscbwinden . so wii'd aucb die GroBe des Bildes nicbt merklicb 
durcb die Scbwankungen verandert. und es geuiigt. daher zur Befestigung des Kopfes, 
da6 man das Kiun leicbt aufstiitzen laBt. 
Als Objekt fiir das Hornbautbild wJiblt man entweder ein belles Fenster. Wenn 
man die parallelen Grenzen zweier Doppelbilder einer solcben bellen Flacbe im Opb- 
tbalmometer aufeinander einstellt. ist das Auge des Beobachters sebr emptindlich fiir 
jedes Ubereinaudergreifen oder Auseinanderweicben der beiden Bilder. was sicb so- 
gleicb durcb eine weiBe oder scbwarze Linie zwiscben den beiden gleicbmiiBig er- 
hellten Feldern zu erkenuen gibt. Oder man bemitzt als Objekt eiuen fern genug 
vom Auge aufgestellten MaBstab, und bezeicbnet einen seiner Teilpunkte durcb eine 
kleine Lichtflamme, einen andern am besten durcb zwei eben solche Flammen, die 
nebeneinander steben. Bei der Messung stellt man das eine Bild der einen Flamme 
gerade mitten zwiscben die der beiden anderen. Es ist diese Art der Eiustellmig sebr 
genau auszufiibreu, wie scbon Bessel bei der Messung der Stemparallasen mit dem 
Heliometer bemerkt bat. 
Die Berechnung des Kriimmungsradius der Hornbaut ist sebr einfach, wenn. das 
gemesseue Spiegelbild verbaltnismaBig kleiu gegen den Radius ist. Es verhalt sicli 
dann die GroBe des Objekts zur Entfernung des Objekts vom Auge wie die GroBe 
des Bildcbens zum balben Kriimmungsradius. und der letztere ist aus dieser Pro- 
portion zu berecbnen. Aucb die EUiptizitiit der Hornbaut kann auf diese Weise be- 
stimmt werden, wenn man das Auge durcb passende Verlegung seines Fixationspunktes 
sicb nacbeinander um verschiedene bekannte Winkel nacb den Seiten oder nacb oben 
und unten wenden laBt. und fiir jede solcbe Stellung die GroBe des Spiegelbildcbens 
miBt. Dann findet man durcb Rechuung zuuilchst die verschiedene GroBe der Kriim- 
mungsradien an den verschiedenen spiegelnden Stellen der Hornbaut und aus dieseu 
wieder die Elemente des Ellipsoides, dem sicb die Hornbaut nabert. 
Icb gebe bier die Elemente des borizontalen Durcbscbnitts der Hornbaut fiir drei 
weiblicbe Individuen zwiscben 25 und 30 Jabren. an dereu Augen icb eiu System 
vou Messungen durcbgefiihrt babe. 
Bezeichnuug des Auges , 0. H. B. P. , J. H. 
I I I 
Krummungsradius im Scheitel ' 7,338 
(Quadrat der Exzeutrizitiit .... 0,4367 
Halbe gioBe Acbse 13,027 
Halbe kleine Acbse 9,777 
Winkel zwiscben der groBen Acbse , und der GesichtsUnie . 4" 19' 
Horizontaler Durcbmesser des Umfangs 11,6-1 
Abstand des Scheitels vou der Basis 2,560 
Der Mitteljiunkt der auBeren Flacbe der Hornbaut tallt in alien drei Augen fast 
genau mit dem Scbeitel der Ellipse zusammen. Die Gesicbtsliuie liegt auf der Nasen- 
seite des vorderen Endes der gi-oBen Acbse des Hornhautellipsoides. 
Messungen des Augapfels siud zu finden bei 
1723—30. Petit in Mem. de l Acad, des sciences de Paris. 1723. p. .^4. — 1725. p. 18. — 
1726. p. 375. — 1728. p. 408. — 1730. p. 4. 
1738. JuEiN, E.'isay upon distinct and indistinct vision, p. 141 in Smith's complete Sysietn 
of Opiiis. 
1739. Helsham.v, Course of Lectures on Natural Philosophy. Loudon 1739. 
7,646 
8,154 
0,2430 
0,3037 
10,100 
11,711 
8,788 
9,772 
6" 43' 
7" 35' 
11,64 
12,092 
2.531 
2,511 
.12.] § 3. Die Uvea. 13 
1740. WiNTKiNQHAM, Experimental Inquiry on some parts of the animal struelure. 
London 1740. 
1801. Th. Young, Fhilos. Transact. 1801. p. 23. 
1818. D. W. SoEMMERiNg, De oculorum hominis animaliumque sections horizontal!. 
Giittingen 1818. p. 79*. 
1819. Brewster in Edinburgh Philosoph. Journal. 1819. Nr. I. p. 47. 
1828. Gr. R. Trevirands, Beitriige zur Anat. und Physiol, der Sinneswerkzeuge. 
Bremen 1828. Heft I. S. 20*. — Hier siud auch die Kesultate der alteren Beob- 
achter zusammengestellt. 
1832. C Krause, Bemerkungen iiber den Ban und die Dimensionen des menschlichen 
Auges, in Meckel s Archiv fiir Anatomie und Physiol. Bd. VI. S. 86* (Beschrei- 
bung der Methode und Messungen an zwei Augen]. Auszug davon in Poggen- 
dorffs knn. XXXI. S. 93*. 
1836. C. Krause in Poooendorffs Ann. XXXIX. S. 529* [Messungen an 8 mensch- 
lichen Augen]. 
1839. KoHLRADSCH uber die Messung des Radius der Vordei-fliiche der Hornhaut am 
lebenden menschlichen Auge, in Okens Isis. Jahrg. 1840. S. 886*. 
1846. Senff in R. Wagners Handworterbuch der Physiol. Bd. III. Abt. 1. Art.: 
Sehen. S. 271*. 
1847. E. Brucke, Beschreibung des menschl. Augapfels. S. 4 u. 45*. 
1854. H. Helmholtz, in Graefes Archiv fur Ophthalmologic. II. S. 3. 
1855. Sappet, Oaxette medicale. Nr. 26, 27. 
1857. Aelt, Archiv f. Ophthalmologie. Ill, 2. S. 87. 
1858. NtJNNELEY, on the organs of vision. London, p. 129. 
1859. J. H. Knapp, Die Kriimmung der Hornhaut des menschlichen Auges. Habili- 
tationsschrift. Heidelberg 1859. Auch: Arch. f. Ophthalm. VI, 2. S. 1—52. 
1860. Meyerstein, Beschreibung eines Ophthalmometers nach Helmholtz. Poogendorffs 
Ann. CXI. S. 415—425, und Henle u. Pfeufers Zeitschr. XI. S. 185—192. 
1861. V. Jager, Uber die Eiustellung des dioptrischen Apparates im menschlichen Auge. 
Wien. 
1864. R. Schelske, Uber das Verhaltnis des intraocularen Druckes zurHomhautkriimmung. 
Arch. i. Ophthalm. X, 2. S. 1—46. 
§ 3. Die Uvea. 
Das System der Uvea triigt seinen Namen von dem Vergleiche mit einer 
dunklen Weinbeere, die man von ihrem Stiele getrennt hat. Die Stieloffnung 
entspricht der Pupille. Samtliche Teile dieses Systems zeichnen sich dadurch 
aus, da6 sie auf ihrer inneren Flache mit einer Lage von Pigmentzellen bedeckt 
sind, teilweise auch seiche in ihrer Substanz verteilt zeigen, denen sie ihre 
dunkle Farbe verdanken. Die Uvea ist an zwei Stellen fest mit der Sehnen- 
haut verbunden, namlich hinten an der Eintrittsstelle des Sehnerven Fig. 2 
(S. 3) d und vorn an der inneren Wand des ScHLEMMschen Kanals a. Den 
Tail abba, welcher nach vorn und innen von dieser letzteren Bet'estigung und 
zunachst hinter der Hornhaut liegt, neimt man Iris (Blendung); den hinteren 
Teil, welcher die innere Flache der Sehnenhaut bekleidet, Aderhaut (Chorioideci). 
Im hinteren Teile des Augapfels bildet die Aderhaut eine diinne dunkle 
Membran, groBtenteils aus BlutgefaBen zusammengesetzt, die durch ein eigen- 
tiimliches Gewebe verbunden sind. Dieses Gewebe, welches Kollikek als 
unentwickeltes elastisches Gewebe bezeichnet, besteht aus ineinander gefloch- 
tenen strahligen, zum Teil mit Pigment gefiillten Zelleu, deren Auslliufer iiuBerst 
fein veriistelt sind. Dies eigentumliche Stroma verbindet zunachst die Arterien 
und Venen der Aderhaut, die Schicht der KapillargefaBe (membrana chorio-ca- 
pillaris] liegt ihm nach innen lockerer auf, und diese wird nach innen, gegen 
14 Anatomische Beschreibung des Auges. [l». 13. 
die Retina hin endlich von den Pigmentzellen bedeckt. Letztere bilden auf den 
hinteren Teilen der Aderhaut eine einfache, auf dem Ciliarteile dagegen eine 
mehi'fache Lage. Ihr Kern ist meist durch seine Durchsichtigkeit zwischen dem 
schwarzen Pigment erkennbar. In Fig. 7 stellt a diese Zellen von der Flache, 
„ b von der Seite nach Kollikee dar, c Pigmentkorner, 
A^0 ii kleine plattgedriickte , liinglich runde Kornchen von 
JsSwQQ s 0,0016 mm Lange, welche durch Chlor und kaustisches 
BJ M^y <^^^^^ Kali zerstort werden. 
"W J J, Vorn legt sich an die auBere Flache der Aderhaut 
'''"''• ein Muskel, der Ciliarmuskel [Tensor Chorioideae, 
Fig. 7. Musculus Brijckianus), von ihrer inneren Flache da- 
gegen erheben sich faltenformige, durch ein Konvolut von 
GefaBstammen ausgefiillte Hervorragungen, die Ciliarfortsatze (Frocessi^s ciliares). 
In Fig. 2 S. 3 ist angenommen, daB der dargestellte Durchschnitt auf der linken 
Seite durch einen Ciliarfortsatz c hindurchgeht, auf der rechten Seite dagegen 
zwischen zwei solchen Fortsatzen, daher hier allein der Ciliarmuskel h in dem 
Schnitte sichtbar ist. Die Fasern des Ciliarmuskels entspringen von der inneren 
Wand des ScHLEMMSchen Kanals, da, wo sich deren elastischer und sehniger 
Teil miteinander verbinden, bei a Fig. 2 und Fig. 3, laufen dann an der auBeren 
Seite der Aderhaut nach hinten, und heften sich an diese Membran. Die Fasern 
dieses Muskels gehoren zu den sogenannten organischen, wie wir sie in den 
meisten nicht willkiirlich bewegten Muskeln antreffen; sie sind mit langsovalen 
Kernen versehen und nicht quergestreift. Brucke, der den Muskel entdeckte, 
uimmt an, daB er die Aderhaut (und die mit dieser bei g engverbundene Netz- 
haut und Glashaut) um den Glaskorper anspanne, Dondees dagegen, daB die 
Aderhaut sein fester Ansatzpunkt sei, und er im Gegenteil den elastischen Teil 
der inneren Wand des ScHLEMMScheu Kanals verliingere und so den Ansatz 
der Iris nach hinten rlicke. Vielleicht verbinden sich beide Wirkungen mit- 
einander ^ 
Die Ciliarfortsatze sind hautige Falten der Aderhaut, welche in Eich- 
tung der Meridianlinien des Auges verlaufen, 70 bis 72 an der Zahl. Sie er- 
heben sich in der Gegend des vorderen Endes der Netzhaut (Fig. 2 g), verlaufen 
allmahlich ansteigend nach vorn, wo sie in der Gegend des auBeren Linsen- 
randes ihre groBte Hohe erreichen, und senken sich dann schnell, indem die 
vorderen Auslaufer der meisten noch auf die Hinterseite der Iris iibergehen. 
Ihre hervoi-stehenden scharfen Riinder sind oft von Pigment entbloBt, und 
zeichnen sich als weiBe Linien ab, wenn man die Ciliargegend durch den Glas- 
korper von hinten betrachtet. Die Ciliarfortsatze enthalten eine groBe Menge 
von GefaBstammen, durch ein iihnliches Stroma verbunden, wie es in der Ader- 
haut vorkommt. 
Die Iris, der vorderste Teil der Uvea, bildet fiir das Auge eine beweg- 
liche Blendung. Sie entspringt mit dem Ciliarmuskel gemeinschaftlich an der 
inneren Wand des ScHLEMMschen Kanals, und zwar an der Grenze des hinteren 
sehnigen Teils dieser Wand, ist aber (Fig. 3 b) durch ein Netzwerk elastischer 
Fasern, welche frei durch die wassrigeFeuchtigkeit verlaufen, mit dem elastischen 
Telle dieser inneren Wand verbunden. Man nennt diese elastischen Fasern 
das Ligamentum Iridis pectinaium. Von da verlauft die Iris, sich an die vordere 
S. imten § 12. 
S 3. Die Uvea. 15 
Flache der Linse legend, nach innen bis zu ihrem innereu odei- Pupillarrande, 
und ist dabei leicht nach vorn gewolbt. Sie enthalt organische Muskelfasern, 
welche zu zwei Muskeln zusammengefaBt werden konnen. 
1. Der Ringrauskel der Pupille [Musculus Contractor sive Sphincter Pu- 
pillae) umgibt in Form eines Ringes von 1 mm Breite den Pupillarrand; er 
liegt vor der Pigmentscbicht und binter der Hauptmasse der zum Pupillarrande 
verlaufenden GefaBe und Nerven. Seine Fasern verlaufen in konzentriscben 
Ringen, und verengern desbalb bei ihrer Zusammenziehung die Pupille. 
2. Der Erweiterer der Pupille [Musculus Dilatator Pupillae). Seine Fasern 
entspringen von der inneren Wand des ScHLEMMscben Kanals und wobl aucb 
Ton den Fasern des Ugamentum pectinatum und verlaufen an der binteren Seite 
der Iris netzformig miteinander verbunden nacb innen, wo sie sicb in den 
Ringmuskel verlieren. 
Das Stroma der Iris ist Bindegewebe; binten ist sie von der Pigmentzellen- 
scbicbt, vorn von einem Epitbelium bedeckt. Aucb ibr Stroma enthalt oft Pig- 
mentzellen; dann ist ibre Farbe braun, sonst erscheint sie als eiu triibes Medium 
vor dem dunklen Pigmente blau. 
Das Verbalten der GefaBe der Uvea bietet vieles Eigentiimliche. Ich 
habe schon angefuhrt, daB die GefaBe den groBten Teil der Masse dieses 
Systems ausmacben. Ibre zufiibrenden Arterien [Arteriae ciliares posticae breves 
fur die Aderbaut und Ciliarfortsatze, posticae longae und anticae fiir die Iris) 
treten dureb die Sclerotica ein, und kommunizieren mit den Venen nicht bloB, 
wie es in anderen Teilen des Korpers der Fall ist, durcb ein feines Kapillar- 
gefaBnetz, sondern aucb durcb ziemlicb weite Verbindungsrohren, welcbe auf 
der Aderbaut in zierlicb geordneten Bogen wedelformig aus den Arterien ent- 
steben und sicb wieder zu Venen [Venae vorticosae) sammeln. Die Arteriae 
ciliares posticae breves, etwa 20 Astcben, durchbobren die Sclerotica an ihrem 
binteren Telle, laufen, sicb fortdauernd gabelformig spaltend, nacb vorn, und 
geben ibr Blut teils durcb das KapillargetaBnetz, welches, so weit die Netz- 
haut reicbt, an der inneren Seite der Aderbaut unter den Pigmentzellen liegt, 
teils durcb die weiten Verbindungsaste der Vortices an die Venen ab, welcbe 
teils [Vasa vorticosa) am Aquator des Augapfels, teils [Veriae ciliares posticae) am 
binteren Telle durcb die Sclerotica austreten. Ein groBer Teil der Aste dieser 
Arterien lauft aber nacb vorn in die Ciliarfortsatze und bildet in diesen ein 
GefaBknauel, dessen rlickkehrende Aste in die vorderen Bogen der Vortices 
iibergehen. Das GefaBnetz der Iris bangt teils mit dem der Ciliarfortsatze 
zusammen, zum groBten Teil empfangt es aber sein Blut aus besonderen 
Stammeu, die teils binten durch die Sclerotica treten [Art. ciliares posticae longae) 
und zwiscben Aderbaut und Sehnenbaut nach vorn bis zum Ciliarmuskei ver- 
laufen, teils aucb vorn eintreten [Art. ciliares anticae). Sie bilden in der Iris 
zwei anastombsierende GefaBkrilnze, den einen [Circulus arteriosus Iridis major) 
am peripberiscben Rande, den anderen [Circ. arter. minor) nabe dem Pupillarrande. 
An der Stelle des letzteren ist die Iris am dicksten, und bildet auf ihrer 
vorderen Flache einen Vorsprung. 
Am unverletzten Auge sieht niiin die Iris durch die Hornhaut. Durch die Wir- 
kung der Strahlenbrechung erscheint sie der Horuhaut naher, also mehr uach vorn 
gewolbt, als sie es iu Wirklichkeit ist. Wenn man dagegeu das Auge einer Leiche 
unter Wasser briugt, dessen Brechungsvermogen dem der wSssrigen Feuchtigkeit ziemlieh 
gleich ist. so fallt die Strahlenbrechung an der Hornhaut fast gaiiz weg. und man 
jg Anatomische Beschreibung des Auges. [l*. 15. 
sieht die Iris in ilirer natiirlichen Lage. wo sie schwacli odei- uur wenig gewolbt er- 
scheint. Um am lebenden Auge eine richtige Ausehauung von der Iris zu erhalten, 
hat J. CzEEMAK^ ein Instrument angegeben unter dem Nameu Orthoskop, welches 
im -weseutlichen eine kleine Wanne mit Glaswiinden ist. die an das Gesicht so an- 
wesetzt wird, da6 das Auge die Hinterwand derselben bildet, und dann voll Wasser 
o-efossen wird. Das in Fig. 8 abgebildete Instrument hat eine untere Wand fc h und 
eine inneve (der Nase zugekehrte) gab aus Metallblech gebildet. Beide sind am freien 
Raude passend ausgeschnitten. um sie an das Gesicht ansetzen zu 
kiinnen. Die vordere Wand ah cd und die auBere cdef sind 
aus ebenen Glasplatten gebildet. Um den Hand des Instruments 
wasserdicht an das Gesicht ansetzen zu konnen, empfiehlt Czeemak 
geknetete Brotkrume an das Gesicht anzulegen und den Rand 
lies Instruments hineinzudriicken. Das Aiige wird nun zunaehst 
geschlossen, Wasser von 23 bis 26" R. in das Kiistchen gegossen. 
und dann das Auge geoffnet. Die Hornhaut tritt von der Seite 
gesehen als eine durchsichtige gewiilbte Blase hervor, die Iris tritt als ein fast ebener 
Vorhang von ihr zuriick. 
Es konnten bei dieser MethoJe Zweil'el iibrig bleibeu. ob das Bild der Iris durch 
die Brechung zwischen Hornhaut und Wasser einerseits, Hornhaut und wassriger 
Feuchtigkeit andererseits nicht noch ein wenig verandert sei, und da die Frage nach 
der Form und Lage der Iris fiir die Lehre von der Akkommodation des Auges von 
groBer Wiehtigkeit ist. so will ich hier noch andere Untersuohuugsmethoden besehreiben. 
Eine leicht auszufuhrende Art. vim an lebenden Augen das Relief der Iris kennen zu 
lernen, ist die folgende. Man stelle seitlich und etwas nach vorn von dem beobach- 
teten Auge ein Licht auf, und konzentriere durch eine Sammellinse von etwa 2 ZoU 
Brennweite und mogUchst groBer Oft'nung dessen Strahlen auf einen Punkt der Horn- 
haut, so da6 auf dieser ein Bild des Lichts entworfen wird. Die Hornhaut sieht au 
der stark beleuchteten Stelle triibe aus. Der Brennpunkt auf der Hornhaut bildet 
nun gleichsam eine neue Liehtquelle, deren Strahlen, ohne weiter gebrochen zu werden. 
geradlinig auf die Ii-is fallen, und, wenn sie schief auffallen. Schlagschatten verschie- 
dener Lange auf ihr entwerfen. aus denen man leicht beurteilen kann. wieviel ihre 
einzelnen Telle hervorspringen oder zuiaickweichen. Bei der angegebenen Untersuchungs- 
methode findet man die Iris kurzsichtiger Augen oft so platt. da6 gar kein Schlag- 
schatten auf ihr entsteht. Bei normalen Augen dagegen sieht man nahe um die 
Pupille herum den dem Ciroulus arteriosus minor entsprechenden Wulst, der deutliche 
Schlagschatten wirft. Wenn der liohtgebende Brennpimkt etwa 1 mm vom Kande 
der Hornhaut absteht. verlangert sich dieser Schlagschatten meist bis zum peripheri- 
schen Rande der Iris. 
Um sich an lebenden Augen von dem sehr wichtigen Umstande zu iiberzeugen, 
daB die Iris der Linse dicht anliegt, kann man dasselbe Yerfahren gebrauchen, mit 
dem Unterschiede. daB man den Brennpunkt der Sammellinse ein wenig von der Seite 
her auf die vordere Linsenflaehe fallen lilBt. Bei so starker Beleuchtung erscheiut 
dann die Substanz der Linse weiBlieh triibe. und man sieht, daB von der Iris kein 
Schlagschatten geworfen wird. Noch besser geschieht dies mittels der Reiiexe, welche 
die vordere Flache der Linse von einfallendem Lichte gibt. Wenn in Fig. 9 Cj C, 
ein konvexer Kugelspiegel ist, DE ein davorstehender dunkler Schirm mit einer 
Ofinung FG, das Auge des Beobachters sich in A befindet und ein Licht in B. und 
der am Rande der Otinung bei i*^ vorbeigehende Lichtstrahl B F va if nach HA zm-iick- 
geworfen wird. so wird das Auge von den zwischen H und C^ gelegenen Punkteu 
der Spiegelflache kein zuriickgeworfenes Licht erhalten konnen, diese werden vielmehr 
die dunkle Hinterseite des Schirms spiegeln miissen. So wird in der Richtung A J 
' J. CzERMAK, Prager Vierteljahrsschrift fur prakt. Heilkimde. Bd. XXXII. S. 154. Ib51. 
A 
16. 16.] S 3. Die Uvea. 1 7 
Liclit gespiegelt werdeu. welches von dem Puukte A' des Schirms ausgegangeu ist. 
Zwischen F und H wird also das Auge einen dunkleii Tell der Spiegeloberfliiche so 
oft erblicken miissen. als niclit der Rand des Schirms der spiegelnden Flache ganz 
dicht auliegt. Man kaun sich von der Eichtigkeit des Gesagten an jeder spiegelnden 
kouvesen Flache, z. B. eines gevyolbteu metallenen Knopfes, uberzeugen, fiir welche 
man sich ein passendes dunkles Diaphragma mit rimder OfFnung gemacht hat. Nur 
wenn der Rand der Oft'ming dicht an der Flache liegt. reichen die Spiegelbilder, 
welche sie von auBeren Gegeu- 
standen entwirft. bis an den Band 
des Diaphragma. Ist dagegen 
zwischen letzterem und der spiegeln- 
den Flache ein kleiner Zwischeu- 
raum, so sieht man an dem dem 
Auge gegeniiberliegenden Eande 
der OfFnung eiue dunkle Linie 
sich zwischen die Spiegelbilder und 
den Rand der Offnung einschieben. 
Die Flaehtn der Linsen reflek- 
tieren ebenfally Licht, aber sehr 
wenig. Man sieht diese Reflexe^, 
wenn sich das Auge in einem Pj_ g 
dunklen Zimmer betindet, in wel- 
chem nur eiu Licht enthalten ist. Man stellt das Licht vor dem Auge, etwas seitKch 
von der uach vorn verlaugerten Augenachse, auf. Der Beobachter sieht von der iinderen 
Seite. her in das Auge, so da6 seine Gesichtslinie etwa denselben Winkel mit der 
Augenachse macht. wie das einfallende Licht. Neben dem bekannten hellen Reflexe 
der Hornhaut sieht er dann zwei andere sehr viel schwachere. Der gi'oBere von beiden 
bildet ein aufrechtes, ziemlich verwaschenes Bild der Flamme iind riihrt von der 
vorderen Liusenfliiche her, der kleinere bildet ein schiirferes umgekehrtes Bildchen 
und wird von der hinteren Linsentlache entworfeu. Von den Augenitrzten werden 
diese Reflexe die SANSONSchen Bildchen genannt. Wenn man die Stellung des Lichts 
oder des eigenen Auges verandert, wahrend man sie beobachtet, veriindert sich auch 
die Stellung der Bildchen, und so gelingt es leicht, das erstgenannte derselben, das 
der voi'deren Liusenfliiche, bis an jede beliebige Stelle des Randes der Pupille zu 
fiihren. Man sieht es dann stets, auch an dem dem Beobachter gegeniiberliegenden 
Rande der Pupille. bis dicht an die Iris riicken, ohne zwischenliegende schwarze Linie. 
Wenigstens ist dies unter normalen Umstiindeu ohne ktinstliche Erweiterung der Pupille, 
soviel ich gefimden habe, stets der Fall, imd daraus folgt mit Bestimmtheit. da6 der 
Pupillenrand der Iris der Linse anliege. 
Die Entfernuug der Pupillenflache von dem Scheitel der Hornhaut ist von C. Krause 
an durchschnittenen Augen gemessen worden. Indessen ist die Verbindimg der Linse 
mit der Sclerotica durch die Giliarfortsatze keine so straffe. daB nicht nach der Durch- 
schneidung betrachtUche Verschiebungen eintreten sollten. 
Davon. daB die Pupillarflache hinter einer durch den auBeren Rand der Horn- 
haut gelegten Ebene liegt., kann man sich am lebeuden Auge iiberzeugen, wenn man 
es so von der Seite ansieht, daB die Pupille hinter dem Rande der Sclerotica zu ver- 
schwinden beginnt. Man sieht alsdann, wie in Fig. 10, perspektivisch vor der Pupille 
einen helleren Streifen, ein verzogenes Bild der Iris, imd vor diesem am Rande der 
Hornhaut einen dunkleren Streifen. den jenseitigen iiber die Hornhaut greifenden Rand 
• Entdeckt von Pdrkinje. S. dessen Abhandlung: De examine pliysiologico organi visus 
et syst. cutanei. Vratisl. 18:i3. Zur Diagnose von Kraukheiteu benutzt von Sanson {Le^-ons sur 
les malaiiies des ijeux. Paris. 1887i. Ihr Ursprung ist genauer bestimmt durch H. Meyer 
(Henles und Pfei:fers Zeitschrift f. rationelle Medizin. 1846. Bd. V.). 
V. Helmholtz, Physiologische Optik. 3 Aufl. I. 2 
18 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
fie. 17. 
Fig. 10. 
Fig. 11. 
der Sehnenhaiit. Bewegt der Beobachter sein Auge noch weiter zuriick. so ver- 
schwindet ihm die Pupille und Iris ganz, und hinter dem noch sichtbaren Teile der 
Hornhaut erscheint nur noch der jenseitige Scleroticalrand. Da die LichtstraMen, 
welche einmal duroli die Hornhaut in die wassrige Feuchtigkeit eingetreteu suid. gerad- 
linig dvirch diese tbrtgelieu, so folgt daraus, dafi die Iris weiter zuriickUegt als eine 
die auBeren Kander der Hornhaut verbindende Linie. 
Kennt man den Kriimmimgsradius im Scheitel der Hornhaut, so kann man die 
Distanz der Pupillentiache vom Scheitel der Hornhaut am lebendeu Auge ziemMeh 
genau bestimmen. indein 
man die scheinbare Lage 
der Iris im Verhaltnis zur 
scheinbaren Lage eines 
von der Hornhaut ge- 
spiegelten Liehtpunktes 
bestimmt. Das Spiegel- 
bild eines entfern ten Lieht- 
punktes liegt ein wenig 
hinter der Fliiche der 
Pujtille. wovou man sich 
leicht iiberzeugen kann, wenu man von verschiedenen Seiten das Auge ansieht, und 
die perspektivische Lage des Liehtpunktes zu den Randern der Pupille sich merkt. 
1st ab (Fig. 11) die Pupille, c der scheinbare Ort des gespiegelten Liehtpunktes. 
sind dc und fc zwei verschiedene Richtungen, aiis denen der Beobachter nach dem 
Punkte c hLnblickt. so wird dieser Punkt von d aus gesehen hinter dem Punkte g 
der PupiUarebene, also scheinbar naher an a, von f aus hinter dem Punkte h scheinbar 
naher an b liegen; wis es auch in Wirklichkeit der Pall ist. Man wiirde nun die 
Lage des Punktes c am einfachsten genau bestimmen konnen, wenn man seine schein- 
bare perspektivische Entfernung von den beiden Randern der Pupille mifit. was mit 
dem Ophthalmometer ausfiihrbar ware. Aber hierbei sind die fast fortdauemden 
Schwankungen iler Weite der Pupille hinderlich. 
Ich fand es deshalb vorteilhafter, etwas anders zu verfahren. Es seien an dem 
betreffeuden Auge die elliptischen Achsen der Hornhaut gemessen worden. und die 
Lage der Gesichtslinie zu ihnen bekanut. Steht daun vor dem Auge ein Licht, desseu 
Stellung in bezug auf die Gesichtslinie ebenfalls bekannt ist, so laBt sich aus den 
bekannten Gesetzen der kugeligen spiegelnden Flachen leicht der scheinbare Ort des 
von der Hornhaut entworfenen Spiegelbildes berechnen. Wir nehmen also im folgen- 
den die Lage dieses Spiegelbildes immer als bekannt an. Sucht 
man nun eine solche Stellung des Lichts. des Fixationspunktes 
und des Ophthalmometers. daB man von den durch letzteres 
erblickten Doppelbildern des Liehtpunktes auf der Hornhaut 
gleichzeitig das eine mit dem einen Rande der PupOle, das 
andere mit dem anderen zum Decken bringen kann. so folgt 
daraus, daB von dem Orte des Ophthalmometers aus gesehen 
der gespiegelte Lichtpunkt perspektivisch hinter dem Mittel- 
punkte der Pupille liegt. Es seien in Fig. 12 die beiden 
Linien e d und « S parallel der Fernrohrachse des Ophthal- 
mometers, ah und a^ die beiden Doppelbilder des hori- 
zontalen Durchschnitts der Pupille. Wir nehmen an, daB 
der Mittelpunkt der Pupille. das Licht, die Achse des Fern- 
rohrs, die Gesichtslinie des beobachteten Auges alle in derselben Horizontalebene 
liegen. Nach der oben in § 2 gegebenen Theorie dieses Instruments mussen alle 
Verbindungslinien entsprechender Punkte der beiden Doppelbilder gleich lang und 
senkrecht gegen die Achse des Fernrohrs, die beiden Doppelbilder selbst aber 
a 
■J. 
J, 
S 
^^ 
y 
e 
8- 
JS 
Fig. 12. 
§ 3. Die Uvea. 
19 
kongruent sein. Danach ist also a a gleich und parallel h§, und ah gleich und 
parallel a/S. Es seien nun d, und 8 die entsprechenden Doppelbilder des Lichtpunktes, 
und es sei eine solche Stellung des Auges gefunden, bei der d von a gedeckt wird 
und 6 von 6. d. h. wo die der Pernrohrachse parallele Liuie d e durch a und 8 8 
durcb b geht. Aus der Theorie der Parallellinien ergibt sicb nun: 
dS:b ^ = ccy-.Y ft 
dSiaa = cb-.ac. 
Da nun aber die Entfernungen entsprechender Punkte der Doppelbilder gleich sind, ist 
dd = aa = b [3. 
folglich auch 
ay = y jj und 
cb = ac. 
Die Punkte c und y. binter welcben die Licbtpunkte d und 8 perspektivisch er- 
scbeinen. sind also die Mittelpunkte der Pupillen. 
Es ist nun leicbt, durch jjassende Abmessungen zu ermitteln, welchen Winkel 
die Linie e d oder die Achse des Fernrohrs mit der Gesichtslinie des beobachteten 
Auges macht. Dann ist die Lage der Linie ed im. Horizontalschnitt des Auges ge- 
geben durch einen Punkt und den Winkel, den sie mit einer anderen Linie von be- 
kannter Richtung. der Gesichtslinie, bildet. In dieser Linie e d liegt auch der Mittel- 
punkt der Pupille. 
Nun braucht man niu- noch eine zweite Beobachtung derselben Art zu machen, 
wobei man von einer anderen Richtung her in das beobachtete Auge sieht. Man be- 
kommt dann eine zweite gerade . ^. 
Linie von bekannter Lage, in 
welcher der Mittelpunkt der 
Pupille liegt. Dieser mu6 also 
dort liegen, wo die beiden be- 
treffenden Linien sich schneiden, 
und seine Entfernung von der 
Hornhaut kanu dann durch Kon- 
struktion oder Rechnung leicht 
gefunden werden. 
Die Beobachtungsmethode 
war nun folgende: A (Fig. 13) 
ist das Auge, an welchem die 
Messung vorgenommen werden 
soil; es sieht durch die Offnung 
eines Schirms, um seine Lage 
annahernd festzustellen. In 
einiger Entfernung von ihm be- 
findet sich eine horizontale Skale CD. Deukt man sich vom Auge A eiu Lot auf 
die Skale gefallt, so befindet sich an dessen FuBpunkte B eiu Schirm mit einer kleineii 
Ofinung, hinter der eine Lampenflamme steht, deren Licht durch die Offnung auf das 
Auge fallt, und von der Hornhaut gespiegelt wird. Bei F befindet sich ein ver- 
schiebbares Zeichen, welches als Gesichtspunkt dient. Bei G^ und G., sind die Stel- 
lungen angedeutet, die man dem Ophthalmometer nacheinander gibt, beide gleichweit 
von B entferut. Fiir die droi FiiBe des Fernrohrs macht man Marken auf dem Tische, 
da die Stellung des Fernrohrs wJihrend des Versuchs gewechselt wird. Das Auge A 
wird nun angewiesen, fortdauernd naeh dem Zeichen F hinzusehen und alien Be- 
wegungeu desselben zu folgen. Der Beobachter, welcher zuerst von Gj aus beobachteu 
moge, dreht die Glasplatten des Ophthalmometers so weit. bis von den Doppelbildern 
2* 
Fig. 13. 
20 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
[is. 19. 
des liellen Piinktchens auf der Hornhaut das eiue mit dem einen Pupillarrande zu- 
sammentriift. Trifft dann das audere niclit gleichzeitig auf den andereii Rand, so ver- 
scMebt er das Zeiclien F so lange an der Skale, bis dies der Fall ist, uud nierkt den 
Teilstrich der Skale, wo F steht. Dasselbe Verfabren wird wiederbolt bei der zweiten 
Stellung des Uphthalmometers in G.,. 
Die Lange AB ist in Skalenteileu zu messen; daraus ist der Winkel FAB 
zu finden. 
FB 
— = tang Z. FA B. 
AB 
Ist A H die groBe Achse des HoruhautelUpsoides und der Winkel FA H scbon be- 
kannt, so ergibt sicb daraus B A H, welcben Winkel man braucbt, um die Lage des 
Spiegelbildes der Horiibaut zu bestimmen. Ebenso bestimmt man den Winkel G^ A H, 
welcber die Richtung bestimmt, in welcber der Beobacbter in das Auge gesehen hat. 
Der Mittelpunkt der scbeinbaren Pupille (d. h. wie diese durch die Hornbaut erscbeiut) 
liegt dann also in einer mit G^ A parallelen Linie, welcbe durch den scbeinbaren Ort 
des Hornbautbildcbens gelegt ist. 
Wie aus der scbeinbaren Lage des Mittelpunktes der Pupille seine wirkUche Lage 
berecbnet werden kann, wird sicb in § 9 und 10 ergeben^. 
Die Resultate fur die drei Augen, fiir deren Hornbaute icb die Abmessungen 
mit dem Opbtbalmometer bestimmt babe, waren folgende: 
Abstand der PupiUarebene vom Scheitel der Hornhaut i • tv v, 
Abstand des Mittelpunktes der Pupille von der Horn- , , ■ , 
wirklich 
hautachse nach der Nasenseite 
0. H. 
3,485 
4,024 
0,037 
0,032 
B. P. 
3,042 
3,597 
0,389 
0,333 
J. H. 
3,151 
8,739 
0,855 
0,304 
Da6 die Iris der Linse anUege wad nach vom gewolbt sei, ist von den Anatomen 
vielfacb bestritten worden. Die alteren Anatomen nabmen es an, bis namentlicb Petit, 
auf Grund seiner Untersucbungen an gefrorenen Augen, das Gegeuteil behauptete und 
zwiscben Iris und Linse die sogenannte hintere Augenkammer annahm. In ge- 
frorenen Augen findet man bald diinne Eisblatter zwiscben Iris und Linse, bald nicbt. 
Der Meinung von Petit folgten fast alle spateren Anatomen, bis in der neuesten 
Zeit Stellwag von Carion und Geameb sicb wieder fiir die enge Anlagerung der 
Iris an die Linse erklarten. Icb selbst fand es mogUcb, in der oben bescbriebenen 
Weise direkte Beobachtungeu dafiir zu liefern, welcbe mir keinen Zweifel iibrig zu 
lassen scheinen. Neuerdings verteidigt dagegen Budge wieder die Ansicht von Petit. 
1728. Petit in Mem. de I' Acad. Boy. des sciences. 1728. p. 206 u. 289. 
1850. Stellwag von Carion in Zeitschrift d. Wiener Arzte. 1850. Heft 3, S. 125 
1852. Cramer in Tijdschrift der Nederl. Maatschappij tot bevord. der Geneeskunst. 
1852. Jan. 
1858. Derselbe. Met Accommodatievermogen der Oogen. Haarlem, bl. 61*. 
1855. J. Budge uber die Bewegung der Iris. Braunschweig. S. 5 — 10 (gibt auch die 
altere Literatur der Streitfrage). 
Helmholtz in Graepes Archiv fiir Ophthalmologie. Bd. I. Abt. 2, S. 30. 
Nachtrag {aus der ersten Auflage S. 820ff. 1867.) 
Dariiber, daB der mittlere Teil der Iris im normalen Auge der Linse an- 
liegt, scheint allgemeines Eiuverstandnis zu herrschen. Nur daruber sind die 
> Helmholtz in Graepes Archiv fiir Ophthalmologie. Bd. 1. Abt. 2, S. 31. 
19.] § 3. Die Uvea. 21 
Ansichten noch verschieden, wieviel freien Raum man sich zwischen dem 
peripherischen Teil der Iris und den vorderen Randern der Ciliarfortsatze und 
der Zonulafalten zu denken habe, ob auch bier der Z^dscbenraum nur spalt- 
formig sei, wie Ceamee, van Reeken, Rouget und Henke annebmen, oder ob 
dort der Meinung von Arlt gemaB ein offener ringformiger Raum, einer bintern 
Augenkammer entsprecbend, existiere. Da im toten Auge die Ciliarfortsatze 
blutleer und zusammengefallen sind, und man nicbt genau weiB, wie weit sie 
durcb Blut aufgescbwellt werden, so ist dariiber scbwer zu entscbeiden. 
In den Figuren 2 u. 3, S. 3 u. (3 babe icb die Ciliarfortsatze wobl zu weit 
mit der Iris in Verbindung gebracbt; icb babe den Zusammenbang dieser 
Teile nacb Durcbscbnitten getrockneter Priiparate, wie Fig. 3 eines ist, ge- 
zeicbnet, in denen aber durcb das Trocknen der einspringende Winkel der 
Pigmentscbicbt zwiscben Ciliarfortsatzen und Iris berausgezerrt und verflacbt 
worden zu sein sebeint. An friscben Praparaten sind die Ciliarfortsatze an 
ibrem vorderen Ende allerdings durcb einen viel tieferen Einscbnitt von der 
Iris getrennt, als die angegebenen Figuren es darstellen. 
1855. VAN Reeken. ontleedkundig onderzoek van den toestel voor accommodatie van het 
Oog. onderzoekingen gedaan in het Physiol. Laborat. der Utrechtsche Hooge- 
school. Jaar VII, 248—586. 
— Rouget in Oax. med. 1855. Nr. 50. . 
1860. W. Henke. Der Mechanismus der Akkommodation f'iir Nahe und Feme. Archiv 
fur Ophthalm! VI, 2. S. 53—72. 
1863. O. Becker. Lage und Funktion der Ciliarfortsatze im lebenden Menschenauge. 
Wien. Mediz. Jahrbucher. S. 159. 
In betreff des Ciliarmuskels ist die Entdeckung von H. Mtiller und Rouget 
zu erwabnen, da6 die inneren gegen die Ciliarfortsatze bingekebrten Teile 
dieses Muskels zwiscben die oben bescbriebenen meridional gericbteten Fasern 
eine groBe Menge ringformig, dem Aquator der Linse parallel verlaufende Biindel 
eingewebt entbalten. Diese iiquatorial verlaufenden Fasern geben iibrigens 
vielfaltig in meridional gericbtete iiber. Uber die Wirkung dieser Fasern unten 
mebr in den Nacbtragen zu § 13. 
1856. C. RoDGET. Recherches tinatomiques et physiologiques sur les appareils ereetiles. 
Appareil de ['adaptation de I'oeil. C. R. XLII, 937 — 941. Institut. 1956. p. 193 
bis 194. Cosmos. VIII, 559—560. 
— H. MiJLLER. Reclamation de priorite. C. R. XLII, 1218 — 1219. 
— C. RoooET. Reponse a une reclamation dp priorite addressee par M. MOller. C. R. 
XLII, 1255—1256. Institut. 1856. p. 245. Cosmos. IX, 9. 
1857. H. MtJLLER. Uber einen ringfurmigen Muskel am Ciliarkorper. Archiv fttr Oph- 
thalmol. Ill, 1. 
— Aklt. Zur Anatomic des Auges. Ebenda. Ill, 2. 
1858. H. MuLLER. Einige Bemerkungen iiber die Biimenmuskeln des Auges. Ebenda. 
IV, 2. p. 277—285. 
Was den Dilatator der Pupille betrifft, so ist dessen Existenz und Lage 
auch immer nocb eine sebr bestrittene Frage. Die GefaBstamme der Iris sind 
ziemlich stark mit Muskelfasern belegt; auBer diesen Fasern bescbreiben ver- 
scbiedene Anatomen verscbiedene Fasersysteme , die sie als Dilatator pupillae 
betrachten, die dagegen von anderen wieder geleugnet werden. 
J. Henle. Handbuch der systematischen Anatomic des Meuschen. II, 635. Braun- 
schweig 1866. 
22 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
[l9. 20. 
§ 4. Die Netzhaut. 
Die Netzhaut [Retina) ist eine flachenformige Ausbreitung von Nerven- 
masse, im Hintergrunde des Auges zwischen Aderhaut und Glaskorper gelegen. 
Sie ist frisch ziemlich durchsichtig, an toten Augen weiBlich triibe. Im Hinter- 
grunde des Auges ist sie am dicksten (0,22 mm): man bemerkt hier etwas nacb 
der Nasenseite zu die weiBe Eintrittsstelle des Sehnerven 
[d in Fig. 2, S. 3) und etwas nach der Scbllifenseite 
hinuber (bei p) einen gelben Fleck [Macula lutea Retinae:), 
die Stelle des deutlicbsten Sehens. Nacb vorn zu wird 
die Netzhaut diinner (am vorderen Rande 0,09 mm) und 
endet da. wo die Ciliarfortsatze beginneu, mit einem ge- 
zackten Rande [Ora serrata Retinae), wenigstens boren hier 
ihre nervosen Elemente auf. Sie ist an dieser Stelle eng 
verbunden mit der Aderhaut und Glashaut (der Hiille des 
Glaskorpers 1, und die membranosen Gebilde, welche hier 
ihre anatomische Fortsetzung bilden (Pars ciliaris Retinae 
und Zonula Zinnii), haben eine ganz andere Struktur und 
physiologische Bedeutung. 
Die Netzhaut bestebt teils aus den gewohnlichen mikro- 
skopischen Bestandteilen des Nervensystems, Nervenfasern, 
Ganglienkorpern, Kernen, teils aus eigentiimlicben, den 
Stabchen {Bacilli) und Zapfen [Coni). Fig. 14 stellt einen 
Durchschnitt der Scbichten der Retina vom Aquator des 
Auges nach Max Schultze dar, in den Dimensionen ge- 
andert von Schwalbe. ^ Die Scbichten sind folgende in 
der Reihenfolge von auBen nach innen: 
1. Stabchenschicht (Fig. 14, 1), gebildet aus den 
Stabchen und Zapfen. Die ersteren sind Zylinder, 0,063 
bis 0,081 mm lang und 0.0018 mm dick, von einer stark 
lichtbrechenden Substanz gebildet. Sie stehen palisaden- 
formig neben einander gedrangt, sind am iiuBeren Ende 
quer abgestutzt, am inneren laufen sie in einen feinen 
Faden aus, der in die nachste Schicht eintritt. Zwischen ihnen stehen die 
Zapfen; diese sind dicker (0,0045 bis 0,0065 mm) und kiirzer als die Stabchen, 
aus ilhnlicher Substanz gebildet; ibr auBeres 
Ende lauft in eiu gewohnliches Stabchen aus 
(Zapfenstabchen), am inneren Ende hiingen 
sie mit einem birnformigen, kernbaltigeu Korper 
zusammen, der durch eine leichte Einschniirung 
von ihnen getrennt ist, und scbon in der folgen- 
den Schicht liegt(Zapfenkorn nach Kolliker, Kern der Zapfen nach Vintschgau). 
Die Zapfen stehen zwischen den Stabchen zerstreut, an der Peripherie 
der Netzhaut sparsamer, nach dem gelben Fleck zu dichter. In diesem 
Flecke fehlen die Stabchen ganz. In Fig. 15 zeigt A eine Fliichenansicht der 
Fig. 14. 
• In der ersten Auf lage war hier ant' eine Figur nach Kolliker, auf besonderer Tafe!, 
verwiesen. Diese wurde in der zweiten Auflage schon von Helmholtz selbst durch die 
obenetehende halbschematische Figur nach M. Schultze ersetzt. N. 
20. 21.] 
§ 4. Die Netzhaut. 
23 
Stiibchenschicht vom Aquator des Auges, B vom Rande des gelben Flecks, 
C vom gelben Flecke. Die kleineren Kreise entsprechen den Stiibchen, die 
groBeren den Zapfen, in ihnen sieht man dea Querschnitt des Zapfenstabchens. 
Wabrscheinlich ist diese Scbicht diejenige, welche den Eindruck des Lichts 
wahrnimmt. 
Die darauf folgenden Schichten der Netzhaut: 
2. die iiuBere Kornerschicht (Fig. 14, 2). (Von der Stabchen- und 
Zapfenschicht durch die Memhrana limiians externa, la, getrennt. N.) 
3. die Zwischenkornerschicht (Fig. 14, 3), 
4. die innere Kornerschicht (Fig. 14, 4), 
5. die feingranulierte Schicht (Fig. 14, 5), 
bestehen aus den feinen Fasern, welche von den Stabchen und Zapt'en aus- 
gehen (radiare Fasern, MuLLERsche Fasern), eingebettet in eine feinkornige 
Substanz und mannigfach verastelt. Zwischen ihnen liegen die Korner U.0U4 
bis 0,009 mm im Durchmesser, mit den MtJLLERschen Fasern verbunden. 
6. Die Nervenzellenschicht (Fig. 14, 6), bestehend aus groBen. mit 
vielen Auslaufern versehenen Nervenzellen oder 
Ganglienkorpern, von denen in Fig. 16 eine aus 
dem Auge des Elefanten nach Corti abgebildet 
ist. Jede enthLilt einen Kern (Fig. 16, a). Die 
Auslaufer gehen zum Teil uber in Sehnerven- 
fasern, zum Teil scheinen sie auch mit Muller- 
schen Fasern in Verbindung zu stehen. Diese 
Schicht ist im gelben Flecke am dicksten, sie 
enthillt hier 8 bis 10 Zellen hintereinander; 
nach der Peripherie der Netzhaut bin wird sie 
diinner, und die Zellen bilden hier keine zu- 
sammenhangende Lage mehr. 
7. Die Ausbreitung des Sehnerven. 
Die Sehnervenfasern verbreiten sich von der 
Eintrittsstelle des Nerven aus radial iiber die 
ganze Netzhaut, mit Ausnahme des gelben Flecks, 
den sie umgeheu. In der Umgebung des Nerven- 
stamms ist diese Faserschicht naturlich am 
starksten (0,2 mm), nach den Grenzen der 
Netzhaut hin wird sie diinner (am Rande 0,004 mm). Die Fasern gehoren 
zu den sehr feinen Nervenfasern, welche nach dem Tode gewohnlich perlschnur- 
artig auftreiben. Ihre Dicke ist sehr verschieden (0,0005 bis 0,0045 mm); uber 
ihre Endigungen weiB man noch nichts Bestimmtes. Einige verbinden sich mit 
den Auslaufern der Nervenzellen, wabrscheinlich ist das mit alien der Fall. 
Zwischen den Nervenfasern dieser Schicht laufen auch noch die inneren 
Enden der MuLLERschen Fasern hindurch, welche sich hier baumformig ver- 
iisteln. Ihre letzten Enden heften sich an eine glashelle Membran, welche die 
Netzhaut von innen abschlieBt, die Memhrana limitans interna. 
Der gelbe Fleck, fiir das Sehen der wichtigste Teil der ganzen Netz- 
haut, unterscheidet sich von den iibrigen Teilen durch seine gelbe Farbe, welche 
von einem alle Telle mit Ausnahme der Stabchenschicht durchdringenden Pig- 
mente herriihrt. Ihm fehlt die Nervenfaserschicht, und in der Stabchenschicht 
Fig. 16. 
24 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
[21.22. 
finden sich iiur Zapfeu. In seiner Mitte befindet sich eine sehr durchsichtige 
vertiefte Stelle, die Netzhautgrube {Fovea centralis), welche leicht einreiBt und 
daber zuweilen fiir eine Oflnung gehalten wurde. Die Nerveuzelleuschicht 
ist am Umfang des gelben Flecks starker als in samtlichen librigen Teilen der 
Netzhaut, in der Fovea centralix wird sie aber wieder diinner und entbiilt nur 
wenige Lagen von Zellen iibereinander; die granulose Schicbt t'ebltj vielleicbt 
in der Mitte ganz. Die innere Kornerschicht und Zwiscbenkornerscbicht nehmen 
gegen den gelben Fleck bin bedeutend zu. wiibrend die auBere Kornerscbicht 
diinner wird. In der Netzbautgrube verdtinnt sicb nacb H. Mulleii aucb 
die innere Kornerschicbt. Nach Eemak uod Kollikeb feblen in der Fovea 
centralis alle Scbicbten auBer den Nervenzellen und Zapfen. Zwischen letzteren 
und der Aderbaut soil nacb Remak bier eine intensiv gelbe glasbelle Sub- 
stanz liegen. 
Die Verhiiltnisse des gelben Flecks sind trotz ibrer Wicbtigkeit docb nocb 
in vieler Beziebung nur unsicber bekannt. weil er bisber nur im naenscblicben 
Auge gefunden worden ist, und die zarten Teile bald nacb dem Tode zerreiBen, 
so daB alle feineren Untersucbungen dieser Stelle an den Augen von Hin- 
gericbteten angestellt werden niuBten, wozu natiirliob nur selten Gelegenbeit ist. 
Aucb bei der Untersuchung niit dem Augenspiegel markiert sicb die Netz- 
bautgrube durch einen besonderen Licbt- 
reflex (s. § 16). Sie entbalt den Punkt 
des direkten Sebens, d. b. auf ihr wird 
der Punkt des Gesicbtsfeldes abgebildet, 
auf welcben wir den Blick ricbten. 
Die (TefiiBe der Netzbaut treteu in 
der Mitte des Sebnerven in das Auge 
[Arteria und Vena centralis Retinae) und 
verasteln sicb von da aus baumt'ormig 
nacb alien Eicbtungen. Anfangs liegen 
sie nabe unter der Memhrana limitans, in 
der Scbicbt der Sebnervenfasern, spLiter 
dringen sie aucb in die der Nervenzellen 
und in die feingranulierte Scbicbt ein, und 
verasteln sicb in diesen beiden Scbicbten 
in ein weitmascbiges KapillargefaBnetz. 
Die Lage und Form dieses GetaBbaums 
ist flir gewisse optiscbe Erscheinungen wicbtig^; icb gebe deshalb in Fig. 17 
eine Abbildung desselben, welcbe von Dondees nach einem Injektionsprtlparate 
gefertigt worden ist. Die Arterien sind hell, die Venen dunkel. In den gelben 
Fleck treten keine starkeren GefaBe, in die Netzhautgrube aucb keine Kapillar- 
gefaBe ein. Die letztere ist von einem Kranz von Endscblingen kapillarer 
GefaBe umgeben. 
An dem vorderen Eande [Ora serrata) gebt die Netzhaut in eine Lage 
von Zellen iiber [Pars ciliaris Retinae), welcbe zugleicb mit der sich eben- 
falls fortsetzenden Membrana limitans (int.) die Ciliarfortsatze und die hintere 
Flache der Iris, wo sie in Pigmentzellen iiberzugeben scheinen. iiberziehen, und 
diesen Teilen test anbaften. 
Fig. 17. 
S. unten § 15. 
22. 23.1 § 4. Die Netzhaut. 25 
Da die GroBenverhaltnisse der Netzhaut und ihrer Elemente fur sehr Tiele optische 
Erscheiuuugeu von groBer Wichtigkeit siud, gebe ich hier eine Zusammenstellung 
darauf beziiglicher Messuiigen verschiedener BeobacMer, auf Millimeter reduziert. Ich 
bezeichne die Messungen von C. Keatjse mit Kr.. von E. H. Webbe mit W., von 
Brucke mit B.. von Kullikeb mit Ko., von Vintschgau mit V. 
Durdimesser der Eiutrittsstelle des Sehnerven Kr. 2,7 und 2,14. W. 2,09 uud 1,71. 
Durchmesser des GefaBstrangs darin W. 0,704 und 0,63. 
Entfernung der Mitte des Sehnerven von der Mitte des gelben Flecks W. 3,8. 
Kr. 3,28 und 3,6. Vom inneren Ende des gelben Flecks Ko. 2,25 bis 2,7. 
Horizontaler Durchmesser des gelben Flecks Kr. 2,25. W. 0,76. Ko. 3,24. 
Vertikaler desgl. Ko. 0.81. 
Durchmesser der Netzhautgrube Ko. 0,18 bis 0,225. 
Enti'ernung der Ora serrata vom Rande der Iris an der Nasenseite B. 6. an der 
Schlilfenseite 7. 
Dicke der Netzhaut am Umfaug des Sehnerven Ko. 0,22. 
Desgl. an der hinteren Seite des Augapfels An 0,164. Ko. 0,135. 
Desgl. am Aquator Kr. 0,084. 
Desgl. am vorderen Rande Ko. 0,09. 
Dicke der Schichten im gelben Flecke. Ko.: Nervenzellen 0,101 bis 0,117; fein- 
kornige Schicht 0,045; innere Kornerschicht 0,058; Zwischenkornerschicht 0,086; 
SuBere Kornerschicht 0,058; Zapfeu 0,067. 
Durchmesser der Nervenzellen B. 0.01 bis 0,02. Ko. 0,009 bis 0,036, in der Regel 
zwischen 0,013 und 0,022. 
Durchmesser der Korner B. 0,006 bis 0.008. Ko. 0.004 bis 0,009. Der Zapfen- 
kern V. 0,0068. 
Durchmesser der Stabchen B. und Ko. 0,0018. V. 0,0010. 
Lange der Stabchen B. 0,027 bis 0,030. Ko. 0.063 bis 0,081. 
Durchmesser der Zapfen Ko. 0,0045 bis 0,0067. V. 0,0034 bis 0,0068. Im 
gelben Flecke Ko. 0,0045 bis 0.0054. 
Lange der Zapfen V. 0,015 bis 0,020. 
Die neueren Hauptwevke iiber Sti'uktur der Netzhaut sind: 
184.'>. F. Pacini in Xuovi Annali delle scienxe nat. di Bologna. 1845. 
1851. H. MfJi.LER in SiEiioi.D und KiiLLiKERs Zeitschrift fur wiss. Zoologie. 1851. S. 234. — 
Verhaudl. der Wurzburger med. Ges. 1852. S. 216. Ibid. III. 336 und IV. 96. 
1850. CoETi in J. MuLi.ERs Archiv. 274. — Zeitsehr. fiir wissensch. Zoologie. V. — 
J. Henle in Zeitsehr. fiir ration. Medizin. N. F. II. 304 u. 309. 
1852. A. KiiLLiKER Veriiaudl. der Wiirzburger med. Ges. III. S. 316*. 
1853. A. Ki'iLUKER u. H. Muller C. R. de I'Acad. d. Se. 1853. Septb. 23. — 'Von den- 
.selben die Retinatafel in Ecker looues physiologicae*. 
R. Remak in C. R. de I'Acad, d. Sc. 1853. Okt. 31. und Allgem. med. Zenti-alz. 
1854. Nr. 1*. Prager Vierteljahrsschr. XLIII. S. 103. 
*M. Di ViNTscHOAu in Sitzber. d. Wiener Akad. XI. 943*. 
1854. 'A. KiiLUKER Mikroskopische Anatomie. Leipzig 1854. II. 648—703*. 
Einige Messungen sind entnommen aus: 
C. Krause, Haudbuch der meuschlichen Anatomie. Hannover 1842. I, 2. S. 585*. 
E. Brucke, Anat. Beschr. d. mensehl. Augapfels. Berlin 1847. S. 23. 
E. H. Weeer in Sitzber. d. Siichs. Ges. d. Wiss. 1852. S. 149—152. 
Nadiirag [aus der ersten Auflage S. 822/f. 1867). 
Die feinere Anatomie der Netzhaut hat die Anatomen noch viel Iteschaftigt 
und ist betrachtlich verfeinert worden. J. Henle unterscheidet in der neuesten 
Zusammenfassung der von ihm selbst und anderen Beobachtern erhaltenen 
Resultate folcende Schichten: 
26 Anatomische Beschreibung des Awges. [js. 
1. 
Stabchenschicht 
Musivisclie Schicht 
. . . . 
\t 
-luBere Limitans 
Kornerschicht. 
AuBere Faserschicht . 
. 
4. 
Aufiere Faserschicht. 
5. 
AuBere granulierte Schicht 
6. 
AuBere gangliose Schicht 
Graue 
Substanz 
7, 
Innere granulierte Schicht 
Nervose Schicht 
8. 
Innere gangliose Schicht 
WeiBe 
Substanz 
9. 
Nervenfaserschicht 
Grenzmembran . . 
. > . 
10. 
Limitans hyaloidea. 
Davon vertritt 1 die Stabchenschicht, 3 die iiuBere Kornerschicht, 4 und 5 
die Zwischenkornerschicht , G die innere Kornerschicht, 7 die feingrauuUerte 
Schicht, 8 Nervenzellenschicht, 9 die Ausbreitung des Sehnerven der oben 
S. 23 gegebenen Aufziihlung. 
Die Stiibchen der hintersten Netzhautschicht sind selbst aus je zwei stabchen- 
formigen Gliedern zusammengesetzt, von denen das innere aus einer schwiLcher 
lichtbrechenden Substanz besteht und dicker ist (0,0018 bis 0,0022 mm Durch- 
messer) als das auBere starker lichtbrechende (0,0013 bis O.OOIS Durchmesser). 
Die inneren Abteilungen der Stiibchen liegen in gleichem Niveau niit den 
dickeren flaschenformigen Innengliedern der Zapfen, deren auBere Abteilungen. 
die oben schon erwahnten Zapfenstiibchen, mit den iiuBeren Abteilungen der 
Stabchen in einer Eeihe liegen, aber kiirzer sind als diese und deshalb nicht 
so weit gegen die Aderhaut reichen. Der Durchmesser des dickeren inneren 
Teils der Zapfen steigt bis 0,004 und 0,006 mm: nur in der Netzhautgrube. 
wo zwischen den Zapfen keine Stabchen mehr stehen, sind die Zapfen diinner 
(inneres Ende 0,002 bis 0,0025 mm nach M. Schultze, in einem kleinen Be- 
zirk 0.0015 bis 0,002 nach H. MtJLLER, zwischen 0,0031 und 0,0036 nach 
Welckee). Die Zapfen des gelben Flecks zeichnen sich auBerdem nach 
M. Schultze durch eine fast doppelt so groBe Liinge vor denen der iibrigen 
Netzhaut aus. 
Die Kornerschicht (auBere Kornerschicht) enthalt nach Henle in 
vielen Schichten libereinander ellipsoidische Korner, die im frischen Zustande 
eine eigentumliche. sehr zierliche Querstreifung zeigen. Jedes Korn zeigt in 
der Eegel drei hellere Bander, die durch dunklere getrennt und der optische 
Ausdruck von Schichten zweier abwechselnder Substanzen sind, die der Flache 
der Netzhaut parallel das Korn durchziehen. An gut erhiirteten Praparaten 
sieht man diese Korner in regelmaBigen Reiheu, die senkrecht zur Netzhaut- 
flache sind, libereinander geschichtet. Sie verhalten sich auch gegen Reagenzien 
wesentlich anders als die Nervenzellen, so daB sie von diesen durchaus zu 
unterscheiden sind. Ihre langere Achse, welche senkrecht zur Flache der Netz- 
haut steht, mlBt 0,006 bis 0,007 mm, die kleinere Achse mitunter nicht viel 
mehr als die Hiilfte. 
In die Kornerschicht ragen auch hinein die oben schon erwahnten Zapfen - 
korner, welche einen Kem enthalten iind sich nach innen bin in eine 
zylindrische glatte glanzende Faser von 0,0015 mm Durchmesser fortsetzen, 
welche durch die Dicke der Kornerschicht zu verfolgen ist, und dann bald 
mit, bald ohne eine zellenahnliche Anschwellung an die auBere granulierte 
Schicht tritt. 
23.1 § 4. Die Netzhaut. 27 
Hier scheint sich dieselbe nach M. Schultze in eine groBe Zahl feinster 
Fasem aufzulosen, die in die auBere granulierte Schicht eintreten und dann 
nicht weiter zu verfolgen sind. Von den Stiibchen gehen ebenfalls feine Nei-ven- 
fasern ab, mit deneu die Korner der iluBeren Kornerschicht zusammenhangen 
und welche den Zapfenfasern entsprechen, nur viel feiner sind als diese. Auch 
diese haben eine Anschwellung, wo sie an die auBere granulierte Schicht stoBen, 
und lassen sich in diese hinein nicht verfolgen. 
Eine besondere Faserschicht (iiuBere Faserschicht Henle) ist in 
der Regel nur in und um den gelben Fleck und an der Ora serrata der Netz- 
haut, also lilngs ihres iiuBeren Randes zu erkennen. Die Fasern des gelben 
Flecks laufen radial, von dem Zentrum der Netzhautgrube als Mittelpunkt aus 
divergierend, nach alien Seiten, und laufen hauptsachlich der Flache der Netz- 
haut parallel, indem sie teils l)undelweise aus der Kornerschicht aufsteigen und 
an die horizontal streichenden Faserziige sich anschlieBen, teils von diesen sich 
loslosend in die auBere granulierte und Nervenzellenschicht sich einsenken. 
Diese Fasern stellen wahrscheinlich die Verliindung zwischen den Zap fen der 
Netzhautgrube und den in ihrer Umgebung niassenhaft angehiiuften Nerven- 
zellen her; freilich macht es die groBe Menge der genannten Fasern nach 
Henle s Meinung zweifelhaft, ob alle einem solchen Zwecke dienen. Welche 
RoUe diese Fasern wahrscheinlich bei der Erzeuguug von Haidingers Biischeln 
im polarisierten Lichte spielen, ist im § 25 auseinandergesetzt. 
An den iibrigeu vorderen Schichten der Netzhaut sind wesentlich neue 
Verhaltnisse nicht aufgefunden worden. Ein groBer Teil der radiaren, Mitllee- 
schen Fasern, namentlich die. welche mit der 3Iembrana Umitans hyaloidea ver- 
schmelzen, sind jedenfalls Bindegewebfasern. IJber den Verlauf der eigentlichen 
Nervenfasern, die nach Max Schultze an ihrem perlschnurahnlichen Anseheu 
erkannt warden konnen, ist mit Ausnahme ihres Verlaufs in der vordersten 
Schicht der Netzhaut, der Ausbreitung des Sehnerven, noch nichts Vollstan- 
diges bekannt. 
Im Grunde der Netzhautgrube verschmelzen die beiden Nervenzellenschichten 
miteinander und mit der Kornerschicht, hinter diesen liegen die Zapfen, alle 
andem Schichten fehlen. 
1856. H. MuLLEB. Anatomische Beitrage zur Ophthalmologie. Archiv fiir Ophthalmologie. 
II, 2. S. 1. Ill, 1. S. 1. IV, 1. S. 269. 
— Derselbe. Anatomiseh-physiologische Untersuchungen iiber die Retina bei Menschen 
und Wirbeltieren. Siebold und Kollikeks Zeitschrift fiir wissensch. Zoologie. VIII, 1. 
C. R. XLIII. Okt. 20. 
1857. C. Bergmann. Anatomisehes und Pliysiologisches liber die Netzhaut des Auges. 
Zeitsclir. fiir rationelle Mediziu. (3) II. 83. 
1858. NnNNELEY. on the structure of the retina. Quarterly Journal of microscop. science. 
1858. Juli. 217. 
1859. RiTTER. Uber den Bau der Stiibchen und iiuBeren Endigungen der Radialfasern 
an der Netzhaut des Frosches. Arehiv fiir Ophthalm. V, 2. S. 101. 
— M. Schultze. De retinae structura penitiori. Bonn. 
1859. E. V. W^AHL. De retinae textura in mon.stro aueneephalo. Dissert. Dorpat. 
1860. W. Manz. iJber den Bau der Retina des Frosches. Zeitschr. fiir ration. Medizin. 
(3) X, 301. 
— G. Bracn. Eine Notiz zur Anatomie und liedeutuug der Stiibchenschichte der Netz- 
haut. Wiener Sitzungsber. XLII, 1.') — 18. 
— W. Kjsause. Uber den Bau der Retinastiibchen beim Menschen. Gottinger Nach- 
richten. 1861. Nr. 2. Zeitschr. fur ration. Medizin. (3) XI, 175. 
28 
Anatomische Beschreibung des Auges. 
1861. M. ScHDLTZE. Sitzungsber. der niederrheinischeu Ges. 1861. S. 97. Archiv fflr 
Anatomie iind Physiol. 1861. S. 785. Archiv fur mikrosk. Anatomie. II, 175—286. 
— RiTTER im Archiv fiir Ophthalm. VIII, 1. 
1862. H. Mt'Li.ER. Bemerknngen uber die Zapfen am gelben Fleck des Menschen. Wttrz- 
burger naturwiss. Zeitschr. II, 218. 
— Derselbe. Uber das Auge des Chamaleon. Ebenda. Ill, 10. 
1863. ScuiEss. Beitrag zur Anatomie der Retinastiibchen. Zeitschr. fiir ration. Medi^iu. 
(3) XVIII, 129. 
— H. Welckee. Untersuehung der Retinazapfen bei einem Hingerichteten. Ebenda. 
XX, 173. 
— W. Kkacse. Ebenda. XX, 7. 
1865. Blessig. De Retinae textiira. Dissert. Dorpat. 
1866. J. Hexi.e. Handbuch der systematischeu Anatomie des Menschen. 11, 636 — 670. 
§ 5. Die Kristallinse. 
Die Kristallinse ist ein durchsich tiger, farbloser, bikonvexer Korper, 
dessen vordere Fliiche weniger gewcilbt ist als die bintere. Sie vnid umschlossen 
von einer struktui'losen glasbellen Mem bran (Linsenkapsel), welcbe in alien 
Eigenscbaften der DESCEMETschen Membran entspricht; aucb tragt sie, wie diese, 
vorn, wo sie von der waBrigen Feuchtigkeit bespiilt wird, nach Beccke ein 
Epithelium, welches Henle uud Kolliker dagegen leugnen. Ibre hintere. 
Halfte ist mit der Glashaut verwachsen. Die Substanz der Linse ist in den 
auBeren Scbicbten von gallertartiger Konsistenz, in der Mitte oder dem Kerne 
der Linse dagegen konsistenter. Das (ianze bildet in friscbem Zustande einen 
elastischen Korper. der jeder auBeren Gewalt zwar leicht nacbgibt, aber auch 
schnell nnd vollkommen seine friihere Form wieder annimmt. 
Die Substanz der Linse ist doppeltbrecbend. Wenn man sie zwischen zwei 
Fig. 18. 
# 
Pig. 19. 
Pig. 20. 
gekreuzten NicoLschen Prismen betrachtet, sieht man das schwarze Kreuz mit 
farbigeu Ringen, welches senkrecht zur optischen Achse geschnittene einachsige 
Kristalle zeigen. 
Die Masse der Linse besteht aus einem eigentiimlicben Proteinkorper, dem 
Globulin oder Kristallin. Ihre mikroskopischen Elementarteile sind Fasem 
von sechsseitigem Querschnitt, 0,0056 bis 0,01 12 mm breit, 0,002 bis 0,00.38 mm 
dick, im Kerne fester und schmaler als in deu auBeren Schicbten. Ihre breitere 
Fliiche liegt der Oberliache der Linse parallel, daher die Linse auch leicht in 
'•] 
§ 5. Die Kristallinse. 
29 
dieser Richtung in zwiebelartig iibereinanderliegende Schichten spaltet. Fig. 18 
zeigt die Querschnitte der Fasern in ihrer Zusammenlagerung, Fig. 19 zeigt 
die Richtung der Schichten in einem Durchschnitte der Linse. Die Fasern 
haben im allgemeinen in jeder einzelnen Schicht die Richtung von der Achse 
der Linse nach ihrer Peripherie hin. Nur in den der Achse naheren Teilen 
bilden sie, indem sie umbiegen, eigentiimliche sternformige Figuren, wie eine 
solche aus den iiuBeren Liusenschichten in Fig. 20 abgebildet ist. In den 
Kernschichten hat der Stern nur drei Strahlen, welche miteinander Winkel von 
120" machen. Die Sterne der hinteren und vorderen Flache sind um 60" gegen- 
einander gedrebt. In den auBeren Schichten spalten sich dagegen die drei 
Hauptstrahlen der Sterne vielfach in Nebenstrahlen, so da6 viel verwickeltere 
und unregelmiiBigere Figuren entstetien. 
Dicht unter der Kapsel liegt statt der Fasern eine Zellenschicht, welche 
nach dem Tode zertiieBt und dann den Liquor Morgagnii bildet. Ahnliche 
Zellen verbinden nach Bexjcke auch die Faserenden in den Strahlen der Sterne 
wenigstens in den iiuBeren Schichten, wahrend Bowman und Kolliker hier 
eine strukturlose Substanz annehmen. Letzterer erklart auch die zellenahnlichen 
Gebilde an der hinteren Linsenilache fiir geschwollene und sich gegenseitig ab- 
plattende Enden der Linsenfasern, welche sich hier an die Kapsel hefteten. In 
jeder Hiilfte der Linse existieren also drei durch die Achse gehende Ebenen, 
die den Hauptstrahlen der Sterne entsprechen [central planes, Bowman), in denen 
die Struktur der Linse abweichend ist; in den oberHachlichen Schichten teilen 
sich diese Fliichen noch welter. Es hangen damit wabrscheinlich gewisse Un- 
regelmilBigkeiten in der Brechung der Lichtstrahlen zusammen. 
Tiber den Faserverlauf in der Linse sind wir noch keineswegs im klaren. 
Thomas^ hat eigentiimliche Figuren beschrieben, welche die Faserenden auf 
Durchschnittstiiichen getrockneter Linsen bilden, und welche meist aus zwei 
Systemen konzentrischer Kreise bestehen. Diese lassen sich aus dem, was bisher 
iiber den Faserverlauf der Linse bekannt ist, noch nicht erklaren. 
Keause erkiirt infolge seiner Messuugeu an der Linse ihre Vorilerflaclie fiir ein 
Stiick eines abgeplatteten Rotatiousellipsoides, die hintere fiir ein Rotationsparaboloid. 
Er gibt folgende Werte der einzelnen Konstanten fiir die aclit in § 2 erwahnten 
Auu;en in Pariser Liuieu: 
Achse 
Vorderflache. 
Hiuterflache 
Nr. 
der 
der 
der 
Halbe Achse 
Entfer- 
Entfer- 
Durch- 
ganzeu 
Linse 
vordereu 
Halfte 
hinteren 
Halfte 
der Ellipse 
groBe j kleine 
nung von 
der 
Hornhaut 
Para- 
meter 
nung von 
der 
Netzbaut 
messer 
I. 
2 
0,85 
1,15 
2,05 
0,95 
1,2 
4,49 
6,65 
4,1 
II. 
1,9 
0,78 
1,1 
2 
0,91 
1,35 
4,99 
6,8 
4 
III. 
IV. 
2,4 
0,98 
1,42 
2 
1,14 
1,25 
4,99 
6,1 
4,1 
2,2 
0,95 
1,25 
2,05 
1,10 
1,35 
4,51 
5,9 
4,1 
Iv^: 
1,8:) 
0,65 
1,2 
2,03 
0,8,S 
1,25 
4,83 
6,4 
4 
2,35 
0,8 
1,55 
1,95 
0,98 
1,2 
4,53 
6,0 
4,1 
J VII. 
\ VIII. 
1,8 
0,78 
1,02 
2,03 
0,95 
1 
4,09 
6,65 
4 
1,85 
0,85 
I 
2 
0,94 
1 
3,79 
6,55 
4 
Ich habe Krauses Angaben iiber die Entfernung der Linsenflachen von der Horn- 
haut und Netzhaut hier mit augegeben, habe aber schon friiher bemerkt, daB ich ihre 
' Thomas, Prager mediz. Vierteljahrsschr. 1854. Bd. I. AuBerord. Beilage S. 1. 
30 Anatomische Beschreibung des Auges. [25. 
Richtigkeit fiir sehr zweifelhaft halte. Aueli in Beziehung auf die Dicke der Linse 
stimmen meine an lebenden Augen angestellten Messungen niclit mit denen an toten 
Liusen. Da die Dicke der Linse iibrigens beim Seben in der Nahe und Feme sich 
verandert. werde ieh meine darauf beziiglicbeu Untersuchungen erst bei der Lehre 
von der Akkommodation § 12 auseinandersetzen. 
Uber den Ban der Linse: 
1845. A. Hannover in J. MUllers Archiv. 1845. S. 478*. 
1846. Hartinq in van de Hoeven en de Vriese Tijdschrift XII. S. 1. 
1847. *E. BrOcke, Beschr. d. menschl. Angapfels. Berlin. S. 27 — 30*. 
1849. W. BowMA."j, Lectures on the parts concerned in the oper. on the ege. London. 
1851. H. Meyer in J. Mullers Archiv 18.'il. 202*. 
1852. Gbos in G. R. de I'Acad. d. Sciences. 1852. Avril. 
1852. D. Brewster. on the development and extinction of regular doubly refracting 
structures in the cristalline lenses of animals after death. Phil. Mag, (4) III, 
192—193. 
1854. *A. Kulliker, Mikroskopisohe Anatomie. Leipzig. II. 702 — 713*. 
Thomas in Prager med. Vierteljahrssciirift. 1854. Bd. 1. AuBerord. Beil. S. 1*. 
1859. G. Valentin. Nene Untersuchungen liber die Polarisationserscheinungen der Kristall- 
linsen des Menschen und der Tiere. Archiv fiir Ophthalm. IV, I, 227 — 268. 
— D. Brewster, on certain abnormal sructures in the crystalline lenses of animals 
and in the human crystalline. Rep. of Brit. Assoc. 1858. 2, p. 7. 
1863. F. J. v. Becker. Uber den Ban der Linse bei dem Menschen und den Wirbel- 
tieren. Arcliiv fiir Ophthalm. IX (2), 1—42. 
§ 6. Wassrige Feuchtigkeit und Glaskorper. 
Die wassrige Feuchtigkeit {Humora queus) fiillt den Raum zwischen der 
Homhaut, Iris und Linse aus. Den Raum, welcher zwischen der hinteren 
Flache der Hornhaut, der vorderen Flache der Iris und der Pupillarebene liegt, 
nennt man die vordere Augenkammer. Den Raum dagegen, den man zwischen 
der Pupillarebene, der hinteren Flache der Iris und der vorderen Flache der 
Linse vorhanden glaubte, nannte man hintere Augenkammer; indessen ist 
dies in der Tat im normalen Zustande nur eine kapillare Spalte, indem die 
hintere P'lache der Iris der vorderen der Linse dicht anliegt. Nur bei starker 
kiinstlicher Erweiterung der Pupille durch Belladonna scheint sich die Iris von 
der Linse zu entfernen. 
Die wassrige Feuchtigkeit fiillt also die vordere Augenkammer. Sie ist klar, 
farblos und besteht aus Wasser, welches etwa 2 Proz. fester Stoffe, namlich 
Kochsalz imd Extraktivstoffe, enthalt. Sein Brechungsverhiiltnis ist kaum von 
dem des Wassers unterschieden. 
Der Raum des Augapfels, welcher zwischen der Linse und der Netzhaut 
liegt, ist vom Glaskorper [Corpus vitretmi, Humor vitreus) ausgefiillt, welcher 
von der Glashaut [Memhrana hyaloided) umschlossen wird. Der Glaskorper 
bildet eine gallertartige Masse von wenig Zusammenhang. Wenn man ihn zer- 
schneidet, tropft eine diinne, nicht Faden ziehende Fliissigkeit aus. Diese 
reagiert alkalisch, und enthalt 1,69 bis 1,98 Proz. feste Teile, von denen die 
Halfte aus unorganischen Stoffen (Kochsalz, wenig kohlensaures Natron, Spuren 
von Kalk, Schwefelsaure und PhosphorsiLure) besteht. Der organische Teil des 
Inhalts scheint hauptsachlich Schleimstoff zu sein, und enthalt Spuren einer 
Proteinverbindung. Auch das Brechungsverhaltnis des Glaskorpers unterscheidet 
sich kaum von dem des Wassers, ist aber etwas hoher als das der wassrigen 
Feuchtigkeit. 
S 6. Wassrige Feuchtigkeit und Glaskorper. 31 
Bei Embrj'onen hat der Glaskorper einen zelligen Bau, spater aber findet 
man von den Zellen nur einzelne Reste, Membranen, Kornerchen, kornige Massen, 
welche sich darin, wenn aucb nicbt ganz frei, bewegen. Seine Konsistenz ver- 
dankt der Glaskorper wahrscbeinlich einer geringen Menge einer stark auf- 
gequolleneu organiscben Substanz (Scbleimstoff oder Faserstoff). Geringe Mengen 
Faserstoff, welcbe sicb aus bvdropischen Fliissigkeiten abscbeiden, geben oft 
ahnlicbe leicht beweglicbe Gallerten, aus deuen die Fliissigkeit auslauft, wenn 
man den Zusammenbang des Gerinnsels mecbaniscb zerstort. LiiBt man den 
Glaskorper in Eeagenzien, welcbe den Scbleimstoff niederscblagen, z. B. in 
Liisungen von essigsaui'em Bleioxyd oder Chromsiiure erbiirten, so findet man 
auf Durcbscbnitten zuweilen regelmaBige Streifungeu. von denen es aber noch 
hocbst zweifelbaft ist, ob sie Membranen entsprecben, welcbe sicb durcb den 
Glaskorper binzieben. 
Hannovee nimmt auf Grund dieser Streifungen an, daB im menscblicben 
Glaskorper ebene Membranen vorkommen, und sicb alle in einer Linie scbneiden, 
die von der Eintrittsstelle des Sebnerveu nacb der hinteren Flacbe der Linse 
hinubergebt, und da6 die Membranen sicb von dieser Linie nacb dem iluBeren 
Umfang des Glaskorpers binuberzieben und dort ansetzen. so daB der Bau des 
Glaskorpers ilbnlicb dem einer Apfelsine seiu wiirde. 
Bei den entoptiscben Erscbeinungen werde icb die Scbliisse besprecben, 
welcbe man daraus auf die Struktur des (ilaskorpers macben kann. 
Die Glasbaut ist eine sebr feine, glasbelle. strukturlose Membran, welcbe 
im hinteren Telle des Auges der Meinhrana limitans interna der Netzbaut anbegt, 
und ibr im Leben tiberalP, nacb dem Tode nur an der Eintrittsstelle des Seb- 
nerveu und an der Ora serrata test anbaftet. Von der Ora serrata setzt sie 
sich, diinner geworden, fort bis zur hinteren Flacbe der Linsenkapsel, mit der 
sie verscbmilzt fFig. 2, S. 3 k). wiibrend sicb zwiscben sie und den Ciliarteil der 
Netzbaut nocb eine andere Membran einscbiebt, die Zonula Zinnii {Ligamentum 
suspensorium lentis), welche von mancben Anatomen als ein vorderes Blatt der 
Glasbaut bezeichnet wird. 
Die Zonula ist wie eine Halskrause gefaltet, so daB sie der Oberflache der 
C'iliarfortsatze folgt. Der vordere oder auBere Rand ^ 
ihrer Falten liegt fest mit der Membrana limitans 
verbunden in der Tiefe zwiscben den Falten der 
Ciliarfortsatze, der bintere oder innere Rand ihrer a 
Falten, welcher den Gipfeln der Ciliarfortsatze Mli 
entspricht, niihert sicb der Ixlasbaut. In Fig. 2 \m 
ist die Zonula durcb die Linie e bezeichnet. ^ 
Rechts fiillt sie zwiscben zwei Ciliarfortsatze. links 
zieht sie iiber den Gipfel eines solchen Fortsatzes 
bin. In dieser Weise gelangt sie zum Rande der 
Linse, und setzt sicb in einer gewellten Linie an Fig. 2i. 
deren Kapsel fest. In Fig. 21 ist ein Quadrant 
der Linse, projiziert auf eine durcb die Achse ab der Linse gelegte Ebene, 
dargestellt. Die Ansatzlinie der (ilasbaut ist mit cd bezeichnet. Davor siebt 
man die gezackte Ansatzlinie der Zonula. 
' ViNTSCHGAO in Sitzber. d. Wiener Akad. XI. 943 u. Bubow in J. MOllebs Archiv. 1840. 
32 Anatomische Beschreibuuj; des Auges. |2e. 27. 
Der spaltenformige Raum zwischen der Zonula iind Glashaut wird Can alts 
Petiti genannt. Wenn man ihn aufblast, nachdem man die Zonula von vorn 
frei gelegt hat, treten die eingestiilpten Fallen der Zonula gewolbt heraus, und 
das Ganze bekommt das Ansehen einer ionischen Eierleiste; daher nannte ihn 
sein Entdecker Petit auch Canal godronne. Bei starkerem Blasen zerreiUen 
die hervorgestiilpten Telle der Membran, und es bleiben nur die vorderen 
Faltenrander wegen ihrer groBeren Festigkeit als Strange stehen, welche die 
Linse an den Glaskorper anheften. Diese vorderen Faltenrander sind iibrigens 
test verbunden mit dem Ciliarteile der Netzhaut, der in der Tiefe zwischen den 
Ciliarfortsatzen hinzieht, und letzterer haftet wieder der Pigmentschicht fest an. 
Hier finden sich auch Faserziige vor, welche nach Beijcke aus den Fasern 
herstammen, zwischen welche die Nervenzellen der Netzhaut eingebettet sind. 
Diese driingen sich in der Ora serrata an den Stellen zusammen, die den 
Zwischenriiumen je zweier CiliarfortsLitze entsprechen, und ziehen im Grunde 
dieser Zwischenraume nach vorn. Die Zonula selbst erkliirt Beiicke fiir eine 
strukturlose Membran, wiihrend Henle und Kolliker sie selbst fiir faserig 
erklaren. Gegen Reagenzien sind die Zonula und ihre Fasern so resistent wie 
elastisches Gewebe. 
Die Zonula sichert die Stellung der Linse, indem sie diese an den Ciliar- 
korper heftet. und kann auch, wenn sie gespannt ist, auf den Aquatorialrand 
der Linse einen Zug ausiiben, welcher die Aquatorialdurcbmesser der Linse ver- 
lilngert, ihre Dicke in der Achse verringert, und ihre Fliichen abplattet. 
tjber den Bau des Glaskorpevs : 
PAPPENHEia, Spezielle Gewebelehre des Auges. 1842. S. 181. 
E. Brucke in J. MOllers Archiv. 1843. S. 345 und 1845. S. 130. 
Hannover ebendas. 1845. S. 467 und in: Das Auge. Leipzig 1852. 
Bowman in Dublin Quarterly Journal of Med. Science. 1848. Aug.; auch in Lectures on 
tlie Parts cone, in the oper. on the eye. London 1849. p. 94. 
*E. BRtfcKE, Beschr. d. menschl. Augapfels. Berlin 1847. 
ViBCHOw in Veihandl. d. Wiirzburger phys. med. Ges. IL 1851. 317 und in Areliiv fiir 
pathol. Auat. IV. 468 u. V. 278. 
'Kolliker, Mikrosk. Anatomie IL 713. 
DoNDERS en Jansen in Nederlandsch Lancet 1846. II. 454. 
*A. DoNCAN, De corporis vitrei struetura. Dissert. Utrecht 1854. Abgedr. in onder- 
zoekingen ged. in het physiol. Laborat. der Utrechtsche Hoogeschool. Jaar VI. 8.172. 
§ 7. Umgebung des Auges. 
Der Augapfel liegt, in lockeres Fettzellgewebe eingebettet, in der knochemen 
Augenhohle (Oiita). Diese hat eine nahehin kegeUormige Gestalt. Die Grund- 
tiache des Kegels ist die vordere Offnung der Orbita in der Gesichtsflilche, die 
Spitze des Kegels liegt nach hinten und etwas nach einwarts. In Fig. 22 ist 
die Lage der Augen in den beiden Augenbohlen dargestellt. Aus der hinteren 
Seite des Augapfels rechts sieht man den Sehnerven n hervortreten, welcher 
durch ein in der Spitze der Augenhohle gelegenes Loch [Foramen opticum) 
in die Schiidelhohle eintritt, um sich hier bei m im Chiasma nervorum opticorum 
mit dem der anderen Seite zu vereinigen und zu kreuzen. Die Fortsetzungen 
der Sehnerven vom Chiasma bis zum Gehirn nennt man die Tractus optici. 
Die Fasern eines jeden Tractus opticus gehen teils in den Sehnerven derselben. 
teils in den der entgegengesetzten Seite iiber, ein kleiner Teil auch durch den 
27. 28. 29.] 
Augenniuskeln. 
3a 
Tractus opticus der anderen Seite nach dem Gehime zuriick. Auch baben 
einige Beobacbter Fasem gefunden. welcbe von dem eiiien Sebnerven durcb das 
Cbiasma in den anderen iibergeben. 
In der Augenboble liegen ferner secbs zur Bewegung des Augapfels be- 
stimmte Muskeln, namlicb 
1. der innere gerade i und 
2. der auBere gerade a. Beide entspringen am Umfange des Foramen 
opticum in der Spitze der Augenboble, und setzen sich an die innere und auBere 
Seite des Augapfels. Sie dreben ibn um seine vertikale Acbse. 
3. Der obere gerade in Fig. 22 recbts weggenommen, um den Sebnerven 
zu zeigen, links mit s bezeicbnet, und 
4. der untere gerade, welcber ebenso aut' der unteren Seite der Orbita 
-4 ^ 
liegt, wie der obere bier aut" der oberen sicbtbar ist. Sie entspringen ebenfalls 
vom Umfange des Foramen opticum und beften sicb an die obere und untere 
Seite des Augapfels. Sie dreben ibn um eine borizontale Acbse, welcbe von der 
Nasenseite und etwas nacb vom beriibergebt nacb der Scbliifenseite und etwas 
nacb binten, und in Fig. 22 mit DD bezeicbnet ist. Diese Acbse bildet einen 
Winkel von etwa 70" mit der Acbse des Auges A. 
5. Der obere scbiefe Muskel t entspringt vom Rande des Foramen opticum, 
lauft an der inneren oberen Seite der Augenboble nacb vom, seine Sebne gebt 
durcb eine kleine Scbleife u [trochlea), die am oberen vorderen Rande der 
Augenboble befestigt ist, biegt bier um und beftet sicb an die obere Seite des 
Augapfels, bei C. Der Muskel iibt einen Zug in Ricbtung seiner Sebne aus. 
6. Der untere scbiefe Muskel, in der Figur nicbt sicbtbar, entspringt 
vom inneren vorderen Umfange der Augenboble, liluft unter dem Augapfel nacb 
der Scbliifenseite heruber und befestigt sicb am auSeren binteren Umfange des 
Augapfels bei v Fig. 22. Die Drebungsacbse BB fiir die scbiefen Augenmuskeln 
V. Helmholtz, Physiologische Oplik. 3. Aufl. J. 3 
34 Anatomische Beschreibixng des Auges. [»». 
lauft ebenfalls horizontal von auBen und vorn nach innen und hinten. und macht 
mit der Drehungsachse des oberen und unteren geraden Muskels einen Winkel 
von etwa 75", mit der Achse des Auges einen von 35". 
Durch verschiedenartig kombinierte Wirkung dieser sechs Muskeln kann die 
Augenachse nach jeder beliebigen Richtung gewendet, und auch der Augapfel um 
die Augenachse gedreht werden. Wenn wir hier fiir je zwei Muskeln eines Paares 
eine gemeinschaftliche Drehungsachse angenommen haben. so scheiut diese An- 
nahme wenigstens vorlautig als erste Annaherung erlaubt zu sein. und vereinfacht 
die tJbersicht der Bewegungen, welche die Augenmuskeln auszuflihren haben. 
ungemein. 
Nach vorn ist der Augapfel geschiitzt durch zwei Deckplatten. die Augen- 
lider [Palpehrae). Jedes von ihnen schlieBt ein Knorpelplattchen ein, welches 
auf der iiuBeren Seite von der iiuBeren Haut uberzogen ist, auf der inneren 
von einer Schleimhaut, die von dort auf den Augapfel iibei'geht, Bindehaut 
des Auges [Conjunctiva). Sie ist an die weiBe Sehnenhaut des Augapfels 
locker angeheftet, nur am Rande der Hornhaut verschmilzt sie fest mit ihr. Die 
Oberflache der Bindehaut und die vordere Flache der Hornhaut werden von drei 
verschiedenen Sekreten fortdauernd befeuchtet. Diese sind 1) das Seki-et der 
MEiBOMschen Driisen, welche an der inneren Flache der Augenlider unter der 
Bindehaut Kegen. Ihre Ausfiihrungsgange offnen sich langs der hinteren Kante 
der AugenUdrander. Dieses fettige Sekret haftet meistens wohl nur an den 
Randern der Lider. und verhindert das UberflieBen der waBrigen Ti-iinen; es 
kann sich aber auch in oligen Tropfen iiber die Hornhaut verbi-eiten, namentlich 
bei starken Bewegungen der Lider. 2) Der Schleim der Schleimdriischen der 
Bindehaut, welche am zahlreichsten am Rande der Falten zwischen den Lidern 
und dem Augapfel sich vorfinden. 3) Die Tranendiissigkeit, abgesondert von 
den Tranendriisen. von denen je zwei auf jeder Seite im oberen auBeren Telle 
der Augenhohle liegen. Sie ergieBen ihr waBriges Sekret, welches nur etwa 
1 Proz. feste Substanzen enthiilt, durch 7 bis 10 feine Ausfiihrungsgange ober- 
halb des auBeren Augenwinkels zwischen das obere Lid und den Augapfel. Von 
hier verbreitet es sich tiber die ganze Flache der Conjunctiva und wird am 
inneren Augenwinkel durch zwei feine Offnungen, die Tranenpunkte, auf- 
genommen, die Miindungen der beiden Tranenkanalchen, welche es in einen 
weiteren Kanal, Ductus nasolacrymalis, und endlich in die Nase fiihren. 
Die Bindehaut des Auges ist auBerordentlich empfindHch. .Jede leiseste 
Berlihrung eines fremden Korpers erregt Schmerz und eine unwillkiirliche Be- 
wegung der Augenlider, das Blinzeln. Dadurch und durch die fortdauernd 
iiber die Bindehaut hinsickernde Tninenfeuchtigkeit wird die vordere Flache 
der Hornhaut stets rein und gliinzend erhalten, was ein notwendiges Erfordernis 
fiir ein deutliches Sehen ist. GroBere in der Luft schwebende Staubteilchen, 
Insekten usw. werden auBerdem durch die Wimpern abgefangen. 
30. 
§ 8. Einteilung des Gegenstandes. 35 
Physio logische Optik. 
§ 8. Einteilung des Gegenstandes. 
Die ph^siologische Optik ist die Lehre von den Wahrnehmungen durch 
den Gesichtssinn. Wir sehen die Objekte der AuBeuwelt durch Vermittelung 
des Lichts, welches von ihnen her in unser Auge fiillt. Dies Licht trifift die 
Netzhaut, einen empfindungsfahigen Teil unseres Nervensystems, und regt in 
ihr Empfindungen an. Die Emptindungen, durch den Sehnerven dem Gehirne 
zugeleitet. werden die Veranlassung, da6 unser BewuBtsein die Vorstellung von 
gevvissen im Raume verteilten Gegenstanden faBt. 
DemgemaB zerfallt die Lehre von den Gesichtswahrnehmungen in drei Ab- 
schnitte: 
1. Die Lehre von den Wegen des Lichts im Auge. Da wir darin haupt- 
sachlich mit Brechungen der Lichtstrahlen und nur ausnahmsweise niit 
spiegelnder oder diifuser Reflexion zu tun haben, konnen wir diesen Teil 
auch die Dioptrik des Auges nennen. 
2. Die Lehre von den Empfindungen des Sehnervenapparats. in 
welcher die Empfindungen behandelt werden, ohne Bezug zu nehmen auf 
die Moglichkeit, auBere Objekte durch sie zu erkennen. 
3. Die Lehre von dem Verstiindnisse der Gesichtsempfindungen, 
welche von den Vorstellungen handelt, die wir auf Grund der Gesichts- 
empfindungen iiber die Objekte der AuBenwelt uns bilden. 
Die physiologische Optik unterscheidet sich also von der physikali- 
schen Optik dadurch, daB erstere die Eigenschaften und Gesetze des Lichts 
nur insofern behandelt, als sie zu den Gesichtswahrnehmungen in Beziehung 
stehen, wahrend die physikalische Optik die Eigenschaften und Gesetze des 
Lichts untersucht, welche ihm uuabhangig vom menschlichen Auge zukommen. 
Wenn die letztere auf das Auge Riicksicht nimmt, so benutzt sie es nur als 
experimentelles Hilfsmittel, als das bequemste Reagens, um das Dasein und die 
Verbreitung des Lichts zu erkennen und Licht verschiedener Art zu unter- 
scheiden. 
Fiir diejenigen meiner Leser, welchen die Resultate der physikalischen Optik 
nicht vollstiindig gelaufig sind, schalte ich hier einen kurzen AbriB der wesent- 
lichen Eigentiimlichkeiten des Lichts ein, welche fiir die physiologische Optik 
von Wichtigkeit sind, und gebe die Definitionen der physikalischen Begriiie. 
mit denen wir in der Folge zu tun haben werden. 
Das Licht wird von der Mehrzahl der Physiker als eine eigentiimliche 
Bewegungsform eines hvpothetischen Mediums, des Lichtathei's, angesehen, und 
wir wollen uns dieser Ausicht, der Undulationstheorie, die sehr vollstiindig 
von alien Erscheinungen Rechenschaft gibt, anschlieBen. 
Die Art der Bewegung der Atherteilchen langs eines Lichtstrahls, welche 
die Undulationstheorie ihren Folgerungen zugrunde legt, versinnlicht man sich 
am leichtesten, wenn man einen nassen Faden oder eine feine Kette AB 
3* 
36 Physiologische Optik. [31. 
Fig. 23, indem man sie am oberen Ende bei A mit der Hand faBt, senkrecbt 
herabhangen laBt, und nun die Hand seitlich bin und her bewegt. Der Faden 
biegt sich dann zu einer Wellenlinie, wie sie durcb die gestricbelte Linie der 
Figur angedeutet ist, welche Wellenlinie fortdauernd Yom oberen zum unteren 
Ende herabliluft. Bei den Wellen, die sicb langs des Fadens von oben nacb 
unten fortptianzen, bleibt jedes einzelne Teilchen des Fadens immer in gleicher 
^ Hohe liber dem Boden, wobei es entweder in geraden Linien von 
rechts nacb links, oder von vorn nacb binten bin und her scbwanken. 
r oder in borizontalen. kreisformigen oder elliptiscben Babnen um 
seine mittlere Gleicbgewichtslage sicb bewegen kann. je nacbdem 
sicb die Hand, welcbe den Faden billt, von rechts nacb links, oder 
•^ von vorn nacb hiuten, oder in gescblossenen krummen Linien bewegt. 
/ Ganz abnlich der Bewegung der einzelnen Telle des Fadens 
wiirde die Bewegung einer Eeibe von Atherteilcben sein, langs 
welcher sich ein Lichtstrabl fortpflanzt. Jedes einzelne Teilchen des 
Atbers bleibt fortdauernd in der Nahe seiner urspriinglicben Rube- 
lage, und bewegt sicb in geraden oder gekriimmten Babnen um diese. 
Was sich als Licht fortbewegt, sind nicht die Atherteilcben selbst. 
■'^. sondern nur die Wellenform, in welche sie sich wahrend ibrer 
Bewegung ordnen, mit ibren verscbiedenen Abwecbslungen (Phasen) 
von Ausweicbung und Geschwindigkeit. 
■J^ Die Babnen der Atherteilcben bei der Lichtbewegung liegen 
in Ebenen. welche senkrecbt gegen die Fortptianzungsricbtung der 
Wellen sind, ganz wie bei unserem Faden, wo die Wellen in vertikaler 
Eicbtung nacb dem Boden bin laufen, und jeder einzelne Teil des 
schwingenden Fadens stets in gleicher Hohe iiber dem Boden eine 
/{ borizontale Bahn bescbreibt. Dadurch unterscbeiden sicb die Licbt- 
Pig. 23. wellen von den Wellen elastiscber Fliissigkeiten, z. B. von der Scball- 
bewegung der Luft, bei welcher die Teilchen parallel der Fort- 
pflanzungsricbtung oszillieren. 
Wenn die Bahn der schwingenden Atherteilcben in einem Lichtwellenzuge 
geradlinig ist, nennt man das Licht geradlinig polarisiert, wenn die Bahn 
kreistormig oder elhptiscb ist, nennt man das Licht dagegen kreisformig oder 
elliptisch polarisiert, wobei die Drehung rechts oder links berum gescbehen 
kann. Zwei geradlinig polarisierte Strablen, deren Schwingungsrichtuugen auf- 
einander senkrecbt steben, nennt man senkrecbt gegeneinander polarisiert. 
Das natiirliche Licht. wie es von leuchtenden Korpern ausgebt, verhalt sich 
meist wie eine gleicbmaBige Miscbung von alien Arten verschieden polarisierten 
Licbts; man nennt solches unpolarisiert. Erst durcb die Brechung und 
Spiegelung des Lichts erhalt man Licht, in welcbem eine Art der Polarisation 
iiberwiegt, oder allein vorkommt. 
Wenn jedes Atherteilcben bei der Lichtbewegung immer genau in derselben 
Zeit denselben Weg mit derselben Geschwindigkeit wiederbolt durchlaut't. nennt 
man das Licht einfacb, einfarbig oder bomogen, und die Zeit, in der es 
seinen Weg einmal zuriicklegt, heiBt die Schwingungsdauer. Die auffallendste 
Eigentiimlicbkeit, durch welcbe sicb Licht verschiedener Schwingungsdauer von- 
einander unterscheidet, ist die Farbe. Das natiirliche Licht der leuchtenden 
Korper ist meistens nicht einfaches Licht von konstanter Schwingungsdauer, 
sondern entbalt Wellenziige von einer unendlicben Menge kontinuierlich in- 
Die Eigenschaften des Lichts. 37 
einander iibergehender Werte der Schwingungsdauer. Man nennt solches Licht 
gemischtes oder zusammengesetztes Licht. Das weiBe Licht der Sonne 
ist gemischtes Licht. Einfaches Licht kann man am besten durch Brechung 
in durchsichtigen Prismen aus dem gemischten ausscheiden, indem nach der 
Brechung die Wellenziige verschiedener Schwingungsdauer in verschiedenen 
Richtungen sich fortpflanzen. Wir konnen also die Bewegung in einem Strahle 
naturhchen Lichts vergleichen mit der Bewegung, welche unser Fad en an- 
nehmen wiirde, wenn die Hand, welche ihn halt, unregelmaBige Bewegungen 
sowohl der Dauer als der Richtung nach ausflihrt, bei denen sie sich aber nie 
weit von ihrer mittleren Lage entfernt. 
Die Fortptlanzungsgeschwindigkeit der Lichtwellen ist auBerordentlich groB. 
Fiir den Weltenraum ist sie durch astrononiische Beobachtungen bestimmt 
worden, und betragt hier 310177,5 Kilometer (41179 preuBische Meilen) in der 
Sekunde. In durchsichtigen Korpern ist sie geringer, und in diesen meistens, 
nicht ganz gleich fiir Licht verschiedener Schwingungsdauer. 
In kristallisierten Korpern, oder solchen, deren molekularer Bau nach ver- 
schiedenen Richtungen hin verschieden ist (doppeltbrechenden Korpern), ist 
die Fortptlanzungsgeschwindigkeit auch fiir verschiedene Richtungen der Fort- 
pflanzung und der Polarisation verschieden. 
Wenn langs der Linie AB Fig. 23 ein einfacher. geradlinig polarisierter 
Lichtstrahl sich fortpflanzt, so ordnen sich die Atherteilchen, welche anfangs in 
der geraden Linie A B lagen, in eine Wellenlinie a^ b^ Oj b^ a^ , welche sich mit 
gleichformiger Geschwindigkeit fortschiebt, und wechselnde Ausbiegungen nach 
rechts und nach links von gleicher Liinge zeigt. Die Liinge von zwei solchen 
Ausbiegungen, c^c^, oder iiberhaupt die Entfernung je zweier entsprechender 
Punkte auf zwei nachst aufeinander folgenden, nach gleicher Richtung hin ge- 
bogenen Teilen der Wellenlinie nennt man die Wellenlange. Wahrend nun 
der Gipfel des Wellenbergs von a^ bis a^ sich fortschiebt, muB bei A ein neuer 
Gipfel der Linie angekommen sein, und das Atherteilchen bei A muB eine 
ganze Schwingungsdauer vollendet haben. Wahrend der Zeit einer Schwingungs- 
dauer ptlanzt sich also das Licht um eine Wellenlange fort, d. h. die Wellen- 
lange ist gleich der Schwingungsdauer, multipliziert mit der Fortptlanzungs- 
geschwindigkeit. Daraus folgt, daB bei Licht von gleicher Schwingungsdauer 
in diirchsichtigen Mitteln verschiedener Art die Wellenlange der Fortptlanzungs- 
geschwindigkeit proportional sein muB, und daB die Wellenlangen in dichteren 
durchsichtigen Medien im allgemeinen kleiner sind als im leeren Raume. 
Die Wellenlangen kann man mit Hilfe der Phanomene der Interferenz 
messen und daraus die Schwingungsdauer des betreffenden Lichts berechnen. 
Die Phanomene der Interferenz beruhen darauf, daB zwei Lichtstrahlen sich 
gegenseitig verstarken, wenn sie gleichgerichtete Atherbewegungen, sich aber 
aufheben, wenn sie entgegengesetzt gerichtete hervorbringen. Zwei Telle eines 
Lichtstrahls, welche nach verschiedenen Wegen sich wieder vereinigen, verstarken 
sich also, wenn ihre Wege gar nicht, oder um ein, zwei, mehrere ganze Wellen- 
langen unterschieden sind, und sie heben sich auf, wenn die Wege um eine 
ungerade Zahl halber Wellenlangen unterschieden sind. Aus solchen Phanomenen 
der Interferenz hat man nun gefunden, daB die Lichtwellenliingen im leeren 
Raume 14 bis 25 Millionteile eines Pariser ZoUs (0,00U39 bis 0,00069 Mm.) 
betragen, und daraus fiir die Zahl der Schwingungen in der Sekunde 451 bis 
789 Billionen gefunden. 
38 Physiologische Optik. [32. 33. 
Die Erschiitterungen, welche ein leuchtender Punkt in einem einfach 
brechenden Mittel dem umgebenden Ather mitteilt, pflanzeu sich vou ihm aus 
gleichmaBig und mit gleicher Geschwindigkeit nach alien Richtungen fort. Da- 
durch entsteht eine kugelformige Ausbreitung der Welle, wobei die Exkursionen 
der scbwingenden Atberteilcben in dem Verhaltnisse abnebmen, wie der Radius 
der Welle wilcbst. Die Intensitiit des Licbts aber, welcbe dem Quadrate der 
Exkursionen proportional zu setzen ist, verbalt sicb demnacb in verscbiedenen 
Entfernungen umgekebrt wie das Quadrat der Entfernung vom leucbtenden 
Punkte. Bei einer solcben riiumlicben Ausbreitung der Licbtbewegung nenut 
man eine Flacbe, in der Atberteilcben liegen, die alle in derselben Pbase 
der Scbwingung begriffen sind, eine Wellenflacbe. 
Icb babe nocb den Begriff des Licbtstrabls zu erortern. Seine mathe- 
matiscbe Definition ist die, da6 er eine auf den Wellenfiiicben senkrecbte Linie 
sei; baben wir es also mit kugelig sicb verbreitenden Wellen zu tun, so ist er 
ein Radius der konzentriscben Kugelflacben und bebalt seine Ricbtung so lange 
bei, als die Licbtbewegung in demselben durcbsicbtigen Medium ungestort fort- 
scbreitet. Wenn wir nun die Bewegung der langs eines Strabls gelegenen 
Atberteilcben betracbten, so ist dieselbe streng genommen allerdings nicht un- 
abbiingig von der Bewegung der Teilcben in benacbbarten Strablen. Indessen 
baben Storungen in diesen benacbbarten Bewegungen durcb dunkle Korper usw. 
unter den gewobnlicb stattfindenden Bedingungen, mit denen wir es aucb nament- 
licb im Auge allein zu tun baben, keinen betracbtlicben EinfluB auf die Be- 
wegungen der Telle des ersten Strabls. Wir konnen also in solcben Fallen 
die Bewegung der Atberteilcben innerbalb eines Strabls annahernd als ein ab- 
gescblossenes mecbaniscbes Ganze anseben, welcbes unabbiingig von den Be- 
wegungen der benacbbarten Strablen vonstatten gebt. Dadurcb wird die tbeo- 
retiscbe Untersucbung der Licbtbewegungen auBerordentlicb vereinfacbt und 
erleicbtert. So sind wir denn aucb im taglicben Leben gewobnt vorauszusetzeu, 
daB jeder Lichtstrabl geradlinig fortschreite, ungebindert durcb das, was seitUcb 
von ibm gescbiebt, und in der Tat sind die Abweicbungen von dieser Regel 
in den gewobnlicb vorkommenden Fallen ganz unmerklicb. Diese Auflosung 
der kugelformigen Ausbreitung der Licbtwellen in linear sicb fortpflanzende 
Strablen ist aber namentlicb dann nicbt mebr erlaubt, wenn das Licbt durcb 
so kleine Oft'nungen bindurcbgebt, daB die Wellenlangen des Licbts nicbt mebr 
verscbwindend klein gegen deren Dimensionen sind. Dann breiten sicb sebr 
merklicbe Quantitaten des Licbts seitlicb aus. tjberbaupt sind Ablenkungen 
kleiner Telle des Licbts von dem geraden Wege (Diffraktion) uberall da zu 
bemerken, wo Licbt an dem Rande undurcbsicbtiger Korper vorbeigebt. In 
solcben Fallen muB man auf die Bewegung der ganzen Licbtwellen zuriickgeben, 
um die Pbiinomene zu erklilren. Fiir die Pbysik des Auges konnen wir dagegeu 
die Bewegung des Licbts unbedenklicb als geradlinig betracbten, solange es 
in einem bomogenen Medium sicb fortpfianzt. 
Licbt und Scball unterscbeiden sich in dieser Beziebung sebr auffalleud, 
wenn aucb eigentlicb nur relativ, voneinander. Die Dimensionen der uns um- 
gebenden Korper sind meist so groB. daB die Licbtwellenliingen dagegen als 
verscbwindend klein zu betracbten sind; desbalb bewegt sich die bei weitem 
groBte Menge des Licbts nur geradlinig fort, und es erfordert die Herstellung 
besonderer Apparate, um die seithche Ausbreitung kleinerer Telle desselben 
wahrzunehmen. Die Schallwellen sind dagegen mehrere Zoll oder FuB lang, 
3S. 34.] Die Eigenschaften des Lichts. 39 
und zeigen deshalb, wenn sie zwischen festen Korpern hindurchgeheu, ineist 
eine sehr bedeutende Seitenausbreitung. Wir wissen deshalb aus den alltag- 
lichen Wahrnehmungen, da6 wir nur in gerader Linie seben, aber um Ecken 
berum boren kiinuen. Eben deshalb dilrlen wir aber auch die Schallbewegung 
nicht in Schallstrahlen auflosen wollen, wir wiirden uns dadurch zu weit von 
den wirklichen Verhaltnissen entfernen, und dasselbe ist der Grund, daB die 
Theorie des Schalls bis jetzt noch so wenig ausgebildet werden konnte, im Ver- 
gleiche zu der des Lichts. Demselhen Uuistande verdankt unser Auge die Mog- 
lichkeit, aus der Richtung der einfallenden Lichtstrahlen sehr genau auf den 
Ort des leuchteuden Kijrpers schlieBen zu konnen, was beim Schall nur hochst 
unvollkonimen moglich ist. Andererseits wird auch das Auge durch jeden in 
den Weg tretenden dunklen Korper rerhindert zu seben, was hiiiter ihm vor- 
geht, wahrend das Ohr sehr wohl Tone vernehmen kann, die hinter ihm erregt 
werden. So hangen mit der seitlichen Ausbreitung der Wellenziige eigentiim- 
liche Vorteile und Nachteile beider Sinne zusammen. 
Wenn Licht auf die Grenzflache zweier verschiedenartiger durchsichtiger 
Mittel fiillt, wird in der Kegel ein Teil zuriickgeworfen (reflektiert) und bleibt 
in dem Mittel, in welchem er war, ein anderer Teil geht in das andere Medium 
iiber, wird dabei aber in der Regel von seiner bisberigen Richtung abgelenkt, 
d. h. gebrochen (refrangiert). Ist die TrennungsHache glatt (poliert), sind 
beide Mittel einfach brechend, so wird ein auffallender Lichtstrahl nur nach 
einer Richtung bin zuriickgeworfen (spiegelnde Reflexion), und nur nach 
einer Richtung bin gebrochen. Ist die Trennungsflache raub, so wird das Licht, 
auch wenn es nur aus einer Richtung herkommt, nach vielen oder alien Rich- 
tungen bin zuriickgeworfen und gebrochen, es wird zerstreut (diffuse 
Reflexion und Refraktion). 
Wahrend das Licht in einem korperlichen Mittel sich fortbewegt, kann es 
entweder ungeschwacht bleiben, so weit es auch gehen mag; dann nennen wir 
das Mittel durchsichtig. Absolut durchsichtige Mittel gibt es vielleicht nicht 
auBer dem leeren Raume. Oder es kann das Licht allmahlicb geschwacht 
werden, und zwar auf zweierlei Weise. Entweder namlich wird es von kleinen 
fremden Korpern, Spriingen, Stellen mit geandertem Gefiige usw. diffus zuriick- 
geworfen und gebi'ocben (falsche innere Dispersion), dabei erscheint das 
Mittel triibe und in seinem Inneren selbst erleuchtet. Oder das Licht ver- 
schwindet, ohne von seinem Wege abgelenkt zu werden (Absorption). Da 
die Absorption meistenteils die Strahlen von verschiedener Schwingungsdauer 
verschieden schnell verschwinden macht, so wird weiBes Licht, wenn es durch 
absorbierende Mittel geht, meistens farbig, und das Mittel selbst erscheint ge- 
fiirbt. Farblose durchsichtige Mittel sind solche, welche alle leurhtenden Strahlen 
ungeschwacht durchgehen lassen. Dieselben konnen dabei aber nicht leuchtende 
Strahlen absorbieren, z. B. Warmestrahlen oder die brechbarsten Strahlen des 
Sonnenlichts, sich gegen solche also noch wie gefarbte Mittel gegen die leuch- 
tenden Strahlen verhalten. 
Bei der Absoi-ption der Lichtstrahlen entstehen oft chemische Wirkungen; 
zuweilen wieder Licht, und wahrscheinlich immer Warme. Wenn wieder Licht 
entsteht, so sendet jeder Teil des beleuchteten Mittels Licht nach alien Seiten 
aus, welches sich aber in der Farbe und Zusammensetzung von dem absorbierten 
Lichte unterscheidet, die Substanz wird selbstleuchtend. Man nennt dieses 
Selbstleuchten Phosp bores zenz. wenn es langer dauert als die Bestrahlung. 
40 Physiologische Optik. [3*. 35. 
Fluoreszenz oder wahre innere Dispersion, wenn es nur so lange dauert 
als die Bestralilung. Bei der Fluoreszenz ist das vou der Substanz entwickelte 
Licht iu der Eegel von groBerer Schwingungsdauer als das einstrahlende, seine 
Fai-be und Zusammensetzung meist unabhangig von der des letzteren, es findet also 
eine VerLinderung der Schwingungsdauer (Brechbarkeit) statt. und es wird da- 
durch moglicb, das dem Auge nicbt siclitbare oder kaum sichtbare Licht, dessen 
Schwingungsdauer kleiner ist als die des gewohnlich sichtbaren, dem Auge 
sichtbar zu machen, indem man es auf eine fluoreszierende Substanz (saures 
schwefelsaures Chinin, Uranglas, AufguB von EoBkastanienrinde, Bernstein usw.) 
fallen laBt. 
Ich lasse liier eine Aufzahlung von Werken folgen, welche die physiologische Optik 
im aUgemeineu betreifen: 
1600. Fabricius ae Aquapendente, de visione. Ven. Fol. 
1604. J. Kepler, Paralipomena ad Vitellionem. Frankf. Cap. 5. 
1613. Francisci AdniLONu, opticorum libi-i sex. Antwerpiae. 
1619. ScHEiNEB, Oculus sive fundamentum optieum, in quo radius visualis eruitur, sive 
visionis iu oculo sedes cernitur et anguli visorii ingenium reperitur. Oenip. 
1738. R. Smith, a complete system of optics with J. Jurins, essay upon distinct and in- 
distinct vision. Cambridge 1788. — Deutseh v. Kastner. Altenb. 1755. 
1740. Le Cat, Traite des sens. Rouen. 
1746. P. Camper, dissert, de visu. Lugd. Batav. 
1759. PoRTERFiELD, Treatise on the eyes, the manner and phaenomena of vision. Edinb. 
1766. Hali.er, Eleraenta physiologiae hum. Lausanne 1757. Bern 1766. 
1819. J. PuRKiNJE, Beitrage zur Kenntnis des Sehens in subjektiver Hinsieht. Prag. 
1825. J. PuKKiNJE, Beobachtungen und Versuche zur Physiologic der Sinne. Bd. U. 
Neue Beitrage zur Kenntnis des Sehens. Berlin. 
Lebot, Noutelle theorie de la vision. Paris. 
1826. J. MuLLER, Ziu- vergleichenden Physiologie des G-esichtssinnes. Leipzig. 
1828. Md.ncke, Artikel: Gesicht und Sehen in Gehlers physikalischem Worterbiiche. 
Leipzig. 
1830. A. Hueck, Das Sehen seiuem iiuBereu Prozesse nach. Dorpat u. Gottingen. 
1831. D. Brewster, A treatise an optics. 
1834. C. M. N. Bartels, Beitvtige zur Physiologie des Gesiehtssinnes. Berlin. 
1836. A. W. VoLCKMANN, Neue Beitrage zur Physiologie des Gesichtssinns. 
1837. J. Muu.ERs Lehrbuch der Physiologie des Meuschen. Coblenz. Bd. IL S. 276— 393. 
1839. F. W. G. Radicke, Handbuch der Optik. Bd. IL S. 211 - 281. 
1842. BuRow, Beitrage zur Physiologie und Physik des menschliehen Auges. Berlin. 
1844. MosER iiber das Auge in Doves Repertorium der Physik. Berlin. Bd. V. 
1845. Th. Ruete, Lehrbuch der Ophthalmologie. 
1846. VoLCKMANN, Artikel: Sehen in R. Wagners Handworterbuc-li d. Physiologie. 
Braunschweig. 
1852. C. LuDwiG, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Heidelberg. Bd. L S. 192 
bis 263. 
1847-53. Brijcke, Berichte iiber physiologische Optik in Fortschritte der Physik. Bd. I bis V. 
Erster Absehnitt. 
Die Dioptrik des Auges. 
A 
-/ 
iJS 
§ 9. Gesetze der Brechung in Systemen kugeliger Flachen. ' 
Der Gang der Lichtstrahlen im menschlichen Auge wird hauptsiichlich durcli 
Brechung verilndert. Es ist aber nicht bloB eine einzelne brechende Flache 
vorhanden, sondern eine Reihe von solchen. Ich werde also die allgemeinen 
Gesetze der Lichtbrechung in einfach brechenden Mitteln und namentlich auch 
der Brechung in einer Reihe von gekriimmten Flachen, welche die Grundlage 
des vorKegenden Abschnitts bilden, vorausschicken. 
An einer einzelnen brechenden Flache ist die Lage des zuruckgeworfenen 
und gebrochenen Strahls in tblgender Weise bestimmt. In Fig. 24 sei a b die 
Grenzfliiche beider Medien, welche man die 
brechende Flache nennt; fc sei einer der 
darauf fallenden Lichtstrahlen, de die im 
Punkte c auf ah senkrecht stehende Linie. 
welche man das Ein fall slot nennt, ch der 
zuriickgeworfene und eg der gebrochene Strahl. 
Die Ebene, welche durch das Einfallslot und 
den einfallenden Strahl zu legen ist, nennt 
man Einfallsebene, den Winkel zwischen 
dem einfallenden Strahle und dem Einfalls- 
lote den Einf alls winkel (in der Figur ist 
es der Winkel def; mit a bezeiehnet). den 
Winkel zwischen dem Einfallslote und dem 
zuriickgeworfeuen Strahle den Reflexions- 
winkel in der Figur hed) und denjenigen zwischen dem Einfallslote und dem ge- 
brochenen Strahle [gee oder /5) den Brechungswinkel. Bei einfach brechenden 
Medien ist dann die Lage des zuruckgeworfenen und gebrochenen Strahls dadurch 
gegeben. daB erstens beide ebenfalls in der Einfallsebene liegen, und daB zweitens 
der Reflexions winkel gleich dem Einfallswinkel ist, der Brechungswinkel aber 
von dem Einfallswinkel in der Weise abhangt, daB ihre Sinus sich verbal ten 
wie die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten des Lichts in den betreffenden beiden 
Medien. Das Verhiiltnis der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts im 
Vakuum zu der in einem gegebenen Mittel nennt man das Brechungs- 
verhaltnis oder Brechungsvermogen dieses Mittels. Ist also c die Fort- 
pflanzungsgeschwindigkeit im Vakuum, c^ in dem ersten, c^ in dem zweiten 
Mittel, Wj das Brechungsverhaltnis des ersten, w., das des zweiten Mittels, so ist 
Fie. 24. 
' Vgl. Rap. 1 der naeh dem ersten Abschnitte folgenden Zusatze! G. 
44 Die Dioptrik des Auges. [36. 37. 
«1 
Cl 
w. 
= 
C 
"2 
sin a 
sin^ 
<"! 
^2 
oder 
w, sin a = n, sin ^ . 
In der letzteren Form pflegt man gewohnlich das Brechungsgesetz auszusprechen. 
Fih" das Vakuum ist das Brechungsverhaltnis nach der gegebenen Definition 
= 1, fiir die Luft bei gewohnlichem Drucke so wenig davon unterschieden 
(niimlich 1,00029 bei 0* und 0,76 mm Druck). daB man in den meisten Fallen 
den Unterschied vernacblilssigen kann. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeiten der 
verschiedenen einfachen farbigen Strahlen sind im Vakuum nicht vonein- 
ander verschieden, wohl aber in den durchsichtigen tropfbaren und festen 
Korpern. In diesen ptlanzen sich in der Eegel die Strablen von kleinerer 
Schwingungsdauer (die blauen und violetten) langsamer fort als die von langerer 
Schwingungsdauer (gelbe und rote), es sind also auch die Brechungsverhaltnisse 
flir die ersteren groBer als fiir die zweiten, und man bezeichnet desbalb auch 
jene (die violetten) als die brechbareren Strahlen, letztere (die roten) als die 
weniger brechbaren. Wegen dieser Verschiedenheit der Brechbarkeit schlagen 
denn auch die verschiedenen farbigen Teile des weiBen Lichts nach einer 
Brechung in tropfbaren oder festen Korpern im allgemeinen verschiedene Wege 
ein, und es gibt dies ein Mittel ab, sie zu trennen. In der Fig. 24 ist voraus- 
gesetzt, daB oberhalb der brechenden Flilche sich ein diinneres, unterhalb der- 
selben ein dichteres Medium befiude. Kommt das Licht aus dem ersteren von f 
her, so wird der gebrochene Strahl eg dem Einfallslote ee genahert werden. 
Fiir die violetten Strahlen ist die Ablenkuug starker als fiir die roten. Wenn 
also die violetten etwa den Weg eg einschlagen, geht das rote Licht des Strahls fe 
in der Richtung cg^ fort, und trennt sich somit von den brechbareren Farben. 
Im Auge haben wir es mit der Brechung des Lichts an kugeligen oder 
nahehin kugeUgen Flachen zu tun. Die Gesetze der Brechung vereinfachen sich 
fiir eine jede solche Fliiche auBerordentlich, wenn das Licht nur unter sehr 
kleinen Einfallswinkeln, d. h. nahe senkrecht auf sie fallt. Sie vereinfachen sich 
auch fiir ein System solcher Flachen, wenn die Mittelpunkte der Kugelflachen 
alle in einer geraden Linie, der Achse des Sj'stems, liegen. Systeme von 
kugeligen Flachen, in denen diese letzte Bedingung erfuUt ist, nennt man 
zentriert. Licht, welches urspriinglich von einem Punkte ausgegangen ist, oder 
allgemeiner, Licht, dessen Strahlen hinreichend verli'ingert alle durch einen Punkt 
gehen, d. h. homozentrisches Licht, wird, nachdem es durch ein solches 
System gegangen ist, und alle brechenden Flachen nur unter kleinen Einfalls- 
winkeln getroiJen hat, entweder sich in einen Punkt wieder vereinigen, oder so 
fortgehen, als kiime es alles von einem leuchtendeu Punkte her, also wieder 
homozentrisch sein. Den Konvergenzpunkt der Lichtstrahlen nennt man in 
beiden Fallen das optische Bild des urspriinglich leuchtenden Punktes. oder 
da Lichtstrahlen, welche von dem Orte des Bildes ausgehen wiirden, an der 
Stelle des urspriinglich leuchtenden Punktes wieder vereinigt werden wiirden. 
nennt man den Ort des leuchtendeu Punktes und den seines Bildes auch kon- 
87. 38. 
Brechung an kugeligen Fliicbeu. 
45 
Fig. 20. 
jugierte Vereinigungspunkte der Strahlen. Man nennt feiner das optische 
Bild reell, wenn die Lichtstrahlen, welche von dem leuchtenden Punkte aus- 
gegangen sind, in ihm wirklicli zur Yereinigung kommen. Dies kann nur ge- 
schehen, wenn das Bild hinter deu brechenden FUichen liegt. Man nennt es 
virtuell, wenn der Vereinigungspunkt der Lichtstrahlen in ihren riickwarts ge- 
zogenen Verlilngerungen vor der letzten brechenden Flache liegt. Im letzteren 
Falle schneiden sich also nicht die Lichtstrahlen selbst, sondern nur ihre Ver- 
lilngerungen. 
Konvexe Glaslinsen (Brennglaser oder Sammellinsen) geben von entfernten 
Gegenstilnden reelle Bilder, wie Fig. 25 zeigt; cd ist die Linse, a der leuch- 
tende Punkt, die einfallenden t- 
b ^e 
f 
Lichtstrahlen ac und ad werden 
in die Richtungen cf und de ge- 
brochen, vereinigen sich wirklich 
in dem Punkte b. dem Punkte 
des reellen Bildes, und gehen 
nach der Schneidung wieder 
divergierend auseinander, gerade 
als ware h ein ursprlinglich leuch- 
tender Punkt. 
Konkave Glaslinsen (Zer- 
streuungsglaser) geben virtuelle 
Bilder wie in Fig. 26, wo die Be- 
zeichnungen dieselben sind wie in Fig. 25. Hier schneiden sich die Licht- 
strahlen nicht wirklich. wohl aber ihre Verlangerungen in h, und gehen 
hinter der Linse weiter, als kameu sie von 6, so daB ein hinter der Linse 
zwischen /' und e stehendes Auge glauben wurde, den leuchtenden Punkt in b 
zu sehen. 
Wenn mehrere leuchtende Punkte in einer gegen die Achse des brechenden 
Systems senkrechten Flache liegen, und der Achse nahe geuug sind, daB ihre 
Strahlen auf samtliche brechende Kugelflachen unter sehr kleinen Einfalls- 
winkeln treffen, so liegen ihre reellen oder virtuellen Bilder auch alle in einer 
auf die optische Achse senkrechten Ebene, und ihre Verteiluug in dieser Ebene 
ist geometrisch ahnlich der Verteilung der leuchtenden Punkte. und gehoren 
die leuchtenden Punkte einem Objekte an, so ist das optische Bild dieses Ob- 
jekts ihm selbst ahnlich. 
Ein Beispiel reeller Bilder von Objekten, welches zugleich den Verhiiltnissen 
des Auges hochst ilhnlich ist, gibt unter deu phy- ^ 
sikalischen Listrumenteu die Camera obscura. Ein innen 
geschwiirzter Kasten A enthalt in seiner vorderen Wand 
eine verschiebbare Eohre, in welche eine oder mehrere 
Glaslinsen I eingesetzt sind. Die Riickseite des 
Kastens g besteht aus einer matten Glastafel. Wenn 
man die Glaser I gegen entfernte erleuchtete Objekte 
wendet, und die matte Tafel g beschattet, so sieht man 
auf ihr ein umgekehrtes, natiirlich gefarbtes Bild der Objekte entworfen, 
welches auch bei einer richtigen Stellung der Linsen I sehr scharf gezeich- 
net erscheint. Die Linsen miissen zu dem Ende so gewahlt und gestellt 
sein, daB die Strahlen, welche von einem jeden einzelnen Punkte des ab- 
Fig. 27. 
46 Die Dioptrik des Auges. [38. 39. 
gebildeten Gegenstandes ausgegangen sind, sich in einem Punkte der matt- 
geschliffenen Glasflache wieder vereinigen. Dann empfangt dieser Punkt 
(ler Glastlache alles Liclit, welches von deni entsprechenden Punkte des 
abgebildeten Gegenstandes her in das Instrument gefallen ist, und wird von 
ihm in derselben Farbe und entsprechender Helligkeit erleuchtet, wie sie 
dem Punkte des Objekts zukommeu. Dagegen fallt auf diese Stelle der Glas- 
tafel kein Licht, welches von irgend einem anderen Punkte des Gegenstandes 
ausgegangen ware, well solches Licht eben in anderen Punkten der Tafel sich 
vereinigt. 
Bei diesen Beobachtungen bemerkt man zuniichst, daB die Bilder ungleich 
von dem Instrumente entfernter Gegenstiinde nicht gleichzeitig deutlich auf der 
matten Tafel entworfen werden, daB man vielmehr die Rohre mit den Liusen 
etwas herausziehen muB, um nahere Gegenstande abzubilden, fiir entferntere 
dagegen mehr hineinschieben. Der Grund davon ist der, daB die Bilder un- 
gleich entfernter Punkte auch selbst verschiedene Entfernung von den Linsen 
haben, also nicht gleichzeitig genau in der Ebene der matten Glastafel liegen 
konnen. 
Man bemerkt ferner, wenn die Linsen einen groBen Durchmesser im Ver- 
bal tnis zur Lange des Kastens haben, daB die Eilnder heller Flachen in dem 
Bilde farbige, meist blaue oder gelbrote Siiume zeigen. Wegen der verschie- 
denen Brechbarkeit des verschiedenfarbigen Lichts liegen die Vereinigungspunkte 
verschiedenfarbiger Strahlen nicht genau in derselben Entfernung hinter der 
Linse, und die Bilder fiir die verschiedenen Farben decken sich nicht genau. 
Man nennt dies die chromatische Abweichung. Sie kann fast vollstiindig 
aufgehoben werden durch eine passende Verbindung von Linsen, die aus ver- 
schiedenem Stoffe bestehen. Dergleichen optische Instrumente, in welchen so 
die chromatische Abweichung beseitigt ist, nennt man achromatisch. 
Aber auch bei der Beleuchtung mit einfarbigem Lichte zeigen die Bilder 
der Camera obscura und anderer optischer Instrumente mit brechenden Kugel- 
flachen bei groBen Offnungen der Linsen eine gewisse Ungenauigkeit der Um- 
risse, welche daher entsteht, daB die durch eine kugelige Flilche gebrochenen 
Strahlen des abgebildeten Punktes zwar nahehin, aber doch nicht absolut genau 
in einen Punkt wieder vereinigt werden. Nur bei verschwindend kleinen Ein- 
fallswinkeln werden sie genau vereinigt. Diese zweite Ai-t der Abweichung 
nennt man die spharische oder die Abweichung wegen der Kugelgestalt. 
Instrumente, in denen sie durch passende Zusammenstellung der brechenden 
Flachen moglichst verringert ist, nennt man aplanatisch. Vollstandige 
Aplanasie ist durch Kugelflachen im allgemeinen nicht zu erreichen, sondern 
dazu wiirde man andere gekriimmte Flachen und zwar Rotationsfliichen des 
zweiten oder vierten Grades anwenden miissen, welche aber an optischen In- 
strumenten bisher noch nicht ausgefiihrt werden konnen. 
Die Lage und GroBe der optischen Bilder, welche zentrierte Systeme von 
kugeligen brechenden Flachen entwerfen, sowie auch der Gang eines jeden 
durch sie hindurchgegangenen Lichtstrnhls, der samtliche brechende Flachen 
unter sehr kleinen Einfallswinkeln passiert hat, ist nach verhaltnismaBig ein- 
fachen Regeln zu bestimmen, wenn man gewisse Punkte, die optischen Kar- 
dinalpunkte des Systems kennt. Es gibt drei Paare von solchen Punkteu, 
niimlich die beiden Brennpunkte. die beiden Hauptpunkte und die beiden 
Knotenpunkte. 
39. 40.1 Definitionen der Kardinalpunkte. 47 
Man nenne die Seite des Systems, von der das Licht herkommt, die erste, 
die, nach der es hingeht, die zweite Seite, das Brechungsverhaltnis des ersten 
Mittels sei «j, das des letzten w^. 
Der erste Brennpunkt ist dadurch bestimmt, dal3 jeder Strahl, der vor 
der Brechung durch ihn geht, nach der Brechung parallel mit der Achse wird. 
Der zweite Brennpunkt ist dadurch bestimmt, daB durch ihn jeder Strahl 
geht, der vor der Brechung parallel der Achse ist. 
Der zweite Hauptpunkt ist das Bild des ersten, d. h. Strahlen, welche 
ini ersten Mittel durch den ersten Hauptpunkt gehen, gehen nach der letzten 
Brechung durch den zweiten. Ebenen, senkrecht zur Achse durch die Haupt- 
punkte gelegt, heiBen Hauptebenen. Die zweite Hauptebene ist das optische 
Bild der ersten, und zwar sind es die einzigen zusammengehorigen Bilder, welche 
gleich groB und gleich gerichtet sind. Durch diese Bedingung ist die Lage der 
Hauptpunkte bestimmt. 
Der zweite Knotenpunkt ist das Bild des ersten. Ein Strahl, der im 
ersten Medium nach dem ersten Knotenpunkte gerichtet ist, geht nach der 
Brechung durch den zweiten Knotenpunkt. und die Richtungen des Strahls vor 
und nach der Brechung sind einander parallel. 
Die Entfernung des ersten Hauptpunkts vom ersten Brennpunkte ist die 
erste Hauptbrennweite. Sie wird positiv gerechnet, wenn der erste Haupt- 
punkt im Sinne der 
Fortbewegung des 
Lichts hinter dem 
ersten Brennpunkte 
liegt. Ist also in 
Fig. 28 AB die 
Achse, und A die 
Richtung, wo das Fig. 28. 
Licht herkommt, f^ 
der erste, f^^ der zweite Brennpunkt, /«, der erste, A, der zweite Hauptpunkt, 
A:, der erste, ft, der zweite Knotenpunkt, so ist /", fe die positive erste Haupt- 
brennweite. Dagegen f„h^^, als die Entfernung des zweiten Brennpunkts vom 
zweiten Hauptpunkte, ist die zweite Hauptbrennweite, positiv gerechnet, wenn. 
wie in der Figur, der Brennpunkt hinter dem Hauptpunkte liegt. 
Die Entfernung des ersten Knotenpunkts vom ersten Brennpunkte ist gleich 
der zweiten Hauptbrennweite, die des zweiten Knotenpunkts vom zweiten Brenn- 
punkte gleich der ersten Hauptbrennweite. Also: 
f. k, = f„ h, 
<l 1 
Zj, ,/t, f. 
19 ^, 
K 
'^.-f..K\ u\ 
■ ^ = f„ k„ J 
{. 
Daraus folgt, daB der Abstand der gleichnamigen Haupt- und Knotenpunkte voii- 
einander gleich dem Unterschiede der beiden Brennweiten sei: 
kh,=-k,h,, = f,h„-f,h, /?) 
und daB auBerdem der Abstand der beideu Hauptpunkte voneinander gleich 
sei dem Abstande der beiden Knotenpunkte voneinander: 
h h =^ k k /')• 
48 
Die Dioptrik des Auges. 
[40. 41 
Endlich verhalten sich die beiden Hauptbrennweiten zueinander wie die 
Brecbungsverhaltnisse des ersten und letzten Mittels: 
fh, _ f., h, 
n n 
d). 
1st also das letzte Mittel dem ersten gleicbartig und n^ = «,,, wie es bei deu 
meisten optischen Instrumenten, nicbt aber beim Auge der Fall ist, so sind die 
beiden Hauptbrennweiten gleicb, und es fallen die gleichnamigen Hauptpunkte 
und Knoteupunkte zusammen, nacb (Tleichung /?). 
Die ersten Brenn-, Haupt- und Knotenpunkte beziehen sich nach den ge- 
gebenen Definitionen stets auf den Gang der Strahlen im ersten Medium, die 
zweiten auf den Gang im letzten Medium. 
Legt man senkrecht zur Achse Ebenen durch die beiden Brennpunkte. so 
heiBen diese Brennebenen. Lichtstrahlen, welche von einem Punkte der 
ersten Brennebene ausgegangen sind, sind nach der Brechung untereinander 
parallel, und da nach der Definition der Knotenpunkte der vom leuchtenden 
Punkte nach dem ersten Knotenpunkte gerichtete Strahl nach der Brechung 
seiner urspriinglichen Richtung parallel sein soil, so mlissen alle Strahlen, die 
von einem leuchtenden Punkte in der ersten Brennebene ausgegangen sind, 
jenem Strahle nach der Brechung parallel sein. 
Strahlen, welche im ersten Mittel untereinander parallel sind, vereinigeu 
sich in einem Punkte der zweiten Brennebene, und da derjenige von den 
parallelen Strahlen. welcher durch den ersten Knotenpunkt geht, nach der 
Brechung vom zweiten Knotenpunkte aus seiner friiheren Eichtung parallel 
weiter geht, so mu6 der Vereinigungspunkt der paraUelen Strahlen da liegen, 
wo dieser letztere Strahl die zweite Brennebene schneidet. 
Diese Regeln geniigen, um in jedem Falle, wenn der Weg eines Strahls im 
ersten Medium gegeben ist, seinen Weg nach der letzten Brechung zu finden, 
und wenn ein leuchtender Punkt im ersten Medium gegeben ist, den Ort seines 
Bildes nach der letzten Brechung zu finden. 
Fig. 29. 
Es sei ab der Weg eines Strahls im ersten Medium; man soil seinen 
Weg im letzten Medium finden. 
Es sei a der Punkt, wo er die erste Brennebene schneidet, b der Punkt, 
wo er die erste Hauptebene schneidet, wobei im allgemeinen die beiden 
Punkte a und b nicht in einer Ebene mit der Achse des Systems A B liegen 
werden. Das Bild des Punktes b liegt in der zweiten Hauptebene, da die eine 
Hauptebene das Bild der anderen ist; und da femer in diesem Falle das eine 
Bild dem anderen gleich und gleich gerichtet sein soil, so liegt das Bild des 
Punktes b der ersten Hauptebene in c, dem FuBpunkte des von b auf die zweite 
41. 42.] 
Nutzen der Eardinalpunkte. 
49 
Hauptebene gefallten Lotes be. Jeder Lichtstrahl, der von b ausgeht. oder 
durch b hindurchgeht, muB also nacli der Brechung durch c gehen, als dem 
Bilde von b. So auch die Fortsetzung des Strahls ab. 
Zweitens geht der Strahl ab durch den Punkt a der ersten Brennebene. 
Jeder Strahl, welcher von einem Punkte der ersten Brennebene ausgeht, ist 
nach den oben bingestellten Regeln nach der Brechung parallel dem Strable, 
welcher von jenem Punkte a nach dem ersten Knotenpunkte geht. Also muB 
der Strahl ab nach der Brechung durch c gehen und parallel ak^ sein. Man 
ziehe cd parallel ak^, so ist cd der gebrochene Strahl. 
Nach dem, was ich vorher iiber die Eigenschaft der zweiten Brennebene 
gesagt habe, konnen wir auch so verfahren. Man falle das Lot be aut' die 
zweite Hauptebene, ziehe k^e parallel ah, welches in e die zweite Brennebene 
schneidet, so ist ee der gebrochene Strahl. Da6 dieser mit cd zusammenfallt, 
laBt sich leicht zeigen. 
Es sei a ein leuchtender Punkt; es soil sein Bild gefunden werden. 
Man braucht nur zwei Strahlen von a aus nach der ersten Hauptebene zu 
Ziehen, und deren Weg nach der Brechung zu konstruieren. Wo sie sich 
schneiden, liegt das Bild von a. Wenn a auBerhalb der Achse liegt, ist es am 
bequemsten, den mit der 
Achse parallelen Strahl ae 
und den nach dem ersten 
Knotenpunkte gehenden a k^ 
zu benutzen. Wenn c der 
Punkt ist, wo der erstere 
Strahl die zweite Haupt- 
ebene schneidet, so ziehe 
man ef^^ und verlangere es 
^ 
i 
, 
^ 
.^ ;r-^~\ 
A 
f. 
A 
/. >r, '^^ 
^ 
Fig. 30. 
riickwarts oder vorwarts hinreichend, bis es die durch fc , mit a k^ gelegte Parallele 
in e schneidet. Der Ort des Bildes ist e. 
Da6 der Strahl a c nach der Brechung liings c e und a k^ langs A , e geht, 
ergibt sich leicht aus der vorigen Aufgabe und den obigen Definitionen. 
Liegt der Punkt a in der Achse, so geht einer seiner Strahlen in der 
Achse selbst ungebrochen fort. Man braucht dann nur irgend einen anderen 
Strahl zu konstruieren, der auBerhalb der Achse verlauft. Wo letzterer nach 
der Brechung die Achse wieder schneidet, ist der Ort des Bildes. 
Nachdem ich so die Eesultate der mathematischen Untersuchung fiir die- 
jenigen meiner Leser vorausgeschickt habe, denen es nur auf die Kenntnis der 
Eesultate ankommt, lasse ich die vollstandige mathematische Entwickelung der- 
selben bier folgen. 
Brechung an einer Kugelflache. 
Es sei a der Mittelpunkt der Kugelflache cb, und p ein auBerhalb der 
Kugel liegender leuchtender Punkt. Ein von p ausgehender Lichtstrahl, welcher 
in der geraden Linie /; a auf den Mittelpunkt der Kugel zugeht, trifi't die Kugel- 
flache normal, und geht deshalb ungebrochen weiter in der Verlangerung von 
ap nach q bin. Ein anderer Lichtstrahl pc treffe die Kugelflache in c und 
werde hier gebrocheu. Unsere nilchste Aufgabe ist, seineu Weg nach der 
v. Hblmholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. 1 . 4 
A- 
■50 Die Dioptrik des Auges. [42.43. 
Brechung zu bestimmen. Nach dem oben angefiihrten Brecbungsgesetze muB 
derselbe zuuiichst in der Einfallsebene bleiben, d. b. in der diu'cb den ein- 
fallenden Strabl und das Einfallslot gelegten Ebene. Da der Eadius stets auf 
demjenigen Teile der Kugeloberflacbe, 
zu welcbem er bingeht, senkrecbt 
stebt, so ist in diesem Falle das Ein- 
fallslot c d die Yerliingerung des 
Eadius ac, und die Einfallsebene die 
durcb p c und a d gelegte. In der- 
selben liegt aucb die ganze Linie p q. 
Pig. 31. da zwei ibrer Punkte p und a darin 
liegen. Der gebrocbene Strabl mu6 
also die Linie pa, wenn sie nacb beiden Seiten in das Unendlicbe verliingert 
gedacbt wird, in irgend einem Punkte q scbneiden, dessen Entfernung von 
b zunacbst bestimmt werden soil. Sollte der Strabl der Linie pa parallel 
sein, so konnen wir den Durcbscbnittspunkt q als unendlicb entfernt betracbten. 
Die Lage des Punktes q wird nun durcb die Bedingung gegeben, da6 
nsin[pcd) — n^^sin{qca) 1), 
wo ?« das Brecbungsverbaltnis des Mediums ist, aus welcbem das Licbt kommt, 
w,_ desjenigen, in welcbes es eintritt. 
Da sicb in geradlinigen Dreiecken die Sinus der Winkel wie die gegeniiber- 
liegenden Seiten verbalten, ist in dem Dreiecke ape 
sin [pa a) ap 
b 
und in dem Dreiecke ago 
sin [c pa) ac 
sin [qoa) aq 
sin {cqa) ac ' 
Wenn wir die erste dieser Gleicbungen diu-cb die zweite dividieren, und 
dabei bemerken, da6 der Sinus des Winkels pea gleicb dem seines Neben- 
winkels pod ist, so erbalten wir 
sin {p c d) sin (cqa) ap 
sin{qca) sin{epa) aq' 
Nacb Gleicbung (1) ist 
und in dem Dreieck pcq ist 
sin [pod) w^, 
sin [q c a) ti 
sin (c q a) cp 
sin [cp a) cq' 
Die drei letzten Gleicbungen geben daber 
n^^-cp ap 
2) 
n^'cq aq 
Fiir ap = OD wird daraus 
n-cq=n,-aq 2a), 
da alsdann bis auf unendlicb kleine GroBen 
ap 
43. 4t. 
Gesetze der Brechung in Systemen kugeliger Flachen. 
51 
Man kaiiu die Gleichung 2) leicht benutzen, um den Gang der Lichtstrahlen 
durch Konstruktion zu finden, wobei man denn, da im allgemeinen der Punkt q 
seine Lage iindert, weun dem Punkte c eine andere Lage gegeben \vird, findet, 
da6 die Lichtstrahlen 
sichuichtgenauineioem ~ 
Punkte, sondern in einer 
krummenLinie(kausti- 
schenLinie) schneiden, 
von der Art, wie sie in 
Fig. 32 fiir parallel auf- 
fallende Strahlen dar- 
gestellt ist. USisthier 
die brechende Kugel- 
flache, C sind die ein- 
fallenden Strahlen, GFG 
die kaustische Linie, welche durch die Durchschnittspunkte je zweier zunachst 
aufeinander folgender gebrochener Strahlen gebildet wird. Die mittelsten Strahlen 
vereinigen sich in der Spitze dieser Linie bei F. 
Wenn wir uns auf diejenigen Strahlen beschranken, welche nahe senkrecht 
auf die brechende Flache, also sehi- nahe der Achse auf sie fallen, so sehen wir 
aus der Fig. 31, daB, wenn der Punkt c sehr nahe an b rtickt, das Verhaltnis 
Pig. 32. 
— iibergeht in -— 
cq bq 
2b) 
Die Gleichung 2) wird dann also 
n^-bp ap 
n^-b q aq 
Bezeichnen wir den Radius a b der brechenden Flache mit r, die Entfernung 
bp mit f^ , 
b q mit /"^ , 
ap mit c/ , 
a q mit ^r , 
so daB also 
so wird die Gleichung 2 b) 
t. = 9., 
+ r. 
2 c) 
w , {g. - r) 
— Oder 
f,. — '■ 
9, 
Daraus erhalt man durch eine ieichte Umformung: 
9, 
+ 
n 
— n^ 
r 
«, 
— n^ 
oder 
9„ 
3) 
aus denen die gesuchte GroBe /,^ oder g^^ zu bestimmen ist. 
Nennen wir die Werte von f^^ und g^^, welche einer unendlichen Entfernung 
des leuchtenden Punkts entsprechen, beziehlich F^^ und (?,,, so erhalten wir, da 
/" = oc und 5r = oo 
4* 
52 
Die Dioptrik des Auges. 
[a. 45. 
F = '- 
" n — n 
G = 
n — n 
3 a) 
Setzen wir f^ und g^^ unendlich groB, und bezeichnen fiir diesen Fall f^ 
und g^ mit J| uad (?, , so ist 
G 
n — n 
= F 
3 b) 
und nun konnen wir den Gleichungen 3) die einfache Form geben 
F 
F 
+ 
= 1 
t, 
t., 
G 
G 
+ 
= 1 . 
y. 
y„ 
3 c) 
Die erste dieser Gleichungen gibt, nach f^ und nach /,^ aufgelost, folgende 
Formeln zur Berechnung dieser GroBen 
/; = 
FJ., 
L - K 
FJ, 
f,-F, 
3d) 
Findet man negative Werte dieser GroBen, so bedeutet es, daB sie auf 
der entgegengesetzten Seite der brechenden Flache liegen, als in Fig. 31 an- 
genommen ist. 
Bemerkungen. 1. Wenn das Licbt Dicht von p im ersten Medium, 
sondern von q im zweiten ausgeht, wird fiir den Strahl cq Fig. 31, der vorher 
der gebrocbene Strahl, jetzt der einfallende ist, cp der zugehorige gebrochene 
sein, welcher vorher der einfallende war. Sind also die nahe senkrecht von p 
auf die brechende Hache fallenden Strahlen in q vereinigt, so werden die von q 
nahe senkrecht auffallenden in p vereinigt werden. Daraus ergeben sich nun 
sogleich die Formeln fiir den Fall, daB die Lichtstrahlen auf die konkave Seite 
der Kugelflache fallen. Man braucht nur das erste Medium jetzt das zweite zu 
nennen und umgekehrt, und dementsprechend alle Indizes der Buchstaben zu ver- 
tauschen. Die Grundgleichungen 3) werden alsdann 
n 
n 
+ 7f 
n — n 
f„ 
r 
9„ 
9, 
r 
Man braucht also fiir eine konkave brechende Flache nur den Kriimmungs- 
radius r negativ zu setzen, so gilt auch fiir sie die Formel 3), und natlirlich 
gelten ebenso auch die daraus abgeleiteten 3a), 3b), 3c) und 3d). 
2. Wenn q das Bild von p ist, ist auch p das Bild von q. Um diese ge- 
meinsame Beziehung auszudrucken, nennt man sie konjugierte Vereinigungs- 
Gesetze der Brecbung iu Systemen kugeliger flaehen. 53 
punkte, wobei man es zweifelhaft laBt, von welchem beider Punkte das Licht 
ausgeht. Ebenso ist es fiir die Brechungsgesetze einerlei, ob der Licht aus- 
sendende Punkt ein materieller, Licht erzeugender oder auffallendes Licht zer- 
streuender Punkt sei, oder nur der Vereinigungspunkt von gebrochenen Strahlen. 
Daher kann der leuchtende Punkt auch ein virtueller Vereinigungspunkt solcher 
Strahlen sein, und in der Verlangerung der Strahlen hinter der brechenden 
Flache liegen. 
3. Ich bemerke noch, daB auch die Gesetze der Reflexion der Strahlen an 
gekrtimmten Spiegeln aus den gegebenen Formeln 3) hervorgehen, wenn man 
n = — w setzt. Wir werden dergleichen Formelu fiir die Spiegelbilder, welche 
die brechenden Flachen im Auge geben, zuweilen brauchen. Gewohnlich zieht 
man es jedoch vor, fiir solche Spiegel die Bezeichnung anders zu wahlen. 
Setzen wir in der ersten Gleichung 8) statt »„ (iberall — n, , so erhalten wir 
i_ _ J_ - _ ^ 
Ist r nach unserer bisherigen Bezeichnung positiv, d. h. der Spiegel konvex, 
so wiirde fiir f^ — od der Wert von f^^ werden gleich — , also positiv, d. h. der 
Vereinigungspunkt der Strahlen liegt hinter der spiegelnden Flache, ist nur 
virtueU. Ware der Spiegel konkav, r also negativ, so wird auch f^^ negativ, 
das Bild des leuchtenden Punktes liegt vor dem Spiegel und ist reell. Ge- 
wohnlich zieht man vor, die Entfernungen der reeUen Bilder vom Spiegel positiv 
zu nennen. Man gibt also dem f\^ und dem Radius der spiegelnden Flache r 
entgegengesetzte Vorzeichen als bei brechenden Flachen, und schreibt demnach 
die Grundgleichung 
1 1 2 
4. Wenn r unendlich groB, d. h. die brechende Flache eben wird, so werden 
nach 3 a) auch die Brennweiten unendlich groB, und die erste der Gleichungen 3) 
verwandelt sich in 
f f„ 
oder 
^.. = -s'-^ '•) 
Das Bild liegt also auf derselben Seite von der brechenden Flache, aber 
iu einer auderen Entfernung. 
Abbildung von Objekteu durch eine brechende Kugelflache. 
Wenn im folgenden die Rede von Objekten ist, deren Bilder durch ge- 
kriimmte brechende Flachen entworfen werden, so sind darunter stets ebene 
Objekte verstanden, deren Flache senkrecht steht gegen die Achse des optischen 
Systems, und von denen nur solche Lichtstrahlen ausgehen, die erstens nahe 
senkrecht auf die brechenden Blachen fallen, und zweitens mit der Achse sehr 
kleine Winkel einschlieBen. 
Wenn eine kugelige brechende Flache von einem leuchtenden Punkte ein 
Bild entwirft, so konnen wir die Verbindungslinie dieses Punktes mit dem 
54 
Die Dioptrik des Auges. 
Mittelpunkte als Achse betrachten. Wenn ein Objekt von der beschriebenen 
Art da ist, miissen wir das von dem Mittelpunkte auf die Ebene des Objekts 
gefallte Lot als die Achse betrachten. 
Es sei in Fig. SB pr die Achse, sp senkrecht zn pr ein Durchschnitt der 
Ebene des Objekts, s ein leuch- 
tender, seitlich neben der Achse 
liegender Punkt, a der Mittelpunkt 
der brechenden Flacbe, t das Bild 
von s. Es soil diie Lage von t be- 
stimmt werden durch zwei recht- 
Fig. 33. 
winkelige Koordinaten ra und rt, jenes parallel, dieses senkrecht zur Achse. 
Abstrahieren wir zunachst von p, r und den iibrigen vorhandenen leuchtenden 
Punkten des Objekts sp, so muB das Bild von s, wie aus der bisherigen Unter- 
suchung hervorgeht, zunachst in der Verlangerung der Verbindungslinie von s 
und a Uegen, so da6 also s a und a t eine gerade Linie bilden. 
Bezeichnen wir sa mit y^ und at mit /_, so ist nach Gleichung 3c) 
— i- H ^ = 1 4 . 
/', r,. 
Bezeichnen wir ferner p a mit g,, ar mit x und den Winkel s ap mit a, so ist 
r. 
a, 
cos a 
Die Werte von •/, und y 
cos u 
in die Gleichung 4) gesetzt ergeben: 
G . G , 1 
9, 
O 
+ — = 
X cos a 
Da nach der vorangeschickten Voraussetzung tiber die GroBe der ab- 
zubUdenden Objekte der Winkel a sehr klein sein soil, so unterscheidet sich 
cosu von 1 nur um ein Kleines zweiter Ordnung, und kann daher annahei'nd 
= 1 gesetzt werden. Dann erhalten wir 
G G 
-^ + ^= 1. 
9, ^ 
Ist g^^ die Entfernung des Bildes von p von a, so ist 
1. 
also 
G G 
— + — 
9, 9„ 
^ = 9„ 
o\ 
Der FuBpunkt des Lotes tr ist also das Bild von p. 
Die Bilder der Punkte, welche in einer durch p gegen die Achse senkrecht 
gelegten Ebene liegen, liegen also auch anniihernd in einer gegen die Achse 
senkrechten Ebene, welche durch das Bild von p gelegt ist. 
Hat man also zuerst das Bild r von p gesucht, und durch r eine gegen 
die Achse senkrechte Ebene gelegt, so tindet man die Orte der Bilder aller 
einzelnen Punkte des leuchtenden Objekts leicht, indem man durch den be- 
treffenden Punkt des Objekts und den Mittelpunkt der brechenden Kugelflache 
47. 48.1 Gesetze dei- Brechuug an eiuer kugeligen Flache. 55 
eine gerade Linie legt; wo diese die durch r gelegte Ebene schneidet, ist der 
Ort des Bildes. 
Alls dieser Konstruktion folgt nach bekannten geometrischen Satzen, da6 
das Bild dern Objekte geometrisch ahnlicli ist. 
Daraus ergibt sich ferner leicht das Verbaltnis der entsprechenden Linear- 
dimensionen des Objekts zu denen des Bildes. Nennen wii- z. B. sp als eine 
solche Dimension des Objekts /i , und tr als die zugehorige des Bildes — /?, 
(negativ, weil sie an der entgegengesetzten Seite der Achse liegt), so ist: 
-f-f 6) 
P., 9„ 
oder in Verbindung mit 2 c), 3 a), 3 b) und 3 c) 
/5„ _ 0„ _ G„ - g„ 
oder 
^, 
^, - 
■9, 
G, 
^., 
= 
F 
K 
■ - t 
^, 
P- 
f. 
K 
6 a) 
6 b). 
Wenn die brechende Flache eben ist, werden die Brennweiten unendlich 
groB, und die Gleichung 6 b) verwandelt sich in 
Tr' '"^ 
Das Bild, welches eine ebene brechende Flache entwirft, ist also so groB 
wie sein Objekt. 
Verallgemeinerung der bisher gewonnenen Formeln. Wii- wollen 
zunachst die oben definierten Begriife der Brennpunkte, Hauptpunkte und 
Knotenpunkte auf unseren Fall anwenden. 
Die Brennpunkte siud diejenigen Puukte, in denen sichStrahlen vereinigen, 
die irn ersten oder zweiten Mittel parallel der Achse verlaufen. Die Entfernungen 
der beiden Brennpunkte F^ und /•', von dem Scheitel der brechenden Flache, 
und G und Cr_^ von deren Mittelpunkten sind schon oben in den Gleichungen 3 a) 
und 3 b) gefunden, und dadurch ist die Lage der Brennpunkte bestimmt. 
Die Breunebenen sind senkrecht durch die Brennpunkte gelegte Ebenen. 
Da das Bild jedes Brennpunktes in unendlicher Entfernung liegt, so mu6 das- 
selbe auch fur solche Punkte der Brennebenen der Fall sein. welche der Achse 
nahe genug sind, um regelmiiBige Bilder geben zu konnen. Strahlen, die von 
einem Punkte einer Brennebene ausgehen, werden also nach der Brechung 
parallel sein. 
Die Hauptpunkte und die durch sie senkrecht zur Achse gelegten Haupt- 
e ben en sind dadurch charakterisiert, daB Bilder in den Hauptebenen liegend 
gleich gerichtet und gleich groB seien. Fiir die Hauptebenen muB also [i^ = /i,, 
sein. Das kann nach den Gleichungen Gb) nur der Fall sein, wenn f, = und 
/■„ = 0, was laut der Gleichungen 8d) stets gleichzeitig der Fall sein muB. 
Beide Hauptpunkte fallen also in unserem Falle zusammen in den Punkt, 
wo die Achse die brechende Flache schneidet, und dieser Hauptpunkt ist sein 
eigenes Bild. 
56 
Die Dioptrik des Auges. 
Die Ivnotenpuiikte sind dadurch definiert, da6 jeder Strahl, der vor der 
Brechung durch den ersten geht, nach der Brechung durch den zweiten geht, 
und dabei seiner ersten Eichtung parallel bleibt. Auch diese beiden fallen in 
einen Punkt, nilmlicb den Mittelpunkt der Kugel zusammen. Denn ein Strabl, 
der im ersten Mittel auf den Mittelpunkt der Kugel zugeht, geht ungebrochen 
durch die Flache, geht also auch im zweiten Mittel durch den Mittelpunkt. und 
ist seiner friiheren Richtung parallel. 
Die Konstruktionen der Richtung der Sti'ahlen, welche oben aus den 
Definitionen der genannten Ebenen und Punkte hergeleitet sind, lassen sich 
also auch auf eine einzelne brechende Flache anwenden, und die Konstruktionen 
vereinfachen sich noch dadurch, da6 erstens jeder Punkt in der ersten Haupt- 
ebene sein eigenes Bild ist, und man nicht erst den zugehorigen in der zweiten 
Hauptebene zu suchen hat, und zweitens dadurch, da6 der nach dem ersten 
Knotenpunkte gehende Strahl unmittelbar in seiner eigenen Verlangerung welter 
geht, und man nicht erst eine Parallele mit ihni durch den zweiten Knoten- 
punkt zu legen hat. 
Wir haben unter 3 c) zwei Gleichungen ganz ahnlicher Form aufgestellt, 
bei denen aber die Ent- 
fernungen der Bilder von 
verschiedenen Punkten aus 
gemessen waren. Glei- 
chungen von derselben 
einfachen Form erhalten 
wir immer, wenn wir die 
Entfernungen der Vereinigungspunkte, welche dem ersten Mittel angehoren, von 
einem beliebigen Punkte s Fig. 34 der Zentrallinie aj) an messen, und von 
dem Bilde t dieses Punktes aus die Entfernungen der Vereinigungspunkte, 
die dem zweiten Mittel angehoren. 
Ist also t das Bild von s, q das Bild von ]>, P^ der erste. P^ der zweite 
Hauptbrennpunkt. und bezeichnen wir 
Fig. 34. 
so ist 
s a mit /j , 
Pj a mit 
F,, 
t a mit /g , 
Pjtt mit 
^2- 
p a mit ff-^ 
; 
qa mit cp^ 
J 
p s mit h^ , 
qt mit 
-K 
Pj s mit — 
H,, 
fP, mit 
-H, 
«) 
-f- 
/^) 
^1 
7^1 
-S- 
7) 
7i 
- A = k, • 
S) 
(f. 
- /; = h, ■ 
«) 
F^ 
-f. = B„ 
^2 
-U = n^. 
49. 60.1 Gesetze der Brechung an einei- kugeligen Flache. 57 
Setzt man aus / und S die Werte von qpj imd cp^ in /S, so erhalt man 
i h -rr — ^—- = 1 Oder 
K+fi K+fi 
F, [K + Q + F^ [\ + J\] = [h^ + /,) {h, + Q . 
Subtrahiert man hiervon die aus a abzuleitende Gleichung 
SO erhalt man als Rest 
F^ h, + F^ h^ = h^ h, + h^ U + K fi Oder 
(F^ -f^)h,^ + {F,^ -Qh^ =h,K. 
was vermoge der Gleichungen e und ^ sich verwandelt in 
H^ A, + H^ \ = ^j /«^ oder 
f + -^=1 7). 
Wenn man also als Ausgangspunkte fiir die Messung der Abstande irgend 
ein Paar zusammengehoriger Vereinigungspunkte von Lichtstrablen benutzt, 
kommt man immer wieder zu derselben einfachen Formel zuriick. Da in der 
brechenden Flache selbst und in ihrem Mittelpunkte der leuchtende Punkt mit 
seinem Gegenstande zusamnientallt, sind diese beiden Punkte ihre eigenen 
Bilder, imd die Formeln 3 c) bilden deshalb nur spezielle Falle von 7). 
Wenn man den Punkt s in den ersten Brennpunkt verlegt, wird die 
Gleichung 7) unbrauchbar. weil H^ und h.^ unendlich groB werden. Man findet 
aber die entsprechende Gleichung leicht aus der ersten der Gleichungen 3 d) 
Ff 
f„ - K 
Zieht man von beiden Seiten F^ ab. so erhalt man 
F F 
f-F= ■ " 7a). 
' f,. - F„ 
Setzen wir bier /", — F^ = I. und f^^ — F^ = /,,, wobei /, die Entfernung 
des leuchtenden Punktes vom ersten Brennpunkte aus nach vom gerechnet, 
i,, die Entfernung seines Bildes vom zweiten Brennpunkte aus nach hinten sein 
wiirde, so erhalten wir die einfachste Form, in der sich das Gesetz fur die 
Lage der Bilder darstellen laBt: 
IJ^^ = F,F^ 7 b). 
In derselben Bezeichnungsweise wird das Gesetz fiir die GroBe der Bilder, 
die Gleichung 6 b) 
-^ = - -^ Oder 
^" ^' 7c) 
/?, F„ 
58 
Die Dioptrik des Aiiges. 
Beziehung zwischen der GroBe der Bilder und Konvergenz der 
Strahlen. 
Es sei in Fig. 35 /> j die Achse, sp ein Objekt und qr sein Bild. Wir 
wollen die Winkel a^ und a^ bestimmen, welche einer der von p ausgehenden 
Strahlen pc vor und nach der Brechung mit der Achse macht, und diese 
Winkel positiv rechnen, wenn 
der Strahl sich in Richtung der 
als positiv gerechneten Bilder 
von der Achse entfernt. Es ist 
also z_cpa= a^, jLcqa= —a^. 
Es sei ferner, wie bisher, 
«/' = A, qr = - §i, ap = f\, 
aq = f.y Da die Einfallswinkel 
der Strahlen an der brechenden Flache immer sehr klein bleiben sollen, muB 
ca ein sehr kleiner Bogen sein, den wir anniihemd als eine gegen die Achse 
senkrechte gerade Linie betrachten konnen. Wir kounen also setzen 
ac = f^tgu^. 
ac = —f^jguo^ 
t\tga^ = — f^Jgu^ 
Wir haben ferner nach 3d) und 6b) 
Fig. 35. 
also 
A). 
und 
5- = ^ nach 3 a) und 3 b) 
^1 «i 
Dies in die Gleichung A) gesetzt, gibt 
Zk 
/?2 
ft 
Pi - /i 
P. 
A 
3 
b). Daraus 
folgt: 
/2 _ _ «2 
/i «i 
ft' 
'l I'l 
3-^ t g a^ =^ n^ 1^2 1 g u^ 7 d). 
Diese Gleichung spricht ein wichtiges Gesetz aus, welches die GroBe der 
Bilder mit der Divergenz der Strahlen verknlipft. unabhangig von der Eut- 
femung und der Brennweite der brechenden Flache. 
Brechung in Systemen von Kugelflachen. 
Wir wollen jetzt die Gesetze der Brechung in zentrierten optischen 
Systenaen untersuchen. d. h. solchen. welche eine Reihe von brechenden Kugel- 
flachen enthalten, deren Mittelpunkte alle in einer geraden Linie, der optischen 
Achse des Systems, liegen. 
Vorn nennen wir in bezug auf das System die Seite. von der das Licht 
herkommt, hinten die, wo es hingeht. Die brechende Flache, welche das 
Licht zuerst trifft, ist die erste, das Medium, welches vor der ersten brechenden 
Flache gelegen ist. das erste. das zwischen der ersten und zweiten gelegene 
61.1 G-esetze der Brechung in Systemen kugeliger Flachen. 59 
das zweite, das hinter der letzten, das letzte. Wenn wir m brechende 
Flachen haben, so haben wir w + 1 brechende Medien. Es sei Wj das 
Brecbungsverhaltnis des ersteu, n^ des zweiten, w^^^^j des letzten brechenden 
Mittels. Wie bisher nehmen wir die Radien der brechenden Flachen positiv, 
wenn deren Konvexitat nach vorn, negativ, wenn sie nach hinten sieht. Auch 
bemerke ich hier gleich ein fur allemal, daB, wenn von einem Strahlenzentrum 
oder Bilde gesprochen wird, welches in einem gewissen brechenden Mittel liege, 
oder diesem angehore, darunter auch stets der Fall mitverstanden ist, wo das 
Bild potentiell ist, and erst durch Verliingerung der Strahlen iiber die Grenzen 
des Mittels hinaus entstehen wiirde. 
Zunachst wissen wir aus der bisherigen Untersuchung, daB homozentrische 
Strahlen, welche unter kleinen Einfallswinkeln auf kugelige brechende Flachen 
fallen, homozentrisch bleiben. Daraus folgt, daB homozentrische Strahlen, 
welche unter kleinen Winkeln gegen die Achse in das optische System eintreten, 
nach jeder Brechung homozentrisch bleiben, und ebenso aus der letzten 
brechenden Flache wieder heraustreten. Wenn das einfallende Licht einer 
Anzahl von Vereinigungspunkten angehort, welche alle in einer auf der 
optischen Achse senkrechten Ebene liegen, so wissen wir ferner, daB nach der 
ersten Brechung die Vereinigungspunkte wieder alle in einer auf der optischen 
Achse senkrechten Ebene liegen, und ihre Verteilung der friiheren geometrisch 
ahnlich ist. So wird es daher auch nach jeder folgenden Brechung sein, 
und auch das letzte Bild wird dem urspriinglichen geometrisch ahnlich sein, 
und wie dieses in einer auf die optische Achse senkrechten Ebene liegen. 
Indem man nun das Bild, welches von der ersten brechenden Flache ent- 
worfen ist, als den Gegenstand fiir die zweite betrachtet, das Bild der zweiten 
als den Gegenstand der dritten usw., kann man ohne besondere Schwierigkeit 
schheBlich GroBe und Lage des letzten Bildes berechnen. Allerdings werden 
aber die Formeln schon bei einer milBigen Zahl brechender Flachen bald sehr 
weitlaufig. 
Hier kommt es uns nur darauf an, einige allgemeine Gesetze zu beweisen, 
welche fiir jede beliebige Zahl brechender Flachen gliltig sind, was uns fiir das 
Auge desto wichtiger ist, da dieses in den verschiedenen Schichten der Kristall- 
linse unendlich viele brechende Flachen enthalt, die Rechnung auf dem an- 
gedeuteten Wege also doch nicht zu Ende zu fiihren sein wiirde. 
1. Zuerst will ich zeigen, daB das in Gleichung 7) fiir eine Flache aus- 
gesprochene Gesetz auch fiir beliebig viele gilt. 
Fig. 36. 
Es sei in Fig. 36 die mit 1 bezeichnete brechende Flache die erste. die 
mit (w — 1) bezeichnete die vorletzte, die mit m bezeichnete die letzte Flache 
des Systems. Wenn s der Vereinigungspunkt der eintretenden Strahlen ist, sei 
« der der austretenden, wenn p der der eintretenden ist, sei r der der aus- 
tretenden. Wir bezeichnen ps mit h^, ur mit h,^^^, so will ich beweisen, daB 
60 Die Dioptrik des Auges. [51. 52. 
1 m + 1 
WO fij der Abstand des ersten Hauptbrennpunktes von s, H^ der des zweiten 
von u ist. 
Um das Gesetz allgemein zu beweisen, werde ich zeigen, da6, wenn es fiir 
ein System von (w — 1) Flachen ricbtig ist, es aucb fiir m Flachen gilt. Da 
es nun fur eine Fliiche bewiesen ist, folgt dann, daB es auch fiir zwei, und 
wenn fiir zwei, auch fiir drei usw. in infinitmn richtig sei. 
Das System der \m — 1) ersten Flachen entwerfe von dem Punkte s das 
Bild /, und von dem Punkte p das Bild 5, und tq werde bezeichnet mit h . 
Die Entfemungen der Hauptbrennpunkte des Systems der [m — \) Flachen von 
den Punkten s und t seien beziehlich L^ und L^. die Entfernungen der Haupt- 
brennpunkte der letzten ?» ten Flache von den Punkten t und u seien beziehlich 
lij und Jfjj, wobei alle diese Entfemungen immer von den Punkten s, t und u 
aus in der Richtung positiv gerechnet werden, in welcher das brechende 
Medium, dem die betreffenden Strahlenbiindel angehoren, von den betreffenden 
brechenden Flachen oder Systemen liegt. Nun haben wir nach der Voraus- 
setzung 
1 m 
und fiir die Brechung in der letzten Flache 
K K^i 
Wenn wir die erste dieser Gleichungen mit L^, die zweite mit if, dividieren 
und beide addieren, erhalten wir 
f ^ 1 1 
oder 
Setzen wir h^ — 00, wobei /;,„^j = H^ werden mu6, so ergibt diese Gleichung 
und setzen wir A,„^.j = oc, wobei \ = H^ werden mu6, so ergibt sich 
ML, 
H, 
'1 -"1 
also schlieBlich 
' M, + h, ' 
K^K^r' '^' 
I m + ] 
wie zu beweisen war. 
Diese Gleichung liefert fiir jeden reellen Wert zwischen + 00 und — 30 
von \ einen und nur einen von h^_^^, und ebenso fiir jeden der letzteren 
GroBe einen und nur einen von h^. Der erste wie der letzte Vereinigungspunkt 
konnen also an jeder Stelle der Achse liegen, und sobald der eine gegeben ist, 
ist auch die Lage des anderen eindeutig bestimmt. 
63. 63. 
Gresetze der Brechung in Systemen kugeliger Flachen. 
61 
2. Jedes optische System hat zwei und nur zwei zusammengehorige Ver- 
einigungspunkte der Lichtstrahlen , in denen die GrotSe eines auf die Achse 
senkrechten ebenen Bildes der des zugehorigen Gegenstandes gleich wird. Wir 
nennen die Ebene eines solchen Gegenstandes die erste und die des zugehorigen 
Bildes die zweite Hauptebene des Systems, und die beiden Punkte, wo sie 
die optische Achse schneiden, beziehlich den ersten und zweiten Hauptpunkt 
Die zu den Hauptpunkten gehorigen Hauptbrennweiten sind den zugehorigen 
Brechungsverhaltnissen des ersten und letzten Mittels proportional. 
Es sei sp der abgebildete Gegenstand, p ein Puukt desselben in der Achse, 
s ein anderer seitlich davon. Wenn wir den Gegenstand langs der Achse ver- 
schieben, so da6 er immer sich selbst parallel bleibt, so wird sich der Punkt s 
in der mit der Achse parallelen Linie si bewegen. Der Lichtstrahl st wird 
-Stl 
w 
Fig. 37. 
also stets dem Punkte s angehoren, welches auch die Entfernung p q sein moge. 
Die der Achse parallelen Lichtstrahlen werden nun durch das brechende System 
so gebrochen, da6 sie schlieBlich durch den zweiten Hauptbrennpunkt P^ gehen. 
Es sei rw der Gang des Lichtstrahls st nach der letzten Brechung. Da st 
stets dem leuchtendea Punkte s angehort, muB rw stets dem Bilde dieses 
Punktes angehoren, d. h. das Bild von s mu6 in 'rw liegen. Es sei fg das 
Bild von sp, welches nach dem Vorausgeschickten senkrecht gegen die Achse u v 
sein muB. Wenn p sich langs der Achse verschiebt, wird sich auch f langs u v, 
und g langs rw verschieben, und es ist ersichtlich, daB die GroBe des Bildes fg 
sich hierbei proportional dem Abstande P^ f andern muB, wie dasselbe fiir eine 
einfache brechende Flache oben in den Gleichungen 6 a) und 6 b) ausgesprochen 
ist. Da ferner aus Gleichung 8) zu ersehen ist, daB die Entfernung P., f jeden 
beliebigen Wert zwischen |-j- oo und — oo annehmen kann, so wird auch die 
GroBe des Bildes, wenn wir die eine? umgekehrten Bildes negativ bezeichnen, 
jeden zwischen diesen Grenzen liegenden Wert annehmen konnen, und einen 
jeden nur einmal annehmen konnen. Es wird also auch seinem Gegenstande sp 
an einer und nur an einer Stelle gleich werden miissen; es sei c^b^ in diesem 
Falle der Gegenstand und c^ b^ das ihm gleiche Bild, so bezeichnen diese beiden 
Linien die Lage der sogenannten Hauptebenen des Systems. 
Bezeichnen wir nun 
b,P,=F„ hp = f^. 
so ist 
fg PJ 
oder 
U-F,' 
62 Die Dioptrik des Auges. [ss. 64. 
und da nach Gleichung 8) 
F F 
-i^ + -^ = 1 8a), 
/, h 
so erhalt man entsprechend der fiir eine brechende Flache geltenden Glei- 
chung 6 b) 
^_^^-A:z4 8b) 
Nennen wir die Entfernung der zusammengehorigen Bilder von den Brenn- 
punkten l^ und /.„ so da6 also 
l,=f,-F,, 
so erbalten wir aus der Gleichung 8 a) in derselben Weise die einfachste Form 
fur das Gesetz der Lage der Bilder eines zusammengesetzten Systems, wie wir 
fiir die einer einzelnen Flache aus Gleichung 3d) die 7b) erbalten haben, namUch 
8c), 
8d). 
1,1, = 
-P^F, 
ft _ 
F. 
ft 
ft" 
I, 
Um endlich das Verhaltiiis der GroBen F, und F, zu tinden, wenden wir 
das in der Gleichung 7d) ausgesprochene Gesetz auf den Strahl an, welcher 
vor der Brechung durch s und b,, nach der Brechung also durch h., und g geht. 
Nennen wir die GroBe eines in der ersten Hauptebene enthaltenen Bildes y, 
die Reihe der Bilder, welche bei den einzelnen Brechungen in dem Systeme ge- 
bildet werden, y^^, y^^^ usw. und y^^, das in der zweiten Hauptebene nach der 
letzten Brechung entworfene. Nach der Deiinition der Hauptebenen ist y_ = y^.^. 
Nennen wir ferner u, den Winkel zwischen dem Strahl sb, und der Achse im 
ersten Mittel, a^^, «,„ usw. in den folgenden Mitteln, «„, ^^ im letzten Mittel, 
so daB 
jL sb,p = — « , 
Nach der Gleichung 7d) ist 
■«, Y, tg« = w„ y„ tg«„, 
"„ r„ tg «„ = « „ /„, tg «,„ 
usw., woraus folgt 
» ;',tg«, = w,„^j/„.^itg«,„^j 9), 
Oder da y^ = y^^^, so ist 
w tgci! = w^ , , tg«„ , , 9 a). 
Ferner ist mit Berilcksichtigung der oben aufgesteUten Bezeichnungen 
«^ = ft =-Atg«,' 
lolguch 
^ft __ ^,„+ift 
/■i 4 
64. 56.] Gesetze der Brechung in Systemen kugeliger Flachen. 63 
Setzt man in diese Gleichung aus 8 a) den ^Ve^t von /!,, so erhalt man 
uud nach Sb) ist 
/; -F, F^- 
Beide Gleichungen durch einander dividiert geben 
n F. 
— '~ = ^ 9c, 
was zu beweisen war. 
3. In jedem optischen Systeme gibt es ein und nur ein Paar von Knoten- 
punkten, welche die Eigenschaft haben, da6 alle Lichtstrahlen, deren Ricbtung 
im ersten Mittel durch den ersten Knotenpunkt geht, nach der letzten Brechung 
eine ihrer friiheren parallele Richtung haben. und durch den zweiten Knoten- 
punkt gehen. Die durch die Knotenpunkte senkrecht gegen die optische Achse 
gelegten Ebenen heiBen die Knotenebenen. Da die im ersten Knotenpunkte 
sich schneidenden Lichtstrahlen sich also nach der letzten Brechung im zweiten 
schneiden, so ist der zweite ofFenbar das Bild des ersten. Die zu ihnen ge- 
horigen Brennweiten verhalten sich umgekehrt wie die Brechungsverhaltnisse 
des ersten und letzten Mediums. 
Wir gehen von der in der vorigen Nummer gefundenen Gleichung 9) aus: 
w r tg « = /J j^ , ;' , , tg « j^ , 9). 
M'enn wir diese auf die Knotenpunkte beziehen, soil a, = k,„^i werden. Dies 
wird der Fall sein, wenn 
Die Lineardimensionen zweier zusammengehoriger in den Knotenebenen 
liegender Bilder verhalten sich also umgekehrt wie die zugehorigen Brechungs- 
verhaltnisse des ersten und letzten Mittels. 
Da die Bilder desselben Gegenstandes y^ sich verhalten wie ihre Abstande 
vom zweiten Hauptbrennpunkte, so laBt sich dieser Abstand aus der GroBe des 
Bildes bestimmen. Fallt das Bild des Gegenstandes y^ in die zweite Haupt- 
ebene, so ist seine GroBe auch gleich y^, sein Abstand vom Brennpunkte F.,\ 
fallt es in die zweite Knotenebene, so ist seine GroBe, wie eben bewiesen, 
m + 1 
Sein Abstand vom Brennpunkte sei G.-^, so ist 
y F 
'' =-^, also 9c) 
('^. = ^F., = F, 10a). 
Der Abstand zwischen der zweiten Haupt- und Knotenebene ist danach 
a., = F.,-0, 
Fo - F, 
64 
Die Dioptrik des Auges. 
[56. 66. 
Die erste Knotenebene soil das Bild der zweiten sein. Nennen wir ihren Ab- 
stand von der ersten Hauptebene a^, so da6 
ttj = Gj — i^j, 
so ergibt die Gleichung 8 a) 
5=1, 
daher 
a^ = a, = F,- F^ 
F-, und 
1_ TO +1 
10b) 
10 c). 
Methoden, die Brenn-, Haupt- und Knotenpunkte eines aus zwei 
anderen zusammengesetzten zentrierten Systems brechender Kugel- 
fliichen zu finden. 
Es seien gegeben zwei zentrierte optische Systems A und B, welche die- 
selbe Achse haben. Es seien f^ und jo^,, Fig. 38, die beiden Brennpunkte, 
a und rt _ die beiden Hauptpunkte des Systems A, %^ und w,, die Brennpunkte, 
A Ji 
Fig. 38. 
u^ und u^^ die Hauptpunkte von B. Der Abstand des ersten Hauptpunktes a 
des zweiten vom zweiten a,, des ersten Systems sei rf, und dies werde positiv 
gerechnet, wenn, wie in Fig. 38, « binter a liegt. Die Hauptbrennweiten des 
ersten Systems a^p^ und a,^„ bezeichnen wir mit f^ und f^^, die des zweiten 
u^% und a„7r,, mit qp, und qp^^. 
Der erste Brenn punkt des kombinierten Systems ist offenbar das Bild, 
welcbes das System A vom ersten Brennpunkte %^ des Systems B entwirft. Ist t^ 
dieser Punkt, so ist klar, wie auch durch den in der Figur von i^ ausgehenden 
Strabl angedeutet ist, daB Strahlen, welche von t^ ausgehen, nach der Brechung 
im ersten Systeme A in %^ sich vereinigen und nach der Brechung im zweiten 
parallel der Achse werden miissen, so daB also t^ der Definition des vorderen 
Brennpunkts entspricht. Die Entfernung a , ;r, ist gleich d — ff-, daraus ergibt 
sich fiir a^t^ der Wert 
(rf^^iA lla). 
d-(p,- f„ 
Ebenso ist der zweite Brennpunkt des kombinierten Systems das Bild, 
welches das zweite System B von dem zweiten Brennpunkte p^, des ersten 
Systems entwirft. Es sei t^^ der Ort dieses Bildes, so ist 
« , ^^-f'^ff lib). 
" " d- (f,- f„ 
Die beiden Hauptpunkte des kombinierten Systems sollen jeder des 
anderen Bild sein, und zwar bezieht sich der erste auf den Gang der Licht- 
58. 57.1 Gresetze der Brechung in Systemeu kugeliger Flachen. 65 
strahlen im ersten Medium, der zweite auf den im letzten. Die beiden Haupt- 
punkte miissen daher ein beiden gemeinsames Bild in dem niittleren Medium 
haben, was zwischeu den beiden optischeu Systemen vorhanden ist. Es sei 
dieses Bild « in Fig. 38, r und r , dagegen die Hauptpunkte des kombinierten 
Systems. Wenn s das Bild von r , und r^ das Bild von s ist, ist auch r , das 
Bild von r , und der ersten Bedingung fiir die beiden Hauptpunkte gescliieht 
dadurch Geniige. Die zweite Bedingung fiir diese Punkte ist die, daB zusammen- 
gehorige Bilder in den Haujitebenen gleich groB und gleich gerichtet seien. Es 
sei nun rr die GroBe eiues Objekts in s, /5, seiu Bild entworfen vom System A 
in r , /:?, sein Bild entworfen vom System B in ?• ,, und x gleich der Lange a , s, 
y gleich .s«,, so ist nach 8bj 
Soil /^, = /j^^ sein, so muB 
p, 
= 
/„ 
a 
f„ 
— ./■ 
a 
= 
V 
f„ 
L- 
X 
= 
9, 
y 
X 
T, 
= 
y_ 
9. 
a, 
,s 
u^s 
oder 
lie) 
oder 
Uni also den Punkt im mittlereu Medium zu finden, dessen Bilder 
die beiden Hauptpunkte sind, telle man die Entfernung zwischen dem 
zweiten Hauptpunkte des ersten und ersten Hauptpunkte des zweiten 
Systems in zwei Telle, welche sich verhalten wie die zu diesen Haupt- 
punkten gehorigen Hauptbrennweiten der beiden Systeme. 
Da X -{■ y = d ist nach lie) 
X d — X 
Z ^ ~^7 
—J/ ^ y_ Daraus folgt 
f., 9, 
"" <f, + L 
d(f^ 
y = 
'p, + f., 
Aus dem Werte von x tindet man die Entfernung a^ r = /«, des ersten Haupt- 
punktes des kombinierten Systems vor dem ersten Hauptpunkte des Systems A, 
1, =_JZ'„^ . . . ■ lid). 
Ebenso die Entfernung u,^ r , = h^^ des zweiten Hauptpuaktes des kombinierten 
Systems hinter dem zweiten Hauptpunkte des Systems B, 
V. Hklmholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 5 
66 Die Dioptrik des Auges. [57. 58. 
h - '^"^ 
y - 9, 
at 
^„ = ,^^^ lie). 
^-9,- t 
Daraus ergeben sich die Werte F und P]^ der Hauptbrennweiten des kom- 
binierten Systems: 
F = a < — a^ r, 
<P,f. 
llf) 
9J„ 
'f,+ f.,-d 
Hat man die Haupt- imd Brennpunkte gefunden. so findet man die Knoten- 
punkte sehr leicht, da der Abstand des ersten Knotenpunktes vom ersten Brenn- 
punkte gleicb ist der zweiten Hauptbrennweite, der Abstand des zweiten Knoten- 
punktes vom zweiten Brennpunkte der ersten Hauptbrennweite. 
Will man nur die Knotenpunkte, nicht die Hauptpunkte suchen, so kann 
man ein ahnliches Verfahren einschlagen wie fur die Hauptpunkte. wobei man 
die Bedingung benutzt, daB die linearen Dimensionen zusammengehoriger Bilder 
in den Knotenebenen sich umgekehrt wie die Brechungsverbaltnisse der be- 
treffenden Media verhalten. 
Es seien in Fig. 38 jetzt a, und a, , u, und «„ nicht mehr die Hauptpunkte 
sondern die Knotenpunkte der beiden Systeme A und B, r und r , die Knoten- 
punkte des kombinierten Systems, ihr gemeinsames Bild im mittleren Medium 
der Punkt s, so daB nun 
Es ist 
a, P, = /'.. 
a, ;T, = f/,. 
«„P„= /'. 
«,.JI„ = (f, 
as = x 
u.s = y. 
a 
r, 
= 
u 
r 
y'f, 
]l-'f.. 
Ist nun a die lineare GroBe eines Objekts im Punkte s des mittleren 
Mediums, ^ die seines vom System A in r entworfenen Bildes, /?,, die seines 
vom System B in r , entworfenen Bildes, so ist nach den bekannten Eigen- 
schaften der Knotenpunkte 
/?, «,»-, t.. 
a 
X ^ — f, 
y y-9„ 
Da nun in den Knotenebenen, wenn w, das Brechungsverhaltnis des ersten, 
«^ des letzten, v des mittleren Mittels ist, sein muB 
59. 69. 
Gesetze der Brechung in Systemen kugeliger Fliichen. 
67 
n^ ^_ = « ^ /? ,, so folgt, daB 
Nun ist aber 
» - /■, y-9„ 
n^ /"„ = V I] 
w (p = V cfi^^ , also 
f, V,. 
x-f, y- (f„ 
X y 
unci 
f, 
oder 
a 71 
Diese selbe Gleichung batten wir abei- auch gefunden in lie), als wir an- 
genommen batten, daB die Punkte a, a, , a , a,^, i\ und r ^ Hauptpunkte seien. 
Zur Auffindung der Knotenpunkte des kombinierten Systems verfabrt man also 
ganz wie zur Auffindung seiner Hauptpunkte, nur daB man dabei von den 
Knotenpunkten der einzelnen Systeme, nicbt von den Hauptpunkten ausgeht. 
Wir wollen bier nocb die Formeln fiir den einfacbsten Fall binscbreiben, 
wo jedes der beiden verbundenen Systeme nur aus einer einzelnen Kugelllacbe 
bestebt. Es sei r, der Radius der ersten, r., der der zweiten Flacbe, d ihr Ab- 
stand voneiuander, n^ das Brecbungsverhiiltnis des ersten, «, des zweiten, n^ des 
dritten Mittels. Dann ist nach 3 a) und 3 b) 
/2 = 
n., — Wj 
«., — n. 
Va = 
"2 
'•a 
»3- 
-n.. 
«3 
'•2 
«o — M., 
Setzen wir der Kiirze wegen 
n., («3 — n.,)r^ + n., [n., — n^)r., 
so sind die Hauptbrennweiten: 
(«3 — n.,)[n., — n^)d = N, 
_ n ^ n, r, r, 
«., «3 ?-j n, 
2 = ~" "v ^" 
12). 
12 a). 
Die Pjutfernungen der Hauptpunkte h^ und /*„ von den Flacben 
«3 ( W, - W3) tj r.3 
Die Entfernung der Hauptpunkte voneinander H 
jy = ^ . K T J*jH!Vz3li!i^LVz_^ 12 b). 
5* 
68 Die Dioptrik des Auges. [bo. bo. 
Fiir (1 = wird h^ = h.-, = H=0 
jp ^^3 ^1 ^2 
■ (W3-W2)'"l+K-«l)'"2 
Setzen wir hierin r, = r^, so erhalten wir 
"3 
/■; = 
- W3 - ?ii 
Die Brennpunkte und Hauptpunkte sind dann also genau dieselben, als ware 
nur eine brechende Fliiche vorhanden; das Resultat ist unabhiingig von «... 
Daraus folgt: 
In einem Systeme von brecbenden Kugelflachen kijnnen wir uns 
an jeder brecbenden Flache eine unendlich diinne, durch konzen- 
triscbe Kugelflachen begrenzte Scbicht von beliebigem Brechungs- 
verbaltnisse eingescboben denken, obne die Brecbung der Strablen 
dadurcb zu iindern. 
Es wird uns dieser Satz spater zur Vereinfacbung mancber Betracbtungen 
dienen. 
Endlicb will icb nocb die Formeln fiir Linsen mit zwei kugeligen Be- 
grenzungsfliicben bersetzen, bei denen das erste und letzte Mittel einander 
gleicb sind, also w^ = %• 
K = F, = ».^2r^r 2 .... 131 
^ - (Wj — Mj) [n^ [r, — r^) + [n^ — n^)d'] 
Die Entfernungen der Hauptpunkte, welcbe in diesem Falle mit den Knoten- 
punkteu zusammenfallen, von den LinsenHiicben sind 
"l''''l 
^2 
('2- 
>•, ) + K - 
n^)d 
«2 (''2 
-r,) + («, 
— n^)d 
13a. 
Die Entferuung der Hauptpunkte voneinander 
g^^.J» 2-"l)(^ + '-2-'-l) 13bN. 
^2 (''2 ~ ''l) + K"~ "1)*^ 
Die beiden ersten sind positiv gerecbnet, wenn sie auBerbalb der Linse liegen. 
Den Punkt in der Linse, dessen Bilder die beiden Knotenpunkte sind, 
nennt man in diesem Falle das optiscbe Zentrum der Linse. Es liegt in 
der optiscben Acbse, und seine Entfernungen von den beiden Flacben verbalteu 
sicb zueinander wie die Eadien dieser Flacben. 
Da die Resultate der Brecbung in einem optiscben Systeme, was GroBe 
und Lage der Bilder betrifft, nur von der Lage der Brennpunkte und Haupt- 
punkte (oder Knotenpunkte) abbiingen, so kaun man obne Anderung der Lage 
und GroBe der Bilder zwei optiscbe Systeme fiireinander substituieren, deren 
en. M.l Gesetze der Brechung in Linsen. 69 
Brennpunkte imd Hauptpunkte dieaelbe Lage haben. Da das Verhaltnis des 
Brechungsvermogens des ersten und letzten Mittels nicht geandert werden kann, 
ohne das Verhaltnis der Hauptbrennweiten zueinander zu andern, wollen wir 
voraussetzen, daB das erste und letzte Mittel bei einer solchen Substitution un- 
geandert bleibe. Dann braucht nur die eine Hauptbrennweite und der Abstand 
der Hauptpunkte voneinander in dem einen System gleich den entsprechenden 
GroBen des andern gemacbt zu warden, um die beiden Systeme tureinander 
substituieren zu konnen. In einein Systeme von nur zwei brechenden Flachen 
wiirde man zur ErfiiUung dieser Bedingungen iiber 4 GroBen, r^ , r, , w, und d. 
bestimmen konnen. Es kann daber fiir jedes zentrierte System brechen- 
der Kugelflachen ein System von nur zwei solchen Flachen gesetzt 
werden, welches ebenso groBe und ebenso gelegene Bilder entwirft 
wie jenes, und im allgemeineu kann man dabei sogar noch immer zwei andere 
Bedingungen fiir das System von zwei Flachen aufstellen, z. B. daB es aus 
einem bestimmten Stoffe zu bilden sei usw., und diese gleichzeitig erfiillen. 
Fiir den Fall, wo das erste und letzte Mittel identisch sind, beide ein 
kleineres Brechungsvermogen haben als das mittlere Mittel, und der Abstand 
der brechenden Flachen kleiner ist als die Krllmmungsradien, also fiir die so- 
genannten Linsen, will ich bier noch die einzelnen Falle durchgehen, well wir 
aut" dergleichen Linsen oft zuriickkommen werden. 
Man unterscheidet nach der Gestalt 1. bikonvexe Linsen, bei denen 
beide Flachen konvex, also r, positiv. r^ negativ ist; die Brennweite ist immer 
positiv nach Gleichung 13). Die Abstiinde der 
Hauptpunkte von den Flachen sind negativ, 
d. h. diese Punkte liegen innerhalb der Linse, _A 
und der Abstand der Hauptpunkte voneinander \ **^ ^' 
ist positiv, d. h. der erste liegt vor dem zweiten. 
In Fig. 39 ist die Lage der Brennpunkte ■p^ p., p.^ 
und Hauptpunkte h^ und h^ einer bikonvexen 
Linse dargestellt. Die erste und zweite Flache der Linse sind mit 1 und 2 
bezeichnet. Ein Grenzfall der bikonvexen Linsen sind die plankonvexen, bei 
denen einer der Eadien unendlich groB ^drd, und ein Hauptpunkt in die ge- 
kriimmte Pliicbe der Linse fallt. 
2. Bikonkave Linsen mit zwei konkaven Flachen; r^ ist negativ, r^ 
positiv. Die Brennweiten sind negativ, die Abstiinde der Hauptpunkte von den 
Flachen beide negativ, d. h. die Hauptpunkte ,v 7, 
liegen innerhalb der Linse. Ihr Abstand \ / 
ist positiv, d. h. der erste liegt vor dem -> [iJ ^ 
zweiten. Fig. 40 stellt die Lage der Haupt- ^ 
punkte /jj und h^, sowie der Brennpunkte p^ 
und p^ einer bikonkaven Linse dar. Einen Pj„ 4q 
Grenzfall bilden die plnnkonkaven Linsen, 
bei denen einer der Radien unendlich wird und einer der Hauptpunkte in die 
gekriimmte Flache fallt. 
3. Konkavkonvexe Linsen, beide Radien entweder positiv oder negativ 
Wir wollen das erstere annehmen; der zweite Fall ergibt sich aus diesem so- 
gleich, wenn wir nachher die erste Seite der Linse zur zweiten machen. Die 
Brennweite wird positiv, wenn 
«2 (r^ + rf — j-j) > Wj d; 
70 Die Dioptrik des Auges. [ei. 62. 
sie wird unendlich, wenn beide Seiten der Gleichung gleich sind; sie wird 
negativ, wenn der Ausdruck links kleiner als der rechts ist. Der Ausdruck 
r^ + d — r^ ist der Abstand des Kriimmungsmittelpunkts der zweiten Flache 
von dem der ersten nach hinten gerechnet. Liegt der zweite Mittelpunkt hinter 
dem ersten, so wird die Linse von ihrer Mitte nach dem Rande zu diinner; 
liegt jener vor dem ersten, so wird sie dicker. Man kann also sagen: \\'ird 
eine konkavkonvexe Linse nach dem Rande zu dicker, so ist ihre Brennweite 
negativ, and soil ihre Brennweite positiv sein, so muB sie nach dem Rande hin 
diinner werden. Aber man darf beide Siltze nicht umkehren, wie es oft geschieht. 
Der erste Hauptpunkt liegt vor der konvexen Flache (d. h. an ihrer 
konvexen Seite), wenn die Brennweite positiv ist, entfernt sich sehr weit, bis 
in das Unendliche, wenn die Brennweite selbst sehr groB und uneudlich wird. 
Wird die Brennweite negativ, so liegt der erste Hauptpunkt hinter der konvexen 
P'lache der Linse, d. h. auf ihrer konkaven Seite, ebenfalls unendlich weit ent- 
fernt, wenn die Brennweite unendlich sein sollte. 
Der zweite Hauptpunkt liegt vor der konkaven Flache der Linse, d, h. auf 
ihrer konvexen Seite, wenn die Brennweite der Linse positiv, er liegt hinter 
dieser Klache, wenn die Brennweite negativ ist. und riickt ebenfalls in das Un- 
endliche hinaus, wenn die Brennweite unendlich groB wird. Bei einer positiven 
Brennweite liegt der zweite Hauptpunkt 
immer hinter dem ersten, d. h. der Linse 
'~t^ niiher. Bei einer negativen liegt er hinter 
dem ersten, d. h. der Linse ferner, wenn 
Fio-. 41. die Linse nach ihrem Rande zu dicker 
wird; er liegt dagegen vor dem ersten. 
wenn die Linse bei negativer Brennweite von der Mitte nach dem Rande 
diinner wird; er fiillt mit ihm zusammen, wenn die beiden Linsenfliichen 
konzentrischen Kugeln angehoren, und zwar liegen beide Hauptpunkte dann in 
dem gemeinschaftlicben Zen- 
/i, trum der Kugeln. Fig. 4 1 stellt 
~/tl r\' ''A. <■« ' ' 61116 konkavkonvexe Linse von 
positiver Brennweite dar, Fig.4i; 
Fig. 42. eine solche von negativer Brenn- 
weite. die nach dem Rande zu 
dicker wird. Fig. 43 eine solche 
von negativer Brennweite, 
welche nach dem Rande zu 
Fig. 43. diinner wird. Der Kriimmungs- 
mittelpunkt der ersten Flache 
ist mit c, , der der zweiten mit r^ bezeichnet. Ich bemerke noch, daB die 
Brennpunkte nie in die Linse und stets auf entgegengesetzte Seiten derselben 
fallen.* Was die Lage der Bilder betriflPt, so verwandelt sich die Gleichung 8 a) 
und 8 b), wenn die beiden Brennweiten gleich werden, in folgende: 
+ — = — Oder 14) 
A ^ 
A 
f, h F 
4 = :-'L Ha) 
* Diese Bemerkung bezieht sieli mir auf den letzterwahnten I.iusentypiis. G. 
Gesetze der Brechung in Linsen. 71 
und 
14b). 
/^2_ ^ _-^-/2 
/?! F-t\ F 
Bei Linsen mit positiver Brennweite (Sammellinseu, Kollektiv- 
linsen) liegen nach diesen Formeln die Bilder unendlich weit entt'ernter reeller 
Objekte, fiir welche also /", = oc, im zweiten Brennpunkte hiuter der Liuse und 
sind im Verhaltnis zum Objekte unendlich klein und umgekehrt. Wenn das 
Objekt sich dei- Linse nahert, entfernen sich die Bilder von ihr, bleiben reell 
umgekehrt und nehmen an GroBe zu, bis f^ = F geworden, das Objekt also in 
den vorderen Brennpunkt geriickt ist, wo die Entfernung und GroBe des Bildes 
unendlich werden. Man ersieht dies leicht aus Gleichung 14), die man so 
schreiben kann: 
1 _ 1 1 
Wenn /j abnimmt von oc bis F, nimmt ~ zu von bis — , und - nimmt ab 
/i F J., 
von — bis 0, d. h. /!, nimmt zu von F bis oo. Die GroBe des Bildes 
ist immer negativ, solange f\ > F. Wenn /j von oo abnimmt bis F, nimmt 
der Nenner des Bruchs ab von oc bis 0, und ji., geht iiber von bis — oc. 
Ebenso findet man nun weiter, daB, wenn das Objekt vom ersten Brenn- 
punkte zum ersten Hauptpunkte fortriickt, /!, von — oo bis geht, d. h. das 
Bild, welches nun meist virtuell ist und auf derselben Seite der Linse mit dem 
( tbjekte liegt, aus unendlicber Entfernung bis zum zweiten Hauptpunkte heran- 
riickt und dabei eine positive GroBe hat, d. h. aui'recht steht und von + oo 
bis zu einer dem Objekte gleichen (iroBe abnimmt. 
EndUch kann t\ auch negativ werden, wobei meist das Objekt virtuell wird; 
dann ist /^ stets positiv und kleiner als /j, das Bild aufrecht und kleiner als 
das Objekt. Wahrend /j von bis — oc, geht /, von bis F, /?., von /5, bis 0. 
Man kann also sagen: Sammellinsen machen parallel eintretende Strahleii 
konvergent und vereinigen sie in der Brennebene; sie machen konvergente 
Strahlen noch konvergenter und divergente Strablea weniger divergent oder 
auch konvergent, ersteres, wenn sie von einem Punkte jenseits des Brennpunktes 
divergieren, letzteres, wenn von einem solchen diesseits des Brennpunktes. 
Linsen von negativer Brennweite nennen wir dispansive oder Zer- 
streuungslinsen, weil parallel eintretende Strahlen durch sie divergent gemacht, 
zerstreut werden, divergente noch mehr divergent, konvergente weniger konvergent 
oder divergent werden. 
Setzen wir den absoluten Wert der negativen Brennweite der Linse gleich P, 
so daB /' = — F, so wird 
I _ _ 1 1 
f2~~F~h 
72 Die Dioptrik des Auges. [os. 94. 
Daraus folgt. da6 flir jeden positiven Wert von f^ jetzt f., negativ ist, und daB. 
wahrend /", von 00 bis abnimmt, f^ von — P bis sich veriindert, (3^ von 
bis §y Dispansive Linsen entwerfen also von reellen Objekten, die vor dem 
ersten Hauptpunkte liegen, virtu elle Bilder, welche vor dem zweiten Hauptpunkte 
liegen. kleiner, naber und aufrecbt sind. 
Fiir negative Werte von /j, welche absolut kleiner als P sind, wird /,', 
positiv, und wabrend f^ von bis — P geht, steigt f^ von bis + 00, /?„ von 
/Jj bis 00. Konvergent einfallende Strablen werden also weniger konvergent. 
wenn sie nach einem vor dem hinteren Brennpunkte gelegenen Punkte kon- 
vergieren. 
Fiir negative Werte von f^ , welcbe absolut groBer sind als P, werden f., 
und /Jj negativ, es entstehen also umgekehrte virtu elle Bilder vor dem Glase. 
Wahrend f^ sich andert von — P bis — 00, iindert sich /j von — 00 bis — P. 
und p^ von — 00 bis 0. Konvergente Strahlen werden von dispansiven Linsen 
also divergent gemacht. wenn sie nach einem jenseits des hinteren Brennpunktes 
gelegenen Punkte konvergieren. 
Die Entfernung e zweier zusammengehoriger Bilder voneinander ist f^ -\-a-\-f,-,. 
wenn a der Abstand der Hauptpunkte voneinander ist, und diese Entfernung 
positiv gerechnet wird, falls das zweite Bild hinter dem ersten liegt. Setzen 
wir statt f„ seinen Wert, so erhalten wir als Ausdruck fiir die Entfernung: 
Dift'erentiiereu wir diese Gleichung nach /"j, so erhalten wir 
de f^^-2f, F 
Hiernach wird c/e = U, d. h. e ein Maximum oder Minimum, wenn entweder 
f\ = oder f^ = 2 F, und zwar wird es sowohl fiir positive wie negative Brenn- 
weiten ein Minimum fiir f^ = 2F, und ein Maximum fiir /j = 0, wie man leicht 
aus dem Ausdruck fiir e erkennt. 
Werke, in vrelchen die Brechung der Lichtstrahlen in zentrierten Systemen kugeliger 
Flachen behandelt wird, sind folgende: 
1738. Cotes in Smith, A complete si/stem of optics. Cambridge. Vol. II. p. 76. 
1757 u. 61. EuLER in Ilistoire de I' Acad. roy. de Berlm pour 1757. p. 283. — Ibid, pour 
1761. p. 201. 
1765. Ehler, Precis d'uneiheorie generate de la dwptrique in Hist, de I'acad. roy. des 
sc. de Paris, 1765. p. 555. 
1778 n. 1803. Lagrange in I\"'ouv. Mem. de I'acad. roy. de Berlin pour 1778. p. 162. — Ibid. 
1803. p 1. 
1822. PioLA in Effemeridi nstron. di Milano per 1822. 
1830. MiJBins in Crelles Journal fur Mathematik. Bd. V. S. 113. 
1841. *Bessei, in Astronom. Nachrichten. Bd. XVIII. S. 97. 
*Gacss, Dioptrische Untersuchungen. Gottingen. — Abdruck aus Abhandl. d. 
Kon. Ges. d. Wiss. zu Gottingen. T. 1. von den Jahren 1838—43. 
1844. Encke, De formulis dioptricis. Ein Programm. Berlin. 
MosER, Uber das Auge, in Doves itepert. d. Physik. Bd. V. S. 289. 
1851. Listing, Art. Dioptrik des Auges, in R. Waonees Handworterbuch d. Physio- 
logie. Bd. IV. S. 451. 
Brechuug der Strahleu im Auge. 73 
§ 10. Brechung der Strahlen im Auge.* 
Das Auge verhalt sich gegen das einfallende Licht im wesentlichen wie 
eine Camera obscura. Das von eiuem leuchtenden Punkte ausgegangene Licht 
muB, wenn dieser Punkt deutlich gesehen werden soil, durch die brechenden 
Mittel des Auges so gebrochen werden, da6 alias auch wieder auf einem Punkte 
der Xetzhaut vereinigt wird. Auf der Flache dieser Haut wird daher ein reelles 
optisches Bild der auBeren gesehenen Gegenstiinde entworfen. Dasselbe ist um- 
gekehrt und verkleinert. Man kann as an frisch ausgeschnittenen Augen sicbtbar 
macben, wenn man vorsicbtig den binteren mittleren Tail der Sclerotica und 
Chorioidea entternt, die Netzbaut aber steben laBt, und nun die Hornbaut eines 
so praparierten Auges gegen belle Gegenstande kebrt. Das Bild erscbeint 
alsdann klein. bell, scbarf und, wie angegaben, umgekebrt auf der steben- 
gebliebenen Netzbaut. Nocb besser ist das Bildchen nacb der Methode von 
Geeling ^ zu seban , wenn man die Elemente der Netzbaut mit einem Pinsal 
entfernt, und dann ein Tafelcben von Glas oder (Tlimmer in die Off'nung ein- 
scbiabt. Obne viele Miibe kann man die Natzbautbildcben aucb in den Augau 
weiBer Kanincban seben, danen das Pigment der Aderbaut feblt. Bei dieseu 
braucbt man nicbt einmal die barte Haut zu entfernen, sonderu sieht das Bild 
durcb sie bindurcbscbeineu, allerdings nicbt so scbarf wie bai fraigelegter Netz- 
baut, aber docb deutlicb genug, um saina Stellung, GroBe usw. zu erkennan. 
Aucb ist es bai lebenden Menscben, namentlicb bei blonden Personen mit bell- 
blauen Augen, welcbe wenig Pigment in der Aderbaut zu baben pflegen, zu- 
weilen moglicb. das Bild durch die harte Haut hindurch zu sehen. Man laBt 
einan solchan in einem verdunkelten Zimmer das Auge so draben. daB die 
Hornbaut im auBaran Augenwinkel stebt, und in dem groBereu mittleren und 
inneren Telle der Augenlidspalte daher die innere Seite der weiBen Sehnenhaut 
erscbeint. Halt man dann noch weiter seitlicb, als die seitlich gekebrte Seb- 
acbse stebt, aine Kerzenflamme, so erscbeint deren Bild auf der inneren Seita 
der Netzbaut, und schimmert oft so deutlicb durch die weiBe Sehuenbaut hin- 
durch, daB man die umgekebrte Stellung des Bildes, die Spitze der Flamme 
und den Ort des Dochtes erkennen kann^. 
Die genaueste Untersuchung der Netzhautbildcben im lebenden Auge des 
Menscben ist mittels des in § 16 zu beschreibendan Augenspiegals moglicb. 
Mit diesam Instrumente kann man von vorn in das Auge bineinblickan, und 
die Netzhaut selbst mit ibren GefaBen, sowie die auf ibr entworfenen optiscben 
Bilder deutlicb sehen. Man iiberzeugt sich leicbt davon, daB von hinreicbend 
bellen Objekten, walcha das beobachtete Auge deutlich sieht, sehr scharfe und 
genau begrenzte optiscbe Bilder auf der Flache der Netzhaut antworfen werden. 
Bai dar Bescbreibung der Netzhaut babe ich scbon erwilbut, daB im 
Hintergrunde des Auges sich eina eigentiimlich gebaute Stalle der Netzbaut 
finde, der gelbe Flack. In seiner Mitte, der sogenannten Netzbautgrube. ver- 
schwindeu die GefilBe ganz, welcbe sich in den librigen Teilen der Netzhaut 
verasteln, bier linden sich nur nervose Elemente vor, und zwar von den 
* Vgl. Kap. •! del- nach dem ersteu Abschnitt folgenden Zusiitze! G. 
' P0GQENDORF1-, Anu. XLVI. 243. 
- VoLKMANN, Artikel: Sehen in Wagners Handworterbuch d. Physiologie. S. -'80 — 2S9. 
74 Die Dioptrik des Auges. [bs. 66. 
Schichten der Netzhaut, wie es scbeint, nur Nervenzellen uud Zaplen. Diese 
Stelle ist in physiologischer Hinsicht von der groBten Wichtigkeit als die Stelle 
des dii'ekten Sehens. Derjenige Punkt des Gesichtsfeldes, welchen wir direkt 
betrachten, odei' mit dem Blicke tixieren, wird jedesmal an dem Orte der Netz- 
hautgrube abgebildet. Mittels des Augenspiegels kann dieser Satz, von dessen 
Ricbtigkeit man sicli schon langst wegen der besonderen Struktur des gelben 
Flecks iiberzeugt hielt. auch durch direkte Beobachtungen erwiesen werden. 
Den Ort des gelben Flecks erkennt man mit dem Augenspiegel, wenn die ganze 
Netzhaut erleuchtet ist, an dem Mangel der GefiiBe. In der Mitte der gefaBlosen 
Stelle, entsprechend dem Ox'te der Netzhautgrube, findet sich eine eigentumlich 
belle Stelle. welcbe Coccius' zuerst beschrieben hat, und deren Helligkeit er 
einem Eedexe der Netzhautgrube zuschreibt. Dondees- hat ferner gezeigt, daU 
dieser belle Reflex stets an derjenigen Stelle des optischen Bildes erscheint, 
welche das beobachtete Auge im Gesichtsfelde tisiert, und ich habe mich von 
der Ricbtigkeit dieser Angabe iiberzeugt. Man kann nach der Stellung des so- 
genannten Reflexes der Netzhautgrube dem beobachteten Individuum genau be- 
zeichnen, welchen Punkt es fixiert, und wenn man ihm Anweisung gibt, bald 
diesen, bald jenen Punkt des Gegenstandes zu fixieren, sieht man den Reflex 
immer auf den entsprechenden Punkt des Bildes sich einstellen. Die Ausfiihrung 
dieser Versuche wird in § 16 beschrieben werden. 
Nur in der Gegeud der Augenachse pflegt das optische Bild auf der Netz- 
haut seine voile Scharfe zu haben, von ihr entfernter ist es weniger gut begrenzt. 
Wir sehen deshalb im Gesichtsfelde in der Regel nur den einen Punkt deutlich. 
welchen wir flxieren, alle tibrigen undeutlich. Diese Undeutlichkeit im indirekteu 
Sehen scbeint ubrigens auch durch eine geringere Empfindlichkeit der Netzhaut 
bedingt zu sein; sie ist schon in geringer Entfernung von dem fixierten Punkte 
viel bedeutender als die objektive Undeutlichkeit der Netzhautbilder. Das Auge 
stellt ein optisches Werkzeug von sehr groBem Gesichtsfelde dar, aber nur an 
einer kleinen, sehr engbegrenzten Stelle dieses Gesichtsfeldes sind die Bilder 
deutlich. Das ganze Feld entspricht einer Zeichnung, in der nur der wichtigste 
Teil des Ganzen sorgfaltig ausgefiihrt, die Umgebungen aber nur skizziert, und 
zwar desto roher skizziert sind, je weiter sie von dem Hauptgegenstande ab- 
stehen. Durch die BewegUchkeit des Auges wird es aber moglich. nacheinander 
jeden einzelnen Punkt des Gesichtsfeldes genau zu betrachten. Da wir zu einer 
Zeit doch nur einem Gegenstande unsere Aufmerksamkeit zuwenden konnen, ist 
der eine deutlich gesehene Punkt ausreichend, sie vollstandig zu beschiiftigen. 
so oft wir sie auf Einzelheiten lenken wollen, und wicderum ist das groBe Ge- 
sichtsfeld trotz seiner Undeutlichkeit geeignet, die Hauptziige der ganzen Um- 
gebung mit einem schnellen Blicke aufzufassen, und neu auftauchende Er- 
scheinungen an den Seiten des Gesichtsfeldes sogleich zu bemerken. 
Das Gesichtsfeld eines einzelnen Auges wird bestimmt durch die Weite der 
Pupille und ihre Lage zum Eande der Hornhaut. Ich finde, daB ich in einem 
dunlden Zimmer. wenn ich mein Auge in einem Spiegel besehe. und seitlich ein 
Licht aufstelle. die Anwesenheit des Lichts solauge noch wahrnehuie. als 
Strahlen von dem Lichte auf den gegeniiberliegenden Rand der Pupille und in 
' Uber die Anwendung des Augenspiegels. Leipzig 1853. S. (54. 
- onderzoekingen gedaau in hot Physiolog. Laborat. d. Utrechtsche Hoogesehool, 
Jaar VI. S. 133. 
na.m.l Kardiiialpuuktu des Auges. 75 
(liese selbst fallen. AUes Licht also, was (lurch die Hornhaut in die i'upille 
fallt, wird noch empfindliche Teile der Netzhaut treffen. Die Pupille liegt /.war 
etwas weiter zuriick als der auBere Hornhautrand , aber wegeu der Brechung 
in der Hornhaut konnen selbst noch Strahlen in sie einfallen, welche senkrecht 
gegen die Augenachse verlaufend auf den Rand der Hornhaut fallen, so daB 
das Gesichtsfeld eines einzelnen Auges etwa einer halben Kugel entspricht, 
eine GroBe. welche keinem kiinstlichen optischen Instrumente zukommt. Indivi- 
duelle Verschiedenheiten miissen darin vorkommen, abhilngig von der Weite und 
Lage der Pupille. Da beim Sehen fiir die Niihe die Pupille sich der Hornhaut 
nahert, wird das Gesichtsfeld dabei etwas groBer, wie ich an meinen Augen 
wenigstens leicht erkennen kann, wenn ich am auBersten Rande des Gesichts- 
feldes ein recht helles Licht anbringe. 
Ein Teil des Gesichtsfeldes jedes einzelnen Auges nach innen, oben und 
unten wird durch Teile des Antlitzes. Nase, Augenbrauenrand, Wangen, ein- 
genommen, nur nach auBen hin ist es ganz frei. Beide Augen zusammen iiber- 
schauen alier, wenn ihre Achsen parallel in die Feme gerichtet sind. einen 
horizontalen Bogen von 180 oder mehr Graden. VergroBert wird das iiber- 
schauhare Keld uoch durch die Bewegungen der Augen, auf welche wir spater 
zuriickkonimeu. 
Die Lichtstrahlen , welche von einem entfernteren leuchtenden Punkte auf 
das Auge fallen, werden zuerst von der Hornhaut gebrochen, und zwar so, daB 
sie ungestort weitergehend sich etwa 10 mm hinter der Netzhaut in einem 
Punkte vereinigen wiirden. Indem sie somit konvergierend durch die vordere 
Augenkammer gehen, treffen sie auf die Kristallinse, werden von dieser noch 
konvei-genter gemacht, und konnen infolgedessen nun schon auf der Netzhaut 
zur Vereinigung gelangen. 
Die stiirksten Brechungen der Lichtstrahlen geschehen an der Hornhaut, 
demuachst an der vorderen und hinteren Fliiche der Kristallinse. Aber auch 
im Innern der Kristallinse finden an den Grenzen ihrer einzelnen SchichtHachen 
Brechungen statt. da diese Schichten von verschiedener Oichtigkeit sind. Wir 
konnen diese verschiedenen brechenden Flachen anniihernd gleichsetzen einem 
.System von RotationsHiichen, deren Achsen alle in eine gerade Linie zusammen- 
fallen. Wenn auch kleine Ahweichungen in der Lage der Achsen der einzelnen 
Flachen bei den meisten menschlichen Augen vorzukommen scheinen, so sind 
iliese doch so gering, daB wir sie in bezug auf die Lage und GroBe der 
optischen Bilder vernachliissigen und das Auge als ein zentriertes optisches 
System betrachten konnen. 
Die Achse dieses Systems, deren vorderes Ende etwa mit dem Mittelpunkte 
der Hornhaut zusammenfallt, wiihrend das hintere zwischen dem gelben Flecke 
und der Eintrittsstelle des Sehnerven hindurchgeht, nennen wir die Augenachse. 
Die Lage der Brennpunkte, Hauptpunkte und Knotenpunkte des 
Auges unterliegt wohl ziemlich bedeutenden individuellen Verschiedenheiten, da 
iiberhaupt die meisten Abmessungen des Auges und seiner einzelnen brechenden 
Flachen bei verschiedenen Menschen so voneinander abweichen, wie man es 
bei einem Organe, desseu Wirkungen eine so groBe Genauigkeit der Konstruktion 
zu verlangen scheinen, kaum erwarten sollte. AuBerdem werden wir waiter 
unten sehen, daB auch in jedem einzelnen Auge diese Punkte ihre Tjage iindern, 
wenn das Auge nacheinander Gegenstixnde in verschiedener Entfernung be- 
trachtet. Man kann iiber die Lage der genannten Punkte im normalen. fern- 
76 Die Dioptrik des Auges. [67.68. 
sehenden Auge nur etwa so viel sicher aussagen: Der erste Hauptpunkt ist 
dem zweiten Hauptpuiikte sehr nahe. ebenso der erste dem zweiten 
Knoteupunkte. Die beiden Hauptpunkte des Auges liegen etwa in der 
Mitte der Yorderen Angenkammer, die beiden Knotenpunkte sehr nahe der 
hinteren Flilche der Linse, der zweite Brennpunkt auf der Netzhaut. 
Da es bei sehr vielen Gelegenheiten notwendig ist, wenigstens angenaherte 
Werte fiir die einzelnen optischen Konstanten des Auges zu kennen, so will 
ich hier die Werte anftlhren. welche Listing fiir ein schematisches mittleres 
Auge gewonnen hat, indem er, den bis dahin angefiihrteu Messungen sich mog- 
lichst anschlieBend, einfache abgerundete Zahlen fiir die hier in Betracht 
kommenden GroBen wahlte. 
Listing nimmt an 
1. das Brechungsvermogen der Luft gleich 1 
103 
2. das Brechungsvermogen der wassrigen Feuchtigkeit .... -^^^ 
1 ft 
3. Brechungsvermogen der Kristallinse — 
103 
4. Brechungsvermogen des Glaskorpers -— — 
5. Kriimmungshalbmesser der Hornhaut 8 mm 
0. Kriimmungshalbmesser der vorderen Linsenfliiche 10 .. 
7. Kriimmungshalbmesser der hinteren Linsenflache 6 ,. 
8. Entfernung der vorderen Hornhaut- und vorderen Linsenflache 4 ,. 
9. Dicke der Linse 4 „ 
Er berechnet aus diesen Annahmen: 
1. Der erste Brennpunkt liegt 12,8326 mm vor der Hornhaut. der zweite 
Brennpunkt 14,6470 mm hinter der Hinterflache der Linse. 
2. Der erste Hauptpunkt liegt 2.1746mm, der zweite 2,5724 mm hinter 
der Vorderflache der Hornhaut, ihr gegenseitiger Abstand betriigt 0.3978 mm. 
3. Der erste Knotenpunkt liegt 0,7580 mm, der zweite 0,3602 mm vor der 
Hinterflache der Linse. 
4. Die erste Hauptbrennweite des Auges betriigt hiernach 15,0072mm. 
die zweite 20.0746 mm. 
Die Lage der Hauptpunkte A und h^^. Knotenpunkte k, und A:„, Brennpunkte 
F^ und F^^ nach Listing ist in Fig. 44 angegeben. Unter den von Listing der 
Berechnung zugrunde gelegten VVerten konnten allein die des Brechungs- 
vermogens und der Kriimmungsradien der Linse zweifelhaft erscheinen. Doch 
stimmt die daraus berechnete Brennweite der Linse so gut mit direkten 
Messungen, die ich selbst ausgefiihrt babe, datJ die optische Wirkung der Linse 
in Listings schematischem Auge jedenfalls nicht wesentlich von der des natur- 
lichen Auges abweicht. Die Werte, welche fiir die Brechung in der Hornhaut 
wichtig sind, sind durch Messungen hinreichend begriindet. Wir brauchen also 
nicht zu zweifeln. daB Listings Schema mit dem natiirhchen Yerhaltnisse wirk- 
lich so gut iibereinstimmt, als es bei der groBen Breite der individuellen Unter- 
schiede moglich ist. 
Vermittelst der angegebenen Kardinalpunkte des Auges liiBt sich der Weg 
eines gegebeiien eint'allenden Strahls nacli der letzten Brechung vermoge der 
69.] 
Schematisches uiid reduziertes Auge. 
77 
in § 9 vorgeschriebenen Konstruktion finden; ebenso der Ort des Bildes eines 
beliebigen, in der Nahe dei' Augenacbse liegenden leucbtenden Punktes. Da 
iibrigens sowohl die beideu Hauptpunkte des Auges, als aiich die beiden Knoten- 
punkte einander sebr nahe liegen. so kann man ohne erheblicbe Beeintrachti- 
gung der Genauigkeit des Eesultats die beiden Hauptpunkte in einen Punkt 
zusammenziehen und ebenso die beiden Knotenpunkte. Man erhalt dadurch ein 
noch mehr vereinfacbtes Schema des Auges, welches Listing das reduzierte 
Auge nennt. Er legt den einfachen Hauptpunkt eines solchen Auges 2,3448 mm 
hinter die Vorderfliiche der Hornbaut, den Knotenpunkt x Fig. 44 0,4764 mm 
vor die hintere Flache der Linse, die Brennpunkte bleiben unverandert. Die 
Wirkung des reduzierten Auges wiirde durch eine brechende Kugeltiiiche bervor- 
gebracht werden konnen, deren Mittelpunkt der Knotenpunkt ware, und deren 
Scheitel im Hauptpunkt lage, wabrend sicb vor ihr Luft, hinter ihr wassrige 
Pig. 44. 
Feuchtigkeit oder Glaskorper befande. Der Kriimmungshalbmesser einer solchen 
Flache wiirde 5,1248 mm betragen. Bei vielen theoretischen Betrachtungen. wo 
es nur auf die tTroBe und Lage der Bilder ankommt, kann man sich durch An- 
wendung dieses reduzierten Schemas des Auges die Untersucbung sebr erleicbtern. 
In Fig. 44 ist die brechende KugeWache des reduzierten Auges durch den ge- 
strichelten Bogen //, ihr Mittelpunkt bei x angegeben. 
In dem sebr bilutig vorkommenden Falle. wo man weiB, daB genaue optische 
Bilder auf der Netzhaut entworl'en werden, und es nur darauf ankommt, den 
Ort des Bildes fiir einen bestimmten Punkt des Gegenstandes zu tinden, genligt 
die Kenntnis der Knotenpunkte. Erlaubt man sicb dabei die Vereint'achung, 
nur einen Knotenpunkt aiizunehmen, so iindet man den Ort des Bildes, wenn 
man von dem leucbtenden Punkte eine gerade Linie nacb dem Knotenpunkte 
zieht. und diese bis zur Netzhaut verlilngert; wo sie die Netzhaut trifl't. ist der 
Ort des Bildes. Eine solcbe gerade Linie nennt man Richtungslinie des 
Sebens. Der einfach gedachte Knotenpunkt ist also der Kreuzungspunkt 
der Richtungslinien. Das vor der Hornhaut und das hinter der Linse liegende 
Die Dioptrik des Auges. [e9. 7o. 
Stiick einer solcheu Linie wiirde zugleich dem Wege eines gewissen Strahls 
angehoren, den man Richtungsstrahl nennen kann. Nur zwischen der vorderen 
Hornhaut- und hinteren Linsentiilche fiillt der Richtungsstrahl nicht notwendig 
mit der RichtungsHnie zusammen. 
Will man die genauere Konstruktion machen, wobei man beide Knoten- 
punkte als getrennt betrachtet, so hat man zwei Richtungslinien zu unter- 
scheiden. Die erste geht vom leuchtenden Punkte zum ersten Knotenpunkte, 
und die zweite ist parallel mit der ersten durch den zweiten Knotenpunkt zu 
legem Wo letztere die Netzhaut schneidet, ist der Ort des Bildes. Das auBer- 
halb des Auges liegende Stiick der ersten RichtungsHnie und das im Glas- 
korper liegende Stiick der zweiten gehoren wieder dem Wege eines Lichtstrahls 
an, des Richtungsstrahls. 
Ich nenne den Richtungsstrahl, welcher die Stelle des direkten Sehens 
triii't, die Gesichtslinie. Der vordere gerade Teil der GesichtsUnie geht also 
von dem tixierten Punkte des Gesichtsfeldes in der Richtung des ersten Knoten- 
punktes. der hintere gerade Teil von dem zweiten Knotenpunkte her nach der 
Netzhautgrube. Da man t'riiher den gelben Fleck meist in dem hinteren Ende 
der optischen Achse des Auges gelegen glaubte, hielt man die Gesichtslinie 
auch tur identisch mit der Augenachse, und nannte diese Linie auch wohl 
Sehachse, oder Gesichtsachse. Nach meinen Untersuchungen sind aber 
beide merklich voneinander unterschieden. Vor dem Auge liegt die Gesichts- 
linie nach innen und meist etwas nach oben von der Augenachse. die Netzhaut- 
grube also nach auBeu und meist etwas nach unten von der Achse. Ich habe 
in Fig. 44 die Lage der Gesichtslinie G^ G ^ im horizontalen Durchschnitte des 
Auges angegeben, sowie ich sie in einem gut gebildeten Auge im Verhaltnis 
zur Augenachse F^ F^ liegen fand. Die obere Seite der Figur ist die Schlafen- 
seite, die untere die Nasenseite. 
Um die Brechung der Lichtstrahlen in den einzelnen Mitteln des Auges 
zu berechnen, teilen wir uns das optische System des Auges in zwei Telle, deren 
ersten die Hornhaut. deren zweiten die Kristallinse ausmacht. so da6 das erste 
Mittel des ersten Systems Luft, das Mittel zwischen beiden Systemen, oder das 
letzte des ersten, das erste des zweiten Systems wassrige Feuchtigkeit, das letzte 
Mittel des zweiten Systems Glaskorper ist. 
Wir beginnen mit der Hornhaut. Die Untersuchung der Brechung in 
dieser wird wesentlich vereinfacht durch den Umstaud, daB die Hornhaut sehr 
diinn ist, fast gleichgekriimmte Flachen hat, und ihr Brechungsvermogen nur 
wenig das der wiissrigen Feuchtigkeit iibertrift't. Ich habe g 9 bei den Glei- 
chungen 12), 12 a), 12 b) nachgewiesen , daB man an jeder brechenden Flache 
eine uneiidlich diinne Schicht von beliebigem Brechungsvermogen und gleich- 
geki'iimmten Flachen einschieben konne. ohne die Brechung zu verandern. Man 
denke sich somit vor der Hornhaut eine unendlich diinne Schicht wassriger 
Feuchtigkeit ausgebreitet, wie sich denn sogar in W^ahrheit dort eine ahnliche 
Schicht befindet, nilmlich die Schicht der die Hornhaut netzenden Trixneu. 
Dann konnen wir nachher die Hornhaut selbst als eine uhrglasformige Linse 
betrachten, welche auf beiden Seiten von dem gleichen Medium, wassriger Feuchtig- 
keit, umgeben ist. Eine solche Linse hat eine sehr groBe oder unendliche 
Brennweite, d. h. sie veriindert den Gang der Lichtstrahlen nicht merklich. 
Daraus folgt. daB die Brechung der Lichtstrahlen in der Hornhaut fast diesclbe 
sein wird, als wenn die wassrige Flussigkeit bis an die vordere Flache der Horn- 
;q 7, 1 Brechung in der Hornhaut. 79 
baut reichte. Diese Annahme ist daher bis jetzt aucb fast immer bei der Be- 
rechnuug des Ganges dei- Lichtstrahlen in der Hornhaut gemacht worden. und 
sie ist urn so notwendiger zu machen, da wir bisher zwar gute Messungen der 
LiuBeren Hornbautkriimmung, aber keine geniigend zuverlassigen fiir die innere 
besitzen. 
Sollte die bezeichnete Annahme streng gerechtfertigt sein, so muBte nacb 
§ !) Gleichimg 13) sein 
wo Wj das Brechungsvermogen der wassrigen Feuchtigkeit, n.^ das der Hornhaut. 
(/ die Dicke, r^ den Kriimmungshalbmesser der vorderen, r^ der hinteren Fliiche 
der Hornhaut bezeichnet. Diese Gleichung kann nuu in der Tat auf die Horn- 
haut nicht wohl passen. Wenn wir sie schreiben: 
so ist (r^ + fl) der Abstand des Krummungsmittelpunktes der hinteren Fliiche 
7om Scheitel der vorderen, und die Gleichung wiirde aussagen, daB der 
Kriimmungsmittelpunkt der hinteren Fliiche hinter dem der vorderen liege. 
Dann miiBte die Hornhaut von der Mitte nacb dem Eande zu an Dicke ab- 
nehmen. wiihrend in der Kegel das Dmgekehrte der Fall ist. Die Hornhaut 
wird also den Folgerungen gemiiB, welche am Ende des § 9 fiir konkavkonvexe 
Linsen aus der (Tleichung 13) gezogen sind, in der Kegel als Linse in wiiss- 
riger Feuchtigkeit aufgehiingt eine negative, aber sehr groBe Brennweite haben. 
Nehmen wir rj = 8mm, j-^ = 7 mm, rf = 1 mm und nacb W. Krause 
«, = 1,3507, Wj = 1.3420, so wird nacb § 9 (rleichung 13) die Brennweite der 
in wassriger Feuchtigkeit betindlichen Hornhaut gleich — 8,7 Meter, eine GroBe, 
welche wir im Verhaltnisse zu den Dimensionen des Auges als unendlich groB 
betrachten konneu. 
Dasselbe wurde bestiitigt durch Versuche mit dem Ophthalmometer, mittels 
welches Instrumentes ich die GroBe eines Objekts maB, welches sich hinter 
einem GlasgefiiBe mit parallelen Wiinden befand. Brachte ich in das Wasser 
eine frische Hornhaut einer menschlichen Leiche, so daB ich das Objekt nur 
durch die Hornhaut erblickte, so war durch das Ophthalmometer keine Ver- 
kleinerung des Bildes zu entdecken. Diese war also so gering, daB die leichte 
Triibung des Bildes durch die eingei'iihrte Hornhaut hinreichte, sie unwahr- 
nehmbar zu machen. 
Um berechnen oder schiltzen zu kounen, um wieviel sich die wirkliche 
Brechung am Auge von derjenigen uuterschiede, welche eintreten wiirde, wenn 
das Brechungsvermogen der Hornhaut wirklich dem der wiissrigen Feuchtigkeit 
gleich wiire, woUen wir die optischen Konstanten der Hornhaut nach der Formel 
§ 9 Nr. 12) bestimmen, und dabei setzen «j = 1, w.j = w, n.^ = w + A », r^ = ?•, 
r^ = r — A »■, wobei wir die GroBen A w, A '' und die Dicke der Hornhaut </ 
als sehr klein gegen n und r ansehen konnen. Wenn wir diese Bezeichnungen 
in § 9 Gleichungen 12) einsetzen, und die hoheren Dimensionen der kleineu 
GroBen vei'nachlassigen, erhalten wir die Breniiweiten. 
i^,=ii^,=-^(i-A«.^"-^i^^^-q • ■•■')• 
' n - n — I [ ii'yii. — l)r J 
80 Die Dioptrik des Auges. [71. 72. 
Der Unterschied der Brennweiteu von dem Werte — . den wir durch die 
n — 1 
Annahme A '» = ei'halten, ist eine kleine GroBe z waiter Dimension; ebenso die 
Entfernung x des ersten Hauptpunktes, von der vorderen Hornhautflache nacL 
vorn gerechnet, 
» [n — 1) 
Die Entfernung der beiden Hauptpunkte voneinander a wird sogar eine kleine 
GroBe dritter Dimension: 
d^An 
a = 
lb). 
Fiir die Berechnuug der Bilder wird es daher geniigen, nur eine Brechung 
an der vorderen Flache der Hornbaut in Betracht zu zieben, und dabei das 
Brechungsvermogen der Hornbaut gleicb dem der wassrigen Feuchtigkeit 
zu setzen. 
Der zweite Teil des optiscben Systems des Auges bestebt aus der Kristall- 
linse. Vor dieser befindet sich die wassrige, binter ibr die Glasfeuchtigkeit. Da 
das Brecbungsvermogen dieser beiden Stoffe mir auBerst geringe Unterscbiede 
zeigt, so wolleu wir diesen Unterscbied vernacbliissigen. In optiscben Systemen, 
deren erstes und letztes Mittel identiscb ist, fallen die Hauptpunkte mit den 
Knotenpunkten zusammen. Wir konnen also fiir die Kristallinse im Auge, wie 
bei den gewobnlicben Glaslinsen unserer optiscben Instrumente, beide Arten 
von Punkten identifizieren. Die Kristallinse unterscbeidet sicb aber dadureb 
wesentlicb von unseren Glaslinsen, daB die Dicbtigkeit ibrer Substanz nicbt 
konstant ist, sondern von auBen nacb innen zunimmt. Da wir das Gesetz dieser 
Zunabme nicbt genau kennen, sind wir aucb auBer Stande, den Gang der Licbt- 
strablen durcb die Linse voUstandig zu bereebnen, und den Ort ibrer Brenu- 
punkte und Hauptpunkte genau zu bestimmen. Wir miissen uns begniigeu, 
Grenzen fiir die Lage dieser Punkte zu linden. In dieser Beziebung lassen 
sicb folgende Satze aufstellen. 
1. Die Brennweiten der Kristallinse sind kleiner, als sie sein 
wiirden. wenn ibre ganze Masse das Brecbungsvermogen ibres 
Kerns biitte. 
Um diesen wicbtigen Satz zu beweisen, denken wir uns die Kristallinse 
nacb ibrer natiirlicben Schicbtung zerlegt in den Kern, der eine fast kugelige 
bikonvexe Linse von positiver Brennweite darstellt, und in die einzelnen ibn 
umscblieBenden Scbicbten. deren zuniicbst der Augenacbse gelegene Teile 
konkavkonvexen Linsen entsprecben. Und zwar sind dies Linsen. die nacb dem 
Eande zu dicker oder wenigstens nicbt diinner werden, l)ei denen also 
r-i^r^ + d (s. Ende von § 9), wenn wir mit r^ den Radius der konvexen, mit 
r^ den der konkaven Flacbe, und mit d die Dicke der Linse bezeicbnen. Nacb 
§ 9 Gleicbuug 13) ist unter diesen Umstauden die Brennweite negativ. Die 
Lage der Hauptpunkte /«, und h^ und Brennpunkte i\ und p^ solcber Linsen 
ist dargestellt in § 9 Fig. 42. 
Es seien in Fig. 45 a^ und a_ die Scbeitelpunkte, c und c,, die Mittcl- 
punkte der beiden Grenzflacben , h^ und h^, die Hauptpunkte einer solcben 
Linse. Von einem Objekte b, vor der ersten (konvexen) Flacbe befindlicb, ent- 
wirft die Linse ein verkleinertes aufrecbtes virtuelles Bild, wie in § 9 gezeigt 
72.73.1 Brechung der Strableu in der Kristallinse. 81 
ist, und, konnen wir hier hinzusetzen, dies Bild /9 liegt nicht nur vor dem 
zweiten Hauptpunkte, sondern aiicb stets vor dei- zweiten Linsenflache. Deun 
wenn das Objekt b von A, weiter entfernt ist als der Scheitel der ersten 
brechenden Fliiche o , so mu6 sein Bild weiter 
von /«„ entfernt sein als a, das Bild von a . 
Das Bild von a^ wird aber nur durcb eine 
Brecbung an der Hinterfliicbe der Linse eut- 
worfen, und da die Brennweite dieser Flacbe 
negativ ist. wird das Bild a von a, ibr naber 
und vor der Flacbe liegen. Daber mu6 [i, welcbes 
noch vor a liegt, jedenfalls vor der Hinterflache 
der Linse liegen. pj 45 
Es liiBt sicb ferner zeigen, da6 das Bild /9 
fines vor a^ liegenden Objekts h der binteren Flacbe der Linse desto naber 
riickt, je groBer das Brecbungsvermogen der Linse. Zuniicbst ergibt sicb leicbt, 
da6 das Bild a von a^ der binteren Flacbe der Linse desto naber riickt, je 
starker das Brecbungsvermogen. Wenn u das Bild von o, ist, und wir die Ent- 
fernung «o^ mit q bezeicbnen, so baben wir nacb den Gleicbungen § 9 Nr. 3 
n„ 
:n_ 
d q 
Oder 
«, ''a d 
Da der Nenner des Wertes von q groBer wird, wenn n^ groBer wird, so wird 
q kleiner. 
Wenn nun gezeigt warden kann, daB, wenn n.-^ groBer wird, aucb das Bild 
von b naber an a riickt, so folgt dann, daB unter dieser Bedingung das Bild 
von h sicb aucb der zweiten Flacbe der Linse nilbert. 
Um dies zu zeigen, bezeicbnen wir die Entfernung des Objekts b vom 
ersten Hauptpunkte, also die Liuie bh^, mit f , die des Punktes a von dem- 
selben Hauptpunkte. also die Linie a^h^, welcbe in den Gleicbungen (13a) des 
§ 9 der Lilnge — A, entspricbt, mit p, die Brennweite der Linse mit F, so ist 
die Entfernung des Bildes /S vom zweiten Hauptpunkte, oder die Lange 
f F 
und die Entfernung des Bildes a des Punktes a, von demselben Hauptpunkte 
pF 
F — p 
Die zweite Gleicbung von der ersten subtrabiert, gibt die gesuchte Entfernung 
der beiden Bilder voneinander: 
{f,-P)F' 
{F-f,){F-p) 
f,-P 
(iu = 
F F \ F 
V. Helmholtz, Physiol ogische Optik. 3. Aufl. 1. 
F — p f.—plF—p 
82 
Die Dioptrik des Auges. 
[73. 74. 
Wenn wir n^ verandern. bleibt in diesem Ausdrucke f,—p unverandert. 
Setzen wir 
^- F 
und hierin fiir F und p = — /*, aus den Gleichungen 13) und 13 a) § 9 ihre 
Werte. so erhalten wir 
Setzen wir ferner den absoluten Wert des in unserem Falle negativen F gleich P, 
also nach § 9 13) 
P= - F = 
so wird 
(ia = 
c+f'-/]c 
Wenn wdr nun n^ groBer machen. wird C groBer, P kleiner. wie sich aus der 
Form, in der wir ihre Werte geschrieben haben, leicht ergibt. und /",—// bleibt 
ungeandert. Wenn C groBer wird. wird /? u kleiner, und wenn P kleiner T\-ii-d. 
wii-d |3 u ebenfalls kleiner. Folglich wird /? ct kleiner, und endlich auch ^ a^^ 
kleiner, wenn n.-^ groBer wird. 
Wir baben bisher die Eigenscbaft einer einzelnen solchen Linse untersucht. 
wie sie durch Zerlegung des Kristallkorpers nacb seinen Scbicbten entsteben 
wiirden. Denken wir uns nun alle die konkavkonvexen Linsen. welche auf einer 
Seite des Kerns im Kristallkorper liegen. in wassrige Feucbtigkeit getaucbt. 
und wieder in ihre natiirlicbe Lage gebracht. oder denken wir uns. mit andereu 
Worten, zwiscben jede zwei Lagen ungleicher Dicbtigkeit im Kristallkorper eine 
unendlich diinne Scbicbt wassriger Feucbtigkeit eingescbaltet. und den Teil 
derselben isoliert, welcber auf einer Seite des Kerns liegt. so erhalten ^dr ein 
optisches System, welches wir eine zusammengesetzte konvexkonkave Linse 
nennen konnen. 
Es sei dies System in Fig. 46 dargestellt ; ab sei die Achse. g der Scheitel 
der auBersten konvexen. /* der konkaven 
Flacbe des Systems. Vor der konvexen Seite 
des Systems liege ein leucbtender Punkt a. 
Nach dem, was wir in bezug auf eine einzelne 
solche Linse bewiesen haben. folgt. da6 die 
erste Linse ein Bild von a entwirft, welches 
vor ihrer zweiten Flacbe. also auch vor der 
ersten Fliiche der zweiten Linse liegt. Daraus 
folgt weiter, daB auch diese Linse und so 
jede folgende ein Bild von a entwirft, welches vor ihrer zweiten Flacbe liegt. 
Das ganze System wird also ein Bild von a entwerfen, welches vor seiner 
brechenden Flacbe liegt, etwa in a. 
Ferner ergibt sich leicht, daB, wenn a naher nach g riickt, auch a sich 
dem Punkte k niihern muB. Denn einfache Linsen mit negativer Brennweite 
Fig. 46. 
74. 75.1 Hauptpunkte der Kristallinse. 83 
entwerfen von naheren reellen Objekten, welche vor ihnen liegen, auch nahere 
Bilder. Nahert sich also a der ersteii Linse, so entwirft diese auch ein niiheres 
Bild, welches wieder Objekt der zweiten Linse wird, und so fort. 
Endlich ergibt sich, daB, wenn wir das Brechungsvermogen einer der 
Schichten erhohen, das Bild a naher an h tallen wird. Bis zu der veranderten 
Schicht hin bleibt der Gang der Lichtstrahlen und die Lage der Bilder un- 
verandert. die Schicht mit erhohtem Brechungsvermogen entwirft aber jetzt ein 
naheres Bild von a, welches ein naheres Objekt fur die folgenden Schichten 
wird, und dem ein naher an h gelegenes letztes Bild a entsprechen muB. 
Wenn also das Bild a dieselbe Lage behalten soil, wahrend wii- das 
Brechungsvermogen einer der Schichten ei-hohen, miissen viiv die Entfernung ag 
entsprechend vergroBern. 
Die ganze Ki'istalhnse konnen wir nun zusammengesetzt denken aus zwei 
solchen Systemen konkavkonvexer Linsen B und C und ihi-em bikonvexen 
Keme A, wie in Fig. 47. Wenn die 
Kristallinse als Ganzes von einem vor 
ihr gelegenen Punkte a ein reelles 
umgekehrtes Bild in h entwirft, so 
wird das Schichtensystem B ein Bild a 
vor der vorderen Flache des Kerns 
entwerfen miissen, und dem Bilde b 
wird ebenso ein Bild fi hinter der 
hinteren Flache des Kerns entsprechen Fig. 47. 
miissen, welches die Strahlen nach 
der Brechung im Kerne und vor der Brechung im Systeme C bilden. Der Kern 
muB also nach Art von bikonvexen Linsen ein umgekehrtes Bildchen von a 
in /!? entwerfen. Er tut dies, wenn « vor seinem vorderen Brennpunkte liegt. 
Riickt a in unendliche Entfernung, so wird h im hinteren Brennpunkte der 
ganzen Kristallinse liegen miissen. 
Erhohen wir mm das Brechungsvermogen einer der Schichten in B, so 
wird a niiher an die Vorderflache von A riicken, folglich das Bild (j, welches 
A von a, und das Bild b, welches C von /? entwirft, sich nach hinten entfernen. 
Erhohen wir ebenso das Brechungsvermogen einer der Schichten von C. so wird 
dem Bilde §, welches seinen Platz behiilt, ein entfernteres Bild b entsprechen. 
Erhohen wir also das Brechungsvermogen einzelner Schichten 
der Systeme B und C, so entfernt sich der hintere Brennpunkt der 
Kristallinse von ihrer hinteren Flache. 
Wir konnen das Brechungsvermogen samtlicher Schichten der Krystallinse 
bis zu dem des Kerns wachsen lassen, ohne daB der Brennpunkt in unendliche 
Entfernung hinausriickt, da ja schlieBlich. wenn die Beschaffenheit aller Schichten 
der des Kerns gleich geworden ist, die Kristallinse eine einfache homogene 
bikonvexe Linse darstellt, dei'en Brennweite positiv und endlich sein muB. 
Was fiir den hinteren Brennpunkt der Linse gilt, gilt natlirlich auch fiir 
den vorderen, und somit ist bewiesen, daB die Brennpunkte der Kristallinse 
ihr niiher liegen, als sie es tun wUrden, wenn alle ihre Schichten die Dichtig- 
keit und das Brechungsvermogen des Kerns hatten. 
2. Die Entfernung der Hauptpunkte voneinander ist in der 
Kristallinse kleiner als in einer Linse, welche dieselbe Form und 
das Brechungsvermogen des Kerns hatte. 
6* 
84 Die Dioptrik des Auges. [75. 76. 
Die Hauptpunkte sind die von der Linse selbst entworfenen Bilder eines 
in ihr liegenden Punktes, nilmlich ihres sogenannten optischen Mittelpunktes. 
Wo dieser auch liegen mag. so laBt sich in ganz ahulicher Weise, wie es eben 
zur Bestimmung der Brennpunkte geschehen ist, nachweisen, daB die Bilder 
des optischen Mittelpunktes desto naher den Oberfliichen der linse riicken 
werden, je mehi' das Brechungsvermogen der einzelnen Schichten der Kristall- 
linse steigt, daB dabei also auch die Entfernung der beiden Bilder voneinander 
algebraisch groBer wird. Wenn nun siimtliche Schichten der Linse schlieBlich 
das Brechungsvermogen des Kerns erreicht haben, wird im allgemeinen der 
optische Mittelpunkt der Kristallinse nicht mehr mit dem optischen Mittelpunkte 
dieser neuen gleichartigen Linse zusammenfallen. Da aber bei einer Linse mit 
positiven Brennweiten die Entfernung der Hauptpunkte ein Maximum ist 
unter den Entfernungen zusammengehoriger Bilder, so ist die Entfernung der 
Hauptpunkte dieser neuen gleichartigen Linse jedenfalls groBer als die Ent- 
fernung der von ihr entworfenen Bilder des optischen Mittelpunktes der un- 
veranderten Kristallinse, folglich auch groBer als die Entfernung der Haupt- 
punkte der unveranderten I^xistallinse voneinander. 
Es laBt sich ferner nachweisen. daB die Entfernung der Hauptpunkte der 
Kristallinse einen positiven Wert hat, d. h. daB der zweite Hauptpunkt hinter 
dem ersten liegt, wenn wir annehmen, wie dies aus der Form der Linsen- 
schichten hervorzugehen scheint, daB die Kriimmungsradien der in der Achse 
gelegenen Telle der .Schichtfliichen groBer sind als die Entfernungen dieser 
Flachen vom Kerne der Linse. Brechende Kugelflachen entwerfen von Punkten. 
welche zwischen ihnen und ihrem Mittelpunkte liegen, Bilder, die der brechenden 
Flilche niiher sind als das Objekt. Folglich wird das Bild des Mittelpunktes 
des Linsenkerns, welches die vordere Linsenhalfte entwirft, vor seiuem Objekte, 
das, welches die hintere Linsenflache entwirft. hinter seinem Objekte liegen. 
Die beiden zusammengehorigen Bilder des Mittelpunktes des Linsenkerns haben 
also eine positive Entfernung. Da der Abstand der Hauptpunkte algebraisch 
groBer ist als der aller anderen zusammengehorigen Bilder, so ist~ dieser Ab- 
stand jedenfalls positiv. 
Die Hauptpunkte einer Linse, welche die Gestalt der menschlichen Kristall- 
linse und das Brechungsvermogen ihres Kerns hatte, wiirden nur etwa ^/^ mm 
voneinander entfernt sein; dadurch ist die Entfernung der Hauptpunkte der 
Kristallinse voneinander also in sehr enge Urenzen eingeschlossen. 
Die Brechungsverhaltnisse der durclisichtigeu Mittel des mensclilichen Auges sind 
friiher von Chossat^ und Bkewster- bestimmt worden; neuerdings ist eine gi-o6e 
Zahl soldier Messungen vou W. Kbause^ ausgefiilirt worden. wahrend die erstgenaunten 
Beobacliter. wie es scheint. uur wenige Augen untersucht haben. Bkewster brachte 
die zn untersuchende Substanz zvnschen die krumme Flache einer Konvexlinse, welche 
als Objektiv eines Mikroskops diente, und ein gegen die Achse des Mikroskops senk- 
recht gestelltes Planglas. Dadurch wird die Brennweite des Mikroskops veraudert. 
Brewster maB den Objektabstand des Mikroskops vor und uach der Einbringung der 
brechenden Snbstanz und uach der Einbringung von reinem Wasser, dessen Brechuugs- 
' Bulletin des sc. par la Soeiete philom. de Paris. A. 1818. Jnin. p. 294. 
« Edinburgh Pliilos. Journal. 1819. Nr. 1. p. 47. 
' Die Brechungsindices der durchsichtigen Medien des menschl. Auges vou Dr. W.Kbause. 
Hannover 1855. 
76. 77.1 Messungen der Brechungsverhaltnisse. 85 
koeffizient bekaunt war. Cahours und Becqueeel^ schlugen vor, die GvoBe der Bilder 
des Mikroskops zu messen, und dieser Methode ist aucli W. Keausk gefolgt. Ich lasse 
hier die Beschreibung des Verl'ahrens folgen. welches der letztere angewendet hat. 
Ein gewohuliches KELLNEESches Mikroskop, dessen v^nterer Tail in Fig. 48 ab- 
gebildet ist. wurde fiir die Messungen auf folgende Art eingerichtet. An die Stelle 
des (_)l)jektivs wurde eine bikouvexe Linse von Crownglas von etwa 
SO mm Brennweite gebracbt, indem die Fassung b in das Rohr des 
Mikroskops a eingescbraubt wurde. Die Linse befand sich in einer 
konkaven, geschwarzten Vertiefung, und wurde darin durch die 
Hiilse d. die in der Mitte mit einer Otfnung von 2.6 mm Durcb- 
messer verseben war. festgesehraubt. Die Linse big luftdicbt auf dem 
Rande dieser Otfnung an. Unter ibr wurde eine plane Glasplatte e. 
ebenfalls von Crownglas, angebracbt, vermittelst eines Ringes f, dessen 
Inneuraum konisch ausgeschlitfen war und auf die Hiilse d, die eben- 
falls koniscb zugeschlilfen war. paBte, jedocb nicbt so genau, da6 
niebt Luft langsam dazwiscben bindurcbdringen konnte. Fig. 48. 
Das zu priifende Augenmedium \vurde in den Ring f auf die 
Mitte der ebenen Platte gebracbt, und dann der Ring so fest auf die Hiilse d auf- 
gedriickt, daB die letztere auf den vorspringenden Rand g aufstieB, um dadurch das 
Planglas sicher vertikal gegen die Acbse des Mikroskops zu stellen. Nacb jeder 
Messung konnte die Objektivlinse herausgenommeu und gereinigt werden. 
Im Okulare des Mikroskops war ein Glasmikrometer. geteilt in ^L^ Wiener Linien, 
befestigt; auf den Objekttiscb wurde ein ebensolcbes, geteilt in Yio Linien. gelegt, 
und das Mikroskop so gestellt, daB beide Teilungen gleichzeitig deutlich gesehen 
wurden, und bestimmt, wieviel Teilstriscben des oberen Mikrometers einer des unteren 
entsprach. Ebensolcbe Messungen wurden angestellt, wenn bloB Luft zwiscben der 
Objektivlinse und der ebenen Platte, und wenn destilliertes Wasser dazwiscben war. 
Zur Berecbnung der Resultate konnen wir die Gleicbungen § 9 Nr. 12) benutzen; 
zwar bezieben sich diese nur auf zwei brechende Flacbeu, und in dem Objektivsystem 
von Keauses Apparat baben wir vier. namlich die erste und zweite Flache des 
Planglases, die erste und zweite Flache der bikonvexen Linse. Wenn wir uns aber 
das System in zwei zerlegen. von denen das erste die beiden ebenen Placben um- 
faBt. das zweite die beiden Flilehen der Linse. so sind die Brennweiten des ersten 
Systems unendlicb. Bezeicbnen wir die erste (untere) Brennweite des Planglases ent- 
sprechend der Bezeicbnung in § 9 Gleichiing (11a) bis (f) mit f^, die zweite des Plan- 
glases mit f^_. die erste (untere) der Linse mit g), die zweite mit (p^^, den Abstand 
des zweiten Haviptpuukts des Planglases vom ersten der Linse mit d, so gibt die 
letzte der Gleicbungen (llf), wenn wir f^^ unendUcb groB setzen, fiir die zweite (obere) 
Brennweite des ganzen Systems: 
F^ = (f,.- 
Die erste Brennweite des ganzen Systems ist dieser gleieb, da das erste und letzte 
Mittel (Luft) identisch sind. 
Fiir die Entfernung des zweiten Hauptpunktes des ganzen Systems vom zweiten 
Hauptpunkte der Linse gibt die Gleicbung (lie) den Wert 0, wenn wir /" = oo 
setzen. Der zweite Hauptpunkt und zweite Brennpunkt sind also in diesera Falle 
dieselben, als wenn das zwiscben der ebenen Platte und der Linse eingeschlosseue 
Mittel nach vom unbegrenzt waren. 
Wir nenneu also, entsprecbend der Bezeicbnung des § 9 Gleicbung 12), das 
Brechungsverhaltnis der zu priifeuden Substanz n^, das <ler Glasliuse n., ; das der Luft M, 
kouneii wir = 1 setzen; dann entspricbt der Wert von F], der geuannten Gleicbungen 
der Brennweite F unseres Objektivsy stems: 
' L'InsHtut. Seienc. math., phys. et natur. 1840. p. 399. 
86 Die Dioptrik des Auges, [77.78. 
•1 <»• !• 
F = 
«2(1 — Wjjrj + [n.,r, — (1 — n^]d]{n., — Wj) 
Nennen wir F^ die Brennweite des Objektivsy stems fiir den Fall, da6 destilliertes 
Wasser zwisclieii die Platte und Linse eingebraclit ist, n,, das Brechiiugsvermogen des 
destillierten Wassers, und (P die Brennweite fiir den Fall, wo sich Luft zwischen der 
Platte und Linse befindet, so erbalten wir noch zwei ahnlicbe Gleichungen, welche 
wir mit der vorigen in folgender Form schreiben konnen: 
FA - n, rj r, = Wj F£ j 
F^A-n.^r^r.^ = % F, B 2), 
0A — n., rj r, = diB 
wenn wir der Abkiirzuug wegen setzen: 
^ = «2 Kl - ^2) '"i + n.^r.,-{l - n.^ d] 
B = n^r^ — (1 — n.-,) d. 
Wenn wir die zweite der Gleicbungen 2) von der ersten, und die dritte Ton der 
zweiten abzieben, erhalten wir: 
[F-F^)A = [n^F-n^F,]B 
{F,-0)A = {n,F,-^)B. 
Diese beideu Gleichungen durcheinander dividiert gebeu: 
F 
-F, 
K 
- 
s folgt 
endlich 
Wj 
= 
1 +K 
^>F{F,-0) ^^'- 
Wir konnen also das Brechungsverhaltnis der zu priifenden Substanz Wj be- 
reoknen, wenn wir das Brecbungsverhaltnis des destillierten Wassers n„ kennen und 
die drei Brennweiten des Objektivsy stems F, F^ und (5. Diese Brennweiten lassen 
sicb aber aus der Messung der Bilder berechnen. Ist b die GroBe eines Teilstrichs 
des imteren Mikrometers, iind /9 die absolute GroBe seines in der Okularblendung 
des Mikroskops entworfenen Bildes, olme Riicksicht auf seine umgekebrte Stellung, 
F die Brennweite des Objektivsystems und f, die Entfernung des Bildes /? vom 
zweiten Hauptpuukte des Objektivsystems, so ist nacb § 9 Gleichung 8 b): 
b F 
oder 
'•=4V ="• 
Wenn man b und ^j gemessen hat, wiirde man also f.^ noch kennen miissen, um 
F zu finden. Vorausgesetzt aber, daB f^ in alien Fallen dasselbe bleibt. was in 
Kbatises Apparat mit groBer Annaherung der Fall ist, wiirde sich dessen 'Wert aus 
der Gleichung fur Wj I'ortheben, braucht also dann nicht gekannt zu sein. Lassen 
wir den drei Brennweiten F, F^ und O entsprechen tlie drei Werte .?, /3g und b, 
so wird der Wert von n. 
w, = i+K-i)l:^ 2c). 
78.J 
Messungen der Brechungsverhaltuisse. 
87 
Zur Bereclinung von w^ braucht man also unter diesen Umstanden nicht einmal 
die GroBe des Objekts b zu kennen, welches man iinter das Mikroskop gelegt hat, 
sondern es geniigt, irgend ein beliebiges Objekt zu nehmen, wenn es nur immer das- 
selbe bleibt. 
Der Wert von f, ist in diesen Messungen konstant. wenn sich die Stellung des 
MLkrometers im Okulare, und die des zweiten Hauptpunktes des Objektivsystems 
nicht andert. Die letztere ist bei Einscbaltung verschiedener Fliissigkeiten zwischen 
der ebenen Platte und Linse nur dann streng konstant, wenn die obere Flacbe der 
Linse eben ist. in § 9 Gleicbung 12 a) ist h.^ die Entfernung des zweiten Haupt- 
punktes von der binteren Flacbe der Linse. Wenn r, nicbt unendlicb ist, ist diese 
Entfernung von Wj, dem Brecbungsvermogen der eingescbalteten Substanz, abhiingig. 
Wenn man r., unendlicb gro6 setzt, nacbdem man Zahler und Nenner des Ausdrucks 
I'iir h., dadurcb dividiert bat, wird 
k, = - 
also unabhangig von Wj 
Es miicbte daber besser sein, bei solcben Messungen statt 
der bikonvexen eine plankonvexe Linse zu nehmen, die plane Seite nach oben ge- 
wendet. Indessen ist der Fehler, welcher durch Anwendiing einer bikonvexen ent- 
stehen kann, jedenfalls auBerst unbedeutend, wenn nur die Dieke der Linse gegen die 
Lange des Korpers des Mikroskops vernachlassigt werden kann. 
Brewster hat bei seinen Messungen den Brechungskoeffizienten des destillierteu 
Wassers = 1,3358 gesetzt, was nach Fbaunhofbrs Messungen etwa der Linie E 
im Griin, also den Strahlen mittlerer Brechbarkeit entsprechen wiirde. Krause zieht 
auf Listings Eat vor, als Grundlage den intensivsten Strahl des Spektrums zu nehmen, 
welcher na^h Fraunhofer den Brecbvingsindex 1,33424 hat. Ich gebe in der folgen- 
den Tafel die Resultate, welche Chossat. Brewster und Krause fiir das mensch- 
liche Auge erhalten haben. W. Krause hat 20 Augen von 10 Individueu untersucht 
und sebr betrachtliche individuelle Abweichungen gefunden. 
Tabelle der Brechungsindizes menschlicher Augen. 
Beobachter 
Bomhaut 
Wassrige 
Feuchtig- 
keit 
Glas- 
korper 
Kristallinse 
AuBere ! Mittlere 
Sohioht 1 Scbicht 
Kern 
CUOSSAT 
1,33 
1,338 
1,339 
1,338 
1,395 
1,420 
Bkewster 
/;„ = 1,3358 
1,3366 
1,3394 
1,3767 
1,3786 
1,3839 
W. Keause ( Mp- 
1,3569 
1,3431 
1,3507 
1,3557 
1,3349 
1,3420 
1,3569 
1,3361 
1,3485 
1,4743 
1,3431 
1,4053 
1,4775 
1,3523 
1,4294 
1,4807 
1,4252 
1,4541 
Helmholtz 
w„ = 1,3354 
1,3365 
1,3382 
1,4189 
Die von mir selbst angestellten Messungen sind in folgender Weise ausget'iihrt: 
Es wurden Proben der zu untersuchenden Fliissigkeit zwischen einer ebenen Glas- 
platte und der konkaven FlSche einer kleinen plankonkaven Linse eingesclilossen ; 
Bilder dieses optisohen Systems wurden mit dem Ophthalmometer gemessen. daraus 
die Brennweiten berechnet. AuBerdem konnte der Radius der konkaven Linseuflache 
direkt mit dem Ophthalmometer bestimmt werden, ahnlich wie dies in § 2 t'iir den 
Kriimmungsradius der Hornhaut geschehen ist. Unter diesen Umstanden war es nicht 
notig. auch mit destilliertem Wasser zwischen den Gliisern zu beobachten. und dessen 
Die Dioptrik des Auges. [79. 
Brechungsverhaltnis als bekannt vorauszusetzen. Das Brecliungsverhaltnis des destil- 
lierteu Wassers faud sich auf diese Weise 1,3351, was zwisclien Beewstees iind 
KRArsES Zahl liegt. 
Kbause hat nocli eine Reilie von Brechnugsverhiiltnissen au Kalbsaugeu uuter- 
sucht. namentlicli in der Absiclit. um zu ei'mitteln, ob die Brecliungsvei'lialtnisse in 
den erst en 24 Stunden nach dem Tode sich mertlicli veriindern, indem er 20 solclier 
Augen tinmittelbar nacli dem Tode untersuchte, 20 andere, nachdem sie 24 Stundeu 
bei 15" R. auf bewahrt worden waren. Er fand folgende MittelzaUen : 
frische Augen uach '24 Stunden 
Hornhaut I.::i4«7 1.3480 
Wassrige Feucbtigkeit 1.3421 1.3415 
Glaskorper 1.352!) 1,3528 
AuBere LinsenscMcbt 1.3983 1.4013 
Mittlere Linsenscbicbt 1.4194 1.4211 
Linsenkern 1.4520 1.4512 
Davaus gebt bervor, da6 sich die Brecbungsverhaltnisse der Kalbsaugen in den 
ersteu 24 Stunden nach dem Tode nicht merklicb verandern, uud es laBt sich dem- 
nach dasselbe fiir die menschlichen annehmen. 
Da aus der Gestalt und den Brecbungsverbaltnissen der einzelnen Schichten der 
Kristalliuse deren Brennweite nicht unmittelbar zu berechnen ist, so will ich bier die 
Resultate von direkten Messungen der optischen Konstanten zweier menschlichen Liuseu 
anfiihren, welche ich etwa 12 Stunden nach dem Tode untersuchen konnte. 
An der Luft trocknet und faltet sich die Oberflache einer aus dem Auge ge- 
nommenen Linse sehr bald, in Wasser quillt sie auf uud wird triibe. Ich babe des- 
halb die toten Linseu wahrend ibrer Untersuchung mit Ghisfeuchtigkeit umgeben. 
AuBerdem sind die Linsen auBerordentlich nacbgiebig gegeu jeden Zug und Druck; 
so lange sie aber von ihrer elastiscben und sie sehr prall umschlieBenden Kapsel um- 
geben sind, sind diese Formveranderungen voriibergebend. 
Man muB die Linsen wahrend der Untersuchung also so 
lagern, da6 sie keinem auBeren Zuge oder Drucke aus- 
gesetzt sind. Ich tat das auf folgende Weise. In Pig. 49 
T I \ ist ein Durcbschnitt des kleinen Apparates. den ich dazu 
I iMi'imm 1 brauchte, in natiirlicher GroBe dargestellt. In der Mitte 
jiigilig eir z befindet sich ein hohles zylindrisches Stiick aus Messing, 
welches im Inneren bei h h eine horizontale. auf der obei-eu 
6- 
g|'l"'H'l"'" ■ "■ '^^Mo Seite konkave und in der Mitte mit einer runden Offnung 
Fig. 49. versehene Scheidewand hat. Ich. benutzte dazu die Fassung 
eines der Objektivglaser eines alteren Mikroskops. Der 
untere Rand dieses Messingstiicks wird auf die planparallele Glasplatte cc auf- 
gekittet. aber so. da6 sich keine Schicht Kitt von merklicher Dicke zwischen die 
unterste Rundung des Randes und die Glasphitte einschiebt. Nun fiillt man erst 
den unteren Holilraum des Messingzylinders mit Glasfeuchtigkeit, legt dann die 
Kristalliuse. welche man vorsichtig und ohne Verletzung oder harte Beriihrung 
aus dem Auge genommen hat, mit ihrer platteren Seite auf das Diaphragma hh. 
Dann fiillt man oben noch etwas Glasfeuchtigkeit nach, bis sie bis zum obei-en 
Rande des MessinggefaBes steht. und deckt die zweite planparallele Glasplatte dd 
dariiber, so daB diese auch oben der Glasfeuchtigkeit eine gerade Oberflache giljt. 
Da ich mein Ophthalmometer nicht bequem vertikal stellen konnte, so setzte ich 
aul' die Glaspbitte dd noch ein rechtwinkeliges , gleiohschenkeliges Glasprisma f, 
welches das von unten her durch die Linse kommende Licht horizontal reflek- 
tierte. Das Ganze setzt man dann bequ.em auf den Korper eines Mikroskops. von 
dem man alle Glaser und die enge Blenduna; am unteren Teile entfernt bat. und 
80.1 Messungen der optiscben Konatanten der Kristallinse. 89 
bi'iugt eine Messinglatte mit GRAVESANDSchen Sclineideu. deren Zwisclienraum als 
optiselies Objekt fiir die Kristallinse gebraucht werden soil, einmal auf deu Objekt- 
tisch des Mikroskops. und dann wieder dicht iiuter die Glasplatte cc. zwiseheu sie 
und den oberen Rand des Korpers des Miki-oskops. Zur Beleuebtiing gebraucht man 
den Spiegel des ilikroskops. indem man ihn von iinten her Licbt durch den z^vischen 
den Schneiden gelegenen Ausschnitt der Messingplatte werfen lafit. Mittels des Oph- 
thalmometers miBt man nun die GroBe des Bildes. welches die Kristallinse von dem 
Ausschnitte der Messingplatte entwirft. 
Zur Rechnuug muB man die Eutferuung des Ausschnitts zwischen deu Geave- 
sAXDsehen Schneiden von der unteren Pliiehe der Platte cc kenueu. Diese GroBe sei 
a^. wenn der Schirm auf dem Tische des Mikroskops liegt, und a,,, wenu er dicht 
unter der Platte liegt. Je groBer man a^ und je kleiner man a., machen kann, de.sto 
bessere Resultate gibt der Yersuch. Ferner muB man die Dicke der Platte c c kenuen, 
welche wir c nennen wollen, und wenigstens annaliernd ihr Brechungsvermogen n,, 
eudlich die Eutferuung h zwischen der oberen Pliiehe der Platte cc und dem oberen 
Rande der Offnung b b, und das Brechungsverhaltnis des Glaskorpers gegen Luft n,. 
Ferner sei 6^ die Entfernung der Gkavesand schen Schneiden voneinander zu der Zeit, 
wo sie auf dem Tische des Mikroskops um a^ entfernt von der Platte c lagen. [3. 
die Breite des von der Kristallinse entworfenen Bildes. ihres Zwischenraums. welche 
in diesem Falle eine negative GroBe ist wegen der Umkehrung des Bildes. b., und 8., 
die entsprechenden GroBen bei der anderen Lage des Schirms, f die gesuchte Brenn- 
weite der Linse in Glasfeuchtigkeit, und x der Abstand ihres ersten Knotenpunktes 
von der Ebene des oberen Randes der Offnung b b. So ergibt sich aus dem , was 
iiber die Brechung in ebenen Flatten § 9 Gleichung 3e) und 6c) gefunden ist, daS 
die Lichtstrahlen. wenn sie in der Glasfeuchtigkeit vor der Kristallinse angekommen 
sind, einem Bilde von der GroBe b^ oder b., entsprechen, welches in der Entfernung 
beziehlich {na, -\ c -\- b -\- x\ oder \na., -\ c -[- b + x\ liegt. Die GroBe des 
\ «c / \ - % I 
Bildes /?j oder ^., wird nachher durch die Brechung an deu ebenen Flacheu der 
oberen Glasplatte nicht welter verandert. Wir haben also die Gleichungen : 
P\ - h ._ 
— c + b + X 
^1 
f 
Q A na., + 
1% - K 
— c + 6 + -r 
^ 
f 
Subtraktion erhillt man: 
A - ^ /^3 - h 
«(a, -a,) 
/?! /?. 
f 
woraus f zu hndeu ist: 
und dann erhalt man aus einer der beiden friiliereu Gleichungen auch x. Man ver- 
gesse bei der Rechnung nicht. daB [3^. wenn a^ grdlier als die Breuuweite ist, ein 
umgekehi-tes Bild. also negativ ist. Die GroBe x ist nicht unmittelbar gleich dem 
Abstande des Knotenpunktes von der vorderen Plache der Linse zu setzen. sondern 
bedarf dazu noch einer kleineu Korrektion, weil die geki-iimmte Fladie der Liuse 
sich etwas unter die Ebene der Offnung. auf deren Randern sie ruht. herabwolbt. 
Wenn man den Durchmesser der Offnung und den Kriinimungsradius der Linse kennt, 
ist die Holip des betreftenden Kugelabschnitts leicht zu lierechneii. 
90 Die Dioptrik des Auges. [so. 8i. 
Den Abstand des zweiten Knotenpunktes von der hiuteren Flaclie der Linse erhalt 
man in derselben Weise, nachdem man die Linse umgekelirt liat. 
Die kleine GroBe — kann man dnrch Beobaclitungen mit dem Ophthalmometer 
bestimmen, indem man die Glasplatte cc, ahnlich wie sie hier zwischen dem Spalt 
und der Kristallinse angebracht ist. zwischen diesen und eine kleine Glaslinse von 
bekannter Brennweite und bekannter Lage der Knotenpunkte bringt. In ahnlicher 
Weise kann auch die GroBe b ermittelt werden. Dieselben Gleichungen, welche wir 
fiir die Ermittelung von x und f aufgestellt haben. konnen bei bekanntem x und f 
/J 
auch dienen. h oder — zu ermitteln. 
»,. 
Die Kriimmuugshalbmesser fur die Scheitel der Linse konnen entweder, wie obeu 
angegeben ist, durch Spiegelung ermittelt werden, oder auch durch Brechung. Zu 
dem Ende ISfit man Jlie Linse in ihrem Messinggehause liegen, und entfernt nur den 
Teil der Glasfeuchtigkeit. welcher ihre obere Flache bedeckt, und stellt nun entweder 
den Ausschnitt zwischen den GEAVESANDSchen Schneiden vor dem Prisma /, etwas 
seitUch von der Gesichtslinie des Ophthalmometers auf. und miBt die GroBe seines 
Spiegelbildes, oder man laBt den Messingsehirm mit den Schneiden auf dem Objekt- 
tische des Mikroskops liegen, und miBt das dioptrische Bild, welches jetzt entworfeu 
wird. Wie die Messung des Spiegelbildchens zur Rechnung zu benutzen ist, ist schon 
oben angegeben. Fiir die dioptrische Messung mogen 6j, /?j und f die bisherige Be- 
deutung behalten. /?g die GroBe des Bildes bezeichnen, nachdem man die glaserne 
Feuchtigkeit von der oberen Flache der Linse entfernt hat, und y der Abstand des 
oberen Knotenpunktes von der oberen Flache sein. (Dieser Abstand bezieht sich unmer 
auf den Fall, wo die Linse in Glasfeuchtigkeit liegt.) Endlich sei R der Kriimmungs- 
radius im Scheitel der oberen Flache. Dann kann R aus der Gleiohuug gefunden 
werden: 
(w-l)/33 ^ i, ■<• 
Ich habe fiir den eigentiimlicheu Ban der Linse erwiesen, daB ihre Brennweite 
kiirzer sei, als wenn sie ganz und gar die Dichtigkeit und das Brechungsvermogen 
ihres Kerns hatte. Wollte man also eine homogene Linse von gleicher Gestalt und 
GroBe ujid gleicher Brennweite, wie der Kristallkorper ist, herstellen, so wiirde man 
dieser ein noch hoheres Brechungsvermogen geben miissen, als selbst sein Kern hat. 
Dieses Brechungsvermogen einer imaginaren gleichgestalteten und gleichwertigen homo- 
genen Linse hat Sexff das totale Brechungsvermogen genannt. Es ist wohl zu- 
unterscheiden von dem mittleren Brechungsvermogen, welches dem arithmetischeu 
Mittel samtlicher Schichten entspricht. Das totale ist im Gegenteil hoher als das 
hochste Brechungsvermogen der diehtesten Teile der Linse. Ich gebe hier zunachst 
eine Zusammenstellung der von mir fiir menschliche Linsen gefundenen Werte, die 
Lineardimensioneu in Millimeteru. Brennweite und Hauptpunkte beziehen sich auf 
den Fall, wo die Linse von Glasfeuchtigkeit umgeben ist. Die Kriimmungshalbmesser 
sind durch Spiegelung bestimmt. 
1) Brennweite 45,144 47.435 
2) Abstand des ersten Haujjtpunktes von der vorderen Flache . 2,258 2,810 
3) Abstand des zweiten Hauptpunktes von der hinteren Flache 1.546 1,499 
4) Dicke der Linse 4.2 4.314 
5) Krummungshalbmesser im Scheitel der vorderen Flache . . 10,162 8,865 
6) Kriimmungshalbmesser im Scheitel der hinteren Flache . . 5,860 5,889 
7) Totales Brechungsvermogen 1.4519 1,4414 
Dicke der Ki-istalliuse in lebenden Augen. 
91 
Ob aber Form und Brennweite toter Linsen denen des lebenden fernsebenden 
Auges gleicb sind, ist mir durch Messungen. die icb an lebenden Augen ausgefuhrt 
babe, zweifeihaft geworden. Icb babe namlich die Dicke der Linsen an drei lebenden 
Personen zum Teil um mebr als '/, mm kleiner gefunden, als die kleinsten Werte 
der Dicke sind, die man an toten Linsen findet.' Wie man die Entferuung der 
Pupille von der vorderen Hornbaut tindet, ist in g 3 bescbrieben. Dicbt am Pvipillar- 
rande der Iris befindet sicb aueb die vordere Linsenflacbe. Um die Dicke der Linse 
zu bestimmen. mu6 man also nocb die Entfernvmg der binteren Linsenflacbe von der 
Hornbaut zu ermitteln sucben. 
Es sei in Fig. 50 A A die Hornbaut, B die Linse. Es falle in der Ricbtung Co 
Licbt in das Auge, werde gebrocbeu an der Hornbaut und vorderen Linsentlacbe, 
dann an der binteren Linsenfliicbe in i reflektiert. Der zuinickgeworfene Strahl trete 
bei d aus der Hornbaut und gebe fort in der 
Ricbtung dD, wo er das Auge des Beobacbters 
trifft. Jetzt bringe der Beobacbter sein Auge nacb 
C genau an die Stelle des Licbts und das Licbt 
nacb D genau an die fruhere Stelle seines Auges, 
so wird ein Licbtstrabl wieder genau auf dem- 
selben Wege, nur in umgekebrter Richtmig D die C 
vom Lichte zum Auge des Beobacbters geben, und 
es wird bei dieser zweiten Stelluug wieder genau 
dieselbe Stelle der binteren Linsenflacbe das Licbt 
zuriickwerfen, wie bei der ersten. Indem man 
den Ort des Licbts und des Auges des Beobacbters, 
den Ort des beobachteten Auges, sowie den 
Fixationspunkt des letzteren durcb passende Ab- 
messungen bestimmt, erbalt man die Winkel, welcbe 
die Linien Cc, Dd und die Gesicbtslinie des 
beobacbteten Auges Gg miteinander bilden. Um 
die Punkte c und d aiif der Hornbaut zu finden, bringt man. wenn das Auge des 
Beobacbters in D stebt. ein kleines Licbt entfernt vom Auge in E so an. da6 fiir den 
Beobacbter der vou der Hornbaut entworfene Reflex dieses Licbts mit dem von der 
binteren Linsenflacbe entworfenen Reflexe des Licbts C zusammenfallt. Dies gescbiebt, 
wenn der Strahl Ed nacb D zuriickgeworfen wird, weim also die Halbierungslinie 
des Winkels EdD senkrecbt auf der Hornbautfliicbe stebt. Es sei ed diese Halbie- 
rungslinie. Hat man durcb passende Abmessungen den Winkel EdD oder EdG be- 
stimmt, so berecbnet sicb daraus Icicbt der Winkel, den ed mit Gg bildet, und daraus, 
wenn man die Form und Krlimmung der Hornbaut scbon gemessen bat, die Lange 
des Hornbautbogens, der zwischen beiden liegt. oder die Lage des Punktes d auf der 
Hornbaut. Ebenso wird die Lage des Punktes c bestimmt. 
Jetzt kennt man also die Lage der Punkte c und d, die Ricbtung der Linien 
Cc und D d; man verlangere beide, bis sie sicb in h scbneiden, so ist h der scbein- 
bare Ort des spiegelnden Punktes der binteren Linsenflacbe, d. b. der Ort, wie er 
durcb die Substanz der Linse und Hornbaut bin erscbeint. 
Zur Ausfiibrung der Messung werden die Licbter C und E. von denen das erstere 
moglicbst groB und bell, das zweite klein sein muB und durcb ein blaues Glas zur 
besseren Unterscheidung seines Reflexes gefarbt werden kaun, an einem vom beobacb- 
teten Auge mehrere FuB entfernten borizontalen MaBstabe angebracbt. Der Beobacbter 
blickt durch ein kleines Fernrobr, dessen Objektivglas sicb ebenfalls dicbt an dem 
MaBstabe befindet, um seinen (Jrt an diesem bestimmen zu konnen. Dieses Fernrobr 
wird dann mit dem Lichte C vertauscbt.^ 
i:X> 
Fig. 50. 
' V. Graepbs Archiv fiir Ophthalmologie. Bd. I. Abt. 2. S. 56. 
^ Das Detail der Ausfiibrung ist bescbrieben in Graefes Archiv. 
I. 2. S. 51. 
92 Die Dioptrik des Auges. [as. 83. 
Es ergab sich dabei fiir drei Aiigen ubereinstimmend, da6 der scheinbare Ort 
der liinteren Linsenflacbe ualie vor dem Krummungsmittelpunkte der Hornbaut liegt. 
Wieviel dieser Ort diircb die Brecbung iu der Hornbaut verscboben sei. konuen wir 
berechnen. Da kugelige brecheiide Fliicheu deu scbeinbaren Ort solcber Objekte. die 
ihrem Mittelpunkte nahe liegen, sehr wenig Terandern, so baben individuelle Ab- 
weicbungen in der brecbenden Kraft der wassrigen Feucbtigkeit bier wenig EinfluB 
auf das Resultat der Recbuung. Ebenso verbalt es sicb mit der scbeinbaren Lagen- 
verauderung des Orts der binteren Linsenflache durch die Linse selbst, da diese Fliiche 
jedenfalls dem binteren Hauptpiinkte der Liuse sebr nahe ist. Da meine Messnngeu 
an toten Linsen uber die Distanz der Hauptpuukte nichts Sicheres ergeben batten, 
weil sich bei dieser sehr kleinen GroBe die Fehler samtlicher iibrigen Messungen zu- 
sammenbaufen, so entnahm ich die Korrektion, welcbe wegen der Brecbung in der 
Linse notig ist, von Listings schematisehem Auge. Durcb die Brecbung in der 
Linse erscheint deren bintere Fliiche um etwas weniger, als der Abstand der Haupt- 
puukte der Linse betragt, vorgeriickt. Da nun, wie ich vor her bewiesen babe, der 
Abstand der Hauptpunkte in der natiirlichen Linse kleiner ist, als in einer von der- 
selben Form uud bomogener Substanz, deren Brechungsvermogen der des Kerns gleich 
ist, so ist die nach Listings Linse berechnete Korrektion etwas zu groB, und ver- 
groBert im Resultate der Recbnung die Dicke der Linse um ein wenig. 
Icb fand fiir die drei gemessenea Augen im Mittel zweier gut iibereinstimmen- 
der Versuchsreihen: 
0. H. B. P. J. H. 
Kriimmungsradius der Hornbaut 7,338 7,646 8,154 
Scheinbare Entfernung der binteren Linsenflache vom 
Scbeitel der Hornbaut 6,775 7.003 6.658 
Wahre Entfernung 7,172 7,232 7.141 
Entfernung der Pupillarebene vom Scheitel der Horn- 
baut 4.024 3.597 3,739 
Wenn man die Pupillarebene audi als Ort der vorderen Linsenflache betrachtet, 
ergeben sich daraus folgende Werte fiir die Dicke der Linse im lebenden fernsehen- 
den Auge: 
3,148 3,635 3.402. 
Wenn man dazu auch noch eine Korrektion anbringt. wegen der Hervorwolbung 
der vorderen Linsenflache vor dem Pupillarraude. und dem Pupillarrande selbst keine 
merkliche Dicke beilegt. erhalt man die Werte 
3.414 3.801 3.555. 
Es sind zur Berechnung dieser Korrektion Werte fiir die Pupillarweite und die 
Kriimmung der vorderen Linsenflache benutzt, welcbe an den betreflenden Augen selbst 
durcb Messung erhalten waren. Auch diese letzten Werte sind noch kleiner als die 
kleinsten Werte der Dicke, welcbe man bisher an toten Linsen erhalten bat. Diese 
schwanken uacb dem alteren Krausk zwischen 4 mm und 5.4 mm. 
Da der jiingere Khai'SE die Brecbungsverhilltnisse ^ on Kalbslinsen unmittelbar 
nach dem Tode und 24 Stunden spiiter merklich gleich gefundeu hat. so ist es un- 
wahrsebeinlich. daB die Linse durch Aufnahme von Wasser sich verdicke. Dann 
miiBten wir niimlich eine Abnahme des Brechungsvermogens erwarten. Dagegen er- 
scheint es moglich. daB dieser Untersohied mit den Veranderungen der Linse beim 
Fern- und Nahesehen zusammenhaugt. worauf wir unten in i; 1 2 noch zuriickkommen 
werden. 
Es hleibt noch iibrig. auseinander zu setzen, inwieweit sich bis jetzt die optischen 
Kardinalpunkte des Auges bestimmen bissen. Ich werde mich dabei an Listings 
83.84.1 Grenzen Jer Genauigkeit fur die Lage der Kardinalpunkte. 93 
schematisches Auge anschlieBen. welches jedenfalls von dem wahren Mittel niclit weit 
abweichen kann. wie dies auch durch meine eigenen Messungen zum Teil wieder 
bestatigt wird. Wenigstens. wo man bei pliysiologisch-optischen Berechnungen iiber- 
haupt Mittelwerte gebraucben muB und darf. und nicht die Werte fur das besondere 
individuelle Auge enuittelu kaun. auf welches sich die Berechnungen beziehen. wird 
man in Betracht der sehr groBen individuelleu Verschiedenheiten ebensogut die Werte 
von Listings schematischem Auge gebraueheu konnen, als die wirklichen Mittelwerte 
der menschliohen Augen. wenn man letztere auch keimte. Ich werde deshalb im 
A'erlauf des Werkes Listings Konstanten gebrauchen, wo es notig ist, will aber hier 
anfiihren, in welchem Sinue diese von dem wahren Mittel mir abzuweichen scheinen. 
Den Radius der Horuhaut setzt Listing gleich 8 mm; er scheint nach Senffs 
und meinen Messungen meist etwas kleiner zu sein. Das Brechungsvermogen der 
Hornhaut ist nach W. Krause im Durschschnitt etwas hoher als der von Listing 
nach Brewster angenommene Wert = 1.3379. Durch beide Umstande werden 
O rjrj 
die Brennweiten der Hornhaut bei Listing wohl etwas groBer als das Mittel. Xennen 
wir r den Krummungsradius der Hornhaut. und n das Brechungsvermogen der wass- 
rigen Feuchtigkeit, so ist die vordere Brennweite der Hornhaut nach § 9 Gleichung 
3 a) und 3 b): 
die hintere Brennweite derselben: 
F., 
Nach Listings Annahmen wird: 
nr 
n-i 
^■=-^^ll' ^3 = 31^ 
■ 1 
Xehmen wir nach den Beoliachtungen von Senff r = 7.8. was auch ungefiihr 
mit dem Mittel meiner Beobachtungen stimmt, und nach W. Keause n = 1,342, 
so wird: 
i?\ = 22,81. i'; = 30.61. 
Listing gibt der Linse seines schematischen Auges das Brechungsverhaltnis — , 
eine Dicke von 4 mm und Kriimmungsradien von 10 und 6 mm. Nach den Glei- 
chungen § 9 13), 13a) und 13b) gibt dies fiir den Fall, wo die Linse in wJissriger 
Feuchtigkeit liegt, die Brennweite 43.796 mm, den Abstand der Hauptpuukte von- 
einander 0,2461 mm, den Abstand des vorderen Hauptpunktes von der vorderen Linsen- 
fliiche 2.3462, und den des hinteren von der hinteren Flache 1,4077. Diese An- 
nahmen stimmen sehr nahe iiberein mit den vorher angefiihrten Werten. welche ich 
selbst an zwei Kristallinsen menschlicher Leichen durch direkte Messung gefunden 
habe. Weiter sind mir keine direkten Messungen der Brennweite an raenschlichen 
Augen bekannt geworden. DaB es bisher unmoglich sei, aus der Form und den 
Breehungsindices der verschiedenen Linsenschichten die Brennweite zu berechnen, ist 
oben auseinaudergesetzt . und namentlich geht aus dem iiber diese Brennweite auf- 
gestellten Theoreme hervor. daB es uni'ichtig ist, die Kristalliuse durch eine homo- 
gene Linse ersetzen zu woUen. welche die Form und das mittlere Brechungsvermogen 
derselben habe, wie das von den alteren Optikern meistens geschah, sonderu duC im 
Gegenteile einer solchen Linse ein hoheres Brechungsvermogen als das ihrer dichtesten 
Telle beigelegt werden miisse. Fiir die Linse eines Oehseii land Sf.nfi"' fur dieses 
' VoLKMANN, Artikel Sehen in R. Waoxers Handwiirterbuch d. Physiologie. Ud. III. S. iW., 
94 Die Dioptrik des Auges. [94. ss. 
totale Brechungsvermogen 1,539, wahrend Grenzschicht und Kernteil die Werte 
1,374 und 1.453 ergaben. Die aus meinen Messungen folgenden Werte des totalen 
Brechungsvermogens sind niedriger (1.4519 und 1.4414). und entsfirechen etwa nur 
dem Mittel der Werte. welche W. Keat'se fiir das Brecliungsverhaltnis des Kerns 
gefunden luit (Mas. 1.4807, Min. 1,4252; Mittel 1,4541). Listing bat vor meinen 
1 A 
und W. KJRAUSES Untersuchungen damit sebr iibereinstimmend — - = 1,4545 gewablt. 
Sollte sicb der Unterschied zwischen toten und lebenden Linsen. den meine 
Messungen ergaben, als konstant berausstellen, so wurde Listings scbematiscbes Auge 
wabrscbeinlich nur einem nahesebenden Auge entsprechen, und wir wiirden der Linse 
eiaes fernsehenden Auges eine groBere Brennweite und geringere Dicke beilegen 
miissen. 
Die Entfernung der vorderen Liusenflacbe von der vorderen Hornbauttiacbe hat 
Listing gleicb 4 mm gesetzt. was dem von mir uutersuchten kurzsicbtigen Auge 0. H. 
entspricbt. Bei kurzsicbtigen Augen pflegt liberbaupt die vordere Augenkammer 
tiefer, die Iris flacber zu seia. Bei den iibrigen beiden normalsichtigen Augen war 
die Entfernung geringer. Bei alien dreien lag die bintere Linsenfliicbe vor dem 
Kriimmungsmittelpunkte der Hornbaut. Ich vermute desbalb, da6 bei normalsicbtigen 
Augen die Linse im allgemeinen etwas naber der Hornbaut liegt, als Listing an- 
genommen hat. Jedenfalls wiirde aber auch der EinfluB dieser Abweicbung sebr 
gering sein. 
Wenn die Brennweiten der Hornbaut. die Luge der Hauptpuukte und die Brenn- 
weite der Linse gegeben sind, sind die Kardinalpunkte des ganzen Auges nach § 9 
Gleicbung 11a) bis 1 1 f ) zu finden. Die Werte, welcbe Listing aus seineu Augabeu 
berechnet bat, sind schon oben angegeben. 
Von den Kardinalpunkten am wicbtigsten fiir die Bestimmung der Lage der 
BUder auf der Netzbaut sind uns die Knotenpunkte des Auges. Gliicklicherweise 
kann deren Lage jetzt nicbt mebr vielem Zweifel unterworfen sein. 
Derjenige Punkt. dessen Bilder die beiden Knotenj)unkte sind. liegt uacb den 
in § 9 angegebenen Metboden zur Auffindung dieser Punkte zwischen dem Knoten- 
punkte der Hornbaut, d. b. ibrem Krummungsmittelpunkte und dem ersten Haupt- 
punkte der Linse, und seine Abstande von diesen beiden Punkten verhalten sicb wie 
die kleinere Brennweite der Hornbaut zu der der Linse, also nabe wie 1 zu 2. In 
Listings scbematiscbem Auge betragt der Abstand des vorderen Hauptpunktes der 
Linse vom Mittelpunkte der Hornbaut, der bei ihm in die bintere Linsenflacbe fallt. 
1,627 mm, nach meinen Messungen an lebenden Augen kann die hintere Linsenflacbe 
bis zu 1 mm vor dem Mittelpunkte der Hornbaut liegen; jene Entfernung wiirde also 
bis etwa 2,6 steigen konnen. Der Punkt also, dessen Bilder die beiden Knotenpunkte 
sind. wiirde 0,54 bis 0,87 mm vor dem Kriimmungsmittelpunkte der Hornbaut liegen. 
ein, wie man siebt, sehr enges Intervall fiir seine Lage. Der erste Knotenpunkt ist 
sein durcb die Hornbaut entworfenes Bild. Bilder von Objekten, die sehr nabe vor 
dem Krummungsmittel einer kugeUgen brecbenden Flacbe liegen, liegen sehr wenig 
vor ibrem Objekte. Nebmen wir Listings Werte fiir die Brennweiten der Hornbaut 
und Linse. so liegt bei seinen Annabmen der vordere Knotenpunkt 0,758 mm vor 
dem Mittelpunkte der Hornbaut. Wenn dagegen der Punkt. dessen Bild er ist, 
0.87 mm vor dem Mittelpunkte der Hornbaut lage, wiirde der erste Knotenpunkt 
etwa 1.16 mm vor diesem liegen. 
Wir werden daher schwerlich feblen, wenn wir annebmen, daB in normalen Augen 
der vordere Knotenpunkt ^/^ bis V^ mm vor dem Mittelpunkte der Hornbaut liegt. 
Zu erwahnen ist bier noch ein Versuch von Tolkmann ', auf experimentellem 
Wege am menschlicben Auge die Lage des Knotenpunktes zu finden. Ich babe oben 
' R. Wagners Handworterbuch d. Physiologie. Art. Sehen. S. 286*. 
85. 86.] 
Untersuchung der Zentrierung des Auges. 
95 
erwahnt. da6, wean die Strahlen eines Lichts vou der auBeren Seite her in das Auge 
fallen, ilas Flammenbildchen namentlich bei blonden Personen im inneren Augenwinkel 
sichtbar warden kann. Er maB den Abstand dieses Bildes von der Hornbaut. wiihrend 
zugleicb die Richtung der einlallenden Strahlen und der Gesichtslinie passend be- 
stimmt wurde. Er zeichnete dann den horizontalen Quersehnitt des menschlichen 
Auges, bestimmte in der Zeichnuug den Puukt. wo das Netzhautbild durch die Sclero- 
tica erschienen war, und legte durch diesen Punkt eine Linie, welche die Augenachse 
unter demselben Winkel schnitt. welchen die einfallenden Strahlen mit der Gesichts- 
linie gebildet batten. Den Durchschnittspunkt sah er als Knotenpunkt an. Er findet 
im Mittel von fiinf Personen. daB die Knotenpunkte 3,97'" (8.93 mm) hinter der 
Hornhaut liegen. .Jedenfalls ist dieser Wert etwas zu groB. well die Knotenpunkte 
nach dieser Bestimmung hinter dem Kriimmungsmittelpunkte der Hornhaut liegen 
wiirdeu. wahrend sie notwendig vor ihm liegen miissen. Die Abweichung in Volk- 
MANXS Resultat erklart sich einmal daraus, daB er den Unterschied zwischen Augen- 
achse und Gesichtslinie noch nicht kannte, und daraus. daB die Lichtstrahleu bei 
diesem Versuche die Isrechenden Flilchen des Auges unter sehr groBen Einfallswiukeln 
treffen, und die auf die Knotenpunkte und Hauptpunkte beziigliohen Satze streng 
genommen nur fiir nahe senkrechte Inzidenz gelten. Auch Bueow ^ bemerkte deshalb 
bei der Wiederholung vou Volkmanns Versuchen iiber den Knotenpunkt in weiBen 
Kaninchenaugen, daB bei sehr schiefen Inzidenzen die Netzhautbilder der Augenachse 
niiher fallen, als sie es sollten. wenn alle Richtungslinieu sich in einem Punkte schnitten. 
Beide Ursachen miissen dazu beitragen. bei Volkmanns Yersuch den Abstand des 
Knotenpunktes von der Hornhaut etwas groBer erscheinen zu lassen, als er wirklich ist. 
Endlich will ich hier noch beschreiben. wie man die Zentrierung des Auges, die 
Lage der Augenachse und der Gesichtslinie untersuchen kann. Es dienen dazu die 
Spiegelbilder. welche die Hornhaut und die beideu Liusenflachen von einem vor dem 
Auge befindlichen hellen Lichte entwerfen. 
Uber das Aussehen dieser Spiegelbilder. und die Art, sie am besteu zu be- 
obachten, s. § 12. Es sei in Fig. .51 cd die Achse eines genau zentrierten Auges, 
bei a das Auge des Beobachters. bei h ein Licht. 
es sei a c = c 6 und a h senkrecht auf c d. Unter 
diesen Umstanden -wiirden, wie leicht ersichtlich 
ist, die in der Achse gelegenen Scheitel der drei 
reflektierenden Flachen, der Hornhaut, der vordereu 
und hinteren Linsenflache . Licht. welches von h 
auf sie fallt, von h nach a reflektieren . da alles 
auf beiden Seiten s3-mmetrisch sein soil, und wenn 
das Auge und Licht ihren Platz tauschten, wiirde 
dasselbe wieder der Fall sein miissen. und dabei 
wiirden die drei reflektierenden Punkte in der- 
selben perspektivischen Stellung zueinander bleiben. 
Namentlich wiirde in beiden Stelluugen der Reflex 
von der vorderen Linsenflache etwa in der Mitte 
zwischen den beiden anderen erscheinen miissen. da 
der scheinbare (durch die Hornhaut gesehene) Ort 
der vorderen Linsenflache etwa in der Mitte zwischen 
der Hornhaut und dem scheinbaren Orte der hinteren 
Linseufliiche sich befindet. 
Die Untersuchung des Auges in dieser Weise ist nun leicht auszufiihrcii. Es 
sei ah ein horizontaler MaBstab, an dessen Enden passende Oti'uuugeu fiir das Auge 
ujid das Licht angebracht sind. Dem untersuchten Auge d werde ein Platz in der 
Linie cd angewiesen, welche auf der Mitte vou ah senkrecht steht. und iiiau gebe 
Fig. 51. 
' Heitrage zur Physiologie d. menscbl. Auges. S. 56 — 60. 
96 Die Dioptrik des Auges. [sa. 87. 
ihm eineu Fixationspuukt an einem beweglichen Korper g, den man so lauge verschiebt 
nach oben und unten. uach recbts und links, bis der Beobacbter den Reflex der 
vordereii Linsenflac-be zmscben dem der Hornbaut und dem der hinteren Linsenflache 
erblickt. Dann vei'tausebe er den Ort des Liebts und seines Auges. und versucbe. 
ob er l)ei derselben Stellung des Fixationspunktes aucb von der anderen Seite ber 
die drei Reflese in der angegebenen Stellung erblicken kaun. 1st das beobacbtete 
Auge ricbtig zentriert. so mu6 es offenbar moglicb sein, eine Stellung des Fixations- 
punktes zu finden, welcbe die angegebene Forderung erfiillt. 
Icb babe noch kein menscblicbes Auge gefunden. welcbes dem eutsprocben batte. 
Wenn von der einen Seite geseben die drei Reflexe die ricbtige Stellung batten, war 
dies nicbt mebr der Fall von der anderen Seite ber; man muBte dann das Fixations- 
zeicben mebr oder weniger verscbieben. um die ricbtige Stellung wieder bei-vor- 
zubringen. 
Bei den drei Angen. fur welcbe icb das System von Messungen angestellt babe, 
mufite der Fixationspunkt sicb immer etwas oberbalb der Ebene ab d befindeu. Die 
Gesicbtslinie lag immer auf der Nasenseite der Linie cd. Ibre borizontale Projektion 
bildete mit der Linie c d unter den angegebenen Umstanden folgeude Winkel : 
Auge 
Licht kommt 
von der 
Nasenseite 
0. H. I 3" 47' 
B. P. ' 5»6' 
von der 
Scblafenseite 
4»5T 
8M2' 
J. H. 5" 43' 7" 44' 
Daraus t'olgt, daB das menscblicbe Avige nicbt genau zentriert sei. Da jedoch 
die Untersebiede der zusammeugeborigeu Winkel verbaltnismaBig klein sind. so erfiillt 
die Linie c d I'iir die in den Versucben gefundenen Stellungen der beobaebteteu Augeu 
wenigsteus anniibernd die Anspriicbe, welcbe man an eine Augenacbse zu macbeu hat. 
und man mag als Winkel zwiscben der borizontalen Projektion der Gesicbtslinie und 
der Linie, welcbe einer Augenacbse am besten entspricbt, das aritbmetiscbe Mittel 
aus den angefiihrten Winkeln nebmen. Diese Linie fallt nacb meinen Untersucbungen 
aucb nabe genug mit der Hornbautaehse zusammen. und gebt durch den Mittelpunkt 
des Hornbautumfaugs. 
Derjenige, welcber zuerst eine klare Vorstellimg von der Brecbung der Strableu 
im Auge und von der Entstebung und Lage des Netzhautbildchens gebabt hat. ist 
Kepler. Vor ihm batte allerdings scbou Mauholyccs die Kristallinse des Auges mit 
einer (xlaslinse verglicben. und behauptet. daB sie die Stralilen nacb der Acbse bin 
brecbe, aber er leugnete, daC auf der Netzbaut ein umgekebrtes Bild entworfen werde, 
well wir ja sonst alles verkehrt sehen miiBten. Aucb Porta, der Erfinder der Camera 
ohscura, verglicb das Auge mit einer solcben, meinte aber, daB die Bilder auf der 
Kristallinse entworfen wtirden. Erst Kepler, der iiberhaupt die Grundsiitze der Tbeorie 
der optiscben Instrumente aufgefunden bat. laBt auf der Netzbaut ein umgekebi'tes 
optiscbes Bild entsteben. und stellt als Bedingung des deutlicben Sebens bin, daB die 
Strahlen eines leucbtenden Funktes auf einen Punkt der Netzbaut vereinigt werden. 
Keplers Tbeorie wurde noch weiter ausgefiibrt durch den beriibmten .Jesuiten 
ScHEiNER^ der den Bau des Auges, die Brecbung in den Feucbtigkeiten weiter 
untersucbte. Er bewies, daB die optiscben Bilder auf der Netzbaut entworfen wei-den. 
' Oculns. Inspruck 1619. 
Geschichte der Theorie des Sehens. 97 
indem er au Augeu von Tiereu die Netzhaut hinten I'rei legte. Au einem mensch- 
lichen Auge stellte er diesen Versucli 1625 zu Rom an. Die brecliende Kraft der 
wassrigen Pliissigkeit setzt er der des Wassers gleich, die Linse dem Glase, den Grlas- 
kovper zwischeu beide. HrvGENS ^ eudlich verfertigte eiue kiinstliche Nachbildung 
des Auges. an der er die wesentlichsten Yorgauge des Sehens. den Nutzeu der 
Brillen usw. auseinandersetzte. 
Die Theorie Kepleks behielt von nun an ziemlich allgemeine Anerkennuug, wenu 
auch noch einzelne Liebhaber paradoser Theorien sich in Widerspriichen dagegen ge- 
fieleu. So N. Th. Muhlbach- und Cajipbell'. welche die Existenz des Netzhaut- 
bildehens leuguen. Lehot*. der im Glaskorper ein raumliches Bild der Gegeustande 
eutstehen liiBt. Plac.ge^ laBt das Auge wie einen Spiegel wirken, und halt das durch 
Spiegelung auf der Hornhaut entstehende Bildcheu fiir dasObjekt des Sehens. J. Reade" 
stimmt ihm bei und laBt es durch die Nerven der Hornhaut empfinden. Mayek ' 
widerlegt die Ansicht von Plagge. stellt aber eine ebeuso wunderliche auf. daB die 
]S'etzhaut als Hohlspiegel wirke. Ebenso laBt Andrew Horn® das Bild gegeu den 
Glaskorper reflektieren und von hier aus auf den Sehnerven wirken. 
Was die Lage der optischen Kardinalpunkte betrifft. so erhob sich zunachst eiue 
Schwierigkeit fiir den hintereu Brennpunkt, weil nach der Rechnung, die auf die ge- 
messenen Dimeusionen und Brechiingsverhaltnisse des Auges gestiitzt war. dieser Punkt 
hinter die Netzhaut zu fallen schien. Der Grand davon lag darin, daB man fiir die 
Kristallinse das mittlere Brechungsverhaltnis ihrer einzelnen Schichten wahlen zu 
miissen glaubte.® TALLfiE'" glaubte deshalb annehmen zu miissen, daB das Brechungs- 
verhaltnis des Glaskorpers von vorn nach hinteu zunehme. Pappenheim^^ will wirklich 
solche. wenn auch sehr kleine Unterschiede durch den Versvich gefunden haben. Uber 
die Lage der Ivnotenpimkte des Auges herrschte vor den theoretischen Arbeiten von 
Gauss einige Tervvirrung unter Physikern und Physiologen, weil die Theorie der 
optischen Instrumente bis dahin sich ausschlieBIich mit Systemen brechender Flachen 
beschiiftigt hatte, deren Entfernung voneinander vernachlassigt werden konnte. wie 
das z. B. bei den Objektivglasern der Fernrohre der Fall war. Im Auge ist die 
Entfernung der brechenden Flachen voneinander im ^"ergleich zur Brennweite des 
ganzeu Systems aber ziemlich betrachtlich . und wegen der mangelnden Ausbildung 
der Theorie wuBte man sich die Fragen. auf die es ankam, nicht scharf zu stellen. 
Man suchte lange nach dem Punkte, der im Auge dem optischen Mittelpunkte der 
Glaslinsen eutsprache und dadurch charakterisiert wiirde. daB der durch ihn gegangene 
Strahl ungebroehen durch die Augeumedien ginge. Wenu wir uns beide Knoten- 
punkte in einen zusammenzazieheu erlauben, so mirde dieser dem gesuchten Punkte 
entsprechen. Man verwechselte nameutlich auch diesen Punkt mit demjenigen Punkte. 
in welchem sich Linien schneiden, welche durch die im Gesichtsfelde sich deckenden 
Punkte verschieden entfernter Gegenstande gelegt sind. Der letztere, den wir Kreu- 
zungspunkt der Visierlinien nennen woUen, ist. wie wir im nachsten Paragraphen 
zeigen werden. der Mittelpunkt des von der Hornhaut entworfenen Bildes der Piipille. 
' Dioptrica in Opera posthuma. Lugduni 1704. p. 112. 
- Inquisitio de visus sen.su. Vindob. 1810. 
* Annals of philosophy. X. 17. — Deutsche.s Arcbiv. IV. 110. 
* JSowelle Theorie de la Vision. Paris 1825. 
* Heckers Annalen. 1830. S. 404. 
» Antials of philos. XV. 2G0. 
' MuNCKE, Art. Gesicht in Gehlers Worterbuch. Das dortige Zitat ist falsch. 
* The seat of vision determined. London 1813. 
' MosER in Doves Kepertorium. V. 337 — 349"^. — Forbes, Proc. Edinb. Roy. Soc. 
1849. Dezbr. p. 251. 
"* Comptes reudus. 1845. XIV. 481. 
" Ibid. XXV. 901. 
T. Hbimholtz, Physiologisehe Optik. 3. Aufl. I. 
98 Die Dioptrik des Auges. [as. 
unci wesentlicli vom Knotenpunkte verscliieden. Muncke ' ideutifiziert l)eide Punkte 
und verlegt sie in die Mitte der Liuse. Babtels - dagegen in das Zentrum der Horn- 
haut. VoLKMAXx* nennt den Punkt, wo sich Liuieu. die von einzelnen Pmikteu der 
Netzhautbilder nach den entsprechenden Punkten des Objekts gezogen warden, schneiden. 
Kreuztingspunkt der Riclitungsstrahlen, spater, nach Miles Einwendungen. 
der Rich tnngs liuieu. Er zeigt experimentell an Augen weifier Kaninclien. daB 
mrklich alle Richtungslinien in einem Punkte sicli schneiden. und bestimmt die Lage 
dieses Punktes, welcher zwischeu heide Knotenpunkte fallen muB. fur das Kauiuchen- 
auge. Er findet, daB derselhe hinter die Linse fiillt. Er versuchte denselben Punkt 
nach einer anderen Methode am lebenden menschlichen Auge zu finden. Zwei 6 Zoll 
vom Auge entfernte Haarvisiere werden durch zwei dem Auge nahere Diopter be- 
trachtet. und letztere so eingestellt. daB die Haare gleichzeitig in der Mitte der 
Diopteroffnungen erscheiuen. Jedes Haar mit der zugehorigen Diopteroffnung. durch 
eine gerade Linie verbunden, gibt eine Visierlinie. Volkmann wiirde also den 
Kreuzungspunkt der Visierlinien im Auge haben finden konnen, wenn die von ihm 
beobachteten Personen imstande geweseu wiiren. gleichzeitig und ohne Bewegung des 
Auges beide Haare in ihren Dioptern zu sehen. Dies ist aber auBerordentlioh schwer. 
weil man dann nur eines direkt sehen kanu. und das andere durch indirektes Sehen 
auf den Seitenteilen der Netzhaut erkennen muB. Die Experimentierenden haben 
deshalb ohne Zweifel die beiden Diopter nacheinander direkt betrachtet, und ihre 
Visierlinien schnitten sich im Drehungspunkte des Auges. den Volkmaxx demzufolge 
fiir ideutisch mit dem Kreuzungspunkte der Richtungslinien erkliirte. 
Mile*. Exochexhauee* und Stamm® stritteu gegeu Volkmaxxs Folgerungen. 
Ersterer zeigte, daB Richtungslinien und Visierlinien nicht notwendig ideutisch seien. 
und erklarte den Mittelpunkt der Hornhaut fiir den Kreuzungspunkt der Richtungs- 
linien. weil er die Brechung in der Linse glaubte rernachlassigen zu diirfen. Daraus 
folgert er denn. daB die Richtungslinien nicht notwendig durch die Mitte eines Zer- 
streuungskreises zu gehen brauchen. welcher im Auge von einem nicht deutlich ge- 
seheneu Objekte entworfen wird. Kxochexhacer suchte Miles Beweis. daB das 
Decken der Bilder im Gesichtsfelde unabhangig sei von den Richtungslinien. zu ver- 
einfachen. und vermeidet dabei Miles bei dem damaligen Stande der theoretischen 
Kenntnisse allerdings bedenkliche und in der Tat nur annaherud richtige Voraus- 
setzung, daB der Kreuzungspunkt der Richtungslinien fiir verschiedene Objektabstande 
gleieh sei. Auch Burow' widerlegte Volkmaxxs Folgerungen. benutzte dessen Me- 
thode, um den Drehpunkt des Auges zu bestimmen, und schlug einen neuen Weg 
ein, den Kreuzungspunkt der Richtungslinien zu bestimmen. der aber aus einem von 
LiSTixG spater aufgedeckten Grunde auch nicht zum Ziele fiihrte. 
MosER ^ war der erste. der die theoretischen Arbeiteu von Gauss " und Bessel '" 
aut das Auge anwendete. und aus den bis dahiu ausgefiihrten Bestimmungen der Form 
der brechenden Flachen und der Brechungsverhaltnisse die Lage der beiden Knoten- 
punkte, die er iibrigens Hauptpunkte nennt. berechnete. Die Werte. welche er fiir 
' Gehlees physik. Worterbuch neu bearb. Leipzig IS'iS. Art. Gesieht. Bd. IV. 2. 
S. 1434'. 
- Beitriige zur Physiol, d. Gesichtssiuns. Berlin 1834. S. 61. 
^ Neue Beitrage zur Physiol, d. Gesichtssinns. Leipzig 1S36. Kap. IV. — Pogoen- 
DOBPFS Ann. XXXVII. 342. 
* PnGQEXDORVFs Ann. XLII. 37—71. 235—268*. Dagegen Volkmann, ibid. XLV. 207 
bis 226*. 
* Ibid. XLVI. 248—258*. 
« Ibid. LVU. 346—382*. 
' Beitrage znr Physiologie u. Physik d. menschl. Auges. Berlin 1841. S. 26—93. 
* Dove, Kepertorium d. Physik. V. 337 u. 373. 
Dioptrische Untersuclmngen. Gottingen 1841. 
' ' Astriinomisohe Naehrichten. XVIII. Xr. 415. 
88. 89.1 Literatur fiir die Theorie des Sehens. 99 
die Entferuung dieser Punkte von der Hornhaut fand. waren 3,19 und 3,276 Par.-Lin. 
(7. IS und 7,87 mm). Da er aber als Brecliungsverhaltnis der Kristallinse Brewsters 
Mittelwert 1,3839 angenommen hatte. und die Strahlen feruer Lichtpuukte sicli dabei 
erst hinter der Netzhaut vereinigten, glaubte er den Radius der Hornhaut verkleiuern 
zu mussen von 3,39'" auf 2,88'", und berechnete danach noch andere Werte fiir den 
Abstand der Knotenpunkte von der Hornhaut, uiimlich 2.83-5'" und 2.890'" (6.38 
und 6.. 50 mm). 
Listing ^ erorterte die Eigenschaften der Haupt- und Knotenpunkte (welchen 
letzteren er den Namen gab) in ihrer Beziebung zum Auge, gab angeniiherte Werte 
fiir ihre Lage. und bob namentlich bervor, daB der Brecbuugskoeffizient der Linse, 
weun man diese sicb bomogen denke. hi'iber gesetzt werden miisse als der ibres 
dichtesten Teils. Volkmann^ macbte dann nocb den scbon oben erwabnten Yersucb, 
die Lage der Knotenpunkte im lebenden menscblicben Auge experimentell zu be- 
stimmen. Endlicb gab Listing' neben einer vollstandigen matbematischen Tbeorie 
eine Berecbnung der Zahlenwerte nacb den besten bis dabin ausgefiihrten Messunaren. 
1")75. Fb. Mai'rolyci Photismi de lumine et umbra ad Perspectivam et radiorum inci- 
dentiam facieutes. Venetiis 1575. Messinae 1613. — Eine spatere Gesamtausgabe 
seiner optisehen Abhandlimgen fiihrt deu Titel: Fr. Maueoiyci, Abbatis Messa- 
nensis, tlieoremata de lumine et umbra, ad Perspectivam et radiorum incidentiam 
facientia; Diaphanorum partes seu libri tres, in quorum prime de perspicuis corpo- 
ribus, iu secundo de Iride, in tertio de organi visualis structura et eonspicillorum 
formis agitur: Problemata ad Perspectivam et Iridem pertinentia. His accesserunt 
Chbistoi'h. Clavii e. S. J. notae. Lugduni 1613. 
1583. Jo. Bapt. PdRTAE Neap, de refractione Optioes pai-te libri novem. Neapoli 1583. 
Liber III-VIII. 
1602. *Jo. Kei'ler ad Vitellionem paralipomena, quibus astronomiae pars optica traditur. 
Francofurti 1604. Cap. V. 
1611. Kepler, Dioptrice, seu demonstratio eorum, quae visui et visibilibus, propter eon- 
spicilla nou ita pridem inventa, accidunt. Augustae Vindelicorum 1611. 
1619. C. SiHEiNER, Oculus, sivo fuudameutum opticum. Innspruck 1619. London 1652. 
1695. HuYGENS (v 1695), Opera po.sthuma. Dioptrica. Lugduni 1704. p. 112. 
1759. W. PoRTERFiELD, A treatise on the eye. Edinb. 1759. Vol. I. Book 3. Chapt. 2*. 
1776. J. Priestlets Gescbichte der Optik; tibers. von G. S. Klueoel. Leipzig 1776 
(Altere Gescbichte; Bei-echnung der Brennweite S. 465)*. 
RuMBALL, Annals of Philos. IL 376. 
1813. Andrew Horn, The seat of vision determined. London 1813. 
1816. N. Th. MiJHLBACH, Inquisitio de visus sensu. Vindobonae 1816. 
Magendie, Precis eUmentaire de Physiologie. Paris. Vol. I. p. 59. 
1S17. Campbell, Annals of Philos. X. 17. 
Deutsches Archiv. IV. 110. 
J. Read, Annals of Philos. XV. 200. 
1825. C. J. Lehot, Nouvelle Thuorie de Vision. 1825. 
1828. G. R. Treviranus, BeitrJige zur Anatomie und Physiologie der Sinneswerkzeuge. 
Bremen 1828. Kap. I*. 
Muncke in Gehlebs Physikalischem Worterbuch ; neu bearbeitet. Leipzig 1828. 
Art. Gesicht. IV. 2. S. 1364*. 
1830. Plaqoe, Heckers Ann.alen 1830. S. 404. 
1834. Bartels, Beitriige zur Physiologie des Gesichtssinns. Berlin 1834. S. 61. 
1836. A. W. VoLKMANN, Untersuchung Uber den Stand des Netzhautbildchens. Poooen- 
DORFFs Ann. XXXVII. 342*. — Neue Beitrage zur Physiologie des Gesichtssinns. 
Leipzig 1836. Kap. IV. 
' Beitrag zur physiologischen Optik. Gottingen 1845. 
- R. Waoners Handworterbuch d. Physiologie. Art. Sehen. S. 286* 
' Ebenda Art. Dioptrik des Auges. 
100 Die Dioptrik des Auges. [89. 90.824. 
1837. JoH. Mile, Uber die Richtungslinien des Sehens. Poggendorpfs Anu. XLII. 37 
u. 23.")*. 
1838. VoLKMANN, PoGGENDORFFS Ann. XLV. 207*. (Erwiderung gegen den Vorigen.) 
1839. Gebling, tJber die Beobachtung von Netzhautbildern. Poggendorffs Ann. XLVI. 243*. 
Knochenuauee, Uber die Richtungsstrahlen oder Richtungslinien beim Sehen. Poggen- 
DOKPFs Ann. XLVI. 248*. 
1841. A. Bueow, Beitrage zur Physiologie und Physik des menschliehen Auges. Berlin 
1841. S. 16—93*. 
1842. VALLtE, Comptes rmdus. XIV. 481. 
W. Stamm, Uber Volkmanns Richtungslinien des Sehens. Poogendoeffs Ann. LVII. 
346*. 
3843. A. W. VoLKMANX, J. Mullers Archiv f. Anat. u. Physiol. 1843. S. 9 (gegen 
BuEow). 
1844. *L. Moser, Uber das Auge, in Doves Repertorium d. Physik. 6. 337 — 349'. 
1845. J. B. Listing, Beitrag zur physiologischen Optik. Gottingen 1845 (^abgedr. aus. d. 
Gottinger Studien). S. 7 — 21'. 
L. L. Vallee, Comptes rendus. XX. 1338. — Institut. No. 393. p. 166. 
1846. *A. W. VoLKMANN, Artikel Sehen in R. Wagnees Handworterbuch der Physiologie. 
III. 1. S. 281—290*. 
1847. F. C. Dondebs, Hollandische Beitrage zu den anat. u. phjsiol. Wissensch. I. S. 107 
bis 112*. 
1849. J. D. FoEBES, Note respecting the dimensions and refracting power of the eye. Pro- 
ceedings Edinb. Roy. Soc. Dezbr. 3. 1849. p. 251. — Silliman Journal. (2) XIII. 413. 
1851. *J. B. LisTrsG, Artikel Dioptrik des Auges in R. Wagnees Handworterbuch d. 
Physiol. IV. 451—504*. 
1854. H. Helmholtz, Graefes Archiv fiir Ophthalmologie. I. 2. S. 1 — 74*. 
Messungen der Brechungsverhaltnisse: 
1710. Ha^vksbee, Phil. Transact. 1710. p. 204. 
1785. A. Monro. II. on the structure and physiology of fishes, p. 60. 
1801. Th. Young, Phil. Transact. 1801. I. 40*. 
1818. Chossat, Bulletin des se. par la Soeiete philomat. de Paris. A. isis. Juin. p. 294. — 
Ann. de ch. et de ph. VIII. p. 217. 
1819. D. Beewstee, Edinb. Philos. Journ. 1819. Xr. 1. p. 47. 
1840. Cahours et Becqieeel, Institut. 1840. p. 399. 
1847. S. Pappenheim, Comptes rendus. XXV. 901. — Arch. d. sc. ph. et natur. VII. 78. 
QuESNEL, Revue seient. XXXII. 144. 
1849. Beetin, Comples rendus. XXVIII. 447. — Institut. 1849. No. 796. p. 105. — Ann. 
d. ch. et de ph. XXVI. 288. — Arch. d. sc. ph. et nat. XII. 45. — Poggendorffs 
Ann. LXXVI. 611. 
1850. Engel, Prager Vierteljahrsschrift fur prakt. Heilk. 1850. 1. 152. 
H. Mayee ebenda. 1850. IV. Beilage und 1851. IV. 92. 
1852. Rtba, ebenda. 1852. II. 95. 
1855. W. Keause, Die Brechungsindizes der durchsiclitigen Medien d. menschl. Auges. 
Hannover 1855*. 
Naclitrag. 
DoNDEEs gibt folgeude Ubersicht einer groBen Anzahl von Messungen der 
Hornhautkriimmung in der Gesichtslinie. Die jVIittelwerte derselben waren in 
Millimetern. 
A. Manner. 
1. 20 unter 20 Jaiu'en 7,932 
2. 51 unter 40 , 7,882 
3. 28 iiber 40 ,. 7^819 
4. 11 uber 60 ,, 7,809 
Mittel 7,858 
Maximum 8.396 
Minimum 7,28 
90. 824. 825. 
Zerstreuungsbilder auf der Netzhaut. 
101 
B. Weiber. 
1. 6 unter 20 Jahren 7,720 
2. 22 unter 40 ., 7,799 
3. 16 iiber 40 ., 7,799 
4. 2 iiber 60 ., 7,607 
Mittel 7.799 
Maximum 8.487 
Minimum 7,115 
1852—61. 
1 So7. 
1858. 
I860. 
1864. 
C. Nach der Sehweite. 
1. 27 Normalsichtige 7.785 
2. 25 Myopische 7.874 
3. 26 Hypermetropischc 7,96 
L. L. Vall6e, Theorie de loeil. C. R. XXXIV, 321—323; 718—720; 720—722 
789— 792; 872— 876. XXXV, 679— 681. LI, 678— 680. LII, 702— 703; 1020 bis 
1021. Mem. des savants etrangers. XII, 204—264. XV, 98—118; 119—140. 
W. Zehender, tjber die Brewster sche Methode zur Bestimmung der Brechungs 
exponenten fliissiger und i'estweicher Substanzen. Archiv fiir Opbthalmol. Ill, 2 
S. 99. 
N. Ldblmoff, Recherehes stir la grandeur apparente des objets. C. R. XL VII 
24—27. Ann. de ehimie. (3), LIV, 13—27. 
Breton, Note .lur une propriete du cristallin de Foeil humain. C. R. L, 498 — 499. 
GiRAOD Tel'lox, Nouvelle elude de la marehe des rayons lumineux dans roeil. 
Ann. doculistiqiie. 1864. 
F. C. Bonders, on the anomalies of accommodation and refraction of the eye. 
London, p. 38 — 71. 
§ 11. Zerstreuungsbilder auf der Netzhaut* 
Wenn Licht von einem leuchtenden Punkte in das Auge fallt, so bildet 
dasjeuige. welches durch die kreisi'ormige Pupille hindurchgegangen ist, hinter 
der Pupille einen Strahlenkegel, dessen Basis kreisformig und nach vorn, dessen 
Spitze nach hinten gekehrt ist, und dem Bilde des leuchtenden Punktes ent- 
spricht. .Tenseits ihres 
Vereinigungspunktes 
divergieren die Strahlen 
wieder. Es sei in 
Fig. 52 o der leuchtende 
Punkt, ft, ft,^ die Pupille. 
c der Konvergenzpunkt 
der Strahlen, cd die 
Verlangerung des Strahles he, ebenso od_^ die Verlangerung von 6„c. Wenn 
der Vereinigungspunkt der Strahlen gerade auf die Flache der Netzhaut 
trifft. so beleuchtet der einzelne leuchtende Punkt a nur einen einzelnen 
Punkt c der Netzhaut, und es wird ein deutliches Bild des leuchtenden 
Punktes entworfen. Wenn aber die Netzhaut vor oder hinter dem Vereinigungs- 
punkte der Strahlen, etwa in fj^^ oder in g^g,^ von dem Strahlenkegel getroffen 
wiirde. so wiirde nicht bloB ein einzelner Punkt, sondern eine dem kreistormigen 
Fig. 52, 
Vgl. Kap. 3 der nach dem ersten Abschiiitte folgenden Zusiitze! G. 
102 Die Dioptrik des Auges. [9]. 
Durchschnitte des Strahlenkegels eutsprechende Kreisflache der Netzhaut er- 
leuchtet werden. Man nennt einen solclieu von dem Licht eines leuchtenden 
Punktes auBerhalb des Auges beleuchteten Ki-eis der Netzhaut einen Zer- 
streuungskreis. Die Kreisfoi-m entspricht, wie aus dem Gesagten erhellt, der 
kreisformigen Gestalt der Pupille. Wird deren Form oder die Grundflache des 
einfallenden Lichtkegels geiindert, was namentlich auch dadurch geschehen kann. 
da6 man einen Schirm mit einer beliebig gestalteten kleinen Offnung von 
kleinerem Durchmesser als die Pupille dicht vor die Hornhaut bringt. so er- 
halten auch die Zerstreuungsfelder eine entsprechende andere Form, welche. auf 
den mittleren Teilen der Netzhaut wenigstens, der Grundflache des Strahlen- 
kegels immer geometrisch ahnlich ist. Sehr kleine Zerstreuungsbilder im Auge. 
welche in geringer Entfernung vom Vereinigungspunkte der Strahlen auf der 
Netzhaut entworfen werden, zeigen auffallende Abweichungen von diesen Regeln, 
wovon wir in § 14 weiter handeln werden. 
Objektiv kann man das Entstehen der Zerstreuungsbilder leicht nachahmen, 
indem man eine Sammellinse aufstellt, vor ihr in einiger Entfernung ein kleines 
Licht, oder besser einen Schirm mit einer engen Oifnung, durch welche ein 
Licht scheint, und das Bild dieses Lichtes hinter der Linse auf einem weiBen 
Papiere auffiingt, welches man der Linse bald nahert, bald von ihr entfernt. 
Dabei sieht man, daB nur in einer gewissen Entfernung von der Linse das 
Bild des Lichtpunktes scharf gezeichnet und punktformig ist, sonst sich zu 
lichten Kreisen ausdehnt. 
Bringt man vor der Linse als Objekt eine helle Linie an, z. B. einen 
schmalen Spalt in einem dunklen Schirme, hinter welchem ein Licht steht, so 
decken sich die Zerstreuungskreise der einzelnen heUeu 
f^\ Punkte dieser Linie, wie in Fig. 53 b angedeutet ist, teil- 
weise, und es erscheint statt der scharfen Linie a eine helle 
Figur ahnlich der c. 
Wird eine scharf begrenzte gleichmaBig helle Flache 
K^ in einem Zerstreuungsbilde abgebildet, so bleibt die Mitte 
der Flache in unveranderter Helligkeit, die Pander aber 
erscheinen verwaschen, so daB an ihnen die Helligkeit der 
Mitte der Flache allmahlich in die Helligkeit des umgebenden Grundes ilbergeht. 
Dergleichen Zerstreuungsbilder konnen nun auch im Auge entworfen 
werden. Allerdings konnen wir nicht die Netzhaut willkiirlich hin- und her- 
riicken gleich dem Papierschirme bei der beschriebenen objektiven Darstellung 
der Zerstreuungsbilder, aber wir konnen den leuchtenden Punkt dem Auge 
aahern und ihn davon entfernen, so daB sein Bild im Glaskorper vor- und 
zuriickweicht, Wie bei einem jeden optischen Systeme von kugeligen brechenden 
Flachen liegen die Bilder verschieden entferuter Gegeustande auch beim Auge 
in verschiedenen Entfernungen von den brechenden Flachen. Das Bild eines 
unendlich weit entfernten hellen Punktes liegt in der hinteren Brennebene des 
Auges, das Bild eines naheren leuchtenden Punktes hinter der Brennebene. 
Wenn also eines von diesen Bildern auf die Netzhaut fallt und scharf ge- 
zeichnet ist, so bildet das andere notwendig einen Zerstreuuugskreis. Daraus folgt: 
W ir konnen verschieden weit vom Auge entfernte Gegenstlinde 
nicht gleichzeitig deutlich sehen. 
Um sich davon zu iiberzeugen, halte man in der Entfernung von etwa 
6 Zoll vor dem Auge einen Schleier oder anderes dm-chsichtiges Gewebe, und 
92. 93.1 Akkommodation. 103 
dahinter in etwa 2 Fu6 Entfernung ein Buch, und schlieBe ein Auge, so wird 
man sich leicht iiberzeugen. daB man es in seiner Gewalt hat, nacheinander 
bald die Faden des Schleiers. bald die Buchstaben des Buches zu betrachten 
und deutlich zu sehen, daB aber die Buchstaben uudeutlich werden, wahrend 
man die Faden des Schleiers betrachtet, und daB der Schleier nur noch als 
eine leichte gleichmilBige Verdunkelung des Gesichtsfeldes erscheint, wahrend 
man die Buchstaben fixiert. Wenu man, ohne die Richtung des Auges zu ver- 
andern, bald den naheren, bald den ferneren Gegenstand betrachtet, fiihlt man 
bei jedem solchen Wechsel. daB das Auge eine gewisse Anstrengung macht. 
um den Wechsel zustande zu bringen. 
Denselben Versuch kann man mannigfach variieren. Man wende sich nach 
einem Fenster und halte etwa 6 ZoU vor dem Auge senkrecht eine Nadel, so 
daB sie einen der horizontalen Stabe des Fensters kreuzl, so kann man ent- 
weder die Nadel iixieren, wahrend dabei der Stab des Fensterkreuzes als ver- 
waschener dunkler Streifen erscheint. oder das Fensterkreuz und die Gegenstande 
der Landschaft drauBen Iixieren, wahrend die Nadel nur noch als ein ver- 
waschener dunkler Streifen im Gesichtsfelde erscheint. Ebenso, wenn man 
durch ein Loch von 1 bis 2 Linien Durchmesser nach fernen Gegenstanden 
sieht. kann man bald diese, bald die Rander des Loches scharf sehen, nie aber 
beide zugleich. Indessen ist der Versuch in seiner ersten Gestalt am iiber- 
raschendsten. und dabei zugleich jeder Verdacht, daB eine Anderung in der 
Richtung der Sehachse von EinduB sei, am besten beseitigt. 
Bei alien diesen Versuchen iiberzeugt man sich, daB, wenn man auch nicht 
gleichzeitig zwei verschieden entfernte Gegenstande deutlich sehen kann. es 
doch gelingt, indem man sie nacheinander betrachtet, und daB man willkiirlich 
bald den einen. bald den anderen deutlich. mit scharf begrenzten Umrissen 
erblicken kann. 
Die eigentiimliche Veranderung. welche im Zustande des Auges vor sich 
geht, um bald feme, bald nahe Gegenstande deutlich zu sehen, nennt man die 
Akkommodation oder Adaptation* des Auges fiir die Entfernung des Objekts. 
Ftir sehr feme Objekte kann sich die Entfernung des Objekts sehr be- 
triichtlich verandern. ohne daB die Entfernung seines optischen Bildes von den 
Haupti)unkten des Auges sich merklich andert. Wenn ein Auge fiir unendliche 
Entfernung akkommodiert ist, so sind die Zerstreuungskreise auch fiir Objekte 
von etwa 12 Meter Entfernung immer noch so klein. daB keine merkliche Un- 
deutlichkeit des Bildes entsteht. Ist aber das Auge fiir einen nahen Gegenstand 
akkommodiert, so erscheinen Gegenstande in sehr kleinen Distanzen vor oder 
hinter jenem schon undeutlich. Den Teil der Gesichtslinie, in welchem die bei 
einem gegebenen Akkommodationszustande des Auges ohne merkliclie Undeut- 
lichkeit sichtbaren Objekte liegen, hat J. Czeemak die Akkommodationslinie 
genannt. Die Liinge dieser Akkommodationslinien ist desto groBer. je weiter 
ihr Abstaud vom Auge ist, und fiir einen sehr groBen Abstand unendlich groB. 
Von dem angegebenen Verhalten kann man sich leicht iiberzeugen. wenn 
man vor einem bedruckten Blatte in der Entfernung eines oder einiger Zolle 
eine Spitze als Fixationspunkt befestigt. Niihert man sich mit dem Auge der 
Spitze, so weit man sie deutlich sehen kann, und akkommodiert das Auge fiir 
die Spitze, so erscheinen die Buchstaben undeutlich; je weiter man sich aber 
* Letztere Bezeichnurii; ist iiiclit im-hr gebrauchlich. G. 
104 Die Dioptrik des Auges. 1 93. 94. 
entfernt, iinmer das Auge fur die Spitze akkommodierend . desto deutlicher 
werden sie. 
Eben weil die Zerstreuuiigskreise ferner Gegenstande sehr klein sinil, wenn 
das Auge fiir andere feme Gegenstande akkommodiert ist. ist es auch moglich 
zu visiei-en. d. h. zu erkennen, ob verschieden entfernte Punkte an einer 
Stelle des Gesichtsfeldes liegen. Streng genommen kann man immer nur einen 
der beim Visiereu betrachteten Punkte deutlicb sehen, die anderen in groBeren 
und kleineren Zerstreuungskreisen. Eine genaue Deckuiig zweier Punkte 
nehmen wir an, wenn der deutlich gesebene Punkt in der Mitte des Zerstreuungs- 
bildes des anderen liegt. Eine Linie, welche durch zwei sich deckende Punkte 
gezogen ist, nennen wir Visierlinie. Die Visierlinien kreuzen sicb in eineni 
Punkte des Auges, namlich im Mittelpunkte des von der Hornhaut entworfenen 
Bildes der Pupille, dem Kreuzungspunkte der Visierlinien.* 
DaB bei der Akkommodation nicbt bloB, wie mebrere Physiologen frliher 
annabmen, die Art, wie das Netzbautbildcben empfundeu wird. sicb verandere, 
sondern daB das optische Bild auf der Netzbaut selbst Veranderungen erleide, 
liiBt sicb am unzweifelbaftesten bei der Untersucbung eines lebenden Auges mit 
dem Augenspiegel nachweisen. Durcb dieses Instrument, welcbes in § 16 be- 
scbrieben werden wird, kann man den Hintergrund des Auges, also die Netzhaut 
mit ibren GefaBen und die auf ihr entworfenen Bilder, deutbcb seben. LaBt 
man das beobacbtete Auge einen Gegenstand in einer gewisseu Entfernung 
fixieren, so findet man, daB das Bild eines Licbtes, welches in derselben Ent- 
fernung steht. auf der Netzbaut ganz sebarf entworfen wird, wiibrend man in 
dem hellen Grunde des Bildes auch die GefiiBe und sonstigen anatomiscben 
Einzelheiten der Netzhaut deutlich siebt. Wenn man aber das Licht sehr 
nahert. wird sein Bild undeutlich. wahrend die Einzelheiten des Gewebes der 
Netzhaut deutlich bleiben. Die Versucbe, die Veranderungeu der Bilder an 
toten Augen. denen man den hinteren Teil der Sclerotica und Chorioidea weg- 
genommen hatte. zu seben, oder an Augen weiBer Kaninchen, deren Sclei-otica 
sehr durcbscbeineud ist, sind meist gescbeitert, weil unter diesen Umstiindeu 
die Bilder iiberhaupt nicht mehr genau genug sind. um kleine Veranderungen 
an ihnen wabrzunehmen. .\uch fiir das lebende Auge sind nur an verhaltnis- 
maBig feinen Gegenstanden die Veranderungen des Bildes bei veranderter 
Adaptation auftallig. GrijBere Gegenstande erkennen wir auch bei unpassender 
Akkommodation nocb ibrer Form nach. In dem Netzhautbilde eines toten 
Auges erscheinen aber iiberhaupt nur nocb groBere Objekte, die feineren sind 
verwischt, wie man sogleich erkennt. wenn man es kiinstlich vergroBert, so daB 
die Bilder dem Beobachter in iibnlicher GroBe erscheinen. wie sie dem be- 
obachteten Auge, als es lebte, erscbienen waren. 
Eine nocb niihere Erliiuterung der Adaptationserscheinungen und der ver- 
schiedenen Lage des Vereinigungspunktes der Strahlen zur Netzhaut gibt der 
ScHEiNERscbe Versuch. Man steche durch ein Kartenblatt mit einer Nadel 
zwei Locher. deren E]ntfernung kleiner ist als der Durchmesser der Pupille, und 
blicke nun durcb die beiden Locher nach einem feinen (Tegenstande bin, der 
sich dunkel auf hellem Grunde oder hell auf dunklem Grunde scharf abzeichnet, 
* Da das Visieren die zentrale Sehscharfe erfordert, so kanu eigeutlioh nur vou eiuer 
einzigen Visierlinie die Rede sein. Dieselbe trift't nach der Brechung im Auge den Mittel- 
puukt der Netzhautfovea. G. 
94. 96. 
ScHEiNEES Versuch. 105 
z. B. iiach einer Nadel. die man vor den hellen Hintergrund des Fensters halt, 
und zwar vertikal. wenn die Locher des Kartenblatts horizontal nebeneinander 
liegen, dagegen horizontal, wenn letztere vertikal iibereinander stehen. Fixiert 
man nun die Nadel selbst, so sieht man sie einfach, fixiert man dagegen einen 
naheren oder ferneren Gegenstand, so trscheint sie doppelt. Schiebt man dann 
von der Seite her einen Finger iiber das Kartenblatt, so daB er eines der 
Locher verdeckt, so tindet man in dem Falle, wo das Bild der Nadel einfach 
ist, keine andere Veriinderung, als daB das Gesichtsfeld dunkler wird. Sieht 
man dagegen die Nadel doppelt. so verschwiudet beim Verdecken der Offnung 
eines der Doppelbilder, wahrend das andere unverandert stehen bleibt, und 
zwar verschwindet, wenn man einen ferneren Gegenstand. als die Nadel ist, 
fixiert. das linke Bild der Nadel beim Verdecken des rechten Loches; wenn 
man aber das Auge fur einen naheren Gegenstand eingerichtet hat, verschwindet 
das rechte Bild beim Verdecken des rechten Loches. Hat man sich noch nicht 
geniigend geiibt, das Auge fiir die Nahe und Feme zu akkommodieren. ohne 
daB man einen entsprechenden Fixationspunkt hat, so stelle man zwei Nadeln 
hintereinander vor einem hellen Hintergrunde auf, die eine in 6 Zoll, die 
andere in 2 FuB Entfernung, die eine horizontal, die andere vertikal, und fixiere 
die eine, um die Doppelbilder der anderen zu sehen, wobei man natiirlich die 
Locher des Kartenblatts stets quer gegen die Eichtung der Nadel stellen muB. 
welche doppelt erscheinen soil. 
Macht man drei Locher in ein Kartenblatt, welche nahe genug zusammen- 
steheu. um gleichzeitig vor die Pupille gebracht zu werden, so erscheinen drei 
Bilder der Nadel. Haben die Locher die Stellung wie in Fig. 54 a, so er- 
scheinen bei der Akkommodation fur einen ^ / <" 
naheren Gegenstand drei Nadeln in der , ? o? ? 
Stellung wie bei b, so daB ihre Kopfe die 
Stellung der Locher in gleichem Sinne 
wiedergeben. Bei der Akkommodation ftir pj^ ^^ 
einen ferneren Gegenstand erscheinen die 
Nadeln in der Stellung c, so daB ihre Kopfe ein umgekehrtes Bild von der 
Stellung der Locher geben. Ganz dieselben Doppelbilder zeigen sich. wenn 
man einen hellen Gegenstand auf dunklem Grunde, eine Offnung eines dunklen 
Schirms, durch welche Licht fallt, oder ein Nadelkopfchen, welches Sonnenlicht 
reflektiert. betrachtet. 
Die Erklarung dieser Versuche ergibt sich leicht aus entsprechenden Ver- 
suchen mit Glaslinsen. Es sei Fig. 55 h eine Sammellinse, vor welcher ein 
undurchsichtiger Schirm mit zwei Offnungen e und /" angebracht ist; a sei ein 
leuchtender Punkt und c der Vereinigungspunkt fiir seine Strahleu, nachdem 
sie durch die Linse gegangen sind. Es werden demgemaB alle Strahlen der 
beiden Strahlenbtindel, welche durch die beiden Offnungen des Schirms e und /" 
gehen, sich im Punkte c schneideu, und ein weiBer Schirm, welcher in c an- 
gebracht ist, wird nur eine helle Stelle als Bild des Lichts zeigen. Ein Schirm 
aber, der vor dem Vereinigungspunkte in m m, oder hinter ihm in 1 1, angebracht 
ist, wird die den beiden Offnungen entsprechenden Strahlenbtindel gesondert 
auffangen und zwei helle Stellen zeigen. Denkt man sich statt der Glaslinse 
die brechenden Mittel des Auges. statt des Schirms die Retina gesetzt, so ergibt 
sich analog, daB ein Punkt der Retina vom Lichte getroffen wird. wenn ihre 
Fliiche durch den Vereinigungspunkt der Strahlen geht, zwei Punkte dagegen, 
106 
Die Dioptrik des Auges. 
[95. 98. 
wenn sie sich vor oder binter dem Vereinigungspunkte der Strahlen befindet. 
Die Stelhing des Scbirms in m entspricbt dem Falle, wo das Auge fiir einen 
ferneren, die bei I, wo es fiir einen niiberen Gegenstand akkommodiert ist. 
Nur ein scheinbarer Widersprucb zeigt sicb. Wenn man namlicb in dem Ver- 
sucbe mit der Glaslinse die obere Offnung e des durcbbrocbenen Scbirms 
verdeckt, verscbwindet bei der Stelluug des Scbirms in m das gleicbseitige 
obere Bild. bei dem fernsebenden Auge aber das entgegengesetzte. Bei der 
Stellung des Scbirms in I verscbwindet umgekebrt bei der Glasbnse das ent- 
gegengesetzte. in dem nabsebenden Auge dagegen das gleicbseitige Bild. Der 
Widersprucb erklart sicb dadurcb. da6 die Bilder auf der Netzbaut stets um- 
gekebrt sind, also einem tiefer begenden licbten Gegenstande ein bober stebendes 
Bild auf der Netzbaut entspricbt. Wird also die in m stebende Netzbaut bei 
Fig. 55. 
ji und q von Licbt getroifen, so scbbeBt der Sebende von dem oberen Punkte ;/ 
auf einen im (iesicbtsfelde unterbalb des wirklicben leucbtenden Punktes bei P 
liegenden Gegenstand, und aus dem unteren Punkte q auf einen oberbalb bei 
Q liegenden. Wird die Oifnung e verdeckt. so verscbwindet demnacb der obere 
belle Punkt p auf der Netzbaut, und der Experimentierende glaubt desbalb den 
Gegenstand P verscbwinden zu seben, welcber der verdeckten Offnung entgegen- 
gesetzt ist. Umgekebrt beim Fixieren eines naben (_4egenstandes, wo die Netz- 
baut dem Scbirme in I entspricbt. 
Bringt man vor der Glaslinse einen Scbirm mit drei Oft'nungen, wie in 
a Fig. 54, an, so entsteben aucb drei licbte Punkte auf dem in m oder / ge- 
stellten Scbirme, und zwar in m gleicb, in I dagegen entgegengesetzt gericbtet 
als auf dem vorderen Scbirme; also wieder umgekebrt, als es scbeinbar im 
Auge der Fall ist, was sicb in derselben Weise erklart, wie eben gescbeben ist. 
Bringt man vor die Glaslinse einen Scbirm mit einer Offnung, und bewegt 
ihn bin und ber, so bleibt das Bild des licbten Punktes unbeweglicb, wenn 
(siebe in Fig. 55) der Vereinigungspunkt c der Licbtstrablen in den auffangen- 
den Schirm fallt. Stebt dieser Scbirm aber vor c in m, so bewegt sicb das 
Bild in demselben Sinne wie die Ofl'uung vor dem Glase. Stebt der auffangende 
Scbirm in / binter dem optiscben Bilde, so bewegt es sicb in entgegengesetzter 
Ricbtung. Entsprecbendes findet beim Auge statt. Siebt man durcb eine kleine 
Offnung eines Kartenblattes nacb einer Nadel, fixiert einen fernen Gegenstand 
und bewegt das Kartenblatt, so bewegt sicb die Nadel scbeinbar in entgegen- 
gesetztem Sinne. Fixiert man dagegen einen naberen Punkt, so bewegt sie sich 
in gleicbem Sinne wie das Kartenblatt. Die Erkliirung dieser Versucbe ergibt 
sicb leicbt aus dem Vorausgescbickten. wenn man fur Fig. 55 annimmt. daB 
der Scbirm nicbt zwei Ofl'nungeu. sondern nur eine bat. die sicb bald in e. bald 
in /■ befindet. 
9a. 97.] 
Zerstreuungsbilder aut' der Netzhaut. 
107 
Fig. 56. 
Man kann einen Schirm mit enger Offnung, welche man vor das Auge 
bringt, auch benutzen, um Gegenstande deutlich zu sehen, fiir welche man das 
Auge nicht akkommodieren kann. Die Grundfliiche des in das Auge eindringen- 
den Strahlenkegels wird dadurch kleiner, und in demselben Verhaltnisse auch 
alle seine Querschnitte, zu denen auch der Zerstreuungskreis auf der Netz- 
haut gehSrt. 
Wenn man einen nahe vor dem Auge betindUchen Gegenstand, der deshalb 
im Zerstreuungsbilde erscheint, durch eine feine Offnung betrachtet, erscheint 
er aus dem angefiihrten Grunde deutlich und auBerdem vergroBert. .Ta. er er- 
scheint sogar groBer. als wenn man ihn ohne Ofl'nung bei derselben Entl'ernung 
im Zerstreuungsbilde betrachtet. Seine VergroBerung wird um so bedeutender, 
je mehr man die Offnung vom Auge entfernt. Diese Erscheinungen erkliiren 
sich auf folgende Weise. 
Es seien in Fig. 56 a und 
h zwei leuchtende Punkte 
des Objekts, S der Schirm, 
J das Auge. Vom Punkte a 
fallt durch die Offnung des 
Schirms nur der Licht- 
strahl am^ in das Auge, 
Ton b h m^. 1st [3 u das 
dem Objekte ah entspre- 
chende Bild, welches die 
Augenmedien entwerfen. 
so geht der Strahl am^ 
nach der Brechung nach u und schneidet die Netzhaut in f\ der Strahl hm.^ 
geht dagegen nach ^ und trifft die Netzhaut in g. Zieht man von /' und g aus 
die Linien fif und gy durch den Knotenpunkt des Auges k, so geben diese 
die Richtungen an, in welchen leuchtende Punkte beim gewohnlichen deut- 
lichen Sehen liegeu miiBten, um sich in /' und g abzubilden. In diese Linien 
verlegt unser Urteil deshalb auch die Punkte a und h. 
Wenn der Schirm sich vom Auge entfernt und dem Objekte nahert, ist 
leicht ersichtlich, daB die Punkte m^ und m^ und ebenso die Linien m^ u und 
Wj/? mit den Punkten f und g sich von der Augenachse entfernen miissen. 
Das Netzhautbild wird in diesem Falle also groBer. 
Nehmen wir den Schirm weg, so entvvirft jeder lichte Punkt des Objekts 
einen Zerstreuungskreis. Die Mittelpunkte der Zerstreuungsbilder von a und h 
sind dann auf der Netzhaut weniger voneinander entfernt als die Punkte /' und g. 
wo diese Punkte bei vorgehaltenem Schirme sich abbilden. Der Mittelpunkt 
der Zerstreuungskreise wird bestimmt durch den Achsenstrahl des Strahlenkegels, 
d. h. durch den Strahl, welcher durch den Mittelpunkt der Pupille gegangen 
ist. Es sei I dieser Punkt. Der von a durch I nach u gehende Strahl trifft 
dann die Netzhaut in i, der von b durch / nach /J gehende in h. Die Punkte h 
und i sind also die Mittelpunkte der Zerstreuungsbilder, wenn der Schirm ent- 
fernt wird. Sie liegen einander nilher als die Punkte /" und g. 
Sieht man dagegen durch eine enge ( )ffnung nach entfernten Gegenstilnden, 
wahrend man das Auge fiir die Nahe akkommodiert, so erscheinen die Gegeu- 
stiinde kleiner, und desto kleiner, je weiter man die Offnung vom Auge 
entfernt. 
108 Die Dioptrik des Auges. [97. 98. 
Die Entfernungen, fiir welche sich das menschliche Auge akkommodieren 
kanii, sind bei verschiedenen Individuen sehr verschieden. Man nennt den dem 
Auge nachsten Punkt, fin- den eine voUstaiidige Akkommodation ausgefuhrt 
warden kann. den Nahepunkt. den entferntesten den Fernpunkt der Ak- 
kommodation. Bei normalen Augen pilegt der Nahepunkt in 4 bis 5 Zoll Ent- 
fernung zu liegen, der Fernpunkt in sehr groBer, vielleicht zuweilen unendlicher 
Entfernung. Eine unendliche Entfernung des Fernpunktes scheint aber doch. 
selbst bei Leuten, die im Freien leben und nur feme Gegenstande zu betrachten 
haben. mindestens eine groBe Seltenheit zu sein. da ganz allgemein eine strahlige 
Figur von den Menschen als Stern bezeichnet zu werden pflegt. und die All- 
gemeinheit dieses Sprachgebrauchs darauf hinweist, daB sie die Sterne strahlig 
sehen, was wiederum ein Zeichen ist, daB sie nicht fur unendliche Feme adap- 
tieren, wie in § 14 auseinandergesetzt werden wird. 
Kurzsichtige oder myopische Augen nennt man solche, deren Fern- 
punkt in geringer Entfernung, oft nur wenige Zoll vom Auge liegt; der Nahe- 
punkt riickt dabei gewohnlich ebenfalls sehr viel niiher. Weitsichtige oder 
presbyopische Augen nennt man dagegen solche, deren Nahepunkt weiter 
entfernt ist, oft mehrere FuB vom Auge absteht. Der Fernpunkt dieser Augen 
scheint im allgemeinen nicht in demselben Verhaltnisse in die Feme zu riicken. 
vielmehr stehen zu bleiben, so daB die Breite ihrer Akkommodation iiberhaupt 
eine geringere wird, und die Fiihigkeit einer Veranderung des brechenden 
Apparates auch wohl ganz verloren geht. Nur als seltenere krankhalte Yer- 
bildung und nach der Entfernung der Kristallinse durch Staroperationen kommen 
so weitsichtige Augen vor, welche imstande sind, konvergierend in das Auge 
fallende Strahlen auf der Netzhaut zu vereinigen. also z. B. unendlich entfernte 
Gegenstande durch schwache Sammellinseu deutlich zu sehen. Kurzsichtigkeit 
pflegt die Folge solcher Beschaftigungen zu sein, bei denen nahe Gegenstande 
anhaltend und scharf betrachtet werden. Weitsichtigkeit pflegt im hoheren 
Alter zu entstehen. daher der griechische Name Prespyopie (von TtoBcr^vi, der 
Greis); auch kommt bei Schiffei'n, Hirten, Jagern und anderen Personen, welche 
meist nur auf feme Gegenstande ihre Aufmerksamkeit zu richten haben. eine 
Unfahigkeit, das Auge fiir nahe Gegenstande zu akkommodieren, vor, welche 
durch Mangel an Ubung bedingt zu sein scheint. Das bekannte Mittel, den 
Beschwerden dieser Zustiinde abzuhelfen, ist der Gebrauch von Brillen. Kurz- 
sichtige gebraucheu konkave Linsen, welche von femen Gegenstiinden niihere 
Bilder entwerfen, die bis an den Fernpunkt des betrefi'enden Auges herangeruckt 
werden miissen. Weitsichtige gebraucheu konvexe Linsen, welche von nahen 
Gegenstiinden entfemtere Bilder entwerfen, fiir welche ein solches Auge sich 
akkommodieren kann. 
Wenn man das Auge in Wasser taucht, tiillt die Brechung der Licht- 
strahlen an der Hornhaut fast ganz fort, und es bleibt nur die in der Kristall- 
linse wirksam, welche nicht hinreicht, um deutliche Bilder auf der Netzhaut zu 
entwerfen. Das Auge verhiilt sich dann wie ein iiberweitsichtiges, und braucht 
eine stark konvexe Liuse als Brille, um irgend etwas zu erkennen. 
Um die Gi'oBe der Zerstreuungskreise berechnen zu konnen, bemerke man 
zunachst, daB alle Strahlen, die auBerhalb des Auges auf die scheinbare (d. h. 
durch die Hornhaut gesehene) Pupille* hinzielen, nach der Brechung in der 
* Uie nunraelir sogenauute Eiutrittspupille. (i. 
GroBe der Zerstreuungskreise. 
109 
Hornhaut die wirkliche Pupille treiFen, und daB sie im Grlaskorper so verlaufen, 
als kamen sie von dem Bilde* der Pupille her, welches die Linse nach hinten 
zu entwirft. Es ergibt sich dies sogleich aus dem BegrifFe des optischen Bildes. 
EiB gewisser Punkt der wirklichen Pupille und der koi-respondierende Punkt 
ihres Hornhautbildes sind in Riicksicht auf die Brechung an der Hornhaut 
korrespondierende Vereinigungspunkte der Lichtstrahlen. Strahlen, die von dem 
Punkte der wu'klichen Pupille aus nach vorn geheu, scheinen vor dem Auge 
von dem Bilde dieses Punktes zu kommen, und umgekehrt, Strahlen, welche in 
der Luft nach einem Punkte der scheinbaren Pupille konvergieren, miissen sich 
nach der Brechung an der Hornhaut in dem entsprechenden Punkte der wirk- 
lichen Pupille vereinigen. 
Listing nimmt flir sein schematisches Auge an, daiS die Iris ^3 imn 'voi- 
der vorderen Linsentlache liege, und berechnet. da6 alsdann ihr von der Linse 
entworfeues Bild um Y15 vergroBert und um 0,055 mm nach hinten geriickt sei. 
Verlegt man dagegen die Pupille dicht an die Vorderflache der Linse, was 
naturgemaBer ist, so betriigt die VergroBerung nur etwa ^/^g (genauer '/^g), und 
sie wird um 0,113 mm nach hinten geriickt. Behalt man die iibrigen Data von 
Listings schematischem Auge bei, so wiirde der Abstand des Linsenbildes der 
Pupille von der Netzhaut gleich 18,534 mm zu setzen sein. Durch die Horn- 
haut wiirde dieselbe Pupille dagegen um \/, (genauer i^/g^) vergroBert und um 
0,578 mm vorgeriickt erscheinen. 
Die GroBe der Zerstreuungski'eise auf dem mittleren Telle der Netzhaut 
liiBt sich auf folgende Weise berechnen. Es sei Fig. 57 gf die Augenachse, 
qg ein vor dem .Auge liegendes Objekt, und die Linie qg senkrecht gegen fg. 
Es sei ferner p das 
Bild von q und /' von 
g; ud die Netzhaut, 
welche wir als eine 
auf die Augenachse 
senkrechteEbene be- 
trachten , da nur 
Bilder auf der Mitte 
der Netzhaut in Be- 
tracht gezogen werdeu sollen; ab sei das Linsenbild der Pupille, ^BdasHorn- 
hautbild, beide senkrecht gegen die Augenachse, die von ihren Ebenen in den 
Punkten c und C geschnitten wird. Die von dem Rande der Pupille aus- 
gehenden Strahlen ap und hp schneiden die Netzhaut in a und ^, so daB «/? 
ein Durchmesser des Zerstreuungskreises ist, dessen GroBe berechnet werden 
soil. Da ab parallel ud ist, ist nach bekannten geometrischen Siitzen: 
ap : ap = ab:u (3 
ap:ap — cf:df, also auch 
of 
Fig. 57. 
la) 
Fiillt die Ebene der Netzhaut mit der hinteren Brennebene des Auges zusammen, 
und ist D der vordere Brennpunkt des Auges, so konnen wir wie in § 9 Glei- 
Die Austrittspupille. G. 
110 Die Dioptrik des Auges. U^, 
chung 8) bezeichnen CD mit H^. cd mit H.,. Cg mit h^, cf mit k, (sta,tt h^^ _^_^) 
und haben danu wie dort 
— ^ + ^ = 1 Oder 
\ K 
E^^k^-H^^df^ also 
«1 «2 of 
uB=ah-^' lb). 
K 
Wenii c der Mittelpunkt des Linsenbildes der Pupille ist, also ae — be. und 
der Strabl cj) die Netzbaut in ;' schneidet, so ist / der Mittelpunkt des Zer- 
streuungskreises. Dean wegen des Parallelismus von a b und a ft verhillt sich 
a a: be = ay: ft y 
ac = bo, folglich 
ay = fty. 
Der Strabl also, welcber die Mitte des Zerstreuungskreises triflft, geht im Glas- 
korper verlilngert durcb den Mittelpunkt des Linsenbildes der Pupille. Wir 
konnen binzusetzen, er geht in der vorderen Kammer in der Tat durch den 
Mittelpunkt der wirklichen Pupille und in der Luft verlangert durcb den Mittel- 
punkt des Hombautbildes der Pupille. 
Daraus folgt, da6, wenn die Mittelpunkte der Zerstreuungskreise fiir zwei 
ungleicb vom Auge entfernte Punkte aufeinander fallen, der nacb diesem ge- 
meinsamen Mittelpunkte von dem Mittelpunkte des Linsenbildes der Pupille 
gebende Strabl beiden Strablensystemen gemeinsam sein mu6. Die Fortsetzung 
dieses gemeinsamen vStrabls vor dem Auge mu6 also auch beide leucbtende 
Punkte treffen, und wird verlangert durch den Mittelpunkt des Hombautbildes 
der Pupille gehen. Dasselbe wird der Fall sein, wenn das eine Zerstreuungs- 
bild sich auf einen Punkt reduziert, der im Mittelpunkte des anderen Zer- 
streuungskreises liegt. 
Beim Visieren decken sich zwei ungleich entfernte Punkte, wenn das Bild 
des einen in die Mitte des Zerstreuungsbildes des anderen fallt, oder die Mittel- 
punkte beider Zerstreuungsbilder aufeinander fallen, falls beide undeutlicb ge- 
sehen werden. Die sie verbindende gerade Linie haben wir Visierlinie ge- 
nannt. Sie mu6 nach der eben gemachten Auseinandersetzung mit dem Strahle 
zusammenfallen, der nach dem Mittelpunkte des Hombautbildes der Pupille 
geht, und dieser letztere Punkt wird deshalb der Kreuzungspunkt aller Visier- 
linien sein. 
Der Begrilf des Gesichtswinkels hiingt hiermit nahe zusammen. Wenn 
man sagt, da6 Objekte, die unter gleichem Gesichtswinkel erscheinen, gleiche 
scheinbare GroBe haben, so mu6 man den Scheitel des Gesichtswinkels in den 
Kreuzungspunkt der Visierlinien legen. Gewohnlich hat man ihn aber in den 
Kreuzungspunkt der Ricbtungslinien (den ersten Knotenpunkt) verlegt, und wenn 
es sich urn Fiille handelt, wo die beiden gesehenen Punkte nacheinander direkt 
gesehen werden, wiirde man ihn in den Drehpunkt des Augapfels legen miissen. 
Fiir sehr weit entfernte Punkte wird die GroBe des Gesichtswinkels dadurch 
nicht verandert, fiir nahe aber allerdings. 
Optometer. 
Ill 
Ich ftlge hier noch eine kleine Tafel bei, welche Listing tiir sein schema- 
tisches Auge unter der Annahme berechnet hat, daB die Netzhaut in der zweiten 
Brennebene des Auges liege, und die Pupille 4 mm Durchmesser habe. Es 
sind darin augegeben unter l^ die Entfernungen des leuchtenden Punktes von 
dem vorderen Brennpunkte nach vorn, unter 1^ die des Bildes von der Netz- 
haut nach hinten, unter x der Durchmesser des Zerstreuungskreises. Die Rech- 
nung ist ausgeluhrt nach der Gleichung § 9 8c) 
I, I, = F^ F., 
Das Produkt F^ F^ ist fiii- Listings schematisches Auge gleich 
301,26 QuadratmilUmeter. (Als runde Zahl gentigt 300.) 
und § 11 la 
^1 
k 
- 
00 
mm 
mm 
6.1 Meter 
0,00.-) 
11,0011 
25 
0,012 
0,0027 
12 
0,025 
0,005(; 
6 
0,050 
0,0112 
3 
0,100 
0,0222 
1,5 
0,200 
0,0443 
0,75 
0,40 
0,0825 
0,375 
0,80 
0,1616 
0,188 
1,60 
0,3122 
0,094 
H,20 
0,5768 
0,088 
3.42 
0,6484 
Man sieht aus dieser Tabelle auch. wie wenig sich die Lage des Bildchens 
andert, wenn die sich andernde Entfernung des Objekts noch sehr groB ist. 
und wie schnell das Bildchen sich von der Netzhaut entfernt. wenn das Objekt 
in geringerer Entfernung vom Auge sich mehr und mehr nahert. 
Um zii ermitteln. fiir welche Entt'eniuugeu sich ein Auge akkommodiereii kaiiii. 
sind verschiedene Instnimente. Optometer, vorgeschlagen worden. 
Die zuerst sich darbietende Methode. nach welcher wir im taglicheu Leben 
Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit zu unterscheiden pflegen. ist die. zu beobachteu. 
ill welcher Entfernung kleiiiere Gegeiistaude. z. B. Buchstaben. am besten geselieii 
werden. Indessen ist dabei keiue groBe (Teuauigkeit der Angaben moglich. Eiumal 
sind gedruckte Buchstaben uie so klein. um iiicht auch bei ziemlieh betrachtlichen 
Abweichungen der Akkommodation uoch gelesen werden zu konneu. So kann ich 
eine Druckschrift. wie die vorUegende. iu 13 Zoll Entfernung uoch lesen. wahreud 
mein Aiige fiir seinen Fempunkt. 3 FuB Entfernuug. akkommodiert ist. Und ebeuso 
kauii ich sie in 2.7 Zoll Entfernung Ipseii. oljgleich ich das Auge uur auf 3.6 Zoll 
akkommodieren kann. AuBerdem ist zu benierken. daB die Uegeustaude. weuii man 
sie dem Auge nahert. unter einem groBeren Gesichtswinkel erscheinen. und deshalb 
unter iibrigens gleichen Uinstiinden deutlicher erkannt werden als in grciBerer Ent- 
fernung. Sehr kleine. schwer zu erkemieude Gegenstiiude werden deshalb dem Auge 
zuweileu niiher gebracht. als die Akkonimodatiousdistauz ist. well man bei geringer 
Ungenauigkeit des Bildes und groBerem Sehwinkel zuweilen mehr erkenut. als hei 
genauer Akkommodation und geringerem Seliwinkel. Will man also die Akkonaiioda- 
tionsweiten auf diese Art ermitteln. so mu6 man fiir verschiedene Abstande verschiedene 
Gesichtsobjekte wahlen, und alle so fein. daB sie in der betrefifeuden Entfernung von 
einem gut akkommodierten Auge iiur eV)eii uocli (^rkaimt wcriVii kihiiieii. 
112 Die Dioptrik des Auges. [loi. 
PoKTEEFiELD^ hilt zuerst cleu ScHEixEESclieu Versuch zur Untersuchung der Seh- 
weiten emptbhlen, und daraxtf ein Optometer gegriindet, welches Th. YotTKG- ver- 
besserte. Letzterer empfiehlt einen feinen weiBen Faden auf dunklem Grunde aus- 
zuspannen. so da6 sein eines Ende nahe unter dem Auge sicli befindet, und dann 
durch einen Scbirm mit zwei Locbern nacb dem Faden zu sebeu. Er erscbeint daun 
nur an der Stelle. fur welcbe das Auge akkommodiert ist. einfacb. an alien ubrigen 
Stellen doppelt. Die einfacb erscbeinende Stelle kann leicbt bezeicbnet werden. Ibre 
Entfemung vom Auge entspricht der beim Yersuche stattfindenden Sebweite des Auges. 
tJbrigens kann man aucb andere feine Objekte benutzen, welcbe man in verscbiedene 
Entfernung vom Auge bringt. Man muB die Objekte fiir diese Yersucbe so fein 
wablen. da6 sie durob die Locber des Scbirms eben nocb deutlicb geseben werden 
konnen. z. B. feine Nadeln auf bellem Grunde. oder feine Locber und Spalten in 
dimklen Scbirmen. Aucb muB man darauf acbten, da6 man 
das Objekt durcb beide Locber gleicbzeitig erbUckt. sonst 
ist man Irrungen leicbt ausgesetzt. Das Gesicbtsfeld redu- 
ziert sicb bei diesen Tersucben auf die verbaltnismaBig breiten 
Zerstreuuugsbilder der beiden Locber des Scbirms. welcbe 
zum Teil ineinander greifen mus.«en, wie Fig. 58 a und h 
darstellt. Nur in dem mittleren gemeinsamen Teile c, welcber 
S- 58. zugleicb am bellsten ist. konnen Doppelbilder erscheiuen wie 
die Nadelspitzen g. niebt aber in den seitlicben Teilen. welcbe 
nur je einem Zerstreuungsbilde augeboren. Li den letzteren erscbeineu die Bildcr 
stets einfacb. wie die Nadel h. Dieser Umstand macbt fiir ungeiibte Persouen das 
GeUngen des Versucbs oft scbwierig. 
Eine abnlicbe Metbode, um die Akkonimodationsdistauzeu. nameutlicb den Fern- 
punkt zu bestimmen, scbien mir in der Ausfiibrung nocb groBere Genauigkeit zu 
geben als das Seben durcb zwei Locber. Man laBt durcb eine kleuie Offnung eines 
Scbirms Licbt des Himmels oder einer Kerzenflamme fallen. Solcb ein kleiner Licbt- 
punkt erscbeint einem Auge, welcbes nicbt genau fiir ibn adaptiert ist, als ein fiinf- 
oder secbssti'abliger Stern (s. uuten § 14), wabrend er bei passender Akkommodatiou 
als ein ziemlicb gut begrenzter. wenn aucb nicbt ganz regelmaBig ruuder Liebtpuukt 
erscbeint. Scbiebt man nun einen Scbirm von der Seite ber vor die Pupille, so siebt 
man die Licbtfigur, welcbe der Punkt bildet, in der Kegel von einer Seite her sicb 
verdunkeln, und zwar von derselben Seite. wo der Scbirm vorgeschoben wird. wenn 
das Objekt weiter entfernt ist, als die Akkommodationsdistanz betragt; von der ent- 
gegengesetzten Seite dagegen. wenn es niiber ist Bei ricbtiger Akkommodatiou da- 
gegen wird das Objekt entweder in alien seinen Teilen gleicbzeitig dunkler. oder es 
wird in luiregelmaBiger Weise verloscbt. so daB es z. B. oben und unten zu 
scbwinden anfaugt. wabrend man den Scbirm von einer Seite her vor die Pupille scbiebt. 
Ein auderes Mittel, die Sebweite zu bestimmen, welches namentlich fiir Ungeiibte 
leicbter ausfiibi-bar ist als der ScHErsTiE scbe Versuch, ist von der Farbenzerstreuung f I 
im Auge hergenommen, und vrird in § 13 bescbrieben werden. ^ 
RuETEs Optometer ist bestimmt. sicb gegen absicbtlicbe Tauscbungen dixrcb den 
Untei'sucbten zu sicbern. Es ist ein kastenartiger Scbirm, durcb welcben eine Rohre 
geht. Der zu untersucbende Menseb blickt durch diese Robre auf ein Bucb. von 
dem er nur eiuige Worte siebt, imd dessen Entfernung zu beurteilen er keiu Mittel 
hat (als die Adaption des Auges selbst). Man bait ibm bald kleinere. bald griiBere 
Druckscbrift in verscbiedenen Entfernimgen vor: liei beabsicbtigter Tauschung \vird 
er scbwer vermeiden, sicb in Widerspriiche zu verwickeln. 
Hasners Optometer ist ein horizontales Brett auf Stativ, an eiaem Ende mit 
einer Maske fiir den oberen Teil des Gesicbts versehen. um die Lage der Augen da- 
' on the eye. Vol. I. p. 423. — Edinb. medical Essays. l\. 185. 
* Phil. Transactions. 1801. P. I. p. 34. 
102.] Literatur fiber die Zerstreuungsbilder auf der Netzhaut. 113 
durch zu fixiereu. Auf dem Brette sind Teilungeu angebracht. um die Entferniiiig 
von den Augen zu messen; es sind auBerdem die Konvergenzwinkel der Augenachsen 
fur die verschiedenen Punkte der Mittellinie darauf verzeichnet. Das Instrument ist 
dazu bestimmt, die verschiedenen Versucbe iiber Akkommodationsdistanzen , iiber 
Einfacbselien und Dojipeltsehen mit beiden Augen bequem ausfiiliren zu lassen. 
Kiinstliche Augen zur Erliiuterung von Keplebs Theorie des Seliens und der 
Wirkung der Brillen sind beschrieben wordeu von Haller*. Huygens-. Wolk^. 
Adams* und Keies^ 
Kepleb^, welcber zuerst richtige Begriife von der Brecbung des Lichts im Auge 
batte. sab auch die Notwendigkeit einer Akkommodation des Auges fiir versebiedene 
Eutfernungen ein. und erkliirte die bei unpasseuder Akkommodation auftretenden Zer- 
streuungskreise. Scheiner' beschrieb die Erscheinuugen, welcbe bei unpassender 
Akkommodation eintreten, weun man durch eineu Schirm mit zwei Offnungen sieht. 
Erkliirungen dieses Versucbs gaben de la Hire®, der aber dabei die Moglichkeit der 
Akkommodation fiir versebiedene Entfernungen leugnete, spater J. de la Motte* und 
Porterfield '", welcber letztere zuglei^-h die irrigen. von de la Hire aus dem Ver- 
suche gezogenen Scbliisse berichtigte. Die scbeinbaren Bewegungen eines auBer der 
Sebweite liegenden Gegenstandes, wenn man ihn durcb eine enge Offnung erblickt 
und diese selbst bewegt, erwahnt Mile'' zuerst, und bescbrieb spater H. Mayer'" 
ausfiihrlicber, mit Beziebung auf die Theorie der Akkommodation. 
Eine ausfiibrliche Darstellung des Entstebens der Zerstreuungskreise, ihres Uber- 
einandergreifens usw. gab Jurin'^. 
Was den Gebraucb der Brillengliiser betritft, so kommt bei Plinius '* eine Stelle 
vor, welche darauf Mnzudeuten scbeint. Er bericbtet, da6 konkave Smaragde vor- 
tiimen, welche das Gesicht sammelteu [visum colligere), und deshalb nicht gescbnitten 
werden diirften. Der Kaiser Nero, welcher kurzsicbtig war (Plinius I. II. c. 34), 
sah durch einen solchen Smaragd den Kilnipfen der Gladiatoren zu. Spater findet 
man wieder Nachrichten aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts. wo die Brillen als 
eine neue Erfindung betrachtet wurden. Ein Elorentiner Edelmann, Salvinus Akmatus, 
gestorben 1317, wird in seiner Grabschrift als Erfinder der Brillen genannt'^ Alexander 
DE Spina, ein Monch aus Pisa, gestorben 1313. soil ein Paar Brillen bei jemandem 
gesehen babeu. der ein Gebeimnis daraus macbte, solche nacbgemacht und an viele 
Leute verteilt haben'^ Mauholycts (1494 bis 157.5) versucbte spater eine Erkliirung 
der Wirkung zu geben, die aber entsprechend seiner Theorie vom Sehen unrichtig 
' Elem. Physiolog. V. 469. 
- Dioptnca. Lugdimi 1704. p. 112. 
^ Nutzliehe Versuche. III. 481. 
* Essay on vision. London 1792. 
^ IJbersetzung des vorigen. Gotha 1794. 
* Paralipomena. p. 200. 
' Oculus. p. 37 u. 41. Ahnliche Versuche p. 32 u. 49. 
* Journal des Sgavans. 1685 und in Acridrns de la vuc. 1693. 
" Verauche und Abhandl. der Gesellschaf't in Danzig. Bd. II. S. 290. 
'" on the eye. Vol. I. Book 3. Chapt. 3. 
" POGGENDORFPS Ann. XLII. 40. 
'- Prager Vierteljahrsschrit't. 1851. lid. IV. S. 92. 
" Essay on distinct and indistinct vision. Smiths Optics. Cambridge 1738. 
'* L. XXXVII. c. 5. 
'■■' Voi.KMANNS Nachrichten von Italien. Bd. I. S. 542. Die Grabschrift in der Kirche 
Maria maggiore zu Florenz wurde spiiter weggenomuien und liieB: 
Qui giace Salvino degli Armuii 
Inventore degli Occhiali. 
Dio gli perdoni le pcccala. 
'" S.MiTHS Optics. Remarks p. 12. 
V. Helmiioltx, Physiologischo Optik. ?,. Aull. I. b 
114 Die Dioptrik des Auges. [102. io3. 82B. 
war. Er liiBt uamlicli die Seliestrahleu . d. h. Strahlen, von denen je einer von je 
einem Punkte des Objekts aiisgeht. durch die Glaser konvergenter oder divergenter 
warden, so wie es in der Tat nnr niit den von einem einzigen Punkte ausgegangenen 
Lichtstrahlen der Fall ist. Erst Ivuplek^ gah die vollstandige nud ric-htige Tlieorie 
von deni Nutzen der Brillen. 
Literatur. 
1575. Fr. Maurolyccts, De lumiue et umbra. Lib. III. 
1583. J. B. Porta, De refractioue. Lib. VIIL 
1604. J. Kepler, Paralipomena ad Vitellionem. p. 200. 
1619. ScHEixER, Oculus. p. 32—19. 
1685. DE LA Hire, Journal des Si^avans. Ann. 1685. — Accidens de la vue 1693. § II. 
(Folgerungen aus dem ScHEiNERSchen Versiich.) 
n09. DE LA Hire, Mem. de VAead. de Paris. An. 1709. p. 95 (Sehen im Wasser). 
.... DE LA MoTTE, Versuchc und Abhandlungen der Gesellschaft in Danzig. Bd. 11. 
S. 290. (Theorie des Scheiner sehen Versuohs.) 
1738. JuROJ, Essay on distinct and indistinct vision in Smith, System of optics. Cam- 
bridge 1738. 
1759. PoETERFiELD, on the eye. p. 389 — 423*. (Theorie des ScHEinERSchen Versuchs.) 
1792. G. Adams, An essay on vision. Loudon. 2d. edition, iibersetzt von F. Kries. 
Gotha 1794. (Ausfiihrlich iiber Brillen.) 
1800. J. BiscHOFF, Praktische Abhandlung der Dioptrik. Stuttgart. 2. Autl. (Uber Brillen.) 
1801. Th. Young, Philos. Transact. P. I. p. 34. (Optometer.) 
1810. Gllbert in seinen Anualen d. Physik. XXXIV. 34 u. XXXVI. 375. (Sehen im 
Wasser.) 
.... Wollaston, Improved periseopie spectacles. Phil. Mag. XVII. Nicholsons Journal. 
VIL 143. 241. 
.... Jones on Wollastons spectacles. Nicholsons Journal. Yll. 1902 u. VIII. 38. 
1821. G. Tacber, Anweisung fiir auswartige Personen, wie dieselben aus dem optisch- 
okulistischen Institute zu Leipzig Augenglaser bekommen konneu. Leipzig. 3 Autl. 
1824. Mdncke, Uber Sehen unter Wasser. Poggendorffs Ann. II. 257. Gehlers physik. 
Worterbuch, neu bearb. Leipzig 1828. Art. Gesicht. S. 1383—1386*. Uber Brillen. 
ebenda 1403—1410*. 
1825. PuREiNJE, Zur Pbysiologie der Sinne. II. S. 128*. 
1830. HoLKE, Disquisitio de acie oculi dextri et sinistri in mille ducentis hominibus. 
Lipsiae. 
1837. J. Mile in Pogoendorffs Ann. XLII. S. Til*. 
1840. Henle in J. MtiLLERs Lehrbueh der Pbysiologie. Bd. II. S. 339— 341*. 
1845. 0. Youngs optometer. Phil. Mag. XXVI. 430. 
IS.oO. J. CzERMAK, Verhandl. d. Wiirzburger physik. Gesellschaft. Bd. I. S. 184. 
1851. Peytal, Nouvel instrument a I'usaye de la vue myope. Institut. No. 841. p. 53. 
No. 857. p. 180. 
H. Mayer, Prager Vierteljahrssehrift fiir prakt. Heilkunde. XXXII. S. 92*. 
V. Hasner, ebenda. S. 166. (Optometer.) 
1852. Th. Ruete, Der Augenspiegel und das Optometer. Gottiugen. S. 28*. 
1854. Jo. Czermak, Wiener Sitzungsberichte. Bd. XII. S. 322*. 
Nacldrag. 
Die Lehre von den individuellen Verschiedenheiten des Refraktionszustaiids 
der Augen ist namentlich durch die wichtigen Ai-beiten von Bonders vollstiindig 
aufgehellt worden und hat denu auch schou die fruchtbarste Anwendung in der 
Augenheilkunde gefunden, nicht bloB direkt fur die Verbesseruug mangelhaften 
Akkommodationsvermogens durch Brillen, sondern auch indirekt, indem eine 
Eeihe bisher dunkler Krankheitszustande sich als Folge mangelhafter Refraktion 
und Akkommodation des Auges ergaben. 
' Paralipomena. p. 200. 
825. 826. J Refraktion. 115 
Der Fortschritt. den Dondees gemacht hat, hangt namentlich davon ab, 
da6 er getrennt hat die Erscheinungen, welche einem abnormen Refraktions- 
grade im Ruhezustande des Auges angehoren bei der Akkommodation fiir die 
Feme, von denen, welche sich auf die groBere oder geringere Breite der 
Akkommodation beziehen und die also in einer Anderung des Refraktions- 
zustandes durch Muskeltiitigkeit bestehen. 
Fiir die Ansicht, daB der Zustand des Fernsehens der Ruhezustand des 
Auges sei, fiir welche schon die subjektive Empfindung sehr entschieden spricht 
und die auch meiner oben gegebenen Darstellung zugrunde liegt, fiihrt Dondees 
noch weiter an, daB durch gewisse narkotische Stofife (namentlich Atropin, 
das Alkaloid der Belladonna) eine Lahmung des Ringmuskels der Pupille und 
der Akkommodation hervorgebracht wird, wobei das Auge fiir seinen Fernpunkt 
eingerichtet ist, ohne diesen Refraktionszustand andern zu konnen. SoUte ein 
muskuloser Apparat da sein, dessen Kontraktion die Akkommodation fiir die 
Feme verstarken konnte, so miiBte man die sehr unwabrscheinliche Annahme 
machen, daB dieser durch das Atropin nicht geliihrnt, sondern in eine dauernde 
krampfhafte Zusammenziehung gebracht wurde. 
Daneben lehren pathologische Beobachtungen, daB wenn durch Lahmung 
des Aervus oculomotorius der Akkommodationsapparat gelahmt wird, das Auge 
sich stets auf seinen friiheren Fernpunkt dauernd einstellt. Dagegen sind 
dui'chaus keine Fiille von Bewegungsliihmungen des Auges beobachtet worden, 
wobei der Fernpunkt sich genahert hatte. 
Die groBte Sehweite entspricht also dem Ruhezustande des Auges. Als 
normale Lage des Fernpunktes kann die in unendhcher Feme betrachtet werden. 
Solche Augen nennt Dondees emmetropisch (von ^ifisToog, modum tenens 
und roip, ocului], um die Vieldeutigkeit des Ausdrucks ..normale" oder ,,normal- 
sichtige" Augen zu vermeiden. Emmetropische Augen konnen natiirlich noch 
an mancherlei anderen Fehlern leiden und brauchen nicht „normal" zu sein. 
Augen, deren Fernpunkt vorihnen, aber nicht in unendlicher Feme liegt, nennt 
er brachymetropisch oder, mit dem alteren Namen, myopisch; diese Augen 
konnen nur divergierend einfallende Strahlenbiiudel auf der Netzhaut vereinigen. 
Augen, die im Gegenteil nicht nur parallele, sondern auch konvergierend 
einfallende Strahlen vereinigen konnen, heiBen hypermetropisch. 
Die myopischen Augen konnen sich ohne Hilfe eines Brillenglases fiir 
weit entfernte Objekte nicht einstellen; es mangelt ihnen also ein wichtiger 
Teil der Fiihigkeit eines emmetropischen Auges. Die hypermetropischen 
dagegen sind genotigt jedesmal, wo sie ein reelles Objekt fixieren wollen, 
eine Akkommodationsanstrengung zu machen, wodurch mannigfache und haufig 
sehr storende Ermlidungserscheinungen herbeigefiihrt werden. Beiderlei Arten 
der Abweichung sind also fiir den praktischen Gebrauch des Auges nachteilig 
und werden deshalb von Dondees unter dem Namen der ametropischen 
Augen zusammengefaBt. 
Der Grand dieser Abweichungen beruht der Regel nach auf der ver- 
schiedenen Lange der Augeuachsen, die in den hypermetropischen kiirzer ist, 
als in den emmetropischen. Damit hiingt auch die Lage des Drelipuukts dieser 
Augen zusammen, der in den myopischen Augen weiter nach hinten, in den 
hypermetropischen weiter nach vorn liegt. Die flornhaut und Linse zeigen in 
der Regel keine Kriimmungsanderungen, aus denen die Ametropie erklart 
werden konnte. 
116 Die Dioptrik des Auges. [886.827. 
Um den Zustand solcher abweichender Augen vollstandig zu bestimmen, 
mu6 fenier die GroBe der Veranderung bestinimt werden. welche durch aktive 
Muskelanstrengung in ihrem Brecbungszustande hervorgebracbt werden kann. 
Wenn wir ein emmetropiscbes Auge, welcbes zwiscben unendlicher Feme und 
einer Sebweite von 6 Zoll sicb fiir jedes Objekt einstellen kann, und ein stark 
myopiscbes, welcbes zwiscben 6 und 3 Zoll Entfernung akkommodieren kann, 
miteinander vergleicben, so scbeint auf den ersten Anblick vielleicbt das letztere 
eine viel engere Grenze der Akkonimodationst'abigkeit zu baben, als das erstere. 
Wenn wir aber dicbt vor ein solcbes myopiscbes Auge eine Konkavlinse von 
Zoll Brennweite setzen, welcbe ibm erlaubt unendlicb entfernte Gegenstande 
deutlicb zu seben, so werden wir linden, daB dasselbe Auge mit Hilfe dieser 
Brille nun aucb, wie das zuerst genannte emmetropiscbe Auge zwiscben un- 
endlicber Feme und 6 Zoll Abstand akkommodieren kann, also eine ebenso 
groBe Breite der Akkommodatiou bat, wie das erstere. Die genannte Linse mit 
6 Zoll negativer Brennweite entwirft namlicb von Objekten, die 6 Zoll binter 
ibr liegen, ein virtuelles Bild in 3 Zoll Entfernung, fur welcbes sicb also das 
supponierte myopiscbe Auge akkommodieren kann. 
Wir konnen also die Akkommodationsbreite zweier verscbieden fernsicbtiger 
Augen nicbt unmittelbar nacb dem Abstand ibres Fernpunkts vom Nabpunkte 
miteinander vergleicben, sondern wir miissen sie durcb eine vorgesetzte Linse erst 
auf gleicben Refraktionszustand gebracbt denken, um sie vergleicben zu konnen. 
Soil eine solcbe Linse die Objekte nicbt vergroBern oder verkleinern, so 
muB ibr zweiter Knotenpunkt mit dem ersten des Auges zusammenfallen (was 
sicb praktiscb, wenn es der Muhe wert erscbeinen sollte, bei dicken konvex- 
konkaven Linsen erreicben lassen wiirde; vergleicbe Seite 69 und 70). Nennen 
wir die Entfernung des Fernpunktes eiues gegebenen Auges vom ersten Kuoten- 
punkte F, die des Nabepunktes N, und A die Entfernung des niicbsten Punktes, 
fiir den das mit einer Linse von der negativen Brennweite F versebene Auge 
sicb nocb akkommodieren kann, so ist 
1 _ 1 1 
und die GroBe wird von Bonders als MaB der Akkommodationsbreite benutzt. 
A 
Die Einbeit dieses AkkommodationsmaBes ist also Eins dividiert durcb das 
LangenmaB, wozu bisber, den Brillennummern entsprecbend, entweder Pariser 
oder PreuBiscbe Zoll gewablt sind. Man konnte sicb vielleicbt erlauben, eine 
solcbe Einbeit ein Zolltel zu nennen, wenn Verwecbselungeu verscbiedener 
LangenmaBe zu fiircbten wiiren. 
So baben also gleicbe Akkommodationsbreite von ein Secbstel 1. ein emme- 
tropiscbes Auge, dessen Sebweite von 6 Zoll bis Unendlicb gebt, 2. ein 
myopiscbes, dessen Sebweite von 3 bis 6 Zoll gebt, 3. ein bypermetro- 
piscbes, dessen Sebweite von + \2 bis — 12 Zoll gebt, da 
2 1 _ 1 1 _ 1 / M _ 1 
■6'~oo~li~"6"~l2~'ll2| ~"6" 
Die GroBe der Akkommodation - nimmt mit zunebmendem Lebensalter 
A 
kontinuierlicb ab, und zwar bei ganz oder nabebin emmetropiscben Augen an- 
■ nabernd proportional den Jabren, so daB sie im zebnten .Jabre im Mittel 
827.828.1 Akkommodationsbreite. 117 
'/g Zolltel betragt, im 65. Jahre Null wird. Verlust der Akkommodations- 
fahigkeit findet also im hoheren Lebensalter regelmaBig statt, und auf diesen 
Zustaud hat Dondees den Namen der Presbyopie bescbi-ankt. Dabei ist aber 
noch zu bemerken, da6 im boheren Alter, etwa vom 50. Jabre ab, aucb der 
Fernpunkt des Auges etwas hinausriickt, friiber emmetropiscbe Augeii also 
hypermetropiscb. scbwach myopiscbe emmetropiscb werden. 
Die allmilblicbe Verminderung der Akkommodationsbreite biingt wabr- 
scheinlicb davon ab, daB die Festigkeit der auBeren Scbicbten der Kristallinse 
wiichst und die Linse deshalb weniger nacbgiebig wird. Vermehrung des 
Brecbungskoeffizienten ibrer auBeren Scbicbten muB nacb Seite 83 auch eine 
Verminderung der Brechung in der Linse zur Folge haben und also den 
hintern Brennpunkt des Auges nach binten riicken lassen. 
Zu erwabnen ist noch, daB wir der Kegel nach immer. Konvergenz- und 
Akkommodationsanstrengung gleichzeitig vollfiihren und daher auch unwillkiirlich 
eine bestimmte Verbinduug zwiscben beiden Anstrengungen einhalten. Jemand, 
der seine Akkommodation nicbt willkurlicb beberrscben gelernt bat, akkommodiert 
deshalb besser fiir die Feme bei parallelen Gesichtslinien und erreicht die stiirkste 
Anstrengung der Akkommodation besser bei stark konvergeuten Gesichtslinien. 
Bonders unterscbeidet daher 1. die absolute Akkommodationsbreite, 
wo der Fernpunkt genommen wird bei parallelen (oder selbst divergenten) 
Blicklinien, der Nabepunkt bei moglicbst stark konvergeuten. Der Nahepunkt 
der Akkommodation liegt hierbei ferner als der Konvergenzpunkt. Es ist dies 
die groBte erreichbare Akkommodationsbreite, sie betrug bei einem emmetro- 
pischen Beobachter im Alter von 15 Jahren —^ ■ 
2. Die binokulare Akkommodationsbreite. Die Konvergenz wird 
hierbei nicht starker gemacht. als zur Fixierung des Punktes, fiir den man 
akkommodiert, notig ist. Man erreicht hierbei nicbt ganz denselben Grad der 
Akkommodation, wie im ersten Falle. Die Breite der binokularen Akkommodation 
desselben Beobacbters war -— ^ • 
O.J 
3. Die relative Akkommodationsbreite fiir einen gegebeuen Grad 
der Konvergenz. Dieser war fiir denselben Beobachter bei parallelen Gesichts- 
linien nur gleicb — , erreichte bei einer Konvergenz von If ibr Maximum von 
^-— -. blieb dann bei steigender Konvergenz ziemlich unverandert, so daB sie 
bei 23" noch — — ■ betrug, und bei der Stellung des binokularen Nabpunkts, bei 
b,4 
38° Konvergenz, -- • In der Stellung des absoluten Nabpunkts, bei 73" Kon- 
vergenz, war sie Null. 
Fiir iirztliche Zwecke miissen also bestimmte Grade der Konvergenz gewilhlt 
werden, um vergleichbare Grade der Akkommodation zu erbalten, und man 
muB rait passend gewiiblten Liusen, die man vor das Auge setzt, dem Patienten 
die Akkommodation bei einem solcben Konvergenzgrade moglich zu machen sucben. 
Fiir die Bestimmung des Fernpunkts empfieblt sich die parallele Richtung 
der Gesichtslinien auf ein entferntes Objekt; die Brennweite der schwachsten 
118 Die Dioptrik des Auges. [828.829. 
konkaven Linsen, welche einem myopischen, oder der starksten konvexen Linsen, 
welche einem hypermetropischen Auge noch vollkommen genaues Sehen sebr 
entfernter Objekte gestatten, ist unmittelbar gleich der Entfernimg des Fern- 
punktes vom Auge. Fiir die Bestimmung des Nahpunktes schreibt Dondees 
vor, ibn durcb passende Konvexglaser stets bis auf etwa 8 Zoll beranzubringen, 
wenn er weiter abliegen soUte, urn einer geniigenden Akkommodationsanstrengung 
sicher zu sein. Dabei mu6 dann natiirlicb der EinfluB der Linse auf die Lage 
des gesehenen Bildes in Eecbnung gebracht werden. 
Als Probeobjekte zur Priifung der Sebweite ungetibter Beobachter dienen 
Bucbstaben und Ziffern verscbiedener GroBe.^ 
Im ganzen ist es ratsam bei Augen, deren Sebweite fur die gewablte Be- 
scbilftigung nicbt geniigt, recbtzeitige Unterstiitzung durcb passende Brillen 
anzuwenden. Presbyopiscbe Augen braucben eine Konvexbrille beim Lesen und 
Sebreiben, iiberbaupt bei der Bescbaftigung mit naben Objekten, um die Zer- 
streuungskreise zu vermindern. Des Abends und bei scbwacber Beleucbtung, 
wenn die Pupille weit ist und desbalb die Zerstreuungskreise groBer, ist eine 
starkere Brille notwendig als bei Tage und bei starkerer Beleucbtung. In der 
Kegel geniigt eine Brille, welcbe den Nabepunkt auf 10 bis 12 Zoll beranbringt; 
nur bei sebr alten Leuten, zwiscben 70 und 80 Jabren, wo die Gesicbtsscbarfe 
sich betracbtlicb vermindert, ist es wiinscbenswert, die Objekte bis auf 8 oder 
7 Zoll beranbringen zu konnen, um sie unter groBerem Gesicbtswinkel zu seben. 
Bei myopiscben Augen ist namentlicb darauf zu seben, daB bei der Be- 
scbaftigung mit naben Gegenstanden gebiickte Haltung des Kopfes und starke 
Konvergenz der Augen vermieden wird, well die Verdtinnung, Ausbaucbung und 
Zerrung der Membranen im binteren Telle des Auges durcb gesteigerten Blut- 
und Muskeldruck scbnell wiicbst und die boberen Grade der Myopie das Seh- 
vermogen sebr erbeblicb beeintrilcbtigen imd gefabrden. Bei den scbwilcberen 
Graden von Kurzsicbtigkeit, wobei der Fernpunkt liber 5 Zoll vom Auge liegt, 
ist es im allgemeinen zuliissig konkave Brillenglaser anzuwenden und fortdauernd 
zu tragen, welcbe den Fernpunkt in unendlicbe Feme riicken. Das myopische 
Auge wii'd dadurcb einem emmetropiscben ilbnlicb gemacbt. Dabei ist aber 
sebr sorgfaltig darauf zu acbteu, daB Biicber, Papierbliitter, auf denen ge- 
scbrieben wird, und Handarbeiten nicbt niiber als 12 Zoll den Augen genahert 
werden. Bei iibrigens guter Bescbaffenbeit des Auges ist in dieser Entfemung 
obne Scbwierigkeit moglicb zu lesen und zu sebreiben. Zwingen die Umstiinde 
gebieteriscb zu feinerer Arbeit, die den Augen naber gebracbt werden rauB, 
so ist der Gebraucb scbwacberer Konkavglaser und vielleicbt acbromatisierter 
prismatiscber Gliiser, die auf der Nasenseite dicker als auf der Scbliifenseite 
sind, ratsam, weil dann die sebr geniiberten Objekte mit geringerer Konvergenz 
und geringerer Anstrengung der Akkommodation geseben werden konnen. 
Gliiser, welcbe die Myopie vollkommen neutralisieren, konnen zuweileu bei 
solchen Kurzsichtigen, die nocb nie Brillen getragen baben, erst nacb einiger 
Gewohnung an scbwacbere Glaser, statt deren man nacb und nacb schiirfei'e 
' Dergleichen sind lieniusgegeben von jAEiiER jun.: Schriftskalen , Wien 18.">T; und 
Snellen, Test types for the determination of the acutcness of vision: London. Williams and 
Norgate; Paris, Germei- Bailliere; Berlin, Peters; Utrecht, Greven. Die letzteren sind in 
regelmiiBiger Abstufiing der GrbBe ausgefiihrt und mit Nummern versehen, welche die Zahl 
der Pariser FuBe angeben, um welche entfernt ein normales Auge die Buehstaben noch lesen 
kann. Ahnliche auch von Giradd Teulon. Paris, Nachet. 
829.830.] Glaser bei abnormer Refraktion. 119 
substituiert, angewendet werden, weil die Verbindung zwischen Akkommodation 
und Konvergenz den neuen Umstanden allmablicb angepaBt werden muB. Bei 
geringerer Akkommodationsbreite oder merklich verminderter Gesicbtsschiirfe 
ist es uberhaupt ratsamer, fiir nahe Objekte schwachere Brillen zii tragen, die 
fiir die gewobnlichen Beschilftigungen genugen. und fiir feme Objekte eine 
Lorgnette zu Hilfe zu nehmen. 
Bei hoberen Graden von Myopie ist das Auge iiberhaupt schon leidend 
und gefahrdet; es sind dann mancberlei andere Riicksicbten nocb zu nehmen, 
die hier nicht weiter erortert werden konnen. und der Rat eines intelligenten 
Arztes jedenfalls notwendig. Uberhaupt ist die Gleichgiiltigkeit, womit die 
meisten Kurzsichtigen den Zustand ihrer Augen betrachten, die Ursache spaterer 
Entwicklung gefahrlicher Augenkrankbeiten und vieler Erblindungen, und es 
kann nicht genug vor Nachlassigkeit in dieser Hinsicht gewarnt werden. 
Hypermetropische Augen brauchen konvexe Linsen, und zwar wable man 
im Anfang, wo sie ihre fortdauernde Akkommodationsanstrengung nocb nicht 
ganz zu beseitigen wissen, etwas zu starke Glaser, dui-cb die sie schon feme 
Objekte nicht mehr ganz deutlich sehen konnen. Je mehr sie sich der 
Akkommodationsanstrengung entwohnen, desto stilrkere Glaser werden n5tig. 
Bei verminderter Akkommodationsbreite brauchen sie starkere Konvexglaser fiir 
die Nahe, schwachere fiir die Feme. Die sehr bedeutenden Beschwerden der 
fortdauemden Akkommodationsanstrengung werden durch passende Glaser ganz 
beseitigt, und es ist einer der bedeutendsten praktischen Triumphe der neueren 
Ophthalmologie, daB die auBerst hartnackige Asthenopie, die auf Hypermetropic 
beruht und die die Verzweiflung der Patienten und Arzte war, nachdem ihr 
Grund erkannt worden ist, durch ein so einfaches Mittel so leicht beseitigt 
werden kann. 
1855. Stellwaq v. Caeion, Die Akkommodationsfehler des Aviges. Wiener Sitzungsber. 
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seits der Grenzen unserer Akkommodation. Archiv fur Ophthalmol. 11, 1, 
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§ 12. Mechanismus der Akkommodation.* 
Die Veranderungen, welche man bei Akkommodationsanderungen am Auge 
eines anderen beobachten kanii, sind folgende: 
1. Die Pupille verengert sich bei der Akkommodation flir die Nahe, er- 
weitert sicb bei der fiir die Feme. Diese Veranderung ist leicht zu beobachten, 
iind am liingsten bekannt. Man bemerkt sie an jedem Auge, welches man ab- 
wechselnd einen nahen und einen in derselben Eichtung fern liegenden Gegen- 
stand betrachten laBt. Man hat nur darauf zu acbten. daB die Pupille nicht 
durch zu starkes einfallendes Licht dauernd sehr verengt wird. 
2. Der Pupillarrand der Iris und die Mitte der vorderen Linsenfliiche ver- 
schieben sich bei eintretender Akkommodation fiir die Niihe etwas nach vorn. 
Um dies zu beobachten, wilhle man einen scharf bestimmten ferneu Fixations- 
punkt, und stelle als naheren eine Nadelspitze bin. Der Beobachtete bedeckt 
das eine Auge, und bringt das andere in eine solche Stellung, daB die Nadel- 
spitze ibm den ferneren Fixationspunkt genau deckt. Er muB darauf achten, 
daB sein Auge diese Stellung nicht verlaBt, und darf es auch nicht auf seitlich 
liegende Gegenstande abschweifen 
lassen, well es bei diesem Versuche 
wesentlich darauf ankommt, daB 
die Eichtung des Auges nicht ver- 
andert wird. Der Beobachter stellt 
sich so, daB er die Hornhaut des 
beobachteten Auges von der Seite 
und etwas von hinten sieht, und 
daB er die schwarze Pupille dieses 
Fig. 59. Auges etwa noch zur Hiilfte vor 
dem Hornhautrande der Sclerotica 
hervorragen sieht, so lange das beobachtete Auge in die Feme sieht. Nun lasse 
er den naheren Gesichtspunkt, die Nadelspitze, tixieren; sogleich wird er be- 
merken, daB das schwarze Oval der Pupille und auch wohl ein Teil des ihm 
a 
Vergl. Kap. 4 der nach dem ersteu Abschnitte folgenden Zusiitze! 
G. 
104.105.1 § !-• Mechanismus der Akkommodation. 1:^1 
zugekehrten Irisrandes vor der Sclerotica sichtbar werdeii. Fig. 59 a stellt 
dar, wie das fernsehende Auge hierbei erscheint, Fig. 59 b das nahesehende. 
Die Veranderung in der Stellung des schwarzeu Flecks wird am auffallendsten, 
wenn man auf die Breite des hellen Zwischenraums zwischen ihm und einem 
am vorderen Rande der Hornhaut erscheinenden dunkleren Streifen Cj c, achtet. 
Dieser Streifen ist das durch die Brechung in der Hornhaut verzerrte Bild des 
iiber die Iris hervorragenden jenseitigen Randes der Sclerotica, der an seiner 
inneren Seite gewohnlich bescbattet ist, und daher dunkler als die von vorn 
erleuchtete Iris erscheint. Wenn die Akkommodation fiir die Nilhe eintritt, 
sieht man den Zwischenraum zwiscben diesem Streifen Cj^c.^ und der dunklen 
Pupille schmaler werden. Verschobe sich der Pupillarrand nicht nach vorn, so 
miiBte beim Nahesehen dieser Zwischenraum umgekehrt breiter werden, weil 
sich die Pupille von alien Seiten gleichmaBig verengert, und ebenso wlirde er 
breiter werden, wenn das Hervortreten der Pupille durch eine zufallige Wendung 
des beobachteten Auges gegen den Beobachter bin entstande. Indem man also auf 
den genannten Streifen achtet, kann man sich vor jeder TLiuschung sichern. DaB 
die vordere Linsenflache stets dicht hinter der Pupille bleibt, ist in § 3 erwiesen. 
3. Die vordere Flache der Kristallinse wird gewolbter beim Nahesehen, 
flacher beim Seben in die Feme. Man kann sich davou durch das an der 
vorderen Flache der Linse B^ 
zuriickgeworfene Licht v^ 
iiberzeugen. Man gebe, ^^, 
wie beim vorigen Versuche, „ "~ , 
dem beobachteten Auge ' ' .■^'^^ 
wieder zwei scharf be- ^y 
stimmte, in einerLinie vur ^^'"^ 
ihm liegende Gesichts- ^@ 
punkte. Das Zimmer muB Fig. 60. 
voUstiiudig verdunkelt sein, 
und auBer einer groBen und hellen Lampentiamme, welche man seitwarts 
von der Gesichtslinie in gleicher Hohe mit dera Auge aufstellt, darf sich 
kein groBerer hel]er Gegenstand vor dem beobachteten Auge befinden, um 
alle storenden Hornhautreflexe zu vernieiden. In Fig. 60 sei A das beobachtete 
Auge, C die Flamme im Grundrisse, n der nahere, /' der fernere Gesichtspunkt. 
Der Beobachter muB nun sein Auge in gleicher Hohe mit dem beobachteten 
Auge und der Lampe aubringen, so daB der Winkel BAf uugefahr gleich 
CAf ist, und so lange sein Auge in der Nahe von B bin und her bewegen, bis 
er die Reflexe von beiden Linsenilachen sieht. Diese beiden Reflexe Fig. 61 6 
und V sind sebr viel licbtschwacher als der Reflex der Hornhaut a. Der von 
der vorderen Linsenflache b bildet ein aufrechtstehendes Bildchen der Flamme, 
etwas groBer als das von der Hornhaut entworfene, aber meist so verwaschen, 
daB man die Gestalt der Flamme nicht genau erkeunen kann. Sein scheinbarer 
Ort ist weit (8 bis 12 mm) hinter der Pupille. Es verschwindet daher auch 
schon bei leichten Bewegungen des beobachtenden Auges oder des Lichts hinter 
dem Irisrande. Wir wollen es das erste Liusenbild nennen, das von der 
hinteren Flache entworfene dagegen das zweite. Dieses letztere Fig. 61 c ist 
umgekehrt und viel kleiner als das Hornhautbild und das erste Linsenbild, 
erscheint daher als ein belles, ziemlich gut begrenztes Punktchen. Sein 
scheinbarer Ort ist nahe hinter der Flache der Pupille, etwa 1 mm von ihr 
122 Die Dioptrik des Auges. [105. loe. 
entfernt; es verschiebt sich daher verhiiltnismaBig wenig gegen die Pupille und 
das Hornhautbild, wenu der Beobachter die Stellung seines Kopfes andert. 
Wenn das beobachtete Auge sicb fiir die Niihe aiikommodiert, wird das 
erste Linsenbild betrachtlich kleiiier, und nahert sich in der Regel auch der 
• Mitte der Pupille. Die Verkleinerung des Bildes bemerkt man 
am besten, wenn man statt einer Flamme einen Schirm mit zwei 
senkrecht ubereinander stehenden Offnungen angewendet hat, 
durch deren jede eine Flamme ihr Licht wirft, oder wenn man 
etwas unterhalb der einen Flamme einen horizoutalen Spiegel 
anbringt, in dem sich die Flamme spiegelt. Das Spiegelbild 
a £ r der Flamme vertritt dann die zweite Flamme. Jedes der reflek- 
Fig. 61. tierten Bilder besteht dann aus zwei lichten Stellen, und man 
sieht leicht und deutlich, wie die der vorderen Linsenflache 
angehorigen sich einander nahern, wenn das Auge in die Niihe, auseinander- 
treten, wenn es in die Feme sieht. In Fig. 62 stellt A die Reflexe beim 
Fernsehen, B beim Nahesehen dar; a ist 
der Reflex an der Hornhaut, h an der vor- 
deren, c an der hinteren Linsenflache. Als 
Lichtquelle sind zwei Flammen angenommen, 
welche durch rechtwinkelige Ausschnitte eines 
Schirms Licht sen den. 
Da nun ein konvexer Spiegel unter 
tibrigens gleichen Umstanden desto kleinere 
Fig. 62. Bilder entwiift, je kleiner sein Radius, so 
iblgt aus dieser Beobachtung, daB die vordere 
Fliiche der Kristallinse bei der Akkommodation I'lir die Niihe sich starker 
wolbt. Allerdings wiirde eine sehr geringe Verkleinerung des Spiegelbildchens 
auch wegen der Brechung der Strahlen in der Hornhaut entstehen, wenn die 
vordere Flache der Kristallinse sich nur der Hornhaut niiherte, ohne ihre 
Wolbung zu verandern. Doch ergibt die Rechnung, daB die Verkleinerung 
des Bildchens aus dieser Ursache auBerst unbedeutend sein wiirde im Ver- 
gleich zu der wirklich beobachteten. 
4. Auch das Spiegelbildchen, welches die hintere Flache der Kristallinse 
entwirft, wird bei der Akkommodation fiir die Niihe etwas kleiner. Um dies zu 
konstatiei'en, muB man genauere Beobachtungsmethoden anwenden, welche im 
Anhange dieses Paragraphen beschrieben werden sollen. Durch ebensolche 
Methoden tindet man, daB der scheinbare (durch Linse und Hornhaut gesehene) 
Ort der hinteren Linsenfliiche sich nicht merklich veriindert. Da der schein- 
bare Ort der hinteren Linsenflache sich nur sehr wenig von ihrem v.irklichen 
Orte unterscheidet, und die Verlinderungen der Kardinalpunkte des Auges bei 
Akkommodationsiinderungen, wie unten gezeigt werden wird, derart sind, daB 
sie einen sich wenigstens teilweise gegenseitig aufhebenden EinfluB auf diesen 
scheiubaren Ort ausiiben wiirden, konnen wir annehmen, daB der wahre Ort 
der hinteren Linsenflache bei der Akkommodation sich nicht merklich iindert. 
Auch auf die GroBe des Spiegelbildchens der hinteren Linsenfliiche iiben die 
V'eriinderungen der Kardinalpunkte einen teilweise entgegengesetzten Erfolg aus. 
Doch laBt sich zeigen, daB auch bei den gunstigsten Annahmen, welche fiir die 
Vei'iinderungen der optischen Konstanten moglicherweise gemacht werden konnen, 
um die Verkleinerung des Bildchens beim Nahesehen zu erldaren, die Verklei- 
106. 107.] 
Formanderung der Linse. 
123 
nerung nicht ganz so groB ausfallen konnte, als sie wirklich beobachtet wird. 
Daraus kann also geschlossen werden, da6 jedenfalls auch die hintere Linsen- 
flache beim Nahesehen sich starker wolbt, aber iiur in geringem Grade. 
Da somit den Beobachtungen nacb die vordere Flacbe der Linse vorriickt, 
die hintere ihren Ort nicht verlafit, wird die Linse beim Nahesehen in der Mitte 
dicker. Da sie andererseits ihr Volumen nicht verandern kann, miissen wir 
daraus schlieBen, da6 sich die Durchmesser ihrer Aquatorialebene verkiirzen. 
In dem Querschnitte des vorderen Teils des menschlichen Auges Fig. 63 
habe ich Hornhaut und Linse nach den MaBen eines der 70n mir iintersuchten 
lebenden Augen in tunfmaliger VergroBerung koustruiert, und zwar auf der 
mit F bezeichneten Seite in der Akkommodation fur die Ferne, auf der mit 
N bezeichneten in der fiir die Nahe. Die Ciliarfortslitze sind in dieser Figur 
so gezeichnet. als wenn man sie durch die zwischen sie eingeschobene Falte 
der Zonula hindurchsahe, so daB man den Verlauf der Zonula erkennt. Mit 
a a ist der vordere Eand ihrer Falten. mit b b der hintere bezeichnet. 
Pig. 63. 
Durch die starkere Wolbung der Obertlachen der Linse wird ihre Brenn- 
weite verklirzt, wahrend ihre Hauptpunkte sich gleichzeitig nach vorn verschieben. 
teils weil die vordere Flache der Linse vorriickt, teils weil die vordere Flache 
im Verhaltnis zur hinteren sich starker wolbt. Beide Umstande tragen dazu 
bei, die von der Hornhaut konvergent auf die Linse fallenden Strahlen iluBerer 
leuchtender Punkte eher zur Vereinigung zu bringen, als dies in dem fern- 
sehenden Auge geschieht. Die GroBe der an der Linse beobachteten Ver- 
anderungen scheint auch auszureichen, um die Breite der Akkommodation des 
lebenden Auges zu erkliiren. 
Andere Veriinderungen an den brechenden Teilen des Auges, welche auf 
die Akkommodation bezogen werden konnten, sind bisher am Auge nicht nach- 
gewiesen worden. Namentlich bleibt die Kriimmung der Hornhaut durchaus 
unverandert. Dagegen ware es moglich, daB zur Unterstiitzung der Akkommo- 
dation fiir die Niihe eine Verlangerung des Augapfels durch gleichzeitige Span- 
nung aller sechs Augenmuskeln entstehen konnte. Doch ist bisher eine solche 
weder nachgewiesen, noch scheint sie notig zu sein, so wie auch meine in § 2 
berichteten Versuche dagegen sprechen, wonach bei verandertem Drucke im 
Auge die Kriimmung der Hornhaut sich iindert, da doch bei der Akkommodation 
keine Veriinderung dieser Kriimmung zu beobachten ist. AuBerdem ist dagegen 
geltend zu machen, daB schon ein geringer dauernder Druck auf das Auge die 
Blutmenge in den GefiiBen der Netzhaut verringert und die Netzhaut selbst 
unempfindlich gegen das Licht macht. 
124 Die Dioptrik des Auges. [107. los. 
Uber die Art uud Weise, wie die Formveranderung der Linse bewirkt 
wird, lilBt sich noch nicht mit Sicherheit aburteilen. Altera Forscher, wie 
Th. Young, nahmen an, da6 die Linse aus Muskelfasern zusammeugesetzt sei, 
und nannten sie deshalb Muscuius crystallinus. AUein wenn die Fasern der 
Linse auch moglicberweise mit Muskelfasern verglichen werden konnten, deren 
man gegenwartig iiiiBerst verschiedenartige Formen kennt, so gehen docli keine 
Nerven zu ihr bin, deren Casein in den durchsicbtigen Gebilden, um die es sich 
hier handelt, kaum batte den Beobacbtern entgeben konnen. AuBerdem sind 
bisber alle Versucbe miBgliickt, an friscben tierischen Linsen durcb inter- 
mittierende elektriscbe Strome, welcbe alle bekanuten muskulosen Gebilde in 
Zusammenziebung versetzen, Formveranderungen bervorzubringen. Dergleichen 
Versucbe sind unter anderen von Cbamer^ angestellt wordeu an Augen von 
frisch getoteten Seebunden und Vogeln, welcbe die Formveranderung der Linse 
noch zeigten, so lange die Iris und der Ciliarapparat unverletzt waren, wahrend 
die freigelegte Linse sich niemals veranderte. Icb selbst babe mit v. Wittich 
dergleichen Versucbe an Linsen frisch getoteter Kaninchen und Frosche vor- 
genommen mit demselben negativen Erfolge. 
Dagegen hat Cbamer' gefunden, da6 Akkommodationsveranderungen an 
ausgeschnittenen Augen bervorgebracht werden konnen, wenn man durch den 
vorderen Teil des Auges intermittierende elektriscbe Strome gehen laBt. Die 
Versucbe sind folgende: Auf den Objekttisch eines Mikroskops mit ebenem Be- 
leuchtungsspiegel wurde ein passender bolzerner Ring, und auf diesen, die Horn- 
haut uach unten, das Auge eines kurz zuvor durch Erbiinguug geti3teten, 
5 Wochen alten, Seehunds [Phoca littorea) gelegt. Der Augapfel war von Muskeln, 
Fett und anderen umgebenden Teilen frei gemacbt, und an seiner hinteren 
Seite ein Teil der Sclerotica, Cborioidea und Netzbaut sorgfaltig, ohne Ver- 
letzung des Glaskorpers, abprapariert. Bei ricbtiger Stellung des Mikroskops 
uud seines Spiegels konnte Cramer nun das Bild einer etwa 35 cm entferuten 
Kerzentiamme sebr deutlich auf der Hiuterflache des Glaskorpers abgebildet 
wahrnehmen mit SOmaliger VergroBerung. Sobald der Strom eines magnet- 
elektrischen Rotationsapparates an zwei Seiten der Hornbaut eingeleitet wurde, 
wurde das Bild undeutlicber und breiter. 
Alsdann stieB Cramer sine Starnadel an dem Rande der Hornbaut ein, 
flibrte ihre Spitze durch die Pupille binter die Iris, und durchschnitt beim 
Zuriickziebeu die Iris, so daB diese eine radiale Spalte bekam, die von ibrem 
Ansatze bis zur Pupille ging. Danach bracbte der elektriscbe Strom keine 
Veriinderung des Bildchens mehr bervor. 
An Augen von Hunden und Kaninchen gelangen diese Versucbe nicht, weil un- 
mittelbar nach dem Tode die Pupille sich betriichtlich vereugerte, und stiirkere elek- 
triscbe Strome die Linse (wahrscbeinlich durch Elektrolyse) undurchsichtig macbtea 
An Augen von Tauben fand er, daB bei Einwirkung elektrischer Strome 
sich das Bild der vorderen Linsentlacbe veranderte, nicht aber das Horubaut- 
bildchen. Die Veriinderung des ersteren konnte an solchen ausgeschnittenen 
Augen noch besser beobachtet werden, nachdem die Hornbaut weggenommen 
war. Die stilrkere Kriimmuug der Linse dauerte, so lange die Strome des In- 
duktionsapparates einwirkten, und verschwand nacbher wieder. Sie trat nicht 
mehr ein, sobald die Iris fortgenommen wurde. 
' Het Accommodatievermogeu. p. 58 u. 86. 
Mechanismus der Formanderung der Linse. 125 
Cramer schlieBt hieiaus, zunachst daB die Form der Linse durcli kon- 
traktile Teile, welche im Auge selbst liegen, verandert werde, und ferner be- 
trachtet er die Iris speziell als dasjenige Organ, welches diese Veranderung 
hauptsilchlich hervorbringe. Er schreibt der Iris eine betrilchtliche Wolbuug zu, 
indeiii er ihren Ursprung auf die innere Flache des Musculus ciliaris, weiter 
zuriickverlegt, als es bisher die Anatomen getan batten. Bei der Akkommo- 
dation des Auges fiir die Nahe soUen sicb nach seiner Annahme gleicbzeitig die 
Kreis- und Radialfasern der Iris verkiirzen. Erstere gaben dadurch den letzteren 
auch an ihrem zentralen Ende einen festen Anbeftungspunkt, und die gespannten 
radialen Fasern tibten nun auf die hinter ihnen liegenden Teile (Rand der 
Linse und Glaskorper) einen Druck aus. welcher bewirkte, daB der mittlere Teil 
der sehr nachgiebigen elastischen Linse durch die Pupille, wo allein kein Druck 
auf die Linse stattfande, berauszuquellen strebte, und so die starkere Wolbung 
bekiime. Durch die Zusammenziehung des Ringmuskels der Pupille. welche 
uotwendig ist, um den radialen Fasern der Iris am inneren Ende eineu AVider- 
halt zu geben, wiirde sich dann auch die beim Nahesehen eintretende Verenge- 
rung der Pupille erklilren. 
DoNBERs machte darauf aufmerksam, daB das an der inneren Wand des 
Canalis Schlemmii gelegene elastische Gewebe, an welches sich die Peripherie 
der Iris zuniichst anheftet, von Bedeutung fiir den Akkommodatiousvorgang sein 
konnte. Da die Iris und der Ciharmuskel zusammen von dieserWand des Kanals 
entspringen, und die Fasern des Muskels nach riickwarts verlaufen, um sich an 
der Aderhaut festzusetzen, so wird durch eine Zusammenziehung des Muskels, 
wenn man die Aderhaut als seinen festen Ansatzpunkt betrachtet, das elastische 
Gewebe in der Wand des ScHLEMMSchen Kanals gedehnt, und der Ansatz der 
Iris nach hinten gezogen werden konnen, wodurch sie in eine giinstigere Lage 
kommt, um auf die hinter ihr liegenden Teile einen Druck ausliben zu konnen. 
In der Tat ist leicht einzusehen, daB die peripherischen Teile der Iris zuriick- 
weichen miissen, weun die Mitte der Linse und der Pupillarrand der Iris sich nach 
vorn bewegen. Denn das Volumen der wassrigen Feuchtigkeit, welche in der vorderen 
Augenkammer eingeschlossen ist, ist unveranderlich; wenn ihr durch das Vordringen 
der Linse in der Mitte Raum genommen wird, muB dieser an den Seiten wieder 
gewonnen werden, dadurch daB die peripherischen Teile der Iris zurlickweichen. 
Cramer hat bemerkt, daB man bei Kindern mit bloBem Auge beobachten 
konne, wie sich die vordere Kammer beim Nahesehen erweitert. Ich selbst 
habe gefunden, daB man dies auch bei Erwachsenen mittels einer besonderen 
Art der Beleuchtung des Auges. erkennen konne. Wenn man namlich Licht 
ganz von der Seite her auf das Auge fallen laBt, so daB die Iris groBtenteils 
beschattet ist, so bildet sich bei einer richtigen Stellung des Auges auf der dem 
Lichte gegentiberliegenden Seite der Iris ein gekriimmter heller Streifen, eine 
kaustische Linie. In Fig. 64 ist in der unteren Halfte der Gang der ge- 
brochenen Strahlen fiir eine Kugel von dem Brechungsvermogen der wassrigen 
Feuchtigkeit dargestellt. auf welche parallele Strahlen fallen. F sei der Brenn- 
punkt der Zentralstrahlen. Die Randstrahlen weichen erheblich von dem 
Brennpunkte der Zentralstrahlen ab und schneiden sich mit den nachst be- 
nachbarten Strahlen in einer kaustischen Flache, deren Durchschnitt durch die 
Kurven GF angegeben ist. Der iiuBerste Strahl ist CB. er wird gebrocheu 
nach BH; in dem Halbierungspunkte der Sehne des Kreises, welche der ge- 
brochene Strahl bildet, in G, ist das Ende der kaustischen Linie G F. Nun 
126 
Die Dioptrik des Auges. 
[l09. 110. 
Fig. 64. 
denke man sich im Inueren der brechenden Kugel Ebenen gelegt, die ahnlich 
der Iris in der wassrigen Feuchtigkeit liegen. Legen wir sine solche Ebene 
senkrecht zur Ebene der Zeichnung durch q^Pf,, so wird ihre ganze A'order- 
flache vom Lichte getrofifen und beleuchtet werden. Legen wir die Ebene durch 
5j Pj , so liegt ein Teil derselben vor dem iiuBersten gebrochenen Strabl B G , 
dieser wird beleuchtet werden; ein anderer liegt dahinter und bleibt dunkel. 
Legen wir die Ebene durch q., P., , so schneidet sie die kaustische Flache. Es 
bleibt wieder ein Teil hell, einer dunkel, aber die Grenze zwischen dem be- 
leuchteten und nicht beleuchteten Telle wird jetzt durch eine helle Linie be- 
zeichnet, welche der Linie entspricht, in welcher die Ebene q.-, P., die kaustische 
Flache schneidet. Aus der Figur ist leicht ersichtlich, da6, wenn der Teil der 
Flache q.^P,, welcher die kaustische Flache schneidet, sich riickwarts bewegt, 
also von der brechenden 
Flache entfernt, die 
helle Linie dem Rande 
naher riicken mu6. 
Dies kann man nun 
an der Iris beobachten, 
wenn sich das Auge fiir 
die Nahe akkommodiert. 
Beleuchtet man das 
Auge eines anderen, 
welcher abwechselnd 
einen naheren und, 
ferneren Fixationspunkt betrachtet, die sich genau decken. so von der Seite, 
daB die kaustische Linie, nahe am Ciliarrande der Iris erscheint, so sieht man 
sie bei der Akkommodation fiir die Nahe sich dem Eande nahern, bei der fur 
die Feme sich davon entfernen. In Fig. 65 ist diese Beleuchtung der Iris 
dargestellt; das Licht fallt von der Seite in der Eichtung des Pfeils auf das 
Auge: auf der Iris sieht man an der dem Lichte zugekehrten Seite b den 
Hornhautretiex des Lichts, auf der anderen nach a 
bin die kaustische Linie, deren Licht zum Teil noch 
durch den vorspringenden Rand der Sclerotica 
hindurchscheint. 
Nach Cbamers und Dondees' Annahme wiirden 
die Iris und der Ciliarmuskel dadurch die Gestalt- 
ilnderung der Lins.e bewirken, daB sie den Druck 
im Glaskorper und auf die Eandteile der Linse 
erhohen, wobei nur die Mitte ihrer vorderen Flache 
hinter der Pupille von dem erhohten Drucke befreit 
bleibt. Auch kann dadurch in der Tat die ver- 
mehrte Wolbung der vorderen Linsenflache, welche CsAaiER zuniichst beobachtet 
hatte, erklilrt werden. 
Die Gestaltveranderung der Linse dagegen, welche aus meinen Messungen 
sich ergibt, mochte sich, ohne eine andere Kraft noch zu Hilfe zu nehmen, 
nicht erkliiren lassen. Durch den hydrostatischen Druck, der auf die hintere 
Seite und die Rander der Linse einwirkt, kann diese nicht wohl in der, Mitte 
dicker werden. Ein solcher Druck wiirde streben, die Aquatorialebene der 
Linse nach vorn zu wolbeu, und dabei ihre hintere Seite dacher zu machen. 
Fig. 65. 
110.111.1 Mechanismus der Formanderuug der Linse. 127 
Eine Annahme, welche diese Schwierigkeit zu beseitigen geeignet erscheint, 
ist die, daB die Linse im ruhenden, fernsehenden Zustande des Auges durch 
die an ihren Rand befestigte Zonula gedehnt wird. Die Falten der Zonula 
laufen von ihrem Ansatz an der Liusenkapsel nach auBen und hinten, wobei 
sie Scheiden fiir die Ciliarfortsatze bilden, und verschmelzen endlich am hinteren 
Ende dieser Fortsatze und des Ciliarmuskels mit der Glashaut, Xetzhaut und 
Aderhaut. Wenn der Ciliarinuskel sich zusammenzieht, kann er das hintere 
Ende der Zonula nach vorn der Linse nahern und die Spannung der Zonula 
vermindern. Durch die gespannte Zonula mu6 aber die Linse nach ihren 
Aquatorialdurchmessern gedehnt, in der Achse verkiirzt, ihre Flachen miissen 
flacher gemacht warden. Wenn der Zug der Zonula bei der Akkommodation 
fur die Niihe nachlaBt. wird die Aquatorialfliiche der Linse kleiner, ihre Mitte 
dicker wei-den, beide Flachen werden sich starker wolben. Kommt dazu nun 
noch der Druck der Iris, so wird diese die Aquatorialebene der Linse nach 
vorn wolben, und dadurch wird die Wolbung der vorderen Flache verstilrkt, 
die der hinteren vermindert werden, so daB sie der urspriinglichen Wolbung 
der fernsehenden Linse wieder nahehin gleich werden kann. 
Auf diese Weise scheint sich die Gestaltanderung der Linse erkliiren zu 
lassen. Ubrigeus ist es an toten Augen leicht, durch Zerren an der Zonula 
Gestaltveranderungen der Lmse hervorzubringen. Hiermit wiirde auch der Um- 
stand in Verbindung stehen, daB ich an lebenden fernsehenden Augen die 
Linsendicke geringer gefunden babe, als sie an toten Linsen je gefunden wird. 
Von einer Aufquellung der toten Linsen durch Wasser kann dieser Unterschied 
wohl kaum hergeleitet werden, da nach den Beobachtungen von W. Krause 
die Brechungsvei'haltnisse der auBeren, mittleren und innersten Schichten von 
Kalbslinsen 24 Stunden nach dem Tode genau dieselben sind, wie unmittelbar 
nach dem Tode, wiihrend man bei einer Wasseraufnahme eine Verminderung 
des Brechungsvermogens erwarten iniiBte. 
Um eine tJbersicht iiber die wahrscheinliche Veriinderung der optischen 
Konstanten und Kardinalpunkte des Auges zu geben, welche bei der Akkommo- 
dation fiir die Niihe eintritt, und zugleich nachzuweisen, daB die beobachtete 
Anderuug der Form der Linse geniigend ist, die Alvkommodation zu erkliiren, 
habe ich fur zwei Akkommodationen eines schematischen Auges, welches den 
von mir untersuchten nahehin entspricht, die optischen Koiistanten berechnet. 
Das femsehende Auge unterscheidet sich von Listings schematischem Auge 
nur dadurch. daB die Linsenfliichen etwas nach vorn geruckt und die Linse 
diinner angenommen ist. Das Brechungsvermogen der wiissrigen und glasernen 
Feuchtigkeit habe ich, wie Listing, gleich -^_ , das der Kristallinse gleich 
genommen. Die Langen sind in Millimetern gemessen. Als Ort eines Punktes 
ist seine Entfernung von der vorderen Hornhautfliiche angegeben. 
Nimmt man an, daB bei der Akkommodation fur die Feme dieses schema- 
tiscbe Auge in unendliche Feme blicken konne, so wird die Netzhaut in der 
Achse des Auges 22,231 mm von der vorderen Hornhautflache entfernt sein, und 
bei dem anderen berechneten Akkommodationszustande ein Gegenstand deutlich 
gesehen werden, welcher 118,85 mm vor dem vorderen Brennpunkte, oder 
130,09 mm vor der Hornhaut liegt. Es wiirde dies der Akkommodationsbreite 
eines normalen Auges gut entsprechen. 
128 
Die Dioptrik des Auges. 
111. 112. 
Akkoinmodatiou 
fur 
Feme. 
Augenommen: 
Krummungsradius der Hornhant ■ 
Desgl. der vorderen Linseiifliiche 
Desgl. der hinteren Linsenflache ■ 
Ort der vorderen Liusenflache 
Ort der hiutereu Linsenflache 
Berechuet: 
Vordere Brennweite der Hornhaut 
Hintere desgl 
Brennweite der Linse 
Abstand des vorderen Hauptpunktes der Linse von der vorderen 
Fliiche 
Aljstaud des liinteren vou der hinteren .... 
Abstand der beiden Hauptpunkte der Linse voneinander . . . 
Hintere Breunweite des Auges 
Vordere desgl 
Ort des vorderen Brennpiinktes 
Ort des ersten Hauptpunktes 
Ort des zweiten Hauptpunktes 
Ort des ersten Knotenpunktes 
Ort des zweiten Knotenpunktes 
Ort des hinteren Brennpunktes 
8,0 
10,0 
6,0 
3,6 
7,2 
Nahe. 
8,0 
6,0 
5,5 
3,2 
7,2 
23,692 
23,692 
31,692 
31,692 
43,707 
33,785 
2,1073 
1,9745 
1,2644 
1,8100 
0,2288 
0,2155 
19,875 
17,756 
14,858 
13,274 
12,918 
- 11,241 
1,9403 
2,0330 
2,3563 
2,4919 
6,957 
6.515 
7,373 
6,974 
22,231 
20,248 
Veranderungen der Hornhautkriimmung wollten einige altere Beobacliter' 
bei ungenaueren Untersuchungsmethoden gefunden babe. Neuere genauere 
Messungen dieser Kriimmung mit Hilfe der reflektierten Bilder baben ergeben, 
daB sie ganz unverandert bleibt. Solcbe sind von Senff', Cramer' und mir 
selbst angestellt worden. Das Oiibtbalmometer laBt eine sebr genaue Aus- 
fiihrung dieser Versucbe zu, wobei Anderungen des Radius um '/.,p(| seiner 
GroBe wahrzunebmen sein wiirden, wiibrend ein Wecbsel der Sebweite zwiscben 
5 Zoll und unendlicber Entfernung einen Wecbsel des Kriimmuugsbalbmessers 
von 6,8 bis 8 mm erfordern wiirde. wenn eine solcbe Verilnderung die Akkoiiimo- 
dation bewirken sollte. Icb babe aber durcbaus negative Eesultate erhalten. 
Zu erwabnen ist hier nocb ein sebr sinnreicber Versuch von Th. Young, welcber 
dasselbe beweist. Er bescbreibt ibn folgendermaBen: „Icb nehme aus einein 
kleinen botaniscben Mikroskope eine bikonvexe Linse von ^J^^ (Zoll) Radius 
und Brennweite, befestigt in einer beckenformigen Fassung von Y5 Zoll Tiefe, 
und macbe ibre Kante mit Wacbs wasserdicbt. Icb troptle ein wenig maBig 
kaltes Wasser binein, bis es zu drei Vierteln damit angefiillt ist, und bringe 
es dann an das Auge, so daB die Hornbaut in das Becken bineinragt und iiberall 
mit dem Wasser in Beriibrung ist. Mein Auge wii-d dadurcb sogleicb weit- 
sicbtig, und das Brecbungsvermogen der Glaslinse, welcbes durcb das Wasser 
auf etwa 1,6 (Zoll) Brennweite zuriickgefiibrt ist, ist nicbt hinreicbend, die 
Stelle der Hornbaut zu vertreten, welche durcb das Wasser unwirksam geworden 
ist; aber die Hinzufiigung einer andereu Linse von 5Yo Zoll Brennweite bringt 
' J. P. LoBfi, Diss, de oculo humano. Lugd. Batav. 1742. p. 119. 
Transact. 1796. p. 1. 
* Wagner, Handworterbuch der Physiologic. Art. Sehen. 
' Het Accommodatievermogen der Oogen. Harlem 1853. p. 45. 
Home, Philos, 
112. 113.1 Verschiebung des Pupillarrandes. 129 
mein Auge zu seinem natiirlichen Zustaude zuriick, und noch etwas dariiber 
hinaus. Ich wende dann das Optometer an, und finde dieselbe Ungleichheit in 
der horizontalen und vertikalen Brechung wie ohne Wasser, und ich habe in 
beiden Richtungen eine Akkommodationsfahigkeit bis zu einer Sehweite von 
4 Zoll wie vorber. Im ersten Augenblicke erscbien mir die Akkommodation 
allerdings etwas geringer und nur imstande, das Auge von dem fiir parallele 
Strahlen geeigneten Zustaude zu einer Sehweite von 5 Zoll zu bringen, und dies 
lieB mich glauben, da6 die Horiihaut eine kleine Wirkung im natiirlichen Zu- 
staude haben konnte; indem ich aber uberlegte, daB die kiinstliche Hornhaut 
ungetahr ^/^^ Zoll vor der Stelle der natiirlichen Hornhaut sich befand, be- 
rechnete ich die Folgen dieses Unterscbiedes und fand ihn genau ausreichend, 
um die Yeringerung des Spielraums der Sehweite zu erklaren.-' 
Um wieviel sich beim Nahesehen der Pupillarraud der Iris nach voru verschiebt. 
laUt sich wenigstens annahernd bestimmen. nachdem man die Dimensionen und Kiiim- 
miing der Hornhaut und die Entfernung der Pupilleniiache von der Hornhaut be- 
stimmt hat. Es sei C Fig. 66 die Hornhaut. c uud d ihr iiuBerer Rand, ah die 
Pupille beim Fernsehen. Hat sich nun der Beobacliter 
gegen dieses Auge so gestellt, daB ihm die ganze 
I'upille gerade verdeckt wird, so muB cb die Gesichts- 
linie des Beohachters in der wilssrigen Feuchtigkeit 
sein. Wird nun beim Nahesehen die ganze Pupille 
vor dem Rande der Sclerotica eben sichtbar. und kennt 
man ihre Breite u ji. ■ so muB sie ganz vor der Linie c b 
liegen. und doch an diese anstoBen. so wie in Fig. 60 
angegeben ist, und dadurch findet man weuigtens angenahert die GroBe ihrer 
Aerschiebung. Diese betrug unter den von mir untersuchten Augeu bei dem Auge 
O. H. 0.36 mm, bei dem Auge B. P. 0.44 mm. Tritt die Pupille beim Nahesehen 
nicht ganz vor. sondern nur die Halfte, zwei Drittel usw. derselben. so muB man 
die GroBe des hervortretenden Tails schiitzen und danach die Berechnung anstellen. 
Der Kriimmungsradius der vorderen Flache der Linse kann mit Hilfe der von 
ihr entworfenen Spiegelbilder gemessen werden. Doch sind diese Bilder zu licht- 
M'hwach uud verwaschen. als daB man eine genaue Messung ihres Abstands mit dem 
< )phthalmometer ausfiihren konnte. Wenn man dagegen neben dem Linsenspiegelbild 
ein Hornhautspiegelbild von veranderlicher GroBe erzeugt, so kann man die (4r66e 
beider Bilder leicht mit bloBem Auge vergleichen und sie gleich groB machen. Die 
( irOBe des Hornhauthildes findet man dann leicht durch Messung oder Rechnung. So 
lieB ich z. B. zwei vertikal iibereiuander stehende belle Flammen von der Linse spiegeln. 
zwei kleinere schwiichere Flammen vou der Hornhaut, stellte die letzteren so, daB 
ihre Spiegelbilder dicht neben den Linsenspiegelbildern der groBen Flammen er- 
schienen, und deren gegenseitiger Abstand dem der letzteren gleich wurde. Statt eiues 
jeden Paars von Flammen kann man auch bequemer eine Flamme und ihr von einem 
horizontalen Spiegel entworfenes Spiegelbild gebrauchen.^ 
So inaB ich also die GroBe der von der vorderen Linsenfliiche beim Xahesehen 
und beim Fernsehen entworfenen Bilder. Es fand sich. daB in gut akkommodiereuden 
Augen das von der vorderen Linsenfliiche entworfene Bild beim Naheseheu etwa nur 
^/g der GroBe hat, welche ihm beim Fernsehen zukommt. Dies Bild wird von einem 
aus einer brechenden und einer spiegeluden Flache zusammengesetzten optischen Systeme 
entworfen. Die Brennweite dieses Systems kann man zuniichst aus der GriiBe des 
Bildes. GroBe und Eutfernu.ng des Objekts nach § 9 Gleichung 8 b) berechnen. welche 
auch fiir spiegelnde Systeme gilt, aus der Brennweite dann den Radius der spiegeln- 
' Graefes Archiv f. Ophth. Bd. L Abt. 2. S. 4.5. 
V. Helmholtz, Phvbiologische Optik. .3. Aufl. I. 
130 L)ie Dioptrik des Auges. [113.114. 
den Flaclie. Es sei /j die erste. /!, die zweite Brennweite des brechenden Systems, 
welches vor der spiegelnden Flache liegt, r der Kriimmungsradius dieser Flache, positiv 
gereclinet. wenn sie konkav. negativ, wenn sie konvex ist, d der Abstand des Scheitels 
der spiegelnden Flache vorn zweiten Hanptpuukte des brecheuden Systems, so ist die 
Brennweite des zusammengesetzteu spiegelnden Systems: 
g = ^^d^L 1). 
Nach dieser Formel wird q kleiner, wenn d kleiner wird, d. h. wenn die vordere 
Linsenflache der Hornhaut naher riickt. Wenn q kleiner wird, wird auch das Spiegel- 
bild entferuter Gegeustande iu demselben Yerhaltnisse kleiner. Da jedoch die Ver- 
andeiiing von d etwa nur 0,4 mm betragt, und /", — d etwa 28 mm, /", — d -\- r 
etwa 38 mm, so ist die Veriinderung von q hochst gering und betragt etwa nur ^/^p 
seiner GroBe, wahrend die direkte Beobachtung der Bilder etwa */g gibt. Die Ver- 
kleinerung der Bilder kann also nicht durch das Verschiebeu der vorderen Linsen- 
flache, sondern in der Tat nur durch vermehrte Kriiminung dieser Fliiehe erfiillt 
werden. 
Durch die Ijeobachtung an lebeuden Aucren ergab sich in dieser Weise 
I Kriimmungshalbmesser 
Auo'e I ^^^ vorderen Linsenflache 
i fernsehend nahsehend 
O. H. II 11,9 
B. P. 8,8 
J. H. 10,4 
8,6 
5,9 
Verschiebung der 
Pupille bei Akkommo- 
dation fiir die Nilhe 
0,36 
0,44 
Um die Kriimmungsradien der vorderen Linsenflache nach der obigen Gleichung 
berechnen zu konnen, muB man den Kriimmungsradius der Hornhaut und die Ent- 
fernung der vorderen Linsenflache (Pupille) von der Hornhaut kennen. Beide GroBen 
waren an den angetuhrten Augen schon vorher gemessen. 
Das Spiegelbild, welches die hintere Linsenfliiohe von fernen Gegenstanden ent- 
wii-ft, veriindert seine GroBe ebenfalls bei geiinderter Akkommodation des Auges, aber 
in sehr unbedeutendem Grade. Ich beobachtete diese Veranderung durch das Oph- 
thalmometer, indem ich zwei Flammen senkrecht iibereinander seitUch 
■» vom Auge hinter den Ottnuugen eines Schirms aufstellte und dereu 
von der hinteren Linsenflache gespiegelte Bilder beobachtete. Ich 
ce stellte die Doppelbilder der beiden Lichter, so wie Fig. 67 zeigt. 
nebeneinander. Hier sind a^ und a, die Doppelbilder des unteren. 
ig und ij die des oberen Lichts. Die einander genaherten Bilder a^ 
und 6p deckten sich nicht. sondei^n standen dicht nebeneinander, so 
Fig. 67. daB ich sie gesondert er kennen konnte. Bei der Akkommodation fiir 
die Nilhe verschob sich h^ etwas in der Richtung nach a^ und a^ iu 
der Richtung nach h^ hin. Ich schatzte die Breite der Verschiebung etwa gleich der 
Hiilfte der Breite eines jeden lichten Flecks, und da die Entfernung der Mittelpunkte 
der Ofthungen, durch welche das Licht fiel. gleich sechsmal der Breite der Otfnuugen 
war, so war die Verkleinerung des Bildes etwa Vj, seiner GroBe. 
Endlich suchte ich noch zu ermitteln, ob die hintere Linsenflache sich bei der 
Adaptation fiir die Niihe in der Richtung von hinten nach vorn verschobe. Ich ver- 
fuhr dabei in derselben Weise. wie ich die scheinbare Entfernung der hinteren Linsen- 
fliiche von der Hornhaut bestimmt hatte. Bei derselben Anordnuug des Apparates 
untersuehte ich. ob der Lichtreflex der hinteren Linsenfliiohe l)ei verilnderter Adap- 
tation und unveriinderter RichtuuK der Augenachse seinen Platz iinderte. wobei ab- 
114.115.1 Veranderung der hinteren Linsenflache. 131 
wechseliid das Pemrolir rechts und das Licht links, dann wieder das Fernrohr links 
und das' Licht rechts stand. Indessen habe ich keine Ortsveranderung dieses Bildchens 
bemerken konnen. Die scheinbare Entfeniung der hinteren Linsenflache von der 
Horuhaut wird also bei den Adaptationsiindenmgen nicht merklich veriindert. 
Was diirfen wir nun aus diesen Veriinderungen des Spiegelbildehens und des 
scheinljaren Ortes der hinteren Linsenflache auf die wirklichen Veriinderungen der- 
selben fiir Schliisse ziehen? Der scheinbare Ort dieser Flache wird dureh die Brechung 
in der Linse iiberhaupt sehr wenig geUndert, da sie dem hinteren Knotenpunkte der 
Linse ziemlieh nahe liegt. und wir konnen daraus schlieBen. daB auch die Unter- 
schiede ihrer Verschiebuug durch die Brechung bei verschiedenen Akkommodations- 
zustiiuden des Auges jedenfalls so klein sein werden. da6 ^vir sie vernachliissigeu 
konnen. So wird z. B. in den beiden schematischen Augen. deren optische Konstanten 
wir in diesem Paragraphen als Beispjel berechnet haben. in dem fernsehenden Auge 
die hintere Linsenflaclie scheinbar um 0.191 mm. in dem naheseheuden um 0.113 mm, 
nach vorn verschoben. wiirde also, wiihreud sie in Wirklichkeit an ihrer Stelle bleibt. 
sobald das Auge sich fiir die Nahe akkommodiert, scheinbar um 0.078 mm nach hinten 
riicken. Dies ist aber zu wenig, um wahrgenommen zu werden. Ubrigens kann diese 
Rechuung eben nur dazu dienen, zu zeigen, daB die Verschiebungen und ihre Unter- 
schiede Iiberhaupt klein sind, keineswegs um den Sinn dieses Unterschiedes in der 
wirklichen Kristallinse zu zeigen. well hierbei wesentlich die Entferuu.ng der Haiipt- 
punkte der Linse voneinander in Betracht kommt. welche in der Kristallinse jeden- 
falls geringer ist als in den schematischen homogenen Linsen. 
Wir konnen also nur sagen. daB der wahre Ort der hinteren Linsenflache bei 
den .\kkommodationsanderungen nicht merklich geandert werde. 
Um zu ermitteln. wie das von der hinteren Linsenflache entworfene Spiegelbild 
sich bei Anderungen der Augenmedien veriindere. denken wir uns die spiegelnde Flache 
durch eine unendlich diinne Schicht Glaskorper von der letzten brechenden Flache 
des Auges getrennt. Dann konnen wir fiir die Kardinalpunkte des brechenden Systems 
die Kardinalpunkte des Auges nehmen. Es sei n das Brechungsverhaltnis des Glas- 
korpers: ferner nennen wir p die Entfernung des hinteren Brennpunktes des Auges 
von der hinteren Linsenflache nach hinten gerechnet, £ die des zweiten Knoteupunktes 
des Auges von derselben Flache nach vorn gerechnet. In der Gleiohuug 1). welche 
die Brennweite eines zusammengesetzten brechenden und spiegelnden Systems gibt, 
haben wir zu setzen 
fj.=P + i 
U = n{p + e) 
f, -d = p. 
Dann wird der Wert der Brennweite des brechenden und spiegelnden Systems: 
nr {p + «)^ 
? = 
2 p{p + r) 
2). 
Bei der Akkommodation fiir die Niihe wird e jedenfalls griiBer. weil bei der (xestalt- 
veriin<lerung der Linse die Knotenpunkte des Auges vorriicken miissen; dadurch wiirde 
auch. wenn sich r und p gar nicht veranderten. der Wert von q und die GriiBe des 
Spiegelbildes zunehmen miissen. Dagegen wird p bei der Akkommodation fiir die 
Nahe kleiner, und dadurch kann der Wert von q auch kleiner werden, unter deu 
\'erhiiltuisseu dieser GroBen im Auge. Differentiiert man q nach p. so erliillt man 
dq nr P + s.. 
dp 2 p-{p + rf^^ ^ ' ^ ' ^ 
Von den Faktoren dieses Ausdrucks kann luir der letzte, in der eckigen Klanuiier 
eingeschlossene negativ werden. wird es aber wohl im norraalen Auge nicht. da s 
9* 
132 Die Dioptrik des Auges. [lis. lie. 
gegeu p mill r selir kleiu ist. Es wird also - — positiv sein, d. h. q wird init p zu- 
gleich groBer uud klemer werden. Es wiirde also bei der Akkommodation fur die 
Niihe, wobei p kleiaer wird, weim wir Torlaufig YOn der Veranderung von 6 absehen 
und r konstant setzen, aiicb q und das Spiegelbild der hinteren Linsenflacbe kleiner 
werden konnen. und man konnte vernuiten, die beobacbtete Yerkleinerung dieses 
Bildes sei dadtircb bervorgebracbt. Die Recbnung nacb der Gleicbung 2^ indessen 
ergibt das Gegenteil. Nebmeu wir aus Listings scbematiscbem Aiage die Werte 
p = 14,647, « = 0,3601, r = 6. so wiirde j) avif 10,597 verkleinert werden miissen, 
urn q urn '/j, seines Wertes zu verringern. Der hintere Brennpunkt des Auges 
iniiUte also 4 mm vor die Netzhaut riicken, was jedenfalls scbon die mogliche Ver- 
iinderung der Lage dieses Puukles iiberschreitet. Aber da eiu Teil der bierdui'cb 
bewirkten Yerkleinerung des Bildes durcb das Yorriicken der Knotenpunkte. die Yer- 
groBeruug tou £, wieder aufgeboben werden wiirde, wie vorber auseinandergesetzt ist. 
so konnen wir nicbt zweil'eln, daB die Yerkleinerung des Bildchens auf der binteren 
Linsenflacbe ohne eine, wenn aucb geringe Yermebrung der Kriimmung dieser Flacbe 
nicbt die beobacbtete GroBe baben konne. 
Berecbnet man die Brennweiten q lur die beiden scbematiscbeu Augen dieses 
Paragrapben, so findet man fiir das fernsebende 5,6051, fiir das nabesebende 5.3562, 
welcbe GroBen nur iim ^/,j ibres Wertes unterscbieden sind. wabrend die dazu ge- 
borigen Kriimmungsradien (6 und 5,5 mm) um '/,., differieren. Hier verdeckt also 
die Auderung der brecbenden Mittel die des Kriimmungsradius zum Teil. und laBt 
sie kleiner erscbeinen, als sie wirklicb ist. AYir scblieBen daraus, daB die biutere 
Flacbe der Linse bei der Akkommodation i'iir die Niibe sicb starker wolbt. 
Fiir den Mecbanismus der Akkommodation ist es wiebtig. den Lrspning der 
Iris genau zu kennen. Icb babe den Canalis Schlehmh mit Umgebivng. wie er sicb 
auf feinen Querscbnitten der Augenbaute darstellt, in Fig. 3, S. 6 abgebildet. A ist 
der Querscbuitt des Kanals. der wobl aucb im lebenden fernsebenden Auge eine liing- 
licbe Spalte bildet, C die Kornea, S die Sclerotica, D die Bindebaut, B die Aderbaut, 
E ein Ciliarfortsatz . J die Iris. Die innere Wand des Kanals ist aus verscbiedenen 
Geweben zu.sammengesetzt. Der binterste Teil dieser Wand bei a bestebt ganz deutlicb 
aus demselben Gewebe eng durcbttocbtener Sebnenfasern wie die Sclerotica, von der 
er ausgebt. Der vordere Teil bestebt dagegen aus einem anderen Gewebe, welcbes 
undurcbsicbtiger ist als das Sebnengewebe , aus starker sicb abzeicbnenden , gegen 
Essigsaure und Kali sebr resistenten Fasern bestebt. und daber wobl fiir elastiscbes 
(lewebe zu balten ist. S^acb vorn scbiebt es sicb zwiscben Membrana Descehetii und 
die Knorpelsubstanz der Horuhaut ein, nacb binten beftet es sicb teils an den liinteren 
sebnigen Teil der Wand, teils verbindet es sicb mit den Faserziigen des Spannuuiskels 
der Aderbaut. Das System der Aderhaut hiingt nur mit der binteren Halfte der 
inneren Wand des Schlemm scben Kanals fest zusammen. wo der sebnige und elastiscbe 
Teil sicb verbinden. Doeb entspringt aucb von dem vorderen Telle der Kanalwand 
ein lockeres Netzwerk von Fasern. die die Gbaraktere der elastiscben an sicb tragen, 
welcbe sicb an den Anfang der Iris anbeften. Die Fasermassen, welcbe dem Spann- 
muskel tmd der Iris angeboren, siebt man zum Teil von der Wand des Kanals ent- 
springen, zum Teil mogen sie aber aucb direkt von der Aderbaut auf die Iris iiber- 
geben. In dem Gewebe der Ciliarfortsatze siebt man eine groBe Zabl weiter Lumina 
durcbschnittener BlutgefaBe, auf ibrem dem Glaskorper zugekebrten Rande die Lage 
des scbwarzen Pigments. 
Um sicb von der Ricbtigkeit der bier gegebenen Darstellung des Ansatzes der 
Iris zu iiberzeugen. muB man einerseits feine Sobnitte von getrockneten Augenbauten 
untersucben, dabei aber beacbten, daB das Trocknen sebr starke Yerzerrungeu bervor^ 
bringen kann, und daB die elastiscben Fasern vor dem Ansatze der Iris sebr leicbt 
reiBen oder brecben, wenn man die Iris von der Hornbaut abziebt. Andererseits muB 
tin. 117. 1 Mechanismus der Akkomuiodation. 133 
mau frische Praparate untersuchen. wobei man am besten eine Borste in den Schlbmm- 
schen Kanal einfiilirt. ebenfalls aber sehr sorgfaltig jedes Ziehen an der Iris oder 
Chorioidea vermeiden mu6. denu dadureh kann man der Muskelmasse . diirob welche 
diese Teile befestigt sLnd. jede beliebige Gestalt geben. Hebt man die Iris leise auf. 
und legt sie auf die Ciliarfortsatze zuriick. so bemerkt mau die feinen elastischen 
Fiiden. welcbe sicb zum vorderen Rande des Kanals hiniiberspannen. Zieht man dann 
die Borste naeh vorn, so erkennt man leicht die elastiscbe Dehnbarkeit des vorderen 
Teils der Kanalwand. Scbliigt man dagegen Iris und Chorioidea nach vorn iiber. und 
zieht die Borste nach hiuten an. so zeigt sich der hintere Teil der Wand als un- 
ausdehnsam. 
Die beschriebene Art des Ansatzes scheint mir fiir das Zuriickweichen der Seiten- 
teile der Iris beim Nahesehen wichtig zu sein. 1st die Iris namlich erschlaflft, so 
wird sie durch das Netzwerk der elastischen Fasern bei b bis zum vorderen Rande 
des ScHLEJiMschen Kanals an dessen innerer Wand festgehalten. Spannen sich da- 
gegen die zirkularen und radialen Fasern der Iris gleichzeitig, so bietet erst die 
Sehnenmasse am hinteren Rande des Kanals ihrem Zuge einen geniigend festen Wider- 
stand, imd man kann daher sagen, die erschlaifte Iris setzt sich an den vorderen, die 
gespannte an den hinteren Rand des ScHLEMMSchen Kanals. vrelche im Mittel 0,45 mm 
auseinander lieffen. In Fia. 63 habe ich das verschiedene Verhalten des An- 
satzes der Iris beim Fernsehen (Seite F) und Nahesehen (Seite N der Figur) dar- 
zustellen gesucht. Der ScHLEMMSche Kanal ist auf beiden Seiten mit s bezeichnet. 
Bin anderer Teil des Auges, dessen Wirkungen bei der Akkommodation noch in 
Betracht kommen konnten, sind die Ciliarfortsatze. L. Pick^ hat nachgewiesen, daB 
sie unter dem Eintlusse des elektrischen Stromes sich zusammenziehen, und ihr Blut 
entleeren. welches durch ziemlich weite GefaBverbindungen leicht in die Vasa vortieosa 
der Aderhaut abflieBen kann. Er nimmt an, daB durch diesen tjbergang des Blutes 
in dem Teile des Auges, welcher hinter der durch die Linse und Zonula gebildeten 
Scheidewand liegt. der hydrostatische Druck vermehrt, vorn vermindert werde. Da- 
dureh werde die Mitte der Linse nach vorn gedrangt, ihre vordere Flache wolbe sich 
deshalb mehr. Dagegen behauptet Fick folgerichtig , daB die hintere Flache dabei 
tlacher werde, was meinen Beobachtungen nicht entspricht. Audi J. Czerjiak - hat 
in einem Versuche, den Mechanismus der Akkommodation zu erklaren, nebeu der von 
Ceamer angenommenen Spannung der Iris und des CiUarmuskels eine Anschwellung 
der Ciliarfortsatze zu Hilfe genommen, wodurch ein Druck auf den Rand der Linse 
ausseiibt werden konnte. 
(^Tegen die Ansicht. daB die Augenmuskeln durch ihreu Druck auf den Augapfel 
dessen Gestalt veriinderten. ihn namentlich in Richtung der Augenachse verlaugerten, 
und dadureh die Netzhaut weiter von der Linse entfernten. eine Ansicht, die vor der 
Entdeckung der Formanderimg der Linse viel gewichtige Freunde hatte, ist anzufiihren, 
ersteus, daB, wie ich durch Messimgen mit dem Ophthalmometer gefunden habe, jede 
Steigerung des hydrostatischen Drucks im Auge die Hornhaut flacher raacht. was man 
an lebenden Augen wiirde beobachten konnen. wenn es der Fall wiire. und zweitens, 
daB bei einem geringen Drueke mit dem Finger auf den Augapfel durch den Augen- 
spiegel beobachtet werden kann. wie die GefaBe der Netzhaut enger werden. nur noch 
intermittierende Blutstrome bei den Pulswellen hindurchlassen. eudlich gauz koUa- 
bieren. Sobald die intermittierende Bewegung (sichtbare Pulsation der Sehlagadern) 
beginnt'. verschwindet die Emptindlichkeit der Netzhaut. wahrscheiulicli wegeii un- 
geniigender Blutzufuhr, und das Gesichtsfeld wird vollkommen schwarz. 
Endlich sind noch die Versuche von Th. Young anzufiihren, welche wohl kaum 
einen Zweifel dariiber bestehen lassen kiJnneii. daB auch nicht die geringste Ver- 
' J. MiiLLERS Archiv. 1853. S. 449. 
- Prager Vierteljahrsschr. XLIII. 8. 109. 
' DoNDEEs in Nederl. Lancet. 18.54. Nnvb. S. 275. 
134 Die Dioptrik des Auges. Tii?. lis. 
langerung der Augenachse beim Nahesehen eintritt. Man kami die Fliiclie der Binde- 
liaut des Aiiges zwischen den Aiigenlidern mit einem glatten. gut polierten Stiicke 
Metall ohne erliebliclie Bescliwerde beriibren. Man setze in den inneren Augeuwinkel 
auf die Bindebaut einen glatten eisernen Eiiig (eines Scbliissels) auf. den man fest 
gegen den inneren Rand der Augenboble anstemmt, und wende das Aiige uacli der 
inneren Seite beriiber, so da6 man durcb den Ring und an dem Nasenriickeu vorbei 
in die Perne sieht. Dabei kommt der innere Umfang der Hornbaut ganz dicbt an 
den Sc-bliissel zu liegen. und es wird somit verbindert, daB der Aiigapfel bei der 
Akkonimodation sicb nach vorn verscbieben kiinne. Nun drange man den Ring eines 
ganz kleiuen Scbliissels am auBeren Augenwinkel zwischen den Augapfel und Knochen 
ein. Dabei wird dureh den Druck auf den Augapfel die Netzbaut gereizt. und es 
erscbeint im Gesicbtsfelde scbeinbar vor dem Nasenriicken ein dunkler. anfaugs auch 
wobl heller Fleck, ein Druckbild. Dieses reicbte bei Yotxn'g bis auf die Stelle des 
deutlicbsten Sehens. und er konnte erkennen, daB gerade Linien im Bereiche dieses 
Druckbildes eine leichte Kriimmung erhielten, welche von einer durcb den Druck 
veranlaBten leicbten Einbiegung der Sclerotica herzuriihren schien. Da das Druckbild 
an der Stelle des deutlicbsten Sehens entstand. rauBte der Heine Scbliissel die (^regend 
des gelben Flecks an der Hinterseite des Augapfels tretien. Unter diesen Umstanden 
kann eine Verlilngerung der Augenachse otfenbar uicht eintreten, ohne die Schlussel 
von ibrer Stelle zu drangen. Ware also die Akkommodation mit einer Verliingeruug 
der Augenachse verbunden, so miiBte sie unter diesen Umstanden entweder ganz un- 
moglich sein, oder es mtiBten die Scbliissel verdrangt werden. und es miiBte dabei 
das Druckbild wegen starkerer Einbiegung der Hinterwand des Augapfels an Umfang 
auBerordentlich zunehmen. Nichts von allem diesem ist der Fall. Das Auge kann 
voUstiindig so gut wie sonst akkommodiert werden. und das Druckbild Ijleilit bei 
verSnderter Akkommodation ganz dasselbe. 
Th. Young scheint etwas hervorstehende Augen gehabt zu haben. wie aurh aus 
anderen Versuchen. welche er beschreibt. hervorgeht. In meinem eicfenen Auge reicht 
mir der eine Rand des Druckbildes bis zur Stelle des deutlicbsten Sehens; iilirigeiis 
konnte auch ich mich vollstandig von der Moglichkeit der Akkommodation und der 
Unveranderlichkeit des Druckbildes iiberzeugen. 
Aus diesem Versuche folgt zunilchst unmittelbar. da6 die Entferuung des inneren 
Umfangs der Hornhaut von dem gelben Fleeke oder einem Punkte der Hinterwand 
etwas nach auBen vom gelben Fleeke vollstandig unveranderliob sei. Es wiirde aber 
die Entfernung der Hornhaut von dem gelben Fleeke ohne auffallende Asjmmetrie 
des Auges sicb nicht veriindern konnen, wenn nicht die genannte Entfernung ibres 
Randes sicb ebenfalls iinderte. 
FoEBES meinte. daB bei der Akkommodation fiir die Niihe das innere Auge unter 
einen starkeren Druck gesetzt werde, und die Linse, well sie wegen der verscbiedenen 
Form und Dichtigkeit ihrer Schicbten nach verscbiedenen Ricbtiingen bin verschieden 
elastisch sei, ibre Form andere. De Haldat hat dagegen keine Veranderung der 
Brennweite des brechenden Apparates des Auges und einzelner Linsen finden konnen. 
welche er im Wasser komprimierte ^.' 
Uber keinen anderen Gegenstand der physiologischen Optik sind so viel wider- 
sprechende Ansichten aufgestellt worden. als iiber die Akkommodation des Auges. 
well erst in der allerneuesten Zeit entscheidende Beobachtungstatsachen gefunden 
wurden. und man bis dabin fast nur einem Spiel von Hypothesen iiberlassen gewesen 
war. Um die Ubersicht zu erleichtern, werde ich die chronologische Orduuug ver- 
lassen, welche iiberdies in der nacbfolgenden Zusammenstellimg der Literatur bei- 
behalten vperden wird, und werde die verscbiedenen Ansichten vielraehr nai-b ibren 
■wesentlichen Ziigen zusammengruppieren. 
Comptes rendus. XX. p. 61, 458 u. 1561. 
118."| Geschichte der Akkommodationslehre. 135 
1. Ansichten, welche die Notwendigkeit und das Vorhandensein einer 
Anderung des brechenden Apparates ganz leugnen. iTelirere Natiirforscher 
glaubten. da6 das tierische und menschlielie Auge die Fahigkeit liabe. abweicbend 
von den kiinstlich getertigten Linsen die Bilder verschieden entferuter Gegenstande 
an gleichem oder wenigstens tinmerkbar verscliiedenem Orte zu entwerfen. Magendie * 
behauiitete . sicli davon an den Aiigen von weiBen Kanincheu iiberzeugt zu haben, 
bei denen das Pigment der Aderhaut fehlt. und daher das Bild durch den hinteren 
Tail der Sehnenliaut gesehen werden kann. In der Tat kann aber das Bild nicbt 
scharf genug durcb die Sebnenhaut geseben werden, um die geringen Unterscbiede, 
welcbe bei der Akkommodation in Betracbt kommeu. zu bemerken. Dasselbe wie 
Magendie, behaupteteu Ritter-. Haldat^ und Adda*. Fiir die Kristallinse allein 
genommen, bebaupteten Haldat und Engel^ dasselbe. Wenn man die Kristallinse 
aus den Augenfliissigkeiten berausnimmt, und sie von Luft umgeben untersucbt. wird 
ibre Brennweite auBerordentlich kurz, und dann folgt aus den allgemeinen optischen 
C4esetzen. da6 die Abstande der Bilder f'iir unendlicb oder 7 Zoll entfernte Objekte 
nicbt nierklicb uuterscbieden seien. Dadurcb erklaren sicb die von Engel erhaltenen 
Resultate ^. 
Durcb genauer angestellte Versucbe haben sicb dagegen Hueck', Volkmann*, 
Gekling ^ Mater '' und Cramer ^^ experimentell iiberzeugt, woriiber die Tbeorie scbon 
keinen Zweifel lassen konnte, da6 aucb tieriscbe und nienscblicbe Augen Bilder ver- 
scbieden entfernter C4egenstande in verscbiedenen Entfernuugen entwerfen. 
Treviranus'' glaubte aucb eine tbeoretiscbe Erklarung fiir die vermeintliebe 
Tatsacbe geben zu konnen, da6 die Lage der Bilder unabbangig von der Lage des 
Gegenstandes sei, indem er ein besonderes Gesetz fiir die Zunabme der Dicbtigkeit in 
der Linse zu diesem Ende annabm. Seine matbematische Beweisfiibrung ist (lurch 
KoHLRAUSCH '^ widerlegt worden. 
Sturm ^' glaubte die Abweicbungen. welcbe die brechenden Flacben des Auges 
verglicben mit genaueu Rotationstiacben zeigen, benutzen zu konnen, um die Akkom- 
modation fiir verschiedene Abstande zu erklaren. Er untersucbt zunacbst den Gang 
bomozentriscber Strablen. wenn sie durcb eine krumme Flacbe gebrochen sind. welcbe 
nicbt eine Rotationsttiiche ist. und findet. dafi sie dauu nicht in einen Brenupuukt 
vereinigt werden. sondern daB zwei Breunebenen fiir die gebrochenen Strablen existieren. 
In der einen dieser Brennebenen tindet die Vereinigung der Strablen nach einer Richtung 
statt, in der anderen nach der darauf senkrechten. Wenn der Querschnitt des Strahlen- 
biindels in der einen Brennebene eine kurze borizontale gerade Linie bildet, so geht 
er durcb eine Ellipse mit horizontaler groBter Acbse in einen Kreis iiber, wenn man 
sicb der anderen Brennebene niibert. und dann durch eine Ellipse mit seukrecbter 
groBer Acbse in eine senkrecbte gerade Linie, wenn man bis zur anderen Brennebene 
fortschreitet. Zwischen den beiden Brennebenen halt Sturm den Querschnitt des 
' Precis elimentaire de Phynologie. I. p. 73. 
'^ GK.4EKE uud Walthers Jom-nal. 1832. Bd. VIII. S. 347. 
' Compies rendus. 1842. 
* Ann. d. Ch. et de Phys. Ser. 3. Turn. XII. p. 94. 
* J. Engel, Prager Vierteljahrsschr. 1850. Bd. I. S. 167. 
° S. ihre Widerleguug durcb Mayer, ebenda. 1850. Bd. IV. AuBerord. Beilage. 
' Diss, de mutationibus oculi internis. Dorpati 1826. p. 17. — Die Bewegung der 
Kristallinse. Leipzig 1841. 
* Neue Beitriige zur Physiol, d. Gesichtssinnes. 1836. S. 109. 
' PooGENDORFFS Ann. XLVI. 243. 
'" Het Aocommodatievermogen. Haarlem 1M.")3. S. 9. 
" Beitriige zur Anat. u. Physiol, der Siuneswerkzeuge. 1828. Heft I. 
'■ IJber Treviranus Ansichten vom deutlichen Seheii iu derNiihe und Fernc. Rinteln 1836. 
" Comptes reiidus. XX. 5.J4, 761 u. 1238. 8. die Widerlegungen vou Orauat, Bull, de 
Bntxelles. XII. 2. 311. Brucke, Berl. Berichte. I. 207. 
13() Die Dioptrik des Auges. [118.119. 
Strahlenbiindels im Auge I'iir klein genug. um deutliclie Bilder zu geben. Wird der 
leuclitende Piinkt dem Auge genaliert, so werden beide Brennebenen sicli vou dei- 
Liiise entferuen. so lange aber die Xetzbaut sicli zwischeii beideii Brennebenen befindet. 
■n-urden die Bilder docb hinreicliend deutlicli bleiben. 
Abweicbungen der Art, wie sie Stuem annimmt, sebeinen in der Tat bei den 
meisten menschlichen Augen vorzukommen, und wir werden die davon abhangigen 
Erscheinungen in § 14 bescbreiben. ebenda iins aber aucb. iiberzeugen. dafi das Intervall 
der beiden Brennebenen lange nicht so bedeutend ist, wie Stukji voraussetzt, und 
daB die erwabnte Abweicbung des Auges keineswegs die Deutlichkeit des Sehens ver- 
mehrt, im Gegenteil vermindert. 
De la Hike ' bebauptete, daB es nur einen Abstand des deutlicben Sehens gebe. 
und daB in einer gewissen Entt'ernung vor ibni iind binter ibm die Gegenstande noch 
nicht so undeutlich erschienen, um nicht erkannt zu werden; sonst gebe es keine 
Akkommodation. Haller^ ist im wesentlichen derselben Meinung. und meint nur. 
daB auch die Verengerung der Pupille ein Hilfsmittel sei. um die Zerstreuungskreise 
naher Gegenstande kleiner zu machen; ebenso in neuester Zeit Besio^. 
AUe diese Ansichten, welche die Xotwendigkeit und das Yorhandensein einer 
inneren Yeranderung des Auges ganz leugneu. werden am einfachsten ^viderlegt durch 
die Tatsache. dafi wir einen in unveriinderlicher Entfernung Tor dem Auge liegenden 
Punkt willkurlich bald deutlich, bald undeutlich sehen konnen. Sie werden ferner 
widerlegt durch den Scheinek schen Yersuch, da wir einen solchen Punkt durch ein 
Kartenblatt mit zwei Oflhiingen willkurlich bald einfach. bald doppelt sehen konnen, 
und endlich durch die schon La § 11 erwahuten Beobachtuugen mit dem Augeu- 
spiegel, wobei die Yeranderungen des optischen Bildes aul' der Netzhaut auch objektiv 
sichtbar gemacht werden. 
2. Ansichten, wonach die Verengerung der Pupille zur Akkommo- 
dation fiir die Nahe geniigen sollte. Die Tatsache. daB sich die Pupille beim 
Nahesehen verengt, war von Scheixek'* gefunden worden. Ware das Auge fiir die 
Feme akkommodiert. so wiirden die Zerstreuungskreise. in welcheu naheleuchtende 
Punkte auf der Netzhaut sich abbilden, durch Yerengerung der Pupille allerdings 
verkleinert werden konnen. Indessen iiberzeugt man sich durch einen einfachen Yer- 
such leicht davon, daB die Yerengerung der Pupille nicht geniigend ist, um das Auge 
fiir die Nahe zu akkommodieren. Man braucht nur durch ein Kartenblatt mit einer 
Offnung zu sehen, die enger als die Pupille ist. und welches gleichsam eine kiinst- 
liche unbewegliche Pupille vertritt. um sich zu iiberzeugen, daB man auch dann beim 
Fernsehen nahe Gegenstande undeutlich sieht, beim Nahesehen feme. Anhanger einer 
solchen Ansicht waren auBer Halleb, den ich schon genannt habe, le Roy^, Hall**, 
MoETOJf'. Die Beweise gegen diese Meinung brachten vor Olbers^ Duges^, Hijeck 
und DoNDERS^". Eine eigentiimliche Ansicht iiber den Erfolg der Yerengerung der 
Pupille, die aber durch den schon genannten Yersuch ebenfalls widerlegt wird, stellte 
J. Mile ' ' auf. nahm sie aber selbst spater wieder zuriick i'^. Er glaubte, daB beim 
Fernsehen die Eandstrahlen des Lichtbiindels, welche vor der Netzhaut die Augen- 
' Journal des Sgavans. 1685. p. 398. 
- Elementa Physiologiae. 1743. Tom. Y. p. 516. 
' Oiomale Arcad. CV. p. 3. 
* Oculus. p. 31. 
^ Mem. d. VAcad. d. Sciences. 1755. p. 594. 
* Meckels Ai-chiv. Bd. lY. S. 611. 
' American Journal of med. Sciences. 1831. Nov. 
* De ocali mutationibus intemis. Getting. 1780. p. l.'i. 
^ Institut 1834. No. 73. 
'" RiTETE, Leerboek der Ophthalmologie. 1846. bl. 110. 
" Maoendie, Journal de Physiohgie. VI. p. 166. 
'- POGOENDORFFS Ann. XLII. 
f 
119. 120.1 Geschichte der Akkommodationslehre. 137 
achse schneiden wtirden. durch Diffraktion am Rande der Pupille von der Augenachse 
abgelenkt wiirden. und sie deshalb erst spiiter schnitten. Die Diffraktion des Lichts 
besteht aber keineswegs in eiuer solchen eint'achen Ablenkung der ganzen 8trahlen. 
3. Ansieliten. welche sine veriinderte Kriimmuug derHornbaut voraus- 
setzen. LoBf:^ scheint der erste gewesen zu sein. der eine Yeriinderung der Horn- 
hautkriimraung wahrgenommen zu haben meinte. Olbers^ wagt nacb seinen eigenen 
Beobachtungen nicht bestimmt zu behaupten. da6 die Konvexitat beim Nahesehen zu- 
nehme. Home^. Engelfield und Ramsden dagegen wollten eine Vermehrung der 
Kriimniung bestimmt wabrgenommen baben. Jemand, der ein gutes Akkommodations- 
vermogen besitzt. wurde mit dem Kept" in den Ausscbnitt eines festen Brettes be- 
festigt, so da6 sein Kopf moglicbst unbeweglicb war. An dem Brette, in einem 
kleinen Abstande vom Auge. war eine Platte mit einer kleinen Offnung befestigt (als 
Fixationspunktj. wabrend ebenfalls an dem Brette zur Seite des Auges ein bewegliches 
Mikroskop angebracbt war. durch welches man die vorderste Kriimmung der Horn- 
hautttache wahruehmen konute. Das Mikroskop selbst war mit einem Okularmikro- 
ineter versehen. Beim Nahesehen sollte die Hornhaut starker gekriimmt werden, so 
dafi ihre Mitte um ^'ggg eines englischen ZoUes vorruckte. Messung der Spiegel- 
bildchen auf der Hornhaut, welche Home spater au'sfiihrte, ergab zweifelhaftere Resul- 
tate. Wahrscheinlich ist er in beiden Fiillen durch sehr kleine. regelmaBig eintretende 
Verschiebungen des Kopfes der beobachteten Person von hinten nacb vorn getauscht 
worden. Th. Young * fand, indem er die Spiegelbilder der Hornhaut der Messung 
unterwarf, keine solche Unterschiede , und widerlegte namentlich die Hypothese der 
veranderten Hornhautkriimmung sehr schlagend in der oben beschriebenen Weise da- 
durch. daB er die unveriinderte Existenz des Akkommodationsvermogens nachwies, 
auch wenn das Auge unter Wasser gebracht ist. Hueck^ fand bei der Wiederholung 
von Homes Versuchen ahnliche Resultate, meint aber ermittelt zu haben, daB die 
Atmungsbewegungen regelmaBige Schwankungen des Kopfes hervorbringen. indem wir 
beim Nahesehen gewohnlich einatmen. beim Pernseheu ausatmen. Sobald er den Atem 
auhalten liefi. traten gar keine oder nur sehr unregelmaBige Schwankungen der Mitte 
der Hornhaut ein. Diese unregelmiiBigen Schwankungen schienen durch Kontraktionen 
des SchlieBmuskels der Augenlider hervorgebracht zu sein, da bei jeder Beriihrung 
der Cilien der Augapfel etwas zuriickgedrangt wurde. Burow® fand bei einer sorg- 
faltigpu Wiederholung von Homes Versuchen keine regelmiiBigen Schwankvingen der 
Hornhautflache. Ebenso Valentin'. Senpf* stellte Messungen der Spiegelbildchen 
mit einem Pernrohr an. wodurch seine Messungen von kleinen Verschiebungen des 
Auges unabhangig wurden. und fand, daB der Kriimmungshalbmesser der Hornhaut 
sich nicht um 0,01 Par.-Linie veranderte, wiihrend das Auge bald auf 4, bald auf 
222 Zoll akkommodiert wurde. -Auch Cramek'' erhielt negative Resultate bei einer 
Messung der Spiegelbilder auf der Hornhaut mit Hilfe seines Ophthalmoskops. Sehr 
leicht und genau laBt sich diese Art von Messungen mittels des von mir konstruierten 
Oiihthalmometers '" ausfiihren und gab mir ebenfalls stets negative Resultate. 
Als Anhanger der Ansicht, wonach die Akkommodation durch Anderuug der 
Hornhautkrummung bewirkt werde, sind aus neuerer Zeit uoeh anzufiihren Fries ^\ 
Albinus, Dissert, de oculo humauo. Lugd. Bat. 174"J. p. 119. 
De oculi mutat. int. p. 39. 
Philosoph. Transact. 1795. p. \'i u. 1T9R. p. 2. 
Philosopli. Transact. 1801. I. p. 55. 
Die Bewegung der Kristallinse. S. 40. 
Beiti-age zur Physiologie und Physik des menschl. Auges. Berlin 1S42. tS. 115. 
Lehrbuch <ler Physiologie. 1848. Bd. 11. S. 122. 
Wagners Handwiirterbuch der Physiologie. Art. Selien. S. 303. 
Het Accommodatievermogen. bl. 45. 
Graefes Archiv fiir Ophthalmologic. Bd. I. Abt. II. S. 24. 
Uber den optischeu Mittelpunkt im mctisehl. .\uge. Jena 1S39. S. 2". 
138 l>'e Dioptrik des Auges. [120. i»i. 
YALLtii; ' uud Pappenheim -. Der letztere nimmt an, daB die Kontraktion der Iris 
beim Nahesehen die Hornliaut konvexer maclie. 
4. Ansiehten. nach welchen die Akkommodation durch Verschiebiing 
der Linse bewirkt wird. Diese Annahme war die alteste, denn scbon Kepler^ 
aus dessen Theorie des Sebens sicb zuerst aiich die Notwendigkeit der Akkommodation 
ergab. stellte sie auf, iind sie hat zu jeder Zeit viele Anhanger gehabt. Ihni tblgteu 
SCHEINEK*. PlEMPIUS^ StUKJI '^. CoXEADI '. POETERFIELD *. PlATTNER ", JaCOBSON ^"j 
Brewster ^^. J. Mullee'-. Moser-'^ Burow'^ RuETE^^ William Clay Wallace^", 
C. Weber". Die meisten dieser Manner hielten es fiir wahrscbeinlicb . daB der 
Ciliarkiirper durcb vvillkiirlicb hervorgebraebte Zusammenziehungen die Linse vor- 
iind riickwiirts bewegeu konne. Um bei der Berechnung der (rroBe. urn welcbe die 
Linse verscboben werden miiBte, um das Auge zu akkommodieren. nicbt uuniogliche 
Grofien zu finden, war man gezwungen, der Hornbaut eine groBere, der Linse eine 
geringere Brennweite beizulegen, als diese Teile wirklich besitzen. Unterstiitzt wurde 
diese Ansiebt in neuerer Zeit aueb namentlich durcb Beobacbtungen am lebenden 
Auge. welcbe bewiesen, daB die Pupille sicb beim ^'^abeseben der Hornbaut niibert. 
Bei Yogeln hat Bidloo'* scbon die stiirkere Wolbung der Iris beim Xaheseheii be- 
merkt. was fiir den Menschen spater Htjeck ^*, Burow -" und Ruete bestatigten. C. Weber 
zeigte auf mecbanischem Wege, daB bei Hunden die Vorderflache der Linse sich nach 
vorn bewegt, sobald der vordere Teil des Auges durch elektrische Strome gereizt 
wird. Er machte zu dem Ende an dem Auge eines lebenden, durcb Opiu^m betaubten 
Hundes in der Mitte der Cornea eine runde Utfnung. fiihrte ein passend befestigtes 
Stabcben ein, bis es die vordere Flache der Linse beriihrte. Das andere Ende des 
Stabchens stiitzte sicb gegen den kiirzeren Arm eines Fuhlhebels. der das Vordriingen 
der vorderen Linsenflache in vergroBertem MaBstabe anzeigte. 
H.\NNOVEE-' nahm dagegen die Mogliebkeit an, daB die Linse in ibrer Kapsel 
sich nach vorn und hinten bewegen kounte. wozu ihr der sogenannte Liquor Morgacnii 
Platz lassen sollte. DaB eine solche Fliissigkeit in der normalen Linsenkapsel nicbt 
existiert, ist scbon erwabnt wordeu. 
5. Ansichten, welcbe eine Formveranderung der Linse annehmen. 
Diese Annahme, welcbe sich endlich als die richtige erwiesen hat. wurde ebenfalls 
schon sehr friih gemacbt und von vielen verteidigt, ohne daB sie aber das Stattfinden 
einer solehen Yeriinderunj? durch wirkliche Beobacbtungen batten erweisen konnen. 
' C. R. de VAead. d. Sciences. 1847. Okt. p. .")01. 
- Spezielle Gewebelehre des Auges. Breslau 1842. 
^ Dioptrice. Propos. 64. 
^ Oculus. Oeniponti 1619. Lib. III. p. 163. 
° Opbthalmographia. Lovanii 1648. B. III. 
* Dissertatio visionem ex obscurae camerae tenebris ilhistrans. Altdorfii 1693. p. 172. 
' Frorieps Kotizen. Bd. ib. 
* on the eye. Edinburgh 17.59. Vol. I. p. 450. 
° De motu ligamenti ciliaris. Lipsiae 1738. p. 5. 
'» Suppl. ad. Ophthalm. Copenh. 1821. 
" Edinb. Journal of Science. I. 77. — Poggendorffs Ann. II. 271. 
" Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtsinns. Leipzig 1826. S. 212. 
" Repertor. d. Physik. Berlin"l844. Bd. V. S. 364. 
" Beitrage zur Physiol, u. Physik des menschl. Auges. Berlin 1842. 
" Lehrbuch der Ophthalmologie. 
" The acconnmodation of the eye to distances. Newyork IS.iO. 
" Disquisitiones quae ad facultatem oculum accommodandi spectaut. Marburgi 18."iO. p. 31. 
" Observ. de oeulis et visu variorum animalium. Lugd. Bat. 171.'). 
" Bewegung der KristJiUiuse. S. 60. 
'" Beitrage zur Physiol, usw. S. 136. 
'-' Bidrag til Wjets Anatomie. Kjobenhavn 18.50. p. 111. 
121. 122.1 Geschichte der Akkommodationslehre. 139 
Der erste war Descaetes ^, es folgten Pemberton-. Campek*, Hunter*. Th. Young*, 
PURKINJE^ GrAEFe'. Th. SmITH ^ HuECK^, StELLWAG VON CaRION ^^ FORBES^^. 
Altere Anatomen, wie LEEU-n-EXHOEK , Pemberton. nannten die Linse deshalb auch 
wohl Museulus crystallinus, well sie voraussetzten. daB ihre Fasern kontraktil 
seien. Th. Young stiitzte diese Ansicht auf Versuche. welche niclit jedem Auge ge- 
lingen, fur ihn selbst aber vollstandig beweisend wareu. Wenn man durcb ein feines 
Gitter von geraden Drabten das Zerstreuuugsbild eines Liebtpunktes betracbtet, ist 
das Bibl von geraden dunklen Linien. Scbatteubildern der Driihte. durcbzogen. Diese 
wareu vollstandig gerade. wenn Youngs Auge f'iir die Feme akkommodiert war, an 
den Seiten des Zerstreuungskreises dagegen nach auBen konvex, wenn er in die Nabe 
sah. Die Erscbeinung blieb dieselbe. wenn er das Auge unter Wasser bracbte. und 
so den EinfluB der Hornbaut eliminierte. Die Kriimmung der vorher geraden Schatten- 
linien konnte nur durch eine veriinderte Kriimmung der Linsenflacben bedingt sein. 
Zur Ausfiibrung des Versucbs gebort eine weite Pupille. Wollaston konnte die 
Erscbeinung nicht seben (aucb Referent niebt), wobl aber ein anderer Freund Youngs, 
KoENiG. Dementsprecbend fand Young mittels seines Optometers, daB beim Seben 
durcb vier nebeneinander Uegende Spalten die vier Bilder des Fadens sicb in einem 
Punkte scbnitten, wenn er fiir die Feme, aber nicbt. wenn er fiir die Nabe ak- 
kommodierte. 
Die Veranderung der Linsenreflexe bei Akkommodationsiinderungeu beobacbtete 
zuerst Max Langenbeck ^-, und scbloB aucb ricbtig daraus, daB die vordere Linsen- 
Hacbe beim Nabeseben gewolbter wird. Seine Beobacbtungsweise ist aber ungiinstig, 
iudem er den Beobacbteten direkt in die Flamme blicken lieB. wobei die drei Spiegel- 
bildchen dem Beobacbter sebr nabe aneiuauder zu steben scbeinen. und das iiber- 
wiegend helle Horuliautbild die Wabrnebmung der beiden anderen erscbwert. Dies 
mag der Grund sein, weshalb Langenbeck s Beobacbtung die Aufmerksamkeit der 
Physiologen nicbt erregte. Cramer beobacbtete dasselbe, verbesserte aber die Me- 
thode der Beobacbtung namentlicb dadurcb. daB er die Licbtstrablen von der Seite' 
ber in das Auge fallen und den Beobacbter von der anderen Seite bineinblicken lieB. 
Aucb bescbrieb er ein Instrument, welcbes er Ophtbalmoskop nannte, um die Be- 
obacbtungen leicbter und sieberer zu macben. Es ist dies im wesentlicben ein Gestell, 
an welchem eine Lampe, ein Fadenkreuz als Gesichtszeichen, ein Mikroskop von un- 
gefabr 10 bis 20 maliger Vergi-oBerung vind ein bobles kegelformiges Stiick mit den 
iiotigeu Ausscbnitten, an welcbes der Beobacbtete sein Auge test anlegt. angebracbt 
sind. Der Beobacbter stellt die Flamme so. daB er durcb das Mikroskop in der 
Pupille des beobacbteten Auges den Reflex der mittleren Linsenflacbe zwiscben den 
beiden anderen Reflexen erscbeinen sieht. Indessen ist die wesentlicbste Tatsacbe, die 
Verkleinerung des von der vorderen Linsenflacbe entworfenen Bildes, auf diese Weise 
nicbt so bequem zu beobacbten. als wenn man das Spiegelbild von zwei leucbtenden 
Punkten mit bloBem Auge beobacbtet. wie icb es oben bescbrieben babe. Die Ver- 
schiebung des Reflexes der vorderen Linsenflacbe dagegen, welcbe durcb Cramers 
Ophtbalmoskop leicbt und sicher zu beobacbten ist. ist wegen der von Cramer nocb 
' Caktesius, Dioptrice. Lugd. Bat. 1637. 
' Dissert, de facultate oculi, qua ad diversas distantias se accummodat. Lugd. Bat. 1719. 
' Dissert, physiol. de quibusdain oculi partibus. Lugd. Bat. 1746. p. 23. 
■* Phitosoph. Transact. 1794. p. 21. 
* Ibid. 1801. P. L p. .■)3. 
' Beobachtungen u. Versuche zur Physiol, d. Sinue. Berlin 1825. 
' Reils Archiv fur Physiologie. Bd. IX. S. 231. 
« Philosopliical Magaxinc. 1833. T.V.3. No. 13. — Schmidts Jabrbiicher. 1834. Bd. I. S.G. 
' Bewegung der Kristallinse. Leipzig 1841. 
•» Zeitschrift der k. k. Gesellschaft der Arzte zu Wien. 1850. Heft 3 u. 4. 
" Comptes rendus. XX. p. 61. 
'- Klinische Beitriige. Gottingeii 1849. 
140 Die Dioptrik des Auges. [i38. 
nicht gekannten Asymmetrie des Auges fiir sicli allein nicht beweisend. wenu man 
sicli nicht, was leicht ausziituhren ist. durch eine Reilie von Yersiichen iiberzeugt. 
da6 von jeder Stelle der Pupille aus das genannte Bild sich stets der Mitte der 
Pupille naliert. 
Ohne von den beiden genannten Forschern zu wissen. und zu einer Zeit, wo 
Ceamers Entdectung erst durch kurze Notizen '. die er selbst und Don'ders gegeben 
hatte, veroffentlicht war. ehe noch seine von der Hollilndischen Gesellschaft der Wissen- 
schaften gekronte Abhandlung erschienen war, fand ich selbst dieselbe Tatsache -. uud 
ermittelte welter dasjenige, was ich oben fiber das Verhalten der hinteren Flache 
der Linse bei der Akkommodation angefiihrt habe'. 
Gegeu die Abhangigkeit des Akkommodationsvermogens von Yerschiebungen und 
Formanderungen der Linse wurden vielfach Falle geltend gemacht. in denen das Auge 
sich noch soUte akkommodieren konnen, nachdem die Linse durch die Staroperation 
entfernt war. Indessen ist dabei zu bedenken, daB die Kranken auch bei unpassender 
Akkommodation aus Zerstreuungsbildern mancherlei erkennen konnen. DaB jemand. 
der mit der Starbrille Druckschrift liest, mit derselben Brille auch feme Menschen, 
Fensterkreuze und dergleichen erkennen kann, berechtigt noch nicht, ihm Akkommo- 
dationsvermogen zuzuschreiben. Ein jeder kann sich leicht iiberzeugen, daB. wenn 
er einen Finger in etwa 1 FuB Entfernung fixiert. er dabei doch eine Menge Einzel- 
heiten an weit entfernten CTegenstanden wahrnehmen kann. Zum Beweis des Vor- 
handenseins von Akkommodation gehort, daB der Kranke mit derselben Brille einen 
Gegenstand in bestimmter Entfernung willkiirlich deutlich und undeutlich sehen kann, 
je nachdem er sein Auge fiir dieselbe oder eine andere Entfernung einzurichten strebt. 
SzoKALSKT will einen solchen Fall wirklich beobachtet haben; aber das betrefi'ende 
Auge kounte ohne Starbrille in 17 ZoU Entfernung deutlich sehen. was ohne Ersatz 
der Linse nicht moglich ist. Um bei operierteu Augen wahrend des Lebeus zu er- 
kennen. ob die Linse hergestellt sei, schlagt Doxders vor, die entoptischen Erschei- 
nungen zu benutzen. 
6. Ansichten, welche eine Formveriinderung des Augapfels annehmen. 
Wenn die Netzhaut sich von den brechenden Fliichen entfernen, der Augapfel sich 
also verlangern konnte. wiirde das Auge sich dadurch fiir die Niihe akkommodieren. 
Die Anhanger dieser Ansicht nahmen meistenteils an, daB die Augenmuskeln , ent- 
weder die rechten allein. oder die schiefen allein, oder alle zusammen, oder auch der 
SchlieBmuskel der Augenlider. durch Druck auf den Augapfel dessen Gestalt ver- 
andern konnten. Hierzu gehoren Sturm*, le Moixe^ Buffox", Boerhave". Moli- 
NETTI^ OlBERS^ HaeSELER '". WaLTHKR ". MONRO '^ HiMLY '*, MeCKEL '*, FaRROT '^, 
' Tijdschrift der Maatschappij vor Geneeskunde. 1851. W. U. bl. llo und Nederlandsch 
Lancet. 2. Serie. W. 1 bl. .529. 18.il — :>2. 
' Monatsberichte der Berliner Akad. 18.53. Pebruar. S. 137. 
' Graepes Archiv fiir Ophthalmologie. Bd. I. Abt. II. S. 1 — 74. 
* Dissert, de presbyopia et myopia. Altdorfii 1697. 
* Quaestio an obliqui musculi retinam a crystalline removeant. Parisiis 1743. 
« Histoire naturelle. Paris 1749. T. lU. p. 331. 
' Praelectiones academ. Taurini 175.5. Vol. III. p. 121. 
* Haller, Elementa Physiologiae. 1763. T. V. p. 511. 
'■' Dissert, de oculi mutat. int. Gottingae 1780. § 48. 
'" Betrachtungen Uber das menschliche Auge. 
" Dissert, de lente crystallina. § 1. 
'^ Altenburger Annalen i. d. J. 1801. S. 97. 
'^ Ophthalmologische Beobachtungen und Untersuchungen. Bremen 1801. 
" CuviER, Vorlesungen iiber vergl. Anat. Ubers. von Meckel. Leipzig 1S09. Bd. II. 
S. 369. 
'* Entrelicns sur la physique. Dorpat 1820. T. III. p. 434. 
123. 
Literatur tier Akkommodation 141 
POPPE^. SCHEOEDER VAX DER KoLK", ArNOLD^, SeREE*. BoNNET*. HeNLE ^ 
SzoKALSKT ', LiSTiXG *. Da6 die Axigenmuskebi niclit nur die Form des Augapfels 
andern konnen. sondern aucli mittelbai- die Hornhaut gewolbter machen und die 
Linse nach voru verscWeben. nimmt Clavel® an. Die Grunde, aus denen eine solebe 
Gestaltiinderung des Augapfels unwahrscbeinlicb erscheint. liabe icb schon oben an- 
gefiihrt. 
Die angel'iibrten Ansicbten sind die wichtigeren, welche iiber diesen scbwierigen 
Gegenstaud aufgestellt worden sind; daneben wurden von einzelnen noch mancherlei 
andere Erkliirungsweisen hervorgesucht, welche sich mit Eecbt geringeren Beifalls zu 
erfreuen batten. Icb erwabne v. Grimm '", welcber annabm, das Brechungsvermogen 
der Augenmedieu konnte sich iindern: Weller'^ welcber die Akkommodation uicbt 
durch eine Veranderung des Auges, sondern durch eineu psychischen ProzeB erkliiren 
woUte usw. 
Literatur. 
1611. Kepler, Dioptrice. Propos. 2t>. 
1619. ScHEiNER, Ocuhis. Ocnipouti 1619. Lib. III. p. 163. 
1637. Cartesics, Dioptrice. Lugd. Batav. 
1648. V. F. Plempics, Ophtlialmographia. Lovanii. B. III. 
1685. De la Hire, Jotirnal des Scavans. 1685. p. 398. 
1693. Stukm, Dissertatio visionem ex obscurae camerae tenebris illustrans. Altdorfii. p. 172. 
1697. Stukm, Dissert, de presbyopia et myopia. Altdorfii. 
1712. A. F. Walther, Diss, de lente crystallina oculi humani. Lipsiae. Auch in Haller, 
Disput, anat. Vol. IV. 
1715. BiDLOo, Observationes de oculis et visu variorum animalium. Lugd. Batav. 
1719 Pemberton, Dissert, de facultate oculi, qua ad diversas distantias se aecommodat. 
Lugd. Batav. 
1738. J. J. Plainer, De motu ligament! ciliaris iu oculo. Lipsiae. p. 5. 
1742. J. P. Lobe (Albincs), Diss, de oculo humano. Lugd. Batav. p. 119. Auch in 
Haller, Disput. anat. Vol. VII. 
1743. Haller, Elementa Physiologiae. T. V. p. 516. 
Le Moixe, Quaestio an obliqui musculi retinam a crystalline removeant. Paris. 
1746. P. Camper, Dissert, pbysiologica de quibusdam oculi partibus. Lugd. Batav. p. 23. 
Aucb in Haller, Disput. anat. Vol. IV. 
1749. BuFFON, Histoire naturclle. Paris. T. III. p. 331. 
1755. Le Rot, Menioires de I'Acad. de Paris. 1755. p. 594. 
BoERHAVE, Praelectiones academicae, edit, et not. add. Alk. a Haller. Taurini. 
Vol. III. p. 121. 
1758. V. Grimm, Diss, de visu. Gottingae. 
1759. Porterfield, on the eye. Edinburgh. Vol. I. p. 450- — Edinb. med. Essays. 
Vol. IV. p. 124. 
1763. MoLiNETTi in Haller, Elementa physiologiae V. p. 511. 
1783. Olbers, Diss, de oculi mutationibus internis. Gottingae. 
1793. Th. Youno, Observations on vision. Phil. Trans. 1793. P. II. p. 169. 
' Die ganze Lehre vom Sehen. Tubingen 1823. S. 153. 
- Lcchtmans, Diss, de mutatione axis oculi. Traject. ad Rhenum 1832. 
' Untersuchungen iiber das Auge des Menschen. Heidelberg 1832. S. 38. 
* Bulletin de therapie. 1835. T. 8. L. 4. 
^ Frorieps N. Notizen. 1841. S. 233. 
' Canstatts Jahresbericht fur 1849. Bd. I. S. 71. 
' Archiv fur pliysiologische Heilkunde. VII. 1849. 7. — 8. Heft. 
' Wagners Handworterbucli d. Physiologic. IV. 498. 
" Coniptes rendu". XXXIII. p. 259. 
'" Dissert, de visu. Gottingae 17.')8. S. auch Olbers, de oculi mutationibus internis. p. 29. 
" Diatetik fiir gesundc und schwache Augen. Berlin 1821. S. 225. 
142 Die Dioptrik des Auges. [123.124. 
1794. HnNTER, Phil. Trans. 1794. p. 21. 
179,'). Ho.ME, Phil. Trans. 1795. P. I. p. 1. (Akkommodation nach Staroperation.) 
1796. Home, Phil. Trans. 1796. P. I. p. 1. 
Th. Young, De corporis humani viribus conservatricibus. Gottingae. — Pliil. Transact, 
for 1800, p. 146. 
1797. KxuGEL in Reils Archiv. Bd. II. S. 51. (Gegen Home.) 
1801. Monro, Altenburger Annalen f. d. J. 1801. S. 97. 
HiMLT, Ophtlialmologiscbe Beobachtungen und Untersuchungen. Bremen. 
'Th. Young, on the meckanisme of the eye. Phil. Trans. 1801. P. I. p. 23*. (Eine 
Arbeit, von bewunderungswiirdigem Scharfsiun uud Erfindungskraft, welche voU- 
stiindig geeignet war, schon zu ihrer Zeit deu Streit iiber die Akkommodation zu 
entscheiden , aber durch ihre Kurze oft schwer verstiindlich wird , und auBerdem 
die vollstaudigste Kenntnis der mathematiscben Optik voraussetzt.) 
1802. Home, Phil. Trans. 1802. P. I. p. 1. (Adaptation bei Staroperierten.) 
Albers, Beitriige zur Anatomie und Pbysiologie der Tiere. Heft I. Bremen. 
1804. Graefe in Eeils Archiv fiir Physiologic. Bd. IX. S. 231. 
1809. CuviER, Vorlesungen iiber die vergleichende Anatomie, libers, von Meckel. Leipzig. 
Bd. II. S. 369. 
1811. Wells, Phil. Trans. 1811. P. II. Auch in Gilberts Annalen XLIII. 129 u. 141. 
1816. Magendie, Precis elementaire de Pkysiologie I. p. 73. Pai-is. Ubers. von Elsasser. 
Tubingen 1834. I. 54. 
1820. G. Parrot, Entretiens sur la physique. Dorpat. T. III. p. 434. 
1821. Jacobsox, Suppl. ad Ophtbalm. Copenhagen. 
C H. Weller, Diiitetik fiir gesuude und sehwaebe Augen. Berlin. S. 225. 
1823. J. Popi'E, Die gauze Lebre vom Seben. Tiibingen. S. 153. 
RuDOLPHi, GrundriB der Pbysiologie. Berlin. Bd. II. Abt. 1. S. 9. 
Lehot, yotivelle theorie de la vision. Paiis. 
PuBKiNjE, De examine pbysiologico organi visus et systematis cutanei. Vratislaviae. 
(Eutdeckung der Linseureflexe.) 
1824. Brewster, Pdinb. Journal of Science I. p. 77. — Poggendokff, Annalen II. S. 271. 
SiMONOFP in Magendie, Journal de Physiologic. T. IV. 
1825. Pcrkiote, Beobachtungen und Versuche zur Physiol, der Sinne. Berlin. S. 128*. 
1826. J. MiJLLER, Zur vergleichenden Pbysiologie des Gesichtssinns. Leipzig. S. 212. 
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Mile in Magendie, Journal de Physiologic VI. p. 166. 
1828. Treviranus, Beitrage zur Anatomie und Pbysiologie der Sinneswerkzeuge des 
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1831. Morton in A>Herican Journal of med. Sciences. 1831. Nov. 
1832. Ritter in Graefe u. Walthers Journal. VIII. S. 347. 
Fr. Arnold, Untersucbuugen iiber das Ange des Menschen. Heidelberg. S. 38. 
G. J. Luchtmans, Diss, de mutatione axis oculi secundum diversam distantiam ob- 
jecti ejusque causa. Traject. ad Rhenum. 
1833. Th. Smith, Philos. Magaxine V. 3. No. 13. — Schmidts Jahrbiicher der Medizin. 
1834. Bd. L S. 6. 
1834. DuGfis, Institut. Nr. 73. 
1835. Serre, Bulletin de Therapie. '\\ VIII. L. 4. 
1836. Volkmann, Neue Beitrage zur Physiologic des Gesichtssinns. S. 109. 
R. K. Kohlrausch iiber Treviranus' Ansichten vom deutlichen Seben in der Niihe 
und Feme. Rinteln. 
1837. Sanson, Lei;ons sur les maladies des yeux, publiees par Bardinot et Pione. Paris. 
(Uber die Reflexe der Kristallinse.) 
Mile in Poggendorffs Aunalen XLII. S. 37 u. 235. 
1838. Pasqdet in Frorieps Notizen. Bd. VI. Nr. 2. 
1839. J. F. Fries, Uber den optischeu Mittelpnnkt im menschUchen Auge, nebst all- 
gemeinen Bemerkuugen iiber die Theorie des Seheus. Jena. S. 27. 
1840. Neuber in Osanns Zeitscbrift. Heft 7—12. S. 42. 
1841. Hueck, Die Bewegung der Kristallinse. 
Bonnet in Frorieps Neue Notizen. 1841. S. 233. 
1842. Haldat in Comptes renins. 1842. 
Adda in Annates de Chirnie et dc Phys. Scr. III. T XII. p. 94. 
12i, 125. 831.1 Literatur der Akkommodatiou. 143 
1842. BcKOW, Beitrage zur Physiol, u. Physik des menschl. Auges. S. 94—177*. 
S. Pappenheim, Die spezielle Gewebelehre des Auges. Breslau. 
1844. MosER, Repertor. d. Physik V. S. .S64. 
1845. Sinnyi, Siir la tlicorie de la n'sioti. Cumpies rendus. XX. p. 554, 761, 1238; Poogen- 
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FoRHEs, Comptes rendus. XX. i<. ei\ Instiiut. No. 576. p. 15; No. 578. p. 32. 
DE Hald.\t, Comptes rendus. XX. p. 458 ii. 1561; Institut. No. 596. p. 90 (gegen 
Forbes). 
1846. DosDEKs in Rcete, Leerboek der Ophthalmologie. bl. 110. 
H. Meter iu Hekle u. Piecffer, Zeitschrift fiir lationelle Medizin. Bd. V. (Ursprung 
der Linsenreflexe.) 
Senff in R. Wagners Handworterbuch der Physiologie, Art: Sehen von Volk- 
MANN. S. 303. 
Bbsio, Giorn. Aread. CV. 8 ; Institut. No. 666. p. 338. 
J. G. Crahay, Bulletin de Bruxetles. XII. 2. 311; Inslilut. No. 644. p. 151. 
1847. L. L. Vallee, Comptes rendus. XXV. p. 501. 
1848. Valentin, Lehrbuch der Physiologie. Bd. II. Abt. 2. S. 122. 
SzoKALSKY in Griesinger, Arehiv fiir physiol. Heilkunde. VII. S. 694. 
1849. Max. Langenbeck, Klinische Beitrage aus dem Gebiete der Chirurgie nud Oph- 
thalmologie. Giittingen. 
DoNDERS in Nederlandsch Lancet. 1849. bl. 146. 
1850. Jos. Engel, Prager Vierteljahrsschrift XXV. S. 167 u. 208. 
H. Mayer, ebenda Bd. XXVIII. AuBerord. Beilage, uud Bd. XXXII. S. 92*. 
Henle in Canstatts Jahresbericht fiir 1849. Erlangeu. S. 71. 
WiLLLAM Clay Wallace, The accommodation of the eye to distances. Newyork. 
G. Weber, NonnuUae disquisitiones quae ad facultatem ocixlum rebus lougiuquis 
et propinquis accommodandi spectant. Marburgi. 
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im lebenden Auge. Berlin. S. 37*. 
Listing iu R. Wauners Handworterbuch der Physiologie. Art.: Dioptrik des 
Auges. Bd. IV. S. 498*. 
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Nederlandsch Lancet. Ser. 2. W. 1. bl. 529. 
Clavel, Comptes rendus. XXXIII. p. 259; Archives des sciences phys. et naiur. 
XIX. p. 76. 
1852. Bonders, Nederl. Lancet. 1852. Febr. bl. 529. 
1858. H. Helmholtz, Mouatsberichte d. Akad. zu Berlin. Febr. S. 137. 
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Ubersetzt von Doden. Leer 1855. 
L. und A. FicK in J. Mullers Arehiv fur Anat. u. Physiol. 1853. p. 449*. 
1854. Bonders in onderzoekingen gedaan in het Physiologisch Laborat. der Utreohtsche 
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J. CzERMAK in Prager Vierteljahrsschrift XLIII. S. 109. 
1855. *H. Helmholtz, Uber die Accommodation des Auges in v. Graefe, Arehiv fiir 
Ophthalmologie. Bd. I. Abt. II. S. 1. 
NacMrag. 
Hinsichtlich der Erscheinungen, die mit dem Mechanismus der Akkommo- 
dation in Verliinduug stehen, ist ein Versuch von B.\hr hier zu erwahnen. 
Derselbe betraclitete im Zustande der Akkommodation ein nahes scharf be- 
leuchtetes Eechteck, bis ein kriiftiges Nachbild in seinem Auge entwickelt war, 
und wart' dieses dann mit nacblassender Akkommodation auf eine feme Flache. 
auf der er die scheinbare GroBe des Nachbildes bestimmte. Da nun die GroBe 
des Bildes auf der Netzhaut proportional ist dem Abstande der Netzhaut vom 
1 44 Die Dioptrik des Auges. [ssi. 832. 
hinteren Knotenpunkte des Auges, und die GroBe des Netzhautbildes in beiden 
Beobachtungen dieselbe war. so laBt sich aus einem solcben Versuche be- 
recbnen, in welchem Verbiiltnis sicb der Abstand der Netzbaut vom zweiten 
Knotenpunkte andert. Bahr fand aus seinen Versucben eine Yerscbiebung des 
Kuotenpunkts nacb voru urn 0,35 mm.; meine auf Seite 128 angestellte Be- 
recbnung ergibt 0,4. Fande eine Verlangerung des Augapfels statt, so miiBte 
die Veranderung jener Entfernung viel bedeutender sein, und wenn eine solcbe 
Verlangerung der einzige Grund der Akkommodation ware, bis zu 3 mm be- 
tragen, was demnacb, wie aucb diese Versucbe von Bahr zeigen, nicbt der 
Fall sein kann. 
Knapp^ bat an vier iudividuellen Augen die Lage des Fernpunkts und 
Nabepunkts, die Kriimmung und Lage der Hornhaut und der Linsenflacben beim 
Seben fiir die Feme, wie bei der Akkommodation fiir die Nabe bestimmt und 
gefunden, dali die aus den Kriimmungsiinderuugen der Kristallinse berecbnete 
Akkommodation binreicbend gut mit der wirklicb stattiindenden Akkommodations- 
breite iibereinstimmte, so da6 die Annahme einer Verlangerung des Auges bier- 
durcb ausgescblossen war. 
DoNUEES^ bat sicb in zwei fiir die Untersucbung sebr giinstigen Fiillen, 
wo die Linse duixb Staroperation entfernt war, iiberzeugt, daB in solcben 
Augen, welcbe natiirlicb nur mit Hilfe einer vorgesetzten Konvexlinse deutlicb 
seben konnen, keine Spur von Akkommodation vorbanden ist, trotzdem bei dem 
Bestreben, nabe Objekte zu seben, Konvergenz und Verengerung der Pupille 
eintrat. Ware eine Verlangerung des Augapfels durcb den Druck der Augen- 
muskeln moglicb, so wiirde eine solcbe aucb bei Augen obne Linse eine gewisse 
Breite der Akkommodation bewirken konnen. Es bleibt nacb alien diesen Tat- 
sacben wobl nicbt zweifelbaft, daB eine Verlangerung des Augapfels bei 
der Akkommodation fiir die Nabe nicbt stattfindet. 
Die Messung der Kriimmungen der Kristallinse kann viel scbarfer, als 
nacb den oben bescbriebenen Metboden, mit dem Opbtbalmometer ausgefiibrt 
werden, wenn man in einer dunkeln Kammer Sonnenlicbt anwendet, um die 
Linsenreflexe bervorzubringen, wie es B. Rosow getan bat. 
Was nun die Muskeln betrifft, welcbe die Formanderung der Linse bervor- 
bringen, so ist zunacbst zu bemerken, daB Fiille beobacbtet worden sind. in 
denen die Iris wirkungslos war und docb voUstandig geniigende Akkommodation 
stattfand. Icb selbst babe einen Astronomen geseben, bei dem also optiscbe 
Versucbe leicbt anzustellen waren und der die Erscbeinungen, auf die es ankam, 
wobl kannte, bei welcbem eine vollstiindige Liibmung der Iris eingetreten war 
und der docb vollkommen gut akkommodierte. Ferner hat A. v. Geaefe^ bei 
einem Arbeiter, dem imfolge einer Verletzung des Auges die Iris vollstiindig 
entfernt worden war, nacb der Heilung vollkommen gute Akkommodation ge- 
funden. 
Es bleilit also nur der Ciliarmuskel, dem wir die Akkommodation zu- 
scbreiben konnen. In diesem ist nun zunacbst durcb van Eeeken, bestimmter 
durcb H. Mueller und Eouget eine Scbicht zirkular verlaufender Fasern ent- 
deckt worden, welcbe in dem gegen die Ciliarfortsatze bin gewendeten Winkel 
' Arehiv fiir Ophthalmol. IV, 2, p. 1 — 52. 
- on the anoniatics of accommodation and refraction. London, p. 320 — 321. 
" Arehiv fiir Ophtlialmologie. VII, 2, p. 150 — 161. 
3.1 Wirkung des Ciliarmuskels. 145 
des Muskels liegen, iibrigens mit langs verlaufenden Fasern durchflochten sind, 
und auch vielfiiltig sich bogenformig umbiegen und in Langsfasern iibergeben, 
so da6 aus dieser anatomiscben Anordnung der Zirkularfasern zuniichst wohl 
zu schlieBen ist. daB die ZirkuLirfasern des Cdiarmuskels mit den Langsfasern 
desselben nur zusammen wirken konnen. Fiir die Wirkung auf die Zonula ist 
eine sokbe Anordnung der Muskelfasern oiTenbar sehr giinstig; denn batten wir 
lauter Radialfasern im Muskel. wie er in den alteren Bescbreibungen gescbildert 
wurde, so wiirde die nacb innen sebende Ecke des Muskels eingezogen worden 
sein, die Zonula wiirde eine Ausbiegung, konvex gegen den ScHLEMMscben 
Kanal (Fig. 63 s) bin bekommen baben, und dabei viel weniger erschlafft sein 
als bei der bestebenden Einricbtung, wo eine solclie Ausbiegung vermieden 
wird. Die Zirkularfasern des Muskels niimlicb miissen die entsprecbende Kante 
des Muskels gegen die Spitze der Ciliarfortsatze und gegen den Linsenrand bin 
bervorzieben und dadurcb bewirken. daB aucb der niittlere Teil der Zonula in 
Richtung ibrer Faltenriinder gegen den Linsenrand verscboben wird, obne • dabei 
nacb auBeu gegen den ScHLEMMScben Kanal bin gezogen zu werden. 
Ob, wie H. Mueller annimmt, die Zirkularfasern des Ciliarmuskels einen 
Druck auf die Ciliarfortsatze ausiiben und dieser sicb fortpflanzt auf den 
Linsenrand, ist scbwer zu beurteilen, da wir nicht wissen, ob die Ciliarfortsatze 
im lebenden Auge prall genug mit Blut gefiillt sind. um einen merklicben Druck 
auf die Linse auszuiiben, und viele Opbtbalmologen es iiberbaupt als zweifelbaft 
betracbten, daB sie die Linse aucb nur beriibren. 
W. Henke bat angenommen, daB nur die Zirkularfasern des Ciliarmuskels 
die Akkommodation fiir die Nabe bewirken, dagegen die Langsfasern durcb 
ihre Spannung wieder die Akkommodation fiir die Feme zuriickfiibren soUen. 
Er bntracbtet dabei die beiden Ansiltze der Langsfasern des Muskels als fest, 
glaubt, derselbe wiirde bogenformig nacb innen gezogen durcb die Wirkung der 
Ringfasern und strecke sicb, wenn die Akkommodation nacblaBt, durcb aktive 
Spannung wieder gerade, indem er die Ringfasern wieder ausdehnt. Icb balte 
eine solcbe Wirkungsweise fiir sebr unwabrscbeinlicb, erstens aus alien den 
Griinden, welcbe gegen eine aktive Akkommodation fiir die Feme sprecben, 
zweitens weil die Faserschicbten des Ciliarmuskels zu sebr verflocbten sind und 
sogar Langsfasern in Ringfasern und Ringfasern in Langsfasern Iibergeben. 
Dabei ist eine isolierte Wirkung der einzelnen Fasern kaum zu begreifen. Das 
von Henke dagegen angefiibrte Beispiel der Iris ist nacb den neueren Dnter- 
sucbungen iiber den Dilatator Iridis von sebr zweifelbaftem Werte. Ferner 
scbeinen mir sowobl das Ligamentimi pecHnatum als vorderer Ansatzpunkt, wie 
aucb die Aderbaut als binterer Ansatzpunkt des Muskels viel zu nacbgiebig zu 
sein, um eine erbeblicbe Wirkung des Muskels in Henke s Sinne bei so un- 
giinstiger Zugricbtung zuzulassen. Endlicb muBte sicb nacb Henke sVorstellung 
bei der Akkommodation fiir die Niibe die auBere Fliicbe des Muskels von der 
Sklera abbeben und bei der fiir die Feme wieder anlegen. Es ist aber nicbt 
abzusehen, wo eine Fliissigkeit berkommen soil, die den leeren Raum dieser 
Spalte ausfiillen konnte, und wenn eine solcbe nicht da ware, wiirde der Luft- 
druck jede Xachgiebigkeit des Muskels verbindern. 
Icb muB gesteben, daB mil- nocb immer die oben auf Seite 127 gegebene 
Ansicbt vom Mecbanismus der Akkommodation am wabrscheinlicbsten erscbeint; 
Versucbe, die ibre Ricbtigkeit zu erweisen scbeinen, sind soeben von C. Volckees 
und V. Hensen angekiindigt worden. 
V. Hblmhoi.tz, Physiologi^cbe Optik. :^. Aull. I. 10 
146 Die Dioptrik des Auges. [ssa. 8S*. 185. 
1855. RuETE, De Irideremia congenita. Prog:r. acad. Leipzig. Virchows Archiv. XII. 342. 
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het oog. onderzoekingen gedaan in het Physiol. Laborat. der Utrecht sche Hooge- 
school. Jaar. VII, 248—286. 
1856. J. P. Maunoir, Memoire sur I'ajustemeni de I'oeil aux differentes distances. Arch, 
des sciences phys. XXXI, 309 — 316. 
— Breton, Adaptation de la vtie aux differentes distances, obtenue par une compression 
mecanique, exercee sur le globe oculairc. C. R. XLIII, 1161 — 1162. Inst. 1856. 
p. 455. Cosmos. IX, 690. X, 29-30. 
— GooDsm, Notice respecting recent discoveries on the adjustment of the eye to distinct 
vision. Proc. of Edinb. Soc. Ill, 343—345. Edinb. J. (2) III, 339—342. 
1857. Stoltz, Accommodation artificielle ou mecanique de I'oeil a toutes les distances, 
C. R. XLIV, 388—390; 618—620. Arch, des sciences phys. XXXV, 139. Cimento 
VI, 154—155. Cosmos. X, 320—321. 
— Bahk, De oculi accommodatione experimenta nova. Dissertat. Berlin. 
— H. MfJLLEE, Uber einen ringformigen Muskel am Ciliarkorper. Archiv fur Ophthalm. 
in, 1, IV, 2. S. 277—285. 
1859. J. Mannhardt, Bemerkungen uber den Akkommodationsmuskel uud die Akkommo- 
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— Ch. Archer, on the adaptation of the human eye to varying distances. Phil. Mag. 
(4) XVII, 224—225. 
— Respighi, Suir aecommodamento deWocchio huntano per la visione distinta. Mem. di 
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— Magni, Detraddattamento deWocchio iimano alia visione di-ttinta. Cimento X, 12 — 20. 
1860. .J. H. Knapp, Uber die Lage und Kriimmung der Oberfliichen der menschliehen 
Kristallinse und den EintluB ihrer Vei-iiuderungen bei der Akkomraodation auf die 
Dioptrik des Auges. Archiv t'iir Ophthalmol. VI, 2, S. 1—52. VII, 2, S. 186—138. 
1860. W. Henke, Der Mechanismus der Akkommodation fiir Niiho und Feme. Ebenda. 
VI, 2, S. 53-72. 
— L. Happe, Die Bestimmungeu des Sehbereichs uud desseu Korrektion, nebst Er- 
liiuterungeu fiber den Mechanismus der Akkommodation. Braunschweig 1860. 
1861. A. V. Graefe, Fall von acquirierter Anii-idie als Beitrag zur Akkommodations- 
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1863. O. Becker, Lage und Puuktion der Ciliarfortsiitze im lebenden Menschenauge. 
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1864. E. Forster, Zur Kenntnis des Akkommodationsmechauismus. Sitzungsber. d. 
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Sept. bis Dez. 1864. 
1865. B. Eosow, Zur Ophthalmometrie. Archiv fiir Ophthalmol. XI, 2, S. 129—134. 
— Mandelstamm, Zur Ophthalmometrie. Ebenda. XI, 2, S. 259—265. 
§ 13. Von der Farbenzerstreuung im Auge. 
DaB die Lichtstrahlen , welche von einem gesehenen leuchtenden Punkte 
ausgegangen sind, durch die brechenden Mittel des Auges wieder in einen Punkt 
vereinigt werden, ist nur annahernd richtig. Wir wenden uns jetzt zum Studium 
der Abweichungeu von dem genannten Gesetze, und wollen zunilchst die cliro- 
matische Abweichung betrachten, welche daher entsteht, daB die Licht- 
strahlen von verschiedener Schwingungsdauer auch verschiedene Brechbarkeit 
in tropfbaren und fasten durchsichtigen Jlitteln haben. Da die GroBe der 
Brennweiten gekrummter brechender Flachen von dem Brechungsverhaltnisse 
abhilngig ist, so liegen die Vereinigungspunkte von Strahlen verschiedener 
Farbe bei Systemen solcher Flachen im allgemeinen an verschiedenen Orten, 
und nur durch besondere Kombinationen verschiedenartiger brechender Mittel 
liiBt es .sich erreichen, daB die Brennpunkte verschiedenfarbiger Strahlen in 
optischeu Apparaten zusammenfallen, so daB diese dadurch achromatisch werden. 
126.126.] § 13. Von del- Farbenzerstreuung im Auge. 147 
Das Auge ist nicht achromatisch, obgleich beim gewohnlichen Sehen die 
Farbenzerstreuung sich fast gar nicht merklich macht. DaB der brechende 
Apparat des Auges verschiedene Brenuweiten fur verschiedenfarbige einfache 
Strablen babe, zeigte Fraunhofek folgendermaBen. Er beobacbtete ein prisma- 
tisches Spektrum durch ein achromatisches Fernrohr, in dessen Okulare ein 
sehr feines Fadenkreuz angebracbt war, und bemerkte, daB er die Okularlinse 
dem Fadenkreuze naher scbieben muBte, um dies deutlicb seben zu konnen, 
wenn er den violetten Tail des Spektrums im Gesicbtsfelde hatte, als wenn er 
den roten betrachtete. Indem er mit eineni Auge einen auBeren Gegenstand 
tixierte, mit dem anderen den Faden im Fernrohre betrachtete, stellte er die 
Okularlinse so, daB ihm der Faden ebenso deutlicb wie das auBere Objekt 
erschien, und maB, um wie viel die Linse verschoben werden muBte, um den 
Faden in zwei verscbiedenen Farben gleich deutbch zu seben. Mit Beriick- 
sicbtigung der sebon vorher gemessenen chromatischen Abweicbung der Okular- 
linse selbst konnte er dann berechnen, welches die entsprechenden Sebweiten 
des Auges seien. Er fand bei diesen Versuchen, daB ein Auge, welches ein 
unendlich entferntes Objekt deutlicb siebt, dessen Licht der Linie G des Sonnen- 
spektrums, also der Grenze zwischen Rot und Orange entspricht, bei demselben 
Akkommodationszustande ein Objekt, dessen Licht der Farbe der Linie G 
(Grenze von Indigblau und Violett) entsprache, auf 18 bis 24 Par. Zoll niihern 
muBte, um es deutlicb zu sehen. 
Ich babe an meinen eigenen Augen ahnliche Resultate erhalten. Ich lieB 
verschiedenfarbiges, mittels eines Prismas isohertes Licht durch eine punktformige 
Offnung ernes dunklen Scbirms fallen, und sucbte dann die groBte Entfernung 
auf, aus der ich die kleine Offnung noch punktformig seben konnte. Die groBte 
Sehweite meines Auges fiir rotes Licht betragt gegen 8 FuB, fur violettes 
1 '/j FuB und fiir das brechbarste liberviolette Licht der Sonne, welches durch 
.■\bblendung des helleren Lichts des Spektrums sichtbar gemacht werden kann, 
nur eiuige ZoUe. 
Auffallend bemerkt man die Verschiedenheiten der Sebweiten, wenn man 
ein regelmaBig rechteckiges, auf einen weiBeu Schirm projiziertes prismatisches 
Spektrum aus einiger Entfernung betrachtet. Wahrend man das rote Ende 
noch ziemlich gut in seiner wirklichen Form erkeunt, erscheint das violette als 
eine Zerstreuungsfigur (die fiir meine Augen schwalbenschwanzformig ist). 
Das im Vergleiche mit kiinstlichen optischen Instrumenten ziemlich geringe 
Zerstreuungsvermogen des menscblicben Auges erklilrt sich daraus, daB die 
Dispersion des Wassers und der meisten wassrigen Losungeii iiberhaupt viel 
geringer ist als die des Glases. Da die Brechungsverbaltnisse der optischen 
Medien des Auges meist nicht betrachtlich von dem des Wassers abweichen, 
so scbeint es wahrscheinlicb zu sein, daB wenigstens die wassrige Feucbtigkeit 
und der Glaskorper auch nabezu dasselbe Zerstreuungsvermogen wie das Wasser 
babeu werden. Icb babe deshalb die Dispersion fiir Listings reduziertes Auge 
mit einer brechenden Flilche berechnet unter der Annabme. daB Wasser darin 
als brechende Substanz gebraucht sei. Fiir die von Fraunhofer bei seinen 
Versuchen gebraucbten Strablen sind die Brechungsverbaltnisse des Wassers 
folgeude: 
fur das rote Licht der Linie C 1,331705 
fiir das violette der Linie G 1,341285. 
10* 
148 Die Dioptrik des Auges. [ize. 127. 
Der Radius der einen brechenden Flache von Listings reduziertem Auge ist 
5,1248 mm. Daraus ergeben sich die Brennweiten im Innern des Auges: 
im Rot 20,574 mm. 
im Violett 20,140 mm. 
Ist das Auge im Rot fiir unendliche Feme akkommodiert, steht also die Netz- 
haut im Brennpunkte der roten Strablen, so liegt der Brennpunkt der violetten 
0,434 mm vor ihr, woraus folgt, daB in violettem Licbte dieses Auge fiir eine 
Entfernung von 713 mm (26 Zoll) akkommodiert sein wiirde. Fkaunhofer land 
fur sein eigenes Auge 18 bis 24 Zoll, woraus folgt, daB die Farbenzerstreuung 
in einem aus destilliertem Wasser gebildeten Auge selbst noch etwas geringer 
sein wiirde, als sie im menschlichen Auge sicb findet. Nimmt man dagegen 
an, daB das reduzierte Auge wie meines im Rot fiir 8 FuB (2,6 m) akkommo- 
diert sei, so wiirde die Netzhaut noch 0,123 mm hinter dem Brennpunkte der 
roten Strablen liegen miissen, und im Violett das Auge fiir 20^/^ Zoll (560 mm) 
akkommodiert sein, wabrend meines in der Tat fiir 18 Zoll akkommodiert war. 
Aucb Matthiessen^ berecbnet aus seinen Versucben den Abstand des roten 
und violetten Brennpunktes im menschlichen Auge auf 0,58 bis 0,62 mm, wahrend 
er in einem Auge aus destilliertem Wasser nur gleicb 0,434 mm ist. Matthiessen 
hat seine Messungen in der Weise angestellt, daB er den kiirzesten Abstand 
maB, in welcbem eine Glasteilung von rotem oder violettem Licbte beleucbtet 
deutlicb gesehen werden konnte. AUe diese nach verschiedenen Methoden aus- 
gefiihrten Untersucbungen stimmen darin iibereiu, daB das menscblicbe Auge in 
bezug auf Farbenzerstreuung mit einem Auge aus destilliertem Wasser sebr 
nahe iibereinstimmt, wabrscheinlich aber eine etwas stilrkere Dispersion bat. 
Wii- diirfen daraus wohl vermuten, daB die Kristallinse ein im Verhaltnis zu 
ihrem Brechungsvermogen etwas stiirkeres Zerstreuungsvermogen als reines 
Wasser bat. 
Ich will bier noch die Beschreibung einiger Versuche anreihen, bei denen 
sich die Farbenzerstreuung im Auge merklich macht. Im allgemeinen sind die 
bierher geborigen Erscbeinungen viel auffallender, wenn man dabei nicht weiBes 
Licbt, sondern Licht braucht, welches aus nur zwei prismatischen Farben von 
moglichst verschiedener Brechbarkeit zusammengesetzt ist. Am leicbtesten er- 
hlilt man solcbes Licbt, wenn man Sonnenlicbt durch die gewobnlichen violett- 
gefiirliten Glaser gehen laBt. Diese Glaser absorbieren die mittleren Strablen 
des Spektrums ziemHch vollstandig, und lassen nur die auBersten Farben Rot 
und Violett bindurch. Will man mit Lampenlicbt esperimentieren, welches 
wenig blaue und violette Strablen enthalt, so wendet man besser die gewiihn- 
lichen blauen (durch Kobalt gefarbten) Glaser an, welche ebenfalls vom Orange, 
Gelb und Griin nur wenig, reichlich dagegen das auBerste Rot, das Indigblau 
und Violett bindurchlassen. 
Man mache eine enge Offnung in einen dunklen Schirm, befestige hinter 
derselben ein gefarbtes Glas von der erwiihnten Art, und stelle ein Licbt da- 
hinter, dessen Strablen durch das Glas und die Offnung in das Auge des 
Beobacbters fallen. Die Offnung im Scbirme konnen wir unter diesen Um- 
standen als einen leuchtenden Punkt, der rote und violette Strablen aussendet, 
betrachten. Dem Beobachter erscheint dieser Punkt in verschiedener Weise, je 
' Compies rendus. T. XXIV. p. 875. 
Erscheinungen der Parbenzerstreuung. 149 
nach der Entfernung, fiir welche sein Auge akkommodiert ist. 1st es fiir die 
roten Strahlen akkommodierl, so geben die violetten einen Zerstreuungskreis, 
und es erscheint ein roter Punkt mit violettem Lichthofe. Oder das Auge ist 
flir die violetten Strahlen akkommodiert, dann geben die roten einen Zerstreuugs- 
kreis, und es erscheint ein violetter Punkt mit rotem Hole. Auch ist ein 
Eefraktionszustand des Auges moglich, wobei der Vereinigungspunkt der violetten 
Strahlen vor, der der roten hinter der Netzhaut liegt, und beide gleichgroBe 
Zerstreuungskreise geben. Nur in diesem Falle erscheint der Lichtpunkt ein- 
farbig. Bei diesem Refraktionszustande des Auges wiirden diejenigen einfachen 
Strahlen auf der Netzhaut vereinigt werden, deren Brechbarkeit die Mitte zwischen 
der der roten und violetten halt, also die griinen. 
Deshalb geben diese Gliiser ein Mittel von ziemlich groBer Empfindlichkeit 
ab, urn die Entfernungen zu bestimmen, innerhalb welcher das Auge sich fiir 
die mittleren Strahlen des Spektrums akkommodieren kann. Das sind namlich 
die Entfernungen, innerhalb welcher das Auge das gemischte rot-violette Licht 
einfarbig sehen kann. Die Farbendifferenz der Eander wird sehr leicht bemerkt, 
auch von einem Ungeiibten, viel leichter als die Ungenauigkeit eines weiBen 
Bildes. Ist das Auge fur Licht jeder Brechbarkeit auf groBere Entfernungen 
als die des leuchtenden Punktes akkommodiert, so geben die roten Strahlen 
einen groBeren Zerstreuungskreis als die violetten, es erscheint also eine violette 
Scheibe mit rotem Saum. Ist das Auge fiir beide Farben auf kleinere Ent- 
fernungen als die des leuchtenden Punktes eingestellt, so erscheint umgekehrt 
ein roter Zerstreuungskreis mit blauem Saume. 
Ahnliche Erscheinungen wie die der rot-violetten Glaser treten iiberall ein, 
wo ein Gegenstand zweierlei Arten verschiedenfarbigen Lichts von sehr unter- 
schiedener Brechbarkeit aussendet. Sehr auffallend zeigen sie sich zum Bei- 
spiel auch bei den Versuchen ilber Mischung von Spektralfarben, welche ich 
spater bei der Lehre von der Farbenmischung beschreiben werde. 
Bei weifier Beleuchtung tritt natiirlich ebenfalls eine Zerlegung des zu- 
sammengesetzten einfachen Lichts ein, aber sie ist unter gewohnlichen Um- 
standen wenig merklich. Die Beobachtung lehrt in dieser Beziehung, daB weiBe 
Fliichen, welche weiter entfernt als der Akkommodationspunkt des Auges liegen, 
mit einem schwachen blauen Rande umgeben erscheinen, weiBe Fliichen, welche 
naher als der Akkommodationspunkt liegen, mit einem schwachen rotgelben 
Rande, weiBe Flachen dagegen, fiir welche das Auge genau akkommodiert ist, 
lassen keine farbigen Rander sehen, solange die Pupille voUstandig frei ist, 
zeigen aber solche Rander, sobald man dicht vor das Auge den Rand eines 
undurchsichtigen Blattes schiebt, und dadurch der einen Hiilfte der Pupille 
das Licht abschneidet. Und zwar erscheint die Grenze zwischen einem weiBen 
und schwarzen Felde gelb gesaumt. wenn man das Blatt von der Seite her vor 
die Pupille schiebt, wo das schwarze Feld liegt, blau gesaumt dagegen, wenn 
man es von der Seite des weiBen Feldes her vorschiebt. 
Die eben beschriebenen Farbenzerstreuungserscheinungen im menschlichen 
Auge erkliiren sich sehr leicht aus dem Umstande, daB der hintere Brennpuukt 
der violetten Strahlen vor dem der roten liegt. 
Es sei Fig. 68 A der leuchtende Punkt, ij b^ die vordere Hauptebene des 
Auges, V der Vereinigungspunkt der violetten, r der der roten Strahlen, co die 
Ebene, in welcher sich die auBersten roten Strahlen des gebrochenen Strahlen- 
kegels 6j b^ r und die liuBei-sten violetten b^ b.. v schneiden. Der Anblick der 
150 
Die Diopfrik des Augus. 
[lZ9. ISO. 
Fig. 68. 
Figur ergibt sogleich, da6, wenn die Netzhaut vor der Ebene cc sich befindet. 
d. h. wenn das Auge fiir fernere Gegenstande als A akkommodiert ist, sie am 
Rande des Strahlenkegels nur von rotem Lichte, in der Acbse aber von ge- 
miscbtem getroifen werde. Steht sie in der Ebene cc, ist das Auge also fiir 
das Licbt mittlerer Brechbarkeit von A akkommodiert, so wird sie uberall von 
gleicbmiiBig geniiscbtem Licbte getroften. Endlicb, wenn die Netzhaut sich 
hinter der Ebene cc befindet, das Auge also fiir niihere Gegenstande als A ak- 
kommodiert ist, so triftt sie am Rande des Strablenbiindels nur violettes. in der 
Mitte gemiscbtes Licbt. 
Ist das Auge fiir A akkommodiert, befindet sich die Xetzbaut also in der 
Ebene c c, und wird der untere Teil der Apertur 6, b.^ . durcb welcbe der Strahleu- 
kegel einfiiUt, bis f bin 
verdeckt, so fallen die 
violetten Strablen zwischen 
b^ V und fv, sowie deren 
Verlangerungen zwiscben 
vw^ und vr fort, und die 
roten zwischen b^ r und fr. 
Es verscbwindet dann also 
in der Ebene c c oberhalb der Acbse das violette, unterbalb der Achse das rote 
Licbt, und es wird sich auf der Retina stati des Bildes des Punktes .4 ein 
kleiner oben roter, unten violetter Zerstreuungskreis bilden. 
Befindet sich in A statt eines einzelnen leuchtenden Punktes eine gleich- 
maBig rotes und violettes Licbt aussendende Flache, deren Bild auf der Retina 
entworfen wird, so vdvA gleicbzeitig ein rotes und ein violettes Bild der Fliicbe 
entworfen werden, von denen mindestens eines ein Zerstreuungsbild sein muB. 
Zerstreuungsbilder von Flachen haben, wie in § 11 auseinandergesetzt ist, in 
ibrer Mitte, wo die Zerstreuungski-eise der Puukte des Randes nicbt binreicben. 
dieselbe Helligkeit wie ein scbarfgesehenes Bild. Ibre Eander sind dagegeu 
verwascben und tlieBen so weit iiber das Bild der Umgebung iiber, als die Zer- 
streuungskreise der Randpunkte reichen. Wenn sich nun ein rotes und ein 
violettes Bild einer Fliicbe decken, so wird sich in der Mitte, soweit beide die 
normale Helligkeit haben, die Miscbfarbe zeigen, an den Randern aber diejenige 
Farbe allein erscheinen, deren Zerstreuungskreise die groBteu sind, fiir welcbe 
also der Rand des Bildes am weitesten iiber die Umgebung greift. 
Wird das Bild der Flache in der Ebene c c, aufgefangen, wo die roten und 
violetten Zerstreuungskreise gleich groB sind, so wei-den die Farben bis zum 
Rande gleicbmaBig gemischt sein. Zerstreuungsbilder verscbieben sich aber 
scheinbar, wie wir aus § 11 vrissen. wenn man einen Schirm vor die Pupille 
schiebt, und zwar nach entgegengesetzten Richtungen, wenn sie, wie in unserem 
Falle das rote und violette, das eine durch zu nahe, das andere durcb zu weite 
Akkommodation entsteben. Daber bort die Kongruenz der farbigen Bilder auf, 
und es werden farbige Rander sichtbar. 
Fiir das rote Licht verbalt sich die FMche wie ein Gegenstand, der dem 
Auge zu nahe ist; ein solcher bewegt sich dem die Pupille verdeckenden Scbirme 
scheinbar entgegen. Fiir das violette Licbt verhalt es sich umgekehri. Ver- 
deckt man also z. B. von unten her die Pupille, so verschiebt sich die rote 
Flache scheinbar nach unten, die violette nach oben; unten wird ein rotei', 
oben ein violetter Rand sichtbar. Betracbtet man eine schmale rot-violette 
180. 131.] Erscheinungen der Farbenzerstreuung. 151 
Linie durch eiuen schmalen Spalt, den man vor der Pupille hin und her bewegt, 
so gelingt es auch leicht, das rote von dem violetten Bilde ganz getrennt sicht- 
bar zu machen. 
Wenn von dem leuchtenden Punkte A, Fig. 68, nicht bloB rotes und violettes 
Licht, sondern aus alien Farben zusammengesetztes weiBes Licht ausgeht, so 
schaltet sich das der iibrigen Farben zwischen dem Eot und Violett ein, und 
die Wirkungen der Farbenzerstreuung sind weniger auffallend, als wenn zwei 
Farben allein da sind. Wo wir in diesem Falle einen violetten Saum um ein 
purpumes Feld batten, erscheint jetzt das weiBe Feld gesaumt mit weiBlichem 
Blau, Indigblau, Violett, und da die weiBlichen Tone des inneren Randes dieses 
Saumes sich nicht merklich vom WeiB der Mitte unterscheiden, erscheint der 
farbige Saum iiberhaupt schmaler. Wo bei dem Versuche mit den zwei Farben 
ein rother Saum um das purpume Feld erschien, haben wir jetzt um das weiBe 
Feld herum zuerst weiBliches Gelb, Orange, Rot, und wieder unterscheidet sich 
das weiBliche Gelb fast gar nicht von dem WeiB des Grundes. 
Eine besondere Betrachtung verdient die Dispersion des weiBen Lichts 
uoch fiir den Fall, wo die Netzhaut sich in der Ebene ac betindet. wo das 
Strahlenbiindel seinen kleinsten Durchmesser hat. Rot und Violett bilden hier 
gleichgroBe Zerstreuungskreise. Das mittlere Griin ist ganz in der Achse kon- 
zentriert, die iibrigen Farben bilden kleinere Zerstreuungskreise. Der Zer- 
streuungskreis auf der Retina wiirde also am Rande gemischt aus Rot und 
Violett, d. h. purpurrot, in der Mitte griinlich erscheinen miissen. Indessen ist 
davon im Auge nichts zu sehen. Es sind namlich gerade die lichtstilrksten 
Farben Gelb und Griin bei dieser Stellung der Retina fast genau in einen 
Punkt vereinigt, und der purpume Rand ist zu schmal und verhaltnismaBig zu 
lichtschwach, um wahrgenommen zu werden. 
Ubrigens kann man alle die beschriebenen Erscheinungen ganz ebenso wie 
bei dem Auge, nur noch augenfalliger, an einem nicht achromatisierten Fern- 
rohr wahrnehmen, wenn man eine starkere VergroBerung mit demselben erzeugt, 
als mit der Deutlichkeit des Bildes vertrilglich ist. In einem solchen Fem- 
rohre wird das von der Objektivlinse entworfene Bild nicht auf einem Schirme 
aufgefangen, wie im Auge auf der Netzhaut, sondern durch die vergroBernden 
Okularhnsen vom Beschauer betrachtet. Eine VergroBerung des vom Objektiv- 
glase entworfenen Bildes muB man aber anwenden, \yeil sonst die Farbensaume 
meist zu schmal sind, um deutlich gesehen zu werden. Auch hier sieht man, 
wenn das Fernrohr fiir einen eutfernteren Gesichtspunkt eingerichtet ist, weiBe 
Flachen rot und gelb gesaumt, ist es fiir einen naheren eingestellt, dagegen 
blau gesaumt. Bei der Einstellung, welche die scharfsten Bilder gibt, erscheinen 
dagegen sebr schmale purpurne Rilnder. Verdeckt man eine Hlllfte des Objektivs, 
so erscheinen an gegeniiberliegenden Rilndern der weiBen Flachen blaue und 
gelbe Rilnder usw., ganz wie uuter analogen Verhiiltnissen im Auge. 
Um die GroBe der durch Dispersion im Auge erzeugten Zerstreungskreise 
zu berechnen, konnen wir Listings reduziertes Auge und darin Wasser als 
brechende Fliissigkeit zu Gruude legen, da nach Fkaunhofers Messungen 
die farbenzerstreuende Kraft eines solchen Auges von der des menschlichen 
wenig abweichen wiirde. Es verhalt sich (Fig. 68) 
;';■ Sr dv 
nr = T- = 7- ' S'lso 1st 
152 Die Dioptrjk des Auges. [lai. 132. 
/ / 
fr = h^ i., • Sr 
fv = b^b^ • Sv. Beides addiert gibt 
= ft, h., [fr - fv] 
fr + fv 
Setzen wir b^b^. entsprechend dem niittleren Durchmesser der Pupille normaler 
Augen, gleich 4 mm, und setzen, wie oben gefunden ist. 
fr = 20,574 mm 
fv = 20.140 mm, 
so wild ;' ;' = 0,0426 mm. 
Nach der in § 11 gegebenen Tafel fiir die GroBe der Zerstreuungskreise 
von Objekteu, fiir welche das Auge nicht akkommodiert ist, wiirde daher der 
Durchmesser ;• ;' der durcb die Dispersion bediugten Zerstreuungskreise ebenso 
groB sein, wie der, den ein leuchtender Punkt in 1,5 ni (4^/^ Fu6) Entfernung 
in einem fiir unendliche Entfernung akkommodierten Auge gibt. Eine solche 
Abweichung der Akkommodation gibt bei der Betrachtung feinerer Gegenstande 
schon eine recht merkliche Ungenauigkeit des Bildes, wie man bei Anstellung 
eines entsprechenden Versuches leicht erkennt. Um. zu erkliiren. warum die 
Dispersion des weiBen Lichts im Auge trotz der gleicben GroBe der Zer- 
streuungskreise keine merkliche Ungenauigkeit des Bildes hervorbringt, muB man 
nicht bloB die GroBe der Zerstreuungskreise, sondern auch die Verteilung des 
Lichts in denselben beriicksichtigen. 
Wenn ein Lichtkegel von einem einfarbig leuchtenden Punkte in das Auge 
fallt, und die Netzhaut sich vor oder hinter dem Vereinigungspunkte der Strahlen 
befindet. so wird ein Zerstreuungskreis gebildet. der in alien seinen Teilen 
gleiche Helligkeit hat. 
Wenn dagegen das Auge von einem Kegel weiBen Lichts getroffen wird 
und sich im Vereinigungspunkte der griingelben Strahlen, welche die licht- 
starksten sind, befindet, so werden diese auf einen Punkt der Netzhaut ver- 
einigt, wilhrend die iibrigen ytrahlen Zerstreuungskreise bilden, welche um so 
groBer werden, je mehr ihre Brechbarkeit von der der mittleren Strahlen 
abweicht. 
Wilhrend also der Mittelpunkt des beleuchteten Kreises von Strahlen aller 
Art gleichzeitig getrotfeu wird, und namentlich auch von den lichtstarksten und 
am meisten konzentrierten Strahlen, fallen auf die dem Rande naher liegenden 
Teile des Kreises nur Strahlen von den auBersten Farben des Spektrums, welche 
erstens an und fiir sich schon lichtschwilcher sind als die mittleren, und zweitens 
dadurch, daB sie ihr Licht iiber groBere Zerstreuungskreise verteilen, noch mehr 
geschwiicht sind. Die Rechnung ergibt, daB unter diesen Umstilnden die Helligkeit 
im Mittelpunkte des Zerstreuungskreises unendlich groB sein muB gegen alle 
anderen Punkte des Kreises. 
Da wir fiir das Gesetz der Helligkeit der einzelnen Farben des Spektrums 
noch keinen mathematischen Ausdruck angeben konnen, wollen wir die Rech- 
nung unter der Annahme durchfiihren, daB alle Farben des Spektrums gleiche 
Helligkeit haben. Dabei werden wir allerdings die Helligkeit der Rander der 
Zerstreuungskreise griJBer finden, als sie in Wahrheit ist, aber es wird sich auch 
132. 
Helligkeit in Zerstreuungskreisen. 
153 
unter dieser fiir unseren Zweck ungunstigen Annahme zeigen, wariim die durch 
Farbenzerstreuung bedingten Zerstreuungskreise eine weit geringere Undeutlich- 
keit des Bildes geben, als die durch mangelnde Akkommodation bedingten von 
gleicher GroBe. 
Berechnung der Helligkeit in einem durch Dispersion erzeugteu 
Zerstreuungskreise eines einzelnen leuchtenden Punktes. 
Es sei in Fig. Q9 hb die Hauptebene des reduzierten Auges vom Radius R; 
in ihr moge, wie das beim Auge nahehin der Fall ist, die Blendung liegen, 
welche das Strahlenbiiudel begrenzt, so da6 b b 
ein Durchmesser der Blendung ist, deren Halb- 
messer wir in der Recbnung mit b bezeichnen 
wollen. Die Strahlen, welche in das Auge fallen, 
mogen parallel sein. Es sei ferner v der Brenn- 
punkt iiii' die iiuBersten violetten, w der fur 
die auBersten roten Strahlen. Diese auBersten 
Strahlen schneiden sich in ^, so daB gg der 
Durchmesser des ganzen Zerstreuungskreises und 
h sein Mittelpunkt ist. Die Netzhaut muB sich in der Ebene gg befinden, wenn 
sie das deutlichste Bild aufnehmen soil. Das Brechuugsverhaltnis der mittleren 
Strahlen, die sich in /* vereinigen, nennen wir N, ihre Brennweite ah sei F. 
Dann ist nach § 9 Gleichung 3 a) 
NR 
Fig. 69. 
F^ 
X- 1 
la). 
Das Brechungsverhilltnis irgend einer andereu Art von Strahlen, welche ihren 
Brennpunkt in x haben, sei n, die zugehorige Brennweite a x gleich /'. Dann ist 
f = 
nR 
lb). 
Den Radius des Zerstreuungskreises, den diese Strahlen geben. h y nennen wir n. 
Er ist gegebeu durch die Gleichung 
o_ _ f-F_ 
wenn /' > F, also n < N, oder durch 
b - f ' 
wenn f < F, also n > N. Setzen wir hierhi die Werte von F und /' aus 1 a) 
und lb), so erhalten wir 
It N — n 
wenn n <_ N, und 
wenn n < N. 
b n{N-l) 
o n — N 
2 a), 
2 b), 
154 Die Dioptrik des Auges. [133. 
Die Helligkeit H nun, mit welcher die Farbe von dem Brechungsverhaltnis n 
die Netzhaut beleuchtet, ist 
H=A% 3), 
wenn wir die Helligkeit mit A bezeichnen, mit welcber das betreffende Licht die 
Flache hh beleuchtet. Setzen wir in 3) statt — seinen Wert aus 2 a) oder 
2 b), so erhalten wir iibereinstimmend : 
~Nf 
Die Helligkeit J irgend eines Punktes im Zerstreuungskreise wird nun werden 
n .iv-xj 
./ 
= fiJr/n 4), 
wobei wir das Integral iiber alie diejenigen Werte von n auszudehnen haben, 
deren zugehorige Farben auf jenen Punkt fallen. 
In dem Ausdrucke flir E ist der Faktor xi in Wirklicbkeit eine Fuuktion 
von n, deren mathematiscben Ausdruck wir aber nicbt kennen. Der Faktor v} 
verandert in der ganzen Ausdehnung des Spektrums seinen Wert sehr wenig. 
Wir wollen desbalb setzen 
An^{N - If = B 
und B als konstant ansehen, d. b. annehmen, daB die Helligkeit der Spektral- 
farben durcb die ganze Ausdebnung des Spektrums nabebin konstant sei, und 
uur wenig vom roten zum violetten Ende bin abuebme. Diese Annahme ist fiir 
unseren Zweck jedenfalls ungiiiistiger als die Wirklicbkeit. Dann wird nacb 4) 
j= r 5rfn ^^) 
[N- 
zwischen den gehorigen Grenzen genommen. Es fallen aber auf jeden Punkt 
des Zerstreuungskreises erstens Strablen von dem roten und zweitens Strahlen 
von dem violetten Ende des Spektrums. Die Grenzen der Brecbbarkeit fiir die 
ersteren seien n^ und n.^, so daB 
iV > re, > Wj , 
die Grenzen fur die letzteren seien w, und »., so daB 
Dann wird die Gleicbung 4 a) 
w^ > »3 > N. 
^ 
J _ T) r dn f (In 
■i 
% 
4 b). 
= b\^ L-+_i y \ 
Ist nun o„ die Entfernung des Punktes, dessen Helligkeit wir bestimmen wollen, 
vom Mitteli)unkte des Zerstreuungskreises, so wird dieser Punkt von alien deu- 
jenigen Farben getroften, fiir welcbe die Eadien der Zerstreuungskreise griJBer 
133. 134.] 
Undeutlichkeit wegen Farbenzerstreuving. 
155 
sind als (>„, also zwischen q^ und r liegen. Nun ist fur die weniger brechbaren 
Farben, wenn wir aus Gleicbung 2 a) den Wert vou N — n bestimmen, 
Fiir Wj ist (> = r, 
N 
fiir n., ist (> 
1__ J_ 1 
^^~ N'^ N{N - 1) 
b 
N- 
= Qo' also 
1 
= irr + 
1 
N [N- l)iV r 
1 _ 1 1 ■ b_ 
Fill- die Bestimmung von Wg und n^ miissen wir den Wert von N- 
4 c). 
n aus 
Gleicbung 2 b) entnehmen. 
1 
1 
'n' 
N-n N N{N- l)n 
Fiir n = n^ wird p = r, und fiir w = Wg wird o = o^ 
also 
1 
N- 
1 
N-n, 
1 
■^' 
1 
'n' 
1 
1)7 
N{N- 
1) 
6^ 
4d). 
Setzen wir die Werte aus 4 c) und 4d) in 4 b), so erhalten wir endlich 
25 lb b] 
NIN-Dlo" ri 
5). 
N{N-1)\!, 
Dieser Wert von ./ wird in der Mitte des Zerstreuungskreises fiir (^p = un- 
endlicb groB, am Rande, wo »q = r, gleicb 0. 
Berechnung der Helligkeit am Eande einer gleicbmaBig er- 
leuchteten Flache. Es sei in Fig. 70 ^5 die Grenzlinie der leuchtenden 
Fliicbe, und angenommen, da6 jeder Puukt derselben als Zerstreuungskreis er- 
scheine. Es sei ferner p der Punkt. dessen Helligkeit bestimmt werden soil, und 
pq = r der Radius der Zerstreuungskreise. Es wird 
auf p Licht gelangen aus alien denjenigen Puukten 
der Flache, welcbe innerhalb des mit dem Radius r 
um p geschlagenen Kreises liegen. Wenn s einer 
dieser Punkte ist, und wir die Liinge sp mit o, den 
Winkel spq mit to, und die Helligkeit des Zer- 
streuungskreises eines einzelneii Punktes in der Ent- 
fernung o vom Zentrum mit / bezeichnen, so wird 
die Helligkeit H im Punkte p werden: 
H^ffj, 
I) d CO d (> 
6). 
Fig. 70. 
dieses Integral ausgedehnt iiber alle Telle der Flache, 
welcbe innerhalb des um;j geschlagenen Kreises liegen. 
Wenn der Rand der Flache eine gerade Linie und der Abstand des 
Punktes s von diesem Rande gleich x ist, so ist fiir die am Rande gelegenen 
Punkte der Flache 
pcos w = a;, 
156 
Die Dioptrik des Anges. 
[isi. 135. 
und wenn wir den Ausdruck fiir H zuerst nach w integrieren , und aus der 
letzten Gleichung den Wert flir die (irenzen von w entnehmeu. 
H= 2.J(, 
arc cos \~\dit 
6 a). 
Wenn die Zerstreuungskreise durch unpassende Akkommodation entstehen, 
konnen vAr J als unabhangig von </ betrachten und erhalten dann: 
H= J 
r- arc cos 
-./■]/ r^ - a; =» 
n 
welche Gleichuug fiir diesen Fall die Helligkeit in der Nahe des Eandes der 
Flache als Funktion des Abstandes vom Eande gibt. Fiir x = r wird 27 = 0, 
fiir X = — r wird H = Jr^ n und geht hier in die konstante Helligkeit der 
Flache tiber. 
Wenn die Zerstreuungskreise durch Dispersion entstanden sind, konnen 
wir in Gleichung 6 a) den Wert von J aus Gleichung 5) setzen, und erhalten 
durch Ausfiihrung der Integration: 
H = 
2Bb 
,T,,T ,, , .'arccos U^ H iV^ — x'^ + j: log nat ( ' V "^ I!- • 8). 
N{N-l)\ \rj r ^ ^ \^ + y^2 _ x^j I 
r - -j/r^ - x^W 
Fiir X = r wird H = 0. fiir r = 
H = 
und geht hier in die konstante Helligkeit des mittleren Teils der Flache iiber. 
Um den Gang dieser Funktionen iibersichtlicher darzustellen, habe ich in 
Fig. 71 die beiden Kurven konstruiert. ,-1 entspricht der Gleichung 7), B der 
Gleichung 8). In beiden sind die Werte von .»■ in horizontaler, die Werte der 
Helligkeit H in vertikaler Richtung aufgetragen. Die Ordinate ab entspricht 
der Helligkeit in der Mitte der Flache, c bezeichnet den Ort des Eandes, so 
da6 die Linie ado die Helligkeit eines ganz scharfen Bildes bezeichnen wiirde. 
Die Grenzen des Zerstreuuugskreises von c sind b und g. Die Kurve B zeichnet 
sich dadurch vor der anderen aus, daB sie in ihrer Mitte bei /", entsprechend 
dem wirklichen Orte des Eandes, ganz senkrecht abfiillt. Es wird hier fiir 
a; = niimlich der Diflferentialquotient 
Undeutlichkeit wegen Farbenzerstreunng. 157 
dH 2Bb 
db N{N-l]\r 
\1 i/r-' - :r2 + log nat T'^ ]!^L^]1 
9). 
unendlich groB. Dieser plotzliche Abfall der Helligkeit am Rande der Flache 
macht ftir das Auge die Lage des Randes erkennbar, wenn auch eine gewisse 
Menge Licht sich noch weiter verbreitet, wahrend in der Kurve A die Abnahme 
der Helligkeit ziemlich gleichmaBig stattfindet, und der Ort des Randes durch 
kein besonderes Kennzeicben ausgezeicbnet ist. 
Wenn man die nach den Enden des Spektrums abnebmende Helligkeit der 
Farben in Rechnung zieben konnte, so wtirde die Kurve B etwa die Form der 
punktierten Linie bekommen miissen. Die Helligkeit innerbalb der Grenzen 
der Flacbe wiirde sicb der normalen nocb mebr nabern, und auBerbalb dieser 
Grenzen wiirde sie nocb geringer werden. 
Aus diesen Verbaltnissen erklart es sicb, warum die Farbenzerstreunng der 
Bilder im Auge der Scbarfe des Sebens so wenig Eintrag tut. Icb babe mir 
Linsen zusammengestellt, welcbe imstande waren, das Auge acbromatiscb zu 
macben, aber nicbt gefunden, daB die Scbiirfe des Gesicbts dadurcb merklicb 
erbobt wurde. Icb fand zu dem Ende eine konkave Flintglaslinse von 15,4 mm 
Brennweite, von einem Objektivglase eines Mikroskops genommen, passend. 
Diese setzte icb zusammen mit konvexen Crownglaslinsen, so daB dadurcb ein 
System von etwa 2^2 FuB negativer Brennweite entstand. wie es fiir mein Auge 
paBte, um feme Gegenstande gut zu erkennen. Wenn icb durch dieses System 
sab, und die halbe Pupille verdeckte, entstanden keine farbigen Rander an der 
Grenze dunkler und beller Gegenstande mebr. Ebensowenig entstanden der- 
gleichen bei unpassender Akkommodation des Auges, so daB das Auge durcb 
dieses Linsensystem wirklicb acbromatiscb gemacbt war. Icb konnte aber 
nicbt linden, daB die Scbarfe des Sebens in irgend merkbarer Weise zu- 
genommen biltte. 
Newton kannte schon die Farbenzerstreimug im Auge; er erwiihnt die Farben- 
rander. welche bei balbverdeckter Pupille ei'scheiuen '. Es ist bekanut. das Newtox, 
well er irrtiimlich voraussetzte, die Disperson aller durcbsichtigen Mittel sei ihrer 
Brechkraft proportional, zu dem Schlusse kam, dafi es keine acbromatischen Linsen- 
systerae geben konne. Wunderlicberweise fand Euler- in dieser Beziehung das 
Eiohtigere, indem er jedocb dabei von der anderen t'alschen tatsiichlichen Yoraus- 
setziing ausging. daB das Auge achromatisch sei. und daraus folgerte. daB Newton's 
Annahme iiber die Dispersion falseh sein miisse. Ihm widersprach in dieser Beziehung 
d'Alembert *, indem er nachwies, daB im Auge die Farbenzerstreuung nicbt merkliuh 
zu werden brauche. selbst wenn sie ebenso groB wie in Gliisern sei. Ebenso widersprach 
DoLLOND*. welcher behauptete. daB trotz der Anwendung verschiedener brecheuder 
Substanzen im Auge es nicbt achromatisch sein konne. da alle einzeluen Breohungeu 
der Lichtstrahlen nach der Achse zu gingen. Wenn wir die bisher stets durch die 
Erfahrung bestatigte Tatsache als allgemeingiltig ansehen. daB bei jeder Brechung 
des Lichts an der Grenzfiache von beliebigen zwei Substanzen die violetteu Stralilen 
starker gebrochen werden als die roten, so ist DoLLoxns Beweistuhruiig giiitig. Dunn 
muB namlich im Auge jedenfalls liei jeder Brechung das violetti^ Liclit sich der Aelise 
' Optics. Lib. 1. i^ II. Prop. Vlll. 
' Journal Encijclop. 1765. II. p. 146. — Mim. de I' Acad, dc Berlin. 1747. 
^ Mem. de tAcad. de Paris. 1767. p. 81. 
* Philos. Trans. LXXI.X. p. 2.56. 
158 Die Dioptrik des Auges. [ise. 137. G. 
mehr nahern als das rote. Maskelyne ' liat auch Messungen der Farbenzerstreuung 
gemaclit und gefunden. da6 das Intervall der Brennpunkte 0,02 Zoll (0,61 mm) be- 
trage, was einem Gesichtswiukel von 1 5 Sek. entsprecbe, wiibi-end man in Terurohren 
sie nocb bis zii einem Gesichtswinkel von 57 Sek. zulassig finde. Jdbin^ hat die 
farbigen Rander unbestimmt gesebener Objekte bemerkt. Wollaston* machte auf 
das eigentiimliche Ausseben des prismatiscben Spektrums aufmerksam, welches von 
der TJnfabigkeit des Auges. sich fiir alle Farben gleichzeitig zu akkommodieren, her 
riibrt. Eine vollstandige Tbeorie der Erscheinungen bei balbverdeckter Pupille gab 
MoLLWEiDE*, eine vollstandige Bearbeitung samtlicher bierher geborigen Erscheinungen 
TouBTUAL. Die ersten genauen Messungen der Farbenzerstreuung des Auges stellte 
Feaunhofer^ an, mit Beriicksicbtigung der von Wollaston und ihm entdeckten 
festen Linien im Spektrum, spatere Matthiessen^. 
Trotz aller dieser Untersucbungen bielten mancbe Naturforscher dooh bis in die 
letzte Zeit die Idee von der absoluten Vollkommenheit des Auges und somit auch 
seiner mehr oder weniger voUkommenen Achromasie fest, wie Forbes', VALL:fE*. 
1704. J. Newton, Optics. B. 1. P. II. Prop. VIII*. 
1747. L. EuLER, Metn. de Berlin. 1747. p. 285. — 1753. p. 249. — 1754. p. 200. 
1767. d'Alembert, Mein. de I'Aead. de Paris. 1767. p. 81*. 
1789. Maskelyne, Phil. Trans. LXXIX. 256*. 
1798. Comparetti, Observationes de coloribus appaventibus. Patavini. 
1801. Th, Young, Phil. Trans. 1801. P. I. p. 50*. 
1805. Mollweide in Gilberts Annalen. XVII. 328. u. XXX. 220. 
1814. *FRAnNHOFER in Gilberts Annalen. LVI. 304. — Scbuhmachers astronom. Abhand- 
lungen. Altona 1823. Heft II. S. 39. 
1826. J. MiJLLEE, Zur vergl. Physiol, des Gesichtssinns. Leipzig. S. 195. 414*. 
1830. 'TouKTUAL, Uber Chromasie des Auges. Meckels Archiv. 1830. S. 129*. 
1837. Mile, Poggendorifs Ann. XLII. 04. 
1847. A. Matthiessen, Comptes rendus, XXIV. 875; Institiit. Nr. 698. p. 162; Poqgen- 
DORFFs Ann. LXXI. 578*; Frorieps Notizen. III. 341: Archive d. sciences phys. ef 
natur. V. 221; Berl. Berichte. 1847. S. 183*. 
L. L. Vall^e, Comptes rendus. XXIV. 1096; Berl. Ber. 1847. S. 184*. 
1849. J. D. Forbes, Proceed. Edinburgh Boy. Soc. Dezb. 3. 1849. p. 251; Sillimans 
Journ. (2) XIII. 413; Berl. Ber. 1850. p. 492*. 
1852. L. L. Vall^e, Comptes rendus. XXXIV. 321; Bed. Ber. 1852. S. 308*. 
1858. L. L. Vall^e, Sur l' achromatisme de I'oeil. C. R. XXXVI. 142—144; 480 — 482. 
1855. Czermak, Zur Chromasie des Auges. Wiener Sitzungsber. XVII. 563. 
1856. A. FiCK, Einige Versuche iiber die chromatische Abweichung des menschlichen 
Auges. Archiv fur Ophthalm. II. 2. 70-76. 
1862. F. P. Leroux, Experiences destinees a mettre en evidence le defaut d^ achromatisme 
de roeil. Ann. de chimie. 3. LXVI. 173 — 182. Cosmos. XX. 638—639. 
— Trouessart, Defaut d' achromatisme de Voeil. Presse scicntifique. p. 72 — 74. 
Zusaix von A. Qullstrand. 
Bei der Weiterentwicklung der Lehre voa der optischen Abbilduug und 
von den Aberrationen hat sich die Notwendigkeit herausgestellt, die friiher 
unter dem Begriffe der chromatischen Aberration zusammengefaBten Er- 
> Philos. Trans. LXXIX. 258. 
* Smiths Optics. 96. 
* Philos. Trans. 1801. P. I. p 50. 
* Gilberts Annalen. XVII. 328. XXX. 220. 
^ Gilberts Annalen. LVI. 304. — Schuhuachees astronom. Abhandlungen. Heft II. S. 39. 
* Comptes rendus. XXIV. 875. 
' Proc. Roy. Edinb. Soc. Dezb. 3. 1849. p. 251. 
8 Comptes rendus. XXIV. 1096. XXXIV. 321. 
G.] Chromatische Fokus- und VergroBerungsdiiferenz. 159 
scheinungen behufs genauerer Untersuchung zu sondem. Da samtliche die 
optische Abbildung bestimmenden GroBen fiir verscbiedene Brecbungsindices 
verscbiedene Werte erbalten konnen, so kann die Erscbeinung der sogenannten 
chromatiscben Aberration nur durcb die cbromatiscben Differenzen dieser 
GroBen exakt dargestellt werden. Langs der Acbse eines zentrierten optiscben 
Systems bat man dabei in erster Annaberung mit der cbromatiscben Fokus- 
differenz und mit der cbromatiscben VergroBerungsdifferenz zu 
recbnen. Jene gibt den Abstand der Fokalpunkte voneinander an, wenn zwei 
verscbiedene Licbtarten zur Verwendung kommen, diese ist bei unendlicbem 
Objektabstande dem Unterscbiede der vorderen Brennweiten proportional. Nur 
in dem speziellen Fall, wo der Ort des binteren Knotenpunktes vom Brecbungs- 
index unbeeiniluBt bleibt, wie im reduzierten Auge, kann die Vergr56erungs- 
differenz direkt aus der Fokusdifferenz erbalten werden, was somit fiir das 
menscblicbe Auge nicbt zutrifft. Aus demselben Grande verscbwinden bei der 
Acbromatisierung unendlicb diinner optiscber Systeme beide Differenzen gleicb- 
zeitig, was sonst allgemein nicbt der Fall ist. 
Die Fokusdifferenz ist oben von Helmholtz unter Beacbtung der Licbt- 
verteilung innerbalb der Zerstreuungskreise gewiirdigt worden. Was die Ver- 
groBerungsdifferenz betrifft, so diirfte sie durcb eben denselben Mecbanismus 
wie die Fokusdifferenz unscbadlicb gemacbt werden, solange es sicb um sebi- 
kleine Bilder bandelt. DaB ein beller Punkt obne farbige Saume geseben wird, 
berubt, wie Helmholtz bewiesen bat, darauf, daB auf gleicb groBe Zerstreuungs- 
kreise des langwelligsten und des kurzwelligsten Licbtes eingestellt wird, und 
auf der geringen Helligkeit der farbigen Rilnder. Zwei belle Punkte neben- 
einander konnen aber nicbt gleicbzeitig konzentriscbe Zerstreuungskreise fiir 
kurzwelliges und langwelliges Licbt geben, da einer notwendigerweise auBerbalb 
der Acbse liegen muB. Wegen der chromatiscben VergroBerungsdifferenz ist 
fiir diesen Punkt das Zentrum der durcb kurzwelliges Licbt erzeugten Zer- 
streuungskreise der Acbse naber gelegen als das Zentrum der durcb lang- 
welliges Licbt verursacbten, woraus wieder folgt, daB die beiden Seiten des 
Punktes nicbt gleicbzeitig in einer und derselben Farbe geseben werden konnen. 
Da sicb die cbromatiscbe Differenz der BildgroBe zur BildgroBe bei einer 
gewissen Licbtart, wie die vordere Brennweitendifferenz zur entsprecbenden 
vorderen Brennweite verbalt, so kann dieses Verbilltnis aus den Helmholtz scben 
Zablen fiir das reduzierte Auge entnommen werden. Es ist rund S''/^. Wenn 
es nun aucb im menschlicben Auge etwas groBer sein mag, so ist es docb ein- 
leucbtend, daB eine ziemlicbe BildgroBe dazu notig ist, damit die Differenz 
wabrnehmbar sei, und man kann sicb anbetrachts der Licbtverteilung in den 
chromatiscben Zerstreuungskreisen nicbt vorstellen, daB die Differenz wahr- 
genommen werden konnte, wenn die BildgroBe, wie die Winkelausdehnung der 
Stelle des scharfsten Sebens, in Minuten gerechnet wird. 
Bei zunebmender BildgroBe wiichst aucb der chromatische Unterschied der- 
selben, nimmt aber gleicbzeitig die Fiihigkeit, die farbigen Saume zu seben, ab, 
indem dieselben immer weiter von der Stelle scharfsten Sebens entfernt auf die 
Netzbaut fallen. Wenn nun diese Abnabme des Distinktionsvermogens pro- 
portional zur Breitenzunabme der farbigen Siiume wiire, so wiirden die Er- 
scbeinungen der cbromatiscben VergroBerungsdifferenz, obwobl pbysikaliscb auf 
der Netzbaut vorbanden, pbysiologiscb nicbt durcb sicbtbare farbige Siiume 
konstatiert werden konnen. Fiir groBe Abstiinde der Bildpunkte vom Zentrum 
160 Die Dioptrik des Auges. [G. 137. 
der Fovea wird auch dieser physiologische Mechanismus hinreichend sein. um 
die chromatische VergroBenmgsdifferenz zu verdecken. Wenn aber zwei belle 
scbmale Linien, deren Winkelabstand 3^' betriigt, das Objekt ausmacben, und 
ein zwiscben beiden symmetriscb belegener Punkt fixiert wird, so ist der 
scheinbare Wiukelabstand der beiden Linien voneinander im violetten Licbte 
um mebi' als 5 Minuten kleiner als im roten. welcber Unterscbied sicb mit der 
Halfte auf jede Linie verteilt, so da6 an Stelle der hellen Linie ein unreines 
Spektriim von ungefabr 2,5 Minuten scbeinbarer Breite entstebt. Obne nun 
bebaupten zu wollen, daB das Auge die Fabigkeit besitze, in einem 1,5" be- 
tragenden Winkelabstand vom fixierten Punkte ein solcbes Spektrum von einer 
hellen Linie zu uuterscheiden, woriiber exakte Untersucbungen nicbt vorliegen 
und wobl aucb scbwer anzustellen seiu dlirften, will icb bier nur darauf aut- 
merksam macben, daB im Auge ein Mechanismus vorbanden ist, welcber l)ei 
solcher ObjektgroBe der chi'omatiscben VergroBerungsdiilerenz entgegenwirkt. 
Wie icb durcb entoptische Untersucbungen bewiesen babe,* findet beim 
Ubergang des Lichtes aus dem Glaskorper in die Netzhaut sine bedeutende 
chromatische Dispersion desselben statt. Dies geht daraus hervor, daB der 
durcb die Licbtbrecbung in dem am starksten gekriimmten zentralen Telle der 
Fovea entstebende Schatten — die von mir sogenannte entoptische Fovea — 
nur im kiu-zwelligen , nicbt aber im langwelligen Licbte gesehen werden kann, 
und berubt obne Zweifel auf dem Luteingebalt der Gewebslymphe der Netzliaut. 
Beim Ubergang des Licbts in die Netzhaut werden die paraxialen Bildpunkten 
angehorigen Strahlen in der Fovea in der Eichtung von der Achse weggebrochen. 
und da diese Brechung entweder nur die kurzwelligen Licbtstrahlen oder aber 
diese in hoherem Grade als die langwelligen beeinfluBt, so resultiert eine relative 
Vei'groBerung der durcb jene Strahlen entstebendeu Bilder. In welcbem MaBe 
dieses Moment zur Neutralisierung des Effektes der chromatischen VergroBerungs- 
difterenz notwendig und hinreichend ist, liiBt sich allerdings vor der Hand nicbt 
beui'teilen. 
Da die Visierhnie keine Zentrierungsachse des Auges darstellt, so liegt, 
wenn Licbt verschiedener Wellenlange ins Auge fullt, das Zentrum der Aus- 
trittspupille in verschiedenen Punkten, und es muBte eigeutlich mit einer 
chromatischen Neigungsdifferenz der Visierlinie im Glaskorper ge- 
rechnet werden. Diese wird aber von der durcb die monochromatischen Aberra- 
tionen bedingten asymmetrischen Form der Zerstreuuugskreise verdeckt, welche 
sich beim Versuche mit dem Kobaltglas dadurch kundgibt, daB bei der Ein- 
stellung fiir rotes Licbt der um eine kleine kilnstliche Lichtquelle sicbtbare 
bliiulicbe Zerstreuungskreis den meisten Augen temporal breiter erscbeint 
als nasal. 
§ 14. Monocliromatische Abweichungen.** 
AuBer der Ungenauigkeit des Bildchens, welche durcli die ungleicbe 
Brechung verschiedenfarbiger Licbtstrahlen bedingt ist, kommt bei den optiscben 
Instrumenten, welche Glaslinsen mit sphi'irischen Fliichen enthalten, noch eine 
zweite Art der Abweicbung vor, die Abweicbung wegen der Kugelgestalt 
* Die Farbe der Macula centralis retinae. Arch. f. Oplith. LXII, 1. S. 1. 190o. Zur 
Maculafrage. Ebenda LXVI, 1. S. 141. 1907. 
** Vgl. Kap. 5 der uach dem ersten Abschuitte folgenden Zusiitze! G. 
137. 138.] § 14. Monocbromatische Abweichungen. Igl 
oder sphiirische Aberration, welche darin besteht, da6 auch Lichtstrahlen 
von gleicber Farbe, die von einem Punkte ausgehen, you krummen Flachen im 
allgemeinen nicbt genau, sondern nur anniihernd in einen Punkt wieder ver- 
einigt werden. Es gibt allerdings gewisse krumme Flacben, welche die Licbt- 
strahlen, die von einem bestimmten leucbteuden Punkte ausgeben. ganz genau 
in einen Punkt wieder vereinigen (aplanatiscbe FlLicben). Es sind dies 
Eotationstiacben, deren Erzeugungskurve im allgemeinen durcb eine Gleicbuug 
vierten Grades gegeben wird. In gewissen Fallen aber, z. B. wenn der leucbtende 
Punkt in unendlicber Entfernung liegt, ist die Erzeugungskurve eine Ellipse. 
Aucb kann in Systemen von kugeligen brecbenden Flacben durcb eine passende 
Kombination der Kriimmungsradien und Abstande der Flacben die Kugel- 
abweicbung auf eiu Minimum gebracbt werden. Aucb solcbe Systeme nenut 
man aplanatiscb. Ubrigens ist naturlicb der Zerstreuungskreis, den das Bild 
eines io der optiscben Acbse eines solcben Systems liegenden leucbtenden 
Punktes bildet, rings um die Acbse symmetriscb. Er bildet einen bellen Fleck, 
dessen Helligkeit in der Acbse am starksten ist, und von da nacb alien Seiten 
bin scbnell abuimmt. 
Die im Auge vorkommenden monocbromatiscben Abweicbungen sind nicbt, 
wis die spbiiriscbe Aberration der Glaslinsen, symmetriscb um eine Acbse, sie 
sind vielmehr uusymmetriscb und von einer Art, wie sie bei gut gearbeiteten 
optiscben Instrumenten uiebt vorkommen darf. Diese Art der Abweicbung, fur 
welcbe in bezug auf KugelHacben der Name spbariscbe Aberration, in 
bezug auf andere krumme Flacben der Name Abweicbung wegen der Ge- 
stalt der brecbenden Fliicbe gebraucbt wird, wollen wir, da aucb die letztere 
Bezeicbnung fiir das Auge nicbt allgemein genug ist, monocbromatische 
Abweicbung nennen, da sie einfacbes (monocbromatiscbes) Licbt ebensogut 
betriift, wie das zusammengesetzte weiBe, und sicb dadurcb von der im vorigen 
Paragrapben bebandelten chromatiscben Abweicbung unterscbeidet. 
Die Erscbeinungen sind folgende: 1. Man wable zuerst als Objekt eineu 
sehr kleinen leucbtenden Punkt (ein mit einer Nadel gestocbenes Liicbelcben in 
scbwarzem, undurcbsichtigem Papier, durcb welcbes 
Licbt filUt) und bringe ibn in eine etvvas groBere 
Entfernung, als die groBte Akkommodationsdistanz 
betriigt, so daB auf der Netzbaut ein kleiner Zer- 
streuungskreis entstebt. Man siebt alsdann statt 
des bellen Punktes nicbt, wie es in einem scblecbt 
eingestellten Fernrobre der Fall ist, eine kreis- 
formige Fliiclie, sondern eine strablige Figur von 
vier bis acbt unregelmaBigen Strahlen, welcbe in 
beiden Augen verscbieden zu sein pflegt und aucb 
fiir verscbiedene Menscbeu verscbieden ist. Icb 
babe in Fig. 72 a die aus meinem rechten, in h pi„ 72. 
die aus meinem linken Auge abgebildet. Die nacb 
der Peripberie gekebrten Bander der bellen Partien eines von weiBem Licbte 
entworfenen Zerstreuungsbildes dieser Art sind blau gesaumt, die dem Zentrum 
zugekebrten rotgelb. Die Figur scbeint bei den meisten Menscben in der 
Eicbtung von oben nacb unten langer zu sein als von recbts nacb links. Ist 
das Licbt scbwacb, so kommen nur die bellsten Stellen der Strahlentigur zur 
Wabrnebmuug, und man siebt mebrere Bilder des bellen Punktes, von denen 
V. Helsiholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. 1. 11 
162 Die Uioptrik des Auges. [iss. 13S. 
gewohnlich eines heller ist als die anderen. 1st das Licht dagegen sehr stark, 
lilBt man z. B. direktes Sonnenlicht durch eine feine Offnung fallen, so flieBen 
die Strahlen des Sterns ineinander, rings umher entsteht auBerdem ein aus 
unzahligen, auBerst feinen und bunt gefarbten Linien bestehender Strahlenkranz 
von viel groBerer Ausdehnung, den wir unter dem Namen des Haarstrahleu- 
kranzes von dem sternformigen Zerstreiiungsbilde unterscheiden wollen. 
Hat man die sternformige Figur oder bei schwacherem Lichte die mehr- 
fachen Bilder des leuchtenden Punktes vor sicb, und schiebt ein undurch- 
sichtiges Blatt von unten her vor das Auge, so schwindet zuerst der scheinbar 
untere Teil des Zerstreuuugsbildes, also der obere Teil des entsprechenden 
Netzhautbildchens. Schiebt man das Blatt von oben, von rechts oder links vor 
das Auge, so schwindet dementsprechend iramer der obere, rechte oder linke 
Teil des Zei'streuungsbildes. 
Anders verhalt sich der ausgedehntere Haarstrahlenkranz, den sehr 
intensives Licht erregt. Wenn man die Pupille von unten her verdeckt, ver- 
schwindet keineswegs der untere Teil dieses Kranzes, sondern nur der untere 
Teil des zentralen hellen Sterns. Die Erscheinung wird aber dadurch gestiirt 
und veriindert, daB sehr lebhafte Diffraktionsbilder sich entwickeln, welche von 
der verengerten und veranderten Gestalt der I'upille bedingt sind. 
Die strahlige Gestalt der Sterne und ferner Laternen gehort mit zu diesen 
Erscheinungen. 
2) Ist das Auge fiir eine groBere Entfernung als die des leuchtenden 
Punktes akkommodiert (zu welchem Zwecke man bei fernen leuchtenden Punkten 
eine schwache Konkavlinse vor das Auge bringen kann), so erscheint eine andere 
strahlenformige Figur (Fig. 72 « aus meinem rechten, d aus meinem linken 
Auge), deren groBere Ausdehnung meist horizontal ist. Verdeckt man die 
Pupille von einer Seite her, so schwindet die entgegengesetzte Seite des voni 
Beobachter gesehenen Zerstreuungsbildes, d. h. die der verdeckten Hiilfte der 
Pupille gleichseitigen Teile des Netzhautbildes. Diese Figur wird also von 
Strahlen gebildet, welche die Achse des Auges noch nicht geschnitten haben. 
Wenn sich Tranenfliissigkeit iiber das Auge verbreitet hat. oder durch haufiges 
BHnzeln mit den Lidern Fetttropfchen aus den MEiBOMschen Driisen auf die 
Hornhaut gekommeu sind, ist die Strahlentigur meist groBer, unregehuaBiger. 
wird durch Blinzelu bedeutend verandert, und wenn man die Pupille von der 
Seite her verdeckt, verschwindet dadurch nicht bloB eine Seite der Strahlentigur. 
3) Bringt man den leuchtenden Punkt in eine solche Entfernung, daB man 
das Auge flir sie akkommodieren kann, so sieht man bei maBigem Lichte einen 
kleinen rundlichen hellen Fleck ohne L'nregelmaBigkeiten. Bei stiirkerem Lichte 
dagegen bleibt seiu Bild bei jeder Weise der Akkommodation strahlig, und man 
findet bei allmahlichen Akkommodationsilnderungen nur, daB die vertikal ver- 
liingerte Strahlenfigur, welche bei kiirzerer Sehweite vorhanden ist, sich ver- 
kleinert, rundlicher wird und dann in die horizontal verlangerte Strahlenfigur 
ubergeht, die einer groBeren Sehweite angehort. 
4) Wenn man eine feine Lichtlinie betrachtet, kann man sich die Erschei- 
nungen, welche entstehen, leicht dadurch im voraus entwickeln, daB man die 
strahligen Zerstreuungsbilder fiir alle einzelnen Punkte der Linie konstruiert 
denkt, die sich nun zum Teile decken. Die helleren Teile der Zerstreuungs- 
bilder rtieBen dann zu Lichtlinieu zusammen, welche als mehrfache Bilder der 
Mehrfache Linienbilder. 
163 
hellen Linie erscheinen. Die meisten Augen sehen zwei, manche in gewissen 
Lagen tuuf oder sechs solche Doppelbilder. 
Um den Zusammenhang der Doppelbilder von Linien mit den strahligen 
Bildern von Punkten gleich durch den Versuch anschaulich zu machen, schueide 
man in ein dunkles Papierblatt eine feine gerade Spalte, und 
ein wenig von deren Ende entfernt, in Hichtung ihrer Ver- 
langerung, steche man ein rundes Lochelchen ein, wie Fig. 71a. 
Von Feme sehend, bemerkt man dann, daB die Doppelbilder 
der Linie genau denselben Abstand voneinander haben, wie die 
hellsten Stellen der strahlenformigen Zerstreuimgstigur des Punk- 
tes, und daB letztere in der Verlangerung der ersteren liegen, 
wie in Fig. 736, wo in der Zerstreuungsfigur des hellen Punktes 
nur die hellsten Telle des Sterns, Fig. 72a, sichtbar sind. 
Hierher gehoren die mehrfachen Bilder, welche die meisten 
Augen von den Hornern der Mondsichel sehen. 
An den Grenzen heller Flilchen, fiir welche das Auge nicht ganz voll- 
kommen akkommodiert ist, machen sich die Doppelbilder auch mitunter dadurch 
l)emerkUch, da6 am Rande der hellen Flilche der Ubergang von Helligkeit zu 
Dunkel in zwei oder drei Absiltzen geschieht. 
Weitere hierhergehorige Erscheinungen folgen unten bei der Lehre von 
der Irradiation. 
5) Das Auge ist im allgemeinen nicht gleichzeitig fiir horizontale und 
vertikale Linien, welche in gleicher Eutfernung von ihm sich befinden, akkommo- 
diert. Man betrachte aufmerksam eine Anzahl 
gerader Linien, die sich in einem Punkte 
schneiden, wie Fig. 74, in einer Entfernung, 
fiir welche man gut akkommodieren kann. Man 
wird bemerken, daB man sie 
nacheinander alle scharf be- 
grenzt und dunkel schwarz 
sehen kann, wiihrend man 
aber eine von ihnen scharf 
sieht, sind im allgemeinen 
die anderen nicht scharf. Ist 
man darin getibt, sich der 
Akkommodationsanderungen 
seines Auges bewuBt zu 
werden, so bemerkt man, daB das Auge eine groBere Sehweite annimmt, um 
die seiuem horizontalen Durchmesser parallelen Linien deutlich zu sehen. mehr 
fiir die Nahe dagegen akkommodiert, um die senkrechten zu sehen. 
Man mu6 deshalb eine vertikale Linie welter vom Auge entfernen als eine 
horizontale, wenn man sie beide zu gleicher Zeit deutlich sehen will. Ad. Fick 
sah vertikale Linien in 4,6 m Entfernung deutlich, und zugleich horizontale in 
3 m, ich selbst vertikale in 0,65 m, horizontale in 0,54 m Entfernung. 
Zeichnet man eine groBe Zahl feiner konzentrischer Kreislinien in gleichen 
Abstiinden voneinander auf Papier, wie in Fig. 75, und betrachtet sie in 
einer Entfernung, fiir die man gut akkommodieren kann, so erscheinen eigen- 
tiimliche strahlige Scheine auf der Figur. Bei genauerer Betrachtung erkennt 
man, daB in den lichteren Radien die schwarzen und weiBen Linien scharf von- 
11' 
Fijr. "4. 
Fig. 75. 
164 Die Dioptrik des Auges. [i40. I4i. 
einander geschieden sind, dazwischen aber liegen hellgraue wolkige Stelleu, in 
denen die schwarzen Linien mehr verwaschen erscheinen. LaBt man die Ak- 
kommodation des Auges oder die Entfernung der Figur vom Auge etwas 
wechseln, so werden andere Stellen der Figur klar, und es entsteht dadurch der 
Anschein. als ob die klaren Strahlen sicb sehr schnell bin mid ber bewegten. 
Kicbtet man das Auge fiir eine betriicbtlicb weitere Entfernung ein, als in der 
die Figur liegt, so siebt man 8 bis 10 Sektoren mit deutlichen Linien; wo diese 
aneinander stoBen, sind sie nebelig, aber man erkennt, daB die scbwarzen 
Linien des eineu Sektors nicbt mit denen des nacbsten zusamnienpassen. Die 
innersten Kreise bekommen dadurch ein seltsam verzerrtes Ansehen. 
DaB die bescbriebenen Erscheinungen von eiuer Asymmetric des Auges 
berriibren, ist zunacbst klar. Ein optisches Instrument, welcbes um seine Acbse 
ringsum symmetrisch gebaut ist, kann fiir einen in der Acbse liegenden Licbt- 
])unkt allerdings Zerstreuungsfiguren entwerfen, die aber selbst symmetriscb 
gegen die Acbse und kreisformig gebildet sein mllssen. 
Was zunacbst die strablige Bildung der kleinen Zerstreuungskreise betrifft, 
so miissen wir trennen, was davon dauernd ist und jedei'zeit bei reiner Horn- 
baut wieder erscbeint, und andererseits den Teil der Erscheinung, der durcb 
TranenfiuB und Blinzeln der Augenlider verandert wird. Der letztere Teil 
riibrt offenbar her von Tropfen wiissriger oder fetter Flussigkeit, oder von Un- 
reinigkeiten, die sich auf der Hornbaut angesammelt haben. Man kann diese 
Erscheinungen nachahmen, wie A. Fick gezeigt hat, wenn man mit einer Glas- 
linse, auf deren Oberflacbe man Wassertropfen ausgebreitet hat, das Bild eiues 
liellen Punktes entwirft. 
Dergleicben vergangliche Erscheinungen kommen in den Strablenfiguren 
nieiner eigenen Augen seltener vor, vielmehr sehe ich gewohnlicb immer die- 
selben Figuren wieder, welcbe ich ohen in Fig. 72 a bis d abgeluidet babe, und 
welcbe durcb ihre strablige Form wobl zunacbst an den strabligen Bau* der 
Liuse erinnern. In der Tat konnte ich micb iiberzeugen, daB die wesentlicbsten 
Ziige dieser Strablenfiguren von UnregelmaBigkeiten der Linse herriihrten, in- 
dem icb die feine Offnung, durcb welcbe das Licbt fiel, sebr nabe an das Auge 
brachte; dann siebt man in dem Zerstreuungskreise die sogenannten entoptischen 
Erscheinungen, welcbe im nacbsten Paragraphen beschrieben werden soil en, 
Dort wird aucb gezeigt werden, in welcber Weise man eine sicbere Kenntnis 
von dem Orte der Objekte im Auge erbalten kann, welcbe diese Erscheinungen 
veranlassen. Es fand sich nun, daB gewisse belle und dunkle Streifen. welcbe 
dem entoptischen Bilde der Linse angeborten, bei allmablich steigender Ent- 
fernung der ( )ft'nung vom Auge iibergingen in die hellen und dunkleu Flecken 
und Streifen der in Fig. 72 c und d abgebildeteu Sterntiguren. Abbildungen 
dieses tibergangs hat schon Th. Young ^ gegeben. 
Was die zweite Klasse der oben bescbriebenen Erscheinungen betrifft, 
welcbe sicb auf die verschiedene A^ereinigungsweite der Strahlen nacb der 
vertikalen und borizontalen Richtung bezieben, so laBt sich deren Grund noch 
nicbt mit gleicber Bestimmtheit angeben. Im allgemeinen muB eine solcbe 
Art der Abweicbung eintreten, so oft Licht an krummen Fliichen gebrocben 
wird, deren Kriimmung nach verschiedenen Eicbtungen bin verschieden ist, oder 
aucb an KugelHachen, so oft es scbief auf die Fliiche fallt. An beiderlei Ur- 
» S. oben S. 129. 
» Pkilos. Transact. 1801. 1. pi. VI. 
141.142.1 Brechung in EUipsoidenflachen. 165 
sachen kann man im Auge denken. Horizontale und vertikale Meridianschnitte 
der brechenden Fliichen des Auges haben vielleicht nicht dieselben Kriimmungs- 
radien; und wir wissen auBerdem, daB das menscbliche Auge nicljt ganz genau 
zentriert ist, und daB der Ort des direkten Sehens nicht in der Linie liegt 
welche dem Begriife einer Augenachse am nachsten kommt. 
Anzufiihren ist, daB Th. Young ^ in dessen Auge die beiden Vereinigungs- 
weiten ziemlich betrachtlich differierten, durch einen Versuch ermittelt hat, daB 
seine Hornhaut diese Differenz nicht bewirke. Er brachte nilmlich das Auge unter 
Wasser, wobei die Brechung in der Hornhaut fast vollstiindig aufgehoben ward, und 
fand, daB die Differenz der Vereinigungsweiten noch in gleichem MaBe fortbestand. 
Man kann iibrigens, wie Th. Young ebenfalls bemerkt hat, diesen Fehler des 
Auges aufheben, wenn man Linsenglilser unter einer gewissen Neigung gegen die 
Augenachse vor das Auge bringt. Ich fand, daB der Versuch leicht gelingt, und 
daB ich es durch eine passende Haltung eines schwachen Konkavglases dahin 
bringen konnte, ein System feiner senki-echter Linien gleichzeitig mit einem 
daneben betindlichen von horizontalen Linien gleich deutlich zu sehen. 
SchlieBlicb ist noch die unvollkommene Durchsichtigkeit der Augenmedien 
als Grund monochromatischer Abweichungen anzufiihren. Die Fasern der Horn- 
haut und Linse scheinen allerdings durch eine Zwischensubstanz von ziemlich 
gleichem Brechungsvermogen verbunden zu sein, so daB bei milBiger Licht- 
starke diese Telle vollkommen homogen und klar erscheinen. Wenn man aber 
starkes Licht durch eine Brennlinse auf sie konzentriert, wird das an den 
Grenzen ihrer Elementarbestandteile rellektierte Licht stark genug, um sie weiB- 
lich triibe erscheinen zu lassen. Von dem durch sie gehenden Lichte wird also, 
wie dieser Versuch zeigt, ein Teil diffus zerstreut, und muB auch andere Telle 
der Netzhaut treff'en, auf welche das regelmaBig gebrochene Licht nicht fallt. 
In der Tat bemerkt man, wenn man ein intensives Licht vor einem ganz 
dunklen Grunde betrachtet. den Grund mit einem nebeligen weiBen Scheine 
ubergossen, der in der Nahe des Lichts am hellsten ist. Sowie man das Licht 
verdeckt, erscbeint der umgebende Grund in seiner natiirlichen Schwarze. Ich 
glaube diese Erscheinung durch zerstreutes Licht erklaren zu miissen-. 
Ich will die Theorie der Brechung an nicht kugeligen Flachen und der 
Brechung bei schiefem Einfall an Kugelflacheu bier nicht vollstandig entwickeln, 
well sie vorliiufig fur die Untersuchung der Brechung im Auge nur von geringem 
Nutzen sein wiirde, solange wir nicht genauere Bestimmungen flir die Form 
der brechenden Flachen haben. Es geniige bier, eine derartige Brechung in 
zwei einfachen Fallen zu betrachten. aus denen die betreffenden Verhaltnisse 
anschaulich werden. 
Wir betrachten zuerst die Brechung im Scheitel eines ungleichachsigen 
Ellipsoides. Es sei in Fig. 76 die Linie gh eine Achse des EUipsoides, in 
deren Verliingerung bei p der leuchtende Punkt liegt. Die Ebene der Zeichnung 
sei ein Hauptschnitt des Ellipsoides, so daB auch noch eine zweite Achse des 
ElUpsoides g h in dieser Ebene liegt. Da nun die Normalen solcher Punkte der 
ellipsoidischen Flache, welche in einem Hauptschnitte liegen, auch in demselben 
Hauptschnitte liegen, so liegen die Normalen der Kurve bch in diesem Falle 
in der Ebene der Zeichnung. Wenn von p aus ein Strahl auf den Punkt c 
' Philos. Transact. 1801. I'. I. p. 40. 
■-' Helmholtz in PoaoENDORrFS Ann. LXXXVI. 509. 
166 
Die Dioptrik des Auges. 
[U2. 113. 
fallt, so liegt der gebrochene Strahl in der durch den leuchtenden Punkt und 
das Einfallslot gelegten Ebene, d. h. in der Ebene der Zeichnung, und schneidet 
also die Achse hg in irgend einem ihrer Punkte q. Dies wiirde nicht der Fall 
sein, wenn die Ebene der Zeichnung nicht eben ein Hauptscbnitt ware. 
1st ad die Normale im Punkte e, so wird die Lage des gebrochenen Strahls 
nun weiter durch die Bedingung bestimmt, da6 
sin Z. p c rf = w sin Z- a <■ q 
sein muB, wenn n das Brechungsverhaltnis bezeichnet. Diese Bedingung ist 
also dann ganz dieselbe wie fiir Rotationsfliichen. Die nahe senkrecht bei h 
auffallenden Strahlen werden dann also einen gemeinschaftlicben Vereinigungs- 
punkt in der Achse baben, dessen 
Entfernung von dem Kriim- 
mungsradius r, der Kurve hih 
in h abhilngt. Ist p unendlicb 
entfernt, so ist die Vereinigungs- 
weite der Strahlen, d. h. die 
Brennweite in dem vorliegenden 
Fig. 76. 
Hauptschnitte gleich 
n — 1 
FUr die Strahlen von p, welche in dem anderen Hauptschnitte verlaufen, 
der durch bq und die dritte Achse gelegt ist, verbiilt sich wieder alles ebenso, 
nur hat der Kriimmungsradius im Scheitel der Flache einen anderen Wert r , 
und die Brennweite der Strahlen in diesem zweiten Hauptschnitte ist gleich — -- • 
n — 1 
Der Strahl p q wird also von den Strahlen, die in der Ebene der Zeichnung 
unmittelbar neben ihm liegen, in einem Punkte, etwa q, geschnitten; von den 
Strahlen dagegen, die in einer durch ihn senkrecht zur Ebene der Zeichnung 
gelegten Ebene ihm unmittelbar benacbbart sind, nicht in demselben Punkte 7, 
sondern in einem anderen Punkte, etwa in s. 
LaBt man unter diesen Umstiinden die Strahlen von p durch eine kleiue 
kreisformige Oifnung, deren Mittelpunkt sich in der Achse bei b befindet, aut' 
die brechende Flache fallen, so ist der Querschnitt des Strahlenbiindels un- 
mittelbar bei h ein Kreis, zwischen b und q eine Ellipse, deren senkrecht zur 
Ebene der Zeichnung gestellte Achse groBer ist als die in der Ebene liegende. 
Die Ellipse wird immer kleiner und zugleicb gestreckter, je mehr wu- uns dem 
Punkte '/ nahern. In q ist der Querschnitt des Strahlenbiindels eine zur Ebene 
der Zeichnung senkrechte Linie. Weiterhin wird er wieder eine Ellipse, deren 
groBere Achse senkrecht zur Ebene der Zeichnung steht, die schnell einem 
Kreise ahnlicher wird, ungefiihr in der Mitte zwischen q und s wirklich ein 
Kreis wird und sich dann in eine Ellipse verwandelt, deren langere Achse in 
der Ebene der Zeichnung liegt, die sich gegen s bin immer mehr streckt, in *- 
selbst sich in eine gerade Linie zusammenzieht und jenseits s allmahlich wieder 
breiter wird und sich immer mehr der Kreisform nilbert. 
Ahnlich verbiilt es sich mit Strahlenbiindeln, welche schief auf eine kugelige 
Flache fallen. Nehmen wir an, in Fig. 76 sei beh eine Kugelflilche und y;r; 
ein solcher schief auffallender Strahl. Wir wissen^, daB die Strahlen, welche 
> S. oben S. 51. Fig. 32. 
14S. 144.1 Diffraktion des Lichts in iler Piipille. 167 
in der Ebene der Zeichnung unmittelbar neben e auf die Flache fallen, sich 
mit dem Strahle pa nach der Brechung nicht im Brennpunkte und in der 
Zentralliuie pq, sondern in einem seitwarts von der Achse liegenden Punkte 
der kaustischen Flache schneiden. Es sei dieser Punkt t. Denken wir uns 
dagegen die ganze Figur uni die Linie ap gedreht, so tritt der Strahl pc all- 
mahlich an die Stelle anderer Strahlen, welche mit ihm gleich weit von dem 
Punkte h entfernt auf die Flache fallen, und der gebrochene Strahl aq tritt an 
die Stelle der dazu gehorigen gebrochenen Strahlen. Diese Strahlen schneiden 
sich also alle nur im Punkte q. 
Wahrend also die in der Ebene der Zeichnung dem Strahle p c unmittelbar 
benachbarten Strahlen ihn in t schneiden, schneiden ihn diejenigen benachbarten 
Strahlen, die vor und hinter der Ebene der Zeichnung in gleicher Entfernung 
von b einfallen, in q, und endlich konnen wir hinzusetzen, daB ihn diejenigen 
Strahlen, welche weder in der Ebene der Zeichnung noch in gleicher Entfernung 
von b, wie b c ist, auffallen, gar nicht schneiden. 
Es ist noch zu erortern, inwiefern die Ditfraktion des Lichts in der Pupil] e 
von EinfluB auf die monochromatischen Abweichungen des Lichts sein kann. 
Zuniichst diirfte wobl die Fi-age aufgeworfen werden, ob die strahlige Form der 
kleinen Zerstreuungsfiguren nicht von den kleinen Einschnitten des Pupillar- 
randes veranlaBt sei. In der Tat sieht man eine ausgedehntere strahlige Figur, 
wenn man nach einem sehr hellen Lichtpunkte durch eine ( tflnung sieht, welche 
kleiner als die Pupille ist, und deren Rander nicht ganz feinpoliert sind; doch 
besteht eine solche Strablenfigur in der Eegel aus sehr feinen, mebr liaar- 
formigen Strahlen mit lebhaften Farben, iihnlich dem schon oben beschriebenen 
Haarstrahlenkranze des Auges, der sehr belle Lichtpunkte umgibt, auch wenn 
man sie nicht durch eine kunstliche Offnung betrachtet. Drebt man die Offnung 
dann um ihren Mittelpunkt, so dreht sich der ganze Strahlenkranz mit ihr, 
woraus sich eben ergibt, daB dieser Strahlenkranz von den Riindern der 
Offnung herriihrt. 
Von dem Vorhandensein einer Diffraktion des Lichts, welche durch die 
feine Faserung der Kristallinse veranlaBt ware, konnte ich mich an meinem 
eigenen Auge nicht iiberzeugen. Wenn ich durch eine glatt gebobrte <')ffnung 
einer Metallscheibe nach einem kleinen lichten Punkte sehe, so dreht sich immer 
die ganze DiffraktiousHgur, wenn ich die Scheibe drehe. Gehorten einzelne 
Ziige der Diffraktionsfigur den Fasern der Hornhaut oder Linse an, so miiBten 
diese stehen bleiben. Dagegen beschreibt Beer^ aus seinem Auge Diffraktions- 
erscheinungen, welche er von einer Faserung der Augenmedien herleitet. 
Diese Diffraktionsphanomene unterscheiden sich aber von denen der kleinen 
Zerstreuungskreise wesentlich durch den Umstand, daB letztere beim Verdecken 
der Pupille von einer Seite her auch von einer Seite her verschwinden, wahrend 
die andere Seite ungestort bleibt. Wenn ein feines Fasercben oder ein feiner 
Einschnitt dagegen Diffraktionsstrahlen bildet, so erstrecken sich diese niemals 
bloB nach einer Richtung, sondern stets auch nach der entgegengesetzten, weil 
jede Unterbrechung einer Lichtwelle stets nach entgegengesetzten, meist nach 
alien Seiten bin ihren EintluB ausiibt. Die Haarstrahlentiguren zeigen nun 
wirklich diesen Charakter; sobald man die Pupille anfangt zu bedecken, werden 
mehr oder weniger alle Teile der Figur gestort und veriindert. 
POOQENDORFFS Aun I.XXXIV. 518. 
168 ] Die Dioptrik des Auges. [114. us. 
AuBer der Difiraktion, welche UnregelmaBigkeiten des Eandes der Pupille 
bewirken , kommt aber aucb noch in Betracht, daB die ganze Pupille als enge 
kreistormige ( Iffmmg Diffraktion hervorrufen kann. Jedesmal, wo Strahlen eines 
leuchtenden Pimktes durch eine oder mehrere brechende Flachen von begrenzter 
Apertur, die tibrigens vollkommen acbromatiscb und aplanatisch sein mogeii, 
gebrochen werden, entstebt im Yereinigungspunkte der Lichtstrablen kein punkt- 
formiges Bild, sondem wegen der Diffraktion am Eande der Apertur eine kleine 
licbte Figur, die abwecbselnd belle und dunkle Stellen zeigt, deren Form und 
Lage im allgemeinen von der GroBe und Gestalt der Offnung abbiingig sind. 
1st die letztere kreisformig, wie bei den optiscben Instrumenten und im Auge 
gewobnlich der Fall ist, so bestebt die Diffraktion sfigur aus einer bellen Kreis- 
scbeilie, umgeben von mebreren duuklen und bellen Eingen von scbnell ab- 
nehmender Helligkeit. Ist d der Durcbmesser der Apertur des brecbenden 
Systems, r der Abstand des Bildes von derselben, / die Wellenlange des Licbts, 
so ist der Durcbmesser (V der mittleren Kreisscbeibe nach der durcb die Ver- 
suche bestatigten Tbeorie dieser Erscbeinungen 
d = 2,440 -■' . 
a 
Setzen wir tiir mittleres Licbt I = 7.>ooo '"'^^ ^^^ *■ ^^^ ^^^ -^uge gleicb 20 mm, 
so wird, wenn S und rf in Millimetern ausgedriickt werden, 
S = 0,0244 . -- ■ 
fl 
Bei der kleinsten Pupillenweite, die wir gleicb 2 mm setzen wollen, wiirde 
<)'= 0,0122 mm werden. Diese GroBe des Zerstreuungskreises eutspricbt einem 
Gesicbtswinkel von 2 Min. 6 Sek., und ist gleicb der GroBe des Zerstreuungs- 
kreises, den in einem fiir unendliche Entfernung adaptierten Auge ein 25 m 
entfernter Licbtpuukt entwirft. Da der Gesicbtswinkel der kleinsten wahrnebm- 
baren Distanzen etwa 1 Min. betragt, so muB bei engster Pupille die Diffraktion 
eben anfangen, die Genauigkeit des Sebens zu beeintriicbtigen. 
Zu den monocbromatiscben Abweicbungen geboren aucb nocb die Licht- 
streifen, welcbe nacb oben und unten von einem licbten Korper ausgeben, wenn 
man die Augenlider balb scblieBt. Sie riihren von der Brecbung des Lichts 
ill dem konkaven Fliissigkeitsrande ber, der sicb an den Lidern erbebt. Dieser 
Eand wirkt wie ein kleines Prisma oder eine Eeibe kleiner Prismen von veriinder- 
licbem Winkel, und lenkt das ibn treffende Licbt stark von seinem Wege ab. 
Die Messungen, welche von verschiedenen Physikeru iilier die Ungleichheit der 
Brennweite horizontal und vertikal divergierender Strahlen ausgefiihrt werden sind, 
haben ergeben, da6 verschiedene Individnen sich in dieser Beziehung sehr versehieden 
verhalten. Bei eiuigen fehlen diese Abweicbungen ganz uud gar. wie z. B. bei Brltke ^. 
und wo sie vorkommen, zeigen sie sich in entgegengesetztem Sinne. 
Th. Yousg gibt an. daB sein Auge zu einem Focus sammele vertikal divergierende 
Strahlen eines 10 engl. Zoll (304 mm) entfernten leuchtenden Punktes. und horizontal 
divergierende eines 7 Zoll (213 mm) entfernten. Dm die GroBe dieses Unterschieds 
unabhiingig von den Sehweiten seines Anges auszudriicken. berechnet er die Brenn- 
weite eines Glases. welches imstande ware, als Brille gebraucht, die eine Entfernung 
auf die andere zu rednzieren. und findet 23 engl. Zoll (700 mm). Um den Febler 
' Foi-tschritte der Physik im Jahre 1845. Bd. I. S. 211. 
146.146.1 Geschichte der uionochromatisohen Abweichungen. 169 
seines Auges zu korrigieren , wurde er ein Brillenglas niit einer konvexen Zylinder- 
flUche von horizontaler Aclise oder ein solches mit einer konkaven Zylinderttiiche 
und vertikaler Aclise von der angegebenen GroBe der Breniiweite gebraucht haben. 
A. FicK fand. da6 er 4.6 ni entfernte Vertikallinien und 3 m entfernte Horizontal- 
linien gleiclizeitig deutlich gesehen liabe. Ich selbst sehe gleichzeitig deutlich 0.65 m 
entfernte Yertikalien und 0,54 m entfernte Horizontallinien. Der Sinn der Abweicbung 
ist in diesen beiden Fallen der entgegengesetzte wie bei Th. Young, die GroBe sine 
viel geringere. Durcb die Fokallange einer zylindrischen Linse ausgedriickt. entspricht 
die Abweichung in Fuks Auge einer Brennweite von 8.6 m und in meinem Auge 
3.19 m. Dergleichen Messungen siud leiclit auszufiihren. indeni man etwa ■'/'„ Zoll 
iiber einem horizontalen, hinreichend langen Brettchen eine feine Salinadel horizontal 
befestigt. und indem man sie vom Ende des Brettchens her betrachtet, eine vertikale Nadel 
vor ilir oder hinter ilir in solcber Entfernung einsticht. daB beide gleicb deutlich erscheinen. 
A. FiCK findet. daB ein unbefangen blickendes Auge sich meist ftir Vertikallinien 
akkommodiert. Um anniihernd die Entfernung der beiden Brennebenen berechnen 
zu konnen. wollen wir annehmen, daB Listlsgs schematisches Auge fiir Tertikal- 
linien akkommodiert sei. Machen wir die Abweichung der horizontal und vertikal 
divergierenden Strahlen darin ebenso groB wie bei den genannten drei Beobachtern. 
so wiirde liegen der Brennpunkt fiir liorizontale Strahlen nach den Angaben von 
Th. Young 0,422 mm vor dem anderen. 
A. FicK 0,035 mini 
TT TT n r^r^ . f hinter dem anderen. 
H. Helmholtz 0,094 mm 
Diese Abweichungen sind. wie man sielit. kleiner als die des roten und violetten 
Brennpunktes (0.6 mm). Sie beeintriichtigen die Scharfe des Seheus auch so lange 
nicht sehr wesentlich, als es darauf ankommt. Linieu voneinander zu unterscheiden, 
die irgend einer Hauptrichtung folgen. Nur wo gekreuzte Linien gleichzeitig scharf 
gesehen werden sollen. treten sie hindernd auf. 
Die mehrfachen Bilder eines Punktes oder einer Linie bei ungenauer Akkommo- 
datiori haben schon de la Hire^ und Jukin^ erwiihnt. aber ohne die richtige Er- 
kliirung zu finden. Spater beschrieb und bildete Th. Young ^ die Form der Zer- 
streuungsfiguren ab bei verschiedener Entfernung des leuchtenden Punktes und spricht 
die Vermutung aus. daB die Strahlen von leichten Ungleiohformigkeiten der vorderen 
Linsenflache herriihren mochten. Spater erwiihnt sie Hassenfratz *. welcher den- 
selben Grund voraussetzt und sie als Schnittlinien von zwei kaustischen Fl;i(!hen be- 
zeichnet. Pubkinje ^ beschreibt die Erscheinungen der mehrfachen Bilder. ferner die, 
welche beim Anschauen feiner paralleler Linien eintreten, und bildet <lie Sternfigur 
ab; er glaubt sie am besten von Hornhautfacetten ableiten zu konnen. Mehrfache 
Bilder einer hellen Linie hat auch PficLET^ gesehen und erkannt. daB sie durch eine 
besondere Struktur der brechenden Fliichen veranlaBt sein miiBten. Ebenso Niedt ' . 
GutRARD". Fliedner^ Letztei'er hat die hierher gehorigeu Erscheinungen ausfiihr- 
lich in ihrem Zusammenhange beschrieben. Trouessart '" glaubt eineii netzformigeu 
' Aceidens de la vue. p. 400. 
' SsuTHs Optics. Essay on distinct and indistinct vision, p. 1.56. 
^ Philos. Transactions. 1801. I. p. 13. PI VI. 
^ Ann. de Chitnie. 1809. T. LXXII. p. 5. 
' Beitrage zur Keuntnis des Sehens. S. 113 — 119. Neue Beitriige z. Kenutuis d. Sehens. 
S. 139—146. 173. 
" Ann. d. Chimie et d. Phys. LIV. 379. — Poooendorfps Ann. XXXH'. 557. 
' De dioptricis oeuli coloribus ejusque Polyopia. Dissert. Berolini 1842. 
« Institut. 1845. No. 581. p. 64. 
« PoooENDOBKFS Ann. LXXXV. 321. 460. LXXX\'I. 336. Cosmos. I, 333. 
'» C. R. de CAcad. d. sciences. XXXV. 134—136, 398. Archive de Qenive. XX. 305. 
Jmtitiit. 1852. p. 304. 
1 70 Uie Dioptrik des Auges. [i4«. 117. 
dunklen Scliirm hinter deu brechendeu FUichen des Auges annehmen zu mussen, dessen 
mehrfaclie Offnungen nach dem Prinzipe des Scheixee schen Yersuchs die mehrfaehen 
Bilder veranlaBten. Die Ansicht iiber ihre Entstehung von A. Fick ^ ist oben schon 
erwahnt. Erwahnt werden hierher gehorige Erscheuiuiigen nocli von AimSe^ und 
Ckanmore**. Eine ganz eigentiiniliche Ansicht iiber den Ursprung der melirtachen 
Bilder, die Polijopia monophthalmica der Augeniirzte. hat Stellwag vox Cariox* 
aiifgestellt. Er glaubte beobachtet zu haben. daB die verschiedenen Bilder nach ver- 
schiedenen Richtuugen polarisiertes Licht erhalten. Indessen ist dies nicht rich tig: 
Herr Stellwag ist bei seinen Yersuchen wahrscheinlich durch eine schlecht geschliftene 
Turmalinplatte mit schwach gewolbten Flachen oder Streifen im Innern getauscht 
worden. Eine schwach zylindrische Flache einer solchen Platte wiirde, vor das Auge 
gehalten, bald in horizontaler. bald in vertikaler Richtung die Stralilen zur Yer- 
einigung bringeu und dadurch einzelne der Doppelbilder beseitigen konnen. Um den 
EinfluB solcher Mangel der Platte aufzuheben. stelle man sie zwischen das Licht und 
einen Schirm mit enger Offnung, so daB polarisiertes Licht durch die Offnung tallt. 
wahrend der Beobachter diese Offnung aus hinreichender Entfernung betrachtet. um 
sie sternformig zu sehen. Man lasse nun die polarisierende Platte herumdrehen. so 
daB die Polarisationsrichtung des Lichts wechselt. Dann ist nicht der geringste EintluB 
der Polarisationsrichtung auf die Doppelbilder zu erkennen. tJbrigens lassen sich die 
von Stellwag angeblich gewonuenen Resultate auch nicht mit den bekannten Gesetzen 
der Doppelbrechung vereinigen. Widerlegt worden ist er durch Gut*. Die medi- 
zinische Literatur iiber das patliologische Yorkommen auffallenderer Diplopia mon- 
ophthalmir-a findet sich in dem Aufsatze von Stellwag zusammengestellt. 
Uber Diffraktionserscheinungen des Auges sind Beobachtungen gemacht von 
Baudrimont ''. Wallmark ^, Beer^. Die Lichtstreifen. welche bei halb vorgeschobeneu 
Augenlidern durch den konkaven Tranenrand an ihren Randern entstehen, hat Meyer * 
(in Leipzig) besprochen. 
Die Asymmetric des Auges in seinen verschiedenen Meridianebenen tinde ich zu- 
erst von Th. Youxg^'-' besprochen. welcher dabei anfiihrt. daB ein Herr Gary ihm 
als Tatsache angefiihrt habe. daB viele Personen ihre Brillenglaser schief gege'n das 
Auge halten miiBten. um gut durch sie zu sehen. Weitere darauf beziigliche Be- 
obachtungen finden sich von Airy 11. Fischer*-. Challis'^. Heixekex **. HAMILTOx'^ 
ScHNViiER*^. welcher letztere Zylinderlinsen dagegen verfertigen lieB. endhch A. Fick". 
Eine vollstiindigere Zusammenstellung der Beobachtu.ngen findet sich in Fechxers 
Zentralblatt (.Jahrgang 1853. p. 73—8.5. 96—99. 374—379. 558—561). 
' Henle u. Pfedffer, Zeitschrit't. N. Folge Y. S. 277. 
- Ann. d. Chitnie et d. Physique. LYI. 108. — Poggesdorffs Ann. XXXIII. S. 479. 
5 Philos. Magazine. (3) XXX^^. 485. 
* Wiener Sitzungsberichte. VIII. 82. Denksehiiften d. k. k. Akad. V. 2. p. 172. 
^ Uber Diplopia monoiihthalmica. Dissert. Ziirich 18.54. 
« C. R. d. VAcnd. d. sc. XXXIII. 496; Inst Hut. No. 031: Phil. Jdagax. (4) II. 575. 
' PoGQENDORFFS Ann. LXXXII. 129. 
* PoGGENDORFFS Ann. LXXXJV. 518. 
" PooiiENDORFFS Ann. LXXXIX. 429. 
'» Phil. Ti-ansaet ISOl. I. p. 39. 
" Edinb. Journal of Sc. XIV. p. 322. 
" Berl. Denkscbriften 1818 u. 1819. S. 46. 
•' Transact, of the Comb-ridge Phil. Soc. II.: Phil. Magax. (3) XXX. 366. 
» Phil. Magax. XXXII. 318. 
'° Frorieps Notizen. YII. 219. 
'" Verhandl. d. schweizer. naturf. Ges. 1848. S. 15: Frorieps Xotizen. X. 346: Amh. 
de Geneve. X. 302. 
" De errore quodam optico asymmetria bulbi effecto. Mai-burgi 1851; Henle u. Pfeupfer 
Zeitschrift. N. Folge. Bd. II. S. 83. 
tl 
147.] Literatur rier monoclimmatischen Abweichungeu. 171 
Die Frage naoh der spharischen Abweichung des Auges in dem Sinne. wie dieser 
Ausdruck fiir kiinstliche Instrumente gebraucht wird. verliert neben den beschriebenen 
viel groberen Abweichungen. die im Auge vorkommen. ibre Wichtigkeit. AuBer der 
im vorigen Paragraphen sohon erwahnten Beobachtung von Th. YouNfi mit seinem 
Optometer, wonacb dessen Faden. durch vier Offnungen gesehen. vierfach erschieu und 
sicb die vier scbeinbar vorhandenen Faden bei der Akkommodation fiir die Nabe nicht 
in einem Punkte kreuzten. hat auch Volkmann^ sich bemiiht. durch Versuche iiber 
die Frage zu entscheiden. ob das Auge sphilrische Aberration besitze. Er und einige 
andere Personen blickten durch einen Schirra mit vier Offnungen. die in einem Bogen 
standen. nach einer Nadel. die in verschiedene Entfernungen vom Auge gebraoht 
wurde. Wenn das Auge die mittleren Strahlen eher vereinigt als die Randstrahlen. 
werden sich bei dem Versuche. indem man die Nadel vom Auge entfernt und dem 
Punkte des deutlichen Sehens niihert. die Bilder der Nadel. welche den mittleren 
Offnungen angehoren. eher vereinigen als die der seitlichen Offnungen. Werden die 
Randstrahlen eher vereinigt als die Zentralstrahlen. so wird es umgekehrt sein. Volk- 
MANN fand bei verschiedenen Individuen in dieser Beziehung ein entgegengesetztes Ver- 
halten. Bei regelmaSig gebildeten brechenden Rotationsflachen wiirden die angegebenen 
Versuche von Young und Volkmann in der Tat iiber die Art und GroBe der sphiiri- 
schen Abweichung des Auges AufschluB geben. Indessen werden in den meisten 
Meridianebenen der meisten Augen die Punkte. wo die gebrochenen Strahlen den 
Zentralstrahl trefl'en, gar keine kontinuierliche Reihe bilden, so daB der Begritt' der 
spharischen Abweichung bier gar nicht paBt. 
1694. DE LA Hire, Accidents de la rue in den Mem. de T Acad, de Paris. 1694. p. 400. 
1738. JcMN, Essay on distinct and indistinct vision. \). 156 in R. Smiths Optics. 
1801. Th. Yodxb in Philos. Transactions for 1801. I. p. 43*. 
1809. Hassenfkatz, Ann. de Cliiinie. T. LXXII. p. o. 
1818. Fischer, Berliner Denkschriften ftiv 1818 u. 1819. S. 46. 
1819. PuKKiNJE, Beitriige zm- Kenntnis des Sehens. Prag. S. 113 — 119*. 
1824. P£cLET, Ann. d. Ckimie et d. Phys. LIV. 379; Poooendokpfs Ann. XXXIV. 557. 
AiM^E, Ann. d. Chim. et d. Phys. LVI. p. 108. 
1825. PuRKiNJE, Neue Beitrage zui- Kenntnis des Sehens. Berlin. S. 139 — 146. 173*. 
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1842. NiEDT, Ue dioptricis oculi coloribus ejusque Polyopia. Ilissert. Berolini.* 
1845. Gu^RAED, Institut. No. 581. p. 64. 
1846. VoLKMANN, Artikel: Sehen, in R. Wagners Ilandworterbueh fiir Physiologie. 
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ScHNTDER, Verhandl. d. schweizer. naturf. Gesellsch. 1S48. p. 15. 
1849. Wallmark, Ufvers. af Akad. forhandlingar. 1849. p. 41; Pogoendorkps Ann. 
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1850. Cranmore in Philos. Mayax. (3) XXXVI. p. 4.S5. 
Baudrimont, Comptes rend, de r Acad. d.sc. XXXIII. 496; Institut. No. 931; Philos. 
Magax. (4) II. 575. 
1851. Beer, Poooendorfps Ann. LXXXIV. S. 518. 
A. FicK, De errore optico ijuodam asymmetria bulbi oculi effecto. Marburg. Auszug 
in Henle u. Pfeuffer, Zeitschr. fiir rat. Med. Neue Folge. II. S. 83. 
1852. *Fliedner, Beobachtungen iiber Zerstreuungsbilder im Auge, sowie iiber die Theorie 
des Sehens. PooriENOORFFS Ann. L.XXXV. 321*. 460*. LXXXVI. 336*; MoiONO, 
Cosmos. I. 333. 
' R. Wagners Handworterbuch fiir Physiol. Artikel: Sehen. 
172 Die Dioptrik des Auges. [l48. 834. 836. 
1852. Trouessart, Comptes rend. d. tAcad. d. sc. XXXV. p. 134—136. 898; Archive de 
Geneve. XX. 305; Institut. 1852. p. 304. 
Stellwag von Cakion, Wiener Sitzungsber. Xlll. S2 ; Denkschr. d. k. k. Akad. V. 2. 
S. 172; Zeitschiift d. Arzte zu Wien. 1853. Heft 10 u. 11; Fechners Zentralblatt. 
1854. 281—292. 
1858. Meter (in Leipzig), Poggendorffs Ann. LXXXIX. 429. 
1854. A. FicK in Heni.e u. Pfeuffer, Zeitschr. N. Folge. V. 277. 
GcT, Uber Diplopia monophthalmica. Dissert. Ziirieh. 
Nachtrag. 
Die hierher gehorigen Formen der Abweichungen sind seit Yeroffentlichung 
des obigen Paragraplien im arztlichen Interesse ausfiihrlicher studiert worden, 
namentlich von Dondebs und Knapp. Whewell hat fiir sie den sehi- zweck- 
maBigen Xamen des Astigmatismus vorgeschlagen [cc privativum und 
(rriyua von fTTiCo). pungo, d.h. „ohne Brennpunkt"). Er unterscheidet reguliii-en 
und irreguliiren Astigmatismus; ersterer umfaBt die oben • unter Nr. 5. 
Seite 163 — 1(59, beschriebenen Erscheinungen, welche da von herriihren, da6 die 
Kriimmung der brechenden Fliichen des Auges, namentlich der Hornhaut in 
verschiedenen Meridianen verscbieden ist. Der irreguliire Astigmatismus 
dagegen, welcher sich in den Erscheinungen der Polyopia monocularis 
auBert, umfaBt diejenigen Erscheinungen, welche davon herriihren, daB auch die 
in jeder einzelneu Meridianebene des Auges einfallenden Strahlen nicht genau 
in einen Brenupunkt vereinigt werden. 
Der irreguliire Astigmatismus riihrt in der Kegel von der Kristallinse her, 
me schon oben S. 164 gezeigt wurde, abgesehen von solchen Fallen, wo kegel- 
fijrmige Erhebungen, Geschwiire und iihnliche Leiden der Hornhaut krankhafter 
Weise entstanden sind. Es zeigt sich dies auch darin, daB bei Augen ohne 
Linse die Polyopie ganz wegfallt und solche Augen die Erscheinungen des 
reguliiren Astigmatismus, namentiich die bald linienformige, bald ovale Form 
der Zerstreuungskreise, wie sie auf Seite 1 66 besclu-ieben sind, viel regelmaBiger 
und deutlicher zeigen als normale Augen. 
DoNDERS hat die Erscheinungen, welche jeder einzelne Sektor der Kristall- 
linse hervorbringt, dadurch noch genauer untersucht, daB er einen kleinen 
Schirm mit sehr kleiner Offnung vor dem Auge herumfiihrte und so bewegte, 
daB das Licht bald durch den einen, bald durch den anderen Sektor der Linse 
tiel. Es zeigte sich dabei erstens, daB jeder einzelne Sektor der Linse die 
auffallenden Strahlen nahehin in einen Punkt vereinigt, daB aber die Brenn- 
punkte der verschiedenen Sektoren nicht zusammenfallen. Zweitens ist aber 
auch die Vereinigung der Strahlen durch jeden einzelnen Sektor nicht ganz 
genau, sondern die der Augenachse naheren scheinen einen entfernteren Ver- 
einigungspunkt zu haben als die peripherisch einfallenden Strahlen. Daher 
driingen sich in dem Zerstreuungskreise jedes Sektors die Strahlen gegen die 
Peripherie hin zusammen, ehe der Ort der engsten Vereinigung erreicht ist, 
und nachher driingen sie sich an der zentralen Seite des Zerstreuungskreises 
zusammen. 
Der regulilre Astigmatismus zeigt sich in fast alien menschlichen Augen in 
geringem Grade. Seine GroBe kann nach demselben Prinzipe, wie die Breite 
der Akkommodation gemessen werden. Astigmatische Augen haben, w^ie oben 
angefiihrt wurde, verschiedene Sehweite fiir Linien von verschiedener Eichtung 
im Gesichtsfelde. Wenn die groBte dieser Sehweiten P ist und bei demselben 
835.836.] Astigraatismiip. 173 
unveranderten Akkommodationszustande die kleinste fiir eine andere Linien- 
richtung gleich p, so brauchen wir als MaB des Astigmatismus 
1 1 
As = ^• 
So lange A s kleiner ist als — , bringt es noch keine erhebliche Storung 
40 
des Sehens hervor; wenn es aber groBer ist, wird die Gesichtsscharfe merklicb 
beeintracbtigt, und es kanu solcheii Augen durcli Brillenglaser init zyliudriscben 
Flilcben geholfen werden, deren Brennweite mau der GroBe As gleicb groB 
wiihlt, und deren geradlinige Zylinderkanten man, wenn die zylindriscbe 
Ki-iimmung konvex ist, der Eicbtung der entferntesten deutlicb gesebenen Linien 
parallel macbt. Ist die zylindriscbe Kriimmung konkav, so stellt man die 
Zylindei'kanten im Gegenteil senkrecbt zu jener Ricbtung. Die zweite Fliicbe 
der Zylinderlinsen kann man spbariscb scbleifen, so daB die gleicbzeitig etwa 
vorbandene Mynpie oder Hypermetropie korrigiert wird. 
Ein System zylindriscber Linsen ist aucb das beste Mittel scbuell beraus- 
zufinden, ob und wie groBer Astigmatismus vorbanden sei, und welcbes die 
Ricbtungen des Meridians groBter und kleinster Sebweite sind. Astigmatiscbe 
Linsen mit veranderlicbem Grade von Astigmatismus kann man sicb nacb 
einem Vorscblage von Stokes zusammensetzen aus zwei gleicben Zylinder- 
linsen, die man aufeinander legt. Stellt man sie so, daB ibre Zylinderkanten 
sicb recbtwinkelig scbneiden, so sind sie nicbt astigmatiscb, sondern wirken 
zusammen wie eine spbariscbe Linse. Drebt man sie unter einem kleineren 
oder groBeren Winkel, so kann man ibnen beliebig wacbsende GroBe des 
Astigmatismus geben. 
Einen zweckmiiBigen Apparat zur scbnellen Messung des Astigmatismus 
bat E. Jayal durch Herrn Xachet in Paris konstruieren lassen. Zwei Sterne 
von je 24 Linien werden dureb Konvexlinsen mit parallelen Gesicbtslinien be- 
tracbtet. Man entfernt die Zeicbnungen so weit, bis nur nocb eine der Linien 
scbarf geseben wird. Dann werden Zylinderlinsen, die in zwei drebbaren kreuz- 
formigen Fassungen sitzen, entweder einzeln oder zu zweien kombiniert vor- 
gescboben, bis man eine Starke gefunden bat, bei der alle Linien des Sterns 
gleich deutlicb erscheinen. Das Zentrum der beideu drebbaren Kreuze ist 
selbst an einem beweglicben Arme befestigt, der um die optiscbe Aebse der 
Konvexlinse gedrebt werden kann, um der Kriimmung des zyliudriscben Glases 
die ricbtige Ricbtung geben zu konnen. 
Die von Dondees und Knapp ausgefiibrten Messungen der Hornbaut astig- 
matiscber Augen babeu ergeben, daB rait wenigen Ausnabmen die Hornbaut 
den regelmaBigen Astigmatismus bedingt, und daB er bei boberen Graden 
baufig ein wenig vormindert wird durch einen entgegengesetzten Astigmatismus 
der Kristallinse. 
Die Ricbtung der Linien, fiir welcbe die Sebweite am groBten ist, ist wie 
in den oben angegebenen Fallen von A. Fick und mir selbst in der Regel der 
vertikalen Ricbtung naher als der horizontalen; docb kommt aucb, wie bei 
Th. Young, in nicbt allzu seltenen Fallen das Umgekehrte vor. 
1852. A- MiJLLER, Uber das Beschauen der Landschaften mit uovmaler und abgeiinderter 
Augenstellung. (Angeblich von Astigmatismus lierriihrend.) Poqoenuokfks Ann. 
LXXXVI. 14-— 152. Cosmos. I. 336. 
174 Die Dioptrik des Auges. [836.837. 
1852. A. Beer, Uber den optischen Versuch des Herru Libri. Poooendokffs Ann. 
LXXXVII. 115—120. 
— J. HiPi'ESLEv, Phenomena of light. Aiken. 1852. p. 1069 — 1070; 1368. 
— R. W. H. Hardy, Phenomena of light. Ebenda. p. 1306. 
1853. Fechner, Uber einige Vevschiedeuheiten des Sehens in vertikalem uud horizontalem 
Sinne nach verschiedenen Beobachtungen. Fechnebs Zentralblatt. S. 73 — 85: 96—99; 
374—379; 558—561. 
— L. L. Vall6e, Theorie de I'oeil. C. R. XXXVI. 769—773; 865—867. 
— Fuedxer, Zur Theorie des Sehens. Poogendurffs Ann. LXXXVIII, 29 — 44. 
— H. Meyer, Uber die spharische Abweichung des menschliehen Auges. Ehenda. 
LXXXIX. 540-568. 
— Beer, Uber den Hof um Kerzenflammen. Ebenda. LXXXVIII. 595—597. 
— PowELr,, on a peculiaritg of vision. Rep. of Brit. Assoc. 1852, 2. p. 11. 
1854. J. P. Depkjny, (Hof vim Kerzenflammen.) Arch, des sciences phys. XXVI. 166 — 172. 
— J. Gut, Uber Doppeltsehen mit einem Auge. Henle und Pfeufer, Zeitschr. (2) 
ly. 395—400. 
1855. Uber den Gang der Lichtstrahlen im Auge. Verbandl. der naturforsch. Ges. in 
Basel. I. 269 — 282. Arch, des sciences phys. XXXII. 145 — 146. 
— H. Meyer, Uber den die Flamme eines Lichts umgebenden Hof usw. Poggendorffs 
Ann. XCVI, 235—262; 603—607; 607—609. 
1856. Derselbe, Uber die IStrahlen, die ein leuchtender Punkt im Auge erzeugt. Ebenda. 
XCVII. 233—260. XCVIII, 214—242. 
1857. VAN DER Willioen, Eiue Lichterscheinung im Auge. Poggendorffs Ann. CII. 
175—176. 
— J. Tyndall im Phil. Mag. (4) XL 332. (Ein FaU, wo luterferenzringe im Ge- 
sichtsfelde erschienen, iihnlich denen eines mit Lycopodium bepulverten Glases.) 
1858. G. M. Cavallieei, Sulla cagione del xeiere le stelle e i punti luminosi affetti da 
raggi. Cimento. VIH. 321—360. 
1860. F. ZoLLSEB, Beitriige zur Kenntnis der ehromatischen und monochromatischen 
Abweichung des menschliehen Auges. Poggendorffs Ann. CXI. 329 — 836. Ann. -^ 
de cldmie. (3) LX. 506 — 509. 
— Wharton Jones, Analysis of my sight, with a view to ascertain the focal power of 
my eyes for horixontal and for vertical rays, and to determine whetlter they possess 
a power of adjustment for different distances. Proc. of Roy. Soc. X. 380 — 385. 
Phil. Mag. (4) XX. 480—483. 
1861. Donders, Beitriige zur Kenntnis der Refraktions- und Akkommodationsanomalien. 
Arch, fur Ophthalm. VII, 1. S. 155—204. 
1862. J. H. Knapp, Uber die Asymmetrie des Auges in seinen verschiedenen Meridianen. 
Arch, fur Ophthalm. VIII, 2. S. 185 — 241. 
— GiBAUD Te0lon, Causes et mecanisme de certains phenomenes de polyopie monoenlairc. 
C. R. LIV. 904—906; 1130—1131. Inst. 1862. p. 138—139; 173. 
— F. C. Bonders, Astigmatismus und zylindrische Gliiser. Berlin. 
1863. B. A. Pope, Beitriige zur Optik des Auges. Archiv fiir Ophthalm. IX, 1. S. 41—63. 
— C. KuGEL, Uber die Wirkung schief vor das Auge gestellter sphariseher Brillen- 
gliiser beim regelmaBigen Astigmatismus. Ebenda. X, 1. S. 89 — 96. 
— MiDDELBURG, De Zidplaats van het Astigmatisme. Utrecht. 
— Pn. H. Knauthe, Uber Astigmatismus. Dissert. Leipzig. 
1864. F. C. DoNDEHs, Der Sitz des Astignuitismus (nach Middei.buegs Resultaten). Archiv 
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1865. L. Ki'GEL, Uber die Sehscharfe bei Astigmatikern. Archiv fur Ophthalm. XI, 1. 
S. 106—113. 
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p. 199—208. 
1866. E. J AVAL, Sur le choix des rerres cylindriques. Ann. d'ocidist. LV. p. 5 — 29. 
— Derselbe, Histoire et bibliographic de t astigmatisme. Ebenda. IjV. p. 105 — 127. 
1 
148. 149. 
§ 15. Die entoptischen Erscheinungen. 
175 
§ 15. Die entoptischen Erscheinungen. 
Das in das Auge einfallende Liclit maclit unter gewissen Bedingungen eine 
Eeihe von Gegenstiinden sichtbar, welche sich im Auge selbst betinden. Solclie 
Wahrnehmungen nennt man entoptiscbe. Unter gewobnlicben Umstiinden 
werfen kleine dunkle Korper, die im (jlaskorper oder der Linse und wilssrigen 
Feucbtigkeit scbweben. keinen siclitbaren Scbatten, und werden desbalb nicbt 
bemerkt. Der Grund davon ist, daB durcb jeden Teil der Pupille meist gleicb- 
maBig Licbt eindringt, und somit fiir die Beleucbtung der binteren Augen- 
kammer die ganze Pupille gleicbsam die leucbtende Flacbe bildet. Es ist aber 
bekannt, daB, wenn Licbt von einer sebr breiten Flacbe ausgebt, nur breite 
Gegenstande, oder solcbe Gegenstiinde, welcbe der den Scbatten auffangenden 
Flacbe sebr nabe sind, einen sicbtbaren Scbatten werfen. 
Nun gibt es im Auge allerdings Gegenstiinde, uamlicb die GefaBe der 
Netzliaut, welcbe sebr nabe vor der licbtempfindendeu Flacbe des Auges sicb 
befinden, und daber immer einen Scbatten auf die dabinter liegenden Teile der 
Netzbaut werfen. Aber eben weil diese Teile der Netzbaut binter den GefaBen 
immer bescbattet sind, und der bescbattete Zustand fiir sie der normale ist, 
nebmen sie ibn nur unter besonderen Dmstanden wabr, welcbe wir weiter unten 
naber besprecben woUen. 
Zunacbst wende icb niicb zu deu in den durchsichtigen Mitteln des Auges 
entbaltenen kleinen scbattengebenden Korperu. Um sie wabrzunebmen, muB 
man Licbt von einer sebr kleinen leucbtenden Stelle, welcbe sicb sebr nabe 
vor dem Auge befindet, in das Auge fallen lassen. Zu dem Zwecke kaun man 
entweder das im Focus einer kleinen Sanimellinse entworfene Bild einer fernen 
Licbttlaninie nabe vor das Auge briugen, ^ 
f)der ein kleines gut poliertes metalliscbes 
Knopfcben, welcbes von der Sonne oder 
einer Lampe bescbienen wird, oder einen 
Scbirm von dunklem Papier, welcher Licbt 
durcb eine sebr kleine (jffnung einfallen 
lilBt. Am zweckmaBigsten ist es, eineSammel- 
linse von groBer Apertur und kleiner Brenn- 
weite a Fig. 77 aufzustellen; vor ibr in 
einiger Entfernung eine Licbtflanime h, von 
der die Linse in ibreni Brennpunkte ein verkleinertes Bild entwirft. Dann stellt 
man bier einen undurcbsicbtigen dunklen Scbirm c mit kleiner Ofifnung so auf, 
daB das Bild der Flamme auf diese 
Oifnung fallt. Durcb die Offnung 
dringt dann ein breiter Kegel diver- , 
gierender Strablen. Ein Auge o, "' r- 
welcbes der Oftnung sebr genahert 
wird, erblickt durcb sie bindurch 
die breite, gleicbmiiBig erleucbtete pj^ ^g 
Flilcbe der Linse, auf welcber sicb 
nun mit groBer Deutlicbkeit die entoptiscb wabrzuuebmenden Gegenstande dar- 
stellen. Wenn wie in Fig. 78 der leucbtende Punkt a zwischen dem Auge 
uiid seinem vorderen Brennpunkte /' liegt, eutwerfen die Augenmedien ein ent- 
4> 
Fig. 
176 
Die Dioptrik des Auges. 
[U9. 160. 
Fig. 79. 
Fig. 80. 
fernteres, vor dem Auge liegendes Bild u von a. und die Strahlen durchdringen 
den Glaskorper in Richtungen, welche von a aus divergieren. Unter diesen 
Umstandeu wird von eineni im Glaskorper betindlichen dimklen Korper h ein 
Schatten /9 auf der Netzhaut entworfen, welcher groBer ist als h. 
Wenn wie in Fig. 79 der leuchtende Punkt a im vorderen Brennpunkte 
des Auges liegt, werden die von a ausgegangenen Strahlen im Glaskorper 
parallel sein, und von einem im Glaskorper befind- 
lichen dunklen Koqjerchen h wird ein Schatten /j 
von gleicher Gr56e entworfen. Liegt endlich der 
leuchtende Punkt vom Auge weiter entfernt als der 
vordere Brennpunkt des Auges /', wie in Fig. 80, 
so t'allt das Bild von a hinter das Auge nach u, 
und die Strahlen konvergieren im Glaskorper 
nach u hin. Der Schatten ,j von h ist dann 
kleiner als h. 
Dementsprechend bemerkt man, daB die entoptisch sichtbar gewordenen 
Gegenstande sich scheinbar vergroBern, wenn man das Auge dem leuchtenden 
Punkte nahert; sich ver- 
kleinern, wenn man es 
von ihm entfernt. 
rr.:".v.i-.-.-;rj-:==„._a. Die bei diesen 
Versuchen beleuchtete 
Stelle der Netzhaut ist 
der Zerstreuungskreis 
des leuchtenden Puuk- 
tes. Auf diesem werden 
die Schatten der entoptisch wahrgenommenen Gegenstande entworfen. Diese 
Schatten sind zwar scharf genug, daB man die Gestalt der Objekte ziemlich gut 
erkennen kann, wenn die Licht([uelle klein genug ist, aber sie bildeu doch 
niemals ganz vollkommen scharfe Bilder, weil das Licht in Wirklichkeit doch nicht 
von einem einzigen Punkte, sondern stets von einer, wenn auch kleinen, leuchtenden 
Fliiche kommt. Das von den Augenmedieu entworfene Bild dieser Flilche ist fiir 
die auf der Netzhaut zu entwerfenden Schatten die Lichtquelle, welche natiirlich 
stets einige Ausdehnung liabeu wird. Wahrend punktfijrmige Lichtquellen 
scharf gezeichnete Schatten entwerfen wiirden. entwerfen ausgedehntere Licht- 
quellen Schatten, deren Dmi'isse alluuihlich durch Halbschatten in die helle 
Flache iibergehen, und die deshalb minder scharf gezeichuet sind. Im all- 
gemeinen werden deshalb die eutoptischen Wahrnehmungen desto scharfer ge- 
zeichnet, je feiner die Ofifnung ist, durch welche das Licht dringt, und auBerdem 
je naher der schatteugebende Korper der Netzhaut sich betindet. Aber natiirlich 
muB man bei engeren Oifuungen audi intensiveres Licht zur Beleuchtung be- 
nutzen. AuBerdem kommt bei sehr engeii (Jffuungen noch eine audere Er- 
scheinung zuni Vorschein, welche die Deutlichkeit der Zeichnung beeintrlichtigt. 
Es bilden sich namhch durch die Diffraktion am Rande des schattengebenden 
Korpers Diffraktionsfranseu. helle und dunkle Linien, welche dem Umrisse des 
Schattens folgen. Dergleicheu L)iftraktionsfranseu entstehen tiberall, wo punkt- 
formige, hinreichend intensive Lichtquellen Schatten werfen. Bei den ge- 
wohnlichen Lichtquellen von groBerer Breite verschwinden diese Fransen im 
Halbschatten. 
150.151.1 Entoptische Objekte. 177 
Wenn das Auge oder der leuchtende Punkt seine Stellung veriindert, so 
verschieben sich die Schatten der Korper, welche verscliieden weit von der 
Xetzhaut abstehen, in verscbiedener Weise, uud uehmen dadui-cb eine verscbiedene 
gegeuseitige Lage an. Man kann, wie Listing gezeigt hat, diesen Umstand be- 
uutzen, um den Ort im Auge ungetahr zu bestimmen, wo sicb die scbatten- 
gebenden Korperchen befindeu. Das entoptische Gesicbtsfeld ist begrenzt durcb 
den kreisformigen Schatten der Iris. Wenn wir nacbeinander verscbiedene 
Punkte des kreisformigen Feldes tixieren. verschieben sicb die Schatten aller 
Korper, welche nicbt in der Ebene der Pupille liegen, gegen die lo-eisformige 
Begrenzung des Gesicbtsfeldes. Diese Bewegung der Schatten in dem entoptiscben 
Gesichtsfelde nennt Listing die reLitive entoptische Parallaxe; er 
iiennt sie positiv, wenn die Bewegung des betreil'enden Schatteus die gleiche 
Bichtung hat mit der Ricbtung des Visierpunktes, negativ, wenn sie entgegen- 
gesetzte Bichtung hat! Die relative entoptische Parallaxe ist Null i'iir Objekte, 
welche in der Ebene der Pupille liegen, positiv fiir Objekte hinter der Pupille, 
negativ I'lir Objekte vor der Pupille. Fiir Objekte, welche der Netzhaut sebr 
nahe liegen, ist die Verschiebung der Schatten fast ebenso groB wie die des 
Visierpunktes, so daB diese den Visierpunkt bei seinen Bewegungen iiberall bin 
begleiten, wenn sie nicht durch wirkliche Bewegungen iu der Fliissigkeit des 
Glaskorpers aus der Gesicbtslinie entfernt werden. 
Der Schatten auf der Netzhaut ist ebenso gerichtet wie der schattenwei'fende 
Korper; da aber, was auf der Netzhaut oben ist, im Gesichtsfelde unten er- 
scheint, so erscheinen die entoptisch gesehenen Gegenstande im Gesichtsfelde 
stets verkehrt. 
Was man entoptisch wabrnebmen kann, ist folgendes: 
1. Begrenzt ist das helle Feld durch den Schatten der Iris; es ist deshalb 
nahe ki'eisrund, entsprechend der Form der Pupille. Hat der Pupillarrand der 
Iris Einschnitte, Falten oder Vorspriinge, wie dies in vielen Augen der Fall ist, 
so sind dergleichen auch in dem entoptiscben Bilde zu erkennen. Auch die 
Erweiterung und Verengerung der Pupille kann man entoptisch beobacbten, am 
leichtesten, wenn man das andere Auge abwechselnd mit der Hand verdeckt 
und wieder frei liiBt. Sobald Licht in dieses Auge fiillt, verengern sich die 
Pupillen beider Augen, und man erkennt diese Verengerung leicht im ent- 
optiscben Bilde. 
2. Von den Fliissigkeiten herrubrend, welche die Hornhaut iiberzieben 
(Tranenfeuchtigkeit, Sekret der Augenliderdriisen), ninimt man oft im entoptiscben 
Gesichtsfelde Streifen wahi-, wolkig-helle oder lichtere Stellen, tropfenilbnliche 
Kreise mit heller Mitte, welche durch Blinzen mit den Augenlidern schnell ver- 
wischt und verandert werden. Dergleichen sind dargestellt in Fig. 81. Sie 
sind meist in schnellem ZertlieBen begriflen und haben eine selbstandige Be- 
wegung von oben nach unten. Die Streifen sind am starksten ausgepragt dicht 
am Rande der Augenlider, wenn man die Lider vor die Pupille treten laBt, 
und sind der Ausdruck der kapillaren konkaven Flussigkeitsschicbt, welche sich 
von der Hornhaut auf den Rand der Augenlider heruberzieht. Die Tropfen 
entstehen wohl durch kapillare Anhiiufungen der feuchten Schicht um Schleim- 
kllimpchen, Staubteile u. dgl. Die helle Stelle in der Mitte der Tropfen bildet 
oft ein unvollkommenes optisches Bild von der Lichtquelle, ist z. B. dreieckig, 
wenn das Licht durch eine dreieckige Offnung in das Auge fiillt. Dies Bild 
V. Helmholtz, Physiologische Optik. 3. Autl. I. 1^ 
178 
Die Dioptrik des Auges. 
[l5l. 
155. 
■,^ 
^^. 
/^^6^&f 
^^MjMSSylfc 
^^m't^p*^ ^^'^'^ 
^li^^B 
PI 
^J 
Ihii 
^^" 
Fig. yi. 
der Lichtquelle steht scheinbar aufrecht im entoptischen Gesichtsfelde, wahrend 
es auf der Netzhaut verkelirt sein muB. Die Ansammlungen von Flussigkeit 
auf der Hornhaut bilden hierbei kleine Konvexlinseu, welche hinter sich ein 
umgekehrtes Bild der vor ibnen liegenden Gegenstande entwerfen. Der Be- 
wegung dieser Gebilde im 
Gesichtsfelde von oben nach 
unten entspricht eine wirk- 
licbe Bewegung nach oben, 
welche wohl dadurchbedingt 
wird, da6 das obere Augenlid, 
wahrend es gehoben wird, 
die zahen Schleimteile 
nachzieht. 
3. Die kraus gewordene 
VorderHiiche der Hornhaut, 
nachdem man eine Zeitlang 
das geschlossene Auge mit den Fingern gedriickt oder gerieben hat. Man 
sieht ziemlich gleicbformig verteilt groBere, unbestimmt begrenzte, wellige 
oder netzartig geordnete Linien und getigerte Flecken, die sich eine Viertel- 
stunde bis zu einigen Stmiden halten. Es sind dergleichen dargestellt in 
Fig. 82. Zuweilen bleiben auch in dem Netze dieser Linien einzelne unveranderte 
glatte Stellen stehen, welche darauf schlieBen lassen, da6 hier die Hornhaut 
eine andere Art der Konsistenz babe. 
AuBerdem finden sich, von der Hornhaut herriihrend, zuweilen konstante 
dunkle Flecken und Linien vor, welche sich nicht andern und wohl meist Reste 
von Entziindungen und 
Verletzungen sind. 
4. Von der Linse, 
namentlich der vorderen 
Kapselwand, und dem 
vorderen Telle des 
Kristallkorpers riihren 
mannigfache Erschei- 
uungen her. Listing 
beschreibt folgende vier 
Form en: 
a) Perlflecken, 
runde oder rundlicbe 
Scheibchen, innen hell, nut scharfem, dunklem Rande. Sie sehen bald Luft- 
blaschen, bald Oltropfen, bald Kristallchen ahnlich, welche man durch das 
Mikroskop sieht (s. Fig. 83); Listing halt sie fur Schleimniassen in der Moegagni- 
schen Feuchtigkeit. 
b) Dunkle Flecken; unterscheiden sich von den vorigen durch den 
Mangel eines hellen Kerns und auch durch groBeie Mannigfaltigkeit der Ge- 
stalt. Sie scheinen partielle Verdunkelungen der Kapsel oder Linse zu sein 
(s. Fig. 84). 
c) Helle Streifen, meist einen unregelmaBigen Stern mit wenig Aus- 
lilufern in der Mitte des Gesichtsfeldes darstellend (Fig. 85). Listing halt sie 
fiir das Bild eines nabelformigen Gebildes mit naht- oder wulstahnlichen 
Fiff. 83. 
Fig. 84. 
153. 153.] 
Entoptische Objekte. 
179 
Fig. 85. 
Fig. 86. 
Zweitien in der vorderen Kapselmembran, herrlihrend von der im Fotalzustande 
eriblgenden Trennung dieses Kapselteils von der Innenseite der Hornhaut. 
d) Dunkle radiale Linien (Fig. 86), welche wohl Andeutungen des strahligen 
Baues der Linse sind. 
Einzelne von den genannten Formen scbeinen fast in jedem Auge siohtbar 
zu sein, wenige Augen sind ganz frei davon. 
5. Bewegliche Gebilde im Glaskorper, die sogenannten lliegenden 
Miicken [Mouches volantes), welche teils als Perlschntire, teils als vereinzelte 
oder zusammengrup- 
pierte Kreise mit hellem 
Zentrum, teils als un- 
regelmilBige Gruppen 
sehr feiner Kiigelchen, 
teils als blasse Streifen, 
ahulich denFalten einer 
sehr durchsichtigen 
Membran. erscbeinen. 
Da viele von ibnen sebr 
nahe vor der Netzhaut 
sich befinden, sieht man 
sie oft ohne weitere 
Hilfsmittel, indem man nach einer breiten, gleichmiiBig erleuchteten Flache, z. B. 
dem hellen Himmel, blickt. DaB sie sich nicht bloB scheinbar, sondem wirklich 
bewegen, bemerkt man leicht, wenn man bei aufrechter Haltung des Kopfes, 
z. B. durch eine Fensterscbeibe, nach dem Himmel blickt, und einen mit einem 
Merkzeichen versehenen Punkt des Glases fixiert. Dann sieht man die ent- 
optischen Erscheinungen meistens langsam im Gesichtsfelde herabsinken. Senkt 
man den Blick und bebt ihn wieder, so folgen die Miicken dieser Bewegung 
des Visierpunktes, scbieBen aber gewohnlich etwas iiber das Ziel hinaus und 
sinken dann wieder. Nach einer Bewegung des Auges dagegen, welche von 
oben nach unten gericbtet ist, tritt ein solcbes Scbwanken iiber das Ziel hinaus 
nicht ein, auch nicht bei seitlichen Bewegungen. Beobachtet man dagegen bei 
senkrecht nach unten oder oben gerichteter Gesichtslinie, so liegen die Miicken 
ziemlich ruhig. Sehr leicht lilBt man sich aber bei diesen Beobachtungen 
verleiten, den Blick nach einer solchen dem Gesichtspunkt naheliegenden Miicke 
richten zu woUen, um sie durch direkte Fixation deutlicher zu sehen. Dann 
diegt die entoptische Erscheinung vor dem Visierpunkte einher, ohne natiirlicb 
je vou ihm erreicht werden zu konnen. Gerade auf diese Eigentiimlichkeit der 
Erscheinung bezieht sich wohl der Name der Mouches volantes. Man ver- 
wechsle diese scheinbare Bewegung nicht mit einer wirklichen, und achte bei den 
Beobachtungen der letzteren darauf, einen auBeren Gesichtspunkt ganz fest zu 
fixieren. 
Um solche bewegliche Objekte mit Rube betrachten zu konnen, wahlt man 
am besten eine Lage des Kopfes, wo das Auge vertikal nach unten oder nach 
oben sieht, well dann die Bewegungen der schwimmenden Korperchen aufhoren. 
Ubrigens kann man Miicken, welche seitlich im Gesichtsfelde liegen, zwingen, 
nach der Stelle des deutlicbsten Sehens heranzuschwimmen, wenn man das 
Auge erst recht scbnell in der Eichtung bewegt, nach welcher sie voni Visier- 
punkt aus liegen. und dann langsam zuriickbewegt. 
12* 
180 Die Dioptrik des Auges. [153. 164. 
DoNDEEs und DoNCAN^ uuterscheiden folgende Formen dieser Objekte: 
a) GroBere isolierte Kreise, bald mit dunkleren, bald mit blasseren 
Umrissen, in der Mitte heller, meist noch mit einem schmalen Lichtkreis um- 
geben. Sie haben zwischen V-is ^^'^ V120 ^^ Durchmesser, uiid sind V/3 bis 
3 oder 4 mm von der Netzhaut entfernt, kommen aber auch in der Nabe der 
Linse vor. 1st das Auge lange ruhig gewesen, so zeigen sich nur wenige; sie 
kommen namentlich, und zwar scheinbar von unten her, zum Vorschein durch 
eine schnelle Bewegung des Auges von unten nacb oben, der plotzlicher Still- 
stand folgt. und senken sich dann wieder langsam nach unten. Ihre Bewegung 
kann fiir die dunkelsten in einer Ausdehnung von P/., mni direkt beobachtet 
werden, und ist wahrscheinlich viel ausgedebnter. Ihre seitlichen Bewegungeu 
bei seitlichen Beweguugen des Auges tindet Doncan bescbrilnkt. In meinen 
eigenen Augen kann ich einen solchen Unterschied nicht wabrnebmen. Wenn 
ieh den Kopf auf die Seite lege, so finde ich, da6 die Miicken jetzt ebenso 
schnell und weit scheinbar nach dem Erdboden zu sinken, in Wirklichkeit nach 
dem aufwiirts gewendeten Augenwinkel emporsteigen, wie bei aufrechter Haltung 
des Kopfes. Bei der letzteren Haltung erscheinen die seitlichen Bewegungen 
der Miicken allerdings beschrankter als die absteigendeu, weil sie seitlich eben 
nur die Bewegungen des Visierpunktes mitmachen. Eine Bewegung derselben 
parallel der Gesichtslinie gelang nicht zu konstatieren. Viele, obgleich scheinbar 
voneinander getrennt, scheinen sich immer in gleicbem Abstande zu begleiten. 
oder bleiben in derselben Beziehung zu anderen Formen, so daB man berechtigt 
ist, auf einen unsichtbaren Zusammenhang zu schlieBen. Ihnen entsprechend 
land DoNCAN bei mikroskopischer Untersuchung des freigelegten und unverletzten 
Glaskorpers von seiner Oberflache aus dai'in blasse Zellen, welche in der Ver- 
wandlung in Schleimstoff begriffen zu sein schienen, 
wie in Fig. 87 abgebildet sind. 
b) Perlschntire kommen in den meisten Augen 
Pi g^ vor; DoNCAN konnte jedocb keine seben. Ihre Breite 
betriigt ^33 bis '/loo ^^, ibre Liiuge 1 bis 4 mm. 
%v Die schmalsten liegen gewohnlich dichter bei. die 
\ breiteren und dunkleren entfernter von der Netzhaut, 
in ^4 '^'^ ^ ™™ Abstand. Ihre Bewegungsart ist 
meist dieselbe wie der vorher beschriebenen Kreise. 
(loch sind sie zuweilen auch befestigt. Eiuzelne sind 
isoliert, audere hiingen mit anderen Gebilden zu- 
sammen. Sie entsprechen Fasern, die mit Kornern 
besetzt sind (Fig. 88), welche durch das Mikroskop 
/" •^.. J iui Glaskorper gefunden werden. 
/ "■ c) Die zusammenhangenden G r u p p e n von 
_.— .v^.._.-»^ groBeren und kleineren, teils blassen, teils dunklen 
Kreisen, welche den mikroskopisch gefundenen 
Fig. 88. Kornerbnufen (Fig. 89) entsprechen, sind meist un- 
durchscbeinender als die iibrigen Formen, well 
mehrere Korner in der Richtung der Gesichtsacbse hintereinander liegen. Diese 
sind es, die am haufigsten beim gewohnlichen Sehen als Mouches volantes 
I 
i 
"\ 
' Andreas Doncan, Dissert, de corporis vitrei struct. Trajecti ad Rhenum 1854. — 
onderzoekingen gedaan in het physiologisch Laborat. der Utrechtsehe Hoogeschool. JaarVI. 171. 
Entoptiscbe Objekte. 18] 
wabrgenommen werden Nicht selten scheinen einige von ihnen in der Nahe 
der Gesichtslinie einen Gleichgewichtszustand einzunehmen; aber sie kommen 
doch aucb bei Bewegungen des Auges auf gleiche Weise und in gleicher 
Richtung, niit denselben Bewegungen wie die Peiischniire , in groBerer Menge 
zum Vorschein, um das 
Gesichtsfeld in der Folge 
wieder zu verlassen. 
d) Die Falten zeigen 
sich in Gestalt hellerer 
Bander, von zwei dunkleren, 
nicht scharf gezeichneten 
Linien begrenzt. Doncan 
unterscheidet davon noch ^^*?5'' 
wieder zwei Formen. Einige Fig. 89. Fig. 90. 
zeigen sich niimlichentweder 
iihnlich einer stark gefalteten Faser, oder wie verschiedene kleine Bander, einander 
sehr nahe, auf unsichtbare Weise miteinander verbunden, oder als ein unregelmaBig 
aufgerolltes, in den verschiedensten Eichtungen gefaltetes Hilutchen, das seine 
Form konstant behalt, wie das nach einer mikroskopischen Beobachtung in 
Fig. 90 dargestellte. Diese bewegen sich wie die Perlschniire und liegen nur 
2'/2 bis 4 mm von der Netzhaut entfernt. Davon unterscheiden sich sehr aus- 
gebreitete Hiiute, die teils dicht hinter der Linse liegen, teils nur 2 bis 4 mm 
von der Netzhaut entfernt, wiihrend zwischen 4 und 10 mm Entfernung von 
der Netzhaut keine getroffen werden. In den ersteren zeigen sich Falten von 
nicht weniger als ^/,3 mm Breite, in den letzteren haben sie selten mehr als 
*/,,p mm. Sie kommen zum Vorschein, wenn die Gesichtslinie seitwiirts bewegt 
wird. aber namentlich auch durch eine kriiftige, plotzlich abgebrochene Be- 
wegung von oben nach unten. Scheinbar steigen hierbei die dicht hinter der 
Linse gelegenen Falten nach oben, wiihrend umgekehrt die in der Nilhe der 
Netzhaut gelegenen nach unten sinken, so daB sie sich in der Gesichtslinie au- 
einander vorbei schieben. Meist sieht man nun die gefalteten Haute mehr und 
mehr undeutlich werden, ohne daB sie doch aus dem Gesichtsfelde sich ent- 
fernten, und doch kommen sie durch Wiederholung der Bewegung aufs neue 
deutlicher zum Vorschein. Doncan schlieBt daraus, daB diese Haute nur 
scheinbar eine so ausgebreitete Bewegung haben, und daB nicht die Hiiute 
sich fortbewegen, sondern nur Faltungen sich fortptlanzen. welche sich bei der 
plotzlich unterbrochenen Bewegung des Auges an der Peripherie formen und 
sich bis an das andere Ende der Hiiute ausstrecken, wobei sie ihre Schiiri'e ver- 
lieren und minder sichtbar werden. Die Ursache der verschiedenen Richtung, 
woriu die Bewegung dieser Hiiute und die Fortpflanzung der Falten stattiindet. 
ist darin zu suchen, daB die einen vor, die auderen hinter dem Drehpunkte des 
Auges liegen. Wenn man die Pupille durch Atropin erweitert, oder den leuch- 
tenden Punkt sehr nahe an das Auge bringt, so daB man ziemlich weit zur Seite 
der <_resichtslinie sehen kann, so benierkt man, daB namentlich bei kriiftigen, 
plotzlich unterbrochenen seitlichen Bewegungen des Auges noch mehr Haute dicht 
hinter der Linse zum Vorschein kommen, die selten bis an die Gesichtslinie 
reichen, und mit einem unregelmiiBigen. zuweilen zerfetzteu Rande hier endigen. 
Die Bewegungsart der frei beweglichen Objekte des Glaskorpers liiBt wohl 
kaum einen Zweifel, daB sie kleine Kiirper sind, welche in einem voUkdmnien 
182 Die Dioptrik des Auges. [ 156. 156. 
filissigen Medium schwimmen und spezifisch leichter sind als die Flussigkeit. 
Da man sie oft durch das ganze entoptische Gesichtsfeld schwimmen sieht, und 
sie in meinem Auge wenigstens das Gesichtsfeld ebensogut von oben nach unten 
wie von rechts nach links durchschwimmen, dieses aber bei divergierend ein- 
fallendem Lichte einen groBeren Teil der Netzhaut umfaBt, als die Pupille be- 
tragt, so muB das Bassin, in welchem sie sich bewegen, langs der Netzhaut 
gemessen, jedenfalls groBer sein als die Pupille. Dagegen scheinen die schwim- 
menden Korper sich nicht von der Netzhaut entfernen zu konnen, denn auch 
bei aufwarts gerichteter Gesichtslinie, wo die Objekte wegen ihi'er sjiezifischen 
Leichtigkeit streben niussen nach der Linsenseite des Glaskorpers hin zu 
schwimmen, sieht man dieselben Objekte sich langs der Netzhaut hin bewegen, 
aber nicht von ihr fort. Das Hindernis mogen wohl die Membranen sein, 
deren Falten man im entoptischen Gesichtsfelde sieht und welche der Netzhaut 
parallel zu sein scheinen. Einige solche Korperchen scheinen auch an der 
Glashaut befestigt zu sein, wie denn Dondees mitteilt, daB er in der Gesichts- 
linie seines linken Auges eines vorfinde, welches dort seinen Gleichgewichts- 
stand habe, und von dort wohl sich senken (scheinbar steigen), aber nicht wirk- 
lich steigen konne, so daB es von unten her durch eine fadenahnliche Verbinduug 
mit der Glashaut festgehalten zu werden scheint. 
Ubrigens lernt man nach einer Reihe entoptischer Beobachtungen die Ge- 
bilde des eigeuen Auges einzeln kennen, und bemerkt dann, daB immer dieselbe 
Reihe von Formen wiederkehrt, welche sich nach Donders' Beobachtungen viele 
Jahre unverandert erhalten. Aus der mikroskopischen Untersuchung des Glas- 
korpers scheint hervorzugehen, daB diese Gebilde Reste des embrvonalen Baues 
des Glaskorpers sind. Bei Embryonen besteht er aus Zelleu, welche nachher 
meistens in Schleim zerflieBen, wahrend ein Teil von ihren Membranen und 
Kernen, oder den Fasern, zu denen sie ausgewachsen sind, bestehen bleibt. 
Welches Ubrigens der Bau des Glaskorpers bei erwachsenen Menschen sei. ist 
noch durchaus nicht sicher zu bestimmen. 
Wir kommen jetzt zur Wahrnehmung der NetzhantgefaBe, fiir welche aber 
etwas andere Verfahrungsweisen notwendig sind, als fiir die Wahrnehmung der 
bisher beschriebenen entoptischen Objekte. Das Gemeinsame dieser Methoden 
besteht darin, daB die Lage oder Breite des Schattens, den die NetzhautgefiiBe 
auf die hintere Flache der Netzhaut werfen, eine ungewohnliche wird, und daB 
auBerdem eine stete Bewegung dieses Schattens unterhalten wird. Man kann 
die NetzhautgefaBe nach folgenden drei Hauptmethoden wahrnehmen: 
1. Man konzentriere starkes Licht, am besten Sonnenlicht, durch eine 
Sammellinse von kurzer Brennweite auf einen Punkt der auBeren Flache der 
Sclerotica moglichst entfernt von der Hornhaut, so daB ein kleines, aber sehr 
lichtstarkes Bildchen der Lichtquelle auf der Sclerotica entworfen wird.* Wenn 
dabei das Auge auf ein dunkles Gesichtsfeld blickt. wird dieses ihm jetzt rot- 
gelb erleuchtet scheinen und darin ein Netz baumformig verastelter dunkler 
GefaBe erscheinen, entsprechend den in Fig. 91 nach einem Injektionspraparat 
abgebildeten XetzhautgefaBen. Wenn der Brennpunkt auf der Sclerotica hin 
und her bewegt ward, bewegt sich auch der GefaBbaum hin und her, und zwar 
bewegen sich beide gleichzeitig nach oben, oder beide gleichzeitig nach unten. 
* Dieser Versuch wird am besten mit einer der nunmehr in der ophthalmologischen 
Praxis angewendeten Durchleuehtungslampen angestellt. G. 
156. 157.] 
Wahrnehmung der NetzhautgeiaBe. 
183 
Fig. 91. 
Oder beide nach rechts oder links. Bei solchen Bewegungen ist der GefaBbaum 
deutlicher zu sehen, als wenn man langere Zeit den Brennpunkt der Linse auf 
einer Stelle beharren lilBt; ja im letzteren Falle verschwindet er zuletzt ganz. 
Doch ist bei der jetzt beschriebenen Methode der Beobachtung anbaltende Be- 
weguug weniger notig als bei den anderen Methoden. Je kleiner iibrigens der 
belle Fleck auf der Sclerotica ist, desto scbarfer sind aucb die kleineren Zweige 
der GefaBverastelung ausgepragt, so da6 man bei ricbtiger Ausfiibrung des Ver- 
suchs das feinste KapillargefiiBnetz zur 
Anscbauung bringen kann. In der Mitte 
des Gesicbtsfeldes, dem Fixationspunkte 
eutsprecbend, findet sicb eine gefaBlose 
Stelle, gegen welcbe verscbiedene grijBere 
Aste binlaufen, deren KapillajgefaBe einen 
Ring mit langgezogenen Mascben um 
die genannteStelle bilden. Die Stelle 
selbst bat in H. Mullers, sowie in meinen 
beiden Augen ein eigentumlicbes Aus- 
seben, wodurcb sie sicb von dem iibrigen 
Grunde des Auges unterscbeidet. Der 
letztere ist gleichmaBig erleucbtet, mit 
Ausnahme der dunklen GefaBfigur, die 
Stelle des direkten Sehens bat einen 
starkeren Glanz und siebt dabei wie 
cbagriniertes Leder aus. Zu bemerken 
ist iibrigens nocb, daB, wenn man wabrend 
der Beobacbtung dieser Stelle einen auBeren Gegenstand fest iixiert und nun 
den Brennpunkt der Linse auf der Sclerotica nacb oben bewegt, der GefaB- 
baum, wie vorber erwiibnt ist, sicb ebenfalls nach oben bewegt, der cha- 
grinierte Glanz sicb dagegen ein wenig in entgegengesetzter Ricbtung nacb 
unten gegen den Fixationspunkt des Auges verschiebt. Meissner hat diese 
Stelle ebenfalls bei dieser Beobachtungsmethode heller gesehen, schreibt ihr 
aber einen dunklen balbmondformigen Schatten am Rande zu, abnlich wie er 
bei der zweiten Beobachtungsmethode sichtbar wird. Einen solchen sebe ich 
nicht, wenn das Licht dui-cb die Sclerotica einfilllt. 
Bei iliesem Versucbe dringt das Licbt durch die Sehnen- und Aderbaut in 
das Auge. Die erstere ist durchscheinend, die letztere im hinteren Teile des 
Auges nicht so stark pigmentiert, daB sie alles Licht alihaltcn konnte. Vorn 
auf den Ciliarfortsatzen ist die Pigmentschicht starker, daber aucb bei 
unserem Versucbe die Erleuchtung der Netzhaut ziemlich schwach ausfallt, 
wenn man den Brennpunkt auf den vorderen Teil der Sclerotica nabe der 
Hornhaut fallen laBt. Die erleuchtete Stelle der Augenbiiute bildet nun die 
Lichtquelle fiir das Innere des Auges; von ihr gehen nach alien Seiten hin 
gleichmaBig Strablen aus, da das Licht in der nur durchscheinenden Sehnen- 
baut mcht regelmilBig gebrochen, sondern nach alien moglichen Richtungen 
zerstreut wird. 
Wabrend gewohnlich das Licht nur von der Pupille her auf die Netzhaut 
fiiUt, kommt es jetzt von einem weit seitlich gelegenen Punkte und wirft des- 
halb die Schatten der in den vorderen Schichten der Netzhaut gelegenen Ge- 
filBe auf ganz andere Teile der hinteren Netzhautriache als sonst. 
184 
Die Dioptrik des Auges. 
[l57. 153. 
S A 
Da6 der GefaBbaum sich scheinbar in gleicbem Sinne wie der Brennpunkt 
der Linse bewegen muB, ist aus Fig. 92 deutlicb. Es sei v der Durcbschnitt 
eines XetzbautgefaBes , k der Knotenpunkt des Auges. Wenn der 15rennpunkt 
des einfallenden Licbts bei a auf der Sclerotica liegt, fallt der Scbatten des 
GefaBes nacb a, das Auge projiziert demgemaB eineu dunklen Streifen in der 
Eicbtung u A im Gesiclitsfelde. Liegt der Brennpunkt in b, so fiillt der Scbatten 
nacb ^, und es wii-d der dunkle Streifen in das Gesicbtsfeld nacb B verlegt. 
Wiibrend sicb also die Licbtquelle von a nacb b bewegt, 
wird der scbeinbare GefaBstamm ira Gesicbtsfelde von A 
nacb B in gleicber Ricbtung wandern. Die cbagrinierte 
Fliicbe urn den Visierpunkt herum zeigt die entgegengesetzte 
Beweguugsart; sie entstebt also jedentalls nicbt in derselben 
Weise, wie die GefaBscbatten entsteben. docb ist bisber der 
Bau des gelben Flecks nocb zu wenig bekannt, als daB wir 
den Grund dieser Erscbeinung anzugeben wiiBten. Im 
Gesicbtsfelde greift auf der dem Licbte abgekebrten Seite 
der GefaBbaum etwas iiber den Rand der cbagrinierten 
Stelle, oben und unten scbeint er den Rand nur zu beriibren, 
dem Licbte zugekebrt ist eiu Zwischeuraum zwiscben beiden, 
gleicbviel ob das Licbt vom inneren oder iiuBeren Augen- 
winkel einfallt. Es ist dies wobl dadurcb bedingt, daB die 
GefaBverzweigungen mebr nacb vorn liegeu als die Scbicbt, 
welcbe durcb Brecbung oder Zuriickwerfung des Licbts das 
cbagrinierte Ausseben erzeugt, und daber bei scbief ein- 
fallendem Licbte der Scbatten der GefaBfigur auf der Hinterfliicbe der Netz- 
baut nicbt senkrecbt unter den GeiaBen liegt. Diejenige Struktur, welcbe das 
cbagrinierte Anseben bervorruft, scbeint demnacb ziemlicb genau dieselbe Aus- 
debnung zu babeu, wie die gefaBlose Stelle der Netzbaut. 
Fig. 92. 
> 
2. Die zweite Metbode zur Beobacbtung der NetzbautgefaBe ist folgende: 
Man blicke auf einen dunklen Hintergrund bin und bewege dabei unterbalb 
oder seitlicb vom Auge ein brennendes Licbt bin und ber. Man siebt dann 
bald den dunklen Hintergrund von einem matten weiBlicben Scbeine iiberzogen, 
in welcbem sicb der dunkle GefaBbaum abzeicbnet. Die Figur bleibt nur so 
lange deutlicb, als man das Licbt bewegt. Wenn man das Licbt nur von recbts 
nacb links bewegt, erscbeinen hauptsacblicb die von oben nacb unten verlaufeuden 
GefaBe, wenn man es von oben nacb unten bewegt, die borizontal verlaufenden. 
Bei den Bewegungen des Licbts bewegt sicb gleicbzeitig der ganze GefaBbaum, 
aber nicbt in alien seinen Teilen gleicbmilBig. Meissner vergleicbt sebr passend 
die Art der Bewegung des GefaBbaums bierbei mit dem Anseben eines vom 
Wasser entworfenen Spiegelbildes, wenn Wellen daruber fortlaufen. Bei naberer 
Untersucbung der Erscbeinung zeigt sicb, daB, wenn abwecbselnd das Licbt 
gegen die Gesicbtslinie bin und von ibr weg bewegt wird, der GefaBbaum im 
Gesicbtsfelde sicb in gleicber Ricbtung wie das Licbt verscbiebt. Wenn aber 
das Licbt in Ricbtung eines Kreisbogens bewegt wird, dessen Mittelpunkt in 
der Gesicbtslinie liegt, verscbiebt sicb der GefaBbaum in entgegengesetzter 
Eicbtung. Wird also z. B. das Licbt unter dem Auge gebalten und vertikal 
nacb oben und unten bewegt, so bewegt sicb aucb der GefaBbaum im Gesicbts- 
felde mit dem Licbte zugleicb nacb oben und nacb unten; wird es borizontal 
IBS. 159 
,] Wahvnehmung dei- NetzhautgefiiBe. 185 
unter dem Auge von rechts nach links bewegt, so geht der GefaSbaum nach 
rechts, wenn das Licht nach links, und umgekehrt. 
Die inneren Xste des GefaBbaums erscheinen nicht in so groBer Feinheit 
der Zeichnung wie bei den beiden anderen Methoden. 
In der IVIitte, dem Visierpunkte entsprecbend, bescbreiben mebrere Beob- 
achter eine belle kreisformige oder elliptische Scheibe. Fig. 93 ist die Ab- 
bildung, welche Bukow davon gegeben bat. Sie ist an dem der Flanime zu- 
gewendeten Rande durch einen dunklen halbmondformigen Scbatten gesiiumt. 
in der IVIitte am hellsten. H. Mullee siebt diese Scheibe gar nicht, und ich 
selbst sebe immer nur den halbmondformigen Scbatten, welcber die dem Lichte 
zugekehrte Seite ibrer Peripherie bildet, wahrend 
die andere Seite keine entschiedene Begrenzung 
darbietet Auch diese zentrale Scheibe bewegt 
sich bei Bewegungen des Lichts. Man iiberzeugt 
sich davon, wenn man. wahrend man die Er- 
scheinung wahrnimmt, einen iiuBeren Punkt tixiert. 
Bei mir liegt der Fi.xationspunkt immer an dem 
dem Lichte zugewendeten Telle des Randes der 
hellen Scheibe, wenn ich den halbmondformigen 
Scbatten meines Auges zur Scheibe erganzt denke. 
Die voUstandige Theorie dieser Erscheinungen 
ist von H. MuLLEK gefunden worden, und ist 
folgende: Die Lichtquelle fiir die Beleuchtung 
des inneren Auges ist in diesem Falle das Netz- p. „„ 
bautbildchen der Licbttiamme, welches, da das 
Licht weit vom Zentrum des Gesichtsfeldes absteht, auf dem Seitenteile 
der Netzhaut entworfen wird. Da das Licht sich iibrigens dem Auge sehr 
nahe befindet. kann sein Netzbautbild ziemlich groB sein und geniigend viel 
Licht in den Glaskorper binein zuriickwerfen, um eine merklicbe Licbtperzeption 
in der ganzen Netzhaut anzuregen. Die Art der Beleuchtung ist also abnlich 
derjenigen der ersten Metbode, nur dadurch unterschieden, daB die Licht aus- 
sendende Stelle der Augenwand ibr Licht nicht von auBen durch die Sclerotica, 
sondern von vorn durch die Pupille empfangt. Da die Bilder auf den Seiten- 
teilen der Netzhaut nicht scharf sind, das Bildchen der Flamme in diesem 
Falle, um hinreicbend Liclit zu geben, audi ziemlich ausgedebnt sein miiB, so 
erklart es sich leiclit, daB man die Einzelheiten der feineren GefaBverzweigungen 
nicht so gut wahrnimmt wie bei der ersten Metbode. Die Art der Bewegung 
des GefaBbaums erklart sich vollstiindig aus H. Mullers Theorie. Es sei in 
Fig. 94 k der Knotenpunkt des Auges und v ein NetzbautgefuB. Wenn die 
Lichtquelle in a sich beiindet, fallt ihr Netzbautbild nach /), das von b aus- 
gehende Licbt wirft den Scbatten des GefiiBes v nach c, und wenn wir ck 
Ziehen und verlangern, ist diese Verliingerung kd die Eichtung, in welcber der 
Scbatten des GefaBes v im Gesichtsfelde erscbeint. Bewegen wir den Licht- 
punkt von a nach a, so ruckt b nach /?, e nacli ;', d nach d; es verscbiebt sich 
also </ in gleicliem Sinne wie a. Wenn hingegen a sich senkrecbt gegen die 
Ebene der Zeichnung bewegt, ist es umgekehrt. Wenn a vor der genannten 
Ebene steht, liegt h dahinter, c wieder davor, d dabinter. Wenn also a sich 
nach vorn (vor die Ebene der Zeichnung) bewegt, bewegt sich d nacli lunten, 
und umgekelirt, ganz wie es den Beobachtungen eutspricht. 
186 
Die Dioptrik des Auges. 
[l69. 160. 
Fia;. 94. 
Die Ersclieinung der liellen Sclieibe iu der Mitte des Gesichtsfeldes mit 
dem lialbmondiormigen Schatten erkliirt H. Mullke nicht ohne Wahrschein- 
lichkeit fiir den Schatten der Netzhautgrube. Wenn in Fig. 95 bei c die Netz- 
liautgrube sich belindet, und in ihrer Tiefe die Stelle des direkten Sehens, das 
Liclit bei a steht, sein Netzhautbild bei b, so wird der Schatten des nach b 
hingewendeten erhabenen Eandes der Netzhautgrube gerade auf den Visierpunkt 
fallen, und der ganze Schatten der Netzhautgrube auf der Netzhaut selbst vom 
Yisierpunkte aus dem Lichte zugewendet, im Gesichtsfelde dem Lichte ab- 
gewendet sein. wie dies die Beobachtung lehrt. Wenn 
man das Licht a mehr der Gesichtslinie nahert, und 
infolge davon b naher nach r riickt, bemerke ich in 
meinem Auge einen liellen Streifen an der AuBenseite 
des halbmondformigen Schattens, der wtihl von Licht 
herriihrt. welches von hinten, von der Netzhautseite 
her. auf die Oberflache der Netzhautgrube gefallen und 
dort retiektiert ist, wie es in Fig. 95 durch den punk- 
tierten Strahl a ft •/ angedeutet ist. Bei Personen. deren 
Netzhautgrube weniger steil ansteigende Seiten hat, 
kann dagegen ein solcher Schatten ganz fehlen. 
3. Die dritte Methode zur Beobachtung der Netz- 
hautgefaBe besteht darin, daB man durch eine enge 
( )fFnung nach einem breiten lichten Felde, z. B. dem 
hellen Himmel, blickt und die ( )ti'nung vor der Pupille 
schnell bin und her bewegt. Die NetzhautgefaBe er- 
scheinen sehr fein gezeichnet, dunkel auf dem hellen 
Grunde. und bewegen sich im Gesichtsfelde gleichsinnig 
mit der Dffnung. In der Mitte, entsprechend dem Yisier- 
punkte, sieht man die gefaBlose Stelle, die mir ein fein 
granuliertes Ansehen zu haben scheint, und in welcher 
sich ein runder Schatten bei den Bewegungen der Offnung herumhewegt. Bei 
horizontalen Bewegungen der Offnung sieht man nur die vertikalen GefaBe, bei 
vertikalen Bewegungen die horizontal verlaufenden. Dieselbe GefaBfigur sieht 
man auch, wenn man in ein zusammengesetztes Mikroskop hineinblickt. ohne 
ein Objekt unterzulegen, so daB man nur den gleichmiiBig hellen Kreis der 
Blendung sieht. Wenn man das Auge iiber dem Mikroskope etwas hin und 
her bewegt, erscheinen in der Blendung des Mikroskops die GefaBe der Netz- 
haut sehr fein und scharf gezeichnet, und zwar besonders deutlich immer die 
GefaBe, welche senkrecht gegen die Eichtung der Bewegung verlaufen, wahrend 
diejenigen verschwinden, welche der Richtung der Bewegung parallel verlaufen. 
Nach den beiden ersten Methoden fiel das Licht aus einer ungewiihnlichen 
Eichtung her auf die Netzhaut, und es fiel deshalb auch der Schatten der 
NetzhautgefaBe auf Teile der Netzhaut, welche bei dem gewohnlichen Sehen von 
diesem Schatten nicht getrofl'en werden. und von denen die Beschattung daher 
als ein ungewohnlicher Zustand leicht empfundeu wird. Bei der beschriebenen 
dritten Methode dagegen fallt das Licht auf dem gewohnlichen Wege, namlich 
durch die Pupille, in das Auge. Ist die ganze Pupille frei und das Auge nach 
dem hellen Himmel geweudet, so gehen von jedem Puukte der Pupillarebene 
nach jeder Richtung in den Hintergi-und des Auges hinein Lichtstrahlen aus, 
ganz so als ware die Pupille selbst die leuchtende P'lache. Unter dem Ein- 
Fig. 95. 
■•] 
Ortsbestimmung der entoptischen Objekte. 
187 
flusse dieser Beleuchtung miissen die NetzhautgefaBe einen breiten verwaschenen 
Schatten auf die hinter ihnen liegenden Netzliautpartien werfen, wobei der 
Kernschatten etwa nur vier- bis fiinfmal so lang sein wird, als der Durchmesser 
des GefilBes. Da nach E. H. Weber der dickste Ast der Vena centralis 
0,017 Par. Linien (0,038 mm) im Durchmesser hat, und die Netzhaut nach 
KoLLLKER im Hintergrunde des Aiiges 0,22 mm dick ist, laBt sich annehmen, 
da6 der Kernschatten der GefaBe nicht bis zur hinteren Flache der Netzhaut 
reichen wird. Wenn wir aber eine enge ( )ffnuiig vor die Pupille bringen, wird 
der Schatten der Gefi'iBe notwendig schmaler, schiirfer begrenzt, der Kern- 
schatten lilnger, so daB Teile der Netzhaut, die sonst im Halbschatten lagen, 
teils in den Kernschatten kommen, tells mit den unbeschatteten Teilen gleich 
stark erleuchtet werden. 
DaB wir beim gewohnlichen Sehen die GelaBschatten nicht wahrnehmen, 
erkliirt sich wohl daraus, daB die Empfiudhchkeit der beschatteten Stellen der 
Netzhaut groBer, ihre Reizbarkeit weniger erschoptt ist als die der librigen 
Teile der Netzhaut. Sobald wir aber den Ort des Schattens oder seine Aus- 
breitung veriindern, wird derselbe wahrnehmbar, weil die schwache Beleuchtung 
nun auf ermiidete, weniger reizbareNetzhautelemente fiillt. Der reizbarere, friiher 
beschattete Teil der Netzhautelemente dagegen wird nun zum Teil von vollem 
Lichte getroHen, und empfindet dies starker. Daher erklart sich, daB zuweilen, 
namentlich im Anfange der Versuche, der GefilBbaum fiir Augenblicke auch 
wohl hell auf dunklerem Grunde erscheint, und iiljcrhaupt bei manchen Personen 
der belle Teil der Erscheinung die Aufmerksamkeit mehr auf sich lenken kann 
als der dunkle. Sobald der Schatten der GefaBe indessen bei unseren Ver- 
suchen seine neue Stelle dauernd behauptet, werden die neu beschatteten Stellen 
allmahlich reizbarer, die friiher beschatteten scheinen dagegen ihre erhohte 
Reizbarkeit schnell zu verlieren, und die Erscheinung verschwindet wieder. Um 
sie dauernd zu sehen, ist es also notig, den Ort des Schattens stets wechseln 
zu lassen, und bei gradlinigen Bewegungeu der Lichtquelle 
bleiben nur die GefaBe sichtbar, deren Schatten den Platz 
wechselt. Auf diese Veranderungen der Reizbarkeit kommen 
wir in § 25 unten noch nilher zuriick. 
Um zu entscheiden, ob die eutoptisch gesehenen Objekte 
vor oder hinter der Pupille oder etwa nahe der Netzhaut liegen, 
dazu ist die Beaehtung der Parallaxe nach Listings Vorsohlag 
ausreichend. Es sei a Pig. 96 das von den Augenmedien ent- 
worfene Bild des leuehtenden Punktes, c der Puukt des direkten 
Sehens auf der Netzhaut, fe die Ebene der Pupille oder vielmehr 
deren von der Linse entworfenes Bild. welches indessen nur 
wenig von seinem Objekte aliweicht. Endlicb sei d ein dunkles 
Objekt hinter der Pupille. Wenu die Linie or; die Pupille in 
g schneidct. so fiillt der Schatten des Punktes g auf den Punkt 
des direkten 8ehens c. also g entspi-icht dem direkt gesehenen 
Punkte des entoptischen Bildes der Pupille. Ziehen wir die 
gerade Linie ad. und verlangern sie. bis sie die Netzhaut in b sdineidet, so ist b 
der Ort des Schattens von d. Nennen wir den Durclisolmittspunkt der Linie ad 
mit der Pupillarebene h. so fallt die Projektion des Punktes k der Pupille gleioh- 
zeitig auf b; d und h decken sich iiu entoptischen Gesiuhtsfelde. Wenn in der 
Linie ah auch noch vor der Pupil Ir i-iu Objekt i liegt. so deekt sich dieses ebenfalls 
mit h im entoptischen Gesichtsfelde. 
Pig. 96. 
188 Die Diopti-ik des Auges. fiei.ie2. 
Wenn nun aber das Aiige oder der leuelitende Punkt so bewegt wird. daB eia 
anderer Punkt der Pupille. etwa f. entoptisch direkt gesehen wird, der leuchtende 
Punkt etwa nach a in die Verlangerung der Linie c/' riickt, so veriindert sich aucli 
die Lags des Schattens von d und i gegen den der Pupille. Ziehen wir a d und u i. 
Ersteres sclineide die Ebene der Pupille in m, letzteres verlangert in e, so sind m 
und e die Punkte der Pupille. deren entoptische Bilder sich mit denen der Objekte '/ 
und i jetzt decken. Wiihrend also der Visierpuukt in dem entoptiscben Bilde von 
g nach /" geriickt ist, hat das Bild des hinter der Pupille gelegenen Objekts d sine 
Bewegung in gleichem Sinne von h nach m. das des vor der Pupille gelegenen Ob- 
jekts in entgegengesetztem Sinne von h nach e ausgefiihrt. Nach der Bezeichnungs- 
weise von Listing hat also d eine positive Parallaxe, und i eine negative. Es ist 
bei geringer Ubung immer leieht zu entscheiden. ob die entoptisch gesehenen Objekte 
sich im Verhiiltnis zu der kreisformigen Begrenzung des Gesichtsfeldes in gleichem 
oder entgegengesetztem Sinne wie der Visierpunkt verschieben. und danach entscheidet 
man leieht, ob sie vor oder hinter der Pupille liegen. 
Um die Entfernung der im Glaskorper schwebenden Objekte genauer messen zu 
konnen, hat D. Bkewsteb zuerst eine Methode eingeschlageu. bei welcher er zwei 
Biindel homozentrischer Strahlen in das Auge dringen lieB. und dadurch zwei Schatten 
.eines jeden Objekts erzeugte. Aus der Entfernung der Schatten voneinander kanu 
dann die Entfernung des Objekts von der Netzhaut gefunden werden. Beewster sah 
zu dem Ende durch eine vor dem Auge stehende Linse nach zwei nebeneinander 
gestellten Plammen liin. Donders hat diese Methode geandert. indem er vor das 
Auge ein Metallplattchen mit zwei kleinen, 1 '/., mm voneinander entfernten Oflhungen 
bringt. Durch diese sieht er nach einem weiBen, stark erleuchteten Papiere bin, auf 
welchem die entoptischen Ersoheinungen projiziert erscheinen. Er miBt nun den Ab- 
stand der Mittelpunkte der beiden sich gegenseitig bedeckenden kreisformigen Bilder 
der Pupille, welcher einfach dadurch gefunden wird, da6 man den Purchmesser des 
uubedeckten Teiles dieser Kreise miBt. Feruer mifit er den Abstand der Doppel- 
bilder des betretfenden entoptischen Objekts. Der letztere verhalt sich zum Abstande 
der beiden Kreise wie der Abstand des Objekts von der Netzhaut, welcher gefunden 
werden soil, zum scheinbaren Abstande der Pupille von der Netzhat (18 mm). So 
kann der Abstand der Objekte von der Netzhaut leieht berechnet werden. 
DoNCAN hat die Methode von Dondees insofern geandert. daB er seine Messungen 
nach dem Prinzipe der mikroskopischen Messung a double vue ausfiihrt. Das eine 
Auge blickte durch eine oder zwei feine Oflfnungen nach einem kleinen Hohlspiegel, 
der das Licht des Himmels refiektierte, das andere auf eine in der Entfernung des 
deutlichen Sehens gelegene Tafel. und der Beobachter miBt mit dem Zirkel auf dieser 
Tafel die GroBe der entoptischen Objekte und den Abstand ihrer Doiipelbilder, sowie 
den Abstand entsprechender Punkte am Eande der Iris. Um aus der scheinbaren 
GroBe der entoptischen Objekte ihre wahre GroBe zu berechnen. mufi man noch den 
Abstand der Offnung, durch welche man sieht, von der Hornhaut kennen. Am besten 
ist es, diese Otfnung in den vorderen Brennpunkt des Auges (12 mm vor der Horn- 
haut) anzubringen, dann sind die Schatten der entoptischen Objekte so groB wie die 
Objekte selbst. Die mit dem Zirkel gemessene scheinbare GroBe dieser Objekte im 
Gesichtsfelde verhalt sich aber zur wahren Gr66e des Schattens auf der Netzhaut wie 
die Entfernung des messenden Zirkels vom Auge zur kleineren Hauptbrennweite des 
Auges (15 mm). 
Um das Pliittchen mit der Ott'uung wenigstens uahehin in die vordere Brenu- 
ebene des Auges zu bringen, befestigt man es am Ende eines kurzen Rohrchens von 
passender Lange. 
Die scheinbare GroBe der Bewegung des GefaBbaums im Gesichtsfelde bei der 
ersten eben beschriebenen Methode, ihn sichtlsar zu machen, hat H. Mullee gemessen, 
wahrend gleichzeitig die GroBe der Verschiebung des leuchtenden Brennpunktes auf 
162. 163.] 
Geschichte der entoptischen Erscheinungen. 
189 
der Sclerotica mit dem Zirkel gemessen wurde. Es kanu daraus. wenigstens an- 
nahernd. durch Konstruktion oder Rechnung die Eutfernnng der Schatten werfenden 
GefJiBe von der den ScLatten wahrnelimeuden Scbiclit der Netzhaut bestimnit werden. 
Man zeicbne, wie in Fig. 92. den Querschnitt des Auges in natiirlicher Grcifie. Der 
Brennpunkt auf der Sclerotica sei zwischen den Punkten a und b bin und her be- 
wegt. Es sei a der Schatten eines in der Nabs des gelben Flecks gelegenen Ge- 
filBes V. dessen scbeinbare Bewegung man gemessen hat. fiir die Lage des Licht- 
punktes in a, so mxiC dies Gefafi in der geradeu Linie act liegen. Es sei up die 
aus der scbeinbaren Verscbiebung des GefaBes im Gesicbtsfelde 
berechuete wahre Verscbiebung auf der Netzhaut. also ,i der Ort 
des GefaBschattens fiir den Fall, wo sich der Brennpunkt in h 
l)efiudet. Man ziebe die gerade Linie b [3. Der Punkt v, wo 
h .J nnd a u sich sehneiden, muB dann der Ort des GefaBes sein. 
dessen Eutfernung von der Netzhaut durch Messung oder Rech- 
nung gefunden werden kann. H. Mullek erbielt auf diese 
Weise in mehreren Versuchen fiir die Entfernung der GefdBe 
von der empfindenden Schicht 0.17; 0.19 bis 0.21; 0.22; 0,25 
bis 0,29; 0.29 bis 0,32 mm. Bei drei anderen Beobachtern 0,19; 
0.26; 0.36 mm. Da nach den anatomischeu Messungen des- 
selben Beobachters die Entfernung der GefaBe von den Stabchen 
und Zapfen in der Gegend des gelben Flecks zwischen 0,2 und 
0.3 mm betragt, so wird es daraus wahrscheinlich , daB die 
Zapfen die den Schatten empfindenden Gel)ilde seien. worauf 
auch andere Yerhiiltnisse hindeuten, welche ich in § 18 aus- 
einandersetzen werde. 
Dechales^, ein Jesuit des 17. Jahrhunderts, stellte zuerst 
eine Ansicht iiber die Eutstehung der fliegenden Miicken auf. 
und zwar die richtige, daB es Schatten seien von Korperchen. die in der Nahe 
der Netzhaut schwimmen. Pitcaihn - verlegte sie dagegen auf die Netzhaut selbst, 
und MoEGA(}>T^ in alle Augenmedien, obgleich die weiter nach vorn Uegenden 
ohne die Anwendung schmaler Lichtquellen nicht wohl gesehen sein konnen. 
Ebenso irrt auch de la Hiee'', wenn er die festen Miicken ausschlieBlich auf die 
Netzhaut verlegt. die bewegUchen in die wiissrige Feuclitigkeit. Le Cat ^ beschreibt 
einen Versuch, der dem Prinzipe nach die Methode der entoptischen Untersuchung 
vollstiindig enthalt. indem er das umgekehrte Schattenbild einer dicht vor das Auge 
gehaltenen Nadel im Zerstreuungskreise eines kleinen Lichtpunktes wahrgenommen 
hat. Auch Aepincs^ hat etwa zu derselben Zeit den Schatten der Iris, die Er- 
weiterung und Verengerung der Pupille entoptisch wahrgenommen und richtig ver- 
standen. Aber erst seit 1760' hat man angefangen. kleine Offnungen und starke 
Linsen anzuwenden, um die fliegenden Miicken deutlicher zu seheu, welches Ver- 
fabren iibrigens auch dem Dechales nicht ganz unbekannt gewesen war. 
Eine strengere Theorie der Erscheinungen. die Methoden, den Ort der Korperchen 
im Auge zu beurteilen, wurden erst viel spater durch Listing^ und Brewster^ fest- 
Fig. 92. 
' Cursus sen inundiis mathematicus. Lugduni 1690. T. 111. p. 402. 
^ PiTc-AiKNH Opera. Liigd. Bat. p. 203. 20fi. 
' Adversaria auatomica VI. Anim. LXXV. p. 94. Lugd. Bat. 1722. 
■* Aecidens de la vue. p. 358. 
'" Traite den sens. Eouen 1740. p. 298. 
° Novi Comment. Petropol. Vol. VII. p. 303. 
' Histoire de I'Acad. d. sciences. 1760. p. .57. Paris 1766. 
' Beitrag zur physiologischen Optik. Gottingen 1845. 
' Transactions of the Roij. Soc. of Edinb. XV. 377. 
190 Die Dioptrik des Auges. [les. le*. 
gestellt. denen spater Doxdeks ' folgte. Des letzteren Scliiiler DuxfAN- wies daun 
die Ubereinstimmung der entoptisch gesehenen Gegenstande mit mikroskopisclien Struk- 
turen des (ihiskorpers nacli: dasselbe versuclite Jajies Jago^ Beschreibungen der 
verschiedenen Formen entoptiscber Objekte gaben aiiBer den eben Genannten aucb 
Steifensand *. Mackenzie ^. Appia ". 
Die subjektive Erscheinung der ZentralgefaBe hat Pttekixje ' zuerst entdeckt 
nnd sie nach den drei oben bescbriebenen Methoden siehtbar gemacht. Aucb bei Er- 
reguug des Auges durch Druck uud Blutandrang hat er sie wahrgenommen. Gudden* 
maehte auf die fiir die Theorie der Erscheinung wichtige Bedeutung der Bewegung 
des Schattens auf'merksam. Die Theorie der Erscheinung bei der Anwendung homo- 
zentrischen Lichts von der Pupille aus oder eiues Brennpunktes auf der Sclerotica 
schien keine Schwiei'igkeit zu haben. Wohl aber maehte Meissxer^ auf die ab- 
weichendeu Verhaltnisse aufmerksam. welche bei der Bewegung eines Lichts uuterhalb 
des Auges eintreten, und leitete daraus Bedenken gegen die bisherige Erkllirungs- 
weise iiberhaupt ab. Diese wurden von H. MCxlee '" beseitigt. welcher die oben 
hingestellte Theorie dieser Art des Versuchs fand. 
Schon PuEKiNJE erwahut. daB in der Mitte des Gesichtsfeldes ein heller Fleck 
erschiene, der einer Grube iihnlich sehe; Burow^^ beschrieb die entoptisehe Er- 
scheinung des gelben Flecks genauer, deutete sie aber als die Erscheinung einer 
Hervorragung, nicht eines Griibehens, vermoge der unrichtigen alteren Theorie des 
Versuchs. die durch H. MtJLLEE verbessert wurde. 
1690. Dechales, Cursus seu mundus mathematicus. Lugduni. T. III. p. 402. 
1694. DE LA Hire, Accidens de la vue iu Mem. de VAcad. d. sc. p. 358. 
PiTCAiExn Opera. Lugd. Bat. p. 203. 206. 
1722. MoRGAGNi Adversaria anatomica VI. Aniai. LXX\'. p. 94. Lugd. Bat. 
1140. Le Cat, Traite des sens. Rouen, p. 298. 
Aepinus, Nov! Comment. Petrop. VIL p. 303. 
1760. Eistoire de V Aead. d. sc. pour Van 1760. p. 57. 
1819. PuBKiNJE, Beitrage zur Kenntnis des Sebens. S. 89*. 
1825. Derselbe. Neue Beitrage. S. 115. 117*. 
1842. Steifensanb in Poqgendoeffs Ann. I^V. p. 134*; v. Ammons Monatsschrift fiir 
Medizin. I. 203. 
1845. 'Listing, Beitrag zur physiologischen Optik. GiJttingen.* 
Brewster in Transactions of the Roy. Soe. of Edinb. XV. 377. 
ALiCKENziE, Edinb. Medical and Surgical Journal. July 1845. 
1846. DoNDERS in Xederlandsch Lancet. 1846—47. 2. Serie. D. II. bl. 345. 432. 537. 
1848. Brewster in P/?z'/. Jl/r/^as;. XXXII. 1; Arch. d. sc.phys.etnaiur. de Geneve. Vlll. 2dd. 
1849. GuDDEN in J. MCllers Archiv. 1849. S. 522*. 
1853. ApriA, De foeil vu par lui mcme. Geneve. 
' Xederl. Lancet. 1846-47. 2. Serie. D. II. bl. 345. 432. 537. 
- De corporis vitrei struetura. Diss. L^^trecbt 1854; onderzoekingen ged. in het Physiol. 
Laborat. d. Utreehtsche Hoogeschool. Jaar VI. p. 171. 
' Proceed. Roy. Soc. 18. Jan. 1855. 
■• PoQQENDORFFS Ann. LV. p. 134; V. A.M.MONS Monatsschrift f Med. I. 203. 
* Edinburgh Medical and Surgical Journal. July 1845. 
* De Voeil vu par lui meme. Geneve 1853. 
' Beitrage zur Kenntnis des Sehens. 1819. S. 89. Neue Beitrage. 1825. S. 115. 117. 
' J. MiJLLEBs Archiv fiir Anat. u. Physiol. 1849. S. 522. 
^ Beitrage zur Physiologic des Sehorgans. 1854. 
'" Verhandl. der med.-physik. Ges. zu Wurzburg. IV. 100. V. Lief. 3. 
" J. Ml-llers Archiv. 1854. S. 166. 
164.837.838.1 Entoptische Wahrnehmung der Blutbewegung. 191 
1854. *A. DoNCAN, De corporis vitrei structura. Dissert. Trajecti ad Rhenum; Ouder- 
zoekingen ged. in het Physiol. Laborat. d. Utreehtsche Hoogeschool. Jaar VI. p. 171. 
BuKOw in J. Mi'LLERS Archiv. 1854. S. 166. 
1855. James Jago in Proceedinr/s of the Roy. Soe. 18. Jan. 1855. 
NacMrag. 
ViERORDT hat auf hellen Flacben bei intermittierender Beleiichtung — er 
bewegte vor den Augen die Hand mit gespreizten Fingern bin und ber — 
eine stromende Bewegung geseben, die er fiir die Blutbewegung in den Netz- 
bautgefiiBen erkliirte; Meissner und icb selbst baben diese Bewegung nur in 
Form ufeiioser Stromcben geseben. denen icb Vierordts Deutung nicbt zu 
geben wagte. Docb folgt daraus nicbt, da6 Vierordt die Erscheinung nicbt 
deutbrber und bestimmter geseben baben kann. und da6 es nicbt wirkbcb bei 
ibm ein Ausdruck des Blutlaufs war. 
AuBerdem batten Purkinje und J. Mullee, wenn sie nacb eiiier aus- 
gedebnten bellen Flacbe blirkten, belle Punkte ini Gesicbtsfelde erscbeinen 
und eine Strecke fortlaufen seben, so daB dieselben nacb unregelmaBigen 
Pausen immer wieder an denselben Stellen auftaucben und immer wieder den- 
selben Weg mit derselben zienilicb groBen Gescbwindigkeit zuriicklegen. Diese 
Erscbeinung siebt man nun nacb einer Bemerkung von 0. N. Rood sebr viel 
besser, wenn man dureb ein dunkles blaues Glas nacb dem Himmel siebt. 
Icb fixiere dabei einen Punkt der Fensterscbeibe, um die bewegten Korpercben 
immer wieder an derselben Stelle zu seben und die Lage ibrer Babnen mit 
der auf dieselbe Fensterscbeibe projizierten GefaBfigur zu vergleicben. 
Nacbdem icb diese Beobacbtungen wiederbolt babe, glaube icb nun eben- 
falls nicbt mebr zweifeln zu konnen, daB sie von der Blutbewegung berrubi'en, 
und zwar so, daB ein einzelnes groBeres Korpercben sicb in einem der engeren 
GefiiBe klemmt. Daim pflegt vor einem solcben das GefaB relativ leer zu 
werden, binter ibm dagegen stauen sicb die Blutkorpercben in groBerer Menge 
an. Sobald das Hemmnis sicb lost, stromt der ganze Haufen scbnell davon. 
Es sind dies Vorgiinge, die man bei Beobacbtung des Kapillarkreislaufes mit 
dem Mikroskope oft siebt. Bei dem geuannten Versucbe gebt im Sebfelde 
voran ein bellerer langlicber Streifen. entsprecbend der leeren Stelle des Ge- 
faBes vor dem Hemmnis; diesem folgt ein dunklerer Scbatten, der, wie icb 
glaube, den zusammengedriingteu Blutkorpercben entspricbt. 
In meinem recbten Auge sebe icb diese Erscbeinung in zwei parallelen 
GefaBcben links neben dem Fixationspunkt sebr deutlicb und oft sicb wieder- 
bolen, zuweilen in beiden gleicbzeitig; die Bewegung ist scheinbar nacb oben 
gericbtet und das bewegte Gebilde verscbwindet, indem es sicb mit betriicbtlicb 
gesteigerter Gescbwindigkeit durcb eine .Sformige Kriimmung bindurcbwindet. 
Nun finde icb im entoptiscben Bilde des GefaBbaums sowobl die beiden 
parallelen GefaBe an der angegebenen Stelle, als aucb die Sformige Kriimmung 
ibrer Vereinigungsstelle, welcbe in ein groBeres Venenstammcben binuberftibrt, 
so daB beide Beobacbtungsmethoden sicb vollstandig entsprecben. Ubrigens 
sind die genannten GefaBe nicbt die einzigen, in denen eine solcbe Bewegung 
sicbtbar wird, sondern es gibt nocb viele andere Stellen in dem Sebfelde des- 
selben Auges, die aber weiter vom Fixationspunkte abliegen und nicbt so 
cbarakteristiscbe Furmen baben. 
192 Die Dioptrik des Auges. [838. G. 
Danach wiirde die genannte Erscheinung also als der optische Ausdruck 
kleiner Hemmungen des Blutlaufs zu betrachten sein, die nur in gewissen 
Engpassen des GefaBbaums uud uur beim Voriibergang etwas groBerer 
Korpercheu aufzutreten pflegen. 
1853. Teouessart, Suite des recherches concernant la vision. C. JR. XXXVI, 144 — 146. 
1856. Vjeroedt, Wahrnehmung des Blutlaufs iu den NetzhautgefaBen. Archiv fiir physiol. 
Heilkunde. 1856. Heft II. 
— Meissner im Jahresbericht fiir 1856. Henle und Pfelfeb Zeitschr. (3) I, 565 — 566. 
1857. J. J.\GO, Ocular spectres, structures and functions as mutual exponents. Proc. Roy. 
Soc. VIII, 603—610. Phil. May. (4) XV, 545—550. 
1860. 0. N. Rood, on a probable means of rendering visible the circulation in the eye. 
Silliman J. (2) XXX, 264—265; 385—386. 
1861. L. Redbes, on yiormal quasi-vision of the moving btood-corptiscles within the retina 
of the human eye. Silliman J. (2) XXXI, 325—388; ill. 
Zusaiz von A. Gullslrand. 
Zwei in das Gebiet der Dioptrik fallende entoptische Erscheinungen seien 
hier kurz erwahnt. welche das gemeinsam haben. daB sie nach der ersten Ent- 
deckung unbeachtet geblieben sind, urn dann wieder die Aufmerksamkeit auf 
sich zu lenken. 
Niihert man im dunklen Zimmer bei ruhiger Stellung des Auges eine 
Kerzentiamme der Gesichtslinie von der Temporalseite ber, so sieht man 
manchmal einen scbwachen Licbttleck sich in entgegengesetzter Richtung be- 
wegen. Tscheening. welcher diese zuerst von Becker* erkliirte Erscheinung 
wieder beschrieben hat. empfiehlt die Kerzenflamme unterhalb der Gesichtslinie 
vorbeizufiihren.** Der Lichtfleck erscheint verschiedenen Personen in ver- 
schiedener Scharfe. Mir selbst gelingt es nur bei einzelnen Kelegenheiten. 
denselben zu sehen, wiihrend er meistens von der GefiiBtigur verdeckt wird. 
ohne da6 ich die Bedingungen eruieren konnte, welche das Hervortreten des- 
selben begtinstigen. Andere sehen ihn so deutlich, daB sie darin ein um- 
gekehrtes Bild der Flamme erkennen. Es handelt sich eben um den in der 
konstruktiven Optik sogenannten „Lichtfleck''. welcher von der Reflexion des 
Lichtes an den brechenden Flilchen herriihrt. Bei der doppelten Reflexion 
kann nur die vordere Hornhautilache in Betracht kommen. da nur hier ein 
hinreichender Unterschied der Brechungsindizes vorhanden ist. Die Rechnung 
lehrt nun, daB das Licht, welches zuerst in der hinteren Linsentlache nach vorn, 
dann in der vorderen Hornhautflache wieder nach hinten reflektiert wird. ein 
unweit der Netzhaut belegenes aufrechtes Bild der Flamme erzeugt, welches 
somit unigekehrt gesehen wird und sich scheinbar in entgegengesetzter Richtung 
gegen die Flamme bewegen muB. Das in der vorderen Linsentlache nach vorn 
und dann in der vorderen Hornhautflache nach hinten reflektierte Licht erzeugt 
ein in der Gegend der hinteren Linsenflache belegenes Bild, welches nur einen 
sehr groBen Zerstreuungskreis auf die Netzhaut verursachen kann, der von dem 
in den Augenmedien diifus reflektierten Lichte nicht unterschieden wird. 
Die meisten Pei-sonen sehen im dunklen Zimmer bei dilatierter Pupille 
farbige Ringe um kleine Lichtquellen. welche besonders deutlich gegen dunklen 
Hintergrund auftreten. und deren Winkeldurchmesser 6 bis 7" betriigt. Die 
"' 0. Becker, Uber Wahrnehmung eines Refle.\bildes im eigeuen Auge. Wiener Med. 
Wochenschrift 1860, S. 670 und 684. 
'* TsCHERNiNO, Optique physiologique. Paris 1898. p. 43. 
G.I Das Sehen farbiger Ringe um Lichtquellen. 193 
Einge enthalten die Farben des Spektrums, wobei rot nach auBen liegt, und 
der angegebene Durcbmesser dein Gelb entspricht. Bei kiinstlicben Lichtquellen, 
welche wenig kurzwelliges Licht enthalten, sieht man das Spektrum gewohnlich 
nur bis blaugrlin recht deutlich. Halt man vor das Auge ein kleines Loch, so 
verschwindet der Ring vollstandig. sobald dieses auf der Pupille zentriert ist. 
Verschiebt man es aber in radiarer Ricbtung, so treten in dem Augenblicke, 
wo es den Rand der dilatierten Pupille erreicht. zwei kleine Spektra auf, deren 
Yerbindungslinie durch die Flamme geht, und senkreeht auf der Verschiebungs- 
richtung steht. Auf diese Weise kann man nach Belieben zwei diametral 
einander gegenuberliegende Teile des Ringes hervortreten lassen. Die An- 
ordnung der Farben charakterisiert den Ring als ein Interferenzspektruni. und 
der Versuch mit dem Loch beweist, daB es sich um ein radiiires, nur in der 
Nilhe des Pupilleurandes wbrkendes Gitter haudelt, wie es nur im Linsenkortex 
vorhanden ist. Wegen des strahlenformigen Aufbaues der Linse haben aber 
die Linsenfasern keinen exakt radiaren Verlauf, konnen deshalb auch keinen 
exakt ringformigen Typus bedingen. Man kann in Ubereinstimmung hiermit 
konstatieren, daB der Ring wie aus mehreren kleinen, einander nicht vollkommen 
ahnlichen Bruchstiicken zusammengesetzt erscheint. Um die Entstehung des 
Ringes an einem radiaren Gitter zu beweisen, kann man auch ein undurch- 
sichtiges Papier mit gerader Kante vorschieben. Geschieht dies beispielsweise 
von der Temporalseite her mit vertikal gestellter Kante. bis nur ein kleines 
Segment der Pupille am nasalen Rande frei bleibt, so sieht man den olieren 
und unteren Teil des Ringes, wahrend die beiden Seitenteile verschwunden sind. 
Von dem in der Linse enthaltenen Gitter ist dann nur ein Teil unbedeckt, 
welcher horizontale Faseru enthalt, nebst solchen, deren Verlaufsricbtung wenig 
Ton der horizontalen abweicht, weshalb nur diejenigen Teile des Ringes sichtbar 
sein konnen. in welchen die Tangente zu der Verlaufsricbtung unbedeckter 
Faseru parallel ist. 
Manche Menschen haben bei der Erschlaffung der Akkommodation oder 
in Aufregungszustanden hinreichend groBe Pupillen, um den Ring unmittelbar 
zu sehen. Anderen gelingt nur der Versuch mit dem Loche ohne kiinstliche 
Erweiterung der Pupille, wenn das andere Auge zugedeckt ist; bei anderen 
ist wiederum ohne Mydriaticum iiberhaupt nichts vom Farbenring zu sehen. 
Die Erscheinung wurde sowohl von Dondees* wie von Beer** beschrieben und 
richtig gedeutet, um dann von Deuault*** und SALOMONSOHNf wieder naher 
untersucht zu werden. Letzterer, bei welchem sich eine Zusammenstellung der 
Literatur fiudet, deutet irrtilmlicherweise die bei Glaukom auftretenden farbigen 
Ringe auf dieselbe Weise. Diese verschwinden aber beim Vorschieben einer 
Karte allmilhlich und iiberall gleichzeitig, wodurch ihr Entstehen durch Diffrak- 
tion an kleinen rundlichen oder polygonalen Gebilden bewiesen v^ird, wie sie 
durch die Hornhauttriibung geschaffen werden. Auch ist ihr Durcbmesser 
* Nach der Angabe von J. H. A. Haffmans, Beitrage zur Keuntuis des Glaukonis. 
Arch. f. Ophth. VIII. 2. S. 124. 1862. 
** Beer, Uber den Hof um Kerzenflammen. Pooqendorffs Ann. Bd. 84. S. 518. 1851; 
Bd. 88. S. 595. 1853. 
*'* A. Druaitlt, Sur la Production des anneaux colores autour des flammes. Arch, 
d'opht. 18. p. 312. 1898. 
7 H. Salomonsohn, Uber Lichtbeugung an Hornhaut and Linse. Arch. f. Physiologie. 
Jahrg. 1898. S. 187. 
V. Helmhoi.tz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 13 
194 Die Dioptiik des Auges. [G. 164. las. 
groBei'. Dagegen kommt es wr. da 6 in Fallen, wo das Glaukom die notige 
Pupillenerweiterung ohne gleichzeitige Hornhauttriibung verursacht, die physio- 
logischen in der Linse entstehenden Farbenringe sicbtbar werden imd mit ecbt 
glaukomatosen verwecbselt warden konnen. 
Auf dieselbe Weise und mit demselben Verbalten gegeniiber einem vor- 
geschobenen Blatt konnen unter pbysiologiscben Verhaltnissen farbige Einge 
sicbtbar werden, welcbe von unregelmilBiger Eintrocknung der Hornbautober- 
liacbe oder Sekretauflagerung auf derselben herriibren. Viele Menscben sehen 
babituell einen solcben Ring das um eine beUe Licbtquelle sicbtbare diffuse 
Licbt nacb auBen abgrenzen, wobei der groBere in der Linse entstehende Ring 
durcb einen dunklen Zwiscbenraum vom ersteren getrennt ist. G. 
§ 16. Das Augenleuchten und der Augenspiegel. 
Von dem Licbte, welcbes auf die Netzbaut gefalleu ist, wird ein Teil 
absorbiert, namentlicb durcb das schwarze Pigment der Aderbaut, ein anderer 
Teil wird diffus reflektiert, und kebrt d\irch die Pupille nacb auBen zuriick. 
TJnter gewobnlicben Verhaltnissen nebmen wir nicbts von dem Licbte wabr. 
welcbes aus der Pupille eines auderen Auges zuriickkebrt, diese erscbeint uns 
vielmebr ganz dunkelscbwarz. Der Grund biervon ist bauptsiicblicb in den 
eigentumlicben Brecbungsverbaltnissen des Auges zu sucben, zum Teil aucb 
darin, daB von den meisten Stellen des Augenbintergrundes wegen des scbwarzen 
Pigments verhaltnismaBig wenig Licbt zuriickgeworfen wird. 
Bei alien Systemen brecbender Flacben, welcbe ein genaues Bild eines 
leucbtenden Punktes entwerfen, konnen die Licbtstrahlen genau auf denselben 
Wegen, auf denen sie von dem leucbtenden Punkte zu dessen Bilde gegangen 
sind. aucb riickwiirts von dem Bilde zu dem leucbtenden Punkte zurlickgeben. 
Oder wenn man den leucbtenden Punkt an den Ort des Bildes bringt, wird nun 
das Bild an dem friiberen Orte des leucbtenden Punktes entworfen. 
Daraus folgt: Wenn das menscblicbe Auge genau fur einen leucbtenden 
Korper akkommodiert ist, und von diesem ein genaues Bild auf seiner Netzbaut 
entwirft, und wir betracbten nun die erleucbtete Stella der Netzbaut als ein 
zweites leucbtendes Objekt, so wird deren von den Augenmedian entworfenes 
Bild genau mit dem urspriinglicb leucbtenden Korper zusammenfallen, d. b. alles 
Licbt, welcbes von der Netzbaut aus dem Auga zuriickkebrt. wird auBerbalb 
des Auges direkt zu dem leucbtenden Korper zurlickgeben, und nicbt neben ihm 
vorbei. Das Auge des Beobacbters wiirde sicb. um etwas von diesem Licbte 
aufzufangen, zwiscben den leucbtenden Korper und das beleucbtete Auge ein- 
schiaben miissen, was ohne weitere Hilfsmittel naturlicb nicbt angebt, obne dem 
beleuchteten Auge das Licbt abzuschneiden. 
Ebensowanig kann der Beobachter Licbt aus dem Auge eines anderen 
zuriickkehren saben, wenn dies letztere filr die Pupille des Beobacbters genau 
akkommodiert ist. Unter diesan Umstandan wii-d namlicb ein genaues dunkles Bild 
der Pupille des Beobacbters auf der Netzbaut des beobacbteten Auges entworfen 
werden. Riickwiirts wai'den die Augenmedien ein Bild diesar dunklen Stelle der 
Netzbaut gerade auf die Pupille des Beobacbters werfen, und somit wird diesar 
gerade nur den Widerscbein seiner eigenen scbwarzen Pupille in der fremden seben. 
Dabar kommt es, daB man unter gewobnlicban Umstanden aucb die starker 
Licht reflektierenden Teile im Hintergrunde eines fremden Auges nicbt sieht, 
165. i«s.] § 16. Das Augenleuchten und der Augenspiegel. 195 
wie z. B. die weiBe Eintrittsstelle des Sehnerven, die GefaBe. Auch bei Albinos. 
Personen, deoen das Pigment der Chorioidea fehlt, erscheint die Pupille schwarz, 
sobald man durch einen dunklen, vor ihr Auge gehaltenen Schirm, der uur eine 
Offnung von der GroBe der Pupille zum Durchsehen hat, verhindert, daB Licht 
durch ihre Sclerotica in das Innere des Auges dringt.' Letzteres ist es, 
welches das gewohnliche rote Ansehen der albinotischen Pupille bewirkt. 
Ebenso erscheint das Objektglas einer Camera ohscura von vorn gesehen schwarz, 
wenn man von ihr das Bild eines einzelnen Lichts in einem dunklen Zimmer 
entwerfen laBt; selbst dann, wenn man als Schirm zum Auffangen des Bildes 
ein weiBes Blatt Papier angebracht hat. 
Ist dagegen das beleuchtete Auge weder fiir den leuchtenden Gegenstand 
uoch I'iir die Pupille des Beobachters genau akkommodiert. so ist es moglich, 
daB der Beobachter einiges von dem aus der Pupille zuriickkehrenden Lichte 
wahrnehme. die Pupille erscheint ihm dann leuchtend. 
Es ist leicht einzusehen. daB der Beobachter von alien denjenigen Punkten 
der Netzhaut des beobachteten Auges Licht empfangen kann, auf welche das 
Zerstreaungsbild seiner eigenen Pupille fallt. Supponieren wir einen Augenblick 
statt der Pupille des Beobachters eine leuchtende Scheibe, deren Zerstreuungs- 
bild in dem beobachteten Auge genau mit dem Zerstreuungsbilde jener Pupille 
zusammentreffen wiirde, so gehen Lichtstrahlen von einem oder mehreren 
Punkten dieser leuchtenden Scheibe nach jedem Punkte ihres Zerstreuungs- 
bildes bin. es konnen also auch riickwarts Lichtstrahlen von jedem Punkte der 
Netzhaut, der dem Zerstreuungskreise angehort, nach einem oder mehreren 
Punkten der leuchtenden Scheibe, d. h. an den Ort der Pupille des Beobachters 
gelangen. Der Beobachter wird also das beobachtete Auge leuchten sehen, so 
oft in dem beobachteten Auge das Zerstreuungsbild seiner eigenen Pupille teil- 
weise zusammenfallt mit dem Zerstreuungsbilde eines leuchtenden Gegen- 
standes. 
Blickt daher der Beobachter dicht am Rande eines Lichts vorbei. dessen 
Strahlen er durch einen dunklen Schirm von seinem eigenen Auge abhalt, um 
nicht geblendet zu werden. nach s" 
dem Auge eines anderen, und I 
ist dieses Auge fiir eine nahere ^ lilS) J^ 
oder viel weitere Entfernung ak- \^ —-.^^^ 
kommodiert, so erscheint ihm d-"^"^ 
die Pupille rot leuchtend. Diese p;„ g^j 
Anorduung des Versuchs ist sche- 
inatisch in Fig. 97 dargestellt. B ist das Auge des Beobachters, *' der Schirm, 
welcher es vor den direkten Lichtstrahlen schiitzt, A der GrundriB einer Lampen- 
flamnie. C das beobachtete Auge, B C die Gesichtslinie des Beobachters, Cd die des 
beobachteten Auges, welche beliebig gerichtet sein kann. Der Versuch gelingt 
auch meist. ohne daB man die Akkommodation des beobachteten Auges be- 
riicksichtigt. wenn entweder der Beobachter weit entfernt ist oder wenn der 
Beobachtete, wie in Fig. 97. seitwarts sieht, weil dann, das Bild des Lichts 
uud der Pupille des Beobachters auf den Seitenteilen der Netzhaut entworfen 
werden, wo iiberbaupt die Bilder nicht scharf sind. Am hellsten ist das Leuchten, 
' F. C. DoNDERs in onderzoekingen gedaan in het Physiologisch Laborat. der Utrecht- 
sche Hoogeschool. Jaar VI. p. 153. — van Thigt in Nederlandsch Lancet. 3. Ser. D. II. bl. 419. 
13* 
196 Die Dioptrik des Auges. [lee. le?. 
wenu das einfallende Licht auf die Eintrittsstelle des Sehnervea trifft, well 
dessen weiBe Substanz das Licht stark reflektiert inul wegeu ihrer durch- 
scheioenden Beschaffenbeit keine liinreicheud bestimmte Grenzfliiche darbietet. 
auf der sicb das Bild scharf projizieren konute. 
Zu bemerken ist hierbei. da6 bei hinreichend starker Beleucbtung auch 
Licht genug durch die Aderhaut zur Sclerotica dringt, und hier difl'us reflektiert 
wieder zuriickkehrt, um wahrgenommen zu werden. Dies Licht verhalt sich wie 
das der Zerstreuuugskreise. Daher kann bei starker Beleuchtuug auch bei 
geoauer Akkommodation des beobacliteten Auges fi'tr die Pupille des Be- 
obachters ein schwacher Grad von Leuchten stattfinden, namentKch bei schwach 
pigmeutierteu Augen, der sich in der angegebenen Weise erklart. 
Noch besser kann das Augeuleuchten beobachtet werden. wenn man uicbt 
direkt das Licht der Flamme in das Auge fallen iL'iBt, sondern von einem 
Spiegel reflektiert, und der Beobachter durch diesen 
Spiegel hindurchsieht. A in Fig. 98 sei das Licht, 
iS der Spiegel, welcher aus einer unbelegten Glas- 
platte bestehen kann. Diese ^irft das auffallende 
Licht so zuriick, als kame es von einem Spiegel- 
bilde a der Flamme. C sei das beobachtete Auge. 
auf dessen Hintergrunde ein kleines Netzhautbild- 
chen des Lichts entworfen wird. Das von der 
J\^ Netzhaut zuriickkehrende Licht geht nun, wenn es 
das Auge verlassen hat. zunachst in der Eichtung 
des Spiegel bildes a zuriick, trifft wieder auf die 
Fig. 98. spiegelnde Platte, wo ein Teil nach dem wirklichen 
Lichte hin zuriickgeworfen wird, wiihrend ein anderer 
durch die Platte geht und seinen Weg nach dem Orte des Spiegelbildes hin 
fortsetzt. Hier kann es nun von dem Auge des Beobachters B aufgefaBt werden. 
Dieser sieht bei der beschriebenen Anordnung das beobachtete Auge leuchten. 
Statt der unbelegten Glasplatte kann auch ein belegter Glasspiegel oder 
Metallspiegel gebraucht werden, mit einer engen Offnung, durch welche der 
Beobachter sieht. 
Wenn der Beobachter unter diesen Umstanden nun auch den Hiutergrund 
des beobachteten Auges erleuchtet sieht, so kann er doch in der Eegel nichts 
im Hintergrunde dieses Auges erkennen, well er sein Auge fiir das Bild, welches 
die Augenmedien vom Hintergrunde des Auges entwerfen, nicht akkommodieren 
kann. Zu dem Ende miissen noch passende Glaslinsen hinzugenommen werden. 
Die Zusammenstellung eines Beleuchtungsapparates mit solchen Glaslinsen gibt 
ein Instrument, Augenspiegel, mittels dessen man die Bilder auf der Netz- 
haut uud die Telle der Netzhaut eines fremden Auges deutlich sehen und unter- 
suchen kann. 
Bktjcke hat auf einen eigentiimlichen Nutzen aufmerksam gemacht, deu 
die Schicht der stabformigen Korperchen bei der Zuriickwerfung des Lichts an 
der Netzhaut haben muB. Diese Korperchen siud kleine Zylinder, 0,03(J mm 
lang, 0,0018 mm dick, von einer stark lichtbrechenden Substanz gebildet, welche 
palissadenartig dicht nebeneinander gedriingt die der Aderhaut zugekehrte letzte 
Schicht der Netzhaut bilden. Die Achse derer, welche im Hintergrunde des 
Auges die Netzhaut bedecken, ist gegen die Pupille hin gerichtet, und alles 
einfallende Licht tritt deshalb in diese Korperchen nahehin ihrer Achse parallel 
-■\„ 
Theorie des Augenleuchtens. 197 
ein. Da nun Licht, welches innerhalb eiues dichteren Mittels fortschreitend 
unter einem sehr groBen Einfallswinkel auf die Grenze eines weniger licht- 
brechenden Mediums trifft, total reflektiert wird, so konnen wir schlieBen, daB 
das Licht, welches in ein stabiormiges Korperchen einmal eingetreten ist, dieses 
meist niebt wieder verlaBt, sondern, wenn es irgendwo auf die zylindrische Be- 
grenzungsfliiche des Korpercbens treffen soUte, bier groBtenteils nacb innen re- 
flektiert wird. Wenn wir die Brechkraft der stabformigen Korperchen beispiels- 
weise gleich der des 01s (1,47), die ihrer Zwischensubstanz gleicb der des 
Wassers setzen (1,33), so werden Strablen, die unter einem Winkel kleiner als 
25" gegen ihre Flache fallen, total reflektiert, wahrend die von der Pupille etwa 
nur unter einem Winkel von 8'^ auffallen. Ist das Licht endlicb an dem 
LiuBeren Ende des Korpercbens angekommen, und wird hier ein Teil von der 
Aderhaut diifus zuriickgeworfen, so wird dieser wieder hauptsachlich durch das- 
selbe Korperchen zuriickkehren miissen. Was von dem Lichte dann unter einem 
groBeren Winkel gegen die Achse des Korpercbens verliiuft, wird allerdings das 
Korperchen auch verlassen konnen, aber nur nach oft wiederholten Reflexionen 
an den Grenzen der niichsten Korperchen bis in den Glaskorper dringen 
konnen. Solches Licht dagegen, welches nahe parallel der Achse der Korperchen 
zuriickgeht, wird nur eine oder wenige totale Reflexionen erleiden, daher wenig 
geschwacht sein, wenn es das Korperchen verlaBt, dann aber auch die Eichtung 
nach der Pupille haben und durch diese austreten. Diese Funktion der 
Korperchen scheint namentlich bei denjenigen Tieren, welche statt der Schicht 
schwarzer Pigmentzellen auf der Aderhaut eine stark reflektierende Flache 
(Tapetum) haben, von Wichtigkeit zu sein. Einmal wird dadurch bewirkt, daB 
das Licht die empfindenden Netzhautelemente, welche es beim Einfallen ge- 
trofi'en hatte, bei seiner Ruckkehr noch einmal trifft und erregt. Zweitens kann 
es riickkehrend uur dieselben oder bijchstens teilweise die niichsten Netzhaut- 
elemente treffen, und sich nur zu einem kleinen Telle im Auge diffus zerstreuen, 
was die Genauigkeit des Sehens erheblich beeintrachtigen wiirde. DaB solches 
diffus zerstreutes Licht bei hinreichend helleu Netzhautbildern im Gesichtsfelde 
merkbar werden kanii, zeigt die im vorigen Paragraphen beschriebene Be- 
obachtungsweise der Aderfigur mittels eines unter dem Auge bin und her be- 
wegten Lichts. 
Icb lasse nun hier eine Reihe allgemeiner Satze zur Begrllndung der 
mathematischen Theorie des Augenleuchtens und der Augenspiegel folgen, durch 
deren Aufstellung die Betrachtung der einzelnen Falle spater auBerordentlich 
vereinfacht wird. 
Satz I. 
Wenn zwei Lichtstrahlen in entgegengesetzter Richtung durch be- 
liebig viele einfach brechende Mittel gehen, und in einem dieser 
Medien in eine gerade Linie zusammenfallen, so fallen sie in alien 
zusammen. 
Es sei A B Fig. 99 der Teil der beiden Strablen, von dem wir wissen, daB 
er beiden gemeinschaftlich angehore. Der erste Strahl sei von E langs der 
Linie EB gekommen, in B gebrochen und nacb A gegangeu. Der zweite Strahl 
konimt von A langs der Linie A B nach B, wird hier gebrochen, und gebe nach 
E^. Zunachst ist zu beweisen, daB E^B mit EB zusammenfallt. DBC sei das 
Einfallslot, m das Brechungsverhaltnis des Mittels, in welchem E und E^, der 
198 
Die Dioptrik des Auges. 
[ifis 
Winkel EBD = a und der Winkel E^BD — « liegen; n dagegen das Brechungs- 
verhaltnis des Mittels, in welchem A und der Winkel AB C = (i liegt. Fiir 
den ersten Strahl muB nach dem Brecbungsgesetz AB in der durch DB und 
EB gelegten Ebene liegen, und ferner sein 
m sin a = n sinp\ 
Ebenso muB fur den zweiten Strahl E^B in der durch DB und AB gelegten 
Ebene liegen, also in derselben, in welcber auch EB liegt, und es muB sein 
m sin u = n sin ,/?. 
Daraus folgt 
sin u = sin u. oder 
p da beide Winkel nur im ersten Quadranten liegen kijnneu. 
Daraus folgt, daB EB mit EB zusamnienfallt. 
Somit kongruieren die beiden Strahlen auch in dem 
Mittel, in welchem E liegt, soweit dieses reicht. 
Bei der niichsten brechenden Flache laBt sich ihre 
Kongruenz dann wieder fur das dritte Medium folgern usw. 
Ziisatze. 1. Auch sieht man leicht ein, da6 bei Reflexionen 
an spiegelndeu Fliichen die Kongruenz nicht gestort wird. 
2. Fiir das Auge folgt, daB ein Strahl. der auf seinem Wage von der Js'etzhaut 
zur Liuse mit einem anderen zusammenfallt. der von einem leuchtenden Punkte in 
das Auge und auf die Netzhaut fallt, auch auBerhalb des Auges mit diesem kongruiert. 
3. Stellt man den Satz so allgemein hiu. wie es hier geschehen ist, so muB 
man daran deuken, daB bei gewissen Polarisationsrichtungen iind Einfallswiukelu die 
Strahlen bei einer Brechiing oder Eeflexion ganz verloschen konnten. Bei unseren 
Anwendungen auf die Beleuchtung des Auges treten solche Umstande nicht ein. Das 
Licht fiillt auf die brechenden Fliichen des Auges fast senkrecht ein, wobei seine etwa 
vorhandene Polarisation so gut wie keinen EinfluB auf die Starke des gebrocheneu 
und reflektierten Anteils hat. tjbrigens konnen wir die Schwachung der Strahlen 
durch Reflexion und Absorption an und in den Augenmedien vernachlassigen. Nur 
wenn man schrag gestellte Glasplatten als Reflektor benutzt. muB man an die 
Schwachung des Lichts durch Reflexion denken. 
Fiir die Intensitat des hin und zuriick gehenden Lichtstrahls liiBt sich iilirigens 
ebenfalls eine ganz entsprechende Regel von sehr ausgedehnter Giiltigkeit aufst«lleu, 
die ausgesprochen zu haben hier geniigen mag. da wir bei gegenwartiger Anwendung 
das Prinzip in seiner allgemeineren Form nicht brauchen. Den Beweis kann sich 
iibrigens jeder, der die Gesetze der Optik kennt, leicht selbst fiihren. Man kann 
diese allgemeinere Regel folgendermaBen aussprechen. 
Ein Lichtstrabl gelange von dem Punkte A nach beliebig vielen Brecbungen, 
Reilexionen usw. nach dem Punkte B. In A lege man durch seine Eichtung 
zwei belie bige, aufeinander senkrechte Ebenen a^ und a.,, nach welcben seine 
Schwingungen zerlegt gedacht werden. Zwei eben solche Ebenen h^ und h.-^ 
warden durch den Strahl in B gelegt. Alsdann laBt sich folgendes beweisen: 
Wenn die Quantitiit J nach der Ebene a^ polarisierten Lichts von A in der 
Richtung des besprocbenen Strahls ausgeht, und davon die Quantitiit K nach 
der Ebene h^ polarisierten Lichts in B aukommt, so wird riickwiirts, wenn die 
Quantitat J nach \ polarisierten Lichts von B ausgeht, dieselbe Quantitiit A' 
nach (7j polarisierten Lichts in A ankommen. 
189. iro.l Theorie des Augenleuchtens. 199 
Soviel ich sehe. kanu liierbei das Licht auf seinem Wege der einfaclien und 
doppelten Brechiing. Reflexion, Absorption, gewolinlichen Dispersion und Difiraktion 
vmterworfen sein, olme daB das Gesetz seine Anwendbarkeit verliert. nur dart" keme 
Anderung seiner Brecbbarkeit stattfinden, und es dart" uicbt durch Korper gebeu. in 
denen der Magnetisnins uacb Faeadays Entdeckung auf die Lage der Polarisations- 
ebene einwirkt. 
Satz II. 
Wenn die Pupille des beobachteten Auges leuchtend erscheinen soil, 
so muB sich auf seiner Netzhaut das Bild der Lichtquelle ganz 
oder teilweise mit dem Bilde der Pupille des Beobachters decken. 
Wenn von irgend einer Stelle der Netzhaut des beobachteten Auges Licht 
in das Auge des Beobachters dringen soil, so muB diese Stelle erstens von der 
Lichtquelle erleuchtet sein, also dem Bilde der Lichtquelle angeboren. Zweitens, 
wenn wir die Fiktion niachen, daB Licht vou der Pupille des Beobachters aus- 
gebt, so miiBte nach dem vorigen Satze ebensogut Licht von der Pupille des 
Beobachters zur betreffenden Stelle der Netzhaut des beobachteten Auges wie 
umgekehrt gehen konnen. Die Netzhautstelle muB also gleichzeitig dem Netz- 
hautbilde der Pupille des Beobachters angehoren, mag dieses Bild nun scharf 
oder ein Zerstreuungsbild sein. 
Zu satze. 1. Dieser Satz gilt nicht nur fiir den Fall, wo die Strahlen auf 
geradem Wege von der Lichtquelle zum beobachteten Auge und von diesem zum 
Auge des Beobachters gehen, sondern auch wenn beliebig viele Linsen und Spiegel 
dazwischeu geschoben sind. Dadurch erhillt man ein bequemes Mittel. sich experi- 
mentell die Wirkung jedes Augenspiegels am eigenen Auge deutlich zu machen. Man 
stelle das zur Erleuchtung dienende Licht auf und bringe das Instrument vor sein 
Auge in dieselbe Lage, wie es sonst vor dem Auge des Beobachteten steht; der Teil 
des Gesichtsfeldes. welcher alsdann hell erscheint, entspricht dem Telle der Netzhaut, 
welcher beleuchtet ist. Man kann erkennen, ob das helle Feld gro6 oder klein, ob 
es gleichmaBig erleuchtet ist, oder ob sich dunkle Stellen dariu beiinden, und wie 
dunkel diese sind. Alsdann nehme man die Plamme von der Stelle weg, wo sie zur 
Erleuchtung des Auges dient. und bringe sie hinter das Instrument, da wo sich sonst 
das Auge des Beobachters befindet. so da6 das Licht durch die Offnung scheint, 
welche dem Beobachter zum Durchsehen dient. Was jetzt im Gesichtsfelde erleuchtet 
ist, ist der Kreis. den der Beobachter von der Netzhaut iibersehen kann. 
Ich empfehle diesen Weg. um bei den verschiedenen Kombiuationen ebener uml 
gekriimmter Spiegel, konvexer und konkaver Linsen in den Augenspiegeln sich die 
Wirkungen klar zu machen, ohne daB man sich auf verwickelte geometrische Kon- 
struktionen einzulassen braucht, die den Ungeiibten leicht mehr verwirren als auf klaren. 
2. Was die Wirkung der in diesem Paragraplien beschriebeneu Beleuchtungs- 
weisen betritit, so ordnet sich deren Wirkung leicht unter die hier aufgestellte Kegel. 
Man erinnere sich daran. daB. wie die tiigliche Erfahrung lehrt und eine einfache 
Konstruktion des Ganges der Lichtstrahlen bestatigt, das Zerstreuungsbild eines fernen 
Gegenstandes nichfc das scharfe Bild eines deutlich gesehenen niiheren Gegenstandes 
bedecken kann, wohl abor das Zerstreuungsbild eines uah(n-en (^regenstaudes das scharfe 
Bild eines fei-neren. Bei dem Versuohe mit dem durchbobrten Spiegel bedeckt das 
Zerstreuungsbild der Otfnuug, durch welche der Beobachter blickt und welche sich . 
moghchst nahe vor dem beobachteten Auge befinden muB, das entferntere, vielleicht 
deutlich gesehene Bild der Lichtflamme. Wenn man keinen Spiegel anwendet, sondern 
der Beobachter dicht an der Flamme vorbei nach dem beobachteten Auge sieht, er- 
scheinen diesem Auge die Flamme und das Auge des Beobacliters nahe nebeneinander, 
und sobald das beobachtete Auge nicht scliarf fiir sie akkomiuodiert ist, tlieBeu ihre 
200 
Die Di'>iih-ik des Auges. 
Zerstreuungskreise ineinander. Bei der Beleuchtung mit einer imbelegten Glasplatte 
konnen beide Bilder scharf seiu. sowoU das des Lichts, wie das der Pupille des Be- 
obacliters. Ersteres wird von der Platte gespiegelt. letzteres dureh die Platte ge- 
seben, so daB beide aufeinaud erf alien. Der Beobachtete kanu desbalb selbst am 
leicbtesten die Glasplatte so stelleu. daB dem Beobacbter sein Auge leucbtend er- 
scbeint. Er muB unr darauf acbten, daB ibm das Auge des Beobacbters von dem 
Spiegelbilde der Flamme gedeckt erscbeine. 
Ein solches Reziprozitiitsgesetz, wie wir es eben dafiir aiifgestellt liaben, 
daB iiberhaupt Licht von einem leuchtendeii zu eineni zu beleuchtendeu Punkte 
bin und her gehe, laBt sich auch fiir die Quantitiit des bin und zuriick ge- 
langenden Lichts aufstellen. Wir erinnern in dieser Beziebung zuniichst an 
folgendes. 
Allgemeines Gesetz der Beleuchtung. 
Wenu sich in einem durchsichtigen Medium zwei verschwindend kleine 
Flilchenelemente von der GroBe a und h in der gegenseitigen Enti'ernung r be- 
finden, ihre Normalen mit der sie verbindenden geraden Linie beziehlich die 
Winkel cc und ^i bilden, und a mit der Helligkeit H Licht aussendet, so ist 
die Lichtmenge L, welche von a auf b fiiUt 
H- ah cos a cos,:? 
L = 
W 
Ebenso groB ist aucb die Lichtmenge, welche von h auf a fallen wiirde, wenn b 
mit der Helligkeit H Licht aussendete. 
Satz III. 
In einem zentrierten Systeme von brechenden Kugelfiilchen sei Mj das Brechungs- 
verhaltnis des ersten, w., das des letzten brechenden Mittels. In dem ersten 
befinde sich senkrecht gegen die Achse des Systems gerichtet und der Achse 
nahe ein Flachenelement a, in dem letzten ein eben solches /i'. Wenn a 
die Helligkeit w^^iT hat und [i die Helligkeit n.,'^H, so fallt ebenso- 
viel Licht von a auf [j wie von /i auf a. 
Um den Beweis nicht komplizierter zu machen, als unsere beabsichtigten 
Anwendungen verlangen, vernachlassigen wir dabei die Schwilchungen, welche 
die Strahlen an den brechenden Fliichen durch Reflexion erleiden, und nehmen 
an, daB die Einfallswinkel der Strahlen an den brechenden Fliichen immer klein 
genug sind, um ihre Kosinus gleich 1 setzen zu konnen, obgleich der Satz sich 
auch in allgemeinerer Form beweisen li'iBt. 
1. Wenn [3 nicht am Orte des Bildes von u liegt. 
Es sei A C die optische Achse des brechenden Systems, F sein erster, G 
sein zweiter Hauptpunkt, a das erste Flachenelement, welches wir, da es ver- 
schwindend klein sein soil, 
nur durch einen Puukt in 
der Zeichnung dargestellt 
haben. y sein Bild, /"j /!, 
der Durchschnitt des ein- 
fallenden Strahlenbiindels 
in der ersten Hauptebene, g^y., derselbe in der zweiten. Die Gruudllache des 
Strahlenbiindels in der ersten Hauptebene ist kongruent derselben in der 
171. 173.1 Theorie des Augenleuchtens. 201 
zweiten; ihre gemeinsame GroBe sei <I>. Das zweite Flachenelement ^ liege in 
der Ebene, weiche in B senkrecht gegen die optische Achse steht, und b^ b^ sei 
der Durchschnitt des Strahlenblindels in dieser Ebene. Die FuBpunkte der 
von a und ;- auf die optische Achse gefallten Lote seien A und C. 
Die Lichtmenge, welche von a auf die Grundflache des Strahlenkegels f^ f, 
fallt, ist nach Gleichung 1) gleich 
wenn n^'^ H die Helligkeit von a ist. Dieselbe Lichtmenge fallt auch auf die 
weiteren Querschnitte des Strahlenkegels in g^g^ und b^h.,. Die Lichtmenge 
nun, welche in der letzteren Ebene auf das Flachenelement ij fiillt, verhiilt sich 
zu der ganzen Lichtmenge, welche die Flache b^b.^ trifft, wie die Oberflache 
von ij zu dem Querschnitt des Strahlenkegels in Jj 6.,, den wir mit .5" bezeichnen 
wollen. Es ist also die ganze Lichtmenge X, welche von u auf [j fallt, gleich 
= ' AF- '' 
Nun ist aber femer 
=. {b^b.^ BC^' 
Dieser Wert, in die Gleichung 2) gesetzt, gibt 
Da nun nach § 9 Gleichung 8 a) 
GC ^ F, 
AF ~ AF- F^ ' 
wo Fj und F^ die beiden Brennweiten des Systems sind, so ist 
X=Ha8 "■ ^ 2a). 
' [AF-F,+BG-Fj^~AF-BGr\^ ' 
Ebenso bekommt man nun fiir die Lichtmenge Y, welche von p\ wenn es 
mit der Helligkeit njH leuchtet, auf u faUt, den Ausdruck 
''-'"'^■TrF-7 F, + Bt^!--AF.Ba p ''^- 
Da auf beiden Seiten alles symmetrisch ist, braucht man, um dies zu er- 
halten, in dem Ausdrucke fiir X nur zu vertauschen 
A F mit BG 
F^ mit F, 
a mit j3 
n^^H mit n,^H. 
Da nun nach § 9 Gleichung 9 c) 
"i ^2 = "2 ^1 ■ 
so folgt aus 2 a] und 2 b) 
X = Y, 
was zu beweisen war. 
202 Die Dioptrik des Auges. [172. 173. 
2. Wenn ^i an den Ort des Bildes von u fallt. 
Wir nehmen zuerst an, daB p' in GroBe und Lage dem Bilde von a genau 
entspreche, dann entspricht audi « genau dem Bilde von /5. Alles Licbt also, 
was von a aus durch die brechenden Flilchen dringt, fallt auf /3, umgekehrt, 
alles, was von ^ durch die brechenden Flachen dringt, fallt auf a. 
Wir liehalten die Bezeichnungen der Figur 96 bei, nur daB wir uns das 
Element p' jetzt in ;' liegend denken. 
Es ist die von a bei der Helligkeit n^ H auf die brechenden Flachen und 
also auch auf ;3 fallende Lichtmenge X 
^"'"'■^^ '* 
und die von /3 bei der Helligkeit n,,- H auf die brechenden Flachen und also 
auch auf u fallende Menge Y 
■ ^-^^^^W^ ^^)- 
Da nun ^ das Bild von u sein soil, so ist nach § 9 (ileichung 8 b), indem 
man beriicksichtigt, daB u und ^ ahnliche Flachen, also dem Quadrate ihrer 
entsprechenden Lineardimensionen proportional sind 
,i ~ [GC-F.^'^' 
und da ferner nach § 9 Gleichung 8 a) 
„„ „ GC-F^ 
so 
folgt 
AF'^ 
._ 
AF 
t-' ^i 
GC' 
UI 
d da 
^1 
:-f; 
= "1 
:».,, 
so 
folgt 
un^' 
>^<' 
3c1. 
A F-^ G C' 
Aus 3 a), 3 b) und 3 c) zusammen folgt endlich 
X = y, 
was zu beweisen war. 
Sollte eines der beiden Elemente, z. B. a, groBer sein als das Bild von ^, 
so wurden die Teile von u, welche nicht zum Bilde von ,j gehoren, weder Licht 
auf /9 werfen, noch von (3 empfangen konnen, es wiirde dadurcb also weder X 
noch Y geandert warden und unser Satz richtig hleiben. 
Zusatze. 1. Die ganze Beweisfiihrung laBt sicli ebensogut auf zentrierte 
Systeme brechender und spiegelnder Kugelfliichen anwenden. 
2. Die leuchtende und beleucbtete Plache brauehen auch nicht verschwindend 
klein zu sein, wenn sis nur klein genug sind, daB die Kosinus der Einfallswinkel 
der Strahlen an den brechenden Fliichen sich nicht merklich von 1 untersobeiden. 
Denn da fiir jedes Paar verschwindend kleiner Plachenelemente der beiden Flachen 
der Satz gilt, so gilt er auch fiir die ganzen Flachen. 
Wenn wir den eben bewiesenen Satz auf die Verhaltnisse des Augenleuchtens 
anwenden und das eine Flachenelement in die Netzhaut des beobachteten Auges 
verlegen, statt des anderen die Pupille des Beobachters setzen, iibrigens den 
173. 174.] Theorie des Augenleuchtens. 203 
Unterschied der Brechung zwischen wassriger und glaserner Feuchtigkeit ver- 
nachliissigen und zwischen den beiden xlugen ein beliebiges System zentrierter 
brechender oder spiegelnder kugeliger Fliichen angebracht denken, so konnen 
wir den Satz folgendermaBen aussprecben: 
Satz Ilia. 
Die Menge Licbt, welcbe von einem Flacbenelemente der Netzhaut 
des beobacbteten Auges in das Auge des Beobacbters fallt, ist 
gleicb der Helligkeit, mit der das Netzhautelement von der Licht- 
quelle erleucbtet wird, multipliziert mit der Menge Licbt, welcbe 
von der Pupille des Beobacbters. wenn sie die Helligkeit = 1 biitte, 
auf das Netzbautelement fallen wiirde. 
H sei die Helligkeit, mit der das Netzbautelement von der Licbtquelle er- 
leucbtet wird, und k die Licbtmenge, welcbe von der Pupille des Beobacbters, 
\fenn diese mit der Helligkeit 1 leucbtet, auf das Netzbautelement fallt, so 
wiirde nacb dem eben bewiesenen Satze A- aucb gleicb der Licbtmenge sein, 
welcbe von dem Netzbautelemente, wenn dieses die Helligkeit 1 biitte, in die 
Pupille des Beobacbters gelangte. Da dieses nun aber die Helligkeit H bat, 
so ist die Licbtmenge, welcbe von diesem Elemente wirklicb in die Pupille des 
Beobacbters gelangt, Hk, wie es unser .Satz ausspricbt. 
Es ist dieser Satz gleicbsam die weitere Ausfiibrung des Satzes II, indem 
bier die quantitativen Bestimmungen gegeben werden, welcbe dort feblten. Zu- 
nacbst ist er nur erwiesen fiir Augenspiegel, an deren brecbenden und spiegeln- 
den Flacben die Licbtstrablen nabe senkrecbt einfallen und keinen erbeblicben 
Verlust erleiden. Es ist aber leicbt einzuseben, daB er aucb flir die Beleucb- 
tung des Auges mit schief gestellten spiegelnden Glasplatten gilt, da unpolari- 
siertes Licbt, vom beobacbtenden zum beobacbteten Auge durcb eine solcbe 
Platte gebend, ebenso stark gescbwacbt wird, als wenn es den umgekebrten 
Weg verfolgte. 
Satz IV. 
Wenn ein Beobacbter durcb ein zentriertes Sj'stem brecbender und 
spiegelnder Kugelflacben ein scbarfes Bild eines leucbtenden 
Gegenstandes erblickt und wir den Verlust von Licbt an den 
brecbenden und spiegelnden Flacben vernacblassigen konnen, so 
erscbeint jede Stelle des Bildes dem Beobacbter ebenso bell, wie 
ibm die entsprecbende Stelle des Gegenstandes obne optiscbe In- 
strumente geseben erscbeinen wiirde, so oft die ganze Pupille des 
Beobacbters von den Strablen getroffen wird, die von einem ein- 
zelnen Punkte jener Stelle ausgeben. Ist diese letztere Bedingung 
nicbt erfiillt, so verbalt sicb die Helligkeit des optiscben Bildes 
zurHelligkeit des frei gesebenen Gegenstandes, wie der von Strablen 
eines leucbtenden Punktes getroftene Fliicbenraum der Pupille 
des Beobacbters zur ganzen Pupille. 
Wenn das Auge direkt oder durcb ein zentriertes optiscbes S3'stem ein 
deutlicbes Bild eines Gegenstandes siebt, so konnen wir das Auge mit dem voi'- 
gesetzten optiscben Systeme zusammen wiederum als ein optiscbes System be- 
tracbten, welcbes ein Bild des Gegenstandes auf der Netzbaut entwirft. Es sei 
204 Die Dioptrik des Auges. [174. 
a ein Flachenelement des Gegenstandes, b sein Bild auf der Netzhaut. So viel 
Licht von « nacli b geht, wiirde auch nach Satz III dieses Paragraphen von h 
nach a sehen, wenn dem Netzhautelemente b die Helligkeit -^ H erteilt wiirde. 
In diesem Ausdrucke ist H die Helligkeit des Elements a, n^ das Brechungs- 
verhaltnis des Mediums, in dem sich a befindet, w^ das des Glaskorpers. Es 
liiBt sich aber leicht berechnen, wie viel Licht von b nach a unter diesen Um- 
standen gehen wiirde. Ist q der Querschnitt des von einem Punkte von b nach 
einem Punkte von a gehenden Strahlenbiindels in der Pupille, so ist die von b 
nach a gehende Lichtmenge M gleich der von // nach q gehenden, und diese ist 
worin B den Abstand der Pupille von der Netzhaut bedeutet. Streng genommen 
wiirde hier unter q der Querschnitt des Strahlenbiindels in dem von der Linse 
entworfenen Bilde der Pupille, und unter R die Entfernung dieses Bildes von 
der Netzhaut zu verstehen sein. In diesem Ausdrucke flir die Lichtmenge, 
welche von dem leuchtenden Flachenelemente H in das Auge fallt, sind zwei 
GroBen, welche von der BeschaiTenheit des dem Auge vorgesetzten optischen 
Systems abhangen, nilmlich q der Querschnitt des Strahlenbiindels in der PupiUe 
und b die GroBe des Bildes auf der Netzhaut. 
Die Helligkeit dieses Bildchens hangt nun aber nicht nur von der einfallen- 
den Lichtmenge ab, sondern auch von der GroBe der Fliiche b, iiber welche die 
Lichtmenge ausgebreitet wird, und ist der letzteren umgekehrt proportional. 
Setzen wir als Einheit der Beleuchtungsstarke die Lichtmenge, welche die 
Einheit der FUiche triil't, so ist die Beleuchtungsstarke •/ des Netzhautelements h 
M n.^ q 
'^=T = V ^^' 
in welchem Ausdrucke nur noch q von der BeschafFenheit des optischen Systems 
abbangig ist. Sieht das Auge frei den Gegenstand an, so fullt das Strahlen- 
biindel die ganze Pupille, deren Querschnitt Q sei, und die Beleuchtungsstarke 
wird 
GroBer als Q kann q niemals werden; dieser letztere Ausdruck ist also das 
Maximum der Helligkeit; er stellt die natiirliche Helligkeit des Bildes dar. Die 
Helligkeit ausgedehnter Fliichen kann durch optische Instrumente nie groBer, 
nur kleiner werden, wenn q kleiner als Q, und verhalt sich daun zur natiirlichen 
Helligkeit wie q zu Q. 
Zusatze. 1. Nur wenn wir verschwindend kleine leuchtende Punkte durch 
optische Instrumente betrachten, deren Bild auch bei den starksten VergroBerungen 
nur die Ausdehnung der kleinsten Zerstreuungskreise auf der Netzhaut bedeckt. also 
immer dieselbe Flaobenausdehnung behiilt, konnen optische Instrumente die Helligkeit 
vergroBern. Dies geschieht z. B. fiir die Fissterne, und deshalb konnen auch Pix- 
sterne durch stark vergroBernde Fernrohre mit groBen Aperturen bei Tage sichtbar 
gemacht werden. Die scheinbare Helligkeit des Fixsterns steigt proportional der 
Lichtmenge. welche das Instrument in seinen Fokus vereinigt. wiihrend die Helligkeit 
des Himmelssewolbes im Fernrohre uieht vermehrt wird. 
174. 175.] Theorie der Augenspiegel. 205 
2. Aucli weun Zerstreuungsbilder eiuer leuchtenden Plache von gleichmiiBiger 
Helligkeit im Auge eutworfen werden. kanu die Helligkeit des Netzhautbildes nur 
gleich. uie groBer wei'den als die Helligkeit bei freier Uetrachtung der Flacbe. Dei- 
Be weis laBt sicb ganz so fiiliren wie fiir scharf gesebene Bilder. da Satz III fiir 
scharfe Bilder und fiir Zerstreuungsbilder gleicbmilBig gilt. Aiicb bier ist die Hellig- 
keit proportional dem Querscbnitt des Strablenbiindels in der Puisille, welches von dem 
entsprechenden Punkte der Netzhaut bis nacb der leucbtenden Flache gelangen kann. 
Ich erlaiibe mir zu bemerken, daB gegen die bier entwickelten Gruudsatze der 
Helligkeit dioptriscber und katoptriscber Apparate nocb oft gesiindigt \vird. Man 
glaubt nocb oft. daB, wenn man Licbt durch Sainmellinsen oder Hoblspiegel in das 
Auge, in Mikroskope usw. fallen liiBt. man dadurcb nicbt bloB die scbeinbare GroBe 
der leuchtenden Flache, sondern aucb ihre scbeinbare Helligkeit vermebren konne. 
Der Vermehruug des in das Auge fallenden Lichts, welches durch solcbe Mittel er- 
reicbt werden kann, entspricbt stets eine entsprechende Vergrofieru.ng des Bildes, so 
daB das Bild eben nur groBer, uicht heller wird. Durch kein optiscbes Instrument 
kann man die Helligkeit einer leuchtenden Flache von erkennbaren Dimensionen fiir 
das Auge groBer macben, als sie dem bloBen Auge erscbeint. Ebensowenig kann 
eine beleuchtete Flache jemals eine groBere Helligkeit bekommen. als die leuchtende hat. 
Satz V. 
Allgemeines Verfabren, die Helligkeit zu bestimmen, mit welcher 
dem Beobachter durch einen Augenspiegel eine Stelle der Netz- 
haut des beobachteten Auges erscheint. 
a) Wenn der Verlust, den die einzeluen Strahlen an den brechen- 
den und reflektierenden Flachen erleiden, vernachlassigt werden 
kann. Es sei x ein Piinkt an der betretfenden Stelle der Netzliaut; wir haben 
zu untersuchen, wie das Strahlenbiindel verliluft, welches von .r nach der Pupille 
desselben Auges geht. Nach Satz I und II muB ein Teil dieses Strahlen- 
blindels zum leuchtenden Korper, ein anderer zur Pupille des Beobachters 
gehen. Es sei P der Querscbnitt der Pupille des beobachteten Auges, p in 
dieser Pupille der Querscbnitt desjenigen Teils des Strahlen biindels, welches 
zum leuchtenden Korper zuriickgelangt, H die Helligkeit, welche der betreffenden 
Netzhautstelle zukommen wiirde, wenn das beobachtete Auge, frei nach dem 
leuchtenden Korper blickend, auf ihr ein Bild dieses Korpers entwiirfe. Wir 
konnen diese die normale Helligkeit nennen. Sie hilngt naturlich wesentlich 
von der Struktur der Netzhaut selbst ab. ferner von der Helligkeit des leuch- 
tenden Korpers und der Weite der Pupille P. Bei Anwendung des Augen- 
spiegels muB notwendig die wirkliche Helligkeit der Netzhautstelle kleiner 
werden, niimlich 
Weiter ermittele man den Querscbnitt q, den der Teil des von r ausgegangenen 
Strahleubiindels, welcher in die Pupille des Beobachters gelangt, in dieser 
Pupille hat. deren ganzer Fliicheninhalt Q sei, so ergibt sich schlieBlich fiir die 
Helligkeit der Netzhautstelle, wie sie dem Beobachter erscheint, 
b) Wenn die Strahlen durch Spiegelung oder Brechung einen 
merklichen Verlust erleiden. Unter den bisber konstruierteu Formen der 
206 l^ie Dioptrik des Auges. [175. 17a. 
Augenspiegel kommt ein soldier mir bei dem von mir angegelienen mit un- 
belegteu spiegelnden Flatten vor. Das vom Auge zum leuchtenden Korper 
geliende Strahlenbiindel wild in diesera Falle iind alien ahnlichen ebeusoviel 
verlieren als die vom Lichte wirklich zum Auge gehenden Strahlen. Man 
braucbt also aucb nur den Verlust des ersteren zu berecbnen. Es moge von 
einem Strahl, der vom Licht zum beobacbteten Auge gebt und dessen Intensitat 1 
ist, u im Auge ankommen, und von einem eben solclien Strable, dei' vom be- 
obacbteten Auge ausgebt, ^ in dem des Beobachters ankommen, dann miissen 
■wir den obigen Ausdruck flir die Helligkeit nocb mit u und § multiplizieren ; 
er wird also 
Durch die in den vorstehenden Satzen vollzogene Umkehr des Problems von 
der Erleucbtung des Auges baben wir die Untersuchung der Helligkeit der Bilder 
fiir jeden Fall auf die Bestimmung des Ganges eines einzigen Strahlenbiindels reduziert, 
wahrend es sonst notig war, die Helligkeit einer einzelneu Netzhautstelle aus der 
Helligkeit aller iibereinander gelagerteu Zerstreuungskreise, welcbe den einzelnen 
Punkten der Licbtquelle entspreoben, durcb Summation zu bestimmen. Aucb glaube 
ich, da6 die Sache dadurcb der Anscbauung zugilnglicber vrird. Den Gang der 
Strablen von einem Netzhautpunkte durcli die verlialtnismiiBig einfachen optiscben 
Systeme der Augenspiegel, von denen eines zur Beleuchtung. eines znr Beobacbtung 
dient, einzeln genommen kann man sieb leicbt veranscbaulicben, wahrend die ganze 
Ubersicbt des Ganges der Licbtstrablen von der Licbtquelle bis zum Auge des Be- 
obachters meist desbalb scbwierig wird, well auf der Netzbaut eine unendliche Zabl 
ineinander greifender Zerstreuungskreise der Punkte der Licbtquelle und der Pupille 
des Beobachters entsteben. 
Satz VL 
Die Mittel, ein deutlicbes Bild des Augenbintergrundes zu erhalten. 
^4 Fig. 101 sei das beobacbtete Auge, a ein Punkt seiner Netzhaut, dessen 
Bild von den Augenmedien in h entworfen wird, in der Entfernung, wo das 
Fig. 101. 
beobacbtete Auge deutlicb siebt. Die beiden Pfeile, welcbe bei a und b ge- 
zeicbnet sind, entsprecben der GroBe der zusammengeborigen Bilder. Das Bild 
der Netzbautstelle ist vergroBert und umgekebrt. Ein Beobacbter, welcber obne 
weitere Hilfsmittel dies Bild der Netzbaut in h seben wollte, miiBte also nocli 
weiter entfernt vom Auge A, etwa in G sich befinden, so daB die Entfernung Cb 
wieder gleicb der Sebweite des Beobachters wlirde. Hierbei wurde aber das 
von der Pupille des beobacbteten Auges begrenzte Gesicbtsfeld des Beobacbters 
so klein sein, daB er docb nicbts erkennen konnte. 
Es sind bisber zwei Hauptmetboden angewendet worden, um die Lage des 
Bildes b dem Beobacbter bequemer zu macben. Bei der einen wird ein virtuelles 
176. 177.] Theorie der Augenspiegel. 207 
aufrechtes Bild der Netzhaut, bei der aiideren ein reelles umgekehrtes ent- 
worfen. 
A. Darstellung der Netzhaut im virtuellen aufrechten Bilde. 
Man wendet dazu eine Konkavlinse B in Fig. 102 an, deren Brennweite Bp 
kleiner ist als die Entfernnng des Punktes b von ihr. Eine solche macht die 
von A nach b bin konvergierenden Lichtstrahlen wieder divergent, so da6 sie 
von einem scheinbar 
bei (7 im Riicken des * " 
beobacbteten Auges ge- 
legenen Punkte zu kom- 
men scheinen. Die Pfeile 
bezeichnen wieder Lage 
undGroBederNetzbaut- Fig. 102. 
stelle iind ibrer Bilder. 
Nennen wir p die negative Brennweite der Konkavlinse, « die Entfemung B h, 
•/ die Entfemung dB, so ist 
1 1-1. 
a r ~ p' 
y mu6 gleicb der Sebweite des Beobacbters sein, wenn er das bei d entworfene 
Bild der Netzbaut deutlicb seben soil ; u biingt von der Akkommodationsweite A b 
des beobacbteten Auges und der Entfemung A und B ab. Hat man den Wert 
beider GroBen festgestellt, so kann man aus der gegebenen Gleicbung den Wert 
von p lierecbnen, welcber gewablt werden muB, um deutlicbe Bilder zu geben. 
W^iiren beide Augen fur unendlicbe Feme akkommodiert, also « = ;■ = oo, 
so wi'irde auch p = oo werden miissen, d. h. es wilre gar keine Linse notwendig. 
Aucb fiir die seitlicb gelegenen Teile der Netzbaut ist gewobnlicb keine 
Linse notwendig, weil diese vor den dortbin fallenden Vereinigungspunkten der 
Licbtstrablen weit entfernter Licbtpunkte zu liegen scbeinen, und die Augen- 
medien von ibnen daber selbst scbon ein dem Beobacbter passendes Bild 
entwerfen. 
Das Netzbautbild in d ist bei dieser Beobachtungsweise aufrecbt. 
Was die VergroBerung betrifft, so denke man in b einen leuchtenden 
Gegenstand, dessen Bild auf der Netzbaut in a entworfen werden wlirde. Die 
riickkebrenden Strablen bildeu ein Bild des Netzhautbildes , welcbes nacb den 
vorber auseinandergesetzten Grundsatzen des Augenleucbtens dem leucbtenden 
Gegenstande in b kongruent ist. Nennt man /^ die GroBe des leucbtenden 
Gegenstandes und des ihm gleichen Bildes in b. d die des vom Beobacbter ge- 
sebenen Bildes in rf. so ist 
1 = :^ 
d- . r' 
Als MaB fiir die scheinbare GroBe des gesehenen Bildes konnen wir seine 
GroBe divitUert durcb seine Entfemung von dem sebenden Auge gebrauchen. 
Beiindet sich das Auge des Beobacbters dicbt binter dem Konkavglase, so wiire 
die scheinbare GroBe des Bildes 
1 = 1. 
208 
Die Dioptrik des Auges. 
b^ 
. 178. 
Nennen wir die Entt'ernung A B nun q, so ist die scheinbare GroBe des Objekts b 
uArq' 
fur das Auge a 
also etwas kleiner als die des Bildes d fiir den Beobachter. Ist die Sehweite 
des Auges A sehr viel groBer als q, so kann man q gegen u vernachlassigen, 
und findet auch fill' das beobachtete Auge die scbeinbare GroBe des leucbtenden 
Gegenstandes gleicb — • 
Die Netzhautbilder des beobacbteten Auges erscbeinen also bei dieser Au- 
ordnung dem Beobacbter unter gleicbem oder etwas groBerem Gesicbtswinkel 
als die entsprecbenden Gegenstilnde dem beobacbteten Auge. 
Daraus ergibt sicb nun leicbt die VergroBerung der Netzbautstelle des be- 
obacbteten Auges. Ist X die GroBe des auf der Netzbaut in a entworfenen 
Bildes von p', und y der Abstand der Netzbaut vom bintereu Knotenpunkte des 
Auges, so verbalt sicb 
x_ _ y 
i? "« + ? 
S 
Beides multipliziert gibt: 
X 
y ' ^ 
;'{«+ a) 
y ist in Listings scbematiscbem Auge gleicb 15,0072 mm (oder 6,694 Par. Lin.), 
/ ist bier nacb der bei der Berecbuung von VergroBerungeu angenommenen 
Norm der Sebweite gleicb 8 Zoll zu setzen. Daraus ergibt sicb die Vei'groBerung 
± = 14,34 ^±1 . 
X a 
Da q gegen « gewobnlicb sehr klein ist, konnen wir die VergroBerung gleicb 
14^3 mal aunebmen. 
Das Gesichtsfeld, welcbes man iibersieht, ist bei dieser Metbode durcb den 
undeutlicb gesebeuen Eand der Pupille des beobacbteten Auges niebt scbarf 
begrenzt. Um eine bestimmte Grenze passend zu wablen, kann man die nacb 
dem Eande der Pupille des beobacbteten Auges gezogenen Visierlinien des 
Beobacbters nebmen, deren Kreuzungspunkt ' im Mittelpunkt der Pupille des 
Beobacbters Hegt. Wenn man diese Visierlinien wie Lichtstrableu bebandelt, 
die von dem Mittelpunkte der PupiUe des Beobacbters ausgeben, findet man, 
daB das Gesichtsfeld des Beobacbters auf der Netzbaut des beobacbteten Auges 
dem Zerstreuungsbilde entspricbt, in welchem der Mittelpunkt der Pupille des 
Beobacbters dort erscbeint. Liegt dieser Mittelpunkt oder vielmebr sein durcb 
die Konkavlinse gesebebenes Bild im ersten Brennpunkte des beobacbteten 
Auges, so ist der Zerstreuungskreis, wie im vorigen Paragrapben bei den ent- 
optischen Erscbeinungen nacbgewiesen ist, ebenso groB wie die Pupille des 
beobacbteten Auges. Meist wird aber das Auge des Beobacbters sicb dem be- 
obacbteten Auge nicbt so weit nabern konnen, und dann wird der dem Ge- 
S. § 11 S. 104. 
Theorie der Augenspiegel. 
209 
sichtsfelde gleiche Zerstreuungskreis kleiner als die Pupille des beobachteten 
Auges werden, urn so kleiner, je waiter der Beobachter sich entfernt. 
B. Darstellung der Netzhaut im reellen umgekebrten Bilde. 
Die zweite Methode, das Bild der Netzhaut dem Beobachter bequem sichtbar 
zu machen, besteht darin, da6 man nahe vor das beobachtete Auge eine Konvex- 
linse von kurzer Brennweite, 1 bis 
3 Zoll, halt. Es sei wieder in Fig. 103 
a ein beleuchteter Punkt der Netz- 
haut. b sein Bild auBerhalb des be- 
obachteten Auges A, B eine Konvex- 
linse, auf welche die Strahlen fallen, 
ehe sie sich zum Bilde vereinigen. Pig 103 
Diese entwirft ein kleineres uud nilheres 
Bild, als h ist, in d, ebeufalls in umgekehrter Stellung, wie das in b. Das Auge 
des Beobachters befindet sich in C, so weit entfernt, als es zur Akkommodation 
dieses Auges fiir das Bild notwendig ist. 
Ist p die positive Brennweite der Linse B, und wird die Entferuung Bh 
wieder mit a, Bd mit / bezeichnet, so ist 
1 _ 1 _ J_ 
;• « P 
Da u meist sebr viel groBer ist als p, so wird ;- nahehin gleich p. bleibt 
aber stets etwas kleiner. 
Die GroBe eines Netzhautteiles im Punkte a sei x, die seines Bildes in h 
sei ,j, die des letzten Bildes in d sei S, und die Entfernung der Netzhaut vom 
hinteren Knoteupunkte des Auges sei //, die Entfernung des ersten Hauptpunktes 
der Linse B vom vorderen Knoteupunkte des Auges A sei q, so ist 
X 
= 
y 
1 
p' 
CC + 
8 
= 
u 
7 
Beides 
multipliziert 
gibt 
X 
y 
a 
y ■ (« +_p) 
rV 
•(« + ?) p{a + q) 
in iler Regel stellt man die Linse B so, daB die Pupille von A in ihrem eiuen 
Hauptbrennpunkte liegt, dann wird also p nahehin gleich q, und die Ver- 
groBeruug 
d p 
X y 
Nehmen wir fiir y den Wert aus Listings schematischem Auge, so ergibt sich, 
daB das Bild ^■ 
2 mal vergroBert ist, wenn jo = 30 mm (13,4'") 
3 „ „ „ „ P = 45 „ (20,1'") 
4 „ „ „ „ p = 60 „ (26,8'"). 
Dies ist die wirkliche VergroBeruug des objektiven Bildes. Die VergriiBerung 
fiir den Beobachter, wenn die Entfernung Cd gleich c gesetzt wird, ist 
V. Helmholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 14 
210 Die Dioptrik des Auges. [179. i so. 
-^ X 8 Zoll. 
yc. 
Das Gesichtsfeld sieht der Beobachter bei dieser Methode begrenzt durch 
die Pupille des beobachteteii Auges, so lange die Konvexlinse diesem Auge sehr 
nahe stelit. Je weiter man die Konvexlinse aber entfernt, desto starker ver- 
groBert erscheint die Pupille. bis sie endlicb in die Nahe des Brennpunktes der 
Glaslinse kommt, danu verscbwindet der Pupillarrand ganz aus dem Gesichts- 
felde, und die Ausdehnung des letzteren wird nur noch von der Apertur dieser 
Linse bestimmt. Urn die GroBe des Gesichtsfeldes zu bestimmen, konnen wir 
wieder, wie in dem vorigen Falle, die Visierlinien des Beobachters wie Licht- 
strahlen behandeln. Zunachst entwirft die Linse B ein Bild vom Kreuzungs- 
punkte der Visierlinien in der Niihe ihres Brennpunktes, also nahehin in der 
Ebene der Pupille des beobachteten Auges. Von da divergieren die Visier- 
linien nach dem Hintergrund des beobachteten Auges hin. Da ihr Vereinigungs- 
punkt in der Nahe des vorderen Knotenpunktes des beobachteten Auges liegen 
•wird, oder vielleicht auch, je nach der Stellung der Linse B, ganz mit diesem 
Knotenpunkte zusammenfallen wird, so gehen die Visierlinien des Beobachters 
fast ungebrochen in das beobachtete Auge hinein. Ihr Gang ist in Fig. 103 
durch die punktierten Linien angedeutet. Ist die Apertur der Linse B gleich m, 
der Durchmesser des Gesichtsfeldes auf der Netzhaut gleich v. so ist 
V u 
V V 
Da man bei so kleinen Linsen recht gut die Apertur gleich der halben Brenn- 
weite machen kann, also u = ^/., p, so wird alsdanu 
Man iibersieht also in diesem Falle ein groBeres Gesichtsfeld, als es ohue klinst- 
liche ErweiteruDg der Pupille durch Atropin bei der Beobachtung mit Konkav- 
glasern mijglich ist. 
vn. 
Beleuchtungsapparate der Augenspiegel. 
Nach den drei oben angefiihrten Methoden kann die Beleuchtung direkt 
mit einem Lichte geschehen, oder mit einem durchbohrten undurchsichtigen 
Spiegel, oder mit unbelegten, also durchsichtigen Glasplatten als Spiegel. 
Beleuchtung ohne alien Spiegel liiBt sich nur fiir das umgekehrte Bild der 
Netzhaut anwenden, erfordei't eine betriichtliidie Geschicklichkeit, und ware 
etwa nur da zu empfehlen, wo gerade kein anderes Instrument als eine ein- 
fache Konvexlinse von kurzer Brennweite zur Hand ist. Die Ausflihrung der 
Beobachtung ist folgende. Der Beobachter sieht dicht neben einem Lichte 
vorbei und, durch einen Schirm gegen dessen direkte Strahlen geschiitzt, wie 
es in Fig. 97 abgebildet ist, nach dem beobachteten Auge hin, und bringt eine 
Konvexlinse von 2 bis 4 Zoll Brennweite vor dieses Auge, wie in Fig. 103. Um 
die I'ichtige Stellung zu fiiiden. bringt man diese Linse zuerst ganz dicht vor 
das beobachtete Auge, und entfernt sie allmahlich so weit, bis man die Pupille 
so stark vergroBert erblickt, daB ihre Riinder hinter deuen der Linse ver- 
schwinden. Man erblickt dann ein umgekehrtes reelles Bild der Netzhaut bei (/ 
180.181.] Theorie der Augenspiegel. 211 
Fig. 103. Um die Helligkeit dieses Bildes zu bestimmen, verfolgen wir nach 
den Vorschriften von Nr. V dieses Paragraphen das Strahlenbiindel, welches 
vom Netzliautpunkte a Fig. 103 ausgeht; es wird von den brecheiiden Flachen 
des Auges nach h bin, darauf von der Linse B nach d bin konvergent gemacht, 
divergieit hinter d, und ist bei qq am Auge des Beobachters jedenfalls breit 
genug, daB die Pupille des Beobachters ganz hineintauchen und also die Netz- 
hautstelle mit ihrer ganzen wirkhchen Helligkeit sehen kann. Diese wirkliche 
Helligkeit verhalt sich zur normal en oder groBtmoglichen Helligkeit nach V 
wie der Teil des Strahlenkegels qq, der die Flamme trifft, zum ganzen Strahlen- 
kegel. Wenn nun die Flamme hinreichend groB und passend gestellt ist. so 
brauchen nur sehr wenig Strahlen des Kegels q q bei der Flamme vorbei zu 
gehen, um die Pupille des Beobachters auszufiillen. Dann wird die wirkliche 
Helligkeit der Netzhautstelle a sehr wenig kleiner sein als die normale Helligkeit, 
und die scheinbare Helligkeit fiir den Beobachter gleich der wirklichen. 
Fig. 104. 
Sehr viel bequemer wird die Beobachtung, wenn der Beobachter einen 
durchbohrten undurchsichtigen Spiegel anwendet, um das Auge A zu erleuchten. 
Es sei in Fig. 104 wieder A das beobachtete, B das beobachtende Auge, G die 
Konvexlinse, und SS ein durchbohrter Spiegel. Von dem Netzhautpunkte a 
wird ein Bild bei d entworfen, welches der Beobachter durch die (3ffnung des 
Spiegels bin betrachtet. Von dem ganzen von a kommenden Strahlenkegel geht 
nur der schniale Teil fiir die Beleuchtung verloren, welcher durch die Offnung 
des Spiegels fallt, der ganze iibrige Teil wird reflektiert und kann dem leuch- 
tenden Korper zugelenkt werden. Zu dem letzteren Ende ist entweder der 
Spiegel SS ein Hohlspiegel (Ruete), oder aber ein Planspiegel (Coccius) oder 
Konvexspiegel (Zehender), neben dem man eine Linse L angebracht hat, welche 
die Strahlen auf den leuchtenden Korper vereinigt. Aus dieser Darstellung 
folgt sehon nach Nr. V, daB die Helligkeit der Erleuchtung nahezu die normale 
sein kann. 
Das Gesichtsfeld fiir den Beobachter fanden wir bedingt durch die GroBe 
der Linse C, wenn die Pupille im Brennpunkte dieser Linse steht. Es fragt 
sich, ein wie groBer Teil der Netzhaut erleuchtet werden kann. Da alles Licht 
durch die Linse C in das Auge des Beobachters fallt, kann natlirlich das be- 
14* 
212 Die Dioptrik des Auges. [isi. 182. 
leuchtete Feld der Netzhaut nicht groBer als das Zerstreuungsbild der Liiise C 
sein, welches selbe Zerstreuungsbild auch, wie wir in VI gezeigt haben, dein 
Gesichtsfelde des Beobachters entspricht. Dies Zerstreuungsbild wird in alien 
Teilen sein Maximum der Helligkeit haben, wenn vou jedem Teil der Linse G 
Licht auf jeden Teil der Pupille fallt. Diese Bedingung wird erfiillt sein, wenn 
die Pupille des beobachteten Auges gleich oder kleiner als das Bild ist, welches 
die Linse C in der Nahe der Pupille von dem Spiegel <S S (oder der Linse L) 
entwirft, und von jedem Punkte dieses Spiegels, mit notwendiger Ausnahme 
der mittleren Durchbohrung, Licht auf jeden Teil der Linse C fallt. Das 
letztere wird aber wiederum geschehen, wenn die Linse C an dem Orte steht, 
wo der Spiegel das Bild der Lampenflamme D entwirft, und die Linse gleich 
oder kleiner als dieses Bild ist. 
Um ein Beispiel solcher Konstruktiou zu geben, woUen wir aniiehmen. mau 
verlange von dem Augenspiegel eine viermalige VergroBerung und gebe dem- 
entsprecliend der Linse C eine Brennweite von 60 mm und eine Apertur von 30 mm. 
Der Spiegel, welcher ein durchboLrter Koukavspiegel sein moge. muB so weit von 
dem Orte des Bildes d entfernt sein. da6 der Beobachter sein Auge fiir das Bild 
akkommodieren kann, also etwa 150 mm. Dann stebt der Spiegel S von der Linse G 
210 mm ab. Nach § 9 Gleicbiing 14 b) wird sein von der Linse entworfenes 
Bild = ^"/jso = ^/g seiner eigenen GroBe sein. Da nun sein Bild der Pupille des be- 
obachteten Auges gleich sein soil, und diese bei kiinstlicber Erweiterung bis auf 10 mm 
Durchmesser kommen kann, so miissen wir dem Spiegel 25 mm Durcbmesser geben. 
Die Brennweite, welche wdr dem Spiegel geben miissen, bestimmt sich nun durch 
die Bedingung. daB er ein Bild der Lampenflamme entwerfen muB, welches die 
Linse G deckt. Die Flamme groBerer AKGANDScher Brenner hat etwa 15 mm Durch- 
messer. Setzen wir in tj 9 Gleichung 14 b) fiir ^jj den Dvirchmesser der Linse G 
30 mm, fiir ^j., den Durchmesser der Lampenflamme 15 mm, fiir /". die Entferuung CS 
gleich 210 mm, so wird die Brennweite F des Spiegels gefunden gleich 70 mm. und 
die Lampenflamme muB 105 mm vom Spiegel entfernt sein. 
Wenn man nicht einen Koukavspiegel, sondern einen ebenen Spiegel und eine 
konvexe Glasliuse wie in Fig. 104 anwenden will, muB mau statt der Entferuung des 
Spiegels von der Linse C in der Rechnuug die Summe der Entfernungen der beiden 
Linsen L und G von der Mitte des Spiegels nehmen. 
Wenn der Beobachter den Spiegel und die Linse frei in der Hand halt, wird 
es nattirlich nicht moglich sein, die Entfernungen dieser Telle, die der Rechniuig zu- 
grunde gelegt sind. genau einzuhalten, und man wird auch bei ziemlich groBen Ab- 
weichungen davon noch gute Bilder erhalten; denuoch ist es aber wohl fiir den Be- 
obachter vorteilhaft, die besten Bedingungen fiir die Haltung seines Instruments zu kenuen 
Wenn mit einem durchbohrten Spiegel und einem Konkavglase beobachtet 
werdon soil, sind die Verhaltnisse ungiinstiger. In Fig. 105 ist wieder A das 
beobachtete, B das beobachtende Auge. S der 
Spiegel. Soil der Netzhautpunkt a beobachtet 
werden, so mu6 ein Teil des von ihm a.us- 
gehenden Strahlenkegels in das Auge des Be- 
obachters fallen, wir wollen diesen Teilanennen, 
ein auderer Teil (1 — «) von dem Spiegel nacli 
dem Lichte reflektiert werden. Ist also // die 
normale Helligkeit der Netzhautstelle a. so wird 
unter diesen Umstanden nach Nr. Y dieses 
Paragraphen H-[\ — a) ihre wirkliche Helligkeit sein. Es sei wie friiher / der 
Flilcheninhalt der scheinbaren Pupille des beobachteten Auges A, 1' eben- 
182.183.1 Theorie der Augenspiegel. 213 
derselbe von B, g die Entfernung der beiden scheinbaren Pupillen voneinander, 
und h die Akkommodationsdistanz des Auges A, so ist der Querschnitt des 
Teils des Strahlenbiindels, der in das Auge des Beobachters fallt, 
Dieser Querschnitt wird in der Kegel kleiner sein als R. Die scheinbare 
Helligkeit fiir den Beobachter wird dann 
Die GroBe «(! — «) erreicht ihr Maximum, wenn «= ^Z^, sie wird alsdann 
gleich \'^. Die vorteilhafteste Anordnung in bezug auf Helligkeit wird also die 
sein. wo die Halfte des Strahleukegels in das Auge des Beobachters fallt, die 
HiiKte zuriickgeworfen wird. Man erreicht dann die Helligkeit 
J.[h-gf 
'* Rh^ ' 
Um ein moglichst groBes Feld in dem beobachteten Auge zu beleuchten, 
wende man eine groBe und nahestehende Lampenflamme an, oder wenn dies 
nicht zureicht, kann man bei L eine Sammellinse anbringen. Entwirft diese 
ein Bild der Flamme, welches die Pupille ganz deckt, so wird im Auge A das 
ganze Zerstreuungsbild der Linse L beleuchtet. 
Fiir die Beobachtung mit Konvexliusen wiirde die Beleuchtung mit uu- 
belegten Glasplatten nur '/^ der Helligkeit geben. welche man mit durchbohrten 
uudurchsichtigen Spiegeln erreichen kann. Dagegen kann diese Beleuchtung 
bei der Beobachtung mit Konkavlinsen unter Umstiinden mit Vorteil an- 
gewendet wei-den. 
Man stelle sich namhch in Fig. 1 05 den Spiegel 6' S vor als nicht durch- 
bohrt und unbelegt, bestehend aus einer oder mehreren iibereinander gelegten 
Glasplatten. Es werde von jedem Lichtstrahl. der auf den Spiegel fallt, der 
Teil u durchgelassen, der Teil (1 — «) zuriickgeworfen. Ist H die normale 
Helligkeit der Netzhautstelle a, bei direkt einfallendem Lichte, so gibt das von 
dem Spiegel redektierte Licht nur die Helligkeit H [\ — a). Der Querschnitt 
des Strahlenbiindels, welches von a ausgeht, ist, da wo es auf B fiillt, jetzt 
[h-gf 
J^ 
h^ 
Da nur der Teil « des Lichts durch die Flatten hindurchgeht. so wird die 
scheinbare Helligkeit fiir den Beobachter: 
Dieser Ausdruck erreicht auch in diesem Falle ein Maximum, wenn k gleich 
^/j ist, und wird 
solange 
I* R.h^ ' 
214 
Die Dioptrik des Auges. 
[l33. 184. 
Diese Bedingung wird bei normalen Augen in der Regel erfiillt sein. da die 
Pupille J des von eiuer groBen Lichtmenge getroffenen Auges A in der Regel 
enger sein wird als die Pujiille R des Beobachters. Nur bei der kiiiistlicben 
Erweiterung der Pupille ./ durch Atropin wird es nicht der Fall sein, und dann 
wird die scheinbare Helligkeit einl'acb gleicb \/^ H. Im letzteren Falle ist die 
Beobacbtung mit einem durcbbohrten Spiegel vorteilhafter, denn dort gilt der 
gegebene Ausdruck fiir die Helligkeit, solange 
I 
R < u 
J{h - g? 
und 
a 
Wenn man normale Augen ohne Anwendung von Atropin untersucht, so 
wiirde man mittels beider Arten der Beleucbtung dieselbe Helligkeit erhalten 
konnen, wenn die Pupillen unbeweglicb waren. Der belegte Spiegel wirft aber 
im ganzen mehr Licbt in das beobacbtete Auge, blendet es starker, und die 
Pupille verengt sich mehr, so daB unter diesen Umstiinden der unbelegte 
Spiegel ein groBeres Gesicbtsfeld und eine groBere Helligkeit geben kann. 
AuBerdem beleucbtet er die gesehene Netzhautfliicbe gleichmaBig, wahrend beim 
durcbbohrten Spiegel das Zerstreuungsbild der Durchbohrung die Beleucbtung 
ungleichmilBig macht. Endlich ist der Hornliautretlex bei dem unbelegten 
Spiegel weniger storend, well das vom Spiegel reflektierte Licht mehr oder 
weniger polarisiert ist, und von der Hornhaut ohne Anderimg seiner Polarisation 
zuriickgeworfen nur zu einem sehr kleinen Telle durch die Platten zurllckgeht. 
Damit der unbelegte Spiegel die Hiilfte des auffallenden Licbts zurlick- 
werfe, kann man ihn entweder aus einer Glasplatte bestehen lassen, oder aus 
mehi-eren iibereinandergelegten, muB aber den 
Eintallswinkel der reflektiei-ten Lichtstrahlen 
dann passend wahlen. Der passende Eiufalls- 
winkel fiir 
eine Platte ist 70 " 
drei Platten ,,600 
vier Platten ,, 56". 
Formen der Augeuspiegel. 
1. Augenspiegel von Helmholtz. mit 
reflektierenden Griasplatten und Konkavlinsen. Es 
ist dieser Augenspiegel in Fig. 106 im Quer- 
schuitt und naturlicher GroBe, in Fig. 107 
von vom geselien in halber GrciBe dargestellt, 
rait einer ModLfikation der urspruaglichen Form, 
welche von dem Mechanikus Rekoss augebracht 
ist, niinilicli mit zwei beweglichen Scheiben. welche die notigen Konkavlinsen ent- 
halten. Die drei reflektierenden Glasplatten sind mit a a bezeichnet, sie bildeu die 
nach vorn gekehrte Hypotenuseuflache eines prismatischen Kastens, dessen Gruudttache 
ein rechtwinkeliges Dreieck ist, wie man im Qnerschnitte Fig. 106 sieht. Die iibrigen 
Flachen dieses hohlen Prismas sind aus Metallplatten gebildet und, um das Licht 
moglichst voUstandig zu absorbieren, innen mit schwarzem Samt ausgelegt. Die 
kleinere Kathetenflache des Prismas ist an dem Gestell des Augenspiegels so befestigt, 
daB sie sicb vim die optische Achse des Instruments drehen kann, und hat dipser 
Achse entspreehend eine Otinung. Die Glasplatten werden durch einen rechtwinkeligen 
1S4.] 
Beschreibung von Augenspiegeln. 
215 
Kahmen an dem prismatischeu Kasteu zuriickgehalten : der Rahiueu selbst ist durch 
zwei Schraiibeji e e an die dreiseitigen Grundfliiclien des Prismas befestigt. Die Glas- 
platteu bilden einen Winkel von 56" mit der optischeu Achse des Instruments. 
In das metallene Gestell des Instruments g g ist ferner eine Achse d d eingelassen, 
uui welche sicli zwei Scheiben h b und e c drehen. Jede dieser 
Suheiben hat fiinf Offnungen. In je vieren sind Konkavglaser 
von 6 bis 13 Zoll Brennweite eingesetzt. die fiinfte ist leer. 
Diese Offnungen konnen nacheinander in die optische Achse des 
Instruments gebracht werden. so da6 der Beobachter. welclier 
sein Auge an das beckenformige Okularstiiok B anlegt. durch sie 
und die Glasplatteu a a hindui'chsieht. In Fig. 106 ist die leere 
Offnung der Scheibe b b und eine mit einer Linse versehene der 
Scheibe c c vorgeschoben. So kann der Beobachter eine be- 
liebige von den acht Linsen oder zwei von ihneu gleichzeitig 
vur sein Auge bringen. Damit die Scheiben ihre Stellung nicht 
ohne Willen des Beobachters verandern. sind an ihrem Rande Griib- 
chen angebraeht. in welche sich die Euden zweier Federn h einlegen. 
Fiir Beobachtungen mit Koukavglaseru. also bei starker 
Vei'groBerung. an Personen. deren Pujjille nicht kiinstlich er- 
weitert ist, und bei groBer Emi)tindlichkeit des beobachteten 
Auges gegen Licht, tinde ich unter den beweglichen Spiegeln 
diese erste Form des Augenspiegels aus den Griinden. welche 
ich oben bei der Theorie der Beleuchtung durch uubelegte 
Glasplatten angefiihrt habe. noch immer am vorteilhaftesten. 
Wenn ein gesundes Auge durch diesen Si^iegel beobachtet 
wird, kann es die Erleuchtung stundenlang, ohne geblendet 
zu werden. ertragen. Ich selbst habe oft 20 Studierenden 
hintereinander meine Netzhaut mit diesem lustruraente ohne 
Uubequemliehkeit gezeigt. wahi'end die Beleuchtung mit belegten Spiegeln nicht 
5 Minuten ohne starke Blendung des Auges ertragen wird. Ich ziehe deshallj diesen 
Spiegel zu den meisten physiologischen Versuchen den anderen Formen vor. Fiir 
die augenarztlichen Untersuchungeu dagegen wird ein groBeres Gesichtsfeld und groBere 
Helligkeit bei geringerer YergroBerung meist vorteilhafter sein. und deshalb werden 
fiir dergleichen Beobachtungen meist belegte durchbohrte Spiegel mit Kouvexliusen 
augewendet. 
Will man den Spiegel gebrauchen. so setzt sich der Beobachter dicht vor den 
Beobachteten. und stellt an seiner Seite eine hell brennende Lampe auf. Ein audurch- 
sichtiger Schirm wird so aufgestellt, daB er das Gesicht des Beobachteten beschattet. 
Der Beobachter liriugt zuerst den Sjiiegl, ohne hindurchzusehen, ungefiihr in die 
richtige Stellung vor das Gesicht des Beobachteten. und dreht ihn so, daB die Glas- 
platten ihren hellen Reflex auf das zu beobachtende Auge werfen. Dann blickt er 
hindurch und erblickt nun die Netzhaut rot erleuchtet. Wenn er nicht sogleich sein 
Auge fiir die feineren Telle der Netzhaut akkommodieren kann, dreht er mit dem 
Zeigefinger der Hand, welche das Instrument halt, eine der Scheiben. welclie die 
Linsen euthalt. bis er die passende Konkavlinse gefuuden hat. 
Wenn die Beleuchtung der Netzhaut verschwindet. aclite man nur auf den hellen 
Reflex der Glasplatten im Gesichte des Beobachteten und fiihre diesen wieder auf das 
Auge zuriick. 
Fig. loT. 
2. Aiigenspiegel von Ruete. mit durchbohrtem Konkavspiegel . auf Stativ 
dargestellt in Fig. 108. Auf einem runden FuBe von Holz ruht eine hohle Siiule a, 
in deren Achsenkanale sich ein riuider Stab h von Holz betindet. der hoch txnd uiedrig 
geschoben und durch eine Feder. die sich am unteren Ende desselbeu betindet. in 
jeder beliebigen Hohe festgestellt werden kaini. Auf diesem Stabe sitzt ein Halb- 
216 
Die Dioptrik des Auges. 
[l84. 185. 
kreis von Messing c, der sicli mit dem Stabe hoch und niedrig. rechts und links 
stelleu lafit. In diesem Halbkreise ist ein in der Mitte durchbolirter Hohlspiegel d 
von etwa 3 Par. ZoU Durchmesser und von einer Breunweite von etwa 10 Par. Zoll 
durcb Scbrauben. die je nach dem Bediirfnisse geliiftet oder starker angezogeu werdeu 
konnen, so befestigt, daB er um seine Horizontalachse gedreht werden kaun. In der 
Mitte der Saule a belinden sieli zwei bolzerne Riage e und f, welche sicb um die 
SSule flrehen lassen. Jeder King tragt einen horizontal auslaufenden Arm g und h\ 
der Arm g tragt einen gesehwarzten Schirm, der einesteils dazu dient, um das Liebt 
der Lampe vom Beobacbter abzulialten. anderenteils aucb dazu. um, wenu es notig 
ist, das vom Spiegel ia das beobachtete Auge fallende Liclit abzuschwiicben, was man 
dadurch bewirkt, da6 man einen Teil des Spiegels durch den Scbirm beschattet. Der 
Arm k. welcber in 12 Zolle eingeteilt ist, tragt zwei vertikale Saulen, i und k, die 
riick- und vorwarts gescboben werden konnen; in jeder vertikalen Saule steckt ein 
am unteren Ende mit einer Peder versehener Stift von Messing I und m, den man 
auf- und abwiirts sebieben kann, und der durch die Feder in jeder Hohe, die man 
ihm gibt, festgehalten wird. Auf diese Stifte steckt man je nach den Umstandeu 
konkave oder kouvexe Glaser. welche die aus dem beobachteten Auge zuriickkehrenden 
Licbtstrahlen zu einem deut- 
lichen Bilde fiir den Beobacbter 
vereinigen. A ist der Beobach- 
tete, B der Beobacbter. Die 
Zeichnung ergibt leicht das 
iibrige. 
Fiir die Beobachtungeu 
mit Konkavliuseu. die in der 
augenarztlichen Praxis aller- 
dings wohl eine seltenere An- 
wendung finden, ist das In- 
strument nicht gut geeignet, 
weil sicb die beiden Augen 
nicht hiureichend niihern kon- 
nen. und deshalb das Gesichts- 
feld sehr klein wird. Fiir 
Beobachtungeu mit Konvex- 
i)ig. Wb. linsen dagegen.die in kliuischeu 
Lokaleu angestellt werden. er- 
scheiut das Instrument sehr bequem, uameutlich wenn man durch einen Assistenten 
den Kopf des Beobachteten so dirigieren liiBt, daB seine Pupille in den Fokus der 
Licbtstrahlen kommt; auch kann durch Anbringung einer zweiten konvexen Okular- 
linse (die dann aber wohl besser binter dem Spiegel anzubringen ware) eine Art 
kleinen Fernrohrs zusammengesetzt und eine starkere VergroBerung erreieht werdeu. 
Die Helligkeit des Instruments ist sehr groB. Gelegenheit. die Netzhautbilder zu 
beobachten, ist nicht gegeben. 
3. Epkens Augenspiegel, mit durchbohvtem Plauspiegel, auf Stativ, verandert 
durch DoNDERS und van Teigt. Das ganze Instrument ist im Querschnitte dargestellt 
auf Fig. 109 und in einer Seitenansicht Fig. 110. Der Spiegel D. einzeln ab- 
gebildet in Fig. Ill, ist eine belegte Glasphitte. in deren Mitte der Beleg weggenommen 
ist, etwa in der Ausdehnung der Pupille; spater hat Dosders den Spiegel durcbbobren 
lassen nach dem Vorgange von Coccitrs, um zu vermeiden, daB das in das Auge des 
Beobachters fallende Licht diu-cb Reflexion geschwacht wiirde. Der Spiegel ist in 
einem wiirfelformigen Kasten EE drehbar befestigt. Gedreht wird er mittels des 
Knopfes F. Das zu beobachteude Auge wird an die Offnung des Kastens bei N an- 
gelegt, das des Beobachters bei O. Hier befindet sicb eine solche Scheibe mit ver- 
Beschveibung von Augeuspiegeln. 
217 
schiedeueu Liuseu. wie die von Rekoss bei clem Augenspiegel von Heljiholtz au- 
gebrachte. Dosdeks wiihlt dazu drei positive mit 20. 8 und 4 cm Brenuweite. und 
drei negative mit 16. 10 und 6 cm. 
Mit dem kiibischen Kasten liatte Epkexs eine konische Bohre verbuiideu. an 
Fijr. 109. 
deren Ende, wo jetzt das Mikrometer 31 sich betiudet. eine Lampe angebracbt war. 
An das Ende der Rohre kaun. wenn es notig scheint, sine positive Linse gebracht 
werden. deren Breuupiinkt wenig von der Flamme entfernt ist. so da6 jemandem, 
der in den Spiegel bineinsieht, die ganze Glaslinse leuchtend erscheint. und dadurch 
ein groBerer Teil der Xetzbaut beleuchtet wird. Der ganze Appai'at, an dem Stabe A 
Fijr. lUK 
Fig. 111. 
bet'estigt. kaim an diesem auf und ab bewegt werdeu. Bei K ist eine kreisformige 
Scheibe bet'estigt, mit schwarzem Zeug bezogen, um das viberfliissige Lampenlicbt ab- 
zuhalteu . und am unteren Teile des Instruments ist ein Stiick Wachstafift L L auf- 
gehaugt an der Stange Z. um das Gesicht des Beobachters von dem des Beobachteten 
zu treunen. 
Da es abe'r scbwierig war, kranke I'ersoneu immer zu richtigen Bewegungen 
ihres Auges zu bestimmeu. wurde der Apparat von Donders und van Thigt nocb 
bewegliclier gemacbt. Es wurde die Kohre in einem Ringe C drehbar gemacht; der 
Wiirfel EE kauu um die Aehse. welche durch die Schrauben h und c bestimmt 
218 
Die Dioptrik des Auges. 
[l86. 187. 
wird, gedrelit werden. Die Larnpe wiirJe vom Instrumente getrennt. Am Eude 
der Rohve G wurde eiu Mikrometer angebraclit. Die Spitzen des Mikrometers a 
und h werden im beobachteten Auge abgebildet. wenn dieses ricbtig akkommodiert 
ist. Desbalb wurde das Mikrometer verschiebbar gemacbt, vermittelst der Rohre (?, 
welche sich anf der Eobre B verschiebt. V ist die Mikrometerschraube, durch deven 
Umdrehvmg der Abstand der Spitzen geandert imd gemessen wird. Ist n der Ab- 
stand der Spitzen a nnd h. x ihre Entfernuug vom vorderen Knotenpunkte des be- 
obacbteten Auges. und 15 mm der Abstand des hinteren Knotenpunktes von der 
Netzbaut. so ist der Abstand der Spitzen im Retinabildchen y 
y = — X lo mm. 
.r 
Weun man nun einen Zeichenapparat. wie man ibn bei Mikroskopen gebraueht, 
an der Oti'nung anbringt. und sowohl den Abstand der Spitzen als die GefaBe usw. 
der Netzbaut nacbzeiobnet, kann man die wahre GroBe der GefaBe und anderer Netz- 
hautteileheu bestimmen. 
Spater bat Dosdeks nocb fur sebr kurzsicbtige Augen ein zweites Mikrometer 
hinzugefiigt, welches in die Robre B eingescboben wird. AuBerdem hat er fiir die 
Beobachtung von Augen, deren Pupille durch Belladonna erweitert ist, fiir das Ende 
der Rohre B eine kegelformige Erweiterung mit eiuer Sammellinse von groBerer 
Apertur, als / hat, hinzugefiigt. um ein groBeres Paid im Auge zu beleuchteu. 
Dieser Spiegel ist namentlicb fiir Untersuchuug der Netzhaut mit Konkavglasern 
bestimmt. Er laBt sehr genaue und sichere Untersuchungen vmd Messungen der 
Netzhautbilder und der kleineren Telle des Augenhlntergrundes zu, und ist leicht 
und bequem zu gebraucheu. Almlich konstruiert ist der tragbare Augenspiegel von 
Saemanis. Man denke sich die Rohre des Spiegels von Epkens bis zu eineui bio Ben 
r- ^ Ansatzstiicke des Wiirfels verkiirzt und das feste Gestell 
entfernt, statt der Scheibe, welche die Linsen enthiilt. 
eine Fassung. in welche die Linsen einzelu eingelegt 
werden, so hat man Saemaxxs Augenspiegel. 
4. Portativer xVugenspiegel von Coccirs. mit 
durchbohrtem . belegtem. ebenem Spiegel und einer Be- 
leuchtungslinse. Abgebildet in Fig. 112. Das Instrument 
besteht aus einem kleinen viereckigen Planspiegel a von 
14 Par. Lin. Seite. Die Offnung hat 2 Par. Lin. Durch- 
messer. und ihr vorderer. dem beobachteten Auge zu- 
gekehrter Rand ist etwas abgesehliifen. Der Spiegel ist 
in eine diinne Messingplatte gefafit, welche an ihrem 
unteren Ende in einen kleinen Fortsatz iibergeht, der 
an der Stange b befestigt ist. Die Beleuchtungslinse 
liat .5 Zoll Brennweite; um sie aber audi mit auderen 
vertauscheu zu konnen, ist sie in einen gesehlitzten 
federnden Ring / eingesetzt, von der Stange g und dem 
gesehlitzten Querbalken d getragen. Der letztere wird durch festes Anschrauben des 
Griifes e festgeklemmt . um die Stellung der Linse gegen den Spiegel zu sichern, 
welche man gewithlt hat. Auseinander genommen kann das Instrument in ein kleines 
Etui gelegt werden. 
Coccius bringt, wie Ruete, die Konkavglilser wie die Konvexglaser zwischen Spiegel 
und Licht an. Da das erstere wegen der Retiese unvorteilhaft ist. hat man spater 
mehrere Hohlglaser in einem Schieberchen oder einzeln in Ringen an der Riickseite 
des Spiegels angebracht. 
Wegen seiner Beweglichkeit i.st dieser Spiegel fiir ilrztliche Zwecke sehr In-au.ch- 
bar; man kann sowohl wie bei Ruete s Spiegel mit Konvexlinsen, als aucli ^vie bei 
Epkems Spiegel mit Konkavlinsen bequem untersuchen. 
Fig. 11 'J. 
187.188.] Beschreibungen von Augenspiegeln. 219 
5. Portative!" Spiegel von Zehender. mit Jurc-hbolirteiu kouvexen Metall- 
spiegel iind Beleuchtiingslinse. mit ahnlicher Fassung. wie der von Coccirs. Im 
wesentliclien unterscheidet sich das Instrument von dem letzteren nur daduroh. daB 
statt des ebenen Glasspiegels ein konvexer Metallspiegel von 6 Zoll Radius angebraelit 
ist. Indem man die konvexe Linse dem konvexen Spiegel niiher oder ferner stellt, 
erhalt man ein retiektierendes System von veriinderlicher Brennweite, was man den 
Umstanden aupassen kann. Ein wesentliclier Vorteil scheint mir noeli in dem Um- 
stande zu liegeu. daB der Spiegel von Metall gefertigt ist, und daher der Rand des 
Sehlochs diinn. gut geschwarzt und ohne Licht reflektiereude Unebenheiten ist. Vorher 
habe ich nachgewieseu. daB bei den Beobaclitungen mit dem durchbolirten Spiegel 
und der Konkavlinse zur Erlangung der groBten Helligkeit nur die Hiilfte des von 
einem Pankte der Netzhaut ausgebenden Strablenbiindels in das Auge des Beobacliters 
fallen dai-f. falls niclit die Pupille des Ijeoljacliteteu Auges den mehr als doppelten 
Fliicheniubalt von der des Beobachters hat. Der Beobacbter wird daher in der Regel 
sich eiuen Teil seiner Pupille mit dem Rande der Offnung des Spiegels verdecken 
miissen. und einen Teil dieses Randes gerade vor dem Ange haben. Es ist daher 
vorteilhaft. an dieseni Rande alles zu vermeiden. was Licht reflektieren konnte. und 
das ist bei Zkhexders Metallspiegelu viel besser erreicht als bei Coccius' Glasspiegeln. 
6. Prismenspiegel von Meyerstein. Statt der raetallischen Spiegel dient 
hierbei ein rechtwinkeliges Prisma, dessen Hypotenusenflaehe das Licht zuriickwirft. 
Der Beobacbter sieht durch eine Durchbohrung des Prismas. 
Spater hat Meyeesteix mit dem durchliohrten Prisma eine Beleuchtungslinse 
verbiinden. und zwischen dem Auge des Beobachters und dem Prisma ein kleines 
Fernrohr angebracht, endlich der groBeren Wohlfeilheit wegen das Prisma durch 
einen durchbolirten Spiegel ersetzt; auch glaube ich. daB die Anwendung des Prismas 
eher Nachteile als irgend einen Vorteil mit sich brachte. Das Ganze hat eine Fassung. 
mittels deren man es auf den Augenhohlenrand des Beobaohteten aufsetzen kann, 
und durch einen Arm mit zwei Gelenken ist audi ein Wachskerzohen mit dem 
Apparate verbiinden. welches zur Beleuchtung dient. 
Da das aiiBere Licht von dem beobachteten Auge ganz abgeschlossen wird, soil 
es audi in einem hellen Zimmer gebraucht werden konnen. Dadiirdi. daB man das 
Okularglas des kleinen Ferurohrs heraiis- oder hereinschiebt. kaun man das optische 
System fiir Aiigen von jeder Sehweite passend maclieu. 
7. Augenspiegel von Ulrich. Die wesentlichen Telle von Ruetes Augeu- 
spiegel sind in einer portativen Rtihre angebracht. welche seitlich audi ein Licht 
zur Beleuchtung triigt. 
Yon den Beobachtungeu. welche mit dem Augenspiegel an normalen Augen au- 
zustellen sind. erwahne ich folgendes. Der Grund des Auges erscheint bei starker 
Beleuchtung (mit belegten Spiegeln und Konvexlinsen) rot. nur die Eintrittsstelle des 
Sehnerven zeichnet sich hellweiB ab. Man sieht auf dem roten Grunde zuniichst die 
NetzhautgefaBe verlaufen. dereu Stiimme aiis der Mitte des weiBen Sehnerven hervor- 
treten. Die Arterien sind durch ilire lichtere rote Farbe und durch einen stiirkeren 
Lichtreflex an ihrer Oberflache zu erkennen. Zwischen den NetzhautgefaBen erscheint 
der Grund des Auges je nach der Menge des Pigments bald hellrot, bald liraun. und 
man erkennt, namentlieh an den mehr zur Seite gelegenen Teileu, sehr hiiufig die 
(JefaBe der Aderhaut. wie es in Fig. 113 dargestellt ist. Man sieht daselbst in der 
Mitte die Eintritsstelle des Sehnerven; aaa sind Aste der Netzhautarterie, blib der 
Netzhautvene, dazwischen sieht man die viel weiteren GefaBe der Aderhaut. Letztere 
sind nicht immer gleich deutlich; in den mei.sten Augen ist die Pigmentschicht iiber 
dieseu GefaBen so diinn. daB sie sich dadurch von den stiirker pigmeiitiertrn Zwischen- 
riiumen abheben. 
Bei starker Beleuchtung zeigt der Augengrund keine auffallenden Unterschiede 
in der Helligkeit, wit .\usnahme der Eintrittsstelle des Sehnerven. Es scheint. daB 
220 
Die Dioptrik des Auges. 
[l88. 139. 
Fig. 113. 
dabei verbaltuismaBig viel Licht durcb die PigmentscMclit der Aderhaut dringt, von 
dcr Sclerotica veflektlert winl iinil wieder zuriickkehrt. Dafi bei den meisten Augen 
ziemlicb viel Licbt dnrcb die Augenbaute 
dringen kann. zeigt uns der Versucb (§10. 
S. 73), bei welcbem das Netzbaiitbildebeu im 
inneren Augenwinkel sichtbar wird, und ferner 
die entoptiscbe Erscbeinung der Aderfigur der 
Netzhaut mittels Liobts. welcbes die Sclerotica 
durcbdringt. Dieser Teil des zuriickkebren- 
den Lichts, welcber von der Reflexion in der 
Aderbaut und Sebnenbaut berriihrt, bleibt 
uun wobl ziemlicb gleicb auf alien Stellen 
des Augengrundes, aucb wenn die Helligkeit 
der Xetzbaut selbst sehr variiert. 
Bei schwacber Belencbtung (mit reflek- 
tierenden Glasplatten) ersobeinen dagegen die 
Telle des Augengrundes in der Nahe des 
Sebnerven besonders bell, und die Hellig- 
keit nimmt von bier aus im allgemeinen 
nach den Randern der Netzbaut bin gleicb- 
maBig ah. nur die Stelle des direkten Sebens zeicbnet sicb besonders durcb ge- 
ringe Helligkeit und eine mebr gelblicbe Farbe vor ibrer Nacbbarscbaft aus, was bei 
der stiirkeren Beleuobtung nicbt der Fall ist. Der Grund davon ist wobl darin zu 
suchen. dafi bei scbwacber Beleucbtung nicbt merklieb viel Licbt durcb die Pigment- 
schicbt bin und zuriick gebt, daber der wabrnehmbare Liobtreflex bauptsilcblicb von 
den Teilen der Netzbaut, namentlicb ibren GefaBen berrubrt. Diese feblen an der 
Stelle des direkten Sebens. 
Die letztere Stelle zeigt bei beiden Beobacbtungsweiseu ein kleines licbtes Pleckcben 
von querovaler Form, welcbes Coccius, der es zuniicbst bemerkte, als den Reflex der 
Netzhautgrube bezeichnet, wabrend Dondees spater direkt nachwies, daB dieser kleine 
Licbtreflex die Stelle des direkten Sebens einnimmt. 
Man mu6 zu diesem Versucbe eineu ebenen Spiegel anwenden, binter welcbem 
eine Konkavlinse stebt (Doxdees-Epkens oder Helmholtz). Als Gesicbtsobjekt be- 
nutze man eine Licbtflamme oder das Mikrometer an Dondees Instrumente. Das 
beobacbtete Auge siebt das gewlihlte Objekt im Spiegelbilde; man sorge, daB es sicb 
geborig dafiir akkommodieren konne, und lasse es einen bestimmten Punkt des Objekts 
fixiereu. Der Beobacbter erblickt dauu ein ganz scbarf gezeicbnetes umgekebrtes 
Bild des Objekts auf der Netzbaut des beobacbteten Auges und an der direkt fixierten 
Stelle den Reflex der Netzhautgrube. Sollte dieser zu scbwach sein, um von Anfang 
her wabrgenommen zu werden, so geschiebt dies leicbter, wenn der Beobacbter den 
Beobacbteten bald auf diesen, bald auf jenen Teil des Gesicbtsobjekts seinen Blick 
zu ricbten beiBt. Der kleine Reflex waudert dann dementsprechend auf dem Netz- 
hautbilde umber. 
Um die Genauigkeit des Netzhautbildes zu priifen. ist das von Dondees an dem 
Augenspiegel von Epkens angebracbte Mikrometer zweckmaBig zu gebrauchen. Fiir 
nieinen Spiegel wilble icb zu dem gleicben Zwecke als Gesicbtsobjekt einen vor einem 
Licbte in borizontaler Richtung ausgespannten Paden. Von vertikalen feinen Linien 
gibt mein Instrument namlicb wegen der mebrfachen reflektierenden Fliicben mebr- 
fache Bilder. Sobald das beobacbtete Auge sich scbarf fiir das betreS'ende Objekt 
akkommodiert. erscbeint es aucb im Netzhautbilde ganz scbarf. Sowie sich die Ak- 
kommuilatiou andert, wird es verwaschen. Ubrigens braucht man gar nicbt so feine 
()bjekte. um die Veranderung des Bildes bei der Akkommodation zu sehen. Es ge- 
niigt. wenn das beobacbtete Auge nicbt kurzsiebtig ist, in der Feme ein Licht auf- 
189.1 Gesehichte des Augenleuchtens wnd der Augenspiegcl. 221 
zustellen. dessen Netzhautbild iiu beobachteten Auge man betrachtet. wahrend dieses 
Auge abvvechselnd nauh einem fernen oder nahen Gesichtspunkte. die in gleicber 
Kiehtuug liegen. hinblickt. Bei dei- Akkommodation iiir die Feme erscheint auch 
das Bild des fernen Lichts deutlich. bei der Akkommodation fiir die Nahe wird es 
verwaschen. Meistens verschwinden dem Beobachter dabei auch die Netzhautteile des 
beobachteten Auges, wenn er mit der Akkommodation seines Auges der neueu Lags 
des Bildes nicht folgeu kann. und er mu6 dann ein anderes Konkavglas gebrauchen, 
um sich zu iiberzeugen. daB auf der deutlich gesehenen Netzhaut des beoljachteteu 
Auges ein undeutliches Bild des fernen Lichts entworfen sei. Der Versuch kauu 
auch so abgeandei-t werden. daB das beobachtete Auge fortdauernd in die Ferns sieht, 
das Licht aber in die Nahe gebracht wird. damit sich der Beobachter iiberzeuge, daB 
von dem nahen Lichte ein undeutliches Bild entworfen werde. 
Das Augenleuchten ist seit altester Zeit bekaunt an den Augen von Hunden. 
Katzen und andereu Tiei'eu. welche im Hintergrunde ihres Auges ein Tapetum, d. h. 
eine pigmentlose. mit stark reflektierenden diinnen Fasern oder Lamellen belegte 
Stelle haben. Bei diesen ist der Lichtreflex so stark, daB er unter einigermaBen 
giinstigen Umstiindeu leicht gesehen wird. Eine sehr allgemein verbreitete alte 
Meinung war es, daB die sogenannten leuohtendeu Tieraugen Licht entwickelu soUten. 
uamentlich wenn die Tiere gereizt wiirden. daher man denn geneigt war. diese an- 
geblieh vorhandene Lichtentwicklung dem Einflusse des Nervensystems zuzuschreiben. 
Man sieht das Leuehten der Tieraugen in dunklen Raumen am auffallendsten. wenu 
Licht von der Riickseite des Beobachters dicht neben seinem Kopfe vorbei in das 
Auge des Tieres filllt, und eben deshalb konnte den Beobachteru oft das wirklich 
einfallende Licht verborgen bleiben. Ebeuso sollteu die pigmentlosen Augen weiBer 
Kaninchen und albinotischer Menscheu durch eigene Lichtentwicklung leuehten. 
Prevost * zeigte zuerst, daB das sogenannte Leuehten der Tieraugen niemals in voll- 
kommeuer Dvmkelheit und weder willkiirlich noch durch Affekte hervorgebracht 
wird. sondern stets nur durch Reflexion von einfallendem Lichte entsteheu kann. 
Gruithuisen^ hat unabhangig hiervon dasselbe gefuuden; er weist nach. daB das 
Tapetum daran schuld sei. verbunden mit einer ,.auBerordentlichen Brechung" der 
Linse. Auch in den Augen toter Tiere sah er das Leuehten. Diese Tatsachen be- 
statigen Rudolphi^. J. Muller*, Esser^. Tiedemanx". Hassenstein '. Rtoolphi 
macht darauf aufmerksam. daB man in einer bestimraten Richtung in das Auge sehen 
miisse, um das Leuehten wahrzunehmen. Esser erkliirt richtig den Wechsel der Farbe 
daraus, daB verschieden gefiirbte Teile der Netzhaut durch die Pupille erblickt wiirden, 
Hassenstein endlich findet. daB das Leuehten hervortritt, wenn die Augen in Rich- 
tung ihrer Achse komprimiert werden. und vermutete. daB auch beim lebendeu Tiere 
das Leuehten willkiirlich erregt werde. indem durch den Druck der Muskeln die 
Augenachse verkiirzt werde. Man erkannte also das Leuehten als ein Reflexphiinomeu 
an, ohne sich aber klar zu machen, von welchen Bediugungen das Leuehten oder 
Nichtleuchten abhinge. 
An menschlichen Augen war das Leuehten friiher nur bei seltenen Krankheit.s- 
zustiinden beobachtet worden. namentlich bei Geschwiilsten im Hintergrunde des 
Auges. Auch bei Mangel der Iris hat Behr® es gesehen und gefuuden. daB die 
' Biblioth. britanniquc. 1810. T. 45. 
"^ Beitriige zur Physiogiiosie uud Eautognosie. S. 199. 
' Lelu-buch der Physiologie. I. 197. 
■* Zur vergleiclienden Physiologie d. Gesichtssiuus. Leipzig 1826. S. 49. — Handbutl* 
d. Physiologie. 4. Aufl. I. 89. 
' Kastners Archiv fiir die gesamte Naturlehre. Bd. VIIL S. 399. 
' Lehrbuch der Physiologie. S. 509. 
' De luce ex quorundam animalium oeulis prodeunte atque de tapeto lucido. Jena 183G. 
9 Heckers Annaleu. 1839. L S. 373. 
222 Die Dioptrik des Auges. rigd. iso. 
Augen des Beobachters fast ganz parallel mit den einfallenden Strahlen uacli den 
xAugeu der Kranken blieken muBten, welches die Grundbedingung von Bkuckes 
Methode. das Augenleuchten v.x beobaehten. ist. Das Leucliteu ist iu solcbeu Fallen 
von Irismangel auffallender. weil die Beleuchtung der Xetzhaut viel starker ist; 
auBerdem feblt die Akkommodationsfabigkeit des Auges. 
Endlieb fanden W. Cumjiixg ^ und Beucke ^ unabbangig voneinander das Ver- 
t'abren. gesunde menschliche Augen leuchtend erscbeinen zu macben. indem der Be- 
obacbter den einfallenden Licbtstrablen nabe parallel bineinblickt. Letzterer hatte 
dieselbe Metbode scbon vorber auf die mit einem Tapetum versebenen Tieraugen an- 
gewendet. Eudlicb erwabnt Whaktox Joxes^, dafi Babbage ungefabr zu derselben 
Zeit ibm einen belegten Glasspiegel gezeigt babe, von dessen Belegung eine kleine 
Stelle weggenommen war, um Licbt in das Auge zu werfen und dureb die Oifnung 
bineiuzuseben. Dies erinnert scbon sebr an den Augenspiegel von Coccius; aber da 
B.\BBAGE keine Linsen mit seiuem Spiegel verbunden zu haben scbeint. so hat er 
bocbstens ausnabmsweise von den Teilen der Netzbaut etwas erkennen konnen. und 
bat desbalb wohl seine Erfindung damals nicbt veroffentlicbt. 
Die andere Seite der Frage warum namlicb die Telle der Netzbaut, aucb wenn 
sie beleuebtet sind, z. B. in Tieraugen mit Tapetum. in Augen von Albinos, dam 
Beobacbter nicbt erkennbar sind, ist ofter besprocben worden. Ibre Losung lag melir 
auf der Hand. Scbon im Anfange des IS. .Jabrbunderts batte MfisY* beobacbtet. 
daB er bei einer Katze. die er unter Wasser getaucbt batte, in den Augen, welcbe 
stark leucbtend erscbienen, die NetzbautgefaBe erkennen konnte. La Hibe^ gab vou 
diesem letzteren Umstande die ricbtige Erklarung. DaB eine veranderte Brechung 
der Strablen notwendig sei. um das Auge leucbtend erscbeinen zu macben, sab er 
ein, aber eine niibere Erklarung weiB er nicbt zu geben. Ebenso Kussmaul^. Letzterer 
zeigt. daB die Netzbaut bell und erkennbar werde, wenn man entweder vorn vom 
Auge die Hornbaut und Linse entferut. oder etwas vom Glaskorper berausnimmt 
und dadurcb die Augenacbse verkiirzt, 
Icb selbst' bin. soviel icb finde, der erste gewesen. welcber sicli den Zusammen- 
baug zwiscben den Ricbtungen der einfallenden und ausgebenden Strablen klar macbte. 
den wabren Grund fiir die Scbwiirze der Pupille und dadurcb aucb das Prinzip fiir 
die Koustruktion der Augenspiegel fand. Zur Beleucbtung wendete icb ebene un- 
belegte Glasplatten an, zur Erkennimg der Netzbaut Konkavglaser. Th. Ruetb war 
dagegen der erste. welcber einen durcbbobrten Spiegel anwandte, imd die Beob- 
acbtung durcb Konvexlinsen. Da das neue Instrument in kurzer Zeit eine auBer- 
ordentlicbe Wicbtigkeit in der Augenbeilkunde erreicbte. sind nacbber noch eine 
groBe Zabl verscbiedener Formen von Augenspiegeln konstruiert worden. von denen 
icb oben die wicbtigsten aufgefubrt babe. Wesentlicb neue Prinzipien fiir die Er- 
leucbtung oder Erkennung der Netzbaut sind dabei aber nicbt mehr gefunden worden. 
Die von mir aufgestellte Theorie des Augenleucbtens und der Augenspiegel bat 
keine wesentlicben ^'eranderungen erfabren. Die Verbesseruugen, welcbe Stellwag 
VON Caeiox daran anzubringen gesucbt hat, kann icb nicbt als solcbe auerkenaeu. 
Dieser iibrigens um die Einfiihrung physikalischer Kenntnisse in seine Wissenschaft 
eifrig bemiihte Augenarzt ist bei den bierber gehorigen Arbeiten durch falsche Grund- 
prinzipien liber die Starke der Beleuchtung und Helligkeit durchaus irre ge- 
fiihrt worden. 
' Medieo-cltirurgical Transactions. XXIX. p. 284. 
- J. MiiLLERS Archiv fiir Anat. u. Physiologie. 1847. S. 225. 
^ Archives generates de Medeeine. 1854. II. 
* Annales de VAcad. d. se. 1704. 
'■" Ebenda. 1709. 
° Die Farbenerscbeinungen im Gnmde des menscblicben Auges. Heidelberg 1845. 
' H. Helmholtz, Beschreibung eines Augenspiegels zur Beobacbtuug der Netzbaut im 
lebenden Auge. Berlin 1S51. Ferner in Viekordts Archiv fiir phj'siol. Heilkunde. II. 827. 
ISO. 191. 838.] Literatui' des Augenleuchtens iind der Augenspiegel. 223 
1704. M^RY in Annales de I'Aciidemie des sciences. 1704. 
1709. La Hire ebeuda. 1709. 
1810. Pkevost iu Bibllotheque britannique. XLV. 
Gruithuisbn, Beiti'iige zur Physioguosie mid Eautognosie. S. 199. 
EuDOLPHi, Physiologie. I. 197. 
1826. J. MOller, Zur vergleiclienden Physiologie des Gesichtssinus. Leipzig. S. 49. 
EssER in Kastners Archiv fiir die gesainte Natiirlehre. VIIL 399. 
1836. Hassenstein, De luce ex quorundam animaliuui oculis prodeunte atque de tapeto 
lucido. Jenae. 
1839. Behr iu Heckers Annalen. Bd. L S. 373. 
1844. E. Brucke, tfber die pliysiologisclie Bedeutung der stabfiirmigeu Korpercben. 
J. MiJLLERS Archiv fiir Anatomie uiid Physiologie. 1844. S. 444*. 
1845. E. Brucke, Auatomisclie Untersuchungeu iiber die sogeuaiinten leuchtenden Augen 
bei den Wirbeltiereu. Ebenda. 1847. S. 387*. 
KussMAiL, Die Farbenersclieiuuugeu ira Gruude des menschlichen Auges. Heidelberg. 
1846. W. Gumming in Medico-chirurgical Transactimis. XXIX. 284. 
1847. E. Brucke, Uber das Leuchten der menscblicheu Augen, in J. Mullers Archiv. 
1847. S. 225* u. 479*. 
1851. H. Helmuoltz, Beschreibung eiues Augenspiegels zur Untersucbung der Netzhaut 
im lebcuden Auge. Berlin. 
1852. Th. Rcete, Der Augeuspiegel uud das Optometer. Gottingen. 
H. Helmholtz, Uber eine neue einfaehste Form des Augenspiegels, in Vierordts 
Archiv fiir physiologiscbe Heilkunde. H. 827. 
FoLLiN in Arc/lives generales de Medecine. 1852. Juli. 
A. Coccins, Uber die Eriuibruugsweise der Hornhaut. Leipzig. 
Froebelius, Mediz. Zeitung ItuSlands. 1852. Nr. 46. 
1858. A. Coccius, Uber die An wen dung des Augenspiegels nebst Angabe eines neuen In- 
struments. Leipzig*. 
A. G. VAN Trigt, Dissertatio de Speculo oculi. Utrecht; Nederlandsch Lancet. 
Ser. 3. Dl. II. 430. Deutsch mit Zusatzcn von ScHArENBnitQ. Lahr 1854. 
H. A. 0. Saemann, De speculo oculi. Regiomonti. 
R. Ulrich, Beschreibung eines neuen Augenspiegels, in Hexle u. Pfeupfers Zeit- 
schrift fiir rationelle Medizin. Neue Folge. IV. 175*. 
Meyerstein, Beschreibung eines neuen Augenspiegels. Ebenda. S. 310. 
FoLLiN ct Naciiet, Mem. de la Societe de Cliirurgie. 1853. III. 
Spencer Wells, Medical Times. 1853. Sept. 
1854. Donders, Verbeteringen van den oogspiegel, in onderzoekingen gedaan in het 
Pbysiologiscb Laboratorinm der Utrechtsche Hoogescbool. Jaar VI. bl. 131* u. 153*. 
Anagnostakis, Essai sur I' exploration de la retine et des milieux de Foeit sur le 
vivant au moye?i d'lin nouvel opktalmoscope. Paris 1854. (Ein durchbohrter Hohl- 
spiegel.) Auch iu Annules d'oculistique. Fevrier et Mars 1854. 
Stellwag von Carion, Theoric der Augenspiegel. Wieu.* 
G. A. Leonhard, De variis oculorum speculis illoruuique usu. Leipzig. 
Th. Ruete, Bildliche Darstellung der Krankheiten des menschlichen Auges. Leipzig. 
Lieferung 1 u. 2 auch unter dein Titel: Physikalische Untersuchung des Auges 
S. 23-37*. 
W. Zehender, Uber die lleleuchtung des innern Auges rait spezieller Beriick- 
sichtigung eines nach eigener Angabe konstruierten Augenspiegels, in Graefes 
Archiv fiir Ophtbalmologie. I. 1. S. 121*. 
1855. Liebreich ebenda. I. 2. S. 348. 
Stellwag von Carion, Zeitschrift der Arzte zu Wien^ XI. S. 65*. 
Nachirm/. 
Die Form des Augenspiegels, die sich schlieBIicli am allgemeinsten bei den 
A^jgenarzten eingebiirgert hat, ist der oben beschriebeneu Form des Coccius- 
schen oder ZEHENDERschen Spiegels am ahnlichsten. nur mit der Anderung, 
daB an Stelle des ebenen oder kouvexen Spiegels mit einer beleuchtenden 
Kouvexlinse, wie sie jeue Instrumente haben, ein konkaver Spiegel ohne Konvex- 
224 Die Dioptrik des Auges. [a 
linse getreten ist. von 5—6 Zoll Brennweite, 1 Zoll Durchmesser. Die Spiegel 
■nerden bald von Metall gemacht, was den Vorteil einer reineren Offnung mit 
scharfen, nicht reflektierenden Randern gibt; oder es sind belegte Glasspiegel, 
in der Mitte durchbohrt. Bei diesen letzteren ist die Spiegeltlilche besser vor 
Verletzung geschiitzt, iind sie sind auch meist beller als gewohnlicbe Metall- 
spiegel. Ein Nachteil aber ist es, namentlich fiir die Beleuchtung im aufrechten 
Bilde, daB der Rand zwischen der spiegelnden Flache nnd der Ollniing iiicbt 
so schmal und scharf gemacbt werden kann. wie bei den Metallspiegeln. 
Die Beobachtung des eigenen Augenhintergrundes nach Coccius ist im 
zweiten Abschnitte bescbrieben worden; es geniigt dazu jeder durcbbohrte, am 
besten ein konvexer Spiegel. Ein anderes Autophtbalmoskop, in welcbem das 
linke Auge nach der beleuchteten Netzhaut des rechten Auges hinsieht. ist von 
F. Heymann bescbrieben worden. Durch die Offnung eines durcbbobrten Plan- 
spiegels fallt Licht in das rechte Auge; das linke blickt in Richtung der 
Offnung jenes Spiegels, in welcher es ein Spiegelbild des rechten Auges sieht. 
Vor das rechte Auge ist, wie in Ruetes Spiegel eine Konvexlinse (2'/^ Zoll 
Brennweite) gesetzt, in deren Brennpunkt die Pupille jenes Auges sicb beiindet. 
Dieselbe entwirft zugleich ein iimgekehrtes Bild der Netzhaut in ihrem Brenn- 
punkte. Nach diesem Bilde ist ein retlektierendes rechtwinkliges Prisma auf- 
gestellt, um die Strahlen gegen den durcbbobrten Spiegel hinzulenken. Eine 
zweite Konvexlinse, die zwischen Prisma und Spiegel, sowie eine dritte, welche 
vor dem linken Auge steht. bilden eine Art gebrochenen kleinen Fernrohrs, 
durch welches das beobachtende linke Auge das Netzhautbild sieht. und durch 
welches auch gleichzeitig beiden Augen die Akkommodation fiir das Loch im 
Spiegel unmoglich gemacht wird. 
Um die beobachtende Netzhautstelle wechseln zu konnen, schiebt Heysiann 
noch ein prismatisches Brillenglas von verschiedener Starke, dessen brechende 
Kante nach verschiedenen Richtungen bin gewendet werden kann, vor das be- 
obachtende Auge. 
Der binokulare Augenspiegel von Gihaud Teulon ist bescbrieben im dritten 
Abschnitte. 
1855. E. Jaegeb, Beitrage zur Pathologie des Auges mit Abbildiingen in Farbendruck. 
Wien. 
— Derselbe, Ergebnisse der Untersuchuug des menschliehen Auges mit dem Augen- 
spiegel. Wien. Ber. XV. 319—344. 
1856. Casteeani, Ophthalmoscope. Cosmos. Vni. 612. 
— W. Zehesder, Uber die Beleuchtung des inneren Auges durch heterozeutrische 
Glasspiegel. Archiv fur Ophthalm. II. 2. S. 103—130. 
1857. J. PoKRO, La lunette panfoeale, employee camtne ophthalmoscope. C. R. XL\'. 103 bis 
104. Cosmos. XI. 96—97. 
— A. BcBow, Uber Konstruktion heterozentrischer Augenspiegel und deren Au- 
wendung. Archiv fur Ophthalm. III. 2, S. 68—80. 
— Schneller, Eiu Mikrometer am Augenspiegel. Ebenda. III. 2. S. 121 — 186. 
R. LiEBREicH, De Vexamen de I'oeil au moyen de I'ophthalmoscope. Bruxelles (Extrait 
de la traduction du Traite pratique des maladies des yeux par Mackenzie). 
1859. A. Zaxder, Der Augenspiegel, seine Formen und sein Gebrauch. Leipzig u. 
Heidelberg. 
1861. 0. Beckek, tJber Wahrnehmung eines Reflexbildes im eigenen Auge. Wiener 
Med. Wochenschrift 1860. S. 670-672; 684—688. (Bildehen der hintcren Linsen- 
flache von der Homhaut nach hiuten reflektiert.) 
1863. BuROW jun., Notiz betreffend die Beobachtung des eigenen .Augenhintergrundes. 
Archiv fiir Ophthalmol. IX. 1. S. 155—160. 
839. G.] Photographie des Augenhintergrundes. 225 
1868. F. Heymann, Die Autoskopie des Auges. Leipzig. 
— R. LiEBREicH, Atlas der Ophthalmoskopie. Berlin. Hirscliwald. 
1864. C. ScHWEiGOEK, Vorlesungen liber den Gebrauch des Augenspiegels. Berlin. 
— A. Coccius, Beschreibung eines Okulars zum Augenspiegel. Archiv fiir Oplithalni. 
X. 1. S. 123—147. 
— R. ScHiEMER, Uber das ophthalmoskopische Bild der Macula lutea. Ebenda. X. 1. 
S. 148—151. 
— WiNTRicH, tjber die Benutzung des zweckmiiBig abgeblendeten zer.streuten Tages- 
lichts zur Oto-, Ophthalino- und Laryugoskopie. Erlanger Medic. Neuigkeiten. 
1864. 9. April. 
Zusatx von A. Gullstrand. 
„Die von mir aufgestellte Theorie des Augenleuchtens und der Augenspiegel 
hat keine wesentlichen Veriinderungen erfahren." Diese Worte Helmholtz' 
gelten heute noch. Allerdings ist die Konstruktion des Instrumentes wesentlich 
verbessert und sein Anwendungsgebiet wesentlich erweitert worden. Der Augen- 
arzt, welcher den Augenspiegel taglich nicht nur fiir die subtilsten Diagnosen 
von Krankheiten des Augengrimdes, sondern auch zur Untersuchung der 
brechenden Medien und, nach verschiedenen Methoden, zur Ermittelung der 
Refraktion anwendet, weiB am besten Helmholtz' unsterbliches Verdienst zu 
schatzen. 
Auf die betreffenden Methoden oder deren Ergebnisse einzugehen diirl'te 
hier nicht der Platz sein. Nur soil die Losung eines Problems kurz erwahnt 
werden, welches bei der Entdeckung des Augenspiegels noch nicht aufgestellt 
werden konnte. Die Photographie des Augenhintergrundes, welcher liei 
der Empfindlichkeit der modei-nen Trockenplatten kein Hindernis im Wege steht, 
liefert nunmehr brauchbare Resultate, die wesentlich den Arbeiten Dimmers* 
auf diesem (4ebiete zu verdanken sind. Die vornehmlich zu iiberwindende 
Schwierigkeit bestand in der Beseitigung des HornhautreHexes der Lichtquelle. 
Indem ein Teil der Pupille fiir die den Augengrund beleuchtenden Strahlen, 
ein anderer zum Durchgang des von diesem diffus reflektierten Lichtes an- 
gewendet wird, kann das vom Beleuchtungsapparat kommende, in der Hornhaut 
gespiegelte Licht passend abgeblendet werden. Nach ahnlichen Prinzipien hat 
Thornee** einen stationaren, retlexlosen, Wolff*** einen portativen elektrischen 
Augenspiegel konstruiert und haben beide photographische Aufnahmen des 
Augengrundes gemacht. 
* Fr. Dimmer, Die Photographie des Augenhintergrundes. Wiesbaden 1907. 
** W. Thorner, Die Theorie des Augenspiegels und die Photographie des Augenhinter- 
grundes. Berlin 1903. 
*•* H. Wolff, Zur Photographie des menschlichen Augenhintergrundes. Arch, fiir Augen- 
heilk. LIX. S. 11.5. 1908. 
V. Hbluholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. ]. 15 
Zusatze von A. Gullstrand. 
I. Die optisehe Abbildung. 
Als Helmholtz seine grundlegenden Arbeiten iiber die Dioptrik des Auges 
veroflfentlichte , herrschte allgenieiii die Yorstellung \on einer optischen Ab- 
bildung ruit solcben Eigenschaften, da6 die von einem Punkt ausgegangenen 
Licbtstrahlen annaherungsweise in einem Punkt vereinigt wiirden, und daB auf 
diese Weise jedem Punkt eines Objektes ein Punkt des Bildes entsprache, eine 
Yorstellung, welche immer noch sehr verbreitet sein diirfte, obwohl sie nicht 
mit den nunmehr bekannten tatsachlicben Verhaltnissen in Einklang gebracbt 
werden kann. Es war zwar bekannt, daB nicht einmal die Licbtstrahlen, welche 
von einem auf der Achse eines zentrierten optischen Systems belegenen Punkte 
ausgehen, voUstiindig in einem Punkte vereinigt werden, sondern daB eine 
Aberration stattfindet, eine Abweichung, welche teils auf der verschiedenen 
Brechbarkeit von Licbtstrahlen verschiedener Wellenliinge beruht, die sogenannte 
chromatische Aberration, teils aber auch bei einfarbigem Lichte vorkommt, die 
sphjirische Aberration, wie sie deshalb genannt wurde, weil sie vim der Form 
der brechenden Flachen abhangig ist, und weil nur mit spharischen Flachen 
gerechnet wurde. Man wuBte auch, daB ein in groBerem Abstande von der 
Achse des Instrumentes belegener Objektpunkt nicht als Punkt abgebildet wird, 
indem das entsprechende gebrochene Strahlenblindel astigmatisch ist, und man 
kannte die Formeln zur Berechnung dieses Astigmatismus. Die Konstitution 
des bei schiefer Inzidenz gebrochenen Strahlenbiindels und die in demselben 
vorhandenen Abweichungen von der homozentrischen Strahlenvereinigung blieben 
aber ebenso unbekannt wie die allgemeinen Gesetze der optischen Abbildung, 
indem nur diejenigen von einem Objektpunkte ausgegangenen Strahlen beriick- 
sichtigt werden konnten, welche in der Meridianebene und in einer auf dieser 
senkrecht stehenden Ebene verlaufen, und welche einen verschwindend kleinen 
Teil der die Abbildung vermittelnden Licbtstrahlen ausmachen. Da es somit 
unmoglich war, die tatsiichliche optisehe Abbildung zu untersuchen, wurde der 
Weg befolgt, welcher ohne Kenntnis der allgemeinen Gesetze allein zu einem 
System fiihi-en konnte, indem Abbe ohne Eiicksicht auf die tatsachlicben Yer- 
haltnisse bei der Brechung des Lichtes die mathematischen Bedingungen filr 
eine solche Abbildung eines Raumes in einem anderen suchte, daB jedem Punkt 
und jeder geraden Linie im einen Eaume ein Punkt bzw. eine gerade Linie 
im anderen Eaume entsprache. Diese Bedingungen fallen mit den schon be- 
kannten Gesetzen der optischen Abbildung eines unendlich kleinen, auf der 
Achse eines zentrierten Systems belegenen Objektes bei unendlich kleiner 
Blendenoftnung zusammen, und die auf endlich ausgedehnte Objekte bei end- 
licher BlendengrijBe angewendete Theorie der kollinearen Abbildung, welche 
G.] Die Entwicklung der Lehre von der optischen Abbildung. 227 
heute noch deu Darstellungen der Handbiicher zugrunde 'liegt, stellt somit 
wesentlich eine willkiirliche Erweiterung des Giiltigkeitsbereiches dieser Gesetze 
dai'. indeia ein System von Fiktionen an Stelle der tatsachlichen, unbekannt 
gebliebenen Gesetze treten muBte. Offenhar ist, da6 die Realitaten aucb als 
Al)weichungeu von dem durch die kollineare Abbildung reprasentierten Ideale 
dargestellt werden konnen, wenn man sicb nur stets bewuBt ist, daB das Ideal 
nie realisiert werden kann, aber die nicht zu unterscbatzende Gefabr, welche 
bei der stetigen Anwendung von Fiktionen darin liegt, daB die Grenze zwischen 
dem Wahren und dem annahernd Wahren sehr leicht ixberschritten werden 
kann, diirfte den Vorzug einer direkten Untersuchung der Realitaten klar 
bervortreten lassen, sobald eine solche Untersuchung durch die Ermittelung der 
betreflenden Gesetze ermoglicht worden ist. 
DaB die Gesetze der reellen optischen Abbildung durch die Bedurfnisse 
der physiologischen Optik ins Leben gerufen werden muBten, beruht wohl zuni 
Teil daraut', daB die techniscbe Optik durch die zwar sehr zeitraubende aber 
relativ leicht auszufuhrende trigonometrische Rechnung den Realitaten naher 
treten und ihre jetzige, wesentlich durch die Arbeiten Abbes und seiner Schtiler 
ermoglichte Bltitezeit erreichen konnte, wahrend es mit den zur Verfligung 
stehenden wissenschaftlichen Mitteln tatsachlich unmoglich war. eine eingehende 
Kenntnis von den komplizierteren Verhaltnissen bei der Abbildung im Auge 
jewinnen. 
Die erforderliche Umgestaltung der Lehre von der optischen Abbildung 
konnte nicht an die Untersuchungen der letzten Zeit ankniipfen, da dieselben 
baiiptsachlich mit zwei Dimensionen gearbeitet batten, wahrend das allgemeine 
Abbildungsproblem dreidimensional ist. Seit den allgemeingultigen Unter- 
suchungen von Sturm ^ und Hamilton- begniigte man sich, die Konstitution 
des Strahlenbiindels dui'ch (JroBen erster un<l zweiter Ordnung zu bestimmen, 
und man vergaB auBerdem immer mebr die Bedingungen, unter welchen die 
bei der Anwendung dieser GroBen gefundenen Gesetze gilltig sind. Sturm hatte 
gefunden, daB siimtliche Strahlen eines Strahlenbiindels annaherungsweise durch 
zwei gegeneinander senkrechte Brennlinien gehen, wenn namlich die Blenden- 
offnung unendlich klein im Verhaltnis zum Abstande der Brennlinien und zur 
Brennstrecke ist. Man vergaB aber, daB bei dem schiefen Lichteinfalle in 
optischen Instrumenten letzteres auch nicht annahernd der Fall ist, und daB 
im Auge die Brennstrecke in der Regel kleiner ist als der Durchmesser der 
Pupille, so daB tatsachlich die Vorstellung dieser Brennlinien grundfalsch ist. 
Es muBte daher zunachst durch eine vollstandige Untersuchung des allgemeinen 
Strahlenbiindels und eingehende Diskussion der Spezialfiille unter Beriicksich- 
tigung von GroBen der dritten^ und vierten* Ordnung, wo man sich mit solchen 
erster und zweiter Ordnung begniigt hatte, diese Vorstellung durch die Kenntnis 
' Ch. Sturm, Me/uoire sur Toptique. Journ. de Math, pures el appliqtiees. 1838. — 
Memoire sur la tlieorie de la vision. Comptes rendus de I'Acad. des sc. t. XX. 1845. 
'^ W. R. Hamilton, Theory of systems of rays. Transactions of the Royal Ir. Acad., 
vol. XV. 1828. Supplements ebenda vol. XVI. Tl. 1. 1830; vol. XVI. Tl. 2. 1831; vol. 
XVII. 1837. 
' A. GtiLisTEAND , Beitrag zur Tlieorie des Astigmatismus. Skand. Arch. f. Physiol. 
Bd. II. 1890. S. 269. 
' Derselbe, Allgemeine Theorie der monochromatischen Aberratioiieu und ihre niichsteu 
Ergebnisse fur die Ophthalmologie. Nova Acta Beg. Sac. Sc. Ups. Ser. III. 1890. 
15* 
228 Die Dioptrik des Auges. [G. 
(ler exakten geometrischen GroBen ersetzt werden, welche die Gestalt der 
kaustischen Flachen sowie die Lage, GroBe und Form der diinnsten <,)uer- 
schnitte des Strahlenbiindels bestimmen. Mit Kiicksiclit auf den eigentiimlicheii, 
komplizierten Bau des im Auge gebrochenen Strahlenbiindels war hierbei auch 
eine detaillierte Untersucbimg der sogenannten Kreispunkte der Flachen ' und 
der entsprechenden Normalenbiindel ertbrderlich. Die mit den so gewonueneu 
Mitteln ausgefiihrte Untersuchung der Strahlenbrechung im Auge ergal) aber 
eine so hochgradige Aberration und in Ubereinstimmung damit so groBe Zer- 
streuungskreise auch bei moglicbst scbarfer Einstellnng. daB die den diinnsten 
Querschnitten der Strahlenbiindel zugeschriebene Rolle bei der Abbildung un- 
moglich der Eealitiit entsprechen kann. Man iiberzeugt sich iibrigens sehr 
leicht biervon, wenn man mit einer Bikonvexlinse von sehr groBer (Jffnung das 
Bild des glilhenden Fadens einer elektrischen Lampe auf eine weiBe Flache 
wirft. Das scbarfste Bild der Fadenschlinge erhalt man bei einer solchen Ein- 
stellung. daB es von einem Scbleier umgeben erscheint, wahrend es wesentlich 
schlechter ist, wenn der Abstand der Linse ein solcher ist, daB der Scbleier 
verschwindet, wobei die Abbildung unter Verwendung des diinnsten Querschnittes 
des Strahlenbiindels zustande kommt. Hierdurch wird bewiesen, daB die Licht- 
verteiluug innerhalb des zur Abbildung verwendeten Strahlenbiindelquerschnittes 
von wesentlich er, die GroBe desselben von untergeordneter Bedeutung ist. 
Es war um so notwendiger, die durch Entwicklung in Serien gewonnenen 
approximativen MaBe der GroBe der diinnsten Querschnitte durch die die 
Gestalt der kaustischen Flache bestimmenden. exakten geometrischen GroBen 
zu ersetzen. als der Querschnitt dieser Flache die Lichtverteilung innerhalb 
des Strahlenbiindelquerschnittes beherrscht. Hiermit muBte notwendigerweise 
eine Umgestaltung des Begriffes der Blendenfunktion verkniipft wei'den. da die 
Blende nur mit Hinsicht auf die Strahlenbegrenzung behandelt worden war 
und deshalb als unendlich klein angenommen werden niuBte. eine Fiktion, 
welcher keine Realitat entspricht, iudem bei unendlich kleiner BlendeniJti'nung 
die Diffraktionsphanomene die Erscheinungen der Abbildung voUkommen tiber- 
decken. und welche am allerwenigsten auf das Auge angewendet werden darf, 
wo sie durch die GroBe der Blendenoffnung vollkommen illusorisch gemacht 
wird. Da somit das Problem eine beliebig groBe Blendenoffnung voraussetzen 
muB. so ist es nur die optische Projektion durch den Mittelpunkt derselben, 
welche die exakten Mittel zur Untersuchung der Blendenwirkung abgeben kann. 
Diese waren die Leitmotive bei der Durchfiihrung der Untersuchung iiber die 
optische Abbildung 2 unter Ermittelung der Fundamentalgleichung, aus welcher 
die allgemeinen Gesetze derselben hervorgehen. Da das Auge in der Linse 
ein heterogenes Medium besitzt. muBten endlich auch die Gesetze der Abbildung 
in solchen Medien erforscht werden '^ bevor die optische Abbildung im Auge 
einer eingehenden Untersuchung zuganglich gemacht werden konnte. 
Hier werde ich nun versuchen, das fur das Verstandnis der Abbildung 
im Auge Notwendige aus der Lehre von der optischen Abbildung herauszulesen, 
wobei aber, damit die Darstellung den Lesern dieses Buches verstiindlicb sei, 
' A. GnLLSTEAND, Zur Kenntnis der Kreispunkte. Acta Mathetnatica. 29. 1904. 
- Derselbe, Die reelle optische Abbildung. Kungl. Sv. Vet. Akad. Hand!. Bd. XLI. 
Nr. 3. 1906. 
' Derselbe, Die optische Abbildung in heterogenen Medien und die Dioptrik der 
Kristallinse des Menschen. Ebenda, Bd. XLTII. Nr. 2. 1908. 
G.] Gruudbegriffe der Lehre von der optischen Abbildung. 229 
auf die Angabe der Beweise vollstandig verzichtet werden soil. Man lindet 
dieselben in den zitierten Schriften und, was die einfachereu Fragen betrifft, 
teilweise aueh in anderen Schriften', wo ich mich bemiiht habe, die Dar- 
stellung dem in der Differentialgeometrie nicht Bewanderten moglichst zugang- 
lich zu machen. 
Allgemeine Gesetze. Zwei Erfahrungstatsachen sind zur mathematischen 
Entwicklung der Gesetze der optischen Abbildung notwendig und hinreichend, 
nilmlich die geradlinige Fortbewegung des Lichtes in homogenen Medien und 
das allgemeine Bi'echungsgesetz. Letzteres hat, wie durch eine mathematische 
Umt'orinung bewiesen wird, den Inhalt. daB durch einen jeden Punkt auf einem 
beliebigen Strahle eines urspriinglich homozentrischen Strahleubiindels eine 
Flache gelegt werden kann. auf welcher samtliche Strahlen senkrecht stehen, 
und da6 die optische Lange eines Strahles zwischen zwei solchen Fliicheh im 
ganzen Strahlenbiindel konstant ist. Die optische Lange ist, wenn die in ver- 
schiedenen Medien gelegenen Telle des Strahles mit dem betreffenden Brechungs- 
index mnltipliziert werden, gleich der Summe der Produkte. In dieser Form 
ist das allgemeine Brechuugsgesetz auch fiir heterogene Medien giiltig, wo ge- 
kiiimmte Linien, sogenannte Trajektorien, an Stelle der Strahlen treten, und die 
optische Lange durch ein definites Integral erhalten wird. Die Flilchen, welche 
im einen wie iin anderen Falle in jedem Punkt senkrecht auf die Richtung der 
Lichtbewegung stehen, fiihren gewohnlich den Namen Wellenflache , und ihre 
Nonnalen fallen in homogenen Medien mit den Lichtstrahlen zusammen, be- 
ruhi'en aber in heterogenen Medien mit kontinuierlich variablem Brechungs- 
index die Trajektorien. Die Untersuchung der Strahlenvereiniguug ist deshalb 
allgemein gleichbedeutend mit der Untersuchung der Konstitution eines Normalen- 
biindels. welche sich wiederum aus der Form der betreffenden Flache ergibt. 
Es lassen sich aber die Flachen nur in wenigen einfachereu und fiir die prak- 
tischen Bediirfnisse belanglosen Fallen durch algebraisch anwendbare Gleichungen 
darstellen, und man ist daher darauf angewiesen, die Flache in der nachsten 
Umgebung eines ausgewiihlten Punktes, das Strahlenbiindel in der nachsten 
Umgebung eines ausgewahlten Strahles zu untersuchen. Das von einem Objekt- 
punkte ausgegangene Strahlenbiindel enthiilt einen Strahl, welcher im Blenden- 
raume durch das Blendenzentrum geht, und welcher Hauptstrahl genannt 
wird. Samtliche Hauptstrahlen bilden somit zusammen ein im Blendenraume 
homozentrisches Strahlenbiindel. welches sich genau so verhiilt. wie wenn das 
Blendcnzentnim Licht ausstrahlte. Auf dieselbe Weise wie ein Strahlenbiindel 
nur in der nachsten Umgebung eines ausgewahlten Strahles, kann die Ab- 
bildung eines Objektes nur in der nachsten Umgebung eines ausgewahlten 
Objektpunktes untersucht werden. Der diesem ausgewahlten Objektpuidvte zu- 
gehorige Hauptstrahl wird der zentrale Strahl oder der Leitstrahl genannt. 
Die Gesetze der optischen Abbildung ergeben sich nun durch Untersuchung 
des zeutralen (!)bjektstrahk'nbi\ndels und des Hauptstrahlenbiindels in der 
' Die Konstitutiou des im Auge gebroolieuen Strahleubiindels. Arch. t". Ophth. LIII, 2. 
1901. S. \0b. — tjber Astigmatismus, Koma und Abberratiou. Ann. d. Physik, i. Folge. 18. 
1905. IS. 941. — Tatsaohen und Fiktionen in der Lehre von der optischen Abbildung. Arch. 
f. Optik. I. 1907. S. 2. 
\ 
230 Die Dioptiik des Auges. [G. 
nachsten Umgebung des Leitstrahles sowie (lurch Untersuchung der demselbeu 
am nachsten verlaufenden Ohjektstrahlenbiindel in der nachsten Umgebung der 
betrt'fiVnden Hauptstrablen und werden die Gesetze erster oder boherer 
Ordnung genannt, je nachdem sie durch ein- oder mehrnialige Ableitung aus 
dem allgemeinen Brechungsgesetze erhalteu werden. Wegeu der Kompliziertheit 
des Problems sind im allgemeinen Falle nur die Gesetze erster Ordnung amvend- 
bar, so da6 die betreffenden Formeln, wenn es sich um ausgedehnte Objekte 
handelt, langs so Tielen, willkiirlich gewiihlten Leitstrablen angewendet werdeu 
mtissen, wie es die zu erzielende Kenntnis der betreffenden Abbildung erfordert. 
Die Gesetze erster Ordnung der Strahlenvereinigung ergeben sich aus der 
allgemeinen Konstitution des Strahlenbiindels unter Anwenduug der . 
STUBMSchen Formeln, durch welche die betreffenden, die Wellenilache des ge- | 
brochenen Strahlenbiindels bestimmenden GroBen erhalten werden, wenn das 
einfallende Strahlenbiindel und die brechende Flacbe bekannt sind. Die Eigen- 
schaft des Strahlenbiindels als Normalenbiindel bedingt aUgemein, da6 ein be- 
liebiger Strahl desselben entweder nur in einem oder aber in zwei getrennten 
Puukten von niichstliegenden Strahlen geschnitten wird. Letzteres stellt den 
allgemeinen, ersteres einen singularen Fall dar. Langs einem willkiirlich ge- 
wahlten Strahle ist deshalb das Strahlenbiindel aUgemein astigmatiscb niit 
zwei Fokalininkten, wahrend es, wenn auf einem Strahle die beideu Fokal- 
purdcte zusammenfallen, langs diesem Strahle anastigmatisch ist. Wird im 
allgemeinen Strahlenbiindel einer der Fokalpunkte als der erste gewahlt, so 
wird die Ebene, in welcher die dem ausgewahlten Strahle uachstliegenden 
Strahlen verlaufen, welche ihn in diesem Fokalpunkte schneiden, der erste 
Hauptschnitt des Strahlenbiindels langs diesem Strahle genannt, und die 
Linie, welche im ersten Fokalpuukt senkrecht anf diesem Hauptschnitt stebt, 
heiBt die erste Fokallinie. Auf dieselbe Weise wird der ausgewiihlte Strahl 
im zweiten Fokalpunkte Ton niichstliegenden Strahlen geschnitten. welche in 
dem auf dem ersten Hauptschnitte senkrecht stehenden zweiten Hauptscbnitte 
des Strahlenbiindels langs dem fraglichen Strahle verlaufen. und stelit die 
zweite Fokallinie im zweiten Fokalpunkt senkrecht auf dem zweiten Haupt- 
schnitte. Ein Strahl. liings welchem das Strahlenbiindel astigmatiscb ist, wird 
demnach nur von denjenigen nachstliegenden Strahlen geschnitten, welche in 
den beiden Hauptschnitten entbalten sind, wahi-end wenn der Astigmatismus 
langs dem fraglichen Strahle behoben ist, so da6 die beiden Fokali»unkte in 
einen zusammenfallen, derselbe in diesem Punkt bis auf unendlich kleine 
GroBen hoherer Ordnung als der ersten von samtUchen nachsthegenden Strahlen 
geschnitten wird. 
Es andern sich nun aUgemein von Strahl zu Strahl sowobl die Fokalpunkte 
wie die Hauptschnitte, wobei samtliche ersten Fokalpunkte auf einer Fliiehe, 
der ersten kaustischen Flache liegen, und die zweite kaustiscbe Flache auf 
dieselbe Weise aus samtlichen zweiten Fokalpunkten des Strahlenbiindels bestebt. 
Diese Flachen fiihren auch den Namen der ersten bzw. zweiten Schale der 
kaustischen Flache. Aus diesem Baue des Strahlenbiindels geht es hervor, daB 
eine Zusammenbrechung samtlicher Strahlen in einen Punkt einen singulilreu 
Fall darstellt, sowie daB die Strablenvereinigung aUgemein nur nachst- 
liegende Strahlen betrifft und nur auf den kaustischen Flachen 
vorkouimt. Zieht man auf einer, ein Strahlenbiindel schneidenden Flache 
eine Linie, so bilden samtlicbe Strahlen, welche diese Linie schneiden, eine 
(J.l Die allgemeine Konstitution eines Strahlenbiindels. 231 
Strahlenflache. Auf dieselbe Weise wie eiu Strahlenbiindel wii-d eine 
Strahlenflache liings einem ausgewiihlten Stralile imtersucht. Es ergibt sich, 
da6 die diesen Strahl enthaltende Tangentialebene der Strahlenflache, wenn 
man von unendlich groBem negativen zu unendlich groBem positiven Abstande 
liings demselben fortschreitet. entweder eine kontinuierliche, 180" betragende, 
Drehung erfahrt, oder aber unverandert dieselbe bleibt. Im ersteren Falle ist 
die Strahlenflache windschief langs dem fraglichen Strahle, und fallt die 
Tangentialebene in den beiden auf demselben belegenen Fokalpunkten mit den 
ungleiehnamigen Hauptschnitten zusammen, so da6 allgemein die beiden, einem 
beliebigen Strahle zugehorigen Fokallinien jede, denselben Strahl enthaltende 
windschiefe Strahlenflache beriihren. In dem Falle, wo die Tangentialebene 
einer Strahlenflache langs einem Strahle unverandert bleibt, fallt diese Ebene 
mit einem Hauptschuitte des Strahlenbiindels liings demselben Strahle zusammen, 
imd wird dieser im betreffenden Fokalpunkte bis auf unendlich kleine GroBen 
hoherer Ordnung als der ersten von den niichstliegenden Strahlen der Strahlen- 
flache geschnitten. Da die Strahlenflache somit auf dem betreffenden Stralile 
einen Fokalpunkt besitzt, stellt sie liings demselben eine fokale Strahlen- 
flache dar. Im Fokalpunkte ist die Tangentialebene unbestimmt, und wird 
daher die Strahlenflache von jeder den betreffenden Strahl enthaltenden Ebene 
beriihrt, so daB auch die langs einem bestimmten Strahle fukaleu Strahlen- 
fliichen allgemein von den beiden diesem Sti'ahle zugehorigen Fokallinien be- 
riihrt werden. Ist das Strahleulilindel langs einem Strahle anastigniatisch, si> 
i>it jede diesen Strahl enthaltende Strahlenflache liings demselben fokal. und 
treten an Stelle der Fokallinien zwei beliebige durch den Fokalpunkt senkrecht 
auf denselben und aufeinander gezogene Linien. Es geht hieraus hervor, daB 
die allgemeine Konstitution des reellen Strahlenbiindels dadurch definieit ist, 
daB jede, einen beliebigen Strahl enthaltende Strahlenflache von den 
beiden demselben zugehorigen aufeinander und auf demselben senk- 
recht stehenden Fokallinien beriihrt wird. Da die Schnittlinie einer 
Strahlenflache mit der in einem Fokalpunkte senkrecht zum betreffenden Strahl 
gelegten Ebene, der beziiglichen Fokalebene, eine beliebige Kriimmung haben 
kann, so leuchtet es ohne weiteres ein, daB die Fokallinie erst danu zu einer 
Brennlinie werden kann, wenn dieselbe durch Verengerung der Blende derart 
verkiirzt wird, daB man sie nicht mehr von einem Stiicke einer beliebig ge- 
kriimmten Linie unterseheiden kann. Die allgemeine Konstitution des Strahlen- 
biindels kann auch dadurch definiert werden, daB die beiden einem beliebigen 
Strahle zugehorigen Fokallinien von siimtlichen nachstliegenden Strahlen bis 
auf unendlich kleine GroBen hoherer Ordnung als der ersten geschnitten werden, 
wobei man aber die exakte Definition eines niichstliegenden Strahles vor Augen 
haben muB. Wenn man sich auf einer Strahlenflilche dem ausgewiihlten Strahle 
nahert, indem man zunachst in einem in endlichem Abstande belegenen Punkte 
den beziiglichen Strahl zieht, dann dieselbe Prozedur in immer kiirzerem Ab- 
stande wieilerholt, so zieht man den niichstliegenden Strahl eben in dem Augen- 
blicke, wo der Abstand gleich Null wird. Man miBversteht jedoch diese Definition 
vollkommen, wenn man aus derselben den SchluB zieht. daB siimtliche Strahlen 
eines endlich diinnen Strahlenbiindels anniiherungsweise durch zwei SruEMsche 
Brennlinien gehen. 
Da im Fokalpunkte eines liings einem bestimmten Strahle anastigmatischen 
Strahlenbiindels dieser Strahl von siimtlichen niichstliegenden Strahlen bis auf 
232 Die Dioptrik des Auges. [6. 
unendlich kleine GroBen hoherer Ordnung als der ersten geschnitten wird, so 
besteht hier eine vollstandige Strahlenvereinigung erster Ordnung, 
und ist der Fokalpunkt die optisclie Abbildung des Punktes, von welchem das 
Licht ausgegangen ist. Die optische Abbildung kommt somit bei endlicher 
Blende nicht etwa dadurcb zustande, da6 samtliche vom Objektpunkte aus- 
gegangenen Strahlen annabernd durcb den Bildpunkt geben, sondern nur dadurch, 
da6 nachstliegende Strahlen sich im Bildpunkt scbneiden, wodurch die Licht- 
konzentration in diesem Punkte unendlich groB wird im Vei'haltnis zu einem in 
endlichem Abstande von demselben belegenen Punkte. Ersterer Abbildungs- 
modus ist zwar fur ein unendlich diinnes Strahlenbiindel mathematisch richtig, 
aber da die optische Abbildung durch solche Strahlenbiindel wegen der Beugung 
des Lichtes phvsikalisch unmoglich ist, stellt er nur das seit alters her ge- 
traumte Ideal dar, wiihrend letzterer den tatsachlichen Vorgang exakt angibt. 
DaB die Eealitat hierbei dem Ideale wenig nachsteht, beruht darauf. daB 
sowohl im Auge wie auf der photographischen Platte Helligkeitsunterschiede 
von groBerer Bedeutung sind als die absoluten Helligkeiten. 
Das Kriterium der wirklichen optischen Abbildung ist eben die voll- 
standige Strahlenvereinigung erster Ordnung. Der mathematischen Unter- 
sucbung ist, wie aus dem Obenstehenden erhellt, diese Strahlenvereinigung nur 
langs bestimmten Strahlen zuganglich. Als solche werden die oben detinierten 
Hauptstrahlen gewahlt. Denkt man sich in jedem Punkte einer ObjektHache 
den Hauptstrahl gezogen und durch trigonometrische Eechnung durch das 
optische System verfolgt, und stellt man irgendwo im Wege des Lichtes eine 
Schirmflache auf, so wird auf derselben eine punktuelle Korrespondenz 
mit der Obiektflache durch die optische Projektion vermittelt. indem ein 
beliebiger Punkt die optische Projektion des auf demselben Hauptstrahle 
liegenden Objektpunktes darstellt, und das Projektionszentrum vom Blenden- 
zentrum reprasentiert wird. Die optische Projektion ist somit eine mathematische 
Konzeption, kann aber beim Vorhandensein einer sehr hellen Objektflache durch 
ein beliebiges optisches System physikalisch illustriert werden, weun der Schirm 
so aufgestellt wird. daB die ObjektHache nicht scharf abgebildet erscheint, indem 
jedem hellen Objektpunkte ein heller Lichttieck auf dem Schirme entspricht, 
und bei zunehmender Verengerung der Blende ein immer weniger ver- 
schwommenes Bild sichtbar wird. Ein spezieller Fall der allgemeinen optischen 
Projektion wird durch die Lochkamera versinnlicht. Allgemein ist somit jeder 
Schnittpunkt eines Hauptstraliles mit einer beliebig angebrachten Schirmtiache 
die optische Projektion des entsprechenden Objektpunktes und jede Schnittlinie 
einer Hauptstrahlentlache die optische Projektion der entsprechenden Objektlinie, 
wobei das Yerhaltnis der Linienelemente der Projektion und der Objektlinie, 
yrenn beide auf dem betreffenden Hauptstrahl senkrecht stehen, den linearen 
Projektionskoeffizienten darstellt. Auf dieselbe Weise kann eine optische 
Projektion durch das von einem Objektpunkte ausgegangene Strahlenbiindel 
vermittelt werden, welche man dadurch physikalisch nachahmt. daB man 
irgendwo in einem optischen Systeme mit groBer Offnung in den Weg des von 
einem leuchteuden Punkte ausgegangenen Lichtes einen Draht hiilt, und den 
dadurch entstehendeu Schatten auf einem in einem beliebigen Medium auf- 
gestellten Schirme beobachtet. Halt man dabei den Draht in das Medium, in 
dem sich der Lichtpunkt befindet, und dreht man ihn um den Hauptstrahl, bis 
der Schatten auf dem Schirme deu einen Hauptschnitt des Strahlenbundels 
G.l Grundgesetze der allgemeinen optiachen Abbildung. 233 
langs dem Hauptstrahle beriihrt, so ist die durch den Draht versinnlichte 
Strahlentlache sowolil im Objektraume wie im Schirmraume langs dem Haupt- 
strahl fokal, da im Objektraume jede Strahlentlache einen Fokalpunkt im 
leuchtenden Punkte hat. In diesem speziellen Falle kann der lineare Projektions- 
koefiizient durch den angularen Projektionskoeffizienten ersetzt werden, 
welcher das Verhiiltnis der unendlich kleinen Wiukel angibt, imter welchen 
die Linienelemente der Projektion und der von dem Drahte versinnlichten 
Linie vom Fokalpunkte der betreffenden Strahlentlache aiis gesehen werden. 
Da die anastigmatische Strahlenvereinigung allgemein nur langs singularen 
Hauptstrahlen vorkommt, so ist eine punktuelle optische Abbildung von solcher 
Besfhaffenheit, da6 die einzelnen Punkte einer Objektflache unter vollstandiger 
Strahlenvereinigung erster Ordnung in J^unkte ahgebildet werden, bei fixem 
Blendenzentrum eine mathematische Unmoglichkeit , und kann es sich, wenn 
eine allgemeine optische Abbildung wirklich existiert, nur um eine Abbildung 
einzelner Linien handeln. Das Kriterium der optischen Abbildung von 
Linien ist, da6 die optische Projektion der Objektlinie von siimt- 
lichen, von den verschiedenen Punkten dieser Linie ausgegangenen, 
den betreffenden Hauptstrahlen nachstliegenden Strahlen bis auf 
unendlich kleine GroBen hoherer Ordnung als der ersten geschnitten 
wird. Da bei dieser Abbildung keine andere punktuelle Korrespondenz vor- 
handen ist als die durch die optische Projektion vermittelte, sondern die von 
einem Punkte der Objektlinie ausgegangenen Strahlen die Bildlinie in ver- 
schiedenen Punkten treffen, so leuchtet es ein, daB das Verhiiltnis der Linien- 
elemente der Bildlinien und abbildbaren Linien nur durch die optische Pro- 
jektion bestimmt wird, wahrend der der optischen Abbildung entsprechende 
VergroBerungskoeffizient das Verhaltnis der Linienelemente der die Bild- 
hnien und die abbildbaren Linien senkrecht schneidenden Linien, der ortho- 
gonalen Trajektorien derselben, angibt, und zwar unter der Annahme, daB 
Objekt- und Bildflilche auf dem Hauptstrahl senkrecht stehen. Der Ver- 
groBerungskoeffizient wlirde also mit dem linearen Projektionskoeffizienten der 
orthogonalen Trajektorien zusammenfallen, wenn diese allgemein ineinander 
projiziert werden konnten. 
Durch meine Fundamentalgleichung der optischen Abbildung wird die 
Existenz einer allgemeinen Abbildung von Linien bewiesen und ergeben sich 
die Gesetze derselben. Ich habe diese Grundgesetze der allgemeinen 
optischen Abbildung, welche ftir ein beliebiges optisches System mit isotropen 
Medien, in welchen der Brechungsindex konstant oder koutinuierlich variabel 
ist, unbeschrankte Giiltigkeit besitzen, sobald streifende Inzidenz der Haupt- 
strahlen sowie Spitzen und Kanten an den Inzidenzpunkten ausgeschlossen sind, 
auf folgende Weise formuliert. 
Aitf einer heliehigen OhjektfldcJie gehen durch jeden Punkt, in welchem dieselbe 
unter endlichem Winkel vom Hauptstrahle geschnitten wird, zwci, einen endlichen 
Winkel miteinander bildende Linien. icelche unter vollstandiger Strahlenvereinigung 
erster Ordnung, jedes System auf einer anderen Bildfldche, im Bildraume ahgebildet 
werden. 
Die Tangenten der ahbildbaren Linien liegen iiberall in den Normalebenen der- 
je7iigen Strahlenfuchen, welche im Bildraume die Hauptschnitte des gebrochenen Strahlen- 
hiindels beriihren. Die Tangenten der Bildlinien liegen in den auf diesen Haupt- 
schnitten senkrecht stehenden Hauptschnitten derselben Strahlenbiindel. 
234 Die Dioptrik des Auges. [Gr. 
Eine andere Abhildung unter vollstdndiger Strahlenvereinigung erster Ordnung 
gibt es nicht. Xur die singuldren Punkte der Systeme ahhildbarer Ldnien iverden 
in Punkten abgehildet. Diese Sgsteme liahen nur dort singuldre Punkte, wo das 
Sirahlenlmndel nach der Brechung im Bildraume Idngs dem Hauptstrahl anastiginatisch 
ist, und die heiden Bildflachen einen Beriihrungspunkt hahen. 
Die Vergrofierung kann nur durch das Verkdltnis der Ahstdnde der Bildlinien 
und der etitsprechenden abbildbnren Linien ausgedriickt werden. In den singuldren 
Punkten kann jedoeh das erste Glied der Vergrofierung durck das Verhaltnis der 
Ldnieneleinente einer Bildlinie und einer abbildbaren Linie ausgedriickt iverden, und 
die Vergrofierung einer aus singuldren Punkten hesiehenden Linie kann durch das 
Ldngenverhdltnis der Bild- und Objektlinie dargestellt werden. , 
Das Produkt des relativen Brechung sindex des optischen Systems mit dem be- > 
fiiiglichen angiddren Projektionskueffizienten und dem Vergrdperungskoeffizienten ist ' 
stets gleich der Einlieit. 
In jedem Punkte sind die Vergrdperungskoeffizienten mid die Richtungen der l 
Tangenten der abbildbaren Linien von der Lage der Blende auf dem Haujitslrahl | 
unabhdngig. 
Abbildungen konnen im allgemeinen Falle nicht xusammengesetzt werden. Wenn 
tin anderes Medium als Bildraum gewdhlt ivird, so dndern sich dabei die abbildbaren 
Linien. Dasselbe ist der Fall, ivenn der Abstand des Objektpunktes vom optisclien 
System verdndert wird. 
Die Abbildungen sind bedingungslos umkeJirbar. Bei der Unikehrung des Strahlen- 
ganges stellen die friiheren Bildlinien das eine System der auf der betreffenden Fldche , 
verlaufenden abbildbaren Linien dar, und die Tangenten der entsprecJienden friiheren j 
abbildljaren Linien liegen in den beziiglicMn Hauptschnitten der gebrochenen Strahlen- I 
bilndel. ' 
Die so charakterisierte optische Abbiklung ist eine mathematische Kon- 
zeption, welche an ein fixes Blendenzentrum und an monochromatisches Licht . 
gebunden ist. Bei der Anwendung der Abbildiingsgesetze auf physikalische 1 
Verlialtnisse hat man deshalb zunachst daraut' Elicksicht zu nehmen, da6 als 
Blendenzentrum streng genommen jeder beliebige in der Blendenebene belegene 
Piinkt willkiirlich gewahlt werden kann, worauf betreffs der praktisch w icbtigen 
Falle weiter unten eiugegangen werden soil. Bei zusammengesetzteni Lichte 
bat man dann auch noch die chromatischen Differenzen in Kechuuug zu 
Ziehen. Diese betreffen nicht nur die den Verlauf des Leitstrahles bestimmeuden 
durch trigonometrische Rechnuug gewonnenen (TroBen, sondern audi die Lage 
der Bildlinien, die Orientiei'ung derselben und der abbildbaren Linien, sowie 
endlich die VergroBerungskoeffizienten, indem silnitliche GroBen je nach Bedarf 
fur verschiedene Lichtarteu berechnet werden. Hierzu dienen teils die Sturm schen 
Formeln, welche ich fiir die unberiicksichtigt gebliebenen singularen Falle 
komplettiert babe, teils andere von mir deduzierte Formeln. 
Wenn liings einem Leitstrahle die Einfallsebene iiberall eine Hauptnormal- 
ebene der brechenden Flache darstellt, und jede folgende Einfallsebene eutweder 
mit der vorhergehenden Brechungsebene zusammenfallt oder senkrecht auf 
derselben steht, konnen die Abbildungen zusammengesetzt werden, indem iiberall 
die Tangenten der abbildbaren Linien und der Bildlinien in der Brechungsebene 
bzw. in der auf derselben senkrechten, den Leitstrahl euthaltenden Ebene liegen. 
Einen praktisch wichtigen speziellen Fall hiervon stellen die einfach asym- 
metrischen Systeme dar, welche durch das Yorhandensein einer Symmetrie- 
ebene charakterisiert sind. AViihrend im allgemeinen Fall, wo keine solche 
G.] Die optische Abbildung in Umdrehungssystemen. 235 
Ebene sich vorfindet, und das optische System deshalb doppelt asj'mmetrisch 
genannt wird, nur die Abbildiiugsgesetze erster Ordnuug anwendbar siud. babe 
ich fur die erstgenaimten Systeme die vollstaiidigen Gesetze zweiter Orduung 
ermittelt. Stellt wiederum der Leitstrabl die Scknittlinie von zwei Symmetrie- 
ebenen des optiscben Systems dar. so wird dasselbe ein symmetriscbes 
System genannt, und kennt man auf dieselbe Weise langs dem Leitsti-ahl die 
Gesetze dritter Ordnung, welche friiber fiii- den speziellen Fall eines aus 
sphariscbeu Flacben bestebenden zentrierten Systems von Seybel dedu/.iert 
worden waren. E)ie Gesetze erster Ordnung werden iiberdies sowobl im einfacb 
asymmetriscben wie nocb mebr im symmetriscben System wesentlicb einfacber. 
Bestebt wiederum das optiscbe System aus I'mdrebungstlacben mit gemeinsamer 
Acbse, auf welcber das Blendenzentrum belegen ist, und gilt dasselbe von der 
Objektflacbe, oder stellt diese eine acbsensenkrecbte Ebene dar, so liegt ein 
Umdrebungssystem vor. Solcbe Systeme, von welcben die aus zentrierten 
sphariscbeu Flacben bestebenden einen speziellen Fall darstellen, baben erstens 
eine vor alien anderen bervorragende praktiscbe Bedeutung und bieten zweitens 
betracbtbcbe Vereinfacbungen der Abbildungsgesetze dar. Da namlicb iiberall 
die Ebene, welcbe den Hauptstrabl und die Umdrebungsacbse enthiilt. eine 
Symmetrieebene darstellt, so mu6 die eine der abbildbaren Linien und der 
Bildlinien iiberall in dieser Ebene liegen, die andere ul)erall auf derselben 
senkrecbt stehen. Es folgt hieraus einerseits, daB abbildbare Linien und Bild- 
linien iiberall Parallelkreise und Meridiane darstellen, indem auch die Bild- 
tiachen Umdrebungsflacben sein mussen, anderseits aber auch, daB die Ab- 
bildungen langs jedem Hauptstrable zusammensetzbar sind. 
Die praktiscbe Tragweite dieser Einteilung der Systeme wird beim Yer- 
gleich der Abbildung mittels einer gewobnlicbeu und einer bizylindrischen Lupe 
leicbt verstanden. In der letzteren gelten langs der Acbse die Gesetze der 
symmetriscben, langs einem in einer der beiden Symmetrieebenen belegenen 
Leitstrable die Gesetze der einfacb asymmetriscben Systeme, aber liings Jedem 
anderen Leitstrable nur die allgemeinen bei doppelter Asymmetrie giiltigen 
Gesetze. In einer gewobnlicben Lupe gelten aber. wenn die Pupille des Be- 
obachters auf der Acbse liegt, langs der Acbse die besonderen fur Umdrebungs- 
systeme giiltigen Gesetze und langs jedem anderen Hauptstrable die Gesetze 
einfacb asymmetriscber Systeme mit besonderen. auf den Eigenscbaften der 
UmdrebungsHacben berubenden Vereinfacbungen. 
Die optiscbe Abbildung in Umdrehungssystemen. Die einfacheren 
fiir diese Systeme giiltigen Gesetze konnen mit elementaren Mitteln dargestellt 
werden und reicbeu auch zum Verstiindnis der Abbildung im Auge aus. In 
dem von einem Objektpunkte ausgegangenen Strablenbiindel ist die durcb den 
Hauptstrabl und die Umdrebungsacbse gelegte Meridionalebene der erste, 
die senki-ecbt auf derselben durcb den Hauptstrabl gelegte Aquatorealebene 
der zweite Hauptscbnitt. Da die Strablentiacben, welcbe im Objektraume diese 
Ebenen beriihren, in jedem Medium dasselbe Verbalten zeigen und somit 
iiberall fokal sind, so geniigt die Untersucbung dieser Strablentiacben, um die 
gebrocbenen Strablenbiindel kenneu zu lernen. DaB auch die vollstiindigen 
Abbildungsvorgiinge bei alleiniger Riicksicbtnabme auf diese beiden Strablen- 
236 Die Dioptrik des Auges. [G. 
llachen ermittelt werden, geht erst aus den oben mitgeteilten Gesetzen der 
allgemeinen optischen Alibildung hervor, denn olme dieselben kennt man tat- 
sachlich nui- die Eiuwirkuug der in diesen beiden Strahlenflachen verlaufenden 
Strahlen, welche einen verschwindend kleinen Teil der bei der Abbildung 
wirksamen Strahlenmenge ausmachen. 
Es sei in der Fig. 1 1 4 ^ C die Verlangerung des im Inzidenzpunkte A eiu- 
fallenden Hauptstrahles, S C die Verlangerung eines anderen, demselben Strahlen- 
biindel angehorigen, in der Meridionalebene veidaufenden Strahles, A und B O 
die Normaleu der brechenden Flache. Der 
Einfallswinkel CAO sei mit *, der Ein- 
fallswinkel CB uiit i + to bezeichnet. 
Es ist dann 
AAOB + i = AACB+i + a) 
und somit 
Fig. 114. 
bj =AAOB-AACB. 
Wird nun B immer naber dem Punkte A gebracht, bis B C einen dem 
Hauptstrahle niichstliegenden Strahl darstellt, so stellt A C den in A gemessenen 
ersten Fokalabstand r des einfallenden Strahlenbtindels, A O den ersten Haupt- 
-I R 
kriimniungsradius v der brechenden Flache dar. und es wird AAOB—' — 
o 
A. B cos i 
sowie AACB = . Es resultiert somit, wenn AB unendlicb kleiu ist: 
T 
CO 1 cos i 
~AB ^ o, T ' 
und auf dieselbe Weise, wenn i' lo z' die analoge Bedeutung fiir das gebrochene 
Strahlenblindel haben 
«' 1 cos i' 
~AB ^Y, ?~" 
Nun ist aber allgemein 
sin [i + oj) = sin i cos « + sin <u cos i , 
welche Gleichung, da ro gleicbzeitig mit AB unendlicb kleiue Werte und 
schlieBlich den Wert Null erbalt. und da hierbei cosw = 1 sowie sin« = w 
wird. nach Multiplikation mit dem Brechungsindex n des ersten Mediums und 
Division mit AB die Form 
» sin li + w) — w sin i m . ( \ cos i 
= wcost ---=- = wcos^ ' 
AB AB Vo, T 
annimmt. Auf dieselbe Weise erhiilt man, wenn ti' der Brechungsindex des 
zweiten Mediums ist, 
n sin li' + w') — n' sin i' , ., / 1 cos i' 
^— ' = n cosi '- 
AB \ Q, f 
Da die linken Membra dieser beiden Gleichungen einander gleich sind, so 
ergibt sich 
n cos^ i' n cos^ i n cos i — n cos i . 
7 = + -^1- 
G.] Ermittelung der Fokalpunkte. 237 
Wenn es sich um eine Spiegelung handelt, so gilt itlentisch dieselbe Be- 
weisfiihrung, wenn n = — n gesetzt wii-d, indem dabei die linken Membra der 
beideu letzten Gleicliuugen fortwahrend identisch sind. In beiden Fallen sind 
in der Formal A^ die GroBen r r' o, stets in einer und derselben Richtung vom 
Inzidenzpunkte aus positiv zu rechnen. 
Wiederum sei in der Fig. 115 5 der auf der Vei-liingerimg des Hauptstrahles 
belegene zweite Fokalpunkt des einfallenden Strahlenblindels, O der auf der 
im Inzidenzpunkte A errichteten Normale belegene zweite Kriimmungsmittelpunkt 
der brecheuden Fliiche, und es werde die ganze Figur um die Linie OB als 
Achse gedreht. Beim Beginn dieser Drehung kommt man vom Punkte A zu- 
nacbst auf den in der Aquatorealebene naclistliegenden Punkt der breclienden 
Flacbe. Die in diesem Punkte er- 
ricbtete Fliichennormale ist dann 
der Normale A nacbstliegend und 
scbneidet folglich dieselbe im 
Punkte 0. Auf dieselbe Weise ist 
der in diesem Punkte einfallende 
Strahl dem Hauptstrahle A B nacbst- 
liegend und scbneidet denselben im Pig xij_ 
Punkte B. Da nun aber der deni 
gebrocbenen Hauptstrable in der Aquatorealebene nachstliegende Strabl in der- 
selben Ebene liegen mu6 wie der einfallende Strabl und die Normale, so muB 
er die Linie B schneiden, w onacb der zweite Fokalpunkt auf dem gebrocbenen 
Hauptstrable im Scbnittpunkte B' desselben mit der Linie OB liegt. 
Werden nun die im Inzidenzpunkte gemessenen zweiten Fokalabstande 
bzw. der zweite Kriimmungsradius der breclienden Flacbe mit e s' (> , bezeichnet 
und die Linie B C senkrecht auf der Flacbennormale gezogen, so ist 
BC ^ sin i 
und folglicb 
g cos I — o^^ 
n sin i w cos i n 
mitbin, da auf dieselbe M'eise die analoge Gleichung fiir das gebrochene 
Strablenbiindel erbalten wird, und da die linken Membra beider Gleichungen 
einander gleicb sind, 
n n n cos i — n cos i , 
— = — + K- 
Von einer Spiegelung, wie von der Richtung, in welcber die GroBen c •;' o,^ 
positiv zu recbnen siud, gilt das oben von der Formel Aj Gesagte. Beide 
Formeln gel ten, wie aus der Deduktion hervorgeht, nicbt nur in Umdrebuugs- 
systemen, sondern iiberall, wo ein Haujjtscbnitt des einfallenden Strableubiindels 
und eine Hauptnormalebene der brecheuden bzw. spiegelnden Fliiche mit der 
Einfallsebene zusammenfallt. Dieselben lebren zunacbst, daB das gebrochene 
Strablenbiindel allgemein astigmatisch ist, so daB in Dmdrebungssystemen — 
singuliire Falle ausgenommen — die BildHiicben eiuander nur im Scbnittpuukte 
mit der Dmdrehungsachse beriihren und folglich nur der axiale Objektpunkt 
als Punkt abgebildet wird. 
! 
238 
Die Dioptrik des Auges. 
[G. 
werden, indem pqp'q 
Fiir diesen Punkt ist cosi = cos »' = 1 und o = w , wonach die Formeln A 
in die erste der im HELMHOLTZschen Text S. 51 deduzierten Formeln 3) iiber- 
gehen. In dieser ist namlich. Jilterem Gebrauche gemaB, der Fokalabstaud des 
einfallenden Strahlenbiindels in umgekehrter Richtung wie der Fokalabstand des 
gebrochenen Strahlenbiindels und der Krliinmungsradius der brechenden Flache 
positiv gerechnet. 
In bezug auf jeden anderen Objektpunkt bat man aber mit zwei ver- 
schiedenen Abbildungen zu rechnen. Hierbei sei die Abbildung der Parallel- 
kreise, welche durcb die ersten Fokalpunkte der gebrochenen Strahleubiindel 
bestimmt wird, als die erste Abbildung bezeichnet. 
Die den beiden Abbildungen entsprechendeu Vergrolierungskoeffizienten 
die im Inzidenzpunkte gemessenen ersten bzw. zweiten 
Fokalabstande des einfallenden und ge- 
brochenen Hauptstrahlenblindels bezeichnen, 
^2f auf folgende Weise ermittelt. 
In der Fig. 116 sei ^ CD der verlangerte 
Hauptstrahl des einfallenden vStrahlenbundels, 
C der erste Fokalpunkt des Hauptstrahlen- 
blindels und D der erste Fokalpunkt des dem 
betreffenden Objektpunkte angehorigen Strahlen- 
biindels. Es sei die Linie DE senlcrecht auf 
den Hauptstrahl gezogen und es stelle BE 
den dureh den Punkt E gehenden Haupt- 
strahl dar. F ist der Schnittpunkt desselben 
mit der im Punkte A senkrecht auf A CD stehenden Linie. AUgemein ist nun 
Fia;. 116. 
AF 
DE 
AC 
CD 
V 
■P 
Wirtl nun der Punkt E iniinite dem Fokalpunkte D geniihert, bis der Haupt- 
strahl BE ein dem Hauptstrahle AD nachstliegender wird, so kommt B auf 
der Tangente der brechenden Flache zu liegen , so daB der Winkel B AF 
gleich dem Inzidenzwinkel wird. Es ist dann, wenn Z) £" mit j"? bezeichnet wird, 
AB 
und wenn mit wcos^i 
1 
AB-n cos- i 
T — p) cos i 
multipliziei't wird , 
1 1 \ n cos i (3 
PI 
Da auf ganz identische Weise die analoge Gleichung zwischen den das ge- 
brochene Objektpunkt- und Hauptstrahlenbiindel bestimmenden GroBen erhalten 
•wird, und <lurch die Anwendung der Gleichung A^ auf beide Strahleubiindel 
die Identitat der linken Membra beider Gleichungen bewiesen wird, so resultiert, 
wenn A'^ den ersten VergroBerungskoeffizienten darstellt. 
n cosz'r' 
Ai = 
n cos I T 
B 
Auf dieselbe Weise erhiilt man flir den zweiten VergroBerungs- 
koeffizienten 
G.l Reduzierte Konvergenz und Brechkrat't. 239 
a; = ^ B, 
indeui. wenn die Fig. 110 den Aquatorialschnitt darstellte. der Hauptstrahl des 
einfallenden Straldenbiiudcls mit der Normale der Schnittlinie der brechenden 
Flache zusammenfallen niuBte. und anstatt der oben ausgefiihrten Multiplikation 
dieselbe mit n\ zu bewerkstelligen ist. 
\i q\ 
COS \ 
Im Spezialfalle t = t' = ist in der Fig. 116 AF = B und somit K. = . 
'■ cos i 
Fiir ij = ,;' = ergibt sich unmittelbar A'^ = 1 . 
Da die Formeln A Additionsformeln darstellen, in welclieu die mit dem 
betreffeuden Brecbungsindex multiplizierten reziproken Werte der Fokalabstande 
eingeben, so empfieblt es sieb, bei der Anwendung derselben direkt mit diesen 
Werten zu recbnen. Zu diesem Zwecke wird der mit dem Brecbungsindex 
dividierte in einem beliebigen Punkte gemessene Fokalabstand der reduzierte 
Fokalabstand genannt. Da der Fokalabstand positiv gerecbnet wird, wenn 
man vom letztgenannten Punkte in der als positiv bezeicbneten Ricbtung zum 
Fokalpunkte gebmgt. so ist der reziproke Wert desselben — die betreffende 
Hauptkriimmung der Wellentiiicbe — ein MaB der Konvergenz des Stralden- 
biindels in dem fraglicben Punkte und in bezug auf den betreffenden Haupt- 
scbnitt. Der mit dem Brecbungsindex multiplizierte reziproke Wert des Fokal- 
abstandes wird daber die reduzierte Konvergenz genannt. Unter Anwendung 
dieses Begriffes k5nnen die Gleichungen A B fiir beide Abbildungen auf die Form 
x-B^A + xD, xKB^A C. 
gebracbt werden. A B stellen bier die reduzierten Konvergenzen des einfallenden 
bzw. gebrochenen Strahlenbiindels dar. sind somit fiir die erste bzw. zweite Ab- 
bildung gleicb bzw. -~—^. x \%i der VergrolJerungskoeffizient ini In- 
T r c ^' 
zidenzpunkte und bat den \^'ert bzw. 1, wabrend K den ersten bzw 
cos i 
zweiten VergroBerungskoeffizienten in den betreffenden Fokalpunkten bedeutet. 
und D, die Brecbkraft der Flaclie im Inzidenzpuidvte, fiir die erste bzw. 
zweite Abbildung den Wert 
n cos i' — n cos i . n' cos i' — n cos i 
bzw. 
Q^ COS I COS I 
bat. 
Es JilBt sicb nun leicbt zeigen. daB die Formeln C aucb dann gel ten, 
wenn die reduzierten Konvergenzen in beliebigen, in bezug auf die 
betreffende Abbildung einander konjugierten Punkten gemessen 
werden. Wenn der VergroBerungskueffizient in diesen Punkten x^ ist und die- 
selben durcb die im Inzidenzpunkte gemessenen reduzierten Konvergenzen A^ B^ 
bestimmt werden, so hat man nebst den (Tleicbungen C die iibnliclien 
i(-B^== A^ + xD, xx^B„=A^ 
und erbiilt flurcb Subtraktion 
x\B,- B] = A,-A. 
240 Die Dioptrik des Auges. [G-. 
Da nun weiter, wenn die durch AB bestimmten Strahlenbiindel in denselben 
Punkten die reduzierten Konvergenzen Jj B, hahen, 
111 111 
somit auch 
B, B B, A^ A ^/ 
R =^^JL_ A - -^A ^^'CKB-HH.B,, 
' B„'-B' 1 A, -A x\B,-B) 
ist, so ergibt sich unmittelbar 
jfj A'5j = A^ 
Anderseits erhalt mau durch Elimination von A bzw. J,,: 
und durch Subtraktion 
wonach t'iir K der Wert ^^— eingefiihrt wird. und 
ic^- B^ = A^ + x^ D 
resultiert. 
Bei der Zusamuiensetzung der durch zwei brechende Flacben zustande 
kommenden Abbildung des einen der beiden abbildbaren Liniensysteme scien 
zunachst die beziiglichen, einem im ersten Medium belegenen Objektpunkte im 
zweiten und dritten entsprechenden Fokalpunkte ermittelt, und es seieu x^ x^ 
die VergroBerungskoeffizienten bei der Abbildung der beziiglichen Objcktlinieu 
im zweiten Medium bzw. bei der Abbildung dieser Bildlinien im (h-itten, 
wahrend D^ D^ die Brechkrafte der Flilchen iu bezug auf die betrefFeude Ab- 
bildung darstellen. Sind dann AB die im ausgewahlten Objektpunkte bzw. im 
letzteren Fokalpunkte gemessenen reduzierten Konvergenzen eines beliebigen 
Strahlenbiindels, so erhalt man fiir die reduzierte Konvergenz desselben Strahlen- 
biindels in dem im zweiten Medium belegenen konjugierten Puukte die beiden Werte 
— , + — = ;<o"B- X D.,, 
aus welchen die allgemeine Gleichung der Schnittweiten 
x-B== A^xD 
wieder erhalten wird, indem 
X = x.x„, D = —^ + X. D„ 
ist. Die im zweiten Medium gemessene reduzierte Konvergenz kann wiederum 
durch die beiden GroBen 
X., a; 5 = '^ 
- - XjA, 
ausgedriickt werden, wenn A'j K^ die den beiden Flachen entsprechenden Ver- 
groBerungskoeffizienten in den Fokalpunkten der Strahlenbiindel sind. Es 
resultiert 
X K B = A 
wo K = A'j A'j ist. 
G.] Die allgemeinen Abbildungsgleichungen. 241 
Diese Prozedur kann nun beliebig oft wiederholt werden. Stellt liierbei 
allgemein in den konjugierten Punkten, in welchen die reduzierten Konvergeuzen 
gemessen \yerden, k^ den VergroBerungskoeffizienten bei der Abbildung durch 
die n ersten Flachen dar, und ist ®^, die Brechkraft des aiis den n ersteu 
Fliichen zusamniengesetzten optischen Systems so ist allgemein 
und der oben gefundene Wert kann gescbrieben werden 
wonach lur n Flachen durch Summation 
erhalten wird. 
Der Gultigkeitsbereich der allgemeinen. in Umdrehungssystemen 
langs einem beliebigen Hauptstrahle giiltigen Abbildungsgleichungen 
x^- B = A -\- X D, X KB = A 
erstreckt sich also auf beliebige Medien, indem x den VergroBerungskoeffizienten 
in zwei beliebigen in bezug auf die betreffende Abbildung einander konjugierten 
Punkten. A B die in diesen Punkten gemessenen reduzierten Konvergenzen eines 
beliebigen Strahlenbiindels, 7v' den VergroBerungskoeffizienten in den durch AB 
bestimmten Fokalpunkten darsteUt, und fiir ein aus n Einzelsystemen zusammen- 
gesetztes System 
X Ji^ X 
ist, wobei die Summe entsprecbend jedem der n Einzelsysteme je ein Glied 
enthalt. 
Durch diese Formeln erhalt man auch allgemein die anguliire VergroBerung. 
Hierunter versteht man das Verhiiltuis der Winkel, unter welchen die gegen- 
seitigen Abstande zweier Bildlinien und der entsprechenden abbildbaren Linien 
in zwei konjugierten Punkten gesehen werden. Der angulare VergroBerungs- 
koeffizient in den Punkten, in welchen der im Gegeusatz zu demselben so- 
genannte laterale VergrijBerungskoeffizient x ist, wird demnach, wenn nn die 
Brechungsiiidizes, /3/9' die Linienelemente der ortliogonalen Trajektorieu der 
ineinander abgebildeten Linien sind. durch das Verhaltnis der beiden Winkel 
' — — und - — angegeben, ist somit gleich — , , welcher Wert mit —r- identisch 
n n nA n x 
ist. Das Produkt des angularen VergroBerungskoeffizienten mit dem lateralen 
und mit dem relativen Brechungsindex ist somit stets gleich der Einbeit. In 
Ubereinstimmung mit der Einfiihrung der reduzierten Abstande empfiehlt es 
sich nun, diesell)en auch in diesem Ausdrucke zu benutzen, wobei der reduzierte 
A' /? 
angulare VergroBerungskoeffizient gleich -y d. li. gleicli dem rezi- 
proken Werte des lateralen VergroBerungskoeffizienten ist. 
Setzt man in den allgemeinen Abbildungsgleichungen B = d bzw. A = 0. 
so erhalt man fiir die reduzierten Abstande des ersteu bzw. zweiten Kaupt- 
. V. Helhholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 16 
242 Die Dioptrik des Auges. [G. 
brennpunktes bzw. — . imd weiiu K = 1 gesetzt wird, ergibt sicb fiir die 
X D D 
X — \ x—\ 
reduzierten Abstande des ersten bzw. xweiten Hauptpunktes -^— — bzw. ^-— , 
X U JJ 
wonacb diircb Subtraktion letzterer Werte von den ersteren die reduzierten 
Alistiinde des ersten bzw. zweiten Hauptl)rennpunktes vom ersten bzw. zweiten 
Hauptpunkte, bzw. — , erbalten werden, und die Brecbkraft somit all- 
gemein als der reziproke Wert der mit dem betreffeuden Brecbungs- 
index dividierten zweiten Hauptbrennweite definiert ist. 
Werden die allgemeinen Abbilduugsgleicbungen auf die Haujit- 
punkte bezogen, so erbalten dieselben die Form 
£=.1 + Z>. KB=A, 
in welcber sie besagen, daB die reduzierte Konvergenz beini Durchgaug 
durcb ein optiscbes System um den Betrag der Brecbkraft desselben 
vermebrt wird, und daB der laterale VergroBeruugskoeffizient gleicb 
dem Verhaltnis der reduzierteuHauptpunktabstande der Fokalpunkte 
des gebrocbenen und eiut'allenden Strablenblindels ist. wabrend der 
reduzierte angulare VergroBerungskoeftizient in den Hauptpunkten gleicb der 
Einbeit ist. Diese Formeln haben eben denselben allgemeinen Giiltigkeitsbereich 
wie jene und gewabren dabei den Vorzug, das Wesen der optiscben Abbildung 
klar bervortreten zu lassen, haben aber anderseits den Nacbteil, daB ibre An- 
wendung auf die durcb die Bedingung D = cbarakterisierten sogenannten 
teleskopiscben oder besser afokalen Systeme eiue umstandlicbe Dmformung er- 
fordert, wilbreud die allgemeinen Abbilduugsgleicbungen unverandert an- 
wendbar sind. 
Fiibrt man in die auf die Hauptpunkte bezogenen Abbilduugsgleicbungen 
die Bedinguug gleicber (nicbt reduzierter) Konvergenz des eiufallendeu und ge- 
brocbenen Strablenblindels ein, so ergibt sicb 
B _ A _ D K- — 
n n n — w n 
und fallen die Fokalpunkte der Strableubiindel mit den Listing scbeu Knoteu- 
puukten zusammen, wobei der (nicbt reduzierte) angulare VergroBerungskoeftizient 
in denselben gleicb der Einbeit ist. Da aber die den Knoteupuukteu zu- 
gescbriebenen Eigenschafteu bei endlicber Strablneiguug nur in Systemeu, welcbe 
aus einer einzigen spbariscben Flacbe bestehen, der Realitat eutsprecben, was 
nur allzu leicbt uberseben wird, so bieten die auf dieselben bezogenen Ab- 
bilduugsgleicbungen um so weniger Nutzen. als der Begriff des reduzierten 
angularen VergroBerungskoeffizienten den auf die Hauptpunkte bezogenen 
Gleicbungen eben die Yorteile zuversicbert, welcbe an den Knotenpunkts- 
gleicbungen besonders gescbatzt werden. 
Dagegen bieten in vielen Fallen die Brennpunktsgleicbungen wirklicben 
Nutzen. Man erbalt dieselben sowobl direkt aus den oben ermittelten Aus- 
driicken fiir die Abstande der Brennpuidvte von beliebigen konjugierten Punkten, 
wie aucb auf folgende Weise. Wird aus den allgemeinen Abbildungsgleicbungen 
einmal B, einmal A eliminiert, so erbalten dieselben die fiir gevvisse Probleme 
sebi' auwendbare Form 
G.l Zusammensetzung von Abbildungen. 243 
in welcher sie auch dann auwendbar siiid, weim einer der l>eiden konjugierten 
Punkte. in welchen der VergroBerungskoeffizient '/t ist, in unendlicher Ent- 
fernung liegt, wobei ;f = bzw. - ~ = zu setzen ist. Es ergeben sich auf 
diese Weise, wenn L L' die im ersten bzw. zweiten Brennpunkte eines optischen 
Systems gemessene reduzierte Konvergenz eines Strahlenbiindels bezeichuen, die 
beiden Gleichungen 
KD = L, KL = - D. 
aus welcbeu 
LL ^ -D\ ~= - K- 
resultiert, \\o K, wie gewohnlich den VergroBerungskoeffizienten in den Fokal- 
punkten der durch die reduzierten Konvergenzen LL' bestimmten Strahlen- 
biindel bezeichnet. 
Wenn man bei der Zusammensetzung zweier Systeme ohne den oben 
angegebenen Weg zu befolgen unniittelbar die Brecbkraft ® des zusammen- 
gesetzten Systems und die Lage der Hauptpunkte desselben linden will, so erhalt 
man auf folgende Weise die bierzu notigen Formelu. Es sei das erste System 
durch die Brecbkraft D^ und durch zwei beliebige konjugierte Punkte, in 
welcben der VergroBerungskoeffizient x^ ist, das zweite durch die Brecbkraft D.^ 
und durch zwei beliebige konjugierte Punkte mit deni VergroBerungs- 
koeffizienten X., detiniert. und es stelle ff den reduzierten, d. h. mit dem be- 
treffenden Brechungsindex dividierten, Abstand des ersten der letztgenannten 
Punkte vom zweiten der erstgenannten dar. Filr ein beliebiges Strahlenbundel 
seien reduzierte Konvergenzen und VergroBerungskoeffizienten in den beiden 
Systemen mit A^B^^K^A^B^K^ bezeichnet. Laut der oben gegebenen Deduktion 
ist dann die Brechlo'aft des zusammengesetzten Systems gleich -f^ + A' D„ . 
Man erhalt durch Elimination von A^ und B.-^ aus den allgemeinen Abbildungs- 
gleichungen 
und da 
ist: 
1 1 V 
® = §i + /i"! ^2 = ^ + ;^, ^o - <)'A A , 
welcher Ausdruck die Brecbkraft des zusammengesetzten Systems durch die die 
beiden Einzelsysteme bestimmenden GroBen angibt und fur ^" = in den oben 
unter dieser Bedingung hergeleiteteu iibergeht. Sind H H' die reduzierten Ab- 
stande des ersten bzw. zweiten Hauptpunktes des zusammengesetzten Systems 
vom ersten definierten Punkte des ersten Systems bzw. vom zweiten definierten 
Punkte des zweiten Systems, so hat man, wenn A'j K^ = 1 gesetzt wird, 
16' 
H= -^.H'=-^. Diese Bedingung 
244 Die Dioptrik des Auges. [G. 
''i B, X, ^ A.^ 
ergibt aber, wenn eiumal A^ durch B^ , einmal B^ durch A., ersetzt wird: 
5, (,)■/), + X, - £j = A + A = - A.,_ [SD^ + 1 
und dann nach Einflihrung von A^B.^ anstatt B^A.,: 
Die allgemeinen Form el n fiir die Zusammensetziing zvveier 
System e siud somit 
® =^ + ;f, D., -SD.D.,, 
x., 
"■—'ih^^l-"' 
Werden beide Systeme ant' die Hauptpunkte bezogen, so hat man x^ = x, = l 
und iindet: 
'S) = L\+ D, -SD,D, ^-^~ ^'= -^- 
1st wiederum das erste bzw. zweite System afokal, so hat man nur Z)j = n 
bzw. Dj = zu setzen. Wenn das andere System auf die Hauptpunkte bezogen 
wird, wobei x., = 1 bzw. x^ = 1 ist, ergibt sich somit 
bzw. 
X., I\ - I\ 
Sind beide Systeme afokal, so hat man nur im Ausdrucke fur S mittels der 
allgemeinen (ileichung der Schnittweiten Sj A., duruh A^ B.^ zu ersetzen, um fiir 
das zusammengesetzte System die Gleichung 
1 x^ x.^ x.^ S 
x^ X.J 5., ^4 J ;fj 
zu erhalten, wahrend 
A" = x.^ X., 
iiberall den VergroBerungskoeffizienten angibt. Fiir eine planparallele Platte 
und fiir ein Prisma, welches unter der Bedingung der minimalen Ablenkung 
vom Hauptstrahle passiert wird, ist fiir beide Abbildungen x^x., = 1, woraus 
J__ J S_ 
~B, ~17~^ 
erhalten wird. Behndet sich nun die Platte bzw. das Prisma in Luft und 
stellen ii' Einfalls- und Brechungswinkel in der ersten Flilche dar, so erhalt 
man fiir das gebrochene Strahlenbundel 
G.l Zusammensetzung von drei optischen Systemen. 245 
1 1 Scos'^i , 11, 
— = 5-^ bzw. — - = d . 
B., A^ COS''* B., A^ 
wonach, wenn rlie Refraktionsebeiie als der erste Hauptschnitt bezeichnet wird, 
und wenn das einfallende Licht homozentrisch ist, der Abstand des ersten 
Fokalpunktes vom zweiten den Wert 
cos^f — COS^i 
8. 
COS' I 
hat. Diese Breniistrecke. welche somit von der Lags des Objektpuuktes un- 
abhi'ingig ist, gibt also den tatsachlich vorhandenen Astigmatismus an. Derselbe 
kann ersichtlicherweise nur dann vernachlassigt werden, wenn der Weg des 
Lichtes in der Platte bzw. im Prisma im Verbiiltnis zum Abstande des Objekt- 
puaktes verschwindend klein ist. 
In der physiologischen Optik ist es von Vorteil, die Formeln fiir die Zu- 
sammensetzung von drei optischen Systemen fertig zu haben. Man 
erhalt dieselben auf folgende Weise unter Benutzuug der oben angegebenen 
allgemeinen Methode. Es seien Dj D.^ D^ bzw. ^ die Brechkrafte der Teil- 
systeme bzw. des Vollsystems, 8^ 8.^ die reduzierten Abstande des ersten Haupt- 
punktes des folgenden Systems vom zweiten Hauptpunkte des vorhergehenden. 
Zunachst werden die den Hauptpunkten des zweiten Systems im ersten und 
letzten Medium konjugierten Punkte 
aufgesucht. Es ergibt sich 
j, + ^',-i. 
Bs = D,-l, 
und somit 
1 
Xj = 1 - d\ Dj , X 
. = 1. 
"3 1 A n 
"2 -^3 
wonach die allgemeine Summenformel der Brechkraft 
® = i)i (1 - d\ D^) + A (1 - 8^ D^)[l - 8.^ D^) + Z>3 (1 - 8^ D,) 
ergibt. Die reduzierten Abstande der Hauptpunkte des Vollsystems von den 
heiden im ersten und letzten Medium ermittelten, konjugierten Punkten sind, 
wie oben bewiesen wurde. wenn x fur Xy x^ gesetzt wird, 
X — I , X — 1 
bzw. 
x'S) ■ SD ' 
woraus flir die reduzierten Abstande HH' der Hauptpunkte des Vollsystems 
vom ersten Hauptpunkte des ersten bzw. vom zweiten Hauptpunkte des letzten 
Systems die Werte 
^1 X ® 1 - ^'i Z>i S)(l - 8\ L»i) 
,,. _ L , ^ - 1 = ^2 , r\Z>3-<) \Z), 
£3 t) 1 - 8, Dg "^ 2) (1 - ^, Dg) 
Ist das Vollsystem symmetrisch in bezug auf das mittlere Teilsystem, 
indem 8.^ = 8^ und D^ = I\ ist, so erhalt man 
246 Pie Dioptrik des Auges. [G-. 
® = 2 1\ (1 - S^ D,) + -D, (1 - <), A)' ' 
8. 
H= - H' = 
1-^:A 
Was die Wahl der Vorzeichen betrifft, so wurden die fiir eine eiiizelne 
Flache giiltigen Abbildungsgleichungen unter der nunmehr allgeinein au- 
genommenen Bedingung entwickelt, daB die Abstande der Fokalijunkte und des 
Kriimmungsmittelpunktes der brechenden oder spiegelndeu Flacbe vom Inzidenz- 
punkte ill einer und derselben Eicbtung positiv gerecbnet werden, und daB ein 
positives Vorzeicben des VergroBerungskoeffizienten eine gleicbsinnige Abbildung 
angibt. Da weiter bei einer Spiegelung das Vorzeicben des Brecbungsindex 
gewechselt werden muB, und in zusammengesetzten Systemen iiberall eine 
gleicbsinnige positive Eicbtung zu wablen ist. so wird dieselbe am besten in 
bezug auf die Licbtbewegung im Objektraume definieil. Wablt man bier die 
mit derselben gleicbsinnige Eicbtung. so bedeutet immer, da bei jeder Spiegelung 
sowobl die positive Eicbtung im Verbaltnis zur Licbtbewegung wie das Vor- 
zeicben des Brecbungsindex gewecbselt wird, ein positives Vorzeicben der 
reduzierten Konvergenz, daB die betrefifenden Strablen konvergieren, ein positives 
Vorzeicben der Brecbkraft. daB das System sammelnd wirkt. und ist immer 
der reduzierte Abstand eines Punktes von einem anderen positiv, wenu man, 
der Eicbtung der Licbtbewegung folgend, vom letzteren zum ersteren gelangt. 
Es ergeben sicb somit folgende allgemeine Eegeln. Langs dam Hauptstrable 
ist iiberall diejenige Eicbtung positiv, welcbe mit der Licbtbewegung im Objekt- 
raume gleicbsinnig ist. Die Brecbungsindizes der nacb einer ungeraden Anzabl 
von Spiegelungen vom Licbte durcblaufeiien Medien sind negativ anzusetzen. 
Der Abstand eines Punktes von einem anderen ist positiv, wenu man. der 
positiven Eicbtung folgend, vom letzteren zum ersteren gelangt, und ein 
Ki'ummungsradius ist der Abstand des Kriimmungsmittelpunktes vom Fliicbeu- 
punkte. Endlicb ist ein Vergi'oBerungskoeftizient positiv. wenu man, in der 
positiven Eicbtung langs den betreffenden Hauptstrable n blickeud, die ineinander 
abgebildeten Linien auf einer und derselben Seite dieser Strablen siebt. 
Die Eiubeit, mit welcber die reduzierte Konvergenz und die Brecbkraft 
gemessen wird, kann beliebig gewablt werden. Da aber in der Opbtbalmologie 
die Dioptric sicb als Einbeit der Brecbkraft von Linsen bewabrt bat. und die 
Brecbkraft einer in Luft belindlicben Linse von 1 m Brennweite augibt, so 
empfieblt es sicb diese Einbeit allgemein zu gebraucben, wobei dieselbe als 
die Einbeit des reziproken Wertes einer durcb Division mit dem 
betreffenden Brecbungsindex reduzierten, in Meter gemessenen 
Haupt- oder Konjugatbreunweite definiert werden muB.^ 
Die einfacbe und iibersicbtlicbe DarsteUung samtlicber fur die Umdrebungs- 
systeme gultiger Abbildungsgesetze in einer Form, welcbe liings jedem belie bigen 
Hauptstrabl anwendbar ist, und dm-cb welcbe das Koinzidieren desselbeii mit 
der Umdrebungsacbse als spezieller Fall dargestellt wird, ist nur durcb die 
Begiiffe der reduzierten Kouvei'genz und der Brecbkraft ermoglicbt worden. 
Man kann sicb aber trotz der verscbiedeuen Form sebr leicbt davon iiberzeugeu, 
' A. GuLLSTRAND, Uber die Bedeutung der Dioptrie. Arch. f. Ophth. Bd. XLIX, 1. 
S. 46. 1899. Zu bemerkeii ist, daB der in dieser Schrift tur afokale Systeme angewendete 
Koeffizient h- deu reduzierten anguliiren VergroBerungskoeffizienten darstellt. 
G.l Kritik anderer Darstellungen. 247 
ckB die allgemeineu Abbilduugsgleichungeu mit deu im HELMHOLTZscheu Texte 
S. 57 — 58 angetulirteu Gleicliungen 7) bzw. 7d) identisch sind, walu-end die 
Gleicbuugeu 7 b) und 7 c) iu der obeu augewendeten Form leicbt erkeimtlich sind. 
Dagegen sucbt man in obenstebender Darstellung vergebeus nacb einer be- 
sonderen Wiirdiguug dei' auf die Knotenpunkte bezogenen Gleichungeu. Dies 
stebt, ^^e scbon oben betont wurde, damit in Zusammenbang, daB die wesentliche 
Eigenscbaft der Knotenpunkte nur fiir eine einzige spbariscbe Flacbe bei end- 
licber Stralilneigung reell ist. Solange man die Abbildung einer endlicben 
Objekttlacbe als approxiniativ abulich derjenigen des zentraleu Elementes der- 
selben ansab. so konnten im Einklange mit dieser Anscbauuug die geometriscben 
Konstruktionen die Relation der konjugierten Punkte zueinander und zu den 
Kardinalpunkten versiunlicben. Sowie aber an dem tatsachlicben streng fest- 
gebalten wird.' ist eine solcbe Versinnlichung nicbt mehr am Platze, da die bei 
der Konstruktion verwendeten Gesetze nur fiir die Fiktion unendlicb kleiner 
Strablneigungen giiltig sind, die Konstruktionen desbalb otl falsc.be Vorstellungeu 
erwecken. Fiir die Darstellung der tatsacblicben Vorgiinge bieten aber weder 
die Knotenpunkte nocb die Haupt- oder Brennebenen, welcbe ebenfalls nur fiir 
die Fiktion unendlicb kleiner Strablneigung iln-e cbarakteristiscben Eigenscbaften 
besitzen, irgend einen Vorteil, wesbalb aucb diese Begi'iffe lieber als unniitzer 
Ballast beiseite gelassen werden. Dasselbe gilt von den genannten geometriscben 
Konstruktionen, und die bier oben zur Ermitteluug der Abbildungsgleicbungen 
fiir eine einzige Flacbe angeweudeten sollen aucb nur dem Zweck dienen, dem 
Leser die sonst unumganglicbe Differentialrecbnung zu ersparen. 
In der oben gegebenen Darstellung kommt nii'gends eine Fiktion vor, 
sondern wird iiberall mit exakten geometriscben GroBen und — betreffend die 
VergroBerung — mit ausdriicklicb als Limeswerten bezeichneten Koeffizienten 
gearbeitet. Ebea bierdurcb unterscbeidet sicb aucb der Begriff der reduzierten 
Konvergenz von dem nur fiir die Fiktion unendlicb kleiner Strablneigung 
giiltigeu Begrifie der optiscben Divergenz der Strablen und der optischen 
Neigung eines Strables.^ 
Den umgekebrten Weg baben bei der Darstellung der Gesetze der optiscben 
Abbildung Abbe und seine Scbiiler- befolgt, indem die Tbeorie der kolliuearen 
Abbildung ohne Eilcksicbt auf die Verbaltnisse bei der Brecbung und Spiegelung 
des Licbtes aus einfacben geometriscben Voraussetzungen bergeleitet wurde. 
Da die koUineare Abbildung jedocb nur unter der Fiktion uuentUieb diinner 
Strablenbiindel und nur fiir ein unendlicb kleines die Acbse eines Umdrebungs- 
systems scbneidendes Objektfliicbenelement giiltig ist, langs anderen Haupt- 
strablen aber die Einfiibrung neuer Fiktionen erfordert, so kann dieselbe, nacbdem 
die allgemeinen Abbildungsgesetze bekannt geworden sind, nur als ein unrealisier- 
bares Ideal bingestellt werden. DaB in vielen modernen optiscben Instrumenten 
die Realitiit diesem Ideale sebr nabe kommt, l)erubt nur auf einer Anbiiufung 
matbematischer Singularitiiten bei der Konstruktion. Man muB sicb wobl vor 
der Vorstellung in acbt nebmen, es ware eine exakte Nacbabmung des Ideales 
mogbcb, und am allerwenigsten dari man glauben, daB dasselbe die Abbildung 
im Auge reprasentiere. 
' H. V. Helmholtz, Handbuch der physiologischen Optik, 2. Auflage, Hamburg mid 
Leipzig 1896. S. 66 bzw. 71. 
- S. CzAPSKi, Grundziige der Tbeorie der optischen Instrumente nach Abbe. 2. Auf- 
lage, Leipzig 1904. 
248 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Bei tier Anwemliing der Abbildungsgesetze mu6 man stets vor 
Augen haben, da6 dieselben nur die Fokalpunkte und die VergroBerungs- 
koeftizienten langs dein l)etreii'endeu Hauptstrable ergeben. Bei der Unter- 
sucbung des auf einer Scbirmflache entstandenen Bildes mtissen deshalb 
die von einer •willkiirlichen Wabl des Hauptstrables beeinfluBten Erscbeinungen 
besonders beriicksicbtigt werden. Uin den Cbarakter des Umdrebungssystemes 
zu bewahren, muB dabei die Scbirmtiache entweder, wie gewohnlicb der Fall ist, 
eine acbsensenkrecbte Ebene oder aber eiue Umdrebiingstiacbe sein, deren Acbse 
mit der Achse des Instrumeutes zusanimentallt, und es konuen den verschiedenen 
Objektpunkten entsprechend nur diejenigen Strahlen als Hauptstrahleu gewahlt 
werden, welcbe die Achse scbneiden. \\'enn nun die Schirmtlacbe den dem 
axialen Objektpunkte entsprecbenden Bildpunkt entbalt, so berlibrt sie in dem- 
selben die beiden Bildfliichen. Einem in endlicbem aber kleinem Abstande von 
der Achse belegenen Objektpunkte entspricht ein durch das Blendenzentrum 
gehender Hauptstrabl, liings welcbem das Strablenbiindel astigmatisch ist. 
Dasselbe Strablenbiindel ist aber, wenn die Blende eine endliche GroBe bat, 
und wenn eine ge«isse Proportion des Abstandes des Objektpunktes von d(T 
Achse zu der BlendengroBe nicbt iiberscbritten wird, langs einem anderen, durch 
die Blende gehenden Strable anastigmatisch. Die auf diese Weise entstebenden, 
den imweit der Achse belegenen Objektpunkten entsprecbenden, anastigmatischeu 
Bildpunkte liegen auf einer Flache, welche im Schnittpunkte der Scbirmtiache 
mit der Achse dieselbe beriihrt. Da es sich nun praktisch niemals um eine 
Abbilduug matbematischer Punkte handelt, so folgt hieraus, daB in einem end- 
lichen, den axialen Bildpunkt umgebenden Bezirke, dessen Ausdehnuug von der 
BlendengroBe abhiiiigt, das auf der Scbirmtiache entstandene Bild praktisch 
nicht von einem durch wirkliche Abbilduug von Puukten entstandenen unter- 
schiedeu werden kann. Dieser Bezirk ist offenbar um so groBer. je vveniger 
die Kriimmungen der Bildflachen voneinander und von der Kriimmung der 
Schirintiache abweichen. Bei der Untersuchung dts Strahlenbiindels, welcheL 
von einem in der nachsten Umgebuug des diesem Bezirke entsprecbenden 
Teiles der Objektflache belegenen Punkte ausgegangen ist, findet man, daB 
dieses Strahlenlitiudel nur langs einem exzentriscb durch die Blende gehenden, 
die Achse schneidenden Strable einen Fokalpunkt auf der Scbirmflache haben 
kann, wonach auf der entsprecbenden Zone der Schirmflacbe nur das eine System 
der auf der Objektflache verlaufeuden abbildbaren Liuien abgebildet wird. Stellt 
die Scbirmflache eine Ebene dar. so ist es im allgemeinen das System der 
Meridianlinien, welches durch positive Systeme in dieser Zone abgebildet wird, 
indem die Bildflachen in den gewohnlichen aus spbarischen FliLchen bestehendeii 
Systemen im allgemeinen die konkaven Seiten gegen das System wenden, und 
die erste Bildflache demselben naher liegt als die zweite. Auf den auBerhalb 
dieser Zone belegenen Teil der Schirmflacbe fallt wiederum langs keinem 
Strahle ein Fokalpunkt, wonach das Bild hier nur durch optische Projektion 
zustande kommt. 
In Ubereinstimmung mit dem eben geschilderteu Vorgange kann man sich 
z. B. unter Anwendung einer sogenannten einfachen photographischen Land- 
scbai'tslinse sebr leicht davon iiberzeugen, daB auf der fiir die scharfste Ab- 
bilduug des axialen Objektpunktes eingestellten Visierscheibe, im zentralen Be- 
zirke beliebige Objektlinien und -punkte gleich scharf abgebildet werden, 
wahi-end in einer umgebenden Zone Linien, welche in Meridianebenen liegen, 
G.l Mangel an Objektahnlichkeit bei der Abbildung. 249 
scharfer als audere abgebildet werden, und in dem auBerhalb dieser Zone be- 
legenen Geliiete die Schiirfe der Alibildung iiberbaupt nur auf der Stufe der 
mit der Lochkamera erhaltlichen steht. 
Untersucht man auf diese Weise das Bild einer auf der Achse zentrierten 
und auf derselben senkrecht stebenden. aus Meridianlinien und Parallelkreisen 
bestehenden Figur, so iindet man, daB bei kleiner Blende, wenn dieselbe liings 
der Acbse verschoben wird, die Lage der Parallelkreise auf dem Bilde sich 
andert, so daB allgemein,. wenn auf dem Objekte die gegenseitigen Aljstande 
derselben konstant sind, dies nicbt auf dem Bilde der Fall ist. Es beweist 
dieser Versucb, daB der VergroBerungskoefiizient auf der Acbse, welcber ja von 
der Verschiebung der Blende unabbiingig ist. allgemein nicbt die VergroBerung 
des Bibles, sondern nur den Limeswert angibt, welcliem sicb dieselbe immer 
mebr niibert, wenn die GroBe des Objektes stetig abnimmt, sowie daB das Bild 
des aus den Parallelkreisen bestebenden Liniensystems nicbt objektahnlicb ist, 
wabrend dies mit dem Bilde der Meridianlinien wegen der cbarakteristiscben 
Eigenscbaften der Umdrebungssysteme auch dann der Fall ist, wenn bei ver- 
schobener Scbirmfliicbe das ganze Bild nur durch optische Projektion zustande 
konimt. Der Mangel an Objektabnlichkeit bei der ersten Abbildung nimmt 
aber mit abnebnaender ObjektgroBe immer mebr ab, um in dem Augenblicke, 
wo das Objekt auf den axialen Punkt reduziert ist, vollstandig zu verscbwinden. 
Je nacb der erforderlicben Genauigkeit der Untersuchung bat man wegen 
diesem Mangel an Objektabnlichkeit immer eine groBere oder geringere Anzabl 
von Hauptstrablen mit trigonometriscber Recbnung zu verfolgen. um die Scbnitt- 
punkte derselben mit der Scbirmtlache zu ermitteln. Die Abbildungsgleicbungen 
ergeben dann die auf denselben belegenen Fokalpunkte, welcbe die Scbnitt- 
punkte mit den Bildflacben darstellen. Den zweiteu VergroBerungskoeftizienten 
erbalt man hierbei allgemein direkt aus der Lage des zweiten Fokalpunktes, 
indem zufolge der Objektabnlicbkeit bei der Abbildung der Meridianlinien 
derselbe durcb das Verbaltnis der Acbsenaljstande des Fokalpunktes und des 
Objektpunktes ausgedi'iickt wird; den ersten muB man mit den Abbildungs- 
gleicbungen ermitteln. Weil aber die Fokalpunkte im allgenieinen Falle nicbt 
auf der Schirmtlacbe liegen, so bat man bei der Untersuchung des Bildes mit 
den linearen Projektionskoeffizienten zu rechneu. Da in Umdrehungssystenien 
nicbt nur die alibildbareu Linien und Bildlinien, sondern audi deren ortho- 
gonale Trajektorieu mit deu Meridianlinien und den Parallelkreisen zusammen- 
fallen, letztere somit auch ineiuander projiziert werden konnen, so wird der 
lineare Projektionskoeffizient. mit welcbem man bei der Projektion von 
Meridianlinien bzw. Parallelkreisen zu rechnon hat, als der erste Ijzw. zweite 
bezeicbnet. Wabrend imn der zweite lineare Projektionskoeffizient in Analogie 
mit dem zweiten VergroBerungskoeffizienten durcb das Verbaltnis der x\cbsen- 
ab-itande der Schnittpunkte des betreffendeu Hauptstrables mit der Schirinflache 
und der Objekttlache ausgedriickt wird. erbalt man auf folgende Weise den 
ersten. Wenn der reduzierte Abstand der Scbirniflacbe von dem ersten Fokal- 
punkte, liings dem betreffendeu Hauptstrabl gemesseu, mit d' bezeicbnet wird, 
und 33 die in diesem Punkte gemesseue reduzierte Konvergenz des Haupt- 
strahleubiindels in der Meridianebene darstellt, so verhalt sicb der Abstand 
eines ni'ichstliegenden Hauptstrables vom Fokalpunkte zu dem Abstand desselbtsn 
Hauptstrables von dem Schnittpunkte des ersteren mit der Schirmtlacbe, wie 
die Alistilnde der beiden Punkte von dem Schnittpunkte der beiden Haupt- 
250 Die Dioptrik des Auges. [G. 
strahlen, il. h. wie -^ : h^j f^'] > imd ist sumit 1 — d"i3 der lineare Pro- 
jektioiiskoeffizient in eleu beidcn Puiikten. Der erste lineare Projektions- 
koeffizient Cj fiir den entsprechenden Objektpunkt ist demnacli 
uud es gilt fiir den zweiten die analoge Formel. Die Anwendung dieser Formel 
setzt somit voraiis, daB das Hauptstrahlenbundel bis in den Bildraum verfolgt 
worden ist. wozu die gewobnliclien Abbildungsgleicbungen angeweudet werden. 
Die aktuelle lineare Vergr56erung bei der Projektiou ist von der Neigung der 
Objekt- und Schirmflache gegen den Hauptstrahl abbiingig, iudeni der Limes- 
wert derselben, wemi ictv' die Winkel darstelleu, welche die Normalen der be- 
COS zo 
trefFenden Flachen mit deni Hauptstrahl bilden, gleich C, ; ist, Fiir die 
'■ cos w 
Projektion von Parallelkreisen ist dieser Limeswert gleich dem zweiten linearen 
Projektionskoeffizienteu. 
Die bier dargestellten Abbildungsgesetze erster Ordnung gelten allgemein 
auch in einfach asynimetrischeu Systemen, wobei aber beide VergroBerungs- 
und linearen Projektionskoeffizienten, wie in Umdrehungssystemen mit den 
ersten der Fall ist, berechnet werden miissen. Die Synimetrieebene, welche 
in solcheu Systemen keine Meridianebene darstellt wird die Tangentialebene, 
die auf derselben senki-echt stehende die Sagittalebene genaunt. Die Formeln 
fiir die Abbilduug laugs der Achse in symmetrischen Systemen ergebeu 
sich aus den in einfach asymmetriscbeii iSystemen giiltigen. indem der Cosinus 
des Einfalls- und Brechungswinkels iiberall gleich 1 gesetzt wii'd. Man hat 
hierbei die den beiden Symmetrieebenen entsprechenden Abbildungen voneinander 
zu trennen, indem die eine dieser Ebenen willkiirlicli als die erste bezeichnet 
wird. In Umdrehungssystemen sind die auf dieselbe Weise erhaltenen 
Gleichungen der Abbildung auf der Achse von der Orientierung der Symmetrie- 
cljene unabhiingig. 
Die Abbildungsgesetze hoherer Ordnung. Die fiir einfach asym- 
metrische Systeme voUstiindig entwickelten Abl)ildungsgesetze zweiter Ordnung 
ergeben u. a. fiir Umdrehungssysteme Formeln, welche langs einem beliebigeu 
Hauptstrahle die Neigung der Bildflachen und den Asymmetrienwert des ersten 
VergroBerungskoeffizienten bekamit machen. Letzterer Wert gibt an, um welchen 
Betrag dieser Koeffizient beim Ubergang auf einen nachstliegenden Hauptstrahl 
veriindert wird. Durch andere Formeln erhillt man die Asymmetrienwerte 
der Strahlenbiindel, welche die Giite der Strahlenvereinigung angeben. Das 
allgemeine. doppelt asymmetrische Strahlenbiindel wird von vier solchen Werten 
bestinimt, walu-end das in Umdrehungssystemen vorkommende einfach asymme- 
trische Strahlenbiindel durch zwei Asymmetrienwerte charakterisiert ist. 
Wenn man in der Symmetrieebene eines solchen Strahlenbiindels von 
Strahl zu Strahl iibergeht, so liegen siimtliche ersten Fokalpunkte auf der 
Schnittlinie der ersten kaustischen Flache, welche iiberall von den Strahlen be- 
G.] 
Abbildungsgesetze zweiter Ordnung. 
251 
i-iihrt wird. In der Fig. 117, wo F^ F^ die auf dem Strahle O F^ F^^ belegenen 
Fokalpunkte darstelleu, ist diese Linie, welche allgemein die r-Liuie genamit 
sein mag, mit r F^z bezeichnet. Die in der Zeichnungsebeue verlaiifeuden 
ytrablen werden also als Tangeuten dieser Liuie konstruiert, wonach die durch O 
gezogene, auf samtlicben Strablen seukrecbt stehende krumme Linie die Scbnitt- 
linie der diesem Puukte entsprecheuden WeUeuHacbe darstellt. Wird aut'jedeui 
Strable der zweite Fokalpunkt markiert, so bilden diese samtlicben Punkte 
eine lo-umme Linie, die ^-Linie, welcbe in der Figur mit g F^^ c bezeicbnet ist, 
und welcbe bei endUcber Brennstreeke immer einen endbcben M^inkel mit dem 
Strable bildet. Es ist nun der Kriimmungsradius AF^ der r-Linie der direkte 
Asymmetrienwert des Strablenbiindels langs dem Strable OF^F^^ und wird 
mit E bezeicbnet. Ziebt man wiederum in F^^ die Normale der ^-Linie. welcbe 
in B die erste Fokalebene sebneidet. so ist der Abstand BF dieses Scbnitt- 
O 
Fiff. 117. 
punktes vom ersten Fokalpunkt der transversale Asymmetrienwert und 
wird mit S bezeicbnet. Die Vorzeicben der Asynimetrieuwerte werden nacb 
diesen Definitionen von der Wabl der positiven Eicbtung bestimmt. Dieselben 
haben somit in dem in der Figur versinnlicbteu Falle beide einen positiven 
Wert, wenn die Ricbtung nacb oben als die positive deiiniert wii-d. In Um- 
drebungssystemen empfieblt es sicb, den Abstand eines Objektpunktes von der 
Achse immer als positiv zu recbnen und im ganzeu System die mit dieser 
Ricbtung gleicbsinnige Ricbtung einer den Hauptstrabl senki-ecbt scbneidenden 
Linie als positiv zu bezeicbnen. Das Vorzeicben der Brennstreeke E und des 
Wittkels &. den die ^-Linie mit der zweiteu Fokalebene bildet. wird durcb die 
Gleicbungen 
E=^-T. S = -£'tg,V- 
bestimmt. 
Wenn die Asymmetrienwerte dasselbe Vorzeicben baben, so ist die erste 
kaustiscbe Fliicbe im Fokalpunkte satteKormig gekriimmt. indem der Kriimmungs- 
mittelpunkt ibrer Scbnittlinie mit der ersten Fokalebene allgemein im Scbnitt- 
punkte der Linie AF^ mit der in F^^ gezogenen Tangente der g-Linie liegt. 
iS 
Da die Kriimmung dieser Scbnittlinie somit allgemein gleicb — -5- ist, so wird 
F" 
dieselbe bei zunebmenden Asymmetrienwerten immer scbarfer, wabrend der 
Kriimmungsradius der r-Linie immer groBer wird. so daB die Sattelform mebr 
in eine Rinnenfurm iibergebt. 
252 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Wird der ^^'inkel ?/, den eiu naclistliegeiider Strabl mit dem Strahle 
F^ F^, bildet, dann positiv gereclmet, wenn man vom Punkte 0. der positiven 
EicLtuug folgeud, auf denselben gelaugt, so Lestelieu die Ideutitiiten 
au ail 
und es stellen somit die Asynimetrienwerte die Linieswerte der Veranderimg 
dar, welche die von der Wellentiache gemessenen Sclinittweiten beim Ubergang 
auf einen uiicbstliegenden Strahl erfahren. 
Durcb die G-roBe der Asymmetrienwerte wird die Giite der Strablen- 
vei'einigung in erster Auniiherung bestimnit. In Fiillen, wo eine genauere 
Kenntnis derselben notig ist, kann man diese Werte langs mehreren Strablen 
berecbnen, indem jedeui Strahle entsprecbend ein Punkt auf der r- bzw. 
g-Liuie und im ersteren die beiden Krtimmungen der ersten kaustiscben Flacbe, 
im letzteren die Neigung der c-Linie gefunden warden kann. Letztere Linie 
stellt iiberall eine Kante dar, was unmittelbar daraus folgt. da6 die Meridional- 
ebene eine Svmmetrieebene ist. Die Scbnittlinie der zweiteu kaustiscben Flacbe 
mit dem zweiten Hauptscbnitt bat somit im zweiten Fokalpunkte eine Spitze, 
in welcher ihre beiden Zweige eiuander und den Strabl O F F, bcriibren. 
Will man den Strablengang in Form von Abweicbungen oder Aberrationen 
der einzelnen Strablen veranschaulicben, so stellt im astigmatischen Strablen- 
biindel der Abstand des Schnittpunktes eines Strables mit der dem Hauptstrable 
zugeborigen ersten Fokalebene von der entsprecbenden ersten FokaUinie die 
erste laterale Abweichung dar, wabrend die zweite laterale Abweicbung analog 
in bezug auf die zweite Fokallinie definiert wird. Es ist nun die erste bzw. 
zweite laterale Abweicbung gleicb 
•I o 
u- V 
— i? — iS bzw. — uv S, 
wo V die Neigung des Strables gegeu die Meridionalebene bedeutet. Diese 
Formeln siud aber nur fiir unendlicb kleiue Neigungen approximativ giiltig 
und ergeben nur die von der zweiten Potenz der Neigungswinkel abbaugigen 
Abweicbungen. Icb ftibre sie darum audi uicbt desbalb an, damit sie an- 
gewendet werden sollen, sondern nur um das Verbal tnis der, exakte GroBen 
darstellenden, Asymmetrienwerte zu dem gelaufigen Begriffe der Abweicbungen 
darzusteUen. 
Wenn s die Bogenlauge der Scbnittlinie der Wellenflacbe mit der Meridional- 
ebene darsteUt, und die Bezeichnungen 
,.1 r 1 dl) dD ^^ 
? 
ds ds 
eingefiibrt werden, so ist allgemein 
Die Werte UW. welcbe als die direkte bzw. transversale Kriimmungs- 
asymmetrie bezeicbnet werden, und welcbe demnacb den Limeswert der Ver- 
anderung angeben, den die Hauptki-iimmungen der Flacbe beim Ubergang auf 
einen nacbstliegenden Punkt erfahren, sollen nun nicht fiir die WeUeuilacben, 
sondern fiir die brecbeudeu bzw. spiegelndeu Fliicben des Systems Anwendung 
G.] Abbildungsgesetze dritter Ordnung. 253 
finden. Weun in der Fig. 117 OFF, die Normale einer brechenden Flache im 
Umdrehungssystem darstellen wiirde, so miiBte die i,'-Linie gerade sein und mit 
der Acbse zusammenfallen, da in Unidrehungsfiachen samtliche zweiten Kriim- 
mungsmittelpunkte auf der Umdrehungsachse liegen. Man erhalt somit in Um- 
drehungsfliicheu und im Hauptstrahlenbiindel eiues Umdrehungssystems, dessen 
Wellenliache eine Umdi'ebungsflacbe darstellt, iiberall W bzw. S aus den Formeln 
W=—— ^^ — bzw. S=—(q—p)tg&, wo i9- den Neigungswinkel der 
(^, 'j,r 
Normale bzw. des Hauptstrahles gegen die achsensenkrechte Ebene darstellt. 
1st das Strablenbiindel langs einem Strable anastigmatisch, so beriibren 
die beiden kaustiscben Fliichen einander im Fokalpnnkte. Der Kriimmungs- 
radius der r-Linie ist derselbe wie im anastigmatiscbeu Strablenbiindel, die 
Kriimmung der g-Linie erbalt man aus dem transversalen Asymmetrienwert 
durch den Ausdruck 
_ R-2S 
In dem in der Fig. IIS versinnlichten FaUe bat somit B—2S dasselbe Vor- 
zeichen wie E. Haben die beiden Asymmetrienwerte dasselbe Vorzeichen, so 
liegen die beiden Fokalpunkte eines nacbst- 
liegenden Strables auf einer und derselben Seite 
der in F erricbteten Fokalebene und baben die 
beiden kaustiscben Fliicben eiue Sclmittlinie mit 
dieser Fokalebene, welcbe im Fokalpunkte eine 
beiden Fliicben gemeinsame Spitze bat. Die 
Tangenten der beiden in der Spitze zusammenstoBenden Zweige der Scbnitt- 
liuien bdden miteinander den Brennflachenwinkel, dessen trigonometriscbe 
Tangente 
2VRS 
R-S 
ist. Da in den gewobnlicb vorkommenden Fallen der direkte Asymmetrienwert 
groBer ist als der transversale, so ist dieser Winkel, dessen Bissektrize in der 
Symmetrieebene liegt. ein spitzer, wodurcb am Querscbnitte des Strablenbiindels 
eine cbarakteristiscbe pfeilspitzenaliidiclie Figur entstebt. 
Wird die Recbnung durcb nocbmalige Differentiationen um eine Stufe 
weiter gefiihrt. so erliiilt man die Abbildungsgesetze dritter Ordnung. aus 
welcben u. a. Formeln bervorgeben, mit denen man im Scbnittpunkte der 
Acbse eines Umdrebungssystems mit den Bildfliieben die Kriimmungen dieser 
und den Distorsionswert des ersten VergroBerungskoeffizienten. so wie den 
Variationskoeffizieuten der Asymmetrienwerte eriialt. Letzterer ergibt den 
Limeswert des Verbiiltnisses der Asymmetrienwerte langs einem nabeliegenden 
Haujitstrable zu dem Acbsenabstande des Objektpunktes, wenn dieser der Acbse 
imuier mebr geniibert wird, wobei der direkte Asymmetrienwert stets den drei- 
facben Limeswert des transversalen hat. Der Distorsionswert stellt wiederum 
die von der zweiten Potenz des Neigungswinkels abhilngige Veriinderung des 
ersten VergroBerungskocftizienten beim Ubergang nuf einen niicbstliegenden 
Hau])tstraid dar. AuBerdem erhalt man den A b e r r a t i o n s w e r t langs 
der Acbse. 
254 Die Dioptrik dea Auges. [G. 
Die Wellentlache, welche dem axialen Objektpunkte entspricht, ist offenbar 
eine Umdrehungsflache, was aucli mit der ersteii kaustischen Fliiche der Fall 
sein niuB, wahrend die zweite von einem Teile der Umdrehungsaclise dargesteUt 
wird. Die Schnittlinie der ersten kaustischen Flaclie mit einer Meridian- 
ebene mu6 wiederum, da die Acbse eine Symmetrielinie darstellt im axialen 
Fokalpunkte eine Spitze haben, in welcher sie von der Achse berlihrt wird, 
und in welcher der Kriimmungsradius gleich Null sein niuB, da in diesem 
Punkte die Asymmetrienwerte verschwinden. Wenn in der Fig. 119 Oi^ die 
A Unidrehungsachse darstellt, mit wel- 
/ cher die >;-Linie zusammenfilUt, und 
die Linie A FB die den verschiedeneu 
^ '^"~- — I ^ Punkteu der t- Linie entsprechenden 
Kriimmungsmittelpunkte dieser Linie 
enthalt, so ist der Abe r ratio ns- 
) wert A gleich dem Kriimmungsradius 
Pio-. 119, der Linie AFB, der sogenannten 
Evolute der r -Linie, im Punkte F, 
und die der dritten Poteiiz des Neigungswinkels entsprechende laterale 
Abweichung eines Strahles ist — Zufolge der allgemeinen Definition 
der Vorzeichen eines Kriimmungsradius ist der Aberrations wert positiv, wenn 
die Spitze der r-Linie nach der positiven Eichtung schaut, was auch mit dem 
gelaufigen Begriffe einer positiven „spharischen Aberration" iibereinstimmt. 
Bei sogenannter „korrigierter sphiirischer Aberration" hat die r-Linie di-ei oder 
in besonderen Fallen auch mehr Spitzen, kann aber praktisch nicht auf einen 
Punkt reduziert werdeu, obwohl dies mathematisch nicht unmoglicb ware. Die 
Fig. 120 versinnlicht den Verlauf derselben in einem solchen Falle. Man sieht, 
da6 der Aberrationswert im axialen Fokalpunkte positiv 
ist. Geht man auf nachstliegende Strahleu uber, so 
findet man, wie aus der Kriimmuug der r-Linie hervor- 
geht, einen positiven direkten Asymmetrienwert, und 
der transversale Asymmetrienwert hat auch dasselbe 
Vorzeichen, da die erste kaustische Flache eine Um- 
drehungsflache darstellt und somit die Schnittlinie der 
selben mit der achsensenkrechten Ebene eine negative 
Kriimmung hat. Liings den Strahlen, welche die r-Linie 
Fio-. 120. ill <^6n beiden symmetrisch belegenen Spitzen beriihren, 
ist der direkte Asymmetrienwert gleich NuU. Bei zu- 
nehmender Neigung der Strahlen wird dann dieser Wei-t negativ, wahrend 
der transversale Asymmetrienwert zuniichst positiv bleibt, urn erst langs 
demjenigen Strahle gleich Null zu werden, welcher die r-Linie in dem 
Schnittpunkte der beiden Zweige miteinander und mit der Achse beriihrt, 
wonacb bei zunehmender Strahlneigung beide Werte negativ bleiben. Was 
die laterale Abweichung der Strahlen betrifft, so bleibt dieselbe negativ, 
solange der Strahl nicht die Neigung der durch den axialen Fokalpunkt 
gehenden Tangente der r-Linie erreicht hat, um dann bei groBerer Neigung 
positiv zu werden. Wenn man somit unter Aberration die Abweichung der 
Strahlen versteht, so kann nur von einer fiir eine bestimmte Strahlneigung 
„korrigierten spharischen Aberration" die Rede sein. Da imn die Strahlen mit 
G.] Sogenannte korrigierte spharische Aberration. 255 
geringerer Strahlneiguiig sich auf dieselbe Weise verhalten wie bei „positiver 
spharischer Aberration", so reprasentiert die Fig. 120 in der Sprache der kon- 
struktiveu Optik den Fall eiuer fiir die durch die letzterwahnte Strahlueigung 
bestimmte Offnung „korrigierten spbarischen Aberration mit positiven Zonen". 
Fiir die in der physiologischen Optik erfordei'liche Exaktheit sind diese 
Begriffe nicbt ausreichend. Zieht man die Strablen, welclie in den beideu vom 
Fokalpuukte wegscbaueuden Spitzen der r-Linie diese beriihren, so erzeugen 
dieselben bei einer Umdrehung um die Achse eine konische StrahlenHache, 
welcber auch im Blendenraume eine ebensolcbe entspriclit. Die Schnittlinie 
derselben mit der Blendenebene stellt dann, je nachdem die Welleuflacbe des 
gebrochenen Strablenbiindels oder dieses selbst ins Auge gefaBt wird, eine 
Linie L^= bzw. B =0 dar, indem lilngs jedem dieselbe schneidenden vStrahle 
der direkte Asymmetrienwert im Bildraum gleich Null ist. Der Durcbmesser 
dieser Linie laBt sicb. ebenso wie der Durcbmesser und die Lage der bei der 
Umdrebung durch die beiden Spitzen erzeugten Kante der kaustiscben Fliicbe, 
sowohl in eiuem bekannten Systeme leicht berechnen, wie in einem beliebigen 
System, dessen Zusammensetzung unbekannt ist, experimentell ermitteln. Man 
hat namlich hierzu nur notig die Schnittliuien der kaustiscben Flache auf einer 
achsensenkrechten Schirmebene zu beobacbten, wahrend diese verschoben wird, 
bis keine solche Schnittliuien mebr sicbtbar sind. Wenn dann auf dem letzten 
Querschnitte der kaustiscben Fliicbe die Schnittlinie nicbt mit der Grenzlinie 
des Strablenbtindelquerschnittes zusammenfallt, so stellt sie die erwahnte Kante 
dar, und wenn die Blende eingeengt wird, bis die Grenzlinie mit der Kante 
zusammenfallt, so ist der erhaltene Blendendurchmesser der Durcbmesser der 
Linie J? = 0. Die Giite der Strahlenvereinigung ist aber innerhalb dieser 
Linie vom Abstande der Kante vom Fokalpunkte abhangig und variiert um- 
gekehrt wie dieser. Fiir die auBerhalb derselben die Blendenebene schneiden- 
den Strahlen ist wiederum die auf analoge Weise konstruierte Linie W = 
bzw. S = ausscblaggebend. Liings den dieselbe schneidenden Strahlen, 
welche im Bildraume die Achse im Schnittpunkte derselben mit den beiden 
Zweigen der r-Linie trifft, iDestebt eine anastigmatische Strahlenlirechung, wo- 
nach in diesem Punkte eine vollstandige Strahlenvereinigung erster Ordnung 
langs einer unendlich groBen Anzahl von Strahlen stattfindet. Endlich hat man 
in der lateralen Abweichung des Kandstrahles ein Ma6 der von mir so genannten 
peripheren Totalaberration. Die Notwendigkeit, diese Begriffe auseinander 
zu halten, geht unmittelbar daraus hervor, daB bei dem in der Fig. 120 versinn- 
Uchten typiscben Falle der ,,korrigierten sphurischen Aberration" der Aberrations- 
wert langs der Achse positiv, langs den der Linie li = entsprechenden Strahlen 
aber negativ ist, w-ahrend die i^eriphere Totalaberration je nach der Blenden- 
groBe einen positiven oder uegativen Wert hat. Ich nenne allgemein die 
periphere Totalalierration positiv, wenn die Randstrahlen sich so verhalten wie 
bei der gewohnlichen positiven Aberration, d. h. wenn die laterale Abweichung 
negativ ist. 
Wenn in einem astigmatischen Strahlenbiiudel zwei Symmetrieebenen voi"- 
handeu sind, so stellt dasselbe langs dem mit der Schnittlinie dieser Ebeuen 
zusammenfallenden Strahle ein symmetrisches astigmatisches Strahlen- 
biiudel dar und wird von vier Aberrationswerten A^ O^ G., A., bestimmt, von 
welchen A^^ bzw. G, die direkte bzw. transversale Aberration im ersten 
Hauptschnitte messen, wiihreud A., G^ die entsprecbende Bedeutung fiir den 
256 Die Dioptrik des Auges. [G-. 
zweiten haben. Werden die Schnittweiten mit Sj s, , die ^^'inkel, \velche die 
Prqjektionen eiues Strahles auf den beiden Hauptschuitten luit der Symmetrie- 
linie bilden, mit iVj^ w., bezeichnet, so ist 
4 _ _ '''*i G--^ G~-—-^ 4__^^ 
^ a w^-' '■ a w./ - a w\ - dw.,- 
und es besteht die allgemeingtiltige Beziehung 
G^- G.,= s.,-s^. 
Beide kaustischen Fliichen baben Kanten. welcbe den gleicbnamigen Haupt- 
scbnitt senkrecbt scbneiden. Flu- die Schnittlinien haben die direkten Aberrations- 
werte dieselbe geometriscbe Bedeutung wie im Umdrebungssystem. Die 
Krtinimungen der Kanten der ersten bzw. zweiten kaustiscben Fliicbe sind 
_ - n '7 -nr ^ 
bzw, 
(«2 - *l)' K - *l)'' 
aus welchen Werten bervorgebt, daB beide nicbt auf einmal gerade sein konnen. 
Obwohl nun ein Strablenl)imdel, in welcbem die beiden kaustischen Flachen 
zu wirklichen Brennlinien zusammeuscbrumpfen, matbematiscb moglicb ist. so 
stellt also ein nacb dem Typus des 
Sturm schenConoidesgebautesStrahlen- 
biindel eine matheniatische UnmogHcb- 
keit dar. Ist der Grad des Astigmatis- 
mus binreicbend niedrig im Yerbilltnis 
zur GrijBe der Blende und der Aber- 
rationswerte, so gibt es zwei Strahlen, 
Fig. 121. langs welchen der Astigmatismus be- 
hoben ist. Die Fig. 121 zeigt das Ver- 
balten der t- und i^-Liuie in dem diese Strahlen entbaltenden Hauptschnitt. 
In dem anderen Hauptschnitt hat die r-Linie eine Spitze in F^^ und die 
g-Linie geht mit endlicber Kriimmung durch F^. Wird nun der Astigmatis- 
mus langs der Symmetrielinie stetig vermindert, so riicken die beiden an- 
astigmatischen Fokalpunkte langs der r-Linie deren Spitze immer niiber. und 
die Kriimmung der g-Linie wird immer schiirfer. um in dem Augenblicke. wo 
diese beiden Punkte mit den beiden Fokalpunkten in einen zusammenfallen, 
unendhch zu werden. In dem so entstandenen anastigmatischen svm- 
metriscben Strahlenbiindel hat somit auch die c-Linie eine Spitze. und 
die Evolute derselben bat im Fokalpunkt den Kriimmuugsradius 
(^ - 3 O)^ ' 
Von den verscbiedenen Kategorien dieser Strahlenbiindel ist diejenige, 
welcbe t'ur die physiologische Optik von Bedeutung ist, dadurcb cbai-akterisiert, 
daB siimtbche Aberrationswerte dasselbe Vorzeicben baben, und die transversale 
Aberration in beiden Hauptschuitten numerisch kleiner ist als die direkte. Beide 
kaustiscben Fliichen liegen bierbei auf einer und derselben Seite der Fokalebene. 
Die erste, deren Schnittlinien mit den Hauptschuitten die r-Linien ausnuicben, 
ist ohne Kanten, und ibre Schnittlinien mit einer zur Fokalebene parallelen 
Ebene stellt in endlicber Entfernung vom Fokaljiunkte eine geschlossene Linie 
dar, deren Ki-iimmung iiberaU einen endlichen Wert hat, wiihrend die zweite 
Astigmatismus und Diagonalastigmatismus der Aberration. 257 
immer zwei, deu ij-Liuien entsiirechende diirch den Fokalpunkt gehende Kanteu 
hat, daueben aber auch nocli zwei andere Kanten baben kaiiu. Letzteres ist 
der Fall, weun die Differenzen A^^ — SG mid A^ — SG dasselbe Vorzeicbeu 
baben. (Die beiden transversalen Aberrationswerte fallen, wie aus der oben 
aiigegebenen Beziebung derselben bervoi'gebt, ini anastigmatiscben Strahlenbiindel 
zusammen.) 
Je groBer die Differenz A^ — A^. der Astigmatismus der Aberration 
ist, um so melir tritt die Erscheinung eines mit der BlendengroBe deni (Trade 
nacli wechselnden Astigmatismus zutage, da die Lage des ftir die Abbildung 
giinstigsten Stralilenbiindelquerscbnittes von der BlendengroBe und der direkteu 
Aljerration abbangig ist. Je weniger aber der Astigmatismus der Aberration 
in den Vordergrund tritt. um so mebr wird die Art der Strablenvereinigung 
durcb die Differenz Jj + ^^ — 6 G bestimmt, welcbe den Diagonalastigma- 
tismus der Aberration miBt. Die bierbei auf der zweiten kaustiscben Flacbe 
vorbandeneu vier durcb die Spitze gebenden Kanten bedingen auf einem zur 
Fokalebene parallelen Querscbnitt derselben aclit Spitzen, welche nacb einem 
der beiden in der Fig. 122 dargestellten Tvpen angeordnet sind und liesonders 
beim letzteren Typus strablenabnlicbe Ausbucbtungen am C^uer- 
scbnitt des Strablenbiindels verursacben. Im Falle A^ = A^ = 3G 
bat die Wellenfliicbe eine voUstandige Beruhrung vierter Ordnung 
mit einer Umdrebungstiacbe, oder kann aucb eine solcbe dar- 
stellen. Im letzteren Falle scbrumpft die zweite kaustische 
Flacbe zur Umdrebungsacbse zusammen, im ersteren bat sie 
eine von den Aberrationswerten boberer Ordnung abbiingige groBere 
Zabl von Kanten, welche nacb demselben Scbema angeordnet sind, 
und eine groBere Zabl strablenabnlicbe Ausbucbtungen am Quer- 
scbnitte des Strablenl)undels verursacben. 
Den Aberrationswerten entsprecben auf der Wellentiacbe 
die vier Abflacbungswerte <P^ Q^ Q, (I^^, von denen fP^il^ 
die direkte bzw. transversale Abflacbung im ersten bzw. Fig. 1-22. 
zweiten Hauptscbnitt messcn, wiihrend 0., ii^ dieselbe Bedeu- 
tung fiir den zweiten Haujitscbnitt baben. Es besteben nun, wenn D^lJ^ die 
Hauptkriimmungen sind, die Relationen 
A = 1 G = — 1 G = —^ I = — ^ i^ — O = n I) ID —D ) 
und es ist, wenn nunmebr k^s^ die Bogenlangen der iSchnittlinien der Flacbe 
mit dem ersten ])zw. zweiten Hauptscbnitt darstellen. 
Die Abflacbungswerte soUen aber nur dazu angewendet warden, die 
brechenden Flacben eines Systems zu cbarakterisieren, wiibrend die Stralilen- 
biindel durcli die Aberrationswerte bestimmt werdeu. In einem Umdndiungs- 
system muB man somit, jeder Flache entsprecliend, den Abflacbungswert (p im 
Scbeitel keinien, um den Aberrationswert auf der Acbse berecbnen zu konncn. 
In den Fallen, wo eine kaustische Flacbe mebrfache Schnittlinien mit 
einer Scbirmebene bat, kommt, wie aus den allgeuieinen Abbildungsgesetzen 
hervorgeht, eine mebrfache Abbildung des entsprechenden Liniensystenis zustande. 
V. HEI.MIIOUTZ. Physiologische Optik. :t. .\ufi. I. 17 
258 Die Dioptrik des Auges. [G-. 
Besonders leicht ist eine doppelte Abbilduug von Linien im symmetrischen 
astigmatisclien Strahlenbiindel mit groBen Aberratiouswerten erhilltlich. da die 
kaustiscbe Flache bei gewisser Scbirmlage zwei parallele, uicht zu stark ge- 
kriimmte Schnittlinien mit der Scbirmebene bat. Aber scbon in Duidrebungs- 
systemen, wo die kaustiscbe Flilclie des axialen Biindels eine kreisformige 
iScbnittlinie mit der acbseusenkrecbten Scbirmebene bat, kann eine doiDpelte 
Abbiklung einer kurzen, die Acbse scbueidenden Linie erbalten werden, indera 
die Scbnittlinie, welcbe einem nabeUegenden Haiiptstrable entspricht, annabernd 
dieselbe Form bat, und bei der Superposition der den verscbiedenen Punkten 
der Objektlinie entsprecbenden Kreise der Eindruck von zwei parallelen Linien 
entstebt, deren Zwiscbeiu-aum jedocb beller als die Umgebung ist. Auf dieselbe 
Weise kann durcb die im symmetriscben anastigmatischen Strablenbiindel an 
der zweiten kaustiscben Flacbe vorbandenen Kanten eine mehrfaclie Abbildung 
bedingt werden. 
Es konnen also allgemein verscliiedenen Scbirmlagen yerscbiedene Ab- 
bildungen entsprecben. Welcbe Scbirmlage die bests ist, bangt vom jevveiligeu 
Cbarakter des abzubildenden Objektes und den Forderungen an Bildscbiirfe bzw. 
an Scbleierfreibeit des Bildes ab. Fiir den axialen Bildpunkt in Umdrehungs- 
systemen bat jedeufalls der aus dem Aberrationswert und der BlendengrotSe 
bergeleitete dunnste Querscbnitt des Strablenbiindels nicbt die demselben fruber 
zugescbriebene Bedeutung. Im allgemeineu kann gesagt werden, da6 die 
Scbirmebene, je groBer die Forderung an Wiedergabe kleiner Details ist, um 
so naber der Spitze der kaustiscben Flacbe belegeu sein muB. Der von den 
Zerstreuungskreisen berrlllirende Scbleier, welcber bei der Entfernung der 
Scbirmlage von der Stelle des diinnsten Querscbnittes zunimmt, bestimmt dann 
die Grenze der Leistungsfiibigkeit des optiscben Systems in bezug auf die be- 
treffende Abbildung je nacb dem Kontraste dieses Scbleiers mit dem Quer- 
scbnitte der kaustiscben Flacbe, d. b. je nacb der Giite der Strablenvereinigung. 
Bei dieser Bescbreibuug^ der wicbtigsten Erscbeinungen der mouo- 
cbromatiscben Aberrationen unter ausscbbeBlicber Anwendung matbematisch 
exakter GroBen konnten die Beweise bier keinen Raum iinden, sondern icb muB 
betrefi's derselben aul' meine einscblagigen, scbon zitierten, Arbeiten verweisen. 
Die Brucke zur gelaubgen Darstellung der Aberration in Umdrebungssystemen 
ist oben angedeutet. Die von den Asymmetriewerten berriibrenden Abweichungen 
sind in der Literatui' der geometriscben Optik unter dem Namen Koma bekannt, 
baben aber dort fiir endlicbe Hauptstrablneigung bisber keine korrekte Dar- 
stellung gefunden. 
' Eine etwas ausfiihrlichere Beschreibung siehe: Die Konstitution des im Auge ge- 
brochenen Strablenbiindels, Arch, f. Ophthalmologie. Bd. LIII, 2. 1901. S. 185. 
G] 259 
II. Breehung der Strahlen im Auge. 
Abbildungsgesetze erster Ordnung. 
1. Die Hornhaut. 
Die rordere Hornhautflache. Die Zeit, welche seit der Konstrukti(jn des 
ersten Ophthalmometers durch Helmholtz verflossen ist, hat groBe Fort- 
schi'itte und wesentliche Umgestaltimgen der Ophthalmometrie der Vorderflache 
der Hornhaut gebracht. Zii einem Segen fiir die praktische Ophthalmologie und 
flir die Menschheit ist diese physiologische Untersuchungsmethode geworden. 
Jeder beschaftigte Augenarzt wendet sie heutzutage taglich an. Wenn er aber 
dabei, an die bequeme Methode denkend, den Erfolg wesentlich den Yer- 
besserungen zu schulden glaubt, so irrt er sich. Das Verdienst um die Methode 
ist und bleibt Helmholtz' Eigentum, andere — in erster Linie Javal und 
ScHJOTz — haben das Verdienst der allgemeinen Einfiihrung der Methode in 
die ophthahnologische Praxis. DaB die hierzu notigen Veranderungen nicht 
ohne Opfer gemacht werden konnten, ist leicht verstandUch, und wird dadurch 
bezeugt, daB der wissenschaftliche Forscher heute noch ftlr die exakteren Unter- 
siichungen auf die Originalkonstruktion von Helmholtz rekurriert. 
Das Prinzip des Ophthalmometers ist wesentlich dasselbe wie in dem unter 
dem Namen Hehometer liekannten astronomiscben Instrumente und bezweckt die 
Messung eines beweglicbeu Gegeustandes durch die Verlegung der Ablesung 
bzw. Kollimation zum Gegenstande selbst. Dies geschieht dadurch, daB zwei 
optische Bilder vom Gegenstande in Kontakt gebracht werden, was einen optischen 
Verdoppelungs- und einen KoUimationsmechanismus voraussetzt. Beim Ophthalmo- 
meter von Helmholtz sind beide in den beweglichen planparallelen Glasplatteu 
vereinigt. Der Nachteil dieser Konstruktion ist nur nach zwei Richtungen 
flihlbar. Die erforderlichen wiederholten Einstellungen und Ablesungen sowie 
die Rechnungen bzw. die Interpolationen bei der Auwendung einer Tabelle be- 
dingen einen unwillkommen groBen Zeitaufwand und die Vorrichtuugen, welche 
die Untersuchung anderer Normalschnitte als des horizontalen ermoglichen, sind 
zu schwerfallig oder unbequem, um dem Instrumente eine allgemeine Verbreitung 
schaffen zu konnen. Die Vorschlage zu Konstruktionsanderungen lieBen auch 
nicht lange auf sich warten. Coccius ^ machte die Rechnungen und wiederholten 
Aldesungen dadurch iiberflussig, daB er eine unvei'anderliche Verdoppelung — 
unil zwar teils niit den Platten, teils auch mit einem doppeltbrechenden Kalk- 
spathprisma — benutzte und die Kollimation durch Variation der ObjektgroBe 
erzielte. Bei der Anwendung der Helmholtz schen Platten wird das Objektiv 
gewissermaBen in zwei Telle getrennt, und es ist dasselbe folglich auch mit der 
Austrittspupille des Fernrohres der Fall, beim doppeltbrechenden Prisma da- 
gegen ist die Austrittspupille des Instrumentes ungeteilt, und die beiden Doppel- 
bilder kijnuen durch jedeu Punkt derselben gesehen werden. (Unter Austritts- 
pupille wird das vom Okular entworfene Bild der Objektivoffnung verstanden, 
welches als eine belle Scheibe sichtbar ist, wenn das Fernrohr gegen den 
Himmel gewendet wii-d und wenn man dabei im Abstande des deutlichen Seheus 
vom Okulare in der Richtuiig der Achse sieht.l 
' A. Coccins, Uber den Mechanismus der Akkommodation des menschlicheu Auges. 
Leipzig 1867. Ophthalmometrie und Spanuungsmessung am kranken Auge. Leipzig 1872. 
17* 
260 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Von diesen zwei Metlioden der Verdoppelung — mit geteilter bzw. un- 
geteilter Austrittspupille — bat erstere den Nacliteil, da6 bei nicbt vollkommen 
scbarfer Einstellung eine Scbeinverscbiebung der Doppelbilder zueinander in 
einer zur Treunungslinie senkrecbten Eicbtung stattfindet. Liegt die Tiennungs- 
linie in der Verdoppehingsebene, wie bei dem Opbtbalmometer von Helmholtz. 
so wird hierdurcb zwar nicbt die Genauigkeit des Messungsresultates beein- 
tracbtigt, es kann aber eine Hobendifferenz, eine Denivellation vorgetiiuscbt 
werden, worauf weiter unten zuriickzukommen ist. Aiiderseits baben die bis- 
berigen Koustruktioneii mit ungeteilter Austrittspupille den Nachteil der cbroma- 
tiscben Dispersion, welcber bei den planparallelen Flatten beseitigt ist. 
Zur Messung der Hornliautkriininiung in verscbiedenen Normalscbnitten 
wurde von Middelbueg ^ ein groBer King angewendet, aut' welcbem die Licbter 
in verscbiedenen Meridianen orientiert werden konnten, von Woinow- und 
Helmh(iltz^ dagegen ein Spiegelapparat. welcber die Anweiidung einer stabilen 
Licbtquelle ermoglicbte. Bei diesen Vorricbtuugen war ilie Erziehing der 
Kollimation durch Anderung der ObjektgroBe nicbt recbt ausfiibrbar. Es wurdeu 
aber durcb Landult* mit einem zuerst als Diplometer bescbriebenen Instruniente 
die beim Opbtbalmometer notigen wiederbolten Ablesungen und die zeitraubenden 
Recbnungen derart vermieden, daB er die Flatten durcb Frismen ersetzte und 
die Kollimation durch Verscbieben der Prismen langs der Acbse des Instrumentes 
erreichte. 
Bisher waren Flammen als Objekt bei der ophthalmometrischen Unter- 
sucbung verwendet worden. Sobald aber an deren Stelle das von weiBen Fliichen 
dilius reHektierte Licbt trat, konnten die Veranderungen eingei'iibrt werden, 
welcbe den Siegeszug der Opbtbalmometrie im Gebiete der klinischen Forscbung 
ermoglicbten. Javal und Schjotz^ benutzten als Objekt zwei difFus beleucbtete 
weiBe Flilcbenstiicke, welcbe langs einem Bogen verscbieblicb waren, dessen 
Zentrum im untersucbten Auge lag, und welcber um die Acbse des Ophtbalmo- 
meters gedreht werden konnte. Es konnte nunmebr die Untersucbung eines 
jeden beliebigen Normalscbnittes mit derselben Leichtigkeit ausgetubrt werden 
wie des horizontalen, es konnte die Kollimation mit Leicbtigkeit durcb die Ver- 
scbiebung der weiBen Fliicben erreicbt werden, die Vorteile der konstauteu 
Verdoppelung ohne Teilung der Austrittspupille wurden durch die Anwenduug 
eines WoLLASTONscben Prismas voll ausgeniitzt, und es wurden verscbiedene 
praktische Konstruktionsdetails ersonnen, welcbe die leicbte Handbabung des 
Instrumentes sicberten. 
In der ersten Ausltibrung batte das Opbtbalmometer von Javal und 
ScHjoTz^ das in der Fig. 123 dargesteUte Ausseben. Bei E befindet sicb eine 
Kerbe, bei G ein Stift, mit welchen bei der Einstellung des Instrumentes visiert 
wird, bei W liegt das Wollaston sche Prisma zwiscben zwei Konvexlinseu ein- 
' Der Sitz des Astigmatismus (nach Middelburi;). Eine schriftliche Mitteilung von 
F. C. DoNDERs an A. v. Graeke. Arch. f. Ophth. X, 2. 1864. S. 83. 
^ M. WoiNow, Oplithalmometrie. Wien 1871. 
^ H. V. Helmholtz, Handbuch der Physiologiscben Optik. 2. Aufl. Hamburg und 
Leipzig 1896. 
* E. Landolt, L'ophthalmomilre, Coinpte rendu et mimoires du congrl/s international de 
Geneve. 1878. 
' Javal und Schjutz, Un ophthatmometrc pratii/ue. Transactions of the internal ion al 
medical Congress. VIII. Session. London 1881. III. S. 30. Annates d'oculistiqne. LXXX\'I. 
1881. S. 5. 
G.] 
Ophthalmometer von Javal und Schjotz. 
261 
geschlossen, toii welchen die eine das vom Hornhautspiegelbilde kommende 
Licht parallel maclit, die andere als Objektiv eines astronomischen Fernrohres 
dient. MM' siud die beiden weiBeu FUlchen, ,.mires''. Dieselben batten das iu 
der Fig. 124 dargestellte Ausseben, wobei der Abstand B die ObjektgroBe 
repriisentierte, so daB die Kollimatioii an den Linien a b und a d geschah. Die 
treppenformigen Stufen an der einen weiBen Fliicbe waren so berecbnet, daB 
beini sich gegenseitig Uberdecken der Spiegelbilder jeder Stufe eine Dioptrie 
Hornbautrefraktion entspracb, wenn von dem Indexunterschiede der Hornbaut 
und des Kanimerwassers abgeseben wurde. Das Eesultat der Messung in einem 
Fig. 123. 
Hornbautscbuitte erbielt man in der Gestalt einer Dioptriezabl D, welcbe durcb 
die Gleicbung 
1000. 
D = in 
I] 
bestimmt wird, in welcber o den iu Millimetern gemessenen Kriimmungsradius 
darstellt und n — 1,337.5 ist. 
Da die Verdoppelung obne Teilung der Austrittspupille zustande komnit, 
somit die bei dieser Teilung moglicben Sebeinverscbiebungen der Bilder aus- 
gescblossen siud. so bedeutet eine Denivellation, daB die Langendimension des 
Spiegelbibles nicbt wie die des Olijekts in der Verdoppelungsebene liegt, daB 
somit bei der Spiegelung in der Hornbaut eine Drebung stattgefundeu bat. 
Gegenstand der Messung ist die Linie, welcbe den Mittelpunkt der Linie a b 
Fig. 124 mit dem der Linie '•</ verbindet. Wenn die Hornbaut eine auf der Acbse 
des Instrumentes zentrierte UmdrebungsHi'icbe darstellt, so ist diese Linie eine 
Meridiaulinie. und dasselbe gilt vom Spiegelbilde derselben, so daB eiue Deni- 
vellation ausgescblossen ist. Ist aber die Hornbaut astigmatiscb mit zwei 
262 Die Dioptrik des Auges. |G. 
Symmetrieebenen, so ist die Objektlinie nui- danu eine abbildbare Linie, wenn 
sie in einem der Hauptschnitte der Hornhaut nrientiert ist, wobei die Bildlinie 
auch in demselben Hauptschnitt liegt, und die Denivellation wiederum aus- 
gescblosseu ist. AVenn aber die Objektlinie zwiscben den beiden Hauptscbnitten 
orientiert ist, so entsteht das Spiegelbild durcb optiscbe Prqjektion. Man ver- 
sinnlicbt sicb am einfacbsten den Vorgang, indem man von den beiden End- 
punkten der Objektlinie zwei aiif den Hauptscbnitten der Hornbaut seukrecbte 
Linien ziebt. Diese stellen dann ein Becbteck dar, dessen Diagonale mit der 
_u Objektlinie zusammenfallt. und 
dessen Seiten abbildbare Linien 
sind. Die beiden Dimeusionen 
dieses Recbtecks im Spiegelbilde 
werden von den beiden zur Brecb- 
kraft der Hauptscbnitte der Horn- 
baut angenabert uiiigekebrt pro- 
portionalen VergroBerungskoefti- 
y.^ jg. zienten bestimmt. so daB das Spiegel- 
bild ein Eecbteck darstellt, dessen 
Seiten zwar unveriindert orientiert sind, aber eine veranderte Proportion 
zueinauder baben, was damit gleicbbedeutend ist, daB die Diagonale nicbt in 
derselben Ebene liegt wie am Objekte. Die Endpunkte derselben. welcbe bei 
der Messung kollimiert werden soUen, konnen dann nicbt beide auf einmal in 
die Verdoppelungsebene gebracbt werden, sondern es entstebt eine Denivellatii)n. 
Der matbematiscbe Inbalt dieses Beweises ist der, daB bei der optiscben Pro- 
jektion einer nicbt in einem Hauptscbnitte liegenden Linie die Neigung gegen 
die Hauptscbnitte veriindert wird, sobald die Projektionskoeffizienten fiir Linien, 
welcbe in den beiden Hauptscbnitten verlaufen, verscbiedeiie Werte baben, und 
daB diese Projektionskoeffizienten bei Vernachlassigung des Abstandes der den 
beiden Abbildungen entsprecbenden Bildlinien voneinauder mit den betreffendeu 
VergroBerungskoet'fizienten zusammenfallen. Streng giiltig ist dieser Beweis nur 
fiir eine sebr kleine 01)jektlinie. Der exakte Beweis kann fiir die angewendete 
GroBe nur durcb die Gesetze boberer Ordnung der optiscben Projektion gegebeu 
werden. Die Verbixltnisse konnen bei erbeblicber Asyrametrie im Baue der 
Hornbaut ziemlicb komplizierte Probleme darbieten, aber, wenn eine Symmetrie- 
ebene vorbanden ist, kann man sicber sein, daB die Denivellation nur in der- 
selben und in der senkrecbten Ebene verscbwindet, sobald die Acbse des In- 
strumentes in der Symmetrieebene liegt. 
Die leicbte Aufsuchung der in den regelmaBigeren Fallen durcii Ver- 
schwinden der Denivellation cbarakterisierten Haui)tscbnitte, der bequeme 
Kolliniationsmecbanismus und die unmittelbare Ablesung des Messuugsresultates, 
das sind die Hauptvorziige des Opbtbalmometers von Javal und Schjotz. 
Dieselben baben zusammen mit der bandlicben Form des ganzen Instrumentes 
die Einfiibrung der opbtbalmometriscben Methode in die ophtbalmologiscbe 
Praxis ermoglicbt. 
Aber obne Nachteile sind diese Veranderungen der urspriinglicben Kon- 
struktion von Helmholtz nicbt. Die Verdoppelung betriigt beinabe 3 mm. 
Unter der Voraussetzung, daB die Untersucbung in einer Symmetrieebene statt- 
findet, ei'balt man durcb dieselbe ein Ma6, welcbes von dem Winkel abbangig 
ist, den zwei in dieser Ebene verlaufende Normalen der Hornbaut miteinandcr 
Gr.l Genauigkeit der ophthalmoraetrischen Messungen. 263 
bilden, die in l^unkten errichtet sind, welche ungefahr 3 mm voneinander 
entfernt liegen, ein MaB, welches nicht genau mit dem Krlimmungsradius zu- 
sammenfallt; und auch dieses MaB ist nur bei einer bestimmten GroBe voll- 
kommen exakt (bei 45 Dioptrien), indem das Instrument fur diesen Wert empirisch 
kontrolliert wird, die Teilung des Gradbogens aber nacb den bei der an- 
gewendeten ObjektgroBe nicht voUkommen zuverliiBlichen Abbildungsgesetzen 
erster Ordnung berechnet ist. Es entstehen hierdurch Fehler, welche durch 
die Konstruktion bedingt sind, und deren Elimination auf groBe Schwierigkeiten 
stoBt. Dieselben sind zwar nicht von der GroBenordnung, daB sie den Wert 
des Instrumentes beim Gebrauch in der ophthalmologischen Praxis beein- 
triichtigen, begrenzen aber jedenfalls die Anwendbarkeit der Messungsresultate 
fur gewisse feinere physiologische Untersuchungen. Dazu kouimen noch die bei 
der Einstellung und KoUimation moglichen Fehler. Was erstere betrifft, so 
wird der Abstand. flir welchen die Teilung der Skala berechnet ist, eben nur 
durch die scharfe Einstellung auf dem Fadenkreuz gesichert, und die der 
Eechnuug zugrunde gelegte Verdoppelung ist auch nur bei scharfer Einstellung 
uiit der reellen iibereinstimmend. Die hierdurch bei mangelhafter Scharfe der 
Einstellung entstehenden Fehler summieren sich. Ist z. B. das vom Gbjektive 
entwoi'fene Bild zwischen dieseni und dem Fadenkreuz belegen, der Alistand 
des Instrumentes vom untersuchten Auge somit zu groB, so miiBte das Objekt, 
wenn die Verdoppelung unverilndert bliebe, groBer gemacht werden, um eine 
unverilnderte GroBe des Spiegelbildes zu geben. Die KoUimation geschieht in 
einem Punkte auf der Achse. Verfolgt man nun den Weg des Lichts riickwarts 
von diesem Punkte, so fallt der Hauptstrahl zunachst mit der Achse zu- 
sammen, teilt sich aber in dem Schnittpunkte derselben mit der Kittilache des 
WoLLASTONschen Prismas. Die beiden Hauptstrahlen, welche das Spiegelbild 
in den zu kollimierenden Punkten treffen, divergieren also vom scheinbaren Ort 
dieses Puuktes, und die Verdoppelung wiichst mit dem Abstande des Instrumentes 
vom untersuchten Auge, so daB das Objekt noch groBer gemacht werden muB, 
als wenn die Verdoppelung vom Abstande unabhangig ware. Um diese Fehler 
moglichst zu vermeiden, ist eine sehr scharfe Einstellung auf dem Fadenkreuz 
erforderhch, und wenn es sich um genauere Untersuchungen handelt, tut man 
jedenfalls gut, den Rat von Helmholtz* nicht zu vergessen, die Einstellung 
durch parallaktische Verschiebungen des eigenen Auges zu kontrollieren — 
wozu aber eine hinreichend groBe ( )kular6ftniing erforderlich ist. 
Was die Kollimationsfehler betrifft, so wirkt die chromatische Dispersion 
des Prismas unvorteilhaft ein, indem die zu kollimierenden Grenzlinien farbige 
Saume aufweisen, deren Aussehen von der Starke und Zusammensetzung des 
angewendeten Lichts beeiutiuBt wird. Die modernen Instrumente haben durch- 
scheinende Platten und elektrisches Gllihlicht, bei welchem belle Spiegelbilder 
mit nur wenig storenden farbigen Saumen erhalten werden, da niimlich dieses 
Licht relativ arm an kurzwelligen Strahlen ist, das Sjiektrum somit wie ver- 
kiirzt erscheint. Durch farbige Gliiser kann dieser Nachteil noch weiter ver- 
ringert werden. Von EinfluB auf die GroBe der Kolliuuitionsfehler ist auch die 
Form der zu kollimierenden Figuren, welche seit dem ersten Modell vielfache 
Modifikationen erfahren hat. Die erste Verbesserung betraf die zur Xivellierung 
' Nach einer Angabe von Javal, Contribution a l' ophthabnomelrie. Atmales d'oculistique. 
YVTr iaS9 w oia 
LXXXVir. 1882. S. 213. 
264 Die Dioptrik des Auges. [G. 
notige Kolliniiitidn, iiideiu die weiBen Flatten mit einein schwarzen in der Ver- 
di ippeluiigseljene lie,!iei](len Streit'en verselieu wurden, W(dche diesem Zwecke in 
vorzilglichster Weise dient, indem bei voUstandiger Nivellierung nur ein ununter- 
brochener Streifen sichtbar ist und die Fahigkeit des Auges, eine kleine Ver- 
schiebung der beiden Teile dieses Streifens zueinander zu entdecken. eine sehr 
groBe ist. tJberhaupt ist eine ahnliche Vorrichtung aucb fiir die KoUimatioii 
bei der Messung die beste. Das mit den Stufen beabsicbtigte Ziel einer be- 
quemen Al)lesung des Astigmatismus wird am besten dadurcb erreicht, daB die 
eine Platte immer bei der Einstelluug in dem zuerst untersucbten Hauptschnitte 
verschoben wird, wonach bei der Untersucbung des anderen Hauptschnittes die 
KoUimation diircli Verschieben der anderen Platte erfolgt. Letztere Platte ist 
danu immer beim Beginn der Untersucbung auf den XuUpunkt der Skala zu 
briugen, welcber der sj^mmetrischen Stellung der Platten bei ricbtiger KoUimation 
und beim Mittelwerte der Hornbautkriimmung entspricbt. Nach beendigter 
Untersucbung liest man dann an der Stellung der ersten Platte die Krlimmung 
im zuerst untersucbten Hauptschnitte ab, an der Stellung der zweiten den Grad 
und das Vorzeichen des Hornhautastigmatismus. An einer Skala, wo das 
Intervall von 1 " einer Dioptric entspricbt, kann man z. B. den KuUpunkt am 
linken Arme des Bogens in den Abstand 22 " von der Acbse verlegen und eine 
bis zu 10" nach beiden Kicbtungen sich erstreckende Skala aubringen. An der 
Skala des rechten Arms tragt dann der zum Nullpunkt symmetrisch belegene 
Punkt die Zahl 44. Bei einer solcben Anordnung der Skala sind die Stufen 
an den zu kollimierenden Figureu iiberfliissig, so daB diese ausschlieBlich mit 
Hinsicht auf die scharfste KoUimation konstruiert werdeu konnen. 
Es diirfte ersichtlicb sein, daB die l^ntersuchungsfehler, auf welcbe man mit 
den modernen Ophthalmometern gefaBt sein muB — auch bei vollkommenster 
tjbung und Geschicklichkeit des Untersuchers — nicbt zu gering veranschlagt 
werden dlirfen. Zwar diirfte der KoUimationsfehler, mit dem man bei den jetzt 
gebrauchlichen Instrumenten zu rechnen bat, den Betrag einer Y4 Dioptric nicbt 
iiberschreiten, vielmehr sogar bei vorteilbafter Konstruktion der zu kollimierenden 
Figuren etwas herabgedriickt werden konnen, aber die von der Geschicklichkeit 
des llntersucbers und der Euhe des Krankeu in hohem Grade abhiingigen Ein- 
stellungsfehler diirften nur in den gliicklicbsten Fallen mit Sicherheit unter 
demsellien Betrage Ideiben, so daB man jedenfalls — die allergiinstigsten Falle 
ausgenommen — mit einem moglicben Fehler von ^j ^ bis ^/., Dioptrie zu rechnen 
hat. Wenn nun auch diese Fehler fiir die gewohnlichen Zwecke der Praxis 
von untergeordneter Bedeutung sind, so konnen dieselben bei feineren Messungen 
des Hornhautastigmatismus bzw. bei Messungen des Kadius in mehreren Punkten 
eines und desselben Hauptschnittes nicbt auBer Eechnung gelassen werden. 
Bei der letztgenannten Untersucbung kommt noch die groBe Verdoppelung 
in Betracht, Will man den Nachteileu derselben entgehen, indem man ein 
Prisma mit der halben Verdoppelung wahlt, so werden die KoUimationsfehler 
verdoppelt. 
AuBer dem Ophthalmometer von Javal und Schjotz, welches in einem 
Modell von 1889 ^ einige Veranderungen erfuhr, seien hier nur einige andere 
kurz erwiihnt. Der Mechaniker Kauenaak in Utrecht fiihrte an Stelle des 
' SuLZEB, Description de Vophthalmomctre Javal et Schjotz. Modele 1889 iu deu Memoims 
d'ophilialmomelrie par E. Javal. Paris 1890. 
G."] "Verschiedene Ophthalmometerkonstruktionen. 265 
WiiLLASToNschen Prismas eine Kunstruktion mit einem Biprisnia ein. Sein 
Ophthaliiiiimeter hat somit eine geteilte Austrittspupille. und die Trenuimgslinie 
steht vertikal auf dei" Verdoppelimgsebeue. Infolge desseu liestehen keine 
Schwierigkeiten der Nivellieruug der Spiegelbilder, alier die bei geteilter Aus- 
trittspupille nioglichen Scheinverschiebuiigen wirken auf das Messungsresultat 
ein, welches bei dieser Konstruktiou also mit eiiier Fehlerquelle mehr Ijelastet 
ist. Dagegen sind beim Ophthalmometer von Leeoy und Dubois^ die Helm- 
HOLTzschen Flatten, obwohl mit konstauter Verdoppelung, beiliehalten, woraus 
eine Verminderung der Einstelluiigsfehler ceteris paribus resultiert, die obeu 
erwahnte Schwierigkeit der Nivellierung aber anderseits die praktische An- 
wendung erschwert. Die in theoretischer Hinsicht voUkommenste Konstruktiou 
wird vom Sutcliffe- Ophthalmometer- reprilsentiert. Hier ist zwar die Aus- 
trittspupille geteilt — und sogar in funf Teile — aber die hierduich resul- 
tierenden Scheinverschiel)ungen sind in sinureicher Weise zur KontroUe der 
Scharfe der Eiustellung verwendet. Zwei aufeinander seukrechte Xormalschnitte 
werden zu gleicher Zeit gemessen, indem der Uutersucher drei Bilder sieht. 
Bei der Untersuchung des vertikalen und horizontalen Xornuilschnittes liet'ert 
der mittlere Teil der Austrittspupille ein Bild, ein zweites entsteht durch den 
oberen und unteren Toil, wahrend auf dieselbe Weise der rechte und linke 
Teil das dritte Bild lielert. Die bei mangelhafter Scharfe der Einstellung ein- 
truteuden Scheiuverschiebungen bedingen bei dieser Konstruktion eine Ver- 
doppelung der beiden letzterwahnten Bilder, welche erst bei richtiger Einstellung 
ausbleibt. Die Verdoppelung ist in den lieiden aufeiuander senkrechten Meridian- 
ebenen des Instrumentes variabel, das Objekt unveranderlich und von einer fiir 
die genaue KoUimation sehr giinstigen Form. Wenn somit Eiustellungs- und 
KoUimationsfehler auf ein Minimum herabgedriickt zu sein scheinen, so ist doch 
der groBte Vorzug des ' Instrumentes darin zu erblicken, da6 die richtige 
KoUimation mit einem Blicke fiir beide Hauptschnitte kontroUiert wird. Hier- 
durch wird eine viel groBere Zuverlassigkeit der Messung des Hornhaut- 
astigmatismus erreicht, indem bei der gewohnlichen Messung die den beiden 
successiven Einstellungen entsprechenden Fehler sich summieren kijnnen, wo- 
durch ein im Verhiiltnis zum (irade des physiologischen Hornhautastigmatismus 
relativ groBer Messungsfehler entstehen kann, der hier ausgeschlossen ist. Die 
praktische Anwendung dieses Instrumentes an der Upsala-Klinik hat die 
Vorziige desselben bei der Untersuchung des Hornhautastigmatismus vollauf 
bestatigt. 
Den groBeu \'orteil der Ermittelung des Astigmatismus durch eine einzige 
Messung kann man aber auch mit dem gewohnlichen ( )phthalmometer erreicheii, 
indem derselbe, wie ich gezeigt habe*, aus der Denivellation in einer einen 
W'inkel von 45 " mit den Hauptschuitten bildenden Ebene bestimmt werden kann. 
Zu diesem Zwecke braucht man nur die eine der weiBeu Flatten am gewohn- 
lichen Ophthalmometer in einer zur Verdoppelungsebene senkrechten Eichtung 
' C. J. A. Lehoy et R. Dubois, JJn nuui-el oplitlialmomltre pratique. Annates (Toctitistiqne. 
XCIX. 1888. 8. 123. 
* J. H. ScTCLiPFE, one-position ophthalmometry. The optician and photographic trades 
revieii: XXXIII. 1907. Supplement S. 8. 
' A. GcLLSTRAND, En praktisk metod att bestamma liornhinnans astigmatism genom 
den s. k. deuivelleringen af de oftalmometriska bilderna. Nordisk Ot'talmcdogisk Tid- 
skrift. 1889. 
266 Die Dioptrik des Auges. \Q. 
verschieblicb zu machen und eine entsprechende Skala anzubringen. Das einer 
Ditiptrie entsjirechende Intervall der Skala muB halb so groB sein wie das 
Intervall eiuer fiir die Messung der Kadien bestimmten, in der Ebene der 
KoUimationsfigur belegenen Skala. 
Der durcb diese Metboden erreichte Vorteil der gleicbzeitigen Messung der 
miteinander zu vergleichenden Radien kaun, wenn es sicb uni die Radien in 
verscbiedenen Punkten eines iind desselben Hauptschnittes handelt, nur durch 
die Pbotograpbie des Hornbautsjiiegelbildes gewonnen werden. Solcbe Messungen 
sind zwar sehr zeitraubend und erfordern aucb besonders dazu konstruierte 
Apparate. sind demnach als kurrente Untersuchungen ausgescblossen, geben 
aber anderseits eine Genauigkeit der Eesultate, welcbe bisher auf keine andere 
M'eise erreicbt werden konnte. Icb^ verwandte seinerzeit dazu ein Objekt, 
welcbes in einem und demselben Hauptschnitte gleicbzeitig den Radius in 
sieben Punkten gab. Die entsjirecbendeu Objektteile waren so berecbnet, daB 
ihre Spiegelbilder in einer spbariscben Flilcbe eine und dieselbe GroBe batten 
(bei einem Radius von 7,8 mm annilbernd ^/^ mm). 
Nach dieser kurzgefaBten Darstellung der Mittel, mit welcben die jetzt in 
groBer Zabl vorliegenden Untersucbungen der Form der vorderen Hornbaut- 
tiache ausgefiibrt worden sind, gehe ich zur ^\ iirdigung der Ergebnisse iiber. 
Wenn Helmholtz die Form der nicbt astigmatischen Hornhaut annahei'ud als 
eine elliptiscbe ausah, so war dies durcb die damaligen Kenntnisse der geo- 
metrischen Optik vollkommen gerecbtfertigt, da das dioptrische Yerhalten eines 
Ellipsoides bekannt, die Asymmetrienwerte aber, welcbe das dioptriscbe Yer- 
halten einer beliebigen Flacbe cbarakterisieren , unbekannt geblieben waren. 
Sobald die As\-mmetrie der Hornbaut in bezug auf die Gesicbtslinie konstatiert 
war, gab es also kein besseres Mittel, als durch dieselbe die Koustanten des 
betreffenden Ellipsoides zu berechnen. Die Worte von Helmholtz^, da6 „bei 
der Hornbaut der Ausdruck ihrer Form durcb ein Ellipsoid vorlaulig eine groBe 
Anniiberung gibt", gelten uocb heute, obwohl spiltere Untersuchungen dargelegt 
baben, daB eine andere Anschauung eine groBere Annaherung gibt. 
Blix ^ zeigte zuerst durch eine ganz eigenartige ophtbalmometrische Methode, 
welche aber ihre groBteu Vorteile fiir die Ortsbestimmuugen der brecheuden 
Flachen im Auge hat und deshalb erst spater beschrieben werden soil, daB die 
Form der Hornbaut betracbtliche Abweichungen von der eines Ellipsoides dar- 
bietet. Wie Aubekt* dann zeigte, lassen sich diese Abweichungen am ein- 
fachsten dadurch ausdriicken, daB in einer zentral gelegenen „optiscben Zone" 
die Variationen des Kriimmungsradius geringer, in dem iibrigen Teile der 
Hornhaut aber betriichtlicber sind, als es bei der elliptiscben Kriimniung der 
Fall sein muBte. Die Krlimmung der optischen Zone, welche ungefahr der 
GroBe einer mittel weiten Pupille entspricht, ist annahernd spharisch, oder die 
erreichbare Genauigkeit der Ophthalmonietermessungen gestatten es wenigstens 
' Photographisch-ophthalmometrische und klinische Untersuchungen iiber die Hornhaut- 
refraktion. Kuugl. Sv. Vet. Akad. Haudl. 1896. Bd. 'is. 
* Dieses Handbueh. 2. Auflage. S. 17. 
' M. Blix, Oftalmometriska studier. Upsala Lakareforenings Forhandlingar. XV. 1880. 
S. 349. 
* H. AcBERT, NUhert sich die Hornhautkriimmung am meistcu der einer Ellipse? 
PPLiJOERs Arch. f. d. ges. Physiologie. XXXV. 1885. Die Genauigkeit der Ophthalmo- 
metermessungen. Ebenda XLIX. 1891. 
G.] 
Die Form dei- Hornhnut. 
267 
nicht, die Konstanten eines Ellipsoides zu berechnen, welche die Abweichung 
ihrer Form von der spharischen reprasentieren konnte. Naher lernte man durch 
die Untersuchungen von Sulzee^ und Eriksen^ die Form der Hornhaut kennen. 
indem dieselben ein betrachtliches Beweismaterial dafiir bieten. daB die peripberc 
Abflachung der Hornbaut teils ofters asymmetriscb ist, sowohl in borizontaler 
wie in vertikaler Ricbtung, teils aucb in der Mebrzabl der Fillle in letzterer 
Ricbtung scbneller verlauft als in ersterer. Dagegen beruben die Scblusse, 
welcbe Sclzer betrei^'end die Variation des Astigmatismus des Auges mit der 
PupillengroBe aus dem letzterwahnten Verbalten ziebt, auf der falscbeu Vor- 
stellung, da6 vom Astigmatismus einer ringformigen Zone der Hornbaut die 
Rede sein kounte, was matbematiscb unmoglicb ist, und die Scblusse. welcbe 
Eriksen betreffend des Astigmatismus in verscbiedenen Puukten der Hornbaut 
zieht, sind nicbts anderes als matbematiscbe Folgen der Abflacbung nacb der 
Peripherie. 
Qualitativ sind diese Untersucbungen von Sulzer und Eeiksen beweisend, 
indem die oben angefiibrten Resultate aus einem Verglcicbe der Abflacbung in 
verscbiedenen Eicbtungen bervorgeben. (^uantitativ sind dieselben nicbt in 
ebenso bobem Grade zuverlassig, weil die Messungen mit dem Opbtbahuometer 
nur den Winkel zwiscben zwei Hornhautnormalen ergeben, deren Abstand von 
der GroBe der Verdoppelung im Instrumente bestimmt wird, die Messungen aber 
in kleineren Winkeldistanzen wiederbdlt warden. Im Opbtbalmometer von 
Javal und ScHJOTZ ist der gemessene Winkel bei normaler Hornbautkriimmung 
und bei der gewobnlicb an- 
gewendeten Verdoppelung groBer 
als 20". Wird die Messung bei 
von 5 " zu 5 " veranderter Blick- 
stellung wiederbolt, so filUt das 
Spiegelbild der einen weiBen 
Platte bei den vier folgenden 
Messungen noch innerbalb der 
zuerst gemessenen Partie, und 
die Annabme, daB diese tlinf 
Messungen den Krummungs- 
radius in fiinf verscbiedenen 
Punkten gegeben haben, lilBt 
sich desbalb nicbt recbtfertigen. 
Diese Anmerkung trifft aller- 
dings in geringerem Grade die 
Untersucbungen von Eriksen, da 
bei denselbeu eine Verdoppelung 
von nur 1 mm angewendet wunle. 
Die matbematiscbe Verwertung 
der gefundenen Form der Hornbaut zur Untersucbung der Strablenl)recbung in 
derselben setzt aber voraus, daB bei jeder folgenden Messung der eine Endpunkt 
des Objekts in demselben Hornbautpunkt gespiegelt wird wie bei der vorher- 
« i-z.: 
!■ Ig. 
' La forme de la cornee humaine el son in/luence sur la vision. 
1891. S. 419. XII. 1892. S. 32. 
^ Hornhindeinaalinger. Aki-1ius 1893. 
Arcli. d'Opldh. XI. 
268 
Die Dioptrik dea Auges. 
[G. 
gehenden Messung der andere Endpunkt. Die Erflillung dieser Bedingung unter 
Anweiidung hinreichend kleiner Flachenelemente zur Messung ist lusher nur mit 
meiiier photographischen Methode gelungen. 
Als Objekt diente die in der Fig. 125 dargestellte Scheibe, welche so kon- 
struiert war, da6 im Spiegelbilde die Intervalle zwischen zwei Kreisen sich wie 
die Kadien der entspreclienden Flachenelemeute verhalten. Es wurde in fiinf 
Blickrichtungen photographiert, namlich beim Blick geradeaus ins Objektiv und 
bei Sdkber Drehung des Blickes in den vier Hauptrichtungen, da6 das peri- 
pherste bei der zentralen Stellung gemessene Flacbenelement genau mit dem 
zentralsten bei der peripheren Stellung gemessenen zusammenfiel. Die Messung 
der Pbotogramme geschah mit Teilmaschine und Mikroskop unter Korrektion 
mit deu sorgfaltig bestimmten periodischen Febleru der Scbraube. Die durch 
zahlreiche Untersuchungen kontrollierte Exaktbeit der Messungen wurde durch 
die an der Figur sicbtl)are Teilung der Einge in zwei erreicht. indem die scharfe 
Einstellung des Fadenkreuzes auf den im negativeii Bilde hellen Zwischenraume 
ohne Schwierigkeit erfulgte. Durch die Konstruktion des Instrumentes waren 
die XA'inkel bekannt, welcbe die Hornbautnormale in den verscbiedenen zur 
Spiegeluug angeweudeten Punkten mit der zur Gesicbtslinie parallelen Normale 
bilden, und durch die Messung ergal) sicli der entsprecheude Radius, indem 
derselbe als denijenigen Punkte angehiirig angesehen wurde, wo die Normale 
gleiche W'inkel mit den Xormalen in den beiden das gemessene P]lemeut be- 
grenzenden Punkten bildete. Als Resultat dieser Dntersuchungen legte ich die 
voUstandige Messung und Berechnung einer typiscb normalen Hornhaut vor, 
von welcher bier einige Daten angegeben sein mogen. 
! 
Winkel der Normale 
Vertikal 
Horizontal 
messenen Elementes 
! Oben 
Unten 
Innen 
AuBen 
38° 55' 30 ' 
34» 3' .50" 
29° 14' 20" 
24° 24' 50" 
19° 33' 10" 
14° 37' 10" 
9° 41' 10" 
4° 49' 30" 
_ 
41,7 
35,2 
37,7 
39,8 
41,7 
42,8 
43,3 
28,5 
36,6 
40,2 
41,2 
42,2 
43,4 
43,8 
43,6 
27,9 
28,4 
37,4 
40,9 
42,5 
42,8 
43,5 
43,8 
32,3 
38,8 
41,2 
48,6 
43,5 
44,0 
43,8 
43,4 
(1° 0' 0" 
44 
,5 
4-1 
2 
Die Kriimmungsradien sind bier unter Auwendung des in der Ophthalmo- 
nietrie gebraucblichen Index 1,3375 in Diojitrien umgerechnet. Die Figur 126 
gibt eine graphische Darstellung des Inhalts dieser Tabelle nach dem von 
Ehiksen gebrauchten Schema, und illusti-iert auffallend deutlich die relativ 
geringe Variation des Hornhautradius in den zentralen Teilen, die rapide Ab- 
flacbung in den peripheren, sowie die Asymmetrie sowobl in vertikaler wie in 
horizontaler Eicbtuiig und die im Yertikalschnitte naher dem Zentrum be- 
ginnende Abdachung. Die Unebenheiten der Kurven reprilsentieren die von der 
Methode unabhi'ingigen, unvermeidlichen Beobacbtungsfehlex', welche davon her- 
riibren, daB tatsilchlich nicht die vordere Hurnhautflache, sondern die auf der- 
selben liegende Fliissigkeitsschicht die erste brecheude ITlache im dioptriscben 
System des Auges darstellt und die bei der ophtbalmometrischen Untersuchung 
G.] 
Photographische Ophthalmometrie der Homhaut. 
269 
angewendeten Spiegelbilder liefert. Ein Ausgleich dieser Unebenheiten wiirde 
zwar bei dei- photographischen Methode ohne Schwierigkeit mit exakten mathe- 
niatischen Mitteln bewerk- 
stelligt werden konnen, da 
iiumer sieben MaBe auf 
einmal aufgenommen sind 
und zufolge der Konstruk- 
tion der Scheibe die be- 
ziiglichen Fehler nur darin 
bestehen kimnen, daB von 
den Eadien zweicr angrenzen- 
der Elemente der eine iim 
ebensoviel zu groB wie der 
andere zu klein ausgefallen 
ist. Es wiirde sich aber 
diese mathematische Arbeit 
katim lohneu, denn obwohl 
man durcb dieselbe die 
Kriinimungsasyuimetrie der 
Hornhaut in dem Inzidenz- 
punkte des bei der Ab- 
bildung im Auge wirksamen 
Hauptstrahles erfahren 
konnte, so wiirde dieser 
^^'ert bei unseren niangeln- 
den Kenntnissen von der 
Form der Linsentlachen bis 
auf weiteres keine Anwen- 
dung finden konnen. 
Es darf hier nicbt 
unerwLihnt bleiben. daB 
Matthiessen ' eiuen Ver- 
such gemacht bat, die Kriim- 
mung des obcn dargestellten 
Hori/.ontalschnittes uiit einer 
elliptischen zu vergleicheu. 
Ich hatte in einer Tabelle 
die Koordinaten slinitlicber 
bei der Spiegelung ange- 
wendeter Hornbautpunkte 
zusamniengestellt, und aus 
diesen Koordinaten berech- 
nete Matthiessen die tan- 
gierenden Ellipsen. \\'&re 
nun ilie Kilimnmng ellip- 
tisch, so niiiBten die so 
samnienfallcn. Da aber die 
Nasal. 
Horizontaler Meridian. 
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Temporal. 
Oben. 
Vertikaler Meridian. 
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30 
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V 
70 
f 
\ 
[ 
\ 
\ 
V 
^ 
-_ 
Unten. 
Fig. 12G. 
gefundenen Ellipsen angenahert luiteinander 
groBi' Halbacbse dieser Ellipsen zwiscbeii 
3/ 
30 
ts 
10 
IS 
ro 
s 
o 
S 
10 
IS 
10 
IS 
30 
3S 
W 
•ts 
Vo 
3f 
30 
}f 
ZO 
Tf 
70 
r 
o 
s- 
to 
IS- 
w 
if 
30 
}f 
W 
zu- 
den 
' L. Matthiessen, I'ber aplanatische Brechung und Spiegelung in Oberriiiclien zweiter Ord- 
niing und die Hornhautrefraktion. Pfluoebs Ai-ch. f. d. ges. Fhysiologie. XCI. 1902. S. 295. 
270 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Werteu 14,40 und S,C2 variiert, obwohl vou tier ersten Messung an der 
nasaleu Seite und von den beiden ersten an der tempuralen abgeseben wiirde 
— somit der zentrale Teil der optiscben Zone nicht in Betracht kam — , so 
kann icb die Ubereinstimmung nicht befriedigend linden, wohl aber dem 
ScbluB M.vTTHiEssENs beistiniuien, daB sich aus den iibrigen 15 Koordinaten 
eine Grundlage fur die Herstellung einer Ellipse im borizoutaleu Hornhaut- 
schnitte ergibt, welche sich den Mittelwerten der Messungen anderer Autoren 
i-echt gut anschlieBt. Die Schliisse, welche hieraus gezogen werden konnen, 
sind nur, daB beim Seheu mit mittelgroBer I'upille die Aunahme einer sphiirischen 
Gestalt des angewendeten Hornbautteiles die vorlaufig beste Annaherung dar- 
stellt, wahrend in den Fallen, wo die exzentriscben Telle der Hornhaut vor- 
wiegend wirksam sind — wie bei gewissen Dntersuchungen der Koustanten 
der Linse — , die Ellipse noch ihren Eangplatz als beste Annaherung beibehalt. 
Die in der Fig. 126 dargestellten Kurven geben die von Sulzee und Eriksen 
gefundenen qualitativen Yerhiiltnisse in treuester Weise wieder, was auch zu 
erwarten war, da dieselben einer typisch normalen Hornhaut entstammen und 
die Untersuchungen dieser Autoren eine groBe Anzahl Augen betreffen. Gemeinsam 
ist ferner, daB der Ausgangspunkt derjenigen Blickstellung entspricht, wo der 
Untersuchte gerade ins Objektiv des Instrumentes hineinschaut. Der in oben- 
stehender Tabelle mit Null bezeichnete Punkt ist somit der Hornhautpunkt, in 
welchem die Normale zur Visierlinie parallel ist. Da bei der modernen klinischen 
Ophthalmometrie imuier von diesem Punkte ausgegangen wird, mag derselbe 
der ophthalmometrische Achsenpunkt genannt werden. 
Von diesem Punkte ausgehend, kann man am besten die Form der 
normalen Hornhaut dadurch charakterisieren, daB eine zentrale optische 
Zone besteht, in welcher die Kriimmung annahei-nd sphiirisch ist, deren Aus- 
dehnung in horizontaler Eichtung etwa 4 mm. in vertikaler etwas weniger betragt 
und welche uach auBen. gewohnlich auch etwas nach unten dezentriert ist. und 
daB die peripheren Teile eine starke Abdachung zeigen, welche nasahvarts 
starker ausgepragt ist als temp oral warts, nach oben gewohnlich mehr hervortritt 
als nach unten. 
Beim Ausgang vom ophthahnometrischen Achseupunkte ist auch die Pupille 
nach aiiBen und gewohnlich etwas nach unten dezentriert, und zwar in einem 
Grade, welcher anniihernd der Dezentration der optiscben Zone entspricht, so 
daB dieselbe in den typisch regelmilBigst gebauten Augen als anniihernd auf die 
Pupille zentriert angesehen werden kann. Es empfiehlt sich deshalb, bei der 
Bemieilung der Zentrierung der brechenden Fliichen des Auges. von der Horn- 
hautnormale auszugehen, welche durch das Zentrum der Pupille geht und 
dieselbe als optische Achse des Auges zu bezeichnen. Da die brechenden 
Flachen nicht genau zentriert sind, so gibt es keine exakte optische Achse des 
Auges, sondern es muB eben eine Liuie gewahlt werden, welche die Forderungen 
an eine solche anniihernd erfiillt. Die Orientierung dieser Achse ist leicht 
zu bestimmen, indem am Objektivende des Ophthalmometers oder eines 
Femrohres eine durchbohrte runde weiBe Scheibe angebracht wird, dessen 
Spiegelbild durch Bewegung des untersuchten Auges konzenti-isch zur Pupille 
eingestellt wird, wobei die Verschiebung des Fixationszeichens die notigen 
Daten ergibt. 
Von griiBerem Gewicht fiir die Dioptrik der Hornhaut als dieses MaB ist 
aber der Eiufallswinkel der Visierlinie und die Orientierung ihrer Ein- 
Gr.] Visierlinie und optische Achse des Auges. 271 
fallsebeue. Die spezielle Bedeutung der Visierlinie, welcbe in bezug auf die 
Abbildungsgesetze erster Ordnung den Hauptstrald des beim scliarfen Sehen 
wirksamen Strahlenblindeis darstellt, und welche vom tixierten Gegenstand zum 
scheinbaren Mittelpunkt der Pupille geht, liegt teils darin, daB sie fiir die tat- 
siicbliche Strablenvereinigung im Aiige die EoUe spielt, welcbe bei der fiktiven 
kollinearen Abbildung dei' durcb den vorderen Knotenpunkt gehenden Gesichts- 
linie zugeschiieben wird, teils aber auch darin, daB ibre Orientierung exakt 
festgestellt warden kann. Praktiscb ist es zwar ziemlich gleicbgiiltig, ob von 
der Visierlinie, der Blicklinie oder der Gesiclitslinie gesprocben wird, wenn es 
sich um die Neigung zur optiscben Acbse bandelt, da die Unterschiede unter 
der Grenze der moglicheu Febler fallen. Da aber die Lage der Visierlinie exakt 
bestimmt werden kann, die der Gesichtslinie uicbt, so empfiehlt es sicb tiber- 
haupt nur mit der ersteren zu recbnen, wie zuerst von Blix^ bervorgeboben 
wurde. Der Einfallswinkel derselben wurde von Leroy^ und dann von mir^ 
gemessen. Die genauesten Eesultate erbillt man mit dem HELjmoLTzscben 
Opbtbalmometer, indem die Fixatiousmarke in der Verlangerung der Achse des 
Instrunientes angebracht und eine kleine Lichtquelle so eingestellt wird, daB ihr 
Spiegelbild in der Mitte der Pupille erscheint. Durch Drehen des Platten- 
gehauses am Opbtbalmometer, bis die Lichtquelle in der Verdoppelungsebene 
liegt und durch Drehen der Platten, bis die Doppelbilder der Lichtquelle jede 
mit einem Eande der verdoppelten Pupille zusammenfallen, wird die richtige 
Stellung der Lichtquelle kontrolliert. Bei dieser scharfen Untersuchung zeigt 
es sich nun mancbmal, daB der Einfallswinkel von der PupillengroBe abhangig 
ist, weshalb derselbe immer lur eine mittlere PupillengroBe von 4 mm bestimmt 
werden sollte. Der Abstand der Lichtquelle von der Achse des Ophthalmometers, 
dividiert durch den Abstand des Hornhautscheitels von der zur Achse senk- 
rechten Ebene, in welcher die Lichtquelle sich befindet, ist gleich der doppelten 
Tangente des gesuchten Einfallswinkels. Ohne Ophthalmometer bestimmt man 
denselben durch analoge Zentrierung des Spiegelbildes einer runden weiBen 
Scheibe. Ich habe denselben in normalen Augen zwischen und 6" variierend 
gefunden, babe aber auch negative Werte gesehen, wo also die Lichtquelle 
nasalwarts von der Achse des Listrumentes verschoben werden muBte. Der 
Winkel. den die Einfallsebene mit der Horizontalebene bildet, kann in voU- 
kommen normalen Augen bis 30° betragen, dieselbe verlauft gewohnlich in der 
Richtung von oben innen nacb unten auBen, wenn im voUkommen normalen 
Auge eine absehbare Abweicbung von der horizontalen vorliegt. Bei sehr 
kleinen Werten des Einfallswinkels ist iiberhaupt jede Orientierung der Ein- 
fallsebene moglich. Der Winkel, den die Visierlinie mit der optischen Acbse 
bildet, ist immer groBer als der Einfallswinkel und betriigt in der Kegel etwas 
mehr als das anderthalbfache desselben. Ist namlich in der Fig. 127 P der 
wahre und P' der scheinbare Ort des Pupillenzentrums, u der Winkel, den die 
Visierlinie mit der optischen Achse bildet, und i der Einfallswinkel, so hat 
man, wenn d die scheinbare Tiefe der vorderen Kammer und o den Kriimmungs- 
radius der optischen Zone der Hornhaut darstellt, 
sin u :sin i — o :(t> — d). 
' a. a. 0. 
' De la Keratoscopie ou de la forme de la surface cornecnne, deduite des images 
apparentes re'flechies par elk. Arch, d'ophth. IV. 1884. 
' A. a. 0. Skand. Arch. f. Plivs. II. 1890. 
272 Die Dioptrik des Auges. [0. 
Bei kleinen Winkeln erliillt man einen geniigend genauen Wert, wenn man 
dieselben an Stelle der Sinus setzt, und findet so flir eine scheinbare Tiefe der 
vordeien Kammer von 3 mm und einen Kriimmungsradius von 7,8 mm das Ver- 
hiiltnis 1,625. Zu bemerken ist, da6 von den S. 20 angefilhrten Messungen des 
Ortes des Pupillenzentrums in bezug auf die durch die Konstanten der Ellipse 
bestimmte Achse der Hornhaut, die erste eine bis auf die GroBe der Be- 
obachtungsfebler voUstiindige Ubereinstimmung dieser Achse mit der hier an- 
genommenen optischen Achse zeigt, wiihrend die in den beiden anderen hervor- 
tretenden Unterschiede uicht groBer sind, als daB dieselben durch die Asymmetric 
des horizontalen Homhautschnittes und die dadurch bedingte Abweichung von 
der elliptischen Form erkliirt werden konnen. 
Es diirfte somit berechtigt sein, den Einfallswinkel der Visierlinie und den 
Winkel, den dieselbe mit der optischen Achse bildet. -ftelche Winkel mit dem 
jetzt allgemein gebrauchlichen Instrumen- 
tarium leicht zu messen sind, an Stelle des 
von Helmholtz gebrauchten Winkels u 
zwischen der Gesichtslinie und der Achse der 
Hornhautellipse treten zu lassen. Der von 
Helmholtz' so genannte Winkel /5, welcher 
auch in der Literatur sowohl u wie ;■ ge- 
nannt wird, und welcher den Winkel der 
Blicklinie mit der durch das Zentrum der 
Hornhautbasis gehenden Hornhautnormale 
darstellt, diirfte jedenfalls ohne Bedeutung 
fiir die Dioptrik des Auges sein. 
Was die Krlimmung der optischen 
Zone der Hornhaut betrifft, so ist zufolge 
pj„ 127. ^^6™ oben iiber die Genauigkeit der Messungen 
mit den modernen Ophthalmdmetern Ge- 
sagten den iilteren Untersuchungen ein relativ hoher Wert beizulegen. Eine 
Zusammenstellung derselben wurde von Dondees^ gegeben. Bei 110 Miinnern 
war der Mittelwert 7,b58 mm, wahrend die Maximal- und Minimal werte 
8,396 bzw. 7,28 betrugen. Bei 46 Weibern waren die entsprechenden Werte 
7,799, 8,487. 7,115. Im AnschluB an diese Zahlen nahm Helmholtz 
den schematischen ^^'ert 7,829 an. Der modernen Ophthalmometrie stehen 
viel groBere Zahlen zur Verfligung. An lilKJ Augen fand Steigee^ einen 
Mittelwert von 48,03 Dioptrien fiir die Hornhautrefraktion, was einem Eadius 
von 7,843 mm entspricht. Sulzer* gibt den Mittelwert 43,7 Dioptrien 
an. Der entsprechende Hornhautradius ist 7,723 mm. Dieser Unterschied ist 
nicht groBer, als daB derselbe durch die unvermeidlichen persimlichen Kin- 
stellun^sfehler erklilrt werden kann. In Anbetracht dessen, daB die dritte 
Dezimale nicht als sicher angesehen werden kann, und da das Material von 
Sulzer nicht so groB wie das von Steigee war, diirfte man der Wahrheit am 
nachsten kommen, wenn man den ophthalmometrischen Mittelwert des 
' Dieses Handbuch. 2. Auflage. S. 19. 
^ F. C. Bonders, on the anomalies of accommodation and refraction. London 1864. 
^ Adolf Steioer, Beitriige zur Physiologic und Pathologie der Hornhautreftaktion. 
Wiesbaden 189o. 
* a. a. 
G.l Physiologische Form der HornhautvordeiHache. 273 
Kriiiiimungsradius der optischen Zone der Hornhaut auf 7,8 mm ver- 
anschlagt und die physiologischen Grenzen im AnschluB an die obenstehenden 
Zahlen von Dondees durch 7 bzw. 8.5 mm reprasentieren lliBt — Zahlen, 
welche nunmehr allgemein angenommen sein diirften, und welchen jedenfalls 
nicht von exakten Untersuchungen widersprocheu wird. ^^'as die Grenzen be- 
trifft, so kann die untere bei Mikrophthalmus und bei Keratokonus, die obere 
bei Abflacbung der Hornhaut nach operativen Eingriffen bzw. nach Geschwiirs- 
bildungen iiberschritten werden, aber I'iir die physiologischen Verbiiltnisse sind 
sie unter alien Umstanden sehr weit gezogen. Aus den Zahlen von Steiger 
geht hervor, da6 weuigstens in etwa 80 "/o die Variationeu zwischen 7,5 und 
8,1 mm begi-enzt sind, indem die Refraktion 41,25 bis 45 Dioptrien in 88,5"/^ 
gefunden wurde. Die durch die obenstehenden DoNDERSschen Zahlen an- 
gedeutete Differenz der Hornhautkriimmung beider Geschlechter 
wird an dem groBeren Materiale von Steigek bestiitigt (Mittelwert fiir 
Knaben 42,89, fiir Madchen 43,15 Dioptrien). Nach seinen Untersuchungen soil 
eine Abtlachung der Hornhaut bei zunehmendem Alter eintreten; es diirfte aber 
fraglich sein, ob das Material zur Entscheidung dieser Frage ausreichend ist. 
Eine Abhaugigkeit des Hornhauti'adius von der Pupillendistanz geht aber aus 
seinen Untersuchungen hervor, wie eine ahnliche Abhaugigkeit von KorpergroBe 
und Kopfumfang durch die Untersuchungen von Bhuegeois und Tscherning^ 
angedeutet wird, indem ein groBeres anthropometrisches MaB einem groBeren 
Mittehverte des Hornhautradius entspricht. 
Wenn auch sowohl der horizontale wie der vertikale Durchschnitt der 
optischen Zone der Hornhaut aunahernd eine sphilrische Kriimmung hat, so 
gilt dasselbe nicht fiir die Zone als Gauzes. Denn der normale Befund ist ein 
meBbarer Astigmatism us. Dieser physiologische Hornhautastigmatismus 
wurde schon durch die erste, von Nordenson^ ausgefiihrte ophthalmometrische 
Massenuntei'suchung sichergestellt. Wie aus dem einstimmigen Resultate der 
verschiedenen Untersucher hervorgeht, betragt derselbe im Mittel 0,50 — 0,75 D., 
wobei der am schwiichsten gekrilmmte Hauptschnitt wenig von der horizontalen 
Richtung bzw. von der Langsrichtuug der Augenspalte abweicht. Als Beleg 
hierfur konnen die Zahlen von Steiger dienen. An einem Materiale von 
3170 Augen fand er einen ilittelwert von 0,78 D. Wurden aber die Augen 
mit einem 2,0 D. iibersteigenden Astigmatismus, die jedenfalls als pathologisch 
anzusehen sind, ausgesondert, so erhielt er fiir 3073 Augen einen Durchschnitt 
von 0,70 D.. und zwar bestand in ^j^ dieser Augen ein Hornhautastigmatismus 
zwischen 0,50 und 1,U, in fast '/s derselben ein Hornhautastigmatismus von 
0,25 — 1,25 D. Die Richtung des Hauptschnittes schwachster Kriimmung war 
in 89,4 "/o fler Augen wagrecht. 
Eine Veranderung des Hornhautastigmatismus mit dem Alter ist 
durch die Untersuchungen von Schon ^, Steiger und Pfalz^ sicher bewieseu. 
' Reckerches sur les relatione qui existent entre la courbure de la cornce, la circonference 
de la tele et la taille. Ann. d'oculislique. XCVI. 188G. 
' E. NoRDENSON, Recherche'^ ophtlialmometriques sur I' astigmatism e de la cornce cliex. les 
ecoliers de sept a vingt ans. Ebeuda. XC. ISMS. 
' W. ScHCix, Die Akkominudationsiiberaustreugung usw. Arcli. f. Oplith. XXXIII. 
1. 18ST. 
* G. Pfalz, Uber Astigmatismus perversus — eiue erworbene Kefraktionsauomalie. 
Zeitschr. f. Augenheilkunde. III. 19(ii). 
V. IIelmuoltz, Physiologische Optik. 3. AuU. I 18 
274 Die Dioptrik des Auges. [G- 
Der Astigmatismus wird, je nachdeni der Hauptschnitt schwiichster Krlimmung 
einen 30" nicht iibersteigenden Winkel mit der Horizontal- bzw. der Vertikal- 
ebene bildet oder mit diesen zusammenfallt als direkt bzw. invers bezeichnet 
(in der Literatur kommen auch die Bezeichnungen As. rectus, perversus vor) 
und die mit dem Alter eintretenden Veranderungen konnen dadurch detiiiiert 
werden, da6 der pbysiologische direkte Astigmatismus abnimmt, die 
Prozentzahl der Falle mit inversem Hornhautastigmatismus zu- 
nimmt. In Zusammeuhang mit dieser Veriiuderung steht eine Zuuabme der 
Zahl der Flille, in welchen die Hauptscbnitte des Astigmatismus von der 
Horizontal- und Vertikalebene abweichen, wie auch leicht erklarlich ist, da 
statische EinHiisse, welcbe bei deutlicbem Astigmatismus nicht hinreichen, um 
eine merkbare Formverandeining der Hornhaut zu bewirken, bei immer mehr 
abnebmendem Astigmatismus immer deutlicher hervortreten miissen. 
Diejenige geometrische Fliiche. welche die Form der optischen Zone der 
Hornhaut angibt, wenn die Kriimmung derselben sowohl in horizontaler wie in 
vertikaler Eichtung als spharisch angeseben wird, ist die toriscbe. Eine solche 
Fliiche wird von einem Kreissegmente beschrieben, wenn dasselbe um eine in 
seiner Ebene gelegene Acbse gedreht wird, oder stellt, wie die geometrische 
Definition lautet, die einbiillende Flache einer Kugel dar, deren Zentrum sich 
langs eines Kreises bewegt. 
Die Form eines senkrecht zur opbthalmometrischen Acbse der 
Hornhaut gelegten Sohnittes der vorderen Flache ist in unendlich 
kleinem Abstande vom opbthalmometrischen Achsenpunkte laut einem allgemein- 
gilltigen flachengeometrischen Gesetze (dem Theorem von Dcpix) elliptisch, und 
die Achsen der Ellipse verhalten sich wie die Quadratwurzeln der Haupt- 
ki'ummungsradien, so da6 bei normalem physiologischem Astigmatismus die 
vertikale Acbse die kleinere ist. Denkt man sich aber successive solche Scbnitte 
durch die Hornhaut gelegt, und beurteilt man die Form der Schnittlinien nach 
dem Verhaltnis des horizontalen zum vertikalen Durchmesser der Schnittlinie, 
so andert sich zufolge der im vertikalen Haujitscbnitte der Hornhaut aus- 
giebigeren Abtiachung die Form der Schnittlinien derart, daB, je tiefer man 
kommt, dieses Verhaltnis um so geringer wii-d. In welcher Tiefe dasselbe den 
Wert Eins passiert, bleibt vorlaufig unbekannt. DaB dies aber vor Erreichung 
der Hornhautbasis eintrifit, geht fiir den oben durch Kurven illustrierten FaU — 
den einzigen, der bis jetzt eine solche Untersuchung gestattet — aus den aus- 
gerechneten Koordinaten hervor. Es geniigt, aus der betreffenden Tabelle drei 
Punkte in jeder Ivichtung bier anzufiihren. 
Nasal I Temporal | Oben Unten 
X 
y 
X 
y 
X 
y 
X 
y 
0,860 
3,556 
0,831 
3,483 
0,905 
3,680 
0,856 
3,541 
1,231 
4,218 
1,168 
4,084 
1,298 
4,383 
1,201 
4,157 
1,792 
5,048 
1,579 
4,692 
1,680 
4,948 
1,636 
4,801 
In dieser Tabelle ist x der Abstand des Schnittes vom ophthalmonietrischen 
Achsenpunkte, y der Abstand des Flachenpunktes von der opbthalmometrischen 
Achse. Konstruiert man die 12 Punkte, so findet man, daB bei einem und 
demselben .r-Wert die «/-Werte nach oben groBer sind als nasalwiirts, nach 
unten groBer als temjioralwarts, daB somit der vertikale Durchmesser des 
Schnittes groBer ist als der horizontale. Dies setzt aber voraus, daB der 
G.J Physiologische Fonn der Homhautvorderflache. 275 
vordere Bulbusabschnitt eine ahnliche Form hat, und es geht somit aus der in 
vertikaler Richtung bedeutenderen Abflachung der normalen Hornhaut hervor, 
daB ein durcb den vorderen Bulbusabschnitt hinter der Hornhaut senkrecht 
zur Visierlinie gelegter Schnitt einen groBeren vertikalen als horizontalen Durch- 
messer haben mu6. Hieraus folgt waiter, daB, wenn die Hornhaut ohne Ein- 
wirkung iiuBerer Krafte ware, die natiirliche Form derselben durch einen 
inversen Astigmatismus reprasentiert sein miiBte. Die Art der Abweichung 
der tatsachlicheu Form der Hornhaut von dieser naturlichen entspricht voU- 
kommen den einwirkenden auBeren Kraften, welche durch den Druck der 
Augenlider gegeben sind. Da dieser Druck nur in der Richtung nach oben 
und nach unten wirksam ist und wegen des Baues der Lidspalte in ersterer 
Richtung kri'iftiger sein muB als in letzterer, so muB derselbe entsprechend 
der Berlihrungsfiache eine Abflachung bewirken, welche nur den vertikalen 
Hauptschnitt betrifft und oben ausgepragter sein muB als unten. Die Zu- 
sammenpressung von oben nach unten niuB wieder einen direkten Astigmatismus 
der optischen Zone zur Folge haben. DaB dieser Mechanismus in qualitativer 
Hinsicht geniigt, um die Form der Hornhaut zu erklaren, ist einleuchtend, da 
die Beriihrungsflache wenigstens des oberen Lides mit dem Bulbus sich iiber 
die Hornhaut ausdehnt, was gewohnlich bei der im menschlichen Leben iiber- 
wiegenden Blickrichtuug nach unten von der Horizontalebene auch fiir das 
untere Lid, obwohl nicht in demselben Grade, giiltig ist. 
Fiir die Ansicht, daB dieser Mechanismus aiich quantitativ geniigt, sprechen 
mehi'ere Tatsachen. Zunilchst entspricht die Abweichung der tatsachlichen 
Form der Hornhaut von der natiirlichen einer auBerst geringen Deformation, 
welche wohl durch das Einwirken der durch den Druck der Augenlider ge- 
gebeneu Krafte auf die bei der Entstehung der Form der Hornhaut wirk- 
samen Prozesse bedingt werden konnte. Dann ist es aber auch leicht bei 
der ophthalmometrischen Untersuchung zu zeigen, daB eine willkiirliche Ver- 
mehrung dieser Krafte eine momentan eintretende Deformation verui'sacht, indem 
beim Zusammenkneifen der Lider der Astigmatismus betrachtlich vermehrt 
werden kann und eine ausgepriigte vertikale Asymmetrie der Hornhaut mit 
stilrkerer Abtiachung nach oben auftritt. Und in den Fallen, wo die Hornhaut 
in abnormem Grade uachgibt, wobei ein Keratokonus entsteht, tritt die Ein- 
wirkung dieser auBeren Krafte in prilgnantester Weise dadurch zutage, daB, 
wie ich zeigen konnte, ein hochgradiger direkter Astigmatismus am Scheitel der 
Hornhaut, sowie eine starke vertikale Asymmetrie mit Dezentration des Scheitels 
nach unten und stiirkerer Abtiachung nach oben zum typischen Bilde gehort 
und in der Mehrzahl der Fiille beobachtet wird.^ Im hohen Alter werden die 
Bulbushlillen rigider und der Druck der Augenlider nimmt ab, indem der all- 
gemeine Tonus der Gewebe geringer wird und das Fettpolster in der Orbita 
schwindet. Es muB deshalb die Abweichung der tatsachlichen Form der Horn- 
haut von der natiirlichen geringer werden, und in tJbereinstimmung hiei-mit 
zeigt Steigees Statistik ein betrachtliches Zuiiehmen der Fiille rait inversem 
Hornhautastigmatismus im hohen Alter. Endlich muB bei Drucksteigerung die 
Einwirkung des Augenliddruckes gegeniiber der des Biunendruckes zuriicktreten 
die Hornhaut somit ihre natiirliche Form annehmen, und es haben auch 
' Ett fall af keratocouus med t^ydlig pulsation at" horuhinnan. Noid. Oplith. Tidskr. 
IV. 1S92. S. 14-2. 
18* 
276 Die Dioptrik des Auges. [G. 
klinische Untei-suchungen von Martin ^ und Pfalz '^, sowie experimentelle von 
EissEN^ dargetan, da6 bei Diucksteigerung im normalen Auge ein inverser 
Hoinhautastigmatismus auftritt. Es zeigt sich also. da6 in den Fallen, wo die 
Einwiikimg des Augeuliddiuckes beglinstigt wird, eine Vermehrung, in den 
Fallen, wo derselLe ausgeschaltet wird, eine Verminderung der Deformation 
eintritt, durch welche sich die tatsachliche Form der Hornhaut von der ent- 
sprechend der Gestaltung des vorderen Bulbusabschnittes natiirlichen unter- 
scheidet. Der SchluB scheint mir desbalb gerechtfertigt, da6 der Druck der 
Augenlider bzw. der Widerstand. den dieselben dem A\'achstum des Bulbus 
entgegensetzen, die Ursache abgibt fiir den normalen direkten Astigmatismus 
der optischen Zone, sowie fiir das Ubervviegen der peripheren AbHachung im 
Vertikalschnitte iind fiir die normale verti- 
kale Asymmetric dieser Abflachung. 
Die Berechunng der Hornhaut- 
form aus den Ophthalmometermes- 
sungen geschieht auf folgende ^^'eise. Es 
sei in der Fig. 128 AEF die ophthal- 
mometrische Achse, DGE der von einem 
Objektpunkte kommende Strabl, welcher 
nach der Spiegelung in der Hornhaut in 
der Eichtung GB zum Ophthalmometer 
geht. und C G F die Normale der Horn- 
F'g- 1-8- baut im spiegelnden Punkte, welche mit 
der ophthalmometrischen Achse den Winkel 
C FA = ff bildet. Beim Gebrauche des Ophthalmometers von Helmholtz oder 
eines Instrumentes mit iihulicher Verdoppelungsvorrichtung ist die Linie i?G parallel 
zur Linie ^ii'. Folglich ist der Einfallswinkel gleich rf und der Winkel DEA =2(f. 
Bei anderen Instrumenten macht die Linie B G einen kleinen Winkel mit der 
ophthalmometrischen Achse, welcher jedoch bei dem Yerhiiltnis des Abstandes 
des Ophthalmometers zum Hornhautradius und bei den sonst der Genauigkeit 
der Messungen gesetzten Grenzen vernachlassigt werden darf. Dasselbe gilt 
von dem Abstande des Punktes E von der Hornhaut. Man erhiilt also entweder 
direkt am Gradbogen den Winkel 2 ff durch den Winkelabstand des Objekt- 
punktes von der Ophthalmometerachse, oder man erhiilt die Tangente des 
^^"inkels 2 y, indem man den Abstand des Objektpunktes von der Ophthalmo- 
meterachse durch den Abstand der achsensenkrechten Ebene, in welcher er 
enthalten ist, von der Hornhaut dividiert. Auf diese ^^'eise ist der einem 
beliebigen Objektpunkte entsprechende Winkel ff immer mit hinreichender 
Genauigkeit bekannt. Es sei nun wiederum in der Fig. 129 ^ i^ die ophthalmo- 
metrische Achse und es mag das Licht von zwei verschiedenen Objektpunkten 
in den beiden Hornhautpunkten B C gespiegelt werden, in welchen die Normalen 
gezogen werden. Der Schnittpunkt G dieser Normalen fallt um so genauer mit 
dem Kriimmungsmittelpunkte des Elementes jB C zusammen, je kleiner dieses 
' G. Martin, Etudes d'ophthalmtymetrie clinique. An7i. d'oculistique. XCIII. 1885. 
S. 223. 
^ G. Pfalz, Ophthalmometrische Untersuehungen iiber Kornealastigmatismus. Arch. f. 
Ophth. XXXI. 1. 1885. S. 201. 
^ W. EissEN, Hornhautkriimmung bei erhohtem intraokularem Druck. Ebeuda. XXXill. 
2. 188S. S. 1. 
G.] 
Berechnung der Hornhautform. 
277 
ist, iind der Abstand BG = CG ist der Kriimmungsradius o. Durch G wird 
eine Linie parallel zur Achse gezogen und auf diese die Lotlinien von den 
Punkten B C gefiiUt. \\'erden nun die Abstande der Punkte B C von der Achse 
mit y^y2' ^^^ Abstande der Linien BD, CE vom Achsenpunkte der Hornhaut 
uiit X, .r. , und die "W'inkel BGD, CGE mit 9"i 7^2 bezeichnet, so hat man 
zuniichst 
BD = ij sin rf^ , 
CE = o sin rf., , 
und, da CE—BD = y.^ ~ Hi i^*> ^° ergibt sich die allgemeine Formel zur 
Berechnung des Kriimmungsradius 
2/1 
sin (f., — sin qpj 
in welcher y.-^ — y^ durch den Betrag der Verdoppelung gegeben ist, rf^ (jr., durch 
die Lage der Objektpunkte bekanut sind. In dem speziellen Falls, wo dieselben 
symmetrisch zur Ophthal- 
mometerachse liegen, und 
somit (f., = — (f^ ist, kann 
die Formel in der ihr von 
Helmholtz' gegebenen Ge- 
stalt 
/5 
'' "" 11 b~\ 
2sin|^arctg— I 
geschrieben werden. wo (j 
den Betrag der Verdoppelung, Fig. 129. 
h den Abstand der im Spiegel- 
bilde kollimierten (Jbjektpunkte voneinander und a den Abstand der dieselben 
verbindenden Liuie von der Hornhaut bedeutet, und welche, je kleiner die 
Winkel sind, uni so genauer mit der approximativen Formel 
2a/i 
bzw. D = kb 
zusammenfallt, welche in der letzteren Gestalt, wo k die Ophthalmometer- 
konstante darstellt, der modernen Ophthalmometrie zugrunde gelegt wird. 
Bei der Ausfiihrung von Messungen in anderen Blickrichtungen hat man 
dieselben so zu wahlen, daB jedesmal ein in der vorhergehenden Messung zur 
Spiegelung augewendeter Horuhautpunkt auch in der folgenden zur Verwendung 
kommt, indem es sonst nicht moglich ist, die Messungen zur Berechnung der 
Form der Hornhaut zu verwenden. In dieser sekundaren Blickstellung ergibt 
die Messung danu eine Anzahl Radien und die eutsprecheuden \\'inkel cf in 
bezug auf die sekundare Achse. Dieselben werden zuniichst durch Addition 
mit dem Betrage der Drehung der Blicklinie in die in bezug auf die ophthal- 
mometrische Achse der Hornhaut giiltigen ^^'inkel (f unigerechnet, wonach die 
_!/-\\'erte in bezug auf diese Achse durch die allgemeine Formel erhalten werden. 
Die x-Werte erhiilt man unter Beachtung der aus der Fig. 129 hervorgehenden 
Beziehungen 
G D = o cos rf^ 
G E = o cos (f.^ , 
GD 
G E = x^—x^ 
' Dieses Handbueh. 2. Aufi. S. 16. 
278 I^is Dioptrik des Auges. [Gr. 
ilurch die Formel 
.T, — X^ =o (cos ^'j — cos (f.^) 
und als Resiiltat der Berechnimg hat man somit die Koordinaten der zur 
Spiegelung verwendeten Hornhautpunkte, die Neigung der Normalen in diesen 
Punkten und die Krtimmungsradien der zwischen denselben belegenen Elemente 
des gemessenen Normalschnittes, Daten, welche hinreichend — aber auch not- 
■wendig — sind, nni durch trigonoinetrische Rechnung die Einwirkung der 
Hornhaut auf die Aberration zu untersuchen. 
Die exakte Berechnung der Form einer Hornhaut ist bisher nur bei der 
photographisch - ophthalmometrischen Untersuchung ausgeftihrt worden. Der- 
selben kann aber auch eine mit dem Ophthalmometer von Helmholtz ent- 
sprechend ausgefiihrte Messungsserie zugrunde gelegt werden. Auch das 
jAYALsche Ophthalmometer kann nach verschiedenen Methoden dazu angewandt 
wei'den. Eine prinzipiell einwandfreie solche Methode ist von Beudzewsei ^ 
und Baslini* angegeben worden. Die Berechnung der Messungsresultate ist 
aber bei beiden unrichtig, indem ersterer eine nur i'iir Flachen zweiten Grades 
gultige Beziehung zwischen Kriimmungsradius und Normale anwendet, letzterer 
die a;-Werte nach einer nur fiir einen Kreis geltenden Formel berechnet. Will 
man die Form der Hornhaut unter Anwendung der fiir ein Ellipsoid giiltigen 
Gesetze berechnen, so tut man ohne Zweifel besser, dies konsequent durch- 
zufiihren und die Konstanten des Ellipsoides nach der von Helmholtz^ an- 
gegebenen Methode aus drei Radien zu berechnen. 
Die oben angegebene Regel fiir die Berechnung des Astigmatismus aus 
dem Betrage der Denivellation in einer Richtung, welche den AVinkel von 45" 
mit den Hauptschnitten bildet, ergibt sich auf folgende Weise. Wird nach 
Ermittelung eines Hauptschnittes der Hornhaut der Bogen des Ophthalmometers 
um einen halben rechten Winkel gedreht und dann die KoUimation hergestellt 
und die Denivellation durch Verschieben der einen weiBen Figur in der zur 
Verdoppelungsebene senkrechten Richtung ausgeglichen, so sind die kollimierten 
Punkte die Endpunkte einer Linie, deren im Fokus des Ophthalmometers ge- 
legene optische Projektion in der Verdoppelungsebene liegt. Der Abstand 
dieses Fokus von den beiden nicht exakt in derselben Ebene liegenden Fokal- 
punkten des gespiegelten Strahlenbundels kann bei der erzielbaren Genauigkeit 
vernachlassigt werden, und es sind dann die beiden den Hauptschnitten ent- 
sprechenden Projektionskoeffizienten, wie aus der Formel S. 250 hervorgeht, 
gleich den betreffenden VergroBerungskoeffizienten, welche sich wiederum um- 
gekehrt wie die Brechkraft in den beiden Hauptschnitten verhalten, indem 
ist, wo K D VergroBerungskoeffizienten und Brechkrafte, .L die im Fokus des 
Homhautspiegels gemessene Konvergenz des einfallenden Strahlenbundels be- 
deutet. Die Tangente des Winkels, den die projizierte Linie mit dem ersten 
Hauptschnitt bildet, ist — ^ tg co , wenn o) den Winkel darstellt, tlen die zu pro- 
A, 
1 
• K. V. Brudzewski, Beitrag zur Dioptrik des Auges. Arch. f. Augenheilk. XL. 1900. 
S. 296. 
' C. Baslini, Rcch^rches opkthahnometriqucs. Arch, d'op/ith. XXIV. 1904. S. 565. 
» Dieses Handbuch. 2. Aiifl. S. 17. 
G.] 
Messung der Dieke der Hornhaut. 
279 
jizierende Liuie uiit demselben Hauptschnitt biklet. Da jene Tangente gleich 1 
ist, so hat man tg w = — = uud somit 
■^1 
tg(r„-45«) = 
D., 
wo c die zur Aufhebung der Denivellation erforderliche Verschiebung, h die 
durch die KoUimation bestimmte Lange der zu projizierenden Linie darstellt. 
Zufolge dem Theoreme von Euler hat man imter Anwendung der ( )phthalmo- 
meterkonstante -^-(^1 + -^2) = kh , wodurch sich der mathematische Ausdruck 
der oben angegebenen Kegel 
D.,-D^ = 2kc 
ergibt. Diese Formel ist somit approximativ in demselben Grade wie die 
allgemein in der modernen Ophthalmometrie angewendete. Die durch die 
Approximation bedingten Fehler sind aber bei der Messung des Astigmatismus 
ohne Belang und kommen erst bei der Berech- 
nung des absoluten Betrages der Hornhaut- 
refraktion in Betracht. 
Die Hornhaiifsitbstatiz. Von der die vordere 
Hornhautflache bedeckenden Fliissigkeitsschicht 
abgesehen, welche in der Dioptrik des Auges als 
unendlich dilnn mit konzentrischen Grenztlachen 
betrachtet werden kann und demnach ohne Be- 
deutung fiir den Strahlengang ist, stellt das 
Hornhautgewebe das erste brechende Medium 
des Auges dar. Der Brechungsindex des- 
selben -wurde nach Einfiihrung der modernen 
refraktometrischen Uutersuchung durch Abbe 
von AuBERT und Matthiessen' an den Augen 
eines SOjahrigen Mannes und eines zwei Tage 
alten Kindes zu 1,377 bzw. 1,3721 bestimmt. 
Ein von Lohnstein^ aus den Brechungsindices 
der Bestandteile berechneter Wert liegt zwischen 
diesen ^^'erten. Die letzte Zusammenstellung 
Matthiessens^ ergab 1,3763. weshalb, da die 
vierte Dezimale jedenfalls unsicher ist, am besten der Wert 1,376 als der 
schematische angenommen wird. 
Die Dicke der Hornhaut ist mit einwandt'reier Methode bisher nur von 
Blix* am lebenden Auge gemessen worden. 8ein Ophthalmometer besteht aus 
zwei nach dem Schema der Fig. 130 angeordneten Mikroskopen TT^ mit den 
Objektiven O 0^ Ini letzteren ist das Okular durch ein hell erleuchtetes 
Diaphragma 6j ersetzt, dessen Bild im Schnittpunkte der Achsen entsteht. Da 
das andere Mikroskop. durch welches der Untersucher hinsieht, mittels des 
• H. AuBEET, Grundzuge der physiologischen Optik. Leipzig 1876. 
" Th. Lohnstein, Uber den Brechungsindex der meuschlichen Hornhaut. Arch. f. d. 
ges. Physiologie. LXVI. 1897. 
• L. Matthiesses . Die neueren Fortschritte in unserer Kenntnis von dem optischen 
Baue des Auges der Wirbeltiere. Hamburg 1891. 
• a. a. 0. 
Fig. 130. 
280 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Fadenkreuzes h auf diesen Schnittpunkt eingestellt ist, so wird das Bild des 
Diaphragmas mir dann scharf gesehen, wenn der sclieinbare Ort entweder des 
Hauptpunktes oder des Krummungsmittelpunktes einer spiegelnden Flache im 
Schnittpunkte der Achsen liegt. Die Mikroskope konneu nun teils in un- 
verilnderter Stellung zueinander langs der Linie verschoben werden, welche den 
von ihren Achsen gebiideten Winkel halbiert, teils konnen dieselben bei un- 
verandertem Schnittpunkte der Achsen gleichzeitig um den gleichen Betrag 
langs der Achsen verschoben werden. Letzterer Mechanismus dient zum Messen 
eines Krlimmungsradius, ersterer zum Messen des Abstandes zwischen zwei 
spiegehiden FUlchen. Die Dicke der Hornhaut wird demnach dadurch gemessen, 
daB bei zwei successiven Einstellungen das in der vorderen bzw. hinteren Horn- 
hautflache entstandene Spiegelbild scharf eingestellt wird. Die Verschiebung 
des Instrumentes ist dann gleich der scheinbaren Dicke, die wirkliche wird 
ohne Anwendung approximativ giiltiger Formeln durch exakte Berechnung ei'- 
mittelt. An zehn Augen fand Blix die Dicke zwischen 0,482 und 0,668 mm 
variierend. "VVenn das Auge, in welchem diese extremen Werte vorkamen, aus- 
geschlossen wurde, waren die Grenzen 0,506 und 0,576. Diese MaBe ent- 
sprachen teils dem durch kleinsten Hornhautradius definierten Scheitel, teils 
dem ophthalmometrischen Achsenpunkte, teils Punkten, welche 20" nach innen 
und nach auBen von den erstgenannten belegen waren. 
DaB Blix ohne Schwierigkeit das in der hinteren Hornhauttlache ent- 
stehende Spiegelbild lieobachten und zur Messung der Hornhautdicke verwerten 
konnte, wahrend sich doch Helmholtz' vergebens groBe Miihe damit gegeben 
hatte, dasselbe zu entdecken, beruht auf der starken VergroBerung im Mikro- 
skop, ohne welche das Bild von dem lichtstarkeren der vorderen Flache nicht 
getrenut gesehen werden kann. Mit der jetzigen Entwicklung der Beleuchtungs- 
technik bietet es gar keine Schwierigkeiten, die Spiegelbilder von der hinteren 
Hornhauttlache in solcher Giite zu erhalten, daB die Dicke der Hornhaut nach 
derselben Methode wie die der Linse bestimmt werden kann. Um moglichst 
scharfe und helle Spiegelbilder zu erhalten, hat man eine Lichtquelle mit mog- 
lichst groBer spezifischer Helligkeit zu benutzen. Wegen der erforderlichen 
Verschieblichkeit derselben kann nur das gliihende Stlibchen der Nernstlampe 
in Betracht kommen, da Sonnenlicht und elektrisches Bogenlicht ausgeschlossen 
sein diirften und alia anderen Lichtquellen eine viel geringere spezitische Hellig- 
keit haben. Die Lampe soil in dem einen Ende einer geschlossenen Rcihre an- 
gebracht werden, deren anderes Ende einen regulierbaren Spalt triigt, und in 
deren Mitte ein nach Bedarf dezentrierbares Linsensvstem sich befindet, welches 
ein scharfes Bild des gliihenden Stiibchens auf die Riickseite der Spaltvorriih- 
tung wirft. Die scharfe Einstellung wird bei weit geoffnetem Spalte unter dem 
Schutze eines dunklen Glases durch parallaktische Yerschiebungen des Auges 
kontrolliert. Durch Drehen und Yerschieben der Lampe sowie durch Dezen- 
tration des Linsensystems in einer zur Spaltrichtung senkrechten Eichtung kann 
man es ohne Schwierigkeit dahin bringen. daB das Bikl des gliihenden Stiib- 
chens genau in der Mitte der Spaltoffnung fokusiert ist. Der Spaltmechanis- 
mus muB ein sogenannter bilateraler sein, in welchem sich beide Schneiden 
gleichzeitig bewegen, die ganze Eohre wird um die Achse drehbar an einem 
Stativ befestigt. Diese Lichtquelle stellt eine leuchtende Linie von variabler 
' Uber die Akkommodation des Auges. Arch. f. Ophth. I, '-'. 1855. S. 1. 
G.l MessuDg der Dicke der Homhaut. 281 
Intensitat dar, welche durch ihre spezifische Helligkeit alien anderen zur Oph- 
thalmometrie bequem verwendbaren Lichtquellen weit tiberlegen ist. Der Kiirze 
halber nenne ich dieselbe im folgenden die ophthalmometrische Nernstlampe. 
Zur Bestimnmng der Hornhautdicke nach der S. 91 von Helmholtz an- 
gegebenen Methode babe icb zwei solcbe Lanipen mit vertikal gestellten Spalten 
genau iibereiuander derart angebracht, da6 die durch den Hornhautscheitel ge- 
legte Horizon taleliene den Mittelpunkt zwiscben beiden Spalteu traf. Mit einem 
guten 20mal vergroBernden Fernrobre sind bei geeigneter Licbtstiirke die 
Spiegelbilder auch an der diinnsten Stelle autSerordentlich deutlicb. sobald der 
Einfallswinkel ungefabr 25" betrilgt. Als die Lichtquelle, deren in der Horn- 
bautvorderfliiche entstandenes Spiegelbild mit dem in der binteren Flache ent- 
stehenden Spiegelbilde der ophtiialmometriscben Nernstlampe kollimiert werden 
soil, diente ein kleines Gliiblampchen mit geradem, vertikal gericbtetem Faden. 
Die Winkel wurden mit einem tbeodolitbahnlicben, oberballi dem Kopfe des 
zu untersucbenden befestigten Instrumente abgelesen, dessen vertikale Acbse 
unten in eine Spitze auslief. Die genaue Orientierung des Hornhautscheitels 
in der Verlilngerung dieser Acbse wurde in den beiden Stellungen des um eine 
horizontale Acbse drebbaren Fernrohres durcb Einstellung dessellien auf diese 
Spitze und auf das Hornbautspiegelbild kontrolliert. 
Bei einer vertikalen Winkeldistanz der beiden Spaltmittelpunkte von 12" 
ist die Untersucbung leicht auszufiibren und das angewendete Horubautelement 
binreicbend klein, um das fiktive Spiegelbild der vertikalen Linie. deren End- 
punkte von den Spalten bestimmt sind. als eine Gerade betracbteu zu konnen. 
Ophtbalmometriscbe Nernstlampen und Fernrobr wurden in einer Winkeldistanz 
von je 25" von der Nullstellung des Theodolitbfernrobres angeln-acbt, und es 
wurde zuerst durcb Vorversuche diejenige Blickricbtung ermittelt, liei welcber 
der Einfallswinkel, nacbdem Lampe und Fernrobr Platz gewecbselt batten, 
approximativ unverandert blieb, eine Stellung, l)ei welcber die optische Acbse 
des Auges wenig von der Nullstellung des Tbeodolitbfernrobres abweicht. Den 
Berecbnungen wurden dann die Mittelwerte der an verscbiedenen Tagen in 
binden Stellungen wiederbolten Messungen zugrunde gelegt. Bei dieser Anord- 
nung wird das Spiegel! lild der binteren Flacbe im Scbnittpunkte derselben mit 
der Normale der Yorderfliicbe geseben, und die Berecbnung gestaltet sicb sehr 
einfacb. Da diese Normale lieiden Fliicben gemeinsam ist, so stellt sie die 
Zentrierungsacbse der Hornliaut dar, und da dieselbe mit der Nullstellung des 
Theodolitbfernrobres zusammenfallt, so ist das Messungsergebnis die Winkel- 
distanz (0 des Gliiblampchens von derselben, und der Einfallswinkel i ist gleich 
-^{25^ -\- (o). Der Strablengang ist derselbe wie in der Fig. 127, wo man nur 
die Pupille durcb die hintere Hornbautflache zu ersetzen hat. Zuniicbst wird 
der Brechungswinkel i' berechnet, wonach die Gleicbungen 
25 " — i — u' — i' sin u ' : sin i' = q : i p — d) 
den Winkel u', den der in der vorderen Flaclie gebrochene Strald mit der 
Zentrierungsacbse bildet und Aw Dicke d bei bekanntem Radius « der vorderen 
Flacbe ergelien. In zwei mit moglichster Sorgfalt untersucbten Augen ver- 
schiedener Individuen babe icb die Werte 0,46 und 0,51 erbalten. wodurcb die 
Eesultate von Blix auf das genaueste bestatigt werden. Nacbdem Blix das 
282 Die Dioptrik des Auges. [Gr. 
Spiegelbild der hinteren Hornhautflache gesehen hatte, konnte Tscheeninct^ 
dasselbe mit kleinen Gliihlampchen in Erscbeinung l)ringen. Er versuchte auch 
in einem Falle die Dicke der Hornbaut zu messen. Sein Resultat. 1,15 mm 
diirfte den Mangeln der weiter unten zu wiirdigenden Methode und der geringen 
spezifiscben Helligkeit dieser Licbtquelle zuzuschreiben sein. Nach den 
Messungeu am lebenden Auge kaun man also mit Blix den scbematischen 
"Wert der Dicke der Hornbaut iu der optiscben Zone auf rund 0.5 mm 
veranschlagen. 
Die Messungen an toten Augen baben sebr abweichende Resultate ergeben, 
indem fur den Scbeitel die Augaben zwiscben 0,4 und 1,0 schwanken-, ja sogar 
diesen Wert iibersteigen. Zum Teil mag dies auf einer postmortalen Quellung 
beruben. zum Teil aucb auf der Messungsmetbode. Icb habe in einigen Fallen 
die gesunde Hornbaut eines frisch enukleierten Auges in toto abgetragen und 
die diinnste Stelle mit der gewobnlicben zu Dickeumessungen verwendeten 
Mikrometerscbraube gemessen, deren Kontaktflacben auf einen Durcbmesser 
von '/, mm reduziert waren, und dabei Werte zwiscben 0,4 und 0,6 mm erbalten. 
Der Radius der hhtferen Fldche liiBt sich unter Anwendung der oben be- 
scbriebenen Yersucbsanordnung auf dieselbe Weise wie die Radien der Linsen- 
fiacben messen, wobingegen eine direkte Messung mit dem Opbtbalmometer nicbt 
gelingt. Mit dem mir zur Verfiigung stebenden HELiiHOLTZscben Instrumente 
kann icb uberbaupt die Spiegelbilder der binteren Hornbautfiacbe nicbt seben, 
indem dieselbeu durch die an den Kanten der Flatten unregelmaBig gebrocbenen 
Strahlen verdeckt werden. Die Spalte werden horizontal gestellt. und die 
Spiegelbilder von zwei Gliiblampcben mit geradem borizontalen Faden werden 
so eingestellt, da6 je ein Spiegelluld die Yerlangerung eines der in der hinteren 
Hornhautflilcbe entstandeuen , von den ophtbalmometriscben Xernstlampen ber- 
rtihrenden Spiegelbilder bildet. Das vom vertikalen Abstande der beiden Gliih- 
lampchen repriisentierte Objekt gibt dann in der vorderen Hornhautflache ein 
Spiegelbild. welches dem in der hinteren Flache entstandenen, dem vertikalen 
Abstand der beiden Spalte entsprechenden, gleich ist. Das Fixationszeicben 
wird wie bei der Messung der Dicke so gestellt, daB die Zentrierungsachse der 
Hornbaut mit der Nullstellung des Tbeodolitlifernrobres zusammenfallt, und es 
werden Beobacbtungsfernrohr und Nernstlampen in gleicher Wiukeldistanz auf- 
gestellt. Gemessen w^ird die GroBe und Entfernung der beiden Objekte sow^ie 
ihre Winkeldistanz von der Zentrierungsachse, welche fiir Nernst- bzw. Gliih- 
lampen mit bau bzw. i^, a^ u^ bezeichnet werden mogen. Da der Einfallswinkel 
bei der Spiegelung in der vorderen Hornhautflache u bzw. ^{u + ?<,j) ist, so er- 
hiilt man aus der Messung das Verhaltnis s der beiden Spiegelbilder |?^g durch 
die Beziehung 
(5„ a hg cos u 
fS % b cos ^ (m + Ug) ' 
welche sich aus der aUgemeingtiltigen Formel K = — fiir die zweite Abbildung 
ergibt, weuu die Abstande der Objekte vom Brennpunkte des Hornhautspiegels 
gerechnet werden. Die. beiden von dem Nernstlampenobjekte entstandenen 
• Optique physiologique. Paris 189S. 
'' Merkel im Handb. d. ges. Augenheilk. V. Graefe u. Samisch. I. Leipzig 1874. S. 44 — 45. 
Gr.] Ki'ummung der hinteren Hornhautflaclie. 283 
Spiegelbilder verhalten sicli aber umgekehrt wie die Brechkraft der betreffenden 
spiegelnden Systeme, indem bei der erreicbbaren (Tenauigkeit der Wert von L 
bei beiden Spiegelungen gleichgesetzt werden kann. Die Brechkraft der Horn- 
hautvorderflache in bezug auf die zweite Abbildung bei der Spiegelung ist, 
weun {(j den vertikalen Radius derselben darstellt, 
2cos?< 
wahrend das spiegelnde System, welches das in der hinteren Hornhautflache 
entstandene Spiegelbild lielert, die aus der Formel S. 246 hervorgehende 
Brechkraft 
hat. Hier ist D^ die Brechkraft der vorderen Hornhautflache in bezug auf die 
zweite Abbildung, Z>., die der hinteren in bezug auf die zweite Abbildung bei 
der Spiegelung. Wenn o.^ den vertikalen Radius der hinteren Hornhautflache, 
n den Brechungsindex der Hornhautsubstanz darstellt, ist somit 
^ wcosi' — C0S2 ^ 2»cosm' 
D^ = /}„ = 
Pi ' 9-2 
zu setzen, indem die Winkel auf dieselbe Weise bezeichnet werden wie oben 
Ijei der Ermittelung der Dicke. 
Wenn in der Fig. 127 P den Inzidenzpunkt in der hinteren Hornhautflache 
darstellt, so ist P' der erste Hauptpunkt des Systems in bezug auf die zweite 
Abbildung bei der Spiegelung, und ist rV, der reduzierte Abstand des erst- 
genannten Punktes vora Inzidenzpunkte in der vorderen Hornhautflache, wahrend 
H den Abstand des ersten Hauptpunktes von demselben darstellt. Aus der 
Formel S. 246 ergibt sich 
und da, wie aus der Fig. 127 ersichtlich, 
n fVj : II = sin u : sin u ' 
ist, so hat man 
1 V T sin u 
1 - ,\ IL = 
^ ' u sm u ' 
und ergibt sich, wenn « das Verhaltnis der beiden von deu Nernstlampen her- 
riihrenden Spiegelbilder angibt. 
2 cos « 2 sin u \n cos i ' — cos i sin u \ 
Oj ' n sin u' I Oj o,, tg ii! J 
Die resultierende Formel 
«, tg u [n cos % — cos i) w sin m' tg u 
"., sin u B sin ut^u ' 
in welcher « gleich dem durch die Messung bekannten Wert -^ ist, hat mir 
in den beiden oben erwahnten Fallen die Werte 1,1822 bzw. 1,1811 geliefert. 
Unter der Annahme, daB das Verhaltnis der horizontalen Radieu der vorderen 
und hinteren Fliiche dasselbe ist, wiirden diese Werte beim schematischen 
Radius 7,8 mm der Vorderflache einen Radius der hinteren von 6,6 mm angeben. 
284 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Ich habe diese Untersuchungen mit den Spiegelbildern der hinteren Flache 
auch bei Einfallswinkelo bis 40" vorgenommen. wobei die Beobachtung leicbter 
ist. Durcb einige Ubiing gelingt es aber bei dem angegebenen Winkel m = 25° 
hinreichend sicber zu beobachten. Die kleineren Winkel sind desbalb vorzu- 
zieben. weil die Asymnietrienwerte, welcbe die Uniibnbcbkeit von Objekt und 
Bild bedingeii, mit zunebmenden Einfallswiiikeln wacbsen, so da6 die Berecb- 
tigung der Anwenduug der Abbildungsgesetze erster Ordnung EinbuBe leidet, 
obwobl die Formel fiir jede beliebige GroBe des Einfallswinkels exakt ist. Nach 
binreicbender Adaptation iu dem nur durcb die opbtbalmometriscben Nerust- 
lampen beleucbteten Zimmer siebt man die Spiegelbilder augenblicklich, sobald 
das Fernrobrolijektiv fixiert wird, und man tut gut, jedesmal, wenn dieselben 
undeutlicb werden, den Blick in diese Stellung zu liringen und dann langsam 
zum Fixationszeicben wandern zu lassen. Die Kontrolle der ricbtigen Stellung 
der Glliblampcben wird am besten nacb momentaner Abbrecbung des Stromes 
im Ziiuduugsaugenblick bewerkstelligt. 
Bei der zeitraubenden Arbeit mit der Aufsucbung der Zentrierungsacbse, 
den Messungen und der Recbnung war es mir uicbt moglicb mebr als diese 
zwei Fiille voUstilndig zu untersucben. Die gute Ubereinstimmung der Ergeb- 
nisse iu beiden Fallen sowobl unter sich als, was die Dicke betrifft, mit den 
exakten Untersucbungen von Blix, und was den Eadius der hinteren Flacbe 
betrifft, mit der letzten Angabe, 6.5 mm. von Tschernixg ', diirfte auch fiir die 
Hinlanglichkeit derselbeu sprechen. Bei dem Widerspruche, welcber zwiscben 
einer zu kleinen scbematiscben Hornbautrefraktion und den Ergebnissen ana- 
tomiscber Untersucbungen iiber die Lange des Bulbus besteht, und welcber 
weiter unten des naberen berticksicbtigt werden soil, waren aber weitere Unter- 
sucbungen wiinscbenswert und babe icb desbalb nocb vier Augen verscbiedener 
Individuen nach einer approximativen Methode untersucbt, indem icb eine den 
Winkel von 6° mit der Visierlinie bildende Linie als Zentrierungsachse an- 
genommen und in der Recbnung die Wiukelwerte eingesetzt babe, welcbe sich 
bei der 0,46 mm dicken Hornbaut herausgestellt batten. Da eine Diskussion 
der I'ormeln lebrt, daB einem gegebenen Werte von s um so bobere Werte 
von ^-5- entsprechen. je dicker die Hornbaut ist, so kanu der nacb dieser appro- 
('2 
ximativen Methode erhaltene Wert des hinteren Hornbautradius nicbt zu klein 
sein. Icb erhielt auf diese Weise fur ^^ die Werte 1,1864, 1,1734, 1,1486, 
1,1427, welcbe beim scbematiscben Radius 7,8 mm der VorderHiicbe fiir den 
Radius der hinteren Flacbe Werte zwiscben 6,57 und 6,83 mm geben. Der 
opbthalmometrische Mittelwert des hinteren Radius der optischen 
Zone der Hornbaut diirfte somit nicht groBer als 6.7 mm sein konnen, welchen 
Wert icb auch aunebme. 
Die opbtbalmometriscben Mittelwerte der Kriimmungsradien der optischen 
Zone konnen aber nicht ohue weiteres zur Berechnung des Strahlenganges in 
bezug auf die Abbildungsgesetze erster Ordnung angewendet werden. Bei 
dieser Berechnung handelt es sich um die Kriimmungsradien in den Schnitt- 
punkten mit der Visierlinie, welcbe temporalwiirts vom opbtbalmometriscben 
Achsenpunkte liegen. Der Radius der Vordertiilcbe muB in diesem Punkte 
Laqbanoe et Vai.ude, Encyclopedic francnise d'ophthalmoh/jie. III. S. 109. Paris 1904. 
6.] Konstanten des Hovnhautsystems. 285 
etwas kleiner sein als der ophthalmometrische Mittelwert t'iir die ganze Zone — 
um so mehr, da dieser Wert durch Messungen bestimmt worden ist, bei welchen 
der eine zur Spiegelung angewendete Hornhautpunkt schon an der Grenze der 
optischen Zone liegt, und deshalb wahrscheinlich etwas zu gro6 ausgefallen ist. 
Auf der anderen Seite kann das Verhaltnis ^-^ wegen der im Vertikalschnitte 
starkeren Abflacbung der vorderen Flacbe bier etwas groBer sein als ini Hori- 
zontalscbnitte, und muB auBerdem groBer ausfallen, wenn die Messung nicht 
exakt in der Zentrierungsachse gescbah. Es muB desbalb t'iir die Berecbnung 
des Strahlenganges ein etwas kleinerer Radius der vorderen, ein etwas groBerer 
Radius der hinteren Flacbe angewendet warden als die scbematiscben Werte 
der oj)tiscben Zone angeben. Da der Unterscbied im Scbnittpunkte der Visier- 
linie und im Scheitelpunkte der optischen Zone nicht berechnet werden kann, 
so bleibt nichts anderes iibrig als bei der Berecbnung des Strahlenganges die 
Kriimmungen in diesen beiden Punkten zu identifizieren. Aus den angefiihrten 
Griinden nehme ich fiir die bei dieser Berecbnung anzuwendenden schema- 
tischen Werte der Kriimmungsradien der Hornhaut im Scheitel- 
punkte der optischen Zone 7,7 bzw. 6,8 mm an. 
Zur Kenntnis des Hornhautsystems braucht man den Brechungsindex 
des Kammerwassers. Der von Helmholtz S. 87 angegebene Wert ist 
bisher ziemlich allgemein acceptiert, und die zabheichen refraktometrischen 
Untersuchungen , deren Resultate nunmebr vorliegen (zusammengestellt bei 
Fkeytag^), zeigen kaum groBere Abweichungen von demselben, als die Werte 
betreffs des destillierten Wassers variieren. Obwohl nun die spiiteren Unter- 
suchungen eher uiedrigere W' erte zu geben scheinen, diii-fte doch vorliiufig kein 
hiureichender Gruud vorliegen, um den scbematiscben Wert von Helmholtz auf 
andere Weise zu ilndern. als daB bei der Unzuverlassigkeit der vierten Dezimale, 
diese weggelassen wird. Auch der Index des Glaskorpers, welcher neuerdings 
um ein paar Einheiten der vierten Dezimale niedriger als der des Kammer- 
wassers gefunden wurde, kann immer noch mit hiureichender Genauigkeit als 
mit diesem iibereinstimmend angesehen werden. Fiir beide Indizes nehme ich 
also den scbematiscben Wert 1,336 an. 
Die Konstanten des Hornhautsystems. Wenn Radien und Dicke, in 
Meter gemessen, rait Oj «, d, Bi-ecbungsindizes von Hornhaut bzw^ Kammerwasser 
mit Wj Wj bezeichnet werden, so ergeben die allgemeingiiltigen Formeln fiir die 
Zusammensetzuug zweier Systeme 
r>u = ^i + ^h -^J\^^2 
11 -1^ 
in welchen 
D "• - ' 
D^ 
«2 - »», 
"l 
zu setzen ist: 
C2 
Brechkraft D 
. = 43.053 : 
Ort des ersten Hauptpuuktes 10U0//,_ ... =— 0,0496 mm 
Ort des zweiten Hauptpuuktes 100()(rf + «, 7/,/) =— 0,0506 ram, 
' 6. Frettao, Vergleichende Untersuchungen iibei- die Brecliungsindizes der Liuse und 
der tliissigen Augenmedien des Menschen und hoherer Tiere in verschiedeuen Lebensalteru. 
Wiesbaden 1907. 
y 
286 Die Dioptrik des Auges. [G. * 
wobei der Scheitelpunkt der vorderen Hornhautflliche als den Ort Null habend 
angesehen ^Yil•d. Die Brennweiten betragen 23,227 bzw. 31,031 mm. » 
2. Die Linse. 
Den Ort der Linsenfldchen bestimmt man heute noch — weun man 
nicbt liber ein'BLixscbes Ophthalmometer verfiigt — am besteu nach den von 
Helmholtz angegebeiien Methoden. Man kann dabei Lichtquellen uud Fixations- 
marke an einer geraden Skale verschieblich anbringen (Helmholtz^) oder man 
befestigt dieselben an einem Gradbogen (Tscherning-) oder aber man wendet 
die oben bei der Untersuchuug der hinteren Hornhauttiache angegebene Winkel- 
ablesung an. Letztere Anordnung hat den Vorzug, daB die ophthalmometrischen 
Nernstlampin, deren Aubringung als verschieblich an Skala oder Gradbogen 
auf Schwierigkeiten stoBt, dabei zur Verwendung kommen konneu. (Tschee>;ing 
hat seiner betreffenden Anordnung den Namen ,,Ophthalmophakometer" gegeben.) 
Zur Messung der Tiefe der vorderen Kammer wurde von Donders^ ein 
sogenanntes Koruealmikroskop ange wendet, mit welchem znerst auf die eventuell 
durch Kalomel sichtbar gemachte vordere Hornhautflache, dann auf den Pupillen- 
rand eingestellt wird, wonach durch die Verschiebung der scheinbare Ort der 
Pupille gegeben ist. Zuverlassigere Resultate diirfte die unter Helmholtz' 
Leitung ausgearbeitete Methode von jMandelstam und Scholer* geben, 
welche von Reich® augewendet wurde. Zwischen Mikroskop und Hornhaut be- 
tindet sich eine unbelegte spiegelnde Glasplatte, durch welche Licht in der 
Richtung der Achse des Mikroskops in das Auge geworfen wird. Das von der 
Lichtquelle herriihrende Spiegelbild in der vorderen Hornhautflache wird durch 
optische Mittel verschoben, bis es gleichzeitig mit dem Pupillenrande scharf 
eingestellt werden kann. Der berechnete Ort des Sijiegelbildes ist dann der 
scheinbare Ort der Pupille. Bei diesen Methoden wird wie bei der Helmholtz- 
schen der Abstand des Irisrandes von der vorderen Hornhautflache ge- 
messen. 
Die oben beschriebene Methode von Blex, welche sicb den letztgenannten 
gewissermaBen anschlieBt, diirfte die bisher sicherste sein, und ergibt den Ab- 
stand der vorderen Linsenfliiche. Diesen Abstand erhiilt man auch mit der von 
Heljiholtz benutzten Methode zur Messung des Abstandes der hinteren Linsen- 
flache, welche iiberhaupt den scheinbaren Ort einer spiegelnden Flache ergibt. 
Es ist aber zu beachten, daB, wiihrend diese Methode wegen der geringen Dicke 
der Hornhaut bei der Messung dieser Dicke vollkommen exakte Resultate gibt, 
dasselbe nicht bei der Bestimmung des Ortes der Linsenflachen der Fall ist, 
da der Abstand der Punkte, in welchen das Licht beim Einfallen bzw. beim 
Austritte die Hornhaut triift, zu groB ist, um das zwischenliegende Stiick als 
spharisch ansehen zu konnen. Bei diesen Messungen diirfte es also notwendig 
sein, unter Zugrundelegung der in diesen Punkten und im Schnittpunkte der 
' Dieses Handbucb. 2. Aufl. S. lOi!. 
- a. a. 0. 
^ Instrument pour mesurer la profondeur de la ckambre anterieure et la eourbure de la 
comic. Congren de Londres. Compte rendu. 1872. S. 209. 
■• L. Mandei.stam und H. Scholek, Eine neue Metiiode zui- Bestimmung der optiseheu 
Konstanten des Auges. Arch. f. Oplith. XVIII, 1. 1872. S. 155. 
' M. Eeioh, Kesultate einiger ophthalmometrischer und mikrooptometrischer Messungen. 
Ebenda. XX, 1. 1874. S. 207. 
G.] Ort der Linsenflachen. 287 
Hornhaut mit der bei der Messung angewendeten Achse gemessenen Radien 
eine Schmiegungsellipse zu berechnen und bei der trigonometrischen Er- 
mittelung des Ortes der betreffenden Fliicbe anzuwenden. Dagegen sind die 
Fehler, welche dadurch entstehen. da6 von der Brechung in der hinteren Horn- 
hautfliiche abgesehen wird, von ganz untergeordneter Bedeutung. Nach Tschkr- 
NiNG wird die Achse bei diesen Messungen derart bestimmt, daB die in der 
Hornhaut und in der betrefi'enden Linsenflache entstandenen Spiegelbilder zweier, 
in einer die Fernrohrachse enthaltenden Ebene belegener Lichtquellen scheinbar 
in einer geraden Linie liegeu sollen. Bei der Berechnung wird die Hornhaut 
als spharisch angesehen, und die von Helmholtz angegebene VorsichtsmaBregel, 
welche in der Erneuerung der Untersuchung nach Wechsel der Einfallsrichtung 
ohne Veriinderung der Winkel besteht, scheint nicht beobachtet zu werden. 
Von dieser Methode diirfte deshalb gesagt werden niiissen, daB sie zwar eine 
wesentliche Vereinfachung der Untersuchung darbietet, daB aber die Zuverliissig- 
keit der Resultate darunter leidet. 
Zur Untersuchung der Tiefe der vorderen Kammer gibt es noch zwei, 
hauptsachlich fiir den klinischen Gebrauch bestinimte Methoden, iiiimlich die 
von Hegg^ mit einem stereoskopischen Instrumente und wandernder Marke 
und die von Geonholm - mit dem Orthoskope von Czermak, von welchen letztere 
nur der Ermittelung approximativer Werte dient. 
Die durch die ursprilngliche Helmholtz sche Methode erhaltenen Werte 
des Abstandes der Pupillarebene von dem Hornhautscheitel sind 
Helmholtz^ 4,024 
Knapp* 3,692 
Adamuk und WoiNOW= . 3,998 
wahrend v. Reuss*' durchweg kleinere Zahlen gefunden hat. welche offenbar 
nicht mit den obenstehendeu zusammen verwertet werden konuen. Diese geben 
den Mittelwert 3,598. Die Methode von Mandelst^um und Scholek hat in 
zwei Fallen die Werte 3,921 bzw. 3,651 gegeben, wahrend Reich fiir drei 
Personen 3,639, 3,708. 3,652 fand, so daB die Methode den Mittelwert 3,714 mm 
ergeben hat. Die von Bllx; untersuchten emmetropischen Augen zeigten einen 
Mittelwert von 3,5 1 5, wobei aber zu beachten ist, daB von den fUnf Augen nur 
eines im Hornhautscheitel gemessen wurde, die iibrigen dagegen im Schnittpunkte 
der Hornhaut mit der Visierlinie, so daB der wahre Mittelwert etwas groBer 
sein muB, und sich wahrscheinlich dem mit der Helmholtz schen Methode ge- 
fundenen niihert. 
3.597 
3.739 
3,707 
3,477 3,579 
3,237 
2,900 3,633, 
' E. Heqq, Eine ueue Methode zur Messung der Tiefe der vorderen Augeukammer. 
Arch. f. Augenheilliunde. XLIV. Erg.-Heft 1901. S. 84. 
- V. Gronholm, Eine einfache Methode die Tiefe der vorderen Augenkamraer zu inesseu. 
Skand. Arch. f. Physiologic. XIV. 1903. S. 23.5. 
' S. 18 fl^'. 
* J. H. Knapp, Uber die Lage und Kriimmung der Oberflacheu der uienschlichen 
Kristallinse und den EintiuB ihrer Veriinderungen bei der Akkommodatiou anf die Dioptrik 
des Auges. Arch. f. Ophth. VI, 2. 1860. S. 1. 
* E. ADAMiiK und M. Woinow, Zur Prage Uber die Akkomraodation der Presbyopen. 
Ebenda. XVI, 1. 1870. S. 14 1. 
* A. v. Reuss, Untersuchuugeu iiber die optischen Koustanteu ametropischer Augen. 
Ebenda. XXIII, 4. 1877. S. 183. 
288 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen leiten zu der Annahme des sche- 
matischen Wertes 3,6 mm fiir den Abstand der vorderen Liusenflache 
von der Hornhautvorderflache. Derselbe wiirde von Helmholtz^ seinem 
scbematischen Auge zugrunde gelegt und ist ziemlicb allgemein acceptiert worden. 
Die von Stadfeldt- und Awekbacu^ mit der approximativen TscHERKiNGschen 
Methode gefundenen Mittelwerte sind 3,81 (10 Augen) bzw. bei Emmetropie 3,4 
(15 Augen), bei Hypermetropie 3,5 (28 Augen), bei Myopie 3,0 (43 Augen). 
Die Bestimmung des Ortes der hinteren Linsenflache ergibt die Dicke 
der Linse. Die Eesultate der unter Helmholtz" Leitung ausgefubrten Unter- 
suchungen sind: 
Helmholtz* 3,414 3.801 3,555 
Knapp 3,920 3,848 3.77U 3,622 
ADAMt-K und WoiNow . 3.202 3.963 3.944 3,567 
und ergeben den Mittelwert 3,692 mm. Die Werte von Mandelstaji und 
ScHOLEE ergeben zusammen mit denen von Reich den Mittelwert 3,787 mm, 
Stadfeldt fand im Mittel 3.63. Awerbach 3.89. 3,94, 3,88 mm bei bzw. 
Emmetropie, Hypermetropie, Myopie. 
Helmholtz nahm fiir sein schematisches Auge den Wert 3,6 mm an. Aus 
den obenstehenden Zahleu ergibt sich iiun. daB wenn die Untersuchungsmetboden 
voUkommen exakt waren, das Erbohen dieses Wertes um 0,1 bis 0,2 mm be- 
rec.btigt ware. Zieht man aber die Fehlerquellen in Betracbt, welche von der 
asymmetriscben Abflacbung der Hornbaut, der unbekannten Form der vorderen 
Linsenflache und dem Anwenden eines Totalindex der Linse herriihren, so 
diirfte es keinem Zweifel unterliegen, daB dieser Betrag innerhalb der Grenzeu 
der Fehlerquellen liegt. Da nun die Linse wahrend des ganzen Lebens wachst, 
wobei die an der toten Linse gemessene Dicke nach den bisherigen Unter- 
suchungen zu urteilen zunimmt, jedenfaUs aber nicht abnimmt, da der Unter- 
schied der Dicke der im Auge befindlichen nicht akkonimodierenden Linse von 
der toten Linse mit dem Alter abnimmt und da endlich der schematische Wert 
wegen der groBe individuelle Unterschiede darbietenden, schon bald nach dem 
jugendlichen Alter wahrnehmbaren Veranderungen der Linsensubstanz, einem 
jugendlichen Auge entsprechen soil, so muB derselbe etwas niedriger als der 
Mittelwert gewahlt werden, und ich komme zu dem SchluB, daB in dem vor- 
liegenden Untersuchungsmateriale binreichende Griinde nicht enthalten sind, 
um den von Helmholtz angenommenen scbematischen Wert der Dicke 
der nicht akkommodierenden Linse, 3,6 mm. zu iindern. 
Kriimmiaig der Litisenfldchen. Dasselbe gilt auch von den Krtimmungs- 
radien der beiden Linsenflachen. Die Unterschiede der betreii'euden Mittelwerte 
von den von Helmholtz angenommenen scbematischen Werten fallen innerhalb 
der Grenze der durch die Methoden bedingten Fehlerquellen. Es diirfte deshalb 
ubertliissig sein, die Zahlen bier anzufiihren, es genugt zu erwiihnen, daB auch 
' Dieses Handbueh 2. Aufl. 
' A. Stadfeldt, Den menueskelige linses optiske konstauter. Kopenhagen 1898. 
^ M. AwEBBACH, Zur Diopti-ik dei- Augen bei versehiedenen Ilefraktioueu. (Russisch.) 
Inaug.-Diss. Moskau 1900. Ref. im Jabresber. ii. d. Leist. u. Fortschi-. i. G. d. Opbtbalmologie. 
XXXI. S. 6.-,2. 
* S. 91. 
\ 
G.] Kriimmung der Linaenflachen. 289 
die nach Tschernings Methode ausgeflihrten Untersuchungen ahnliche Resultate 
gegeben liaben, indem Stadfeldt die Mittelwerte 10,9 und 6,0 mm, Aweebach 
10,4 und 6.1 mm angibt. Die schematischen Werte der Kriimmuugsradien 
der Linsentiiichen 10 bzw. 6 mm, welche von Helmholtz angewendet wurden, 
diirften demnach immer noch die besten sein. 
Zur Messung der Kriimmung der Linseuiiacben wurde bei den iilteren Unter- 
suchungen teils die ui-spriingliche Methode von Helmholtz angewendet, teils 
wurden auch die unter Anwendung von Sonnenlicht^ oder r)EUMMONDschem 
Kalklicht^ erhaltenen Spiegelbilder direkt mit dem Ophthalmometer von Helm- 
holtz gemessen. Zur letzteren Methode eignen sich vorziiglich die ophthalmo- 
metrischen Nernstlampen. Fiir eine genaue Berechnung des Radius aus dem 
Messungsresultate hat man die oben bei der Ermittelung der Kriimmung der 
hinteren Flache der Hornhaut angegebene Methode zu befolgen. Einen approxi- 
mativeu Wert erh;ilt man unter Anwendung der von Helmholtz^ angegebenen 
Formel. welche fiir unendlich kleine Inzidenzwinkel giiltig ist. Die Unter- 
suchungen, die ich auf erstgenannte Weise ausgefiihrt habe, geben ebensowenig 
wie die Untersuchungen anderer AnlaB zu einer Anderuug der schematischen 
Werte der Abstande oder Kriimmungen der Linsenfliichen. 
Eigentiimlich sind die im Laboratorium von Tscheening angestellten 
Messungen von Saunte.* In einer ziemlich komplizierten Versuchsanordnung kam 
diffuses, durch eine elektrische Bogenlampe erhaltenes Licht zur Verwendung. Da 
einfallendc'^ Licht und Ophthalmometerachse auf dieselbe Weise, wie oben bei der 
Messung der hinteren Horuhauttiache beschrieben wurde, einen Winkel mit- 
einander bildeten, nannte er seine Methode eine .,dezentrierte Ophthalmometrie". 
Trotz der schiefen Inzidenz sind aber bei der Eechnung Formeln angewendet 
wordeu, welche nur fiir senki'echte Inzidenz gelten, so da6 die Resultate nicht 
verwertbar sind. 
Die von Stahfeldt und Aweebach benutzte Tscheening sche Methode 
besteht in der Ermittelung der scheinbaren Lage der Kriimmungsmittelpuukte 
auf eine zur Ermittelung des Ortes der Flachen analoge Weise. LiiBt man 
namlich, nachdem eine Zentrierungsachse bestimmt worden ist, das Licht in der 
Richtung der Ophthalmometerachse in das Auge fallen, wiihrend die Zentrierungs- 
achse einen endlichen Winkel mit derselben bildet, so kann man nach Be- 
stimmung des Einfallswiukels den Ort des Kriimmungsmittelpunktes durch 
trigonometrische Rechnung iinden. Da aber ziemlich groBe Winkel uiJtig sind, 
und die Flachen bei der Rechnung als sphiirisch angesehen werden, so konnen 
auf diese Weise nur approximative Werte erhalten werden, deren Fehler sich 
der Berechnung entziehen. Tscheening hat selbst darauf aufmerksam gemacht, 
da6 die Messungsresultate an Zuverliissigkeit zu wiinschen iibrig lassen. indem 
er die aus der geringen spezifischen Helligkeit der angewendeten Lichtquellen 
resultierende Unsicherheit hervorgehoben hat. Es durften deshalb die Unter- 
schiede der Werte von Stadfeldt und Aweebach von den schematischen 
Werten mit Sicherheit iunerhalb der Grenzen der moglichen Fehlerquellen 
fallen. 
' B. Rosow, Zuv Ojilithalmometrie. A. d. pliysiol. Labor, des Hen-n I'rof. Helmholtz, 
Anrli. f. Ophth. XI, 2. S. 129. 
" v. Recss, a. a. 0. 
' Dieses Handbuch, 2. AuH. S. 144. 
* 0. H. Saunte, Linsemaaliuger (Liusenmessungenj. Odense I'JOJ. 
V. Hbmiholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 19 
290 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Die Form der Linsenflachen ist von Besio^ im lebenden Auge mit der 
TsCHEENiNGSchen Methode niiher untersucht -worden. Er land dabei eine so 
auffallende Abflachung nach der Peripherie, daB dieselbe mit Sicherbeit weit 
auBerhalb der Grenze der moglicben Fehler liegt. Dagegen durften wegen der 
approximativen Berechnungsmethode die Ergebnisse in quantitativer Hinsicbt 
nicht dieselbe Sicherbeit beanspruchen konnen. Er land die Form der 
Schmiegungsflache zweiten Grades fiir die vordere Linsenfliiche hyperbolisch, fiir 
die bintere paraboliscb. Die Abflachung nach der Peripherie wurde durch 
Untersuchungen an der toten Linse unter Beobachtung notiger VorsichtsmaBregeln 
und unter Anwendung exakter Berechnungsmethode von DalSn- konstatiert, 
wabrend Holth^ betrefls der vorderen Linsenfliiche zu entgegengesetztem 
Resultate gekommen war. 
Bel der Untersuchung der in der vorderen Linsenfliiche entstehenden 
Spiegelbilder kann man manchmal beobachten, daB bei kleinen Bewegungen des 
untersuchten Auges die Spiegelbilder kleine Bewegungen mit auffallend groBer 
Geschwindigkeit ausfuhren, wie wenn Dellen oder Furcheu vorhanden wilren. 
Da aber das gespiegelte Licht, wie aus der diflusen Form der Spiegelbilder 
hervorgeht. nicht ausscblieBlich von der vorderen Linsenfliiche herriihrt, sonderu 
zum Teil auch von den derselben am niichsten liegenden Schichten reflektiei't 
wird, so kann hieraus betretfend die Form der FlUche kein SchluB gezogen 
werden. 
Die Linsensubstanx, stellt, wie die reiraktometrischen Untersuchungen 
lehren. ein Medium mit variablem Brechungsindex dar. Die physiologischen 
Untersuchungen lehren, daB die Variation im kindlichen Alter bis zum Anfaug 
des jugendlichen eine kontinuierliche ist. Gegen Ende der zweiten Lebens- 
dekade, oder meisteus etwas spiiter, beginnen aber Lichtreflexe aufzutreten, 
welche eine Diskontinuitilt in der Variation des Brechungsindex beweisen. Es 
sind dies die beim Menschen zuerst von Hess* beschriebenen „Kernbildchen", 
welche sich bei Bewegungen der Licht(iuelle so verhalten, als oh sie in einer 
kontinuierlicben Fliiche entstilnden. DemgemiiB ist es. um die Dioptrik der 
Linse untersuchen zu konnen. erforderlich, die Gesetze der optischen Abbildung 
nicht nur in Medien mit kontinuierlich variablem Brechungsindex, sondern auch 
bei solchen Diskontinuitaten der Indexvariation zu kenneu, welche als Trennungs- 
flilchen zwischen zwei verschiedenen Medien mit variablem Brechungsindex be- 
handelt werden konnen. Obwohl zwar unsere Kenntiiisse von den Diskontinuitats- 
flachen^ nicht ausreichend sind, um die betreffenden Gesetze auf dieselben 
anzuwenden, sind diese doch bei der durch die Linsenfliichen bewirkten Abbildung 
unumgiluglich notig, indem diese Abbildung beim schiefen Durchgange des 
Lichts nicht durch die gewohnlichen Formeln bestimmt wird. Das Problem 
' E. Besio, La forme du cristallin humain, Journal de physiologie et de pathologie generale. 
III. 1901. S. 547, 761, 783. 
- Albin Dales, Ophthalmometrische Messungen an der toten menschlichen Kristallinse. 
Mitt. a. d. Augenklinik d. Carol. Med. Chir. Inst. z. Stockholm. 1905. 
' S. HoLTH, Etudes oplitlial»iometn'(jucs siir I'oeil humain apres la mart. IX. Congr. 
intern, d'ophth. d' Utrecht. Compie rendu. 1899. S. 386. 
* C. Hess, Uber Linsenbildcheu, die durch Spiegelung am Kerne der normalen Linse 
entstehen. Arch. f. Augeuheilk. LI. 1905. S. 375. 
* Der Begriif der Diskontinnitat bezieht sich ausschlieBlich auf die mathematische 
Funktion der Indexvariation, nicht aber auf die Ausfiillung des Raumes durch Linseu- 
substanz. 
G.] Abbildung in heterogenen Medien. 291 
ist von L. Hermann ^ und L. Matthiessen ^ in Angi'itf genommen worden, indem 
die Differentialgleichiingen der Strahlenvereinigung aus den fiir homogene Medien 
geltenden Formeln durch eiuen Limesiibergang gewonnen wurden. Diese 
Methode ist aber nur dann zuverlassig, wenn ein solcher Limesiibergang nicht 
bei der Entwicklung der angewendeten Formeln stattgefunden bat, und in 
Ubereinstimmung biermit sind die auf diese Weise erbaltenen Diti'erential- 
gleicbungen der Strablenvereinigung in einem Meridianscbnitte und der Aberration 
t'alscb. Da die Untersuchuugen sicb iiberdies nicbt auf die VergroBerungs- 
koeffizienten erstreckten, so war von den notigen Gesetzen nur die zuerst von 
LiPPiCH ^ gegebene Diiferentialgleicbung der Strahlenvereinigung langs der Acbse 
eines Umdrebungssystems und die von Hermann fiir konzentrisch geschichtete, 
von Matthiessen fiir Umdrehungssysteme deduzierte Differentialgleicbung der 
Strablenvereinigung im Aquatorealschnitte bekannt, wozu nocb kommt, da6 ein 
von Matthiessen* gefundenes approximatives Gesetz der Indexzunahme in 
derselben ^^'eise zur Integration vervvendet worden war, als ob es mathe- 
matiscb exakt wiire, und daB hierdurcb wiederum falscbe Resultate gewonnen 
worden waren. 
Bei der Ermittelung der beziiglichen Gesetze^ ergibt sicb nun, daB die 
allgemeine Fundamentalgleicbung der optiscben Abbildung und die aus der- 
selben deduzierten aligemeinen Grundgesetze (S. 233) in beliebigen optiscben 
Systenien aucb dann giiltig sind, wenn in denselben Medien mit kontinuierlich 
variablem Brecbungsindex vorbanden sind. Die betreffenden Differential- 
gleicbuugen nebmen fiir den Fall einer Symmetrieebene eine einfacbere Gestalt 
an. welcbe somit fiir die Meridianebene eines Umdrebungssystems zur An- 
wendung kommen. Durcb Integration ergeben sicb fiir diesen Fall die bei 
bomogenen Medien geltenden Gleichungen 
x^B = A + xD xKB=A, 
wo die Brecbkraft durcb ein der Sumnienformel entsprecbendes definitives 
Integral erbalten wird. AuBer den vollstandigen Gesetzen erster Ordnung bat 
die Untersucbung die Formeln zur Berechnung der Aberration ergeben. Was 
den in den Linsentlacben statttindenden Ubergang des Licbts zwiscben zwei 
Medien betrifft, von welcben das eine einen variablen Brecbungsindex besitzt, 
so bat die Brecbkraft nur bei der zweiten, nicbt aber bei der ersten Abbildung 
denselben Wert wie zwiscben zwei bomogenen Medien, und die Formel zur 
Berecbnung der Aberration langs der Acbse ist aucb eine andere. 
Die Untersucbung der Strablenvereinigung im Auge unter Anwendung eines 
leucbtenden Punktes bat ergeben, daB die Wellenflilcbe des im Auge ge- 
brocbenen Strahlenbiindels zwar keine Umdrehungsfliicbe ist, aber als eine voll- 
stiindige Beriibrung vierter Ordnung mit einer solcben babend bebandelt werden 
kann. Die um den leucbtenden Punkt sicbtbaren Strablengebilde werden durch 
• L. Hermann, Ubei- Brechung bei schiefer Inzidenz mit besonderer Berucksichtigung 
des Auges. Arch. f. d. ges. Pliysiol. XXVII. 1882. S. 291. 
- L. Matthiessen, Uber den schiefen Durchgang uuendlich diiiiner Stvahlenbiindel durch 
die Krystallinse des Auges. Ebeuda. XXXII. 188^. S. 97. 
^ In einem Referate in Zeitschr. f. Math. u. Phys. XXIII. 1878. Hist.-Lit. Abt. S. 63. 
■• GrundriB der Dioptrik geschichteter Linsensysteme. Leipzig 1877. 
" A. Gdllstrand, Die optisehe Abbildung in heterogenen Medien und die Dioptrik der 
Kristalliiise des Menschen. K. Sv. Vet. Akad. Handl. XLIII. 1908. Nr. 2. 
19* 
292 Die Dioptrik des Auges. [G-. 
eiue bestimmte Beschaffenheit der Wellenflache bedingt, welche durcli einea 
wellenformigeu Verlauf der Schnittlinie derselben mit einem koaxialen Zylinder 
gekennzeichnet ist. Da das Eutstehen dieser Form der Wellentiaclie beim 
Durchgaug des Licbts durcb die Linse bewiesen ist (S. 164), so miisseu mit 
matbematiscber Xotwendigkeit entweder die Linsentiacben oder die Isoindizial- 
flacben der Linsensubstauz eine solche Form baben. Letztere Flacben, welcbe 
durch Punkte mit einem und demselben Brecbungsindex gelegt werdeii, bilden 
somit ein System, welcbes eine vollstimdige Beiiibrung vierter Ordnung mit 
einem Umdrebungssystem bat, und es kann nur dieses Umdrebungssystem 
Gegenstand der Untersucbung sein. 
^^ enn die Linse als ein Medium mit kontinuierlicb variablem Brecbungs- 
index bebandelt wird, so ist dies nur betret^'s der jugendlicben Linse, welcbe 
keine Zeicben einer Diskontinuitat darbietet, vollkommen exakt, fur die reifere 
Linse dagegen jedenfalls so exakt, T\ie es die bisber vorliegenden pbysiidogiscben 
Daten erlaubeu. Die matbematiscben Mittel zur Bebandluug der Diojitrik der 
Diskontinuitatstlacben sind vorratig. 
Die Linsensubstanz stellt ein optiscbes System dar, welcbes bei der L'nter- 
sucbung der Dioptrik der Linse rait den durch die Linsenfiacben repriisen- 
tierten auf gewobulicbe Weise zusammengesetzt wird, und welches ich nacb 
dem Vorschlage Matthiessens als die Kernlinse bezeicbne. Diese ist somit 
als ein Umdrebungssystem mit kontinuierlicb variablem Brecbungsindex zu be- 
haudeln. und es erlibrigt nur, das Gesetz der Lidexvariation zu ermitteln, um 
die vollstiindige Dioptrik der Linse kennen zu lernen. Da die maximale ludex- 
diti'erenz ebenso wie Linsendicke und I'upillendurcbmesser im Yerhiiltnis zur 
Brennweite relativ klein sind, so kann dieses Gesetz in der Form einer Serie 
dargestellt werden, wofern nur durcb i-efraktometriscbe Untersuchungen die 
Konvergeuz der Serie bewiesen wird. Wenn man den Punkt, wo der Brecbungs- 
index den maximalen Wert erreicht, als Linsenzentrum bezeichnet und als 
NuUpunkt eines Koordinatensystems wilblt, dessen rc-Achse mit der Umdrehungs- 
acbse zusammenfallt und in der Eicbtung nach der Netzbaut zu positiv 
gerecbnet wird, so ist die allgemeine Form der Indizialgleichung unter 
Mitnabme von Gliedern bis einscblieBlich der vierten Orduung, wenn «,, den 
Brecbungsindex im Linsenzentrum, ,1/ denjenigen im Punkte xy bezeichnet: 
i«o - ," = y (wx- + nr) + Y '-^^■'^^ + 3.Va;v/2) + _ [p^^* + ^^ p^x'^ if -f /j„ f] 
indem die iibrigen Koeffizienten in einem Umdrebungssystem gleicb Null sind. 
Werden in dieser Serie nur die beiden ersten Glieder mitgenommen, so ist die 
Indizialgleichung vom zw'eiten Grade, und die Indizialkurve, welche entstebt, 
wenn langs einem Durcbmesser der Linse die Abstande vom Zentrum als 
Abszissen, die Brecbungsindizes als Ordinaten eingetragen werden, stellt eine 
Parabel dar. Matthiessen und seine Nachfolger haben nun durch eine Reibe 
von Untersuchungen an menscblicben und tierischen Linsen konstatiert, daB die 
Indizialkurve aunabernd eine parabolische Form bat, obwobl die Scbmiegungs- 
kurve zweiten Grades auch eine Ellipse mit groBer Exzentrizitat sein kann. 
Hierdurcb ist zur vollen Evidenz bewiesen, daB die Darstellung der Indizial- 
gleichung in der Form einer Serie gestattet ist, indem diese Serie stark kon- 
vergiert, sowie daB die Indizialgleichung zweiten Grades eine erste Anniiherung 
darstellt, deren Anwendung innerballi der Grenzen gestattet ist, wo dieselbe 
G.l Ermittelung der Indizialgleichung der Linse. 293 
nicht mit inathematischen oder physikalischen Tatsachen in Widerspruch kommt. 
Die mathematisclie Untersuchung lehrt aber, daB solche Widerspriiche vorhandeii 
sind. Matthiessen konnte keine einheitliche Indizialgleichung fiir die Kernlinse 
aufstellen, sondern muBte jeder Hiilfte derselben eine besondere Funktiou zu- 
erteileu, wobei die IsoindizialHilchen des einen Systems diejenigen des andei-en 
einfach schneiden, obwohl in der schematischen Figur einer Meridianebeue ' die 
Schnittpunkte willktirlich abgerundet sind. Dies kommt abei* einer durch das 
LiiisenzentruiH gehenden Diskontinuitatsflache gleich, welche den AnlaB zu 
eineni ReHese geben muBte, und deren Existenz auf Grund der absoluten Ab- 
wesenheit einer entsprechenden auatomischen Anordnung mit Sicherheit in 
Abrede gestellt werden kann. An der Hand der Ergebnisse der letzten 
refrakttimetrischen Untersuchungeu^ ware es zwar nuumehr moglich, fiir eine 
symmetrische akkommodierende Linse eine einheitliche Indizialgleichung zweiten 
Grades, fiir die asymmetriscbe eine solche dritten Grades aufzustellen. Da 
dies aber eine so hochgradige Verdickung der Linse bei der Akkommodation 
bedingen wiirde, daB sie bestimmt ausgeschlossen werden kann, so zeigt es sich 
ununigiinglich notwendig, bei der Untersuchung der Dioptrik der Kernlinse 
samtliche Glieder bis einschlieBlich der vierten Ordnung in der Indizialgleichung 
mitzunehmen. Eine andere Indizialgleichung zweiten Grades, welche durch 
Reiheuentwicklung des reziproken Wertes des Brecbungsindex erhalten wii-d, 
riihrt von Maxwell her, stellt aber wesentlich nichts anderes dar, als ein 
interessantes geometrisch optisches Problem ohne physiologische Eealitiit. Bei 
Nichtberiicksichtigung von Gliedern hoherer Ordnung als der zweiten filllt sie 
mit der Matthiessen schen zusammen. 
Die parabolische Indizialkurve Matthiessen s, welche auch in der spatesten 
Untersuchung auf diesem Gebiete, der von Monoyeh' angewendet wurde, ist 
ein typisches Analogon zu den Stukm schen Brennlinien des allgemeinen Strahlen- 
biindels, indem beide Approximationen durch Weglassen Glieder hoherer Ordnung 
als der zweiten entstanden und auBerhalb der Grenzen angewendet worden sind. 
wo diese Approximation zulassig ist. Der ungliickliche EinfluB, den die Brenn- 
linien in der geometrischen Optik ausgeiibt haben, findet in dem von Matthiessen 
gegebenen Gesetze des Totalindex ein voUkommenes Gegenstiick. Wie die 
mathematische Untersuchung lehrt, veriindert sich allgemein der Totalindex bei 
jeder Formveriinderung der Linse und kann somit gar nicht aus den Werten 
des Brecbungsindex im Linsenzeutrum und in der auBersten Kortikalschicht 
berechuet werden. Matthiessen s Gesetz, daB der Totalindex den Index des 
Liusenzentrums um ebensoviel iibersteigt, wie dieser den Index des iluBersten 
Cortex, ware zwar richtig, wenn die Indizialflachen mit mathematischer 
Genauigkeit einander geometrisch ahnliche Fliichen zweiten Grades darstellten, 
und wenn keine anderen FormverLinderungen der Linse vorkommen konnten, als 
daB diese Eigenschaft unverilndert beibehalten wiirde. DaB dieser singulare 
Fall bei der menschlichen Linse ausgeschlossen ist, geht aus dem oben Ge- 
sagten hervor. 
' a. a. 0. GniudriB usw. S. 198. 
- Freytag, a. a. 0. 
' MoNOYER, La theoric des systemes stratifies. Societe franQaine d'ophtlialmologie. 
Congri's de I'JUS. I'aris 1908. Die Methode ist eine Variaute derjeuigen vou .Matthiessen 
und er^ibt, wiu diese, keine einheitliche Indizialgleichung. 
294 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Die nachste Aufgabe ist somit. die sieben Konstanten der oben angegebenen 
IndizialgleichuDg zu bestimmen. Aus den refraktometrischen Untersiichungen 
konnen mit Hinsicht auf die Grenzen der durch die Methoden erzielbaren 
Genauigkeit nicht mehr als di-ei Gleichungen zu diesem Zwecke erbalten werden, 
indem der Index im Linsenzentrum, in den Linsenpolen und am Aquator als 
mit hinreichender Genauigkeit bekannt angesehen werden kann. Zwei weitere 
Gleichungen ergeben sich aus den Werten der Kriimmungsradien der Linsen- 
tiachen. indem mit groBter Wahrscbeinlichkeit angenommen werden muB. daB 
die anliegenden Isoindizialtlachen dieselben Kriimmungen haben. Zu nocb einer 
Gleicbung reichen unsere pbysiologiscben Kenntnisse aus, indem die Brechkraft 
der Kernlinse aus dem Eefraktii)nsverluste des Auges bei der Linsenentfernung 
berechnet werden kann. Da aber noch eine Gleichung iibrig bleibt, als welche 
das MATTHiEssENsche parabolische Gesetz angewendet werden kann, wenn die 
Giiltigkeit desselben auf die Linsenachse beschrankt wird, und da die Ergebnisse 
der Untersuchungen. aus welcben dasselbe erbalten wurde, die Annabme 
desselben iiberall dort berechtigt machen, wo es nicht mit den Tatsachen in 
Widerspruch kommt, so habe ich die erforderliche 7. Gleichung dadurch ge- 
wonnen, daB ich eine parabolische Indizialkurve langs der Achse angenommen 
habe. wobei die Konstante p^^ gleich Null wird. Dabei habe ich aber durch 
eine besondere Untersuchung gezeigt, daB eine Abweichung von diesem Gesetze 
langs der Achse. auch in einem Grade, welcher durch unsere sonstigen Kenntnisse 
ausgeschlossen ist, keinen wesentlichen EintluB ausiibt. Auf jeden Fall habe 
ich den Deduktionen eine solche Form gegeben, daB, wenn kiinftige Unter- 
suchungen einen von Null abweichenden \\'ert von p^ ergeben soUteu, die Kon- 
stanten der Indizialgleichung unmittelbai- durch Einsetzen dieses Wertes erbalten 
werden konnen. 
Die Lage des Linsenzentrums kann wegen der langsamen Variation des 
Brechungsindex in der Nahe desselben nur approximativ bestimmt werden. Hit 
Hinsicht darauf, daB die ausgiebigere Formveriinderung der vorderen Flache 
bei der Akkommodation, bei welcher die Linse sich der svmmetrischen Form 
nahert, eine erheblichere Dickenzuuahme des vor als des hinter dem Zentrum 
belegenen Teiles der Linse wahrscheinlich macht, und daB nach eingetreteoer 
Sklerosierung des Kernes dieser gewohnlich etwas naher der vorderen als der 
hinteren Flache gefunden wird, habe ich schiitzuugsweise dem Abstand des 
Linsenzentrums von der vorderen bzw. hinteren Linsenflache den ^\ ert 1,7 bzw. 
1,9 mm gegeben. Eine Yernachlassigung dieses Unterschiedes ware aber fiir 
die Dioptrik der Linse ohne wesentliche Bedeutung. 
"Was che Brechungsindizes betrifft, so kann den alteren, vor der Ein- 
fiihrung des Befraktometei's gemachten Untersuchungen kein Wert beigelegt 
werden. Die neueren, mit diesem Instrumente ausgeflihrten Untersuchungen 
haben Zahlen ergeben, welche sich ftir JiuBersten Cortex bzw. Linsenzentrum urn 
1,38 bis 1,39 bzw. um 1,40 bis 1,42 bewegen. Die ohne jedem Zweifel zu- 
verliiBlichsten Eesultate stamnien von Frettag', welcher eine groBe Zabl von 
Messungen unter sorgfiiltiger Beachtung notiger Kautelen ausgefiihrt hat. Ich 
lege deshalb seine Zahlen den schematischen Werten zugrunde. Aus seiner 
Tab. Ill ergeben sich fur menschliche Augen bei einem Alter bis 30 Jahre als 
Mittelwerte des Index der oberHiichlichsten Schicht. 
' a. a. 0. 
G.] Ermittelung der Brechkraft der Linse. 295 
Vorderer Pol Aquator Hinterer Pol 
1,387 1,375 1,385 
und die Tab. IX ergibt I'iii' dieselbe Kategorie von Augen den Mittelwert des 
Index im 
Linsenzentrum: 1,406. 
Der hierdurcb konstatierte Indeximterschied zwiscben den Poleu einerseits 
und deni Aquator auf der andern Seite ist von groBter Bedeutung fiir die 
Dioptrik der Linse, und es ist u. a. eben dieser Unterscbied, welcber es nun- 
mebr ermoglicht, sine MATTHiEssENSche Indizialgleicbung zweiten Grades ftir die 
akkommodierende Linse aufzustellen. Der gefundene Unterscbied zwischen 
den beiden Linsenpolen diirfte nicbt dieselbe Bedeutung beanspruchen konnen, 
da erstens ein solcher Unterscbied nicbt merkbar auf die dioptriscben Gleicbungen 
einwirkt, zweitens die Difl'erenz sebr klein ist, und drittens die post mortem 
eintretende Verti-ocknung des Auges einen Fliissigkeitswecbsel in demselben 
bewirkt, welcber das Eesultat in dieser Hinsicbt weniger sicber macbt. Icb 
nehme desbalb filr den Index der beiden Linsenpole den Mittelwert 1,386 als 
scbematischen Wert an. Was den Index am Aquator betrifft, so kann der- 
selbe erst dann in die Eecbnung eingetuhrt werden, wenn der Abstand der 
betreffenden Scbicht vom Linsenzentrum bekannt ist. Da hierllber keine 
Messungen angestellt worden zu sein scbeinen, verwende icb das Resultat 
derart, daB icb den scbematiscben Index 1,376 dem Punkte x = 0, «/ = ± 4,2 
zuerteile. wobei der obenstebende Mittelwert einem etwas peripberer liegenden 
schatzungsweise mit dem Aquator zusammenfallenden Punkte angebort. 
Die Brecbkraft der Kernlinse bzw. der Totalindex der Linse wiii'de 
sich aus den so bestimmten scbematiscben Werten ergeben, wenn das von 
Matthiessen aufgestellte Gesetz des Totalindex ricbtig ware. Da aber dies 
nicbt der Fall ist, so bleibt nur nocb iibrig, den betreffenden Wert durcb 
direkte Untersucbung zu ermitteln. Die Veriinderung des Totalindex bei jeder 
Formveranderung der Linse macbt wiederum die Ermittelung desselben sowobl 
an der toten Linse durcb direkte Messung nach dem Vorgang von Helmholtz 
(S. 88), wie an der lebenden nach dem Vorgang von Berlin^) durcb Vergleich 
der rubenden und der akkommodierenden Linse illusorisch. Auf der anderen 
Seite diirfte diese Veranderung zusammen mit den Feblerquellen, welche durcb 
postmortale Veranderungen der pbysikaliscben Brecbungsindizes bedingt werden, 
den auffallend groBen Unterscbied der von Helmholtz (S. 90) und Stadfeldt^) 
gefundenen Werte 1,4519, 1,4414 bzw. 1,4260 bis 1,4434 erklaren. da in der 
Art der Befestigung der Linse bei der Untersucbung ein variierender, auf den 
Wert des Totalindex einwirkender Faktor gegeben ist. Ob der Totalindex der 
akkommodationslosen Linse im lebenden Auge ilberbaupt an der toten Linse 
erbalten werden kann, scbeint sogar sebr zweifelhaft, da dabei silmtliche 
statiscben Verbaltnisse, insbesondere auch die Verteilung der Spannung der 
Zonula zmscben den einzelnen Gruppen von Zonulafasern exakt nacbgeabmt 
werden miissen. 
Es stebt bierdurcb fest, daB die Brecbkraft der Linse bzw. der Totalindex 
derselben nur am lebenden Auge ermittelt werden kann, wozu nur eine Metbode 
' E. Berlin, Uber eine Bestimmung des Totalindex der Liuse am lebenden Auge. Arch, 
f. Ophth. XLIII. 1897. S. 287. 
■" a. a. O. 
296 ^^^ Dioptrik des Auges. [G. 
librig bleibt, niimlicli die Berechnung aus dem Eefraktionsverluste des Auges 
bei der Linsenextraktiou. Diese Frage wurde im Gebiete der Ophtbalmologie 
aktuell, als in den beiden letzten Jahrzebnten die operative Bebandlung der 
Myopie durch Entfernen der Linse in Aufschwung kam. Es ergab sich hierbei 
durch den Vergleicb der Korrektion vor und nacb der (Operation, daB das sche- 
matiscbe Auge von Helmholtz den tatsilcblichen Verbaltnissen nicbt binreicbend 
eutspricbt, iudem der Totalindex der Linse zu groB. die Augenacbse zu kurz ist. 
Flir diese Berecbnung des Totalindex kann man nacb Bjeeke^ die Refrak- 
tion des Auges vor und nacb der Entfernung der Linse im scbeinbaren Orte 
des optiscben Zentrums der Linse bestimmen, wobei der Refraktionsverlust 
direkt der Brecbkraft der Linse proportional ist, und die Approximation, welcbe 
darin liegt, daB man ein optiscbes Zentrum an Stelle der Hauptpunkte der 
Linse setzt, bei der erzielbaren Genauigkeit der Berecbnung obne EinfluB ist. 
Zur Berecbnung eignet sicb am besten folgende Metbode. Die allgemeinen 
auf die Hauptpunkte der Hornbaut bezogeuen Abbildungsgleicbungeu 
B =- A + D KB = A 
ergeben, wenn d der reduzierte Abstand des optiscben Zentrums der Linse 
vom binteren Hauptpunkt des Hornbautsystems, x den VergroBerungskoeffizienten 
in demselben optiscben Zentrum und .r den scbeinbaren ( )rt desselben in bezug 
auf die vordere Hornhautflacbe darstellen, somit ABK durcb bzw. — -.. x 
x - i7, d 
ersetzt werden: 
x=\-SD, a; = ^ + F,. 
Unter Beacbtung der Tatsacbe, daB die Abstande des optiscben Zentrums 
der Linse von den beiden Linsentiacben sicb wie die Kriimmungsradien ver- 
halten, tindet man mit den angegebenen scbematiscben Werten 
, 0,05 + 3,6 + 2,25 
'- LMg— "^^^ 
X = 0,80987 X = 5,4 mm . 
Wird die Brecbkraft von Hornbaut-, Linsen- und Vollsystem mit bzw. 
Df^D^D^ bezeicbnet, so ergibt die allgemeine Formel flir die Zusammensetzung 
zweier Systeme 
D,^D, + xD,. 
Stellen bei der scbarfen Abbildung im VoUauge bzw. im linsenlosen Auge A B 
bzw. 4g -Bg die im scbeinbaren bzw. wirklicben ( )rte des optiscben Zentrums 
der Linse gemessenen reduzierten Konvergenzen der Strablenbiindel dar, so ist 
x-B = A + X D, x^'B^= Aa+ X Z),, 
und es resultiert, da die im linken Membrum stehenden Werte in beiden 
Gleichungen identiscb sind, 
Afy — A = x'- D^. 
Der Wert von yl„ ergibt sich aus der binreicbend bestiitigten Erfabrung, 
daB die Mebrzahl der Staroperierten eine Brille von 10 bis 1 1 Dioptrien 
' K. Bjerke, tjber die Veriinderung der Refraktion und Sehschiirfe nach Entfernung 
der Linse. II. Arch. f. Oplitli. LV. 2. 1903. S. 191. 
G.] Die Brechkraft der Linse. 297 
braucbt. um scbarf in die Feme zu seben. Bei den bisber nicbt recbt ge- 
lungenen Bemiibungen, diese Tatsacbe mit den bekannten Yorscbliigen zu einem 
scbematiscben Auge in Einklang zu bringen. bat man einen erbobten optiscben 
Eilekt der Korrektionsglaser fiir die Eecbnung gewonnen, indem man einen 
groBen Abstand des Glases vom Hornbautscbeitel angenommen bat. So verlegt 
Tkectler^ den binteren Pol des Korrektiunsglases in den Abstand von 13 mm 
vom Hornbautscbeitel und berechnet den Abstand des binteren Hauptpunktes 
desselben von der Glastlacbe zu 1 ,5 mm. Unter Zugrundelegung des mittleren 
Wertes der Korrektion findet er auf diese Weise den Mittelwert 80,735 mm 
fiir den Abstand des virtuellen Fernpunktes des linsenlosen Auges vom Horn- 
bautscbeitel. was einem "Werte A^ = 13.27 D. entsprechen wiirde. 
Hierzu ist nur zu bemerken, da6 dieser Wert sicber etwas zu bocb ist, da 
bei einer genauen Bestimmung der Kefraktion der Abstand des Glases vom Auge 
so klein wie moglicb gemacbt wird. und da wobl nunmebr in den meisten 
Kliniken die Staroperierten nicbt ^^ impern tragen. Wenn icb trotzdem den- 
selben Wert annebme, so betracbte icb demnacb denselben als einen oberen 
Grenzwert. 
Zur Berecbnung der Brecbkraft der Linse ist es nicbt, wie angenommen 
zu werden pflegt, zulassig, einfacb ^ = zu setzen, denn erstens ist die normale, 
duixb Untersucbung mit Glilsern ermittelte Refraktion des Auges in dem Alter, 
wo die iiberwiegende Mebrzabl der Stare extrabiert wird. nicbt emmetropiscb, 
und zweitens gibt diese Untersucbung wegen der Aben-ation nicht den in den 
Abbildungsgesetzen erster Ordnung anzuwendenden Wert langs der Acbse. 
Wiibrend die Aberration des Vidlauges dazu ausreicbt, um einen Unterscbied 
von wenigstens 1 D. zwiscben diesem Werte und dem bei der Untersucbung 
der Eefraktion mit Glasern gefundenen zu bedingen, so diirfte ein solcber 
Unterscbied im staroperierten Auge nicbt vorbanden sein. Zwar babe icb 
opbtbalmometriscb bewiesen, daB dcrjenige Teil der Hornbaut, welcber gewobn- 
licb vom oberen Lide unbedeckt bleibt und bei miiBiger PupillengroBe in Be- 
tracbt kommt, eine geringe positive Aberration verursacbt, und icb babe dasselbe 
durcb opbtbalmoskopiscbe Untersucbung in einem Falle von Spontanresorption 
der Linse konstatiert, aber nacb der Staroperation tritt eine ausgepriigte Ab- 
flacbuug des vertikalen Hornbautscbnittes ein. welcbe den Effekt der Aberration 
beeintriicbtigt, so daB die mit Glasern gefundene Refraktion des staroperierten 
Auges mit groBter Wabrscbeinbcbkeit der Eefraktion auf der Acbse entspricbt. 
Wiibrend demnacb der Wert von A^ durcb die Aberration unbeeintluBt ist, 
so ist der Wert von A gleicb der Summe des 31ittelwertes der Refraktion im 
durcbscbnittlicben Alter der Staroperierten und des durcb die Aberration be- 
dingten Unterscbiedes der gemessenen Refraktion und der exakten Refraktion 
auf der Acbse. Wenn icb nun den scbematiscben Wert A = 0,75 D. annebme, 
so diirfte icb somit einen unteren Grenzwert gewablt haben. Der aus oben- 
stebender Formel erbaltene Wert der Brecbkraft der Linse 19.1 D. diirfte somit 
sicber nicbt zu klein sein. Da die Brecbkraft der beiden Linsenfliicben 5 bzw. 
8,33.. D. betragt, so ergibt sicb als approximativer scbematiscber Wert der 
Brecbkraft der Kernlinse der Betrag von 6 Dioptrien als ein wahrscbeinlicher 
oberer Grenzwert. Bei der Berecbnung eines scbematiscben Auges mit so 
' Einige Bemerkungen zu den schematischen Augen. Klin. Mouatsbl. f. Augeuheilk. 
XL. 1902. S. 1. 
298 
Die Dioptrik des Auges. 
[G. 
geringer Brechki'aft der Linse zeigt es sich nun, daB nur mit diesem oberen 
Grenzwerte eine Ubereinstimmung der Acbsenlange mit den Ergebnissen ana- 
tomiscber Untersucbungen erreicbt werden kann, wesbalb icb aucb denselben 
der Berecbnung der Indizialgleicbung zugrunde lege, ^^'enn die Koordinaten 
der Linsenpole bzw. Brecbungsindices iind Kriimmungsradien in demselben mit 
a-j X,, ftj jA.^ u^ (>2 , der Brecbungsindex im Linsenzeutrum bzw. im Punkte x —0, 
«/ = + 4,2 mit jMg ,«3 und der approximative ^^'ert der Brecbkraft der Kernlinse 
mit D bezeicbnet werden. so babe icb demnacb folgende Werte mit dem Milli- 
meter als Liingeneinbeit in die Eecbnung eingeflibrt: 
\=- 1,7 
.-r, = 1,9 
= 10 
//„ = 1.406 //j = 11.^ = 1,380 
= - 6 D = 0,006 
;<3 = 1,876. 
Dieselben ergeben flir p^ 
= folgende A\'erte der Konstanten der Indizial- 
gleicbung 
m = 0,012537 
M = - 0,0023004 
j3^ = 0,0011150 
n = 0,0010475 
.V= 0,00011470 
p = 0,0016012. 
Es ist zu beacbten, da6 diese Konstanten nicbt Zablenwerte sind, soudern 
in pbysikaliscber Bedeutung eine Dimension baben, somit nur fiir die gewiiblte 
Liingeneinbeit gelten, und daB die Einbeit der Brecbkraft und der reduzierten 
Konvergenz, wenn die Lilnge in Millimetern gemessen wird, dem Tausend- 
facben der Dioptrie gleicbkommt. 
Unter Anwendung der Indizialgleicbung babe icb die Scbnittlinien der 
Isoindizialflacben mit einer Meridianebene fiir den Index 1,386 und 1.404 durcb 
Berecbnung einer binreicbeuden Anzabl Koordinaten kon- 
struiert. Die auBere Linie (Fig. 131) faUt somit nicbt mit 
der Oberflacbe der Linse zusammen, sondern bat nur in den 
Polen eine Berubrung zweiter Ordnung mit derselben. 
Das langs der Acbse gultige parabolische Gesetz der Index- 
variation wird dadurcb illustriert, daB der Indexunterscbied 
gegeniiber dem Linsenzeutrum an der iluBeren Linie zebn- 
mal so groB ist wie an der inneren. 
Fiir den exakten Wert der Brecbkraft der Kernlinse 
und die Lage der Hauptpunkte derselben ergibt sicb 
D^ = 0,005985 
fl-= 0,22921 5' =0,25752, 
wo die Abstande vom Linsenzentrum gerecbnet sind. Der 
Totalindex erbiilt den mit Hinsicbt auf die bisberigen Vor- 
Fig. 131. stellungen auffallend geringen Wert 1,4085. So lange als 
die exakten Abliildungsgleicbungen in beterogenen Medien 
unbekannt blieben, konnte man dieselben nicbt besser als mit dem fiktiven 
Totalindex illustrieren. Seitdem aber die Kernlinse in dioptriscber Hinsicbt 
bekannt ist, diirfte es am geeignetsten sein, den Etfekt derselben durcb die 
aquivalente Kernlinse verstiindlicb zu macben. Icb verstebe bierunter eine 
Linse mit dem Brecbungsindex des Linsenzentrums in einem Medium mit dem 
Brecbungsindex der Linsenpole suspendiert, welcbe dieselbe Brecbkraft und 
dieselben Hauptpunkte bat wie die reelle Kernlinse und deren Brecbkraft auf 
die beiden Flilcben in demselben Verbiiltnisse verteilt ist, wie in der reellen 
G.] Das brechende System des Auges. 299 
auf die beiden vor und hinter dem Linsenzentrum belegenen Teile der Linsen- 
substanz. Der Vorzug der Anwendung der aqiiivalenten Kernlinse liegt darin, 
da6 die Linse als Ganzes in bezug auf die Abbildungsgesetze erster Ordnung 
genau die optischen Eigenschaften der \\'irklichkeit hat, wahrend mit dem 
Totalindex die Hauptpuiikte der Linse eine falsche Lage bekommen. Fiir 
Radieu und Dicke der iiquivalenten Kernlinse ergibt sich in Millimetern 
j-j = 7,9108 r, =-5,7605 rf = 2,4187 
und ihre Hauptpunkte fallen mit den Hauptpunkten der reellen Kernlinse 
zusammen. wenn der Abstand ihrer vorderen Flache vom vorderen Linsenpol 
0,5460 mm ist. 
Die Zusammensetzung der drei Einzelsysteme unter Anwendung der Formeln 
S. 245 ergibt fiir das Linsensystem in toto 
Z), = 19,1107 1000 w., H^ = 2,07792 mm 1000 «, B^ = - 1,39317 mm, 
wo HE', wie allgemein. die reduzierten Abstande der beiden Hauptpunkte von 
den betrelTenden Linsenfiachen darstellen. 
Im schematischen Auge empliehlt es sich, das Linsensystem als ein Um- 
drehungssystem zu behandeln, wie auch die Hurnhauttlachen als Umdrehungs- 
flachen dargestellt werden, obwohl die physiologische Form eine astigmatische 
ist. Letzteres ist mit groBter Wahrscheinlichkeit auch bei der Linse der Fall. 
Denn der Astigmatismus des Vollsystems — der Totalastigmatismus des nor- 
malen Auges — erreicht unter physiologischen Verhaltnissen nicht den Grad 
des Hornhautastigmatismus, wonach ein inverser Linsenastigmatismus vorhanden 
sein muB. Wie oben dargelegt worden ist, haben die ophthalmometrischen 
Untersuchungen der Hornhaut ergeben, daB ein in der Nahe der Hornhautbasis 
senkrecht zur ophthalmometrischen Achse gelegter Schnitt eine oblonge Form 
mit groBerem vertikalem Durchmesser hat. Ein solcbes Yerhalten ist aber 
kaum denkbar. ohne daB die ganze vordere Bulbuspartie eine ahnliche Form 
hat, und es sind hierdurch statische Verhixltnisse gegeben, welche einen inversen 
Linsenastigmatismus zu verursachen geeignet sind, iudem sowohl eine ent- 
sprechend oblonge Form der Linse wie eine durch entsprechend stiirkere 
Zonularspannung bedingte geringere Krtimmung des Vertikalschnittes diese 
Folge haben muB. Wegen der den Methodeu anhaftenden Fehlerquellen diirften 
aber die bisherigen Yersuche, den Astigmatismus der Linse am lebenden Auge 
zu messen, nicht auf die erforderlicbe Zuverlilssigkeit Anspruch machen konnen. 
Dieselben ergaben im allgemeiuen einen direkten Astigmatismus der Vorder- 
tiache, einen inversen der hinteren, ein Resultat, welches an und fiir sich mit 
hinreichender Deutlichkeit seine Abstammung aus den durch die verschiedene 
Abtiachung der Hornhaut in verschiedenen Eichtungen und durch die Dezen- 
tration der brechenden Fliichen bedingten Fehlerquellen wahrscheinlich macht. 
Hinzuzufiigen ist hier nur noch, daB eine astigmatische Brechung in der Kern- 
linse durch die Form der Isoindizialtiachen bedingt sein kann, ohne daB dabei 
eine astigmatische Form der Linsentlachen vorhanden zu sein braucht. 
3. Das brechende System des Auges. 
Bei der Zusammensetzung des Hornhaut- und Linsensystems hat man in 
die aUgemeinen Formeln den Ausdruck 
1000 n., d = 0,0506 + 3,6 + 1000 n., H. 
300 
Die Dioptrik des Auges. 
[G. 
einzusetzen, wonach dieselben ftir das Yollsystem 
D, = 58,636 1000 iJ, = 1,3975 lOOOw^iT/ 
4,2061 
ergeben, wodurch die Daten des schematischen Auges bekannt sind. Ich stelle 
sie bier zusammen, indem ich der Berechnung die iiquivalente Kernliuse zugninde 
lege. Da in den Daten derselben nur drei Dezimalen mitgenommeu werden, 
so ergibt sicb ein Unterscbied gegeniiber obenstebenden Zahlenwerten, welcher 
bis zu einer Einheit der letzten Dezimale steigen kann. 
Scbematisches Auge in Akkommodationsruhe. 
Brechungsindex der Hornhaut 1,376 
„ des Kammerwassers und Glaskorpers . . 1,336 
„ der Linse 1,386 
.. der ilquivalenten Kemlinse 1,406 
Ort der vorderen Hornhautflache 0. 
„ „ binteren ,, 0,5 mm 
„ „ vorderen Linsenfiacbe 3,6 „ 
„ „ „ Flacbe der aquivalenten Kernlinse . . 4,146 „ 
„ „ hinteren „ ,, „ „ . . 6,565 ., 
„ „ „ Linsenfiacbe 7,2 „ 
Kriimmungsradius der vorderen Hornhautfiacbe .... 7,7 „ 
„ „ binteren Hornbautflacbe .... 6,8 „ 
„ „ vorderen Linsenfiacbe 10,0 „ 
„ ,. „ Fliiche der aquiv. Kernlinse 7,911 „ 
„ ,, binteren ,, „ „ „ —5,76 „ 
„ „ „ Linsenfiacbe —6,0 „ 
Brecbkraft der \orderen Hornbautfiacbe 48,83 D. 
„ „ binteren „ —5,88 „ 
„ „ vorderen Linsenfiacbe 5,0 „ 
„ ,, aquivalenten KernUnse 5,985 „ 
„ „ binteren Linsenfiacbe 8,33 „ 
Hornbautsystem. 
Brecbkraft 43,0.^ D. 
Ort des ei'sten Hauptpunktes —0,0496 mm 
„ „ zweiten ,, . —0,0506 ,, 
Vordere Brennweite —23,227 „ 
Hintere ,, 31,031 „ 
Linsensystem. 
Brecbkraft 19,11 D. 
Ort des ersten Hauptpunktes 5,678 mm 
,, ., zweiten „ 5,808 „ 
Brennweite 69,908 ,, 
Vollsystem des Auges. 
Brecbkraft. . 58,64 D. 
Ort des ersten Hauptpunktes ■ . 1,348 mm 
„ „ zweiten „ 1,602 „ 
„ „ ersten Brennpunktes —15,707 „ 
„ „ zweiten „ 24,387 „ 
G.] 
Schematisches Auge. 
301 
Vordere Brennweite . . . 
Hintere „ ... 
Ort der Netzhautfovea . . . 
Hypermetropie auf der Achse 
mm 
-17,055 
22,785 „ 
24,0 
1,0 D 
Fig. 132 
Der bei der Untersuchuog eines solchen Auges sich ergebende Refraktions- 
zustand wlirde Emmetropie sein, wie unten bei der Darstellung der Aben-ation 
bewiesen werden soil. Kig. 132 stellt einen Durchschnitt desselben dar, wo die 
Flachen als kugelformig behandelt worden sind. 
Wie aus dem Obenstehenden hervorgebt, wird die Acbsenliinge des schema- 
tiscben Auges durcb die Hornbautrefraktion und durcb die mittlere Eefraktion 
des aphakiscben Auges bestimmt, wobei die Acbsenliinge um so kleiner wird, 
je groBer die Brecbkraft der Hornbaut und die mittlere Hypermetropie des 
apbakiscben Auges ist. Da icb nun durcb Beriicksjcbtigung des Unterscbiedes 
der Kriimmungsradien der Hornbaut im Scbeitelpunkte der optiscben Zone von 
den mittleren Kriim- 
mungsradien dieser Zone / / / \ 
wobl den groBten Wert ' ' ' 
der Brecbkraft der Horn- 
baut angeweudet babe, 
der mit den vorliegen- 
den Messungsergebnissen 
in tjbereinstimmung ge- 
bracbt werden kann, und 
da dasselbe von dem der 
Berecbnung zugrunde ge- 
legten Werte der Hyper- 
metropie des apbakiscben Auges gilt, so ist es einleuchtend, daB die Acbse des 
scbematiscben Auges nicbt, obne den Tatsacben Gewalt anzutun, kiirzer gemacht 
■werden kann. Wird die Linse aus dem scbematiscben Auge eutfernt, so ist es 
sogar um 0,1 D. bypermetropiscber als den Anforderungen von Tkeutlee ent- 
sprecben wiirde. Die Acbsenlange von 24 mm liegt aucb eben inuerbalb der Grenzen, 
welcbe er als durcb die Messungen am Leicbenauge gezogen ansiebt. Obne aiesen 
Messungen einen allzu groBen Wert beizulegen, glaube icb micb aber docb der 
Auffassung anscblieBen zu mussen, daB dieselben eine groBere scbematiscbe 
Acbsenlange als 24 mm unwabrscbeinlicb macben. Nacb der Angabe von 
Mauthnee^ ergeben die Messungen an Leicbenaugen am baufigsten Werte, 
welcbe um 25 mm berum liegen, was, wenn 1 mm fiir die Dicke der Sebneubaut 
und GefiiBbaut gerecbnet wird, gut stimmen wlirde. Aber andererseits gibt es 
aucb eine groBe Zabl von Messungen, welcbe niedrigere \\'erte ergeben haben. 
Bei der Verwertung solcber Messungen ist aber zu beachten, daB durcb post- 
mortale Veriinderungen die Acbsenlange des Auges vermindert wird, und daB 
es sogar nicbt wabrscbeinlicb ist, daB man die urspriinglicbe Ltinge durcb ktinst- 
licbe Wiederberstellung des in vivo vorhandenen intraokularen Druckes erreicben 
konnte, da eine postmortale Verdickung der Kornea und Sklera wegen des 
anatomiscben Baues derselben von einer Verkleinerung des Bulbusraumes be- 
gleitet sein kann. 
L. Mauthxeb, Voi-lesuugen uber die uptischen Feliler des A.uges. WieQ 1S76. S 422. 
302 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Die auffallend niedrige Brechkraft der Linse des schematischen Auges 
folgt mit mathematischer Notwendigkeit aus der RefraktionsanderuDg bei der 
Entfernung der Linse. Dieselbe kann. wenn auf den EinfluB der Aberration 
Eiicksicht genommen wird, im akkommodationslosen Auge iiicbt groBer sein, 
als aus dem Obenstehenden hervorgeht. Die mathematisch bewiesene Ab- 
hangigkeit des Totalindex der Linse von der Form derselben ermoglicbt erst, 
ein schematisches Auge zu berechnen, welches mit den Tatsacben in keinen 
Widerspruch gerilt, indem eine so geringe Brecbkraft der Linse unter der An- 
na bme der Giiltigkeit des Gesetzes von Matthiessen in unlosbarem Wider- 
spruche mit den Ergebnissen der refraktometrischen Messungen stehen muBte 
und auBerdem der niedrige Totalindex im akkommodierenden Auge nieht aus- 
reicben wiirde. Erteilt man dem schematischen Auge durcb Verlangerung der 
Achse bis zum Werte 30,98 mm eine Myopie von solchem Grade, daB es nach 
Entfernung der Linse emmetropiscb wird, so betriigt diese Myopie langs der 
Acbse im vorderen Hauptpunkte 13,16 D., und der Fernpunkt liegt 74,58 mm 
vor dem Hornhautscbeitel. Diese Myopie wiirde von einem Glase 16,7 D. 
korrigiert werden, dessen binterer Hauptpunkt nacb Tkectler 14,5 mm vor 
dem Hornhautscbeitel liegt, wenn nilmlicb nicbt auf den EfFekt der Aberration 
Riicksicht genommen werden muBte. Wird aber der EinfluB der Aberration in 
Rechnung gezogen, so ergibt sich eine Glaserkorrektiou von rund 18 Dioptrien, 
welche sich vollkommen mit den Ergebnissen der klinischen Uutersucbung deckt. 
Wenn es aber somit unumganglich ist, im exakten schematischen Auge die 
Aberration zu beriicksichtigen , so empfiehlt es sich auf der anderen Seite, ein 
vereinfachtes schematisches Auge zu berechnen, in welchem von der zerstreuenden 
Wirkung der hinteren Hornhautflache abgesehen, die Linse homogen und das 
ganze System als aberrationslos angenommen wird. Da aber die Fiktion einer 
bomogeuen Linse schon an und fiir sich eine solcbe Abweicbung vom tatsach- 
lichen Verbalten enthalt, daB die Lage der Hauptpunkte der Linse nicbt exakt 
wird, so euipliehlt es sich wenigstens, die Vorteile der Fiktion auszunutzen, 
indem ein optisches Zentrum der Linse angenommen wird. Wo man mit 
falscber Lage der Hauptpunkte rechnet, hat es keinen Sinn, den Abstand 
derselben voneinander zu beriicksichtigen. Die in einem solchen vereinfachten 
schematischen Auge anzuwendende iiquivalente Hornbautflache bekommt einen 
Ivriimmungsradius, der annilhernd mit dem ophthalmometriscb gefundenen 
schematischen Radius der optischen Zone iibereinstimmt, weshalb' ich diesen 
angenommen habe. Unter Mitnahme von nur drei Dezimalen im Werte fUr 
den Totalindex der Linse ergeben sich folgende Werte eines vereinfachten 
schematischen Auges, in welchem die angenommenen Werte. vom Totalindex 
der Linse abgesehen, dieselben sind wie im letzten schematischen Auge von 
Helmholtz\ wenn die beiden letzten Dezimalen im Werte des Kriimmungs- 
radius der Hornhaut und die letzte im Werte des Brechungsindex von Kammer- 
wasser und Glaskorper weggelassen werden. (Die von Helmholtz angewendeten 
Zahlen sind bzw. 1,4371, 7,829, 1,3365.) Bei der Berechnung ist das optische 
Zentrum der Linse als Ort der Linsenfiachen anzuwenden. 
Dieses Handbuch. 2. Awfl. S. 140. 
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G.] Dezentration der brechenden Flacben. 330 
Vereint'achtes schematisches Auge. 
Angenommen. 
Brechungsindex des Kammerwassers und Glaskorpers 
„ der Linse 
Kriimmungsradius der iiquivalenten Hornhautflache 
„ „ vorderen Linsenflache 
„ „ hinteren „ . . 
Ort des optischen Zentrums der Linse .... 
Berechnet. 
Brechki-aft der Hornhaut 
„ der Linse 
„ des brechenden Sj'stems des Auges . . 
Yordere Brennweite der Hornhaut 
Hintere „ „ ., 
Brennweite der Linse 
Yordere Brennweite des Auges 
Hintere „ „ „ 
Ort des vorderen Hauptpunktes 
„ „ hinteren „ 
„ „ vorderen Brennpunktes 
„ „ hinteren „ 
Ein dem exakten schematischen Auge entsprechendes reduziertes Auge 
wiirde mit dem Brechungsindex ^/g den Kriimmungsradius 5,7 mm haben. 
Je nach der bei einem vorliegenden Zwecke erforderlicheu Genauigkeit 
wird das eine oder andere dieser Modelle zur Anwendung kommen konnen. 
Yon dem vereinfachten schematischen Auge soil nur ausdrlicklich hervorgehoben 
warden, daB der Totalindex der Linse wegen der Nichtberiicksichtigung der 
Aberration groBer ist, als dem tatsachlichen Verhalten entspricht, indem derselbe 
im exakten schematischen Auge nur 1,4085 betragt, daB somit nur dieses Auge 
zu einer exakten Untersuchung des Strahlenganges in der Linse dienen kann. 
Uberhaupt darf im vereinfachten schematischen Auge nie mit der Brechung in 
den einzelnen Linsenflachen gerechnet, sondern muB immer die Linse als ein 
unzerlegbares optisches System behandelt werden. 
Im schematischen Auge kann auf die Dezentration der brechenden Fliichen 
sowie auf den schiefen Durchgang der Visierlinie keine Riicksicht genommen 
werden, weil die Dezentrationen zu wenig bekannt und auch dem Grade nach 
zu variierend erscheinen. Da schon die vordere Hornhautflache einer exakten 
vertikalen Symmetrieebene entbehrt, so ist es einleuchtend, daB die Spiegel- 
bilder von endlich groBen Objekten keine exakte Zentrierung des optischen 
Systems angeben konnen. Bei dem von Helmholtz S. 95 dargestellten Yersuch 
ist aber der EinfluB der Asymmetrie der Hornhaut durch Zugrundelegung der 
Schmiegungsellipse moglichst eliminiert, und es diirfte keiiieiu Zweifel unter- 
liegen, daB dieser Yersuch eine Dezentration der Linse in bezug auf die Achse 
dieser Ellipse beweist. Da aber wegen des asymmetrischeu Baues der Hornhaut 
das ZusammenfaUen der berechneten Ellipsenachse mit einer Hornhautnormale 
nicht sichergestellt ist, so ist eine allgemeine Dezentration der Achse der Linse 
in bezug auf die durch das Pupillenzentrum gehende Hornhautnormale hierdurch 
304 Die Dioptrik des Auges. [G. 
nicht bewiesen. Ebensowenig wird dies durch die nacli Tschernings' Methode 
ausgetuhrten Untei-suchimgen bewiesen. Briogt man bei der BeobachtuDg der 
Spiegelbilder in den Linsentiacheu Fernrohracbse und zwei Lichter, am besten 
die ophtbalmometrischen Nernstlampen in eine und dieselbe vertikale Ebene, so 
miilite, falls eine vertikale Symmetrieebene vorbanden ware, eine Stellung des 
Auges gefunden werden konnen, bei welcher siimtlicbe secbs Spiegelbilder in 
einer gex'aden Linie liegend gesehen wiirden. Dies ist aber im allgemeinen 
nicht der Fall. Beim Blick geradeaus ins Fernrobr siebt man die in der 
vorderen bzw. binteieu Linsenfliiche entstebenden Spiegelbilder nasal- bzw. 
temporalwarts von den Hornhautspiegelbildern liegen. Wird dann die Blicklinie 
nasalwiirts bewegt, so kommen in den meisten Fallen zuniicbst die Spiegelbilder 
der binteren Linseuflilcbe in dieselbe Linie wie die Hornbautbilder, dann in 
dieselbe Linie wie die Spiegelbilder in der vorderen Linsentiacbe, und schlieBlich 
kommen diese in dieselbe Linie wie die Hornhautspiegelbilder. Dieser Versuch 
beweist, daB tatsacblicb keine vertikale Symmetrieebene des ganzen optischen 
Apparates vorbanden ist — was iibrigens schon die ophtbalmometrischen Unter- 
suchungen der Hornhaut gelebrt haben — und wiirde, wenn die FUlchen geuau 
spharisch wilren, oder die Untersucbung bei sebr kleinen Einfallswinkeln aus- 
gefiihrt werden konnte, beweisen, da6 die Achse der Linse nicht mit einer 
Hornhautnormale zusammenfiele, sondern nasalwiirts vom Kriimmungszentrum 
der Hornhaut verliefe. Nun kann aber die Untersucbung nur bei sebr groBeu 
Einfallswinkeln mit binreichender Scbarfe ausgefiihrt werden, indem sogar ge- 
wohnlich eine kiinstlicbe Erweiterung der Pupille vonnoten ist, und bierbei ist 
es nicht mehr erlaubt, an Stelle der Hornhaut die optische Zone derselben zu 
setzen, sondern es macht sich die in verschiedenen Richtungen ungleiche peri- 
phere Abtlachung geltend, weshalb auch die Versuche nicht beweiskraftig siud. 
Dasselbe gilt von der Untersucbung der vertikalen Uezentration , wobei die 
Lichter in der durch die Fernrohi-achse gelegteu Horizontalebene steben und 
in den typisch normalen Augen eine gewisse Erhebung des Blickes iiber diese 
Ebene notig ist, um die verschiedenen Spiegelbilder in eine Linie zu bringen. 
Betrefifs der Dezentration der brecbenden Flachen ist also vorlilufig nur be- 
kannt, daB eine Symmetrieachse des optischen Systems nicht vorbanden ist, und 
daB die optische Achse der Linse, wenn unter diesem Begriffe eine den beiden 
Linsenflachen gemeinsame Normale verstandeu wird, die Hornhaut in einem 
nach auBen und gewohnlich etwas nach unten vom ophtbalmometrischen Achsen- 
punkte belegenen Punkte schneidet, wie es auch mit der durch den Mittelpunkt 
der mittelgroBeu Puj)ille gehenden Hornhautnormale der Fall ist. DaB aber 
diese oben als optische Achse des Auges bezeichnete Normale nicht mit 
der optischen Achse der Linse zusammenfalle, bleibt vorliiufig unbewiesen. Ob- 
wohl ersichtlicherweise kleine Abweichungen hochst wahrscheinlich sind, so 
konnen sie doch, um so weniger da sie noch nicht eiuwandfrei konstatiert 
worden sind, nicht in Eechnung gezogen werden. DaB sie, wenn vorbanden, 
ohne EinfiuB auf die Abbildung im Auge sind, beweisen die Untersuchungen 
des Auges mit einem leuchtenden Punkt (s. unten). 
Praktisch hat man also nur mit der Dezentration zu rechnen, welche durch 
die Neigung der Yisierlinie gegen die optische Achse des Auges definiert ist. 
' Beitriige zur Dioptrik des Auges. Zeitschr. f. Psychol, u. Physiol, d. Sinnesorgane. 
III. 1892. S. 429 und an anderen Stellen. 
G.l Die Abbildung beim indirekten Seben. 305 
und welche auch dui-ch die Dezentration der Pupille in bezug auf die ophthal- 
mometrische Hornhautachse bestimmt werden kanii. DaB bei dei- praktischen 
Ermittelung der Lage diesei- Achse iminer bei eiuer bestimmten, durch die Be- 
leuchtung zu erzielenden, mittleren PupillengroBe — am besten 4 mm — unter- 
sucbt werden mu6, wurde oben hervorgehoben. Denn obwohl der scheinbare 
Mittelpunkt der Pupille bei geringeu Variationen der GroBe unverandert zu 
sein scheint, so konnen bei groBeren Variationen sehr betrachtliche Unterschiede 
vorkommen. So habe ich in einem Falle bei der Untersuchung nach der oben 
S. 271 beschriebenen Metbode unter Anwendung des Ophthalmometers von 
Helmholtz I'iir den Neigungswinkel der Visierlinie zur optischen Achse bei 
maximaler Pupille 6,5", bei minimaler 2,7° erhalten, woraus, wenn die Horn- 
haut spharisch ware, eine bei der Verengerung eintretende Verscbiebung des 
Zentrums der Pupille nasalwarts im Betrage von 0,28 mm hervorgehen wlirde. 
Nun kann aber erstens ein Teil dieser Verscbiebung durch die asymmetrische 
Abfiachung der Hornhaut im horizontalen Meridiane vorgetauscht werden, und 
zweitens diirfte ein so groBer Unterschied zu den Ausnahmen gehoren. Mit 
einer anderen, obwohl weniger emptindlichen Methode ist Hummelsheim ^ zu 
dem Eesultate gekommen, daB sich die Pupille konzentrisch verengert. 
Da allgemein eine durch punktweise Korrespondenz gekennzeichnete optische 
Abbildung nur in einem sehr kleinen Bezirke in der Umgebung der Achse eiues 
optischen Systems vorkommt, so wird dieser Tatsache in vollkommenster Weise 
von der anatomischen Bescbaffenheit der Netzhaut entsprochen, indem dieselbe 
nur in einer sehr kleinen Ausdehnung geeignet ist, eine scharfe Abbildung zu 
verwerten. Die Giite der peripherischen Abbildung im Auge ist deshalb 
von untergeordneter Bedeutung. Wenn das optische System in erster An- 
niiherung als ein zentriertes Umdrehungssystem bebandelt wird, so stellen die 
beiden BildHachen nach vorn konkave Umdrehungsflachen dar, von welchen 
die erste, auf welcher die Bildlinien von Parallelkreisen belegen sind, dem 
optischen Apparate uiiher liegt als die zweite, auf welcher Meridiaulinien ab- 
gebildet werden. Seit Young ^ haben sich mehrere Forscher damit bemuht, diese 
Bildflachen auf rechnerischem Wege zu konstruieren bzw. den Astigmatismus 
bei der peripheren Abliildung zu berechnun, wobei die Resultate im allgemeinen 
eine Lage der Netzhaut in der Nahe der Bildflachen oder zwischen denselben 
angeben. Solchen Berechnungen kann aber, so lange die exakte Form der 
hinteren Linsenfiache unbekannt bleibt, kein Wert beigemessen werden. Den 
EinfluB der Schichtung der Linse auf diesen Astigmatismus hatte seinerzeit 
Hermann^ berecbnet. Sein Eesultat, daB eine Verringerung des Astigmatismus 
durch die Schichtung bewirkt wiirde, beruht teils auf seinen Voraussetzungen, 
teils darauf, daB die von ihm angewendeten Difl'erentialgleichungen ftir die erste 
Abbildung nicht richtig sind. Die Untersuchung der oben angegebenen schema- 
tischen Linse mit kontinuierlich variablem Brechungsindex hat ergeben. daB 
fiir einen Strahl, welcher unter einem Winkel von 25 " im Zentrum der vorderen 
Linsenflache einfallt, und wenn die hintere Linsenflilche als parabohsch an- 
gesehen wird, der Astigmatismus groBer ist als in einer homogenen Linse mit 
dem entsprechenden Totalindex. Von den Methoden zur direkten Untersuchung 
' Pupillenstudien, Arch. f. Aiigenh. LVII. S. 33. 1907. 
' Th. Youno, (In the mechanixm of the eye. Philos. Transactions, 1801. 
^ a. a. O. 
V. Helmholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 20 
306 Die Dioptrik des Auges. [G. 
der peripheren Abbildung auf der Netzhaut ergiljt die Beobachtung des Bildes 
einer Lichtquelle durch die Sclera hindurch, wie sie bei seitlichem Lichteinfall 
in hervorsteheuden Augen moglich ist, die am wenigsten sicheren Eesultate. 
Die Refraktionsbestimmung im aufrechten ophthalmoskopischen Bilde diirfte 
auch nicht mit der skiaskopischen Methode wetteifern konnen, welche wohl 
bisher die sichersten Resultate ergeben bat. Druault ^ land mit dieser Metbode, 
da8 die Netzhaut wahrscheinlich zwischen beiden BildHiicheu, der zweiten, hiater 
ihr belegenen naber liegt als der ersten. 
Da die Yisierlinie mit der optischen Achse einen endlichen Winkel bildet, 
so gehort schon die Abbildung in der Fovea centralis der Netzhaut streng ge- 
nommen in das Gebiet der peripheren. Der resultiereude Astigmatismus betragt 
aber bei einem Winkel von 5" nur ungefahr Vio^-' ^^^ ^^^ durch Eecbnung 
am schematischen Auge von Helmholtz bewiesen babe.^ (Tscherning hat 
diesen Astigmatismus bei verschiedenen Winkeln berechnet und gibt viel hohere 
Zahlen an, was aber darauf beruht, daB er teils eine falsche Form el angewendet 
hat, teils auch diese Winkel mit den Einfallswiukeln verwechselt zu haben 
scheint. Wie aus den Formeln S. 239 hervorgeht, verhiilt sich die Brechkraft 
bei der ersten Abbildung zu der Brechkraft bei der zweiten wie 1 : cos «' cos i'. 
Dieses Verhiiltnis gibt aber nicht ohne weiteres den Astigmatismus an, weil 
bei der ersten Alibildung die Hauptpunkte nicht mit dem Inzidenzpunkt zu- 
sammenfallen. Tscherning^ hat aber nicht nur an der Stelle des richtigen 
das Verhaltnis 1 : cos ^ • angewendet. sondern auch die Abstiinde der brechenden 
Flacbeu voneinander und von den beziiglichen Hauptpunkten vernachlassigt, 
was zusammen mit der Verwechselung der Winkel die falschen Resultate bedingt.) 
III. Die Refraktion. 
Unter der Refraktion des Auges wird die optiscbe Einstellung desselben 
verstanden, welche sich aus der Achsenlange und der Brechki-aft des optischen 
Apparates ergibt. Der fest eingeblirgerte Name ist insofern weniger gliicklich, 
als er den Gedanken nur auf den einen Faktor der optischen Einstellung leitet, 
wahrend die verschiedenen Refraktionszustande allgemein durch Verschiedenheit 
des anderen Faktors bedingt werden. Da in der Optik immer mehr eingeselien 
wird, da6 siimtlicbe Abstiinde in den Abbildungsformeln in einer und derselben 
Richtung positiv gerechnet werden sollen — weil sonst bei dem Vorzeicben- 
wechsel sich leichter Fehler einschleicben — , so hat man unter Zugrunde- 
legung dieses Prinzips bei der Darstellung der Refraktion des Auges diese Ab- 
stande entweder in der Richtung der Lichtbewegung, wie in sonstigen Dar- 
stellungen iiblich, positiv zu rechnen oder umgekehrt. Letzteres geschah all- 
gemein, bis Hess* erstere, theoretisch richtigere Darstellungsweise einfiihi'te. 
> Astigmatisme des rayons penetrant obiiquentent dans Voeil. Application de la skiaskopie. 
Arch, d'ophth. XX. 1900. S. 21. 
2 a. a. 0. Skand. Arch. f. Physiol. II. 
' a. a. O. Encyclopedie frani;aise d' optdhabnoloyie. III. S. Id5. 
■* C. Hess, Die Refraktion uud Akkommodation des menschlichen Auges und ihre 
Anomalien. Leipzig 1902. Souderahdruck aus GraefeSaemisch, Handb. d. Augenheilk. 2. Aufi. 
II. T. XII. Kap. 
G.] Die Eefraktion. 307 
Nach derselben ist somit der Fernpunkts- bzw. Nahepunktsabstand negativ, wenn 
die beziiglichen Punkte reell sind. Der geringe Nachteil. welcher fiir den uicht 
pliysikalisch gel>ildeten Mediziner darin liegt, da6 er sich diese Anschauungs- 
weise aneignen muB, ist zu unbedeutend, um gegeniiber den dadurch gewonnenen 
Yereinfacbungen in die Wagschale gelegt werden zu konuen, weshalb ich hier 
in der Uberzeugung, daB man in der medizinischen Optik diese Vorteile wiirdigen 
wird. den von HJEss eingescblagenen Weg befolge. 
Die Einstellung des Auges wird dann durch die Konvergenz des bei der 
scbarfen Abbildung auf der Netzbaut in dasselbe einfalleuden Strahlenbiindels 
gemessen, und es bleibt zunachst die Wahl iibrig, in welchem Punkte diese 
Konvergenz gemessen werden soil. Wegen der einfacbereu Form der auf die 
Hauptpunkte bezogenen Abbildungsgleichungen emptiehlt sich bierzu der vordere 
Hauptpunkt des Auges. In der allgemeinen Gleichung 
B=^ A + D 
ist dann A die in Dioptrien ausgedriickte Eefraktion des Auges, D die Brech- 
ki-aft des optischen Systems und -^ = b der reduzierte Abstand der Netzbaut 
vom binteren Hauptpunkte, welcber die reduzierte Acbsenliinge genannt 
werden mag, wabi'end a = —^ den Abstand des scharf gesehenen Punktes vom 
A 
vorderen Hauptpunkte bedeutet. Aus praktiscben Griinden ist es aber wiinscbens- 
wert, die Konvergenz des einfallenden Strahlenbiindels auch in dem Punkte 
messen zu konnen, wo die Brille, oder genauer bestimmt der bintere Haupt- 
punkt derselben getragen wird. Wenn g der Abstand des ersten Hauptpunkts 
des Auges von diesem Punkte ist, nach welcher Definition somit g immer 
positiv ist, A die Konvergenz des einfallenden Strahlenbiindels in demselben 
darstellt, so bat man 
= ^+9 A = , , . , A - 
A, ^ " x^gA 1-^^, 
Da in diesen Ausdriicken g den Wert von 15mm, A bzw. A den Wert 
von 20 D. selten iibersteigen, so erhalt man nur einen in praktischer Hinsicht 
belanglosen Febler, wenn das Produkt g- A- bzw. g- A^^ vernachlassigt wird. 
wobei sich die fiir den praktiscben Gebrauch hinreicheud genauen Appro- 
ximativformeln 
A,^ = A(l-gA] A = A,j{l+gA^] 
ergeben, deren Inhalt, wenn A^ nach Hess als der Korrektionswert der 
Eefraktion bezeicbnet wird, damit gleichbedeutend ist, daB, wenn g in Zenti- 
metern gemessen wird, der Unterscbied zwischen Eefraktion und 
Korrektionswert numerisch gA^j^^ bzw. g A^ "/„ betragt, der Korrek- 
tionswert immer algebraisch kleiner als die Eefraktion ist. Korrek- 
tionswert und Eefraktion werden in der ophtbalmologischeu Literatur auch als 
Gliiserrefraktion bzw. Hauptjiunktrefraktion bezeichnet. Bei Myopie ist somit 
die Gliiserrefraktion numerisch groBer als die Hauptpunktrefraktion, bei Hyper- 
metropic umgekehrt. 
Da durch die Akkomnuidation die optische Einstellung des Auges veriindert 
wird, so gibt es eine innerhalb der vom Fernpunkt und Nabepunkt gegebenen 
20* 
308 Die Dloptrik des Auges. [(j. 
Grenzen belegene Unendlichkeit von Refraktionszustanden. Wenn rj) den Ab- 
stand des Fernpunktes bzw. Nahepunktes vom ersten Hauptpunkt darstellen, 
RP die entsprechenden Konvergenzwerte sind, so kann das Auge jede zwiscben 
diesen Werten belegene Eefraktion baben und die Differenz 
R- P 
ist die Akkommodationsbreite, indem durcb die Akkommodation zwar die Brech- 
kraft des optiscbeu Systems vermebrt, die Refraktion aber vermindert wird. 
Wenn aber scblecbtbin von der Refraktion eines Auges gesprochen wird, ver- 
stebt man immer darunter die statiscbe Refraktion, die optische Einstellung 
fiir den Fernpunkt, bei welcber die Akkommodation erscblafft ist. Tritt die- 
selbe in Wirksamkeit, so liegt ein dynamiscber Refraktiouszustand vor, und 
der kleinste Grenzvvert der dynamiscben Refraktion entspricbt der Nabepunkt- 
einstellung des Auges. 
Die Ametropie unterscbeidet sicb von der Emmetropic dadurcb, da6 
die Refraktion ein en endlicben Wert bat, und zwar ist derselbe bei Hyper- 
metropie positiv, bei Myopie uegativ. Die Glaserrefraktion stellt den Wert 
desjenigen Glases dar, durcb welches das ametropiscbe Auge emmetropisch ge- 
macbt wird, wober auch der Name Korrektionswert. 
Zur Bestimmung der Refraktion ist im allgemeinen die Kombi nation 
des Auges mit einem optiscben Instrumeute notig. AVird die Brecb- 
kraft desselben mit D^ bezeiebnet, wabrend D die Brecbkraft des optiscben 
Systems des Auges, D^ die des kombinierten Systems darstellt, und ci der Ab- 
stand, bzw. beim Untertaucben des Auges in einer Fliissigkeit der reduzierte 
Abstand des vorderen Hauptpunktes des Auges vom hinteren Hauptpunkte des 
mit demselben zu kombinierenden Systems ist, so geben die Formeln 
D^ = D,,-VD-<iD,D ^< = 4r ^'=--n' 
die Daten des kombinierten Systems. Wird nun allgemeiu die in den Haupt- 
punkten des vorgescbalteten Systems gemessene Konvergenz, bzw. reduzierte 
Konvergenz, wenn das System nicbt von Luft umgebeu ist, durcb J,, = -- und 
B^ — — bezeiebnet, wabrend A Bab dieselbe Bedeutung fiir das Auge und 
A^B^a^h^ fiir das zusammengesetzte System baben, wobei also mit reduzierten 
Abstanden gerechnet wird, so ist B^ die im zweiteu Hauptpunkte des vorgescbal- 
teten Systems gemessene Refraktion des Auges, und man erbalt allgemein die 
Hauptpunktrefraktion aus dem Ausdrucke 
aus welcbem bervorgebt, daB bei der gewobnlicben Untersucbung mit Brillen 
bei so groBem Abstaude des Objektes, daB A^ = gesetzt werden kann, Z)^, 
den Korrektionswert darstellt. Bei der Kombination mit anderen Systemen er- 
geben sicb fiir spezielle Werte von 8 gewisse Vereinfachungen. So ist bei der 
Realisierung des Falles <)' = und Einstellen auf groBem Abstande die Haupt- 
punktrefraktion gleicb D^. Bei d = -- erbalt man fiir dieselbe die Beziebung 
G.] Eolle der Hauptpunktwinkel und der Fokalpunktwinkel. 309 
^- ^0 W^aJ- AT' 
welche mit der allgemeinen Brennpuuktsgleichung identisch ist, indem !/„ die im 
vorderen Brenupunkte des vorgeschalteten Systems gemessene reduzierte Kon- 
vergenz darstellt. Dieselbe Gleichung gilt somit auch, wenn §=—■{- g ist, fiir 
den Korrektionswert der Ametropia. Bei unveranderlichem Werte von Z*,, ist 
somit in diesen Fiillen der Abstand des ersten Fokalpunktes des vorgeschal- 
teten Systems vom Objekte der Refraktion bzw. dem Korrektionswerte der 
Ametropia proportional. 
Die BildgroBe auf der Netzhaut ergibt sich aus den beiden allgemein- 
giiltigen Gleichungen 
KB = A KD = L, 
indem die scharfen Bilder in der Fovea centralis hinreichend klein sind, urn 
die VergroBeruugskoeffizienten — welche tatsilchlich nur Limeswerte angebeu — , 
durch das Verhaltnis der lineareu Bild- und ObjektgriiBe zu ersetzen. Stellt 
beim unbewaffneten Auge a^ die lineare GroBe von Objekt und Bild dar, und 
wird der Winkel a A bzw. aL als der reduzierte Hauptpunkt- lizw. Fokal- 
punktwinkel definiert und mit o)^ bzw. o>, bezeichnet, so erhalt man die 
Ausdriicke 
welche sich bei groBem Abstande des Objektes besser eignen, da hierbei der 
VergroBerungskoeftizient einen unendlich kleinen Wert annimmt. (Die redu- 
zierten Winkel fallen in Luft mit den Winkeln selbst zusammen, werden aber 
hier doch eingetuhrt, damit die Formeln unmittelbar fur das Sehen unter 
Wasser anwendbar seien.) Diese Formeln besagen, daB das Verhaltnis der 
NetzhautbildgroBe zum Fokalpunktwinkel nur von der Brechkraft 
des optischen Systems, das Verhaltnis derselben zum Hauptpunkt- 
winkel nur von der reduzierten Achsenlange des Auges abhangig ist. 
Bei der Anwendung derselben hat man zu beachten, daB laut der Definition 
der Winkel dieselben bei reellem Objekte negativ sind, und daB das resultie- 
rende negative Vorzeichen von /? eine umgekehrte Abbildung angibt. Der friiher 
gebrauchte Gesichtswinkel , dessen Spitze im vorderen Knotenpunkt des Auges 
liegt, eignet sich weniger gut zu einer exakten Darstellung, wie liberhaupt die 
Einfiihrung der Knotenpunkte in die physiologische Optik deshalb als weniger 
gliicklich bezeichnet werden muB, weil durch diesen Begrifi nichts Tatsachliches, 
wohl aber viel Fiktives gewonnen wird. 
Die NetzhautbildgroBe in dem mit einem optischen System kombiuierten 
Auge laBt sich somit durch die Einwirkung dieses Systems auf die GroBe des 
Hauptpunkt- bzw. Fokalpunktwinkels d. h. durch die Untersuchung der Ver- 
groBerung eines mit dem Auge kombinierten optischen Systems er- 
mitteln. Hierbei hat man aber die Frage der absoluten VergroBerung des 
Instrumentes streng von der der individuellen VergroBerung zu trennen. Nach 
ersterer VergroBerung wird die Leistungsfahigkeit des Instrumentes beurteilt, 
weshalb dieses MaB keinen vom Auge abhangigen Wert enthalten darf. wahrend 
letztere VergroBerung sich von der absoluten eben durch Beriicksichtigung der 
310 Die Dioptrik des Auges. [G. 
individuellen Verhaltnisse des Auges unterscheidet. Wenn a^ i% Objekt- iind 
BildgroBe in bezug auf das vorgeschaltete System darstellen, so hat man 
und erhiilt man durch Elimination von A^B^: 
Da nun optische Instrumente in Verbindung mit dem Auge das beste 
leisten, wenn obne Anspannung der Akkommodation gesehen wird, und nur An- 
fanger, besonders jugendliche, bei der Anwendung derselben unnotigerweise 
akkommodieren, und da weiter die emmetropische Eefraktion als die normale 
angesehen werden mu6, so hat man zur Beurteilung der absoluteu Ver- 
groBerung eines Instrumentes in obenstehender Formel A = zu setzen. 
Die absolute VergroSerung wird somit durch die Brechkraft gemessen und wiirde 
deshalb am besten durch die Dioptrienzahl angegeben werden. Da aber die 
groBe Menge derjenigen, welche mit optischen lustrumenten arbeiten, den Begriff 
der Brechkraft nicht kennen, so wird, um eine dimensionslose Zahl zu erhalten. 
der Wert derselben konventionell mit dem „Abstande der deutlichen Sehweite" 
0,25 m multipliziert. Die Brechkraft ist somit in Dioptrien viermal so groB als 
die konventionelle, die YergroBerung angebende Zahl. Der Begriff der deutlichen 
Sehweite stammt aus der Zeit, wo man nicht daran dachte, daB das Auge auf 
unendliche Feme eingestellt sein konnte, und ist eben deshalb sehr ungliicklich, 
well er heute noch den konstruierenden Optiker zu der Anschauung verleiten 
kann, daB bei der Anwendung des Instrumentes dieses ein Bild in dem eut- 
sjirechenden Abstande entwerfen muB, welches dann vom Auge gesehen wird. 
Sogar Abbe' konnte, als er die Notwendigkeit des Begriffes der absoluteu Yer- 
groBerung eines Linsensystems einsah — er nannte dieselbe die vergroBernde 
Kraft — diesen Begriff nur fiir einen bestimmten Abstand des Instrumentes 
vom Auge deduzieren, weil die deutliche Sehweite zu dieser Zeit als etwas 
Reelles imponierte. TatsJichlich ist dieselbe nichts anderes als eine konventionelle 
Projektionsweite. Wird unter Anwendung dieser konventionellen Bezeichnung 
die YergroBerungszahl eines Instrumentes mit n angegeben, so ist die Brechkraft 
desselben 4 n Dioptrien, und ein emmetropisches Auge, welches bei erschlafi'ter 
Akkommodation dasselbe benutzt, erhiilt dabei ein Netzhautbild von einem ge- 
gebenen Objekte, welches «mal so groB ist, als es sein wiirde, wenn es das 
Objekt in einem Abstande von 25 cm vom vorderen Hauptpunkte des Auges 
betrachtete und die reduzierte Lange des Auges bei der niUigen Akkommodation 
unverandert bliebe. 
Die absolute YergroBerung der afokalen Instrumente — der Fernrohre — 
kann nicht durch die obenstehende Formel erhalten werden, ergibt sich aber 
unmittelbar daraus, daB in afokalen lustrumenten die YergroBeruugskoeffizienteu 
uberall dieselben Werte haben, weshalb auch ein solches Instrument durch zwei 
konjugierte Punkte und durch den VergroBerungskoeffizienten in denselben 
detiniei't wird. Der reziproke W^ert dieses YergroBerungskoeftizieuten ist der 
reduzierte anguUireYergroBerungskoeftizient. Wird derselbe durch A: repriisentiert, 
so gilt allgemein 
' Eknst Abbe, Gresammelte Abhandlungen. I. Jena 1904. S. 445. 
G.l VergroBerung durch optiscbe Instrumente 311 
k = 
wo die reduzierte Konvergenz ^-1^ in dem dem vorderen Hauptpiinkte des Auges 
konjugierten Piinkte gemessen wird. Bei emmetropischem Auge ist das Objekt 
unendlich entfernt, wenn das Sj'stem afokal ist. Der Abstand der beiden letzt- 
erwalmteii Puiikte voneinander ist dann im Verhiiltnis zur Objektentferiiung 
unendlich klein, und es gibt somit die Zahl k die absolute VergroBerung des 
afokalen Systems an. 
Die individuelle VergroBerung ergibt sich fiir die verschiedenen Fiille 
durch Diskussion der allgemeinen Fonuel. Ftir eine gewohnliche Lupe findet 
man, indem sowohl S wie D^ positive Werte haben, da6 1 — d'D^, positiv ist, wenn 
der hintere Brennpunkt der Lupe hinter dem vorderen Haupt]nmkte des Auges 
liegt. Die individuelle VergroBerung ist dann bei hypermetropischer Eefraktion 
kleiner als die absolute, bei myopischer Eefraktion groBer und wachst bei der 
Akkommodation, wenn die reduzierte Achsenlange von derselben unbeeinfluBt 
bleibt. Genau das umgekehrte Verhalten findet statt, wenn der hintere Brenn- 
punkt der Lupe vor dem. vorderen Hauptpunkte des Auges belegen ist, wahrend 
beim Zusammenfallen der beiden Punkte die individuelle VergroBerung fiir jede 
Eefraktion gleich der absoluten ist. Setzt man 
indem J der reduzierte Abstand des vorderen Hauptpunktes des Auges vom 
hinteren Brennpunkte des vorgeschalteten optischen Systems ist, so erhalt man 
die Gleichung 
welche der Form nach mit der von Abbe* angegebenen zusammenfiillt. Aus 
derselben ist ersichtlich, daB das oben von einer Lupe Gesagte auch fiir beliebige 
optische Systeme giiltig ist — z. B. auch fiir zusammengesetzte Mikroskope, bei 
welchen D^, negativ ist, 8 bei schwacher VergroBerung negativ sein kann — indem 
die angegebenen Unterschiede der VergroBerung numerische Unterschiede 
darstellen. 
Die durch diese Formel angegebene individuelle VergroBeruug ist somit fin 
Dioptrienwert , wie iiberhaupt das wissenschaftliche MaB der VergroBei'ung ein 
BrechkraftmaB sein muB. Will man eine dimensionslose Zahl haben, so erhalt 
man dieselbe entweder durch Multiplikation iiiit der konventionellen Projektions- 
weite oder mit dem Abstand, in welchem das unbewaffnete Auge den fraglichen 
Gegenstand am vorteilhaftesten sehen wiirde, wobei beide Abstiinde in Metern 
gemessen werden. Ersterer Zahlenwert wiirde keinen Nutzen bringen konnen, 
da die individuelle VergroBerung nur diejenigen interessieren kann, denen der 
Bcgrift' der Brechkraft hckannt ist; letztere Zahl gibt einen Ausdruck fiir den 
individuellen Nutzeffekt des vergroBernden Instrumentes ah. Da die 
akkommodative Verschiebung des hinteren Hauptpunktes zu gering ist, urn in 
Eechnung gezogen zu werden, so liegt hierin der Grund, waruni nur dir Haupt- 
punktswinkel zur Messung der individuellen VergroBerung eines Instrumentes 
• a. a. O. 
t 
312 Die Dioptrik des Auges. [G. 
dienen konnen, sofern aus derselben der individuelle Nutzeffekt erhalten werden 
soil, weil dieser A\'ert einen Vergleich zwischen zwei vei'schiedenen Akkommodations- 
zustanden enthalt, und die NetzhautbildgroBe bei beliebiger Akkommodation dem 
Haiiptpuuktswinkel proportional bleibt. 
Das Wesentliche iiber die VergroBerung eines dem Auge vor- 
geschalteten optischen Instrumentes kann somit dahiu zusammengefaBt 
werden, daB der Ausdruck 
sD^{l + AA], 
■wenn s durch die Zahl 1 ersetzt wird, allgemein die in Dioptrien gemessene 
individuelle, und wenn ^4 = gesetzt wird, die absolute VergroBerung eines 
oiitischen Instrumentes angibt, wiihrend, wenn fiir s die in Meter gemessene 
individuelle Sehweite mit positivem Vorzeichen eingefilhrt wird, die den indivi- 
duellen Nutzeifekt angebende Zahl resultiert, und durch Eint'iihrung der kon- 
ventionellen Projektionsweite auf dieselbe Weise fiir ^ = die konventionelle, 
die VergroBerung angebende Zahl erhalten wird. Macht man wiederum s gleich 
dem Abstande des ersten Hauptpunktes des Auges vom Objekt, so wird die 
Formel mit der von Escheicht und Panum^ angegebenen, irrtumlicherweise auf 
die Knotenpunktswinkel bezogenen, identisch. Positives Vorzeichen gibt hierbei 
eine ohne scheinbare Umkehrung erfolgende VergroBerung an. Zu bemerken 
ist ferner, daB die ganze Herleitung nur fiir sehr kleine Bilder giiltig ist, somit 
sich nur auf die BildgroBe in dem ohne Bewegung des Blickes scharf gesehenen * 
Felde bezieht. Hierbei besteht tatsiichlich kein Unterschied gegeniiber dem 
Ausdrucke von Abbe, in welch en die Tangente anstatt des Winkels eingefiihrt 
ist. Durch eine solche Prozedur wird aber der Giiltigkeitsbereich nicht er- 
weitert, denn Bild- und Objektgi-oBe konnen, soweit es sich um die tatsachUche 
Abbildung handelt, nur dann an Stelle des VergroBerungskoeffizienten eingefiihrt 
werden, wenn das Feld so klein ist, daB der Unterschied des Winkels und der 
Tangente desselben vernachlassigt werden kann. Die gegenteilige Annahme 
beruht auf der Fiktion, daB eine kollineare Abbildung nach der Vorstellung 
von Abbe vorhanden wiire. 
Die eigentiimliche Einrichtung des Sehorgans mit einem sehr kleinen, dafiir 
aber beweglichen, scharfen Bildfelde bedingt es, daB bei der Abbildung aus- 
gedehnter Objekte nicht die GroBe des Netzhautbildes, sondern der Betrag der 
erforderlichen Winkelbewegung maBgebend ist. Zur Darstellung der Ver- 
groBerung ausgedehnter Objekte muB deshalb an Stelle des Hauptpunkts- 
winkels der Drehpunktswinkel eingefiihrt werden, der Winkel, uuter welchem 
das im Instrumente eutstandene Bild vom Drehpunkte aus gesehen wird, und 
es ist hierbei zu beachten, daB die Abbildungsgesetze erster Ordnung nur An- 
niiherungswerte ergeben. 
Wiederum ist es offenbar, daB die Hauptpunktswinkel nicht beim Ver- 
gleich der NetzhautbildgroBe in verscliiedenen Augen angewendet 
werden konnen, weil die reduzierte Achsenlange bei verschiedenen Refraktions- 
zustiinden verschieden ist. Da aber die ophthalmometrischen Untersuchungen 
gelehrt haben, daB die vorkommenden Verschiedenheiten des optischen Systems 
des Auges nicht vom Eefraktionszustande abhiingig sind, so erhiilt man im 
Fokalpunktswinkel ein MaB der NetzhautbildgroBe, welches von der Eefraktion 
' P. L. Pancm, Die scheinbare GroBe der gesehenen Objekte. Arch. f. Ophth. V, 1. 
1859. S. 1. 
G.J Verschiedene MaBe der Sehscharfe. 313 
— wenigstens bei der sogenannten Achsenametropie — unabhangig ist und 
deshalb diesem Zwecke am besten dient. Da die Brechkraft des optischen 
Systems des Auges gleich dem Verhaltnis des Fokalpunktswinkels zur Netzhaut- 
bildgroBe ist, so ist aber der Vergleich der NetzhautbildgroBe in verscbiedeuen 
Augen nur danu ausfiibrbar, wenn diese Brecbkraft in beiden Augen einen und 
denselben Wert bat. Dies scheint fiir die groBe Mebrzabl der Augen an- 
niibernd der Fall zu sein, und die Fiille von Ametropie, welcbe keine Zeicben 
einer Abweicbung biervon aufweisen, werden mit dem Namen Acbsenametropie 
bezeicbnet, wiibi-end der Begriff Kriimmungsametropie die obne Verilnderung 
der Acbsenlange bestehenden Ametropieformen unifaBt. DaB aber bei acbsen- 
ametropiscben wie bei emmetropiscben Augen abweicbende Werte der Brecbkraft 
vorkommen, gebt scbon aus den Untersucbungen von v. Redss^ bervor. Die 
durcb den Fokalpunktswinkel gemessene NetzbautbildgroBe ist somit nur ein 
wabrscbeinlicber Wert, stellt aber vorlautlg den besten dar. 
Endlicb ist, wie Bjeeke^ gefunden bat, beim Yergleicb der Sebscbarfe 
vor und nach der Entfernung der durcbsichtigen Kristallinse der 
\\'inkel anzuwenden. dessen Spitze im scbeinbaren Ort des optiscben 
Zentrums der Linse liegt. (Die Anwendung des vereinfacbten schematiscben 
Auges ist bei der bei diesem Vergleicb erreiebbaren Genauigkeit vollkommen 
zulassig.) Stellt w^ diesen Winkel dar, und ist x der Vergi-oBerungskoeftizient 
in diesem optiscben Zentrum sowie A^B die betreii'ende reduzierte Konvergenz, 
so ergibt sicb 
ffl^ = [3^ A^ = xi3B^, 
und da xB^ bei der Linsenextraktion unverandert bleibeu, so ist dasselbe mit 
dem Verbaltnis —j der Fall. 
P 
Fiir die verscbiedenen Winkel ist die Deduktion identiscb dieselbe wie fiir 
die Hauptpunktswinkel, so daB die drei Ausdriicke 
ft} A A 
allgemeingiiltig sind, wenn w^ den Winkel darstellt, unter welcbem vom Punkte n 
aus das vom vorgescbalteten optiscben System entworfene Bild geseben wird, 
A , die in demselbeii Punkte gemessene Eefraktion des Auges und d A den 
Abstand desselben Punktes vom zweiten Hauptpunkte bzw. vom zweiten Brenn- 
punkte des vorgescbalteten Systems bedeuten. 
Hiermit sind die Mittel angegeben worden. welcbe die Untersuchung der 
durcb die Ametropie sowie durcb die Korrektion derselben bedingten Ver- 
anderungen der Sebscbarfe ei-moglicben. Die Sebscbarfe ist teils ein MaB der 
Funktionstiicbtigkeit der Netzbaut, und muB dann durcb eine Metbode gemessen 
werden, welcbe den Vergleicb der NetzbautbildgroBe in verscbiedenen Augen 
gestattet, mit welcber somit der kleinste Fokalpunktswinkel bei der Fernpunkts- 
einstellung ermittelt wird. Teils ist sie aber aucb ein MaB der Funktions- 
tiicbtigkeit des individuellen Auges. welcber vom Akkommodationszustand un- 
abbiingig sein, mitbin durcb den kleinsten Hauptpunktswinkel gemessen werden 
muB. Ersteres MaB ist die absolute, letzteres die natiirliche Sebscbarfe, 
' a. a. 0. 
= a. a. 0. 
314 Die Dioptrik des Auges. ("G. 
die Formel 
cof D 
S= 5„ 
wo A' die absolute, S^ die natiirliche Sehscharfe darstellt. Fiilirt man an Stelle 
der Refraktion des Auges den Korrektionswert im vorderen Brennpunkte des- 
selben ein, so ergibt sicli, wenn derselbe uiit L bezeicbnet wird, aus der Be- 
ziehung 
1 _ 1 1 
1 ~ T,"^ 
die Formel 
S., = S\\ 
L 
~D 
Der Inbalt dieser beiden Formeln kann, wenn /' den numerischen Wert 
der in Zentimeter gemessenen vorderen Brennweite des Auges darstellt. auf 
folgende Weise ausgedriickt werden. Man erhalt die absolute Sehschiirt'e 
aus der natiirlicben durcb Zuzilblen von /'"/g fiir jede Dioptric der 
Ametropie, und die natiirliche aus der absoluten durch Abziehen 
von /"/g fiir jede Dioptric des Korrektionswertes im vorderen Brenn- 
punkte des Auges. Bei der Anwendung dieser Satze hat man sich aber zu 
erinnern. daB bei Myopie sowohl der Korrektionswert wie die Ametropie negatives 
Vorzeichen habcn und somit Zuziihlen glcichbedeutend mit numerischem Ab- 
zahlen ist und umgekehrt. Dieselben gcben den EinfluB der Aclisenamctropie 
auf die natiirliche Sehscharfe an. Bei reiner Kriimmungsametropie ohne Ver- 
anderung der reduzierten Achsenlange ist die natiirliche Sehscharfe von der 
Ametropie unabhiingig. Dagegen ist die absolute Sehscharfe wic bei Kriimmungs- 
anomalien im emmetropischen Auge bei gleicher Funktionstiichtigkeit der Netz- 
haut der Brechkraft des optischen Systems des Auges umgekehrt proportional. 
Wird bei der Untersuchung der Sehscharfe unter Zuhilfenahmc eines mit 
dem Auge kombinierten optischen Instrumentes die Spitzc des zur Messung 
angewendeten Distinktionswinkels in den vorderen Hauptpunkt des vorgeschalteten 
Systems verlegt, und der durch diese Untersuchung bestimmte scheinbare 
Wert der Sehscharfe als relative Sehscharfe mit .S bezeicbnet, so ist das 
r 
Verhaltnis der relativen Sehscharfe zur absoluten bzw. zur natiirlicben gleich 
bzw. — — und ergibt sich somit unmittelbar aus den oben deduzierten 
Formeln. Die Ausdriicke 
<^0 ^0 ^0 -'^0 
ergeben 
^0 " ■ A, 
i 
welche somit direkt durch Bestimmung des kleinsten Hauptpunktswinkels am 
unbewaffneten Auge ermittelt wird. Da diese beiden MaBe in einem und dem- 
selben Auge einem und dcmselben kleinsten Netzhautbilde entsprechen und den 
Distinktionswinkeln umgekehrt proportional sind, so erhalt man aus der bei 
konstantem Werte von § giiltigen Beziehung jr 
5 =5(1 + <)VL)=5„ (1 + .V^). 
G.] Gegenseitige Beziehungen der Sehscharfenmasse. 315 
wo 8. den Abstand des vorderen Brennpunktes des Auges vom hinteren Haupt- 
punkte des vorgeschalteten Systems bezeichnet. Bei der gewohnlichen Unter- 
suchung mit Brillen ist dieser Abstand so klein, daB er mit Riicksicht aiif die 
bei der Ermittelung der Sehscharfe erreichbare Genauigkeit vernachlassigt 
werden kann, was auch vom Unterscbiede des Wertes L von dem bei dieser 
Untersuchung erbaltenen Korrektionswerte gilt. Da nun bei d. = die relative 
Sehscharfe im akkommodationslosen Auge gleich der absoluten ist, so gilt mit 
einer fiijf die praktischen Verbal tnisse hinreichenden Genauigkeit. daB die ab- 
solute Sehscharfe unmittelbar erhalten wird, wenn die Untersuchung 
unter Anwendung der die Akkommodation aufhebenden Brille statt- 
findet, und daB sich die natiirliche Sehscharfe zur absoluten wie der Korrek- 
tionswert zur Ametropie verhiilt. In welchem Abstande sich die Sehproben 
behnden, ist, wie aus dem Obenstehenden hervorgeht. vollkommen gleichgiiltig, 
aber je kiirzer der Abstand. je starker das angewendete Instrument ist, um so 
genauer muB die Forderung erfiillt werden. daB der Abstand vom vorderen 
Hauptpunkte des letzteren der Sehscharfenbestimmung zugrunde gelegt wird, 
und daB der hintere Hauptpunkt desselben mit dem vorderen Brennpunkte des 
Auges zusammenfiillt. 
Die Formeln lehren weiter, daB die relative Sehscharfe des akkom- 
modationslosen Auges allgemein sich zur natiirlichen Sehscharfe 
verhalt wie die Ametropie zum Korrektionswert im hinteren Haupt- 
punkte des angewendeten Systems, welcher Wert somit nur bei groBem 
Objektabstande mit der Brechkraft des letzteren identisch ist. Bei groBem 
Objektabstande ist aber 
(1 + ^^4; (1 - HD^i = 1 
und somit 
S„ = S, (1 - d-D,), 
woraus folgt, daB, wenn ^' in Zentimetern gemessen wird, die natiirliche Seh- 
scharfe allgemein aus der bei groBem Objektabstande ermittelten 
relativen Sehscharfe durch Abziehen von ()' "/^ fiir jede Dioptrie des 
angewendeten Glases erhalten wird, wobei es gleichgiiltig ist. ob das 
Auge akkommodiert oder nicht. 
Wird anstatt des im Werte der natiirlichen Sehscharfe enthaltenen Winkels 
(o^ der Winkel w, angewendet, dessen Spitze im scheinbaren Ort des optiscben 
Zentrums der Kristallinse liegt, so erhiilt man durch Anwendung dieser Formel 
das Verhaltnis der relativen Sehscharfe nach der Extraktion der durch- 
sichtigen Kristallinse zu der vor der Extraktion gefundenen: 
I - ,) D 
l-S D ' 
wo S^ den Abstand des genannten scheinbaren Ortes vom hinteren Hauptpunkte 
des vorgeschalteten Systems, DD^^ die Brechkraft der vor bzw. nach der 
Extraktion angewendeten Linse darstellt. Zu demselben Resulate gelangt man, 
obwohl auf etwas umstandlicherem Wege, durch den Vergleich der absoluten 
Sehschiirfe, welche sich im linsenlosen Auge zu der im linsenhaltigen wie 
D:D^ verhalt. 
Die Kombination des Auges mit einem optischen Insti-umente , dessen 
hinterer Hauptpunkt mit dem vorderen Brennpunkte desselben zusammenfallt, 
316 Die Dioptrik des Auges. [G. 
gibt das Mittel ab zur Berechnung der durch die Achsenametropie be- 
dingten Veranderung der Bulbuslange. Wie die oben S. 308 angegebenen 
Formeln lebren, ist dabei die Brecbkraft des Totalsystems gleicb der Brecbkraft 
des optischen Systems des Auges, und der vordere Brennpimkt des Totalsystems 
liegt im vorderen Hauptpunkte des vorgescbalteten Systems. Da die Brenn- 
weiten durcb die Kombination unbeeinfiuBt bleiben, so ist die reduzierte Ver- 
scbiebung des binteren Brennpunktes gleicb 
und, wenn D^ der Korrektionswert ist, fiillt der hintere Brennpunkt auf die 
Netzbaut. Unter Zugnmdelegung des exakten bzw. vereiiit'achten scbematiscben 
Auges ergibt sicb, da6 die Lange des achsenametropiscben Auges um 0,389 bzw. 
0,374 mm fiir jede Dioptrie des Korrektionswertes von der Liinge des emmetropi- 
scben abweicbt. Zu demselben Resultate gelangt man durcb Anwendung der 
allgemeinen Brennpunktsgleicbung. 
Wird das Auge mit einem Instrumente kombiniert, dessen hinterer Brenn- 
punkt mit dem vorderen Haupt- oder Brennpunkte desselben zusammenfallt. so 
erhalt man 'durcb Messung des Winkels cc^ D^ im ersteren Falle die natlirliche, 
im letzteren bei akkommodationslosem Auge die absolute Sebscbarfe. wie un- 
mittelbar aus der Formel 
«„= -«o^o (1 + 4 A,) 
hervorgebt, indem fiir beide Fiille J = ist. Da, wie oben bewiesen wurde, im 
ersteren Falle die Retraktion, im letzteren der Korrektionswert dem Abstande des 
vorderen Brennpunktes des vorgescbalteten Systems vom Objekte proportional ist, 
so wurden diese Kombinationen mebrfacb Optometerkonstruktionen zugrunde gelegt. 
Zur Untersucbung der Refraktion braucht man auBer der Kombination mit 
einem optiscben Instrumente nocb einen Indikator, ein Mittel, welcbes angibt, 
ob die Abbildung im Auge scharf ist oder nicbt. Das souverane Mittel bleibt 
immer nocb die Bestimmung der Sebscbiii'fe, welcbe eine objektive Kontrolle 
seitens des Untersucbers ermoglicbt. Einen anderen Indikator fiir das Vor- 
handensein von Zerstreuungskreisen wiirde die Zerlegung der Pupille in Telle 
abgeben, welcbe neben oder nacbeinander fiir die optiscbe Projektion gebraucbt 
werden, wenn nicbt die Aberrationsverbiiltnisse des uormalen Auges die Genauig- 
keit der Resultate beeintriicbtigte. Hierber geboren die auf die Versuche von 
ScHEiNEE und Mile basierten Indikatoron, somit auch die unter dem Namen 
Kineskopie von Holth ^ neuerdings empfoblene Metbode. Ware das Verhiiltnis 
der PupillengroBe zur Aberration im Auge ein solcbes, daB die Gesetze erster 
Ordnung angewendet werden konnten, so wiirde die Tbeorie dieser Untersucbung 
in dem ^^^erte des linearen Projektionskoeffizienten (S. 250) eutbalten sein, 
indem es sicb um eine optiscbe Projektion des vor das Auge gebaltenen Loches 
auf die Netzbaut bandelt. In der Formel 
C=x {1 -d' 93) 
ist dann x der VergroBerungskoeftizient in dem dem Locbe in bezug auf das 
optiscbe System des Auges konjugierten Punkte, (V der reduzierte Abstand 
' S. Holth, Nouveau proeede pour determiner la refraction oculaire. Ann. d' Oculisiique. 
CXXXI. 1904. S. 1. 
Gr.] GroBe der Zerstreuungskreise. 317 
der Netzhaut von diesem Punkte und 33 die in demselben gemessene reduzierte 
Konvergenz des Objektstrahlenbiindels. Ein positives Vorzeichen von C bedeutet 
bier eine gleicbsinnige optiscbe Projektion, somit eine gekreuzte monokulare 
Diplopie bzw. eine entgegengesetzte Scbeinbewegung bei dem ScHEiNERschen 
bzw. MiLESchen Versucbe. Setzt man 
wobei A' den reduzierten Abstand des dem Objektpunkte entsprechenden Bild- 
punktes von der Netzbaut darstellt. so kann, wenn A' der VergroBerungs- 
koeftizient in diesem Bildpunkte und 2t die im Orte des Locbes gemessene 
Konvergenz des Objektstrablenbiindels ist, die Formel in folgender Form ge- 
sebrieben werden: 
91 A' 
A 
aus welcber bervorgebt. daB dem bei einer Verscbiebung des Locbes auf der 
Acbse des Auges im vorderen Brennj)unkte desselben stattfindenden Vorzeicbeu- 
wechsel von x kein Vorzeicbenwecbsel von C entspricbt. 
Dieselben Formeln ergeben allgemein die GroBe der Zerstreuungs- 
kreise, soweit sicb diese aus den Gesetzen erster Ordnung ermitteln liiBt, was 
aber nur bei kleiner Pupille und groBem Einstellungsfebler dem tatsacblicben 
Verbalten annabernd entspricbt. Es 'ist dann 31 S die reduzierte Konvergenz 
des Objektstrablenbiindels. vor der Brecbung in der Eintritts pupille bzw. 
nacb der Brecbung in der Austrittspupille gemessen, worunter der scbein- 
bare Ort der Pupille bzw. der in bezug auf das optiscbe System des Auges 
diesem Orte konjugierte Punkt verstanden wird, und es stellt x den diesen 
Punkten zugeborigen VergroBerungskoeffizienten dar. Wenn 91 die in der Ein- 
trittspupille gemessene (statiscbe oder dynamiscbe) Eefraktion des Auges ist, so 
bat man 
%r = xD + 'St x^'^ = xD-\-'ii ^ = 9t KD = L, 
o o 
folglicb aucb 
x^ii.^]^^-^ ^:j* = ^ 
\d j X D 
und somit 
cr(9i-at) LI %\ 
^ - X -dV~V\1' 
wo C das Verbaltnis des Durchmessers des Zerstreuungskreises zuni Durcb- 
messer der Eintrittspupille und S' den reduzierten Abstand der Netzbaut von 
der Austrittspupille darstellt. Wird in dieser Formel der Abstand der Ein- 
trittspupille vom vorderen Hauptpunkte des Auges und der GroBenunterscbied 
derselben von der Pupillenoil'nuDg vernacblassigt. so wird x = 1 und stellt d' 
die reduzierte Acbsenliinge dar. Die durcb diese Approximation resultierende 
Formel ist fur den allgemeinen Fall von Salzmann ^, fiir den Fall 31 = von 
' M. Salzmann, Das Sehen in Zerstreuungskreisen. Arch. f. Ophth. XXXIX, 2. 1893. S. 83. 
318 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Nagel^ deduziert worden. DaB letztere Formel exakt giiltig ist, hat Gleichen^ 
unter Anwendung des VergroBerungskoeffizienten in der Pupille bewiesen. 
Zur Uutersuchung des Sehens in Zerstreuungskreisen gentigen nicht 
die Gesetze erster Ordnung der Abbildung und optischen Projektion. Denn bei 
mittlerer PupillengroBe bedingt die Aberration des Auges. daB Einstellungsfehler 
von mehreren Dioptrien nicht geniigen. um Schnittlinien der kaustischen Fliiche 
mit der Netzhaut auszuschlieBen, welche eine ein- oder mehifache Abbildung 
von Linien bedingen, wiihrend schon bei der scharfsten Einstellung Zerstreu- 
ungskreise von bedeutender GroBe vorhanden sind. Und bei kleiner Pupille 
spielen wiederum die Erscheinungen der Diffraktion ein. Ersterer Umstand 
macht die exakte Uutersuchung der Tiefe der Abbildung im Auge, der 
Akkommodationslinie Czeemaks. zu einem sehr verwickelten mathematiscben 
Problem und erklart den von Salzmann^ betonten EinfiuB der Ubung. welche 
in der Deutung der durch andere Querschnitte der kaustischen Fliiche ent- 
stehenden Abbildungsfiguren besteht. Diese Ubung ist wiederum von besonderer 
Bedeutung bei der Erklarung der eigentiimlichen Fahigkeit zu lesen bei starker 
unkorrigierter Hypermetropic, fiir welche sonst mit Vorliebe das Yerhaltnis 
der GroBe des Zerstreuungskreises zur GroBe des unscharfen Bildes hinzu- 
gezogen wird. 
Der lineare Projektionskoeffizient C^ bei der optischen Projektion un- 
scharf gesehener Gegenstande auf die Netzhaut ergibt sieb allgemein 
daraus, daB in der Pupille der reduzierte angulare VergroBeriingskoeftizient 
gleich dem reziproken Werte des Unearen VergroBerungskoeffizienten ist: 
C7 = ^. 
Wenn das Objekt reell ist und dem Auge zu nahe steht, um scharf ge- 
sehen werden zu konnen, so ist sowohl C^ wie 2t negativ, wabi-end C und JR — 3t 
positive Werte haben. Fiir diesen Fall gilt somit 
wenn Q O die betreffenden uumerischen Werte angeben. Die allgemein giiltige 
Formel 
C 9i - 9t 
erhalt dann die Gestalt 
Co ?l 
o=,.-| 
1st p der Durchmesser der Eintrittspupille , o die lineare ObjektgroBe, so 
PQ T 
ist — das Verhaltnis des Durchmessers der Zerstreungskreise zur Unearen 
GroBe des auf die Netzhaut projizierten Bildes. Da sich nun unmittelbar aus 
' A. Nagel, Die Anom.alieu der Refniktiou und Akkoramod:ition des Auges. Handb. 
d. ges. Augenheilk. vou Graefe und Saemisch. Bd. VI. Kap. X. 1880. S. 457. 
' A. Gi.EicHEN, Einfiihrung in die medizinische Optik. Leipzig 1904. S. 117. Und: Uber 
die Zerstreuungsfigureu im menschlichen Auge. Arch. f. Optik. I. 1908. S. 211. 
^ M. Salzmann, Das Sehen in Zerstreuungkreisen. Arch. f. Ophth. XL, 5. 1894. S. 102. 
G.J EinfluB der Difii-aktion. 319 
der Formel ergibt, daB bei der Zunahme von O der \\'ert von Q abnimmt, wenn 
9fl einen positiven Wert hat, im entgegengesetzten Falle aber zunimmt, so ist 
dies also damit gleichliedeutend, daB bei Annaherung des Objektes die Bild- 
groBe bei hypermetropischer Eefraktion schneller wachst als die GroBe der 
Zerstreuungskreise, wahrend bei Myopie das umgekehrte Verhalteu stattfindet. 
Hierdurcb hat man erkliiren wollen, daB ein Hypermetrop von lieispielsweise 
8 Dioptrien feinen Druck im Abstande von 5 cm mit unbewafFnetem Auge 
lesen kann. DaB aber bei Hvpermetropie die Verhaltuisse tatslichlich un- 
giinstiger liegen als bei den anderen Eefraktionszustanden, ergibt sich un- 
mittelbar daraus. daB der Wert von Q bei positiver Eefraktion auch bei groBter 
Annaherung des Objektes groBer als die Einheit ist, wahrend bei Emmetropie 
Q stets den ^^'ert 1 hat und bei Myopie dieser Wert nicht erreicht wird. so- 
lange das Objekt dem Auge zu nahe steht, um scharf gesehen zu werden. 
Der diesbezugliche Etfekt des Eefraktionszustandes wird am besten dadurch 
illustriert, daB man ein Objekt wahlt, dessen lineare GroBe gleich dem Durch- 
messer der Eintrittspupille ist. Es stellt dann Q das Verhaltnis des Durch- 
messers der Zerstreuungskreise zur BildgroBe dar, und das Yorzeichen des 
Wertes Q — \ gibt an, ob die den Endpunkten des Objektes entsprechenden 
Zerstreuungskreise sich iiberdecken oder nicht. Man ersieht, daB dies bei 
HypeiTuetropie der Fall ist, wahi-end bei Emmetropie die Zerstreuungskreise 
sich beruhren und bei Myopie ein Zwischenraum vorhanden ist. Es ist somit 
einleuchtend, daB die emmetropische und in noch hohereni Gi'ade die myopische 
Eefraktion fiir die beschriebene Art des Lesens giinstiger ist als die hyper- 
metropische, und daB der Hypermetrop das beste Eesultat erhillt, wenn er auf 
seine Hvpermetropie verzichtet und moglichst stark akkommodiert. Das ist 
nun eben, was er tut, wohl nicht so sehr um durch Anderung der optischen 
Einstellung als durch die begleitende Pupillenverengerung die GroBe der Zer- 
streuungskreise zu vermindern. Emmetropen und Myopen wiirden somit auf 
diese Weise noch besser als die Hypermetropen lesen konnen, wenn sie die- 
selbe Pupillenverengerung erzielen konnten wie die unkorrigierten Hyper- 
metropen und, wie diese, von Kindheit an die Methode geiibt hatten. 
Bei der betreffenden PupillengroBe darf aber die Giite des durch die 
optische Projektion entstandenen Bildes nicht nach der GroBe der Zerstreuungs- 
kreise beurteilt werden, weil die Diffraktion am Eande der Pupille die Licht- 
verteilung innerhalb derselben beeinfluBt^ Man kann sich unter Anwendung 
eines stenopaischen Loches sehr leicht hiervon uberzeugen. Macht man sich 
durch Vorsetzen von starken Konvex- oder Konkavglasern ametrop, und sieht 
man dabei durch ein zv.ischen Glas und Auge vor dem Zentrum der Pupille 
gehaltenes Loch, so sieht man schon bei 2 mm, noch deutlicher aber bei 1 mm 
Durchmesser des Loches eine Lichtkonzentration am Eande des Zerstreuungs- 
kreises, den man von einem kleinen leuchtenden Punkt erhalt. DaB dies eine 
Diffraktionserscheinung ist und nicht etwa von der Aberration der Glaser her- 
rlihrt, folgt teilt daraus, daB das Phanomen bei groBerer Blende ausbleibt, 
teils daraus, daB die Aberration gerade das entgegengesetzte Verhalten bedingen 
miiBte. Da es sich um die Diffraktion handelt, kann der SchluB nicht ge- 
zogen werden, daB der einem schwarzrn Punkte auf weiBer Flache entsprechendo 
' Eine Diskussion der iu geometrisch optischer Hinsicht interessanten Beziehung 
C + C'o = A' wiirdc deslialb keinen pmktischen Nutzen bringen. 
320 Die Dioptvik des Auges. rQ._ 
Schattenkegel sich auf analogs A\'eise verhalte wie der Lichtkegel beim leuchten- 
den Punkte. Die exakte Untersuchung der Einwirkung der Diffraktion in einem 
solcheu Falle wiirde eine sehr scbnierige mathematische Aufgabe sein. Es ist 
aber einleuchtend, daK durch dieselbe Licht im Gebiete des Schattenkegels 
bineingefiibrt. somit aucb die GroBe der Scbattenkreise und die Scbatten- 
verteilung in deuselben beeiniluBt wird. 
Da die scbainbare ObjektgroBe bei der optischen Projektion im Auge durcb 
die Zerstreuungskreise vermebrt wird, so ist es verstiindlicb, daB die VergroBerung 
durcb die Konvexgliiser bei der Korrektiou der bocbgradigen Hvpermetropie 
weniger auflallig ist als die Yerkleinerung durcb die Konkavglaser bei der 
Korrektion der bocbgi-adigen Myopie und daB in den letzteren Fallen, wenn 
bei scblecbter Sebscbarfe kleine Netzbautbilder iiberbau^jt nicbt verwertet 
werden konnen, die Korrektion weniger Nutzen bringt. 
Eine Metbode zur Untersucbung der Zerstreuungskreise, welche von der 
Aberration und der DifTraktion relativ unbeeintiuBt bleibt, ist die chromatiscbe 
Zerlegung derselben. Da in der Formel S. 317 J' fiir verscbiedeue Farben 
verschiedene Werte bat, so mu6 bei der scbarfen Einstellung fiir eine kurz- 
wellige Farbe eiu Zerstreuungskreis der langwelligen entsteben und umgekebrt, 
und diese Zerstreuungskreise miissen urn so deutlicber sicbtbar sein, je mebr 
das Licbt einer binaren Miscbung aus kurzwelligem mit langwelligem Licbte 
gleicbkommt. Eine in dieser Beziebung praktiscb sebi' anwendbare Licbt- 
miscbung liefert ein Kobaltglas von binreicbeud gesattigter Farbe mit dem 
Licbte einer gewobnlicben KerzeuHamme. Die Beobacbtung der farbigen 
Saume eines vor der Licbtquelle befestigten Loches reprasentiert aucb einen 
sebr guten Indikator der Abbildung, wie S. 119 von Helmholtz angegeben 
worden ist. 
Yon den Methoden zur Untersucbung der Refraktion bleibt die 
DuNDEESScbe vorliiuiig alien anderen iiberlegen. Dieselbe bestebt in der Kom- 
bination des Auges mit verscbiedenen Glasern unter Anwendung der Sebscbiirfe- 
bestimmung bei groBem Objektabstande als Indikator der Einstellung. Die 
Untersucbung ergibt somit den Korrektionswert und die absolute Sebscbarfe, 
indem das starkste positive bzw. scbwiicbste negative Glas gesucbt wird, mit 
welcbem das Auge seine maximale Sebscbarfe erreicbt. Die Vorteile dieser 
Metbode bestehen in der durcb die Sehscbilrfebestimmung ermoglicbten objek- 
tiven Kontrolle und in der Erscblaffung der Akkommodation, welcbe erfabrungs- 
gemiiB mit Brillen und bei groBem Objektabstande den meisten Menscben 
leicbter ist als wenn sie in ein Instrument bineinblicken sollen. Auf die 
Details dieser Untersucbung oder auf die librigen optometriscben Methoden 
einzugeben, wiirde bier zu weit fiibren. Es soil nur daran erinnert werden, 
daB, ebenso wie der groBe Objektabstand die Erscblaffung der Akkommodation 
begiinstigt, auf dieselbe Weise ein kurzer Objektabstand dieselbe stimuliert. 
Wenn desbalb die DoNDERSscbe Metbode zur Bestimmung des Fernpunktes 
die geeignetste ist, so wird die zur Ermittelung der Akkommodationsbreite 
erforderliche Bestimmung des Xabepunktes am besten durch direkte 
Messung ausgefiibrt, uacbdem derselbe durcb Vorsetzen einer passend gewiiblten 
Brille in einen fiir die Messung geeigneten Abstand verlegt worden ist. 
Die physiologiscbe Eefraktion des Auges ist bei der Geburt byper- 
metropiscb, wie zahlreiche Untersuchungen bewiesen haben. Die gegenteilige 
OJ.] Physiologische Refraktion des Auges. 321 
Angabe von Jaeger^ beruht, wie Hess^ und Elschnig^ nachgewiesen haben, 
daraiif, da6 er ohne kiinstliche Pupillenerweiterung untersuchte, und da6 die 
Neugeborenen durch Akkommodation ihi'e Eefraktion wenigstens zeitweise 
wesentlich vermindern. Die angeborene Hypermetropie, welche nach den 
Untersuchungen Steacbs* im Mittel 2 Dioptrien betriigt. nimmt schon in der 
Kindheit ab, so daB der normale Eefraktionszustand vom Schulalter ab emme- 
tropisch oder sebr schwach hypermetropisch ist. um sich von der fiinften 
Lebensdekade ab dem der Neugeborenen wieder zu nahern und denselben im 
hiihen Greisenalter approximativ zu erreichen. Steaub ist der Meinung, daB 
der groBte Teil der Hypermetropie wahrend des ganzen Lebens bestehen 
bliebe und durch einen Tonus des Ziliarmuskels verdeckt ware, aber das 
Material, auf welches diese Ansicht gestiitzt wird, diirfte nicht hinreichend 
sein, um die Eichtigkeit derselben zu beweisen. 
Die im ersten Kindesalter erfolgende Veranderung der Eefraktion ist die 
Eesultante der beim Wachstum eintretenden Veranderung der Bulbuslange und 
des optischen Systems. Was letzteres betriift, so ist der Kriimmungsradius der 
Hornhaut zwar beim Neugeborenen etwas kleiner als beim Erwachsenen — 
die Angaben bewegen sich um 7,0 mm herum — aber den groBten Unterschied 
zeigt die Linse, deren Form sich der kugeligen niihert, und welche demgemaB 
einen sehr hohen Totalindex besitzen muB. Die Erreichung der angenahert 
emmetropischen Eefraktion in der iiberwiegenden Mehrzahl der Augen setzt 
offenbar einen beim Wachstum wirkenden reguliei-enden Mechanismus roraus, 
welcher wohl nur darin gesucht werden kann, daB bei der Hypermetropie 
Akkommodationsspannungen von viel liingerer Dauer erforderlich sind als bei 
anderen Eefi-aktionszustiinden, und daB in der kontinuierlichen Akkommodation 
ein Moment vorhanden ist, welches beim Wachstum des Auges refraktions- 
vermindemd wirkt. Durch die bei der Kontraktion des Ziliarmuskels erfolgte 
Spannung der Choi'ioidea ist jedenfalls ein statisches Moment gegeben, welches 
auf das Wachstum der Bulbusachse einwirken konnte, uud durch die bei der 
Akkommodation eintretende Form veranderung der Linse kann ohne Zweifel die 
Anordnung der Isoindizialfliichen und damit audi der Totalindex beim ^^'achs- 
tum beeinfluBt werden. DaB auch andere noch unbekannte regulierende Momente 
vorhanden sein konnen, liegt auf der Hand. 
Die im Greisenalter wiederauftretende Hypermetropie findet ihre Erklarung 
teils in der durch die vermehrte Besistenz der Bulbushiillen und den ver- 
minderten Druck der umgebenden Gewebe bedingten Formveranderung. deren 
Existenz durch die ophthalmometrische Untersuchung der Hornhaut bewiesen 
ist. teils aber auch in den senilen ^'eraIlderungen der Linse. Ob ersteres 
Moment eine meBbare VergroBerung des Hornhautradius bewirkt. diirfte wohl, 
wie oben betont wurde. noch nicht mit 8icherheit bewiesen sein, daB es aber 
eine Verkiirzung der Augenachse um eiuige Zehntel Millimeter zu bewirken 
' Ed. v. Jaeoee, Uber die Eiustellungen des dioptrischen Apparates im menschlichen 
Auge. Wien 1861. 
- a. a. 0. S. 2«4. 
' Bemerkuugen iiber die Refraktiou der Neugeborenen. Zeitschr. t'. Augenlieilk. XI. 
1904. S. 10. 
* M. Stkaub, Die normale Eefraktion des menschlichen Auges. Zeitsclir. f. Physiol, d. 
Sinnesorg. XXV. 1901. S. 78. — Uber die Atiologie der Brechungsauomalien des Auges 
und den Ursprung der Emmetropic. Ai-ch. f. Ophth. I.XX. 1. 1909. S. 130. 
V. Helmholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 21 
322 Die Dioptrik des Anges. [Q.. 
imstande ist. diirfte wohl kaum einem Zweifel unterliegen. Letzteres Moment 
kaun wiederum nicht nur durcli Erliohung des Kortikalindex, sondern aucli 
durch veranderte Form der Isoindizialflaclien ein Herabdriickeu des Totalindex 
bewirken. Endlich ist die Einwirkung der senilen Pupillenverengerung in 
Eecbnung zu zieben, welcbe bei uormaler Aberration eine. obwobl geringe 
Erhobung der Eefraktion bewirken muB, da ein bei mittlerer PupilleiigroBe 
emmetropiscbes Auge bei unendlicb kleiner Pupille eine Hyjiermetropie von 
1 D. aufweisen miiBte. 
Die im End stadium senile Veranderung der Linse beginnt in der friihesten 
Kindbeit, was damit im Zusammenbang stebt, daB die Linse eine gescblossene 
Epitbelbildung darstellt. wo keine Abfubr moglicb ist. wobl aber, wie aus den 
Untersucbungen von Peiestlet Smith' bervorgebt. wabrend des ganzen Lebens 
eine konstante Zufubr stattfindet. (Jbjektiv zeigt sicb diese Veranderung am 
lebenden Auge durch eine stetige, bei geeigneter Untersucbung obne Schwierig- 
keit wabrnebmbare Zunabme der Fluoreszenz,- dann durcb das Auftreten der 
HESSscben Kerubildcben, welcbe eine Diskontinuitiitstiacbe in der Indexvariation 
beweist, die, weun man so will, die GrenzHacbe zwiscben einem Kerne und einer 
Kortikalscliicbt ausmacbt, und endlich durch eine zunebmende dift'use Reflexion 
des Licbtes und eine im boberen Alter immer gelber werdende Farbe des vom 
Kern reflektierten Lichtes, sowie manchmal durcb eine Verdoppelung des in 
der binteren Linsenflache entstehenden PcEKiNjEscben Bildes, wenn es in einer 
den Kernaquator streifenden Bicbtung untersuebt wird. An der toten Linse 
findet man dementsprecbend neben der stetigen GroBenzunabme eine fort- 
scbreitende Sklerosierung der zentralen Partien und Differenzierung des Kernes. 
Funktionell zeigt sich diese Veranderung in einer fortscbreitenden Abnahme 
der Akkommodationsbreite, welcbe von dem Zeitpunkte an konstatiert 
werden kann, wo diese anfangt gemessen werden zu konnen. Die grundlegenden 
Untersucbungen von Dondees^ haben hierzu folgende Zahlen ergeben: 
Lebensalter 
Akkommodationsbreite 
in Jabren 
in 
Dioptrien 
10 
14 
15 
12 
20 
10 
25 
8,5 
30 
7 
35 
5.5 
40 
4,5 
45 
3.5 
50 
2.5 
55 
1,75 
60 
1 
65 
0,5 
70 
0,25 
I 
' The growth of the crystalline lens. Brit. Med. Journ. I. 1883. S. 112. 
* A. GuLLJ^TRAND, Die Farbe der Macula centralis retinae. Arch. f. Ojihth. LXII, 1. S. 43. 
» a. a. 0. 
G.l Physiologische Abnahme der Akkommodationsbreite. 323 
Bei der Verwertung dieser Zablen hat man sich aber daran zu erinnern, 
da6 die Untersuchung die Grenze der Wahrnehmbarkeit kleinster Zerstreuungs- 
kreise angibt, das erhaltene Ma6 somit von der Tiefe der Abbildung abhangig 
ist und von der PupillengroBe beeinfluBt wird. Es diirfte deshalb die senile 
Abnahme der Akkommodationsbreite etwas rascher fortschreiten, als die Tabelle 
angibt, und man kann dieselbe fiir je 5 Jahre nach dem vierzigsten mit hin- 
reichender Genauigkeit auf 1 D. schatzeu. 
IJnter Presbyopic wird das Hinausriicken des Nahepunktes jenseits der 
konventionellen deutlichen Sehweite verstanden. Hierbei ist das iiltere MaB 
dieser Sehweite. 22 cm, gemeint. wiihrend bei der Berechnung der VergroBerung 
das von der AsBEschen Schule einget'iihrte neuere MaB, 25 cm, angewendet wird. 
Fiir ein emmetropisches Auge beginut somit die Presbyopie nach dem vier- 
zigsten Jahre. In praktischer Hinsicht spielt aber die habituelle PupillengroBe 
hierbei eine wichtige Eolle. Dieselbe wird sehr hilufig durch eine Krankheit, 
welche den Allgemeinzustand herabgesetzt hat, oder durch neurasthenische 
Zustande beeinfluBt, und so entsteht durch VergroBerung der Pupille das jedem 
Ophthalmologen bekannte Bild einer plotzlich entstandenen Presbyopie bei 
emmetropischen Fiiufzigjahi'igen. Dem Begriffe der Presbyopie entsprechend 
wird der korrigierte Ametrop allgemein in demselben Alter presbyopisch wie 
der Emmetrop, wilhrend der unkorrigierte Hypermetrop triiher, der unkorrigierte 
Myop spater oder gar nicht presbyopisch wird. 
Auf die Anomalien der Refraktion bier nilher einzugehen, wiirde bei 
dem jetzigen Stande der Wissenschaft viel zu weit fiihren. Die ungeheure 
Entwicklung derselben seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Hand- 
buches tritt erst recht klar zutage, wenn man sich erinnert, daB die Trennung 
der Hypermetropie von der Presbyopie dort erst in einem Nachtrage erwiihnt 
wurde. Der grundlegenden Arbeit von Dondees^ schlieBen sich zusammen- 
fassende Darstellungen von Mauthner^, Nagel' und Landolt* an, wahrend 
Hess^ unter Anwendung des exakten Dioptriebegrift'es das Gebiet wesentlich 
umgestaltet und die Darstellung auf die den Anforderungen der Zeit ent- 
sprechende Hohe gebracht hat. 
Die Hypermetropie ist in den typischeu Fallen angeboren und gehort 
in das Gebiet der Achsenametropie. In den hoheren Graden ist dieselbe als 
eine Hemmungsbildung aufzufassen und offers von anderen MiBbildungen — 
Astigmatismus, Asymmetrie, abnorme Gestalt der Sehnervenpapille u. a. m. — 
begleitet, in den niedrigeren diirfte sie als Wachstumsanomalie erklart werden 
miissen. Von den atypischen Hypermetropieformen ist die nach Extraktion der 
Linse eintreteude — welche das auffallendste Beispiel einer Krummungsametropie 
darstellt — die bei weitem hautigste. 
' a. 11. 0. Deutsch von 0. Becker: Die Anomalieu der Refraktion iiud Akkommodation 
des Auges. Wien 1866. 
^ a. a. 0. Vorlesungen iiber die optischen Fehler des Auges. Wien 1876. 
* a. a. 0. Die Anomalien der Refraktion und Akkommodation des Auges. In Haudb. 
d. ges. Augenheilk. von Geaefe und Saemisch. Bd. VI. X. Kap. 1860. 
* E. Landolt, La refraction et t'aecoitimodalion de Voeil. In Trattr compl. d'ophth. [lar 
Wecker et Landolt. T. III. Paris 1887. 
'' a. a. 0. Die Refraktion und Akkommodation des menschlichen Auges und ihre 
Anomalieu. Leipzig 19(12, und im Handb. von Graefe und Saemisch. 2. Autl. II. T. 
XII. Kap. 
21* 
324 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Die typische Myopie ist hingegen eine erworbene Anomalie, gehort aber 
wie die typische Hypermetropie zu den Achsenametropien. Die niedrigsten 
Grade diirften. wie bei der Hypermetropie, eiufach eine Wachstumsanouialie 
darstellen, wahrend die hochsten Grade zweifellos eine Krankheit reprasentieren. 
Wie es gewissermaBen der Willkiir uberlassen ist, wo die Grenze zwischen einer 
Wacbstumsanomalie uud einer Krankheit gezogen werden soil, so ist auch die 
Auffassung der Ophthalmologen von der Stellung der haufigen mittleren Grade 
noch nicht einstimmig geworden. Als ursachliche Momente kennt man eine 
angeborene oder durch Schwachezustande erworbene Disposition und die Ein- 
wirkung angesti-engter Nahearbeit. Die Disposition wird meistens auf eine zu 
groBe Nachgiebigkeit der Bulbushiillen zuriickgefiihrt, diirl'te aber auch in den 
statischen Verhaltnissen beim Wachstum zum Ausdruck kommen konnen, wie 
aus der Pradisposition der Dolicbocephalen hervorgeht. Uber die Art und 
Weise, in welcher die angestrengte Nahearbeit schadlich wirkt, sind die 
Meinungen im Laufe der Zeit weit auseinander gegangen. Die Ansicht, daB 
die Akkonimodation eine Erhohung des iutraokularen Druckes bewirke, welcher 
die Ophthalmologen der Jetztzeit das A^orurteil der Laien und mancher Fath- 
leute gegen die voile Korrektion der Myopie verdanken, ist durch exakte Unter- 
suchungen widerlegt worden. Auch der Gedanke, daB die bei der Nahearbeit 
notige Konvergenz die Schuld trage, diirfte in den Fallen, wo die Konvergenz 
normal ist uud ohne abnorme Anspannung samtlicher auBerer Augenmuskeln 
erfolgt, nicht mehr aufrecht erhalten werden konnen. Dagegen ist es ein- 
leuclitend, daB eine angestrengte Fixation unter Anspannung samtlicher auBerer 
Augenmuskeln ebenso wie das habituelle krampfahnliche Zukneifen der Lider 
bei offener Augenspalte verlangernd auf die Augenachse wirken kann. Und 
vveun in der kontinuierlicheu Akkommodation des kindlichen hypermetropischen 
Auges der EegulierungsprozeB liegt, welcher die emmetropische Eelraktion 
hervorbringt, so ist es auch wahrscheinlich, daB eine iibermaBig angestrengte 
Akkommodation myopief'ordernd wirkt. Jedenfalls bezeugt die klinische Er- 
fahrung ein relativ haufiges Zusammentreffen von Myopie uud solchen, schon 
in der Kindheit vorhanden geweseuen Zustiinden. welche wegen schlechter Seh- 
schiirfe eine iibermaBige Auuaherung an die Arbeit veranlassen, wie Schichtstar, 
Hornhauttiecke, Astigmatismus, abnorme Dezentration, Falle, in welchen die 
Akkommodation durch die begleitende Pupillenverengerung das Sehen unver- 
haltnismaBig verbessert, und deshalb auch leicht iibermaBig in Anspruch ge- 
nommen wird. 
Wenn aber liber die Art der Einwirkuug der Nahearbeit die Meinungen 
noch auseinander gehen, so ist die Notwendigkeit der Vorbeuguug gegen unnotig 
angestrengte Nahearbeit ein anerkanntes Kampfmittel gegen die Verbreitung 
der Myopie, welches u. a. in den WaBregeln der modernen Schulhygieue An- 
wendung findet. Den glanzenden Sieg, den Schweden mit diesem Mittel ge- 
wonnen hat, bezeugt die Zusammenstellung von Wiiimakk. ^ In der Aufgebung 
des gotischen Druckes und der sog. deutschen Handschrift steht Deutscbland noch 
ein Mittel zu Gebote, rait welchem sein Ruf als Myopieland wahrscheinlich 
beeinfluBt werden konnte. 
' J. WiDMABK, Uber die Abnahme der Kurzsichtigkeit in deu holieren Knabenschiileu 
Schwedens. Mitt. a. d. Augenkliuik d. Carol. Med.-Chir. lust, zu Stockholm. X. Het't. 
1909. 8. 41. 
G.] Anomalien dei- Refraktion. 325 
Nach dem Gesagten ist es einleuchtend, da6 die besonders uuter unkorri- 
gierten My open verbreitete Ansicht, die Myopie ware eine Art Anpassimg an 
die Bediirfuisse der Kultur, Tollkommen falsch ist, indem eher, wenn man Kultur 
mit Nahearbeit identitizieren will, die Myopen diejenigen darstellen, welche die 
Kultur mit einer Invaliditat bezahlen milssen. 
Fiille von atypischer Myopie, welche in die Kategorie der Kriimmungs- 
ametropie gelioren, kommen bei abnormer Form der Hornhaut und der Linsea- 
flachen vor. In dieselbe Kategorie, obwohl eigentlich eine ,,Indexmyopie" dar- 
stellend, gehort die im Zusammenbang mit den senilen Veranderungen der 
Linse im hohen Alter auftretende Myopie, sowie die zuerst von Hirschberg^ 
bei Diabetes, von Moauro^ bei Ikterus und von Schieck^ bei einer Darm- 
erkrankung gefundene temporare Myopie, wahrend die bei Iritis vorkommende 
temporiire Myopie, welche von Schapringer'* als eine Indexmyopie aufgefaBt 
wurde, durch Entspannung der Zonulafasern bei der Schwellung des Ziliarkorpers 
erkliirt wird. Die senile Myopie ist stets von einer charakteristischen Ver- 
anderung der Aberration begleitet und beruht auf einer Erhohung des Total- 
index der Linse. In dieser Richtung kann eine Erhohung des Kernindex 
wirken, die Myopie kann aber auch ohne Veranderung desselben entstehen, 
indem bei der fortschreitenden Sklerose die Form der Isoindizialflachen geandert 
warden kann. Das Endstadium ist entweder die unter dem Namen des „falschen 
Lenticonus" gehende Losung des durchsichtigen Kernes von der Kortikalsubstanz 
oder eine, gewohnlich mit iiberwiegender Kernsklerose einhergehende, Starbilduug. 
Die bei Diabetes vorhandene Disposition zur Starbildung macht es wahrscheinlich, 
dalJ die Falle von bleibender Myopie bei alteren Diabetischen ilbnlich sind. 
Die temporare Myopie wurde von Moadro und Schapringer auf eine Index- 
erhohung des Kammerwassers bezogen, was aber, wie Hess^ gezeigt hat, un- 
moglich ist. Dieselben diirften um so eher auf eine durch die verilnderte Zu- 
sammensetzung der die Linse umgebenden Fliissigkeit bedingte Indexveranderung 
der Linsensubstanz zuriickzufiihren sein, als dadurch auch die bei Diabetes 
beobachtete temporare Hypermetropie erklart wird. Wenn namlich die der 
Indexveranderung entsprechenden NiveauHachen nicht mit den Isoindizialflachen 
zusammenfallen , so wird die Anordnung derselben verandert, und kann der 
Totalindex bei der individuellen Verschiedenheit im Verlaufe der Isoindizial- 
flachen dadurch sowohl erhoht wie herabgesetzt werden. 
Zu den Ametropien im beschrankteren Sinne gehort der Astigmatismus 
nicht, da derselbe keinen eigentlichen Einstellungsfehler, sondern einen die 
exakte Einstellung vereitelnden Bildungsfehler ausmacht. Wahrend bei den 
eigentlichen Ametropien von einer einzigen Abbilduug in der Fovea centralis 
die Rede sein kann, ist dies beim Astigmatismus nicht mehr zuliissig, sondern 
es mussen beide Abbildungen auseinander gehalten werden. Im ersteren Falle 
besteht eine punktformige Korrespondenz von Objekt und Bild, im letzteren 
' J. HmscHBERG , Diabetische Kurzsichtigkeit. Centralblatt f. prakt. Augenh. XIV. 
1890. S. 1. 
■ G. MoAURO , Di alcune alteraxioni oculari in malattie epatiche. Lavori delta din, 
oeulixt. di Napoli. III. 1893. S. 100. 
^ F. ScHiECK, ijber temporare Myopio. Klin. Monatsbl. f. Augenh. XLV. 19U7. S. 40. 
* A. Schapringer, The proximate cause of the transient form of myopia associated with 
iritis. Amer. Journ. of ophth. X. 1893. Si. 399. 
^ a. a. 0. S. 341. 
326 Die Dioptrik des Auges. [G. 
nicht. Abgebildet wei'den nur Linien. welche zu den Hauptschnitten parallel 
sind, wenn diese Symmetrieebeneu darstellen. sonst aber einen spitzen Wiiikel 
miteinander bilden konnen, wahrend die Bildlinien auf der Netzhaut aufeinaiider 
senkrecbt stehen. Bei binreicbend bohen Graden kann daher auch iu den 
regelmiiBigsten Fallen das Vorbandensein von Astigmatismus konstatiert und 
die OrientieruDg der Hauptscbnitte ermittelt werden, indem der Kranke unter 
den auf einer Tafel gedruckten Meridianlinien eines Kreises die beiden bei 
verscbiedener Einstellung scbarf gesebenen Linien angibt. sei es, daB die Anderung 
der Einstellung durcb die Akkommodation oder durcb vorgebaltene Glaser bewirkt 
wird. Die Kiirze der Brennstrecke in den gewiibnlicben Graden im Verliiiltnis 
zu der GroBe der Aberration bewirkt aber, daB bei normaler PupillengroBe die 
Verbaltnisse viel komplizierter sind, indem verscbiedene Scbnitte der kaustiscben 
Flacbe eine verscbiedene Eicbtung der abbildbaren Linien bei verscbiedener 
Einstellung bzw. eine doppelte Abbildung bedingen. Die Ricbtung der abbild- 
baren Linien, welcbe den Hauptscbnitten entsprecben. kann dabei nur derart 
gefunden wei'den, daB die Brennstrecke in ibrer ganzen Ausdebnung vor die 
Netzbaut verlegt vvird, indem dieselbe mit der Ricbtung der Kanten der kaustiscben 
Flacbe zusanimenfiillt, und nur die bintere Kante als alleinige Scbnittlinie der- 
selben mit der Netzhaut funktionieren kann. wie es aus der Fig. 121 S. '25t> 
bervorgeht. Diese Form der kaustiscben Flacbe erlautert die Irrigkeit der sebr 
verbreiteten Ansicbt. daB der Grad des Astigmatismus unter Anwenduug der 
Meridianlinientigur bestimmt werden konne. Dies kann nur unter Anwendung 
der Sebscbarfe als Indikator gescbeben, indem die inaximale Sebscharfe des 
Auges — nicbt etwa nur die ..normale" — der ricbtigen Korrektion des Astig- 
matismus entspriclit. Die Hautigkeit des Astigmatismus und der Komplikation 
desselben mit abnormer Dezentration des Auges bewirkt, daB eine gewissen- 
bafte Bestimmung der Refraktion und Sebscbarfe groBere Anspriicbe an den 
Untersucber stellen kann als jede andere mir bekannte wissenscliaftliche Unter- 
sucbung. 
Die Grenze des normalen Astigmatismus des Auges diirfte bei deni Wert 
0,5 D. gesetzt werden mlissen, wobei im jugendlicben Alter die direkte, im 
boberen die inverse Form iiberwiegt. Es folgt bieraus, daB im jugendlicben 
Alter ein inverser Astigmatismus von 0,5 D. scbon als patbologiscb au- 
zuseben ist. Die kliniscbe Erfabrung lebrt auch, daB derselbe dem Kranken 
lastiger sein kann, als ein direkter Astigmatismus von 1 D. und mehr. 
In den typiscben Fallen von abnormem Astigmatismus ist der Febler an- 
geboren und ofi'enbar durcb statiscbe Verbaltnisse bei der Entwicklung und dem 
Wacbstum des Auges bedingt. Erv.-orbener Astigmatismus kommt. von dem 
normal im bohen Alter entstebenden und dem beim Glaukom durcb die Druck- 
erhobung bedingten, inversen, abgeseben, hauptsiichlicb nach Erkrankungen und 
operativen Eingrifi'en an der Ho)-nbaut vor. 
G.] 327 
IV. Der Mechanismus der Akkommodation. 
Fiir die dioptrische Untersuchung der akkommodierenden Linse biaucht 
man die Kenntnis der Formveriinderuug der Flachen und der Dickenzuiiahme, 
wahrend die iibrigen bei der Akkommodation wahrgenommenen Veriinderungen 
weniger Bedeutung flir die Dioptrik der akkommodierenden Linse als fiir den 
mechanischen Vorgang bei der Akkommodation haben. 
Um mm das Problem des Mechanismus der Akkommodation zuniichst vom 
optisciien Standpunkte aus in Angriff zu nehmen, so ist es, um die Daten des 
dem oben angegebenen schematischen Auge entsprechendeu schematischen 
akkommodierenden Auges ermitteln zu konnen, hinreichend, wenn die den 
genannten Veriinderungen entsprechende Anderung der optischen Einstellung 
des Auges bekannt ist. Nun bedingen aber die Schwierigkeiten , welche durch 
die Dezentrationen der brechenden Flachen verursacht werden, und die unserer 
Kenntnisse von der Gestalt der peripheren Telle der Linsenflilchen anhaftenden 
Mangel, da6 die erforderlichen Daten vorlaufig nicht hinreichend sicher bekannt 
sind. Es fehlt zwar nicht an Dntersuchungen, aber die Ergebnisse kounen nur, 
was das Vorriicken des vorderen Linsenpoles und die Kriimmungsveranderung 
der vorderen Linsenttilche betrifft, als einigermaBen zuverlassig angesehen 
werden. Auf Grund der alteren Beobachtungen^ wilhlte Helmholtz die 
schematischen Werte 0,4 bzw. 6 mm fiir die ( )rtsveranderung des vorderen 
Linsenpoles und den Krtimmungsradius der vorderen Linsenfliiche im akkommo- 
dierenden Auge, wahrend der Betrag der optischen Eiustellungsanderung durch 
die Berechnung ermittelt wurde. Die Einstellungsiinderur.g diirfte aber bei der 
Beobachtung groBer sein, als es sich bei dieser Berechnung herausstellt, da 
bisher von keinem Beobachter eine Verkleinerung des Radius auf die Halfte 
koustatiert worden ist, und das akkommodierende schematische Auge von Helm- 
holtz nur eine Eiustellungsanderung von 6,5 Dioptrien reprasentiert. Auch die 
neuen Untersuchungen von Tscherning und Besio^ stimmen, wenn man sich 
an die relative Veriinderung der Kriiramung hillt und die den Untersuchungs- 
methoden anhaltenden Fehlerquellen beriicksichtigt, sehr gut zu diesen Werten. 
TsCHEHNiNG fand zwar in dem von ihm untersuchten Falle kein Vorriicken 
der vorderen Linsenfliiche, aber an deren Stelle ein Zuriickweicheu der hinteren, 
so daB eine Liusenverdickung von 0,3 mm resultierte, was er unter Betonung, 
daB die Ortsbestimmung der Linsenflachen nicht sehr genaue Werte gibt, auf 
individuelle Verschiedenheiten zuriickfiihi-t. Hierzu ist nur zu bemerken, daB 
die Ortsbestimmung wesentlich sicherere Resultate ergibt, wenn die Vorsichts- 
maBregel von Hklmholtz beobachtet wird, welche darin liegt, daB die Unter- 
suchung nach gegenseitigem Wechsel in der Aufstellung des Fernrohres und der 
Lichtquelle erneuert wird, und wenn man die Hornhaut nicht als eine sphiirische 
Fliiche behandelt. 
Zu ahnlichen Eesultaten bin auch ich selbst gekommen. Ich hatte die 
Gelegenheit, wiihrend liiugerer Zeit einen intelligenten IQjiihrigen jungen Mann 
wiederholt zu untersuchen, welcher ein auBerordentlich giitei- Schiitze ist und 
' S. die oben zitierteu Arbeiteu vnn Knapp, Adamuk uud Woinow, Mandei.stam uud 
ScHOLER, Rer-h sowie die Zusainmenstelluug iu der 2. Auti. dieses Haudbuclis S. 117. 
- a. a. O. Zusammengestellt bei TsciiEnNiNo a. a. 0. Kncycl. fr. d'opltth. 'I'. HI. S. 26('). 
328 Die Diopti-ik des Auges. [G. 
auch sehr gut fixiert. Die Ermittelung cler Tiefe der yorderen Kammer geschah 
nach der Methode von Helmholtz, der Radius der Vordertlache der Linse 
wurde mit seinem Ophthalmometer unter Anwendung der ophthalmometrischen 
Nernsthimpen direkt gemesseu. und die Berechnung wurde mit den exakten fiir 
die Abbildung bei schiefem Durchgang des Lichtes geltenden Formeln ausgefiihrt. 
Fiir die Yerschiebung des Linsenpoles bei der Akkommodation auf eine in 
10 cm Abstand von der Hornhaut befestigte Nadel erhielt ich Werte zwischen 
0.3 und 0,4 mm. Fiir den Eadius der vorderen Linsentlache erhielt ich bei 
Akkommodationsruhe Werte zwischen 10,34 und 10,42 mm, bei Akkommodation 
auf 10 cm Werte zwischen 5,5 und 5,9 mm. Die bessere Ubereinstimmung der 
Werte der vorderen Flilche der ruhenden als derjenigen der akkommodiereuden 
Linse diiri'te einesteils die Genauigkeit der Messungen, anderenteils aber auch 
die Schwierigkeit der genauen Akkommodation in der Niihe des Nahepunktes 
illustrieren, weshalb auch der kleinste Wert der richtige sein diirfte. 
Von einer bei der Akkommodation eintretenden Ortsveranderung der 
hinteren Linsenfliiche ist bisher nichts bekannt. Die Untersuchungen haben 
zwar manchmal eine geringe Yerschiebung rlickwarts oder nach vorn ergeben, 
aber die Methoden besitzen keine solche Genauigkeit, da6 uicht diese Yer- 
schiebung auf die Fehlerquellen auch dann bezogen werden konnte, wenn die 
Linse wirklich homogen wiire. Die Eigenschaften des heterogenen Mediums 
bedingen aber noch andere Fehlerquellen, indeni bei der Formveranderung der 
Linse der Verlaufstypus der Isoindizialflachen verandert wird. wie es sich unter 
anderem in einer Anderung des Totalindex kundgibt. Dies wiire nun von keiner 
so groBen Bedeutung, wenn bei der Untersuchung der hinteren Linsentlache 
der axiale Strahlengang benutzt werden konnte, well dann eine Korrektion 
leichter einzuflihren ware. Da aber mit Notwendigkeit schief einfallendes Licht 
verwendet werden muB, so fehlen die zur Korrektion notigen Mittel, solange 
nicht die genaue Form der vorderen Linsentlache sowohl im ruhenden wie im 
akkommodiereuden Auge bekannt ist. Hierzu kommt noch, daB wegen der bei 
der Akkommodation eintretenden Pupillenverengerung die in der hinteren 
Linsentlache entstehenden Spiegelbilder oft nicht bei derselben Eichtung der 
Augenachse untersucht werden konnen, wie die vorderen, wenn das Eesultat 
nicht diirch eine kiinstliche Pupillenerweiterung auBerhalb der Grenzen des 
streng physiologischen Gebietes verlegt wird, und daB die Zeotrierung des 
Auges durch die Akkommodation beeinfluBt wird. Anbetrachts dieser Fehler- 
quellen ist es nicht auffallend, daB fiir die akkommodative Yeriinderung der 
Kriimmung der hinteren Linsenfliiche ziemlich abweichende Angaben gemacht 
werden. So fand unter den alteren Untersuchern Knapp Unterschiede von 
0,5 bis 1,5 mm zwischen dem Radius der ruhenden und der akkommodiereuden 
Linse. In dem von Tschekning gemessenen Falle ging der Eadius der hinteren 
Linsenflache bei der Akkommodation von 5,7 nur bis auf 5,3 mm herunter, 
wiihrend der Radius der vorderen Linsenfliiche 9,7 bzw. 5,4 mm betrug, aber 
auf der anderen Seite bewegen sich die Zahlen von Besio um einen Unterschied 
von 1,0 mm. 
Aus diesen Untersuchungen kann, wenn die obengenannten Fehlerquellen 
beachtet werden. kein auderer SchluB mit Sicherheit gezogen werden, als daB 
eine akkommodative Ortsverilnderung der hinteren Linsenfliiche 
bisher uicht bewiesen ist, und daB die Krummung der hinteren Linsen- 
fliiche bei der Akkommodation, obwohl in geringem Grade, zunimmt. 
G.l Akkommodative Veranderung der Linsenform. 329 
Zu demselben Resultate ist neuerdings auch Geetz^ unter Anwendung einer 
eigenartigen Methode gekoiiimen. Er untersuchte die Bedingungen, uuter welchen 
der S. 192 erwahnte Lichttleck als ein scharfes Bild, das sekundare katadioptrische 
Bild, gesehen wird. Die wegen des uuiimganglichen schiefen Lichteint'alls auftreten- 
den Krscheinungeu astigmatischer Strableubrechung deuten zwar Fehlerquellen an, 
welclie die Methode, die sonst zur Kontrolle schematisclier Augen geeignet ware, 
dazu unbrauchbar macben. Gektz bat auch keine diesbeziiglicben Scbliisse ge- 
zogen, wobl aber gefunden, daB im untersucliten Falle der bintere Linsenpol 
bei der Akkommodation keine inerklicbe axiale Verscbiebung erfuhr, und daB 
die Kriiinmung der binteren Linsenflilcbe in dem gemeinigliob angenommeuen 
Grad akkonimodativ zunabm. Da es sicb bierbei nur um deu Vergleicb der 
Ergebiiisse verscbiedener Untersiicbungen eines und desselben Auges unter dem 
Eintiusse abulicber Feblerquellen bandelt, so diirften sich die Febler groBten- 
teils gegenseitig aiifbeben und der ScbluB berecbtigt sein. 
Um eine scbematiscbe akkommodierende Linse darzustellen, empfieblt es 
sicb. die Verbaltnisse bei maximaler Akkommodation in jugendlichem Alter vor 
dem Aut'treteu der Diskontinuitatsfiiicbe in der Linse zu repriisentieren. Icb 
babe desbalb die Einstellung auf annilhernd 10 cm x4.bstand von der Hornbaut 
gewahlt und im AnscbluB an die oben erwabnten, von mir gefundenen Zablen 
angenommen, daB sicb der Kriimmungsradius der vorderen Linsenflilcbe bei der 
Akkommodation vom Werte 10 auf den Wert 5,33 mm verkleinere. wiibrend 
fur die akkommodative Verscbiebung des vorderen Linsenpoles der von Helm- 
HOLTZ angenommene Wert 0,4 mm beibebalten ist. Bei dem geringen Werte, 
der deu Bestimmungen der akkommodativen Formveranderung der binteren 
Linsenriache beigelegt werden kann, bleibt die Wabl der Kriimmung der binteren 
Linsentiacbe im akkommodierenden Auge gewissermaBen der Willklir iiberlassen. 
Es scbeint desbalb die Wabl der symmetriscben Form berecbtigt, weil das 
scbematiscbe Auge die maximale Akkommodation darstellen soil und, soweit 
aus den Messungen gescblossen werden kann, die Linse sicb bei der Akkommo- 
dation dieser Form moglicbst niibert. Die biermit angenommene akkommodative 
Kriimmungsveranderung der binteren Linsenflilcbe liegt einerseits zwiscben dem 
von Helmholtz und den von seinen Schiilern gefundenen Werten, andererseits 
aber aucb zwiscben dem von Tscheening und den von seinem Scbiiler ge- 
fundenen, in beiden Fiillen demjenigen des Lebrers niiber. Von der Zu- 
verliissigkeit dieses Wertes kann aber nur gesagt werden, daB unsere bisberigen 
Kenntnisse nicbt ausreicben, um einen besseren anzugeben. Die Wabl des be- 
stimmten Wertes 5,33 fiir die Kriimmungsradien geschiebt desbalb, weil dieser 
Wert den mit dem Gesetze von Mattuiessen iibereinstimmenden Wei't des 
Totalindex ergibt und dadurch die matbematiscbe Priifung dieses Gesetzes er- 
moglicbt, obne dabei von dem meiner Untersucbung entsprecbenden Werte mebr 
abzuweicben, als durcb die Feblerquellen der Metboden erkliirt werden kann. 
Da bei der Akkommodation die vordere Linsenflacbe einer groBereu Ver- 
anderung unterworfen ist als die bintere, so ist anzunebmen, daB bei der Ver- 
dickung der Linse der vor dem Punkte mit maximalem Index belegene Teil 
einer groBeren Veriinderung unterliegt, als der bintere, wesbalb ein symnietrischer 
Bau der akkommodierenden Linse aucb in dieser Hinsicbt wabrscbeinlicb ist. 
' H. Gertz, tjber das sekundare katadioptrische Bild des Auges. Skand. Arch. f. 
Physiol. XXII. 1909. S. 299. 
330 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Die Brechkraft tier Linse liiBt sich aus der optischen Einstellung, den Daten 
des Hornhautsystems und der Lange des schematischen, nicM akkommodierenden 
Auges auf gewohnliche Weise berechnen. Unter Anwenduiig eines optischen 
Zentrums der zu berechnenden Linse erhillt man einen Approximativwert von 
rund 33 Dioptrien. Da jede Linsenfiache die Brechkraft von 9,375 D. hat. und 
da weiter die in die Rechnung einzufiihrende Brechkraft der Kernlinse etwas 
groBer als der exakte Wert sein muB, die Brechkraftsumme der Einzelsysteme 
wiederum die Totalbrechkraft iiljersteigt, so ergibt sich der approximative Wert 
von 15 D. fiir die in die Berechnung einzufiihrende Brechkraft der Kernlinse. 
Die auBer den so bestimmten Werten zur Ermittelung der Indizialgleichung 
der akkommodierenden Linse noch notigen zwei Gleichungen ergeben sich aus 
den beiden Bedingungen, daB hei der Formveranderuug keine Kompression im 
Linsenzentrum stattfinde, und daB das von der groBten geschlossenen Isoindizial- 
flache begrenzte Volumen bei der Formveranderuug unveriindert bleibe, welche 
Bedingungen sich daraus ergeben. daB die bei der Akkommodation wirkenden 
Krafte zu schwach sind um durch Kompression das Volumen und die physi- 
kalischen Brechungsindices der einzelnen Teilchen merkbar zu verandern. 
Die in die Berechnung der akkommodierenden schematischen Linse ein- 
gefiihrten Werte sind somit: 
-x^=x,^2 Oj = - p, = 5,383 ... D = 0,015 
und ergeben folgende Konstanten der Indizialgleichung 
m = 0,0025031 , n = 0,0023443 , 
p^ = 0,0224907 , p^ = 0,0021085 , j;„ = 0,0008399 , 
wahrend wegen des symmetrischen Baues 31 und .V gleich Null sind. Ich habe 
dieselben zuniichst, wie bei der nicht akkommodierenden Linse, zur Berechnung 
einer Anzahl Koordinaten der Schnittpunkte der den Brechungsindizes 1.386 
und 1,404 entsprechenden Isoindizialtlachen mit einer Meridianebene benutzt 
und stelle diese Schnittlinien in der Fig. 134 den in der Fig. 133 reproduzierten 
der nicht akkommodierenden Linse angehorenden gegeniiber. Die in diesen 
Figuren sichtbaren schematischen Schnittlinien der Linsenfliichen habe ich da- 
durch konstruiert, daB dieselben so weit wie moglich gegen den Aquator hin 
als parabolisch behandelt wurden, wiihrend die Verbindungsstiicke willkiirlich 
gestaltet sind und schiitzungsvfeise der Bediugung geuiigen, daB das zvvischen 
den Linsenflachen und der groBten geschlossenen Isoindizialtiache enthaltene 
Volumen bei der Formveriinderung unveriindert bleiben soil Ich betone es 
ausdriicklich: diese Figuren sind nur betrefls der Isoindizialfliichen und nur 
unter der Annahme des symmetrischen Baues der Kernlinse bei maximaler 
Akkommodation voUkommen exakt. Ihr Zweck ist, den optischen Mechanismus 
der Akkommodation, soweit es sich um die Abbildungsgesetze erster Ordnung 
auf der Achse handelt, objektiv darzulegen und den Zusammenhang dieses 
optischen Mechanismus mit der Dynamik der akkommodativen Veriinderung 
der Linse schematisch zu illustrieren. Betreffs ersterer Frage ist zu bemerken, 
daB ein geringer Kriimmungsunterschied, wie er, wenn man den ophthal- 
mometrischen Messungen hinreichende Beweiskraft zuerteilen wollte, wohl in 
manchem Auge vorhanden sein konnte, nur einen sehr kleinen Wert von N be- 
wirken wiirde, dessen EintiuB auf den Verlauf der Isoindizialflachen kaum merkbar 
G.] 
Intrakapsularei- Akkommodationsmechanismus. 
331 
■ware, wovon man sich librigens auch ohne Eechnung leicht uberzeugen kann, 
wenn man bedenkt, daB die relativ starke Durclibiegung der akkommodations- 
loseu Linse nur den durch die Fig. 133 reprasentierten asymmetrischen Verlauf 
der Isoindizialtiacben bewirkt. Was wiederum den Zusamnienhang des optischen 
Mechanismus mit der Dynamik der Akkommodation betrifft, so wird weiter 
unten darauf zuriickzukommen sein und es soil bier nur gleicb darauf aufmerk- 
sam gemacbt werden, daB, wenn die vordere Linsenflilcbe in Ubereinstiuimnug 
mit den Untersucbungen von Besio eine starkere periphere Abilacbung hat als 
die hintere. dadurcb eine Asymmetrie der auBeren Linsenform obne Asymmetrie 
der Kernlinse bedingt werden konnte. 
Ein Vergleicb des Verlaufs der Isoindizialflacben in der rubenden und 
akkommodierenden Linse lebrt unmittelbar, daB die bei der Dickenzunabnie 
der Linse stattlindende Verscbiebung 
einzelner Teilcben in der Ricbtung 
nacb der Acbse zu den gi-oBten Betrag 
in der Aquatorealebene erreicht, und 
daB bier die der Linsenacbse naber 
liegenden Teilcben sicb mebr ver- 
schieben als die naber dem Aquator 
belegenen. Wie aus der matbe- 
matiscben Untersucbung bervorgebt, 
ist letzteres Verbalten ein Ausdruck fiir 
die Veranderung des Totalindex bei 
der Formveriinderung der Linse. Da 
dasselbe nun aus dem anatomiscben 
Baue der Linse a priori biltte postu- 
liert werden konuen, so folgt bieraus, 
daB die bei der Akkommodation ein- 
tretende Veranderung des Totalindex 
mit Notwendigkeit durcb die anato- 
mische Struktur der Linse bedingt wird. 
Um diesen Zusammenbang zu versteben, braucbt man sicb nur daran zu 
erinnern, daB die Linsenfasern vorn und binten befestigt sind und im Verlaufe 
Bogen bescbreiben, welcbe nacb dem Aquator zu konvex sind. Wenn sicb bei 
der Dickenzunabme der Linse die Befestigungspunkte der Fasern voneinauder 
enti'ernen, muB der Bogen gestreckt werden, wobei die ausgiebigste Dislokation 
der Teilcben in den von den Befestigungsstellen am weitesten entfernten Partien 
der Fasern stattfinden muB. Wenn die Linse stets symmetriscb ware, miiBte 
somit eine zentripetale A'erscbiebung am Aquator stattfinden. Bestimmt man 
an jeder Linsent'aser den Punkt, wo die zentripetale Verscbiebung den Maximal- 
wert bat, und legt man durcb diese siimtlicben Punkte eine Flacbe, die Flache 
maximaler akkommodativer Verscbiebung, so wiirde diese Flacbe mit der 
Aquatorealebene zusammenfalleu. Da nun aber die rubende Linse asymmetriscb 
ist, und die Formveriinderung sicb wesentlicb an der vorderen Flacbe abspielt, 
so muB die Flacbe maximaler akkommodativer Verscbiebung nacb vorn konkav 
sein. Dieser ausscblieBlicb aus dem anatomiscben Baue der Linse unter Be- 
riicksicbtigung der asymmetriscben akkommodativen Formveriinderung gezogeue 
ScbluB ergibt sicb aucb direkt aus den obenstebenden Figuren als Resultat der 
matbematiscben Analyse. Die geringe Formveriinderung der binteren Linsen- 
Fig. 133. 
Fig. 134. 
332 Die Dioptrik des Auges. [G. 
flache beweist, daB die Befestigungspunkte der dieser Fliiche anliegenden Linsen- 
fasern sich bei der Akkommodation durchschnittlich weniger voneinander ent- 
femen miissen als diejenigen der der vorderen Linsentiiiche anliegenden Fasern. 
Da nun erstere Fasern durchschnittlich mehr peripheriewarts an der vorderen. 
mehr zentralwarts an der hinteren Flache befestigt sind, wahrend letztere 
Fasern sich umcekehrt verhalten, so muB wahrend der Akkommodation der 
Abstand des hinteren Linsenpoles von der vorderen Anhel'tuugszone der Zonula 
relativ weniger veriindert warden als der Abstand des vorderen Linsenpoles 
von der hinteren Anheftungszone, und muB die Yerschiebung an der vorderen 
Anhettungsstelle in einer mit der Tangente der Flache annahernd zusammen- 
fallenden Richtung stattfinden. Es geht somit aus dem anatomischen Baue der 
Linse hervor, daB bei der akkommodativen Formveranderung die Kriim- 
mungszunahme der vorderen Linsenfliiche von einer axipetalen Yer- 
schiebung der vorderen Anheftungsstelle der Zonulafasern begleitet 
ist. Wie aus den obenstehenden Figuren hervorgeht, beweist die mathema- 
tische Untersuchung das Yorhandensein einer eutsprechenden Yerschiebung an 
den dieser Anheftungsstelle am nachsten liegenden Teilen der groBten ge- 
schlossenen Isoindizialtliiche. 
Da die Flache maximaler akkommodativer Yerschiebung Querschnitte oder 
wenig schriige Schnitte der Linsenfasern enthalt, so muB die Geschwindigkeit 
der akkommodativen zentripetalen Bewegung dieser Schnitte in einem der Achse 
naher liegendem Punkte groBer sein als in der Nahe des Equators Wenn 
z. B. in 4 mm Abstand von der Achse eine zentripetale Bewegung von 0.1 mm 
stattfindet. so ist der Flacheninhalt der durch den Kreis mit dem Radius 4 mm 
hindui'chgehenden Fasernquerschnitte gleich 0.8 n qmm, und muB derselbe 
Flacheninhalt durch den Kreis mit dem Radius 2 mm hindurchgehen, was hier 
einer zentripetalen Bewegung von 0.2 mm entspricht. Dieser Mechanismus 
konnte zwar dadurch verhindert w'erden, daB die naher der Achse belegenen 
Fasern bei der Akkommodationsruhe schief, in der akkommodierenden Linse 
aber senkrecht von der Flache maximaler Yerschiebung geschnitten wiirdeu, 
wenn ein solcher Yorgang in dem dazu erforderlichen Grade moglich ware. 
Urn den skizzierten Unterschied der zentripetalen Yerschiebung auszugleichen, 
miiBte aber der schiefe Schnitt einen Winkel von 60" mit dem senkrechten 
bilden, was offenbar undenkbar ist. Es geht somit aus dem anatomischen Baue 
der Linse auch noch hervor, daB die iiquatorealen Durchmesser der kleineren 
Isoindizialflachen bei der Akkommodation relativ mehr verkiirzt werden als die 
der groBeren. Da die mathematische Untersuchung bewiesen hat, daB dies ein 
Ausdruck fiir die Zunahme des Totalindex ist, so folgt hieraus, daB die durch 
die physiologisch-optischen Untersucliungen bewiesene Zunahme des Total- 
index der Akkommodation direkt aus dem anatomischen Baue der 
Linse deduziert werden kann. DaB bei dieser Yerwertung des anatomischen 
Baues der Linse von der Moglichkeit einer Yerilnderung der sogenannten 
S-formigen Kriimmung der Linsenfasern abgesehen worden ist. beruht darauf, 
daB diese Kriimmung, welche darin ihren Ausdruck findet, daB die Projektion 
einer Linsenfaser auf die Aquatorealebene nicht geradlinig ist, nur durch radial 
gerichtete Yertiefuugen und Erhebungen beeiuHuBt werden kann, indem dieselbe 
durch die reihenformige Auorduung der Befestigungspunkte der Linsenfasern 
bedingt wird, und eine Yerschiebung der einzelnen Fasern zueinander an diesen 
Punkten ausgeschlossen ist. Dagegen folgt es wiederum aus der anatomischen 
G.] Schematische akkommodierende Linse. 333 
Anordnung der Linsenfasern , da6 bei der akkommodativen Formveranderung 
solche Vertiefungen und Erliebungen an den Isoindizialflachen entweder ent- 
stehen oder, wenn schon vorhandeu, veriindert werden miissen. Denn sonst 
wiirden dieselben bei der Akkommodation eine Verminderung des Flachen- 
inhaltes eiieiden, was wobl moglich ware, wenn die Linse aus frei beweglichen 
Teilchen zusammengesetzt wiire, l)ei der tatsacblich durcb die Anordnung der 
Fasern bescbriinkten Verscbieblicbkeit aber unmoglich ist. Die matbematiscb 
notwendige Folge dieser akkommodativen Veranderung der Isoindizialtlacben 
ist aber die Veranderung der um einen leucbtenden Punkt sicbtbaren Strablen. 
Durcb das Hineindrangen einzelner Fasern zwiscben andere kann eine 
geriuge Indexerbobung an einem bestimmten Punkte entsteben, obwobi die 
pbysikaliscben Indices der einzelnen Fasern nicbt verandert werden. Auf diese 
Weise wird es erkliirlicb, daB die in den Figuren reprasentierte kleinere Iso- 
indizialflache bei der Akkommodation scbeinbar dem vordereu Linsenpol etwas 
naber kommt, indem der beim Vorrucken groBer gewordene Flilcbeninbalt des 
der Acbse nacbstliegendcn Teiles derselben ein Hineindringen von Fasern aus 
der zentralen Partie bedingen muB. 
Es hat somit die dioptriscbe Untersuchung der akkommodierenden Linse 
zur Kenntnis des in der Linsensubstanz vorsichgebenden akkommodativen Ver- 
anderungen getubrt, und es bat sich dabei herausgestellt, daB diese Verande- 
rungen, welcbe zweckmiiBig unter dem Namen des intrakapsularen Akkom- 
modationsmechanismus zusammengefaBt werden konnen, nicbt nur im 
voUsten Einklange mit dem anatomischen Baue der Linse steben, sondern aucb 
den ursiicblichen Zusammenbang dieses Baues mit der durcb die Refraktions- 
anderung bei der Entt'ernung der Linse und bei der Akkommodation be- 
wiesenen akkommodativen Veranderung des Totalindex der Linse beweisen 
und erkliiren. 
Die zur Berecbnung der schematiscben akkommodierenden Linse notigen 
Daten, Brecbkraft der Kernlinse und Orter der Hauptpuukte derselben sind 
mit dem Millimeter als Einheit 
Z'^ = 0,01496, -//- If' = 0,012566, 
wo die Abstilnde, wie bei der akkommodationslosen Linse, vom Linsenzentrum 
gerecbnet werden. Bei der Ermittelung der aquivalenten Kernlinse zeigt 
es sicb, daB eine matbematiscb exakte Aquivalenz unmoglicb ist, weil die Haupt- 
puukte der reellen Kernlinse zu weit auseinander liegen. Die Werte 
d = 2,6551 , 
welcbe dem bei der aquivalenten Kernlinse erreicbbaren maximalen Hauptpunkt- 
abstand entsprechen, sind aber fiir die scbematische Linse hinreicbend genau, 
da der Unterscbied des Hauptpunktinterstitiums der reellen und der aquivalenten 
Kernlinse nicbt den Wert von 0,007 mm erreicbt. Die Zusammensetzung der 
drei Einzelsysteme der Linse ergibt fiir das Vollsystem derselben mit dem 
Meter als Einbeit: 
Z>, = 33,055 , 1000 «3 i/( = - 1000 w^ H[ = 1,9419 , 
welcbe Werte fiir die reelle Kernlinse gelten. Fiir die aquivalente ergibt sich 
33,056 bzw. 1,9449. 
334 Die Dioptrik des Auges. [G-. 
Der Totalindex ist in dem exakten schematischen Auge 1,426 und erhiilt 
im System des vereinfachten schematischen Auges unter Venaachlassigung der 
Hauptpimktdistanz dt'n Wert 1.424. 
Ich stelle in I'olgender Tabelle unter Zugrundelegung der aquivalenten 
Kernlinsen die Werte des exakten und des vereinfachten schematischen Auges 
in Akkommodationsruhe und in maximaler Akkommodation nebeneinander. Die 
Brechkrafte sind in Dioptrien, die LangenmaBe in Millimetern angegeben. 
Wiihrend das exakte scliematische Auge in Akkonimodatiousruhe eine 
Hypermetropie von ID. auf der Achse hat, uni tatsiichlich das eninietropische 
Auge zu reprasentieren, kann dieser EinfluB der Aberration nicht betreffs 
des akkommodierenden Auges in Eechnung gezogeu werden, da der Betrag der 
Aberration desselbeu bisher unbekannt ist. Wegen der bei der Akkommodation 
eintretendeu Pupillenvereugerung wird aber jedenfalls die Einwirkung einer 
eventuell vorhandenen Aberration wesentlich vermindert. Dieselbe Pupillen- 
verengerung bewirkt aber auf der anderen Seite, daB der praktische Nahepunkt 
des schematischen Auges dem Auge etwas niiher liegen muB als der exakte 
Nahepunkt, indem die Tiefe der Abbildung hinzugezahlt werden muB. 
Zu dem vereinfachten schematischen Auge ist zu bemerken, daB der Unter- 
schied des Totalinde.x der Liuse von den obeu augegelieuen, der Liuse des 
exakten schematischen Auges entsprechenden Werten darauf beruht, daB anstatt 
der Hauptpunkte der Liuse ein optisches Zentrum angenommen ist, und daB 
bei Akkommodationsrulie von der Einwirkung der Aberration abgesehen wird. 
Auf eineu Vergleich niit den bisher vorgescMageueu schematischen Augen 
hier einzugehen, dilrfte um so eher iibertlussig sein, als dieselben wohl manch- 
mal die durch die Refraktionsanderuug bei der Linsenextraktion sich ergebende 
Brecbkraft der Linse berucksichtigen, dabei aljer den Zusammenhang der Form- 
veranderung der Linse mit dem Betrage der Akkcmmodation in der Regel 
vollkommen unberiicksichtigt lassen, was seiuen Grund oft'enbar darin hat, daB 
ein den Tatsachen entsprechendes schematisches Auge erst durch die Keuntnis 
der Dioptrik der heterogenen Medien ermoglicht worden ist. Nur soli lietreffs 
der Brechkraftwerte darauf aufmerksam gemacht werden, daB dieselben nicht 
mit den Augalieu von Tscheening und seinen Schiilern direkt vergleichbar 
sind, weil bei ibnen der wissenschaftliche Begriff der Brechkraft nicht iiberall 
angewendet wird, und die Dioptric keine MaBeinheit kommensurabler GriiBen 
darstellt. 
Ein Vergleich des Linsensystems des exakten schematischen Auges in 
Akkommodationsruhe und in maximaler Akkommodation, wie in der Fig. 135, 
deutet, obwohl nur schematisch, den oben l»e\viesenen intrakapsularen Mechanisnms 
der Akkommodation an. 
Wabrend somit dieser Mechanisnms fiir die ganz jugendliche Linse bekannt 
ist, kann man sich betreffs der Linse des mittleren und hijheren Lebensalters 
nur auf dem Wege der Vorstellung dem Problem nahern, weil die Gestalt der 
Diskontinuitiitsflachen in der Linse unbekannt ist. Solange die Liuse einen 
kleinen axialen Spalt aufweist, wie es in Kinderaugen der Fall ist (s. die 
schematische Zeichnung von Babuchin Fig. 136), wird der intrakapsalare Mecha- 
nismus wahrscheiulich uuverandert bleiben, indem dieser Spalt bei der Spanuung 
der Zonula verkiirzt werden und der meridionale Durchschnitt desselben ent- 
weder die Gestalt eines kleinen Kreuzes oder eines radiiiren Spaltes aunehmen 
muB. Wenn mit zunehmendem Alter die zeutralen Partien homogener werden, 
G.] 
335 
Scliematisches Auge. 
Exakt 
Vereinfacht 
Akkommoda- 
I! tionsruhe 
Max. Akkom- Akkommoda- : Max. Akkom- 
modation tionsruhe 1 raodation 
Brechungindex. 
Homhaut 
Kammerwasser und Glaskorper . 
Linse 
Aquivalente Kernlinse .... 
Ort. 
Vordere Hornhauttlache . . . 
Hiutere Hornhautriilche . 
Vordere Liusenflaelie 
Vnrdere Fliiche d. iiquiv. Kernlinse 
Hintere Fliiche d. iiquiv. Kernlinse 
Hiutere Linsenfliiche 
Optisches Zentrum der Linse . . 
Kriimmuugsradius. 
Vordere Hornhautflache .... 
Hintere HornhautHiiche .... 
Aquivalente Hornhautfliiche 
Vordere Linsenfliiche 
Vordere Fliiche d. iiquiv. Kernlinse 
Hintere Flache d. iiquiv. Kernlinse 
Hiutere Linsenfliiche 
Brechkraft. 
Vordere Hornhautflache .... 
Hiutere Hornhautfliiche .... 
Aquivalente Hornhautfliiche . . 
Vordere Linsenflache 
Kernlinse 
Hintere Linsenflache 
Hornhautsystera. 
Brechkraft 
Ort des ersten Hauptpunktes . 
Ort des zweiten Hauptpunktes 
Vordere Brennweite . . . . 
Hintere Brennweite . . . . 
Linsensystem. 
Brechkraft 
Ort des ersten Hauptpunktes . 
Ort des zweiten Hauptpunktes 
Brennweite 
Vollsystem. 
Brechkraft 
Ort des ersten Hauptpunktes . 
Ort des zweiten Hauptpunktes 
Ort des ersten Brennpuuktes . 
Ort des zweiten Brennpuuktes 
Vordere Brennweite . . . . 
Hintere Brennweite . . . . 
Ort der Netzhautfovea . . . 
Axiale Refraktion 
Ort des Nahepunktes . . . . 
1,316 
1,336 
1,386 
1,406 
0,5 
3,6 
4,146 
6,565 
7,2 
7,7 
6,8 
10 
7,911 
- 5,76 
- 6 
43,83 
- 5,88 
5 
5,985 
8,33 . , 
43,05 
0,0496 
0,0506 
23,227 
31,031 
19,11 
5,678 
5,808 
69,908 
58,64 
1,348 
1,602 
15,707 
24,387 
17,055 
22,785 
24 
1,0 
1,376 
1,336 
1,386 
1,406 
0,5 
3,2 
8,8725 
6,5275 
7,2 
7,7 
6,8 
5,33 . . 
2,655 
2,655 
5,33 . . 
48,83 
- 5,88 
9,375 
14,96 
9,375 
43,05 
0,0496 
0,0506 
23,227 
31,031 
33,06 
5,145 
5,255 
40,416 
70,57 
1,772 
2,086 
- 12,397 
21,016 
- 14,l(i9 
18,930 
24 
- 9,6 
102,3 
1,336 
1,413 
5,85 
10 
43,08 
7,7 
12,833. 
43,08 
23,214 
31,014 
20,53 
5,85 
5,85 
65,065 
59,74 
1,505 
1,631 
15,235 
23,996 
16,740 
22,365 
24 
1,336 
1,424 
7,8 
5,33 . . 
- 5,33 . . 
43,08 
16,5 
16,5 
43,08 
23,214 
31,014 
33 
5,2 
5,2 
40,485 
70,54 
1,821 
2,025 
- 12,355 
20,963 
- 14,176 
18,938 
24 
- 9,7 
100,8 
336 
Die Dioptrik des Auges. 
[G. 
beginnt die Formveranderlichkeit im Liuseuzentrum abzunehmen, wobei die 
maximale KriimmungsveranderuDg der Linsenflachen nicht diesellie Erhiihuns 
des Totalindex der Linse bedingen kanu. Es folgt hieraus, daB die Akkom- 
modationsbi'eite schou abnimmt, Ijevor die Veranderungen im Kerne die Kriim- 
mungsveranderung der Linsenfliicben beeinfiuBt. Bei der Formveraiiderung 
miissen, sobald die zentraleu Teile weniger beweglicb werden, Sjiannuiigeu eut- 
stehen, welcbe zur BikUing der Diskontinuitiitsflacbe fubren. Dies wird durcb 
die neuerdings von ZEEMAij' beschriebene Yerdoppehmg des in der biuteren 
Linsenflacbe eutstebenden Sjiiegelbildes bewiesen, welcbe, wie oben bemerkt 
wTirde, iu mancher seniler Linse geseben werden kann. wenn man in einer den 
Kernaqiiator streifeuden Richtung imtersucbt, welcbe aber von Zeeman selbst 
Fig. 136. 
Kg. 135. 
falscblicherweise auf eiuen supponierten hinteren Lenticonus bezogeu wiirde. 
DaB endlicb mit zunebmender Kernsklerose die Kriimmuugsanderuug der Linsen- 
flacben — wenigstens der vorderen — bebindert wird, lial)eu die T^ntersnclmngen 
von Adamuk und ^^'oINOW- bewiesen. 
Bei der Untersucbung des extrakapsularen Akkominodatiousmecba- 
nismus empiieblt es sicb zuniicbst die am menscblicbcu Augc beobacbteteu 
Tatsacben zusammeuzustelleu. 
' W. P. C. Zeeuan, Uber die Form der hinteren Linseniiache. 
Augenheilk. XLVI. 1908. S. 83. 
- a. a. 0. 
Klin. Monatsbl. t'. 
G.] _ Akkommodative Pupillenverengerung. 337 
AiiBei' der schon gewiirdigten Krummuugsanderung der Linsenflachen 
und der Dickenzunahme der Linse maclite Helmholtz in erster Linie auf 
die die Akkouimodation begleiteude Pupilleovereugeruug aufmerksam. Es 
ist gestritten worden, ob dieselbe mit der Akkommodatioa oder mit der Kon- 
vergenz der Gesiclitslinien assoziiert sei. Hieriiber haben klinische Beobach- 
tiiugen gelekrt, da6 bei vollstiindiger diphtberischer Labmiing der Akkommo- 
datiou die Pupillenvereugerung mit der Kouvergeuz erfolgt, imd daB bei 
Abweseubeit der Kouvergeuz die akkommodative Pupilleuverengeruug unbebindert 
sein kann. Das wahrscbeinlichste dlirt'te sein, daB alle drei Inuervationen mit- 
einander assoziiert sind uud durcb den Impuls zum scharfen Sehen in der 
Niihe ausgelost werden. (Daraus, daB die Pupille durch mecbaniscbe Momente bei 
Entleerimg der vorderen Kammer verengert wird, kann man nicht, wie Tscheening, 
deu ScbliiB zieben, daB die akkommodative Pupillenvereugerung durch mecba- 
niscbe Momente bedingt werde.) Die Funktion der akkommodativen Pupillen- 
vereugerung ist in der VergroBerung der Tiefe der Abbildung zu erblicken, 
indem die notigen Akkommodatiousvariatiouen beim Betrachten uaher Gegen- 
stiinde dui'cb die vergroBerte Tiefe wesentlicb veruiindert werden. IVIit der 
Aberration hat sie, wie weiter unten gezeigt werden soil, nichts zu tuu. Welche 
Yorteile diese Pupillenverengerung bietet, diirfte man in der Zeit vor der Er- 
tindung der Augenglaser leicbter verstanden haben als jetzt, weil sie damals 
das einzige Mittel gegen die normale Presbyopie darstellte. 
Die bei der Akkommodatiou eintretende Veranderung der gestalt- 
licheu Verbaltnisse der vorderen Kammer wird seit der Ertindung der 
CzAPSKi sehen binokuliiren Lupe am besten mit dieser beobachtet, da die von 
Helsiholtz angegebenen Versuche aus sogleicb zu erorterndeu (.Triinden nicht 
immer positive Resultate ergeben. Man kann iu dem mit diesem Instrumente 
erhaltenen stereoskopischen Bilde ohne Schwierigkeit nicht nur das Hervortreten 
der zentralen Partien, sondern auch — wenigsteus bei ausgiebiger Akkommo- 
dation im jugendlichen Alter — das Zuriickweichen in der Peripherie mit 
Sicherheit konstatieren. Letzt;res Moment ist eine notwendige Folge des 
ersteren, da die in der vorderen Kammer enthaltene Fltissigkeitsmenge wegen 
der phvsiologischen Anklebung der Ii-is an der vorderen Liusenkapsel nicht 
durcb Zuriickstromen in die hintere Kammer venungert werden kann, erreicht 
aber nicht denselben Betrag, weil die aus den zentralen Teilen entwichene 
Fltissigkeitsmenge in der Peripherie einen Eaum mit groBerem Durchmesser 
und demnach geringerer Dicke einnimmt. Hieraus t'olgt offenbar nicht, daB der 
von Helmholtz angenommene Mechanismus der peripheren Tiefenzunabme der 
vorderen Kammer nicht wirksam sei, sondern nur, daB derselbe fiir diesen 
Zweck iibertliissig ware. DaB er jedenfalls nicht ausreichend ist, beweist ein 
Fall von Ulbeich', wo in der Iris eine durch eine diinne Membran ausgeklei- 
dete Liicke vorhandeu war, dadurch daB sich die Membran bei der Akkouimo- 
dntion eiustiilpte. Da die beini Yorriicken des zeutraleu Teiles der hinteren 
\^ aud der vorderen Kammer drohende Raumbeschrankuug derselbeu dui'ch ein 
Zirruckweichen der peripheren L'isteile kompensiert wird, so miiBte bei unver- 
audertem Fliicbeninbalte der Iris eine Erweiteruug der Pupille zustaude kouimen, 
oder, was damit gieichbedeutend ist, die mecbaniscbe Einwirkung der 
' H. Ulbrkh , Zur Lehre vou der iutiaokulareu Fliissigkeitsstromung. Ber. fiber die 
34. Vers. d. Ophth. Ges. Heidelberg 1907. IS. 105. 
V. Helmholtz, Physiologische Optik. 3. Aufl. I. 22 
338 Die Diopti-ik des Auges. [G. 
akkouimodativt'D FormYeriluderung der Linse aut'die Iris ist piipilleu- 
erweiterud. lu t]l)ereiustimnnnig hierinit entsteht hei pli'itzlicher traiiinatischer 
Raumbescbrankimg in der vordereu Kammer entweder ein LosreiBen der Iris 
von ihrer Anheftungsstelle oder, wenn sie geniigend Zeit znm Eutweieheu hat, 
eine Umstiilpuug derselbeu. 
Die akkommodative Verengerung der Eiutrittspupille geschieht 
niclit konzentrisch. Dies wurde schon in der ersten Epoche der Ophthal- 
mometrie bewiesen, indem sowohl Knapp' wie Adamuk und Wuinow-. deren 
Untersuchungen imter der Leitung von Helmholtz ausgefiibrt wurden, konstant 
eine akkommodative Verschiebung des Pupillenzentrums in nasaler Richtung 
fanden. Da bei diesen Untersuchungen das Ophthalmometer in der Achse der 
SchmiegungseUipse aufgestellt war, und der Mittelpunkt der Eiutrittspupille 
nasalwarts von dieser Achse lag, so dlirfte diese exzentrische Verengerung der 
Eiutrittspupille nicht durch die Asymmetrie der Hornhaut erklart werden 
konnen. sondern es dlirfte mit groBter Wahrscheinlichkeit die anatomische 
Pupille dasselbe Verhalten zeigen. DaB, wenn dies nicht der Fall wiire. doch 
die Eintrittspupille eine Dezentration in bezug auf die Visierlinie zeigen muB, 
ist leicht einzusehen. Denn von zwei zur Visierlinie parallelen Strahlen, welche 
zum temporalen und nasalen Ende des horizontalen Durchmessers der Eintritts- 
pupille gehen. hat ersterer einen groBeren Inzidenzwinkel in der Hornhaut als 
letzterer. Mit der GroBe des Einfallswinkels und mit dem Abstande des Inzideuz- 
punktes von der Pupillenebene wilchst die Scheinverschiebung bei der Brechung. 
Wegen der schiefen luzidenz der Visierlinie und wegen der Asymmetrie der 
Hornhaut variieren sowohl die Einfallswinkel wie die Abstande der Inzidenz- 
punkte von der Pupillenebene bei Andei'ung der PupillengroBe asymmetrisch. 
was damit gleichbedeutend ist, daB sich die Eiutrittspupille nicht konzentrisch 
erweitern und verengern kann, wenn dies mit der anatomischen Pupille der 
Fall ist. In Ubereinstimmung hiermit variiert auch, wie oben betont wurde, 
der Einfallswinkel der Visierlinie mit der PupillengroBe. Dasselbe Verhalten 
iindet bei der akkommodativen Pupillenverengerung statt, wovon ich mich durch 
besondere Untersuchungen iiberzeugt habe. 
Die Akkommodation ist oft bei unveriinderter Visierlinie von einer Rich- 
tungsanderung der Augenachse begleitet. Wenn man unter Anwendung 
der ophthalmometrischen Nernstlampe mit vertikalem Spalte den von Helm- 
holtz in der Figur 59 S. 120 beschriebenen Versuch macht. dabei aber die Lampe 
so wait zuriickschiebt, daB das Licht auf die Innentiache der Sklera vor dem 
Irisansatze fiillt, so siebt man bei der Akkommodation den kleinen Lichttieck 
etwas niehr nach hinten liegen als in Akkommodationsruhe, wenn man das 
Auge iiber eine in 10 cm befestigte Nadelspitze gegen einen femen Punkt 
blicken laBt, und der Untersuchte es versteht, einmal unter Fixieren des Punktes, 
einmal unter Fixieren der Nadelspitze scharf zu visieren. Die Bewegung zu 
verfolgen ist unmoglich, weil das Auge wahrend der Einstellungsiiuderung 
Seitenbewegungen ausfiihrt. aber der Unterschied in der Lage des hellen Fleckes 
laBt sich durch den veriinderten Abstand desselben vom Hornhautliuibus be- 
urteilen. Das Auge bewegt sich somit bei der Akkommodation temporalwiirts, 
obwohl in geringem Gerade. Diese Bewegung diirfte, nebst der Pupillen- 
I 
a. a. 0. 
a. a. 0. 
Akkommodative RichtungsanderuDg der Augenachse. 339 
verschiebung in nasaler Richtung, die Komplikation abgeben, durch welche die 
Eindeutigkeit der Ergebnisse der beiden Versucbe von Helmholtz iiber die 
akkommodative Gestaltveriinderung der vorderen Kammer in vielen Fallen be- 
eintriichtigt wird. 
Die Erklarung derselben kann teilweise mit den Abbildiingsgesetzen erster 
Ordnung gefunden werden. WoUte man nach der falschen Vorstellung von der 
Bedeutung der Knotenpunkte die Erscheinung beurteilen, so muBte eben das 
entgegengesetzte Verhalten stattfinden. Denn die Knotenpunkte riicken bei der 
Akkommodation nach vorn. die Gesichtslinie bildet deshalb im akkommodierenden 
Auge einen kleineren Winkel mit der Augenachse, und es muBte bei unveran- 
derter Gesichtslinie das Auge nasalwarts bewegt werden. Die exakte Unter- 
suchung des Verlaufs der Visierlinie lehrt aber. wie die Beobachtung, das Gegen- 
teilige. Stellt n den Brechungsindex von Kammerwasser und Glaskiirper, dl 
den Ort der Pupille bzw. der Fovea dar. und sind ^^ /<^' h^ /*,' die Orter der Haupt- 
punkte des Hornhautsystems bzw. des VoUsystems sowie D^ D^ die Brechkrafte, 
so erhalt man aus den Formeln 
^ 1 . ^ p' — h' 
+ ^^ -^ZrTr=^_-^ + D, 
d - h; p - h,^ " p'-h; p-h^ < n(p- h,) 
die Orter pp' der Ein- und Austrittspupille und den VergroBerungskoeffizienten x 
in denselben. Den Winkel der Visierlinie mit der Augenachse erhalt man 
unter Anwendung des reduzierten anguliiren Projektionskoeffizienten, indem der 
Abstand der Fovea von der Achse projiziert wird. Da dieser gleich dem rezi- 
proken Werte des VergroBerungskoeffizienten ist, so ist jener Winkel direkt 
proportional zum Werte y, welcher im exakten schematischen Auge bei 
I — p 
Akkomodationsruhe bzw. bei maximaler Akkommodation 44,67 bzw. 45,25, im 
vereinfachten schematischen Auge 44,7 bzw. 45,1 betragt. Bei der Akkommo= 
dation entsteht somit eine VergroBerung des zwischen der Visierlinie und der 
Augenachse eingeschlossenen Winkels, so daB l)ei unverilnderter Visierlinie eine 
Augenl)ewegung nach auBen bei der Akkommodation stattfinden niuB. Die 
GroBe dieser Bewegung diirfte aber nicht hinreichend sein, um auf die genannte 
Weise wahrgenommen werden zu konnen. Dagegen liegt in der akkommodativen 
Veriinderung der Asymmetrienwerte langs der Visierlinie, worauf im betreffenden 
Kapitel zuriickzukommen ist, die Ursache zu einer Bewegung des Auges, welche 
sich mit der eben untersuchten summieren kann. 
Bei krilftiger Akkonimodationsinnervation wird die Spannung 
der Zonula vermindert und erleidet die Liuse eine Dezentration in 
der Richtung der Schwerkraft. Coccius' hatte Schwankungen des hinteren 
Linsenbildes und Tscherning^ eine Dislokation desselben nach unten beschrielien. 
Keiner von l)eiden hatte aber das Wesen der Erscheinung verstanden, indem 
die Schwankungen auf Einwirkung des „M. tensor chorioideae" bezogen, die Al)- 
hangigkeit der Dislokation von der Schwerkraft uicht entdeckt wurde. Erst 
' A. Coccius, Uber die voUstandige Wirkung des Tensor chorioideae. Ber. d. VII. 
intern. Ophth.-Kongr. Heidelbei-g 1888. S. 197. 
- Tlieoric des chnngements optiques de I'oeil pendant V accommodation. Arch, de physiol. 
VII, 1. 1895. S. 181. 
22* 
340 Die Dioptrik des Auges. [Gr. 
duTch die Arbeiten von Hess^ hat diese Frage eine streng wissenschaftliche 
BeleuchtuDg und ihre definitive Losung erhalten. Er konstatierte eine bei 
maxim aler Akkommodationsanstrengung eintretende entoptische parallaktische 
Verschiebung einer kleinen in seiner Linse vorhandenen punkttormigen Triibung 
zur Pupille. Als Lichtquelle diente ein sehr kleines Loch, 12 mm vor dem 
Auge befestigt. Bei starker Akkommodationsanstrengung fand gegen Ende der 
entoptisch beobachteten Pupillenkoutraktion eine Dislokation des entoptisch 
beobachteten Linsenpunktes nach oben im Zerstreuungskreise statt, und zwar 
erfolgte diese Verschiebung bei beliebiger Kopf haltung und vertikaler Pupillenebene 
stets in der der M'irkung der Schwerkraft entgegeugesetzten Kichtung, wiihrend 
bei horizontaler Pupillenebene ohne Anderung der Fernpunktlage eine Zunahme 
der Akkommodationsbreite bei vorniibergeneigtem, eine Abnahme bei hinten- 
iibergeneigtem Kopfe stattfand. Erstere Versuche beweisen, da6 bei starker 
Akkommodation die Linsentriibung im Verhiiltnis zur Pupille eine Dislokation 
in der Kichtung der Schwerkraft erleidet, letzterer, da6 dasselbe mit der 
ganzen Linse der Fall ist. Da6 im ersten Versuche auch die ganze Linse 
heral)sinkt, wurde bei vorhandenen Ti-iibungen der Linse olijektiv gezeigt. 
Feruer konstatierte Hess, daB im Zustande ki'iiftiger Akkommodationsinner- 
vation die Linse bei Augenbewegungen schlottert — bei vielen Menschen kann 
man sogar die L'is am Schlottem teilnehmeu sehen — und daB sowohl das 
Herabsinkeu der Linse in der Frontalebene und in sagittaler Kichtung wie das 
Schlottem bei Esei-inisierung zunimmt. Wird das Eserin erst nach Dilatation 
der Pupille durch Homatropin eingetraufelt, so kann der Akkommodationsvor- 
gang im ersten Stadium der Eserinwirkuug bei groBer Pupille beobachtet 
■werden. An den Spiegelbildern der Linse sieht man die Erscheinung auffallend 
verschieden, indem das Spiegelbild der hinteren Fliiche allein zu schlottern 
scheint und entweder allein oder doch in hoherem Grade als das der vorderen 
Linsendache herabsinkt. Wie Hess betont hat, kann ein Herabsinken der Linse 
stattfinden, ohne daB eine Dislokation des Spiegelbildes der vorderen Flache 
vorhanden ware, indem die scheinbare Lage des Kriimmungsmittelpunktes durch 
die Bewegung relativ unbeeinfluBt sein kann. DaB das Hei-untersinken der Linse 
eben auf diese Weise stattfinden muB, geht, wie weiter unten auseiuandergesetzt 
werden soil, aus dem anatomischen Baue der Zonula hervor. Hess^ hat auch 
gezeigt, daB an der im Spiegelbilde der vorderen Linsenflache mit der Czapski- 
schen Lupe sichtbaren, von dem Epithel herrlihrenden Zeichuung das Herab- 
sinken der vorderen Linsenflache beobachtet werden kann, sowie daB die vordere 
Liusenfliiche in Fallen, wo an derselben isolierte Piinktcheu gesehen werden 
kounen, das Schlottern mitmacht. 
Die entoptische Messung des Herabsinkens der Linse ergab bei starker 
willkiirlicher Akkommodation 0,3 bis 0,35 mm. Wiirde der Knpf von der 
rechten auf die linke Schulter geneigt, so verschob sich die akkommodierende 
Linse um den doppelten Betrag, bei starker Eserinisierung aber um anniihernd 
1 mm. Beim Ubergang von gehobener zu gesenkter Kopfhaltung verschob sich 
' C. Hess, Uber einige bisher nicht gekannte Ortsveranderungen der menschlichen 
Linse wahrend der Akkommodation. Ber. iiber die XXV. Vers. d. Ophth. Ges. Heidelberg 1896. 
S. 41, sowie: Arbeiten aus dem Gebiete der Akkommodationslehre. Arch. f. Ophth. XLII, 
1. S. 288 u. 2. S. 80. XLUI, 3. S. 477. 
- Beobachtiingen uber den Akkommodationsvorgang. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 
XLH. 1904. S. 1. 
Gr.l Akkommodative Abnahme der Zonularspannung. 341 
die Linse um 0,15 mm nach vorn. Erstere Messungen sind von Heine ^ durch 
Messung der bei der Dezentration eintretenden Scheinverschiebuug gesehener 
C)bjekte uiid der Parallaxe der in der hintereu Liusenflacbe und in der Hornhaut 
entstehenden Spiegelbilder bestiltigt worden. 
Die Beweglichkeit der Linse im Zustaude starker Akkommodations- 
anstrengung beweist unwiderlegbar, daB kein Druckunterschied auf beiden 
Seiten derselbeu im akkommodierendeu Auge besteht, wabrend bei Akkommo- 
dationsruhe ein Druckunterschied in dem geringen, der Zonularspannung ent- 
sprechenden Betrage moglich ist. Eine durch die Akkommodation bewirkte 
Druckerhohuug im Glaskorper und in der vordereu Kammer ist von vornherein 
mit Hinsicht auf die Viskositiit der Fliissigkeiten auszuschlieBen. Denn damit 
die Spannung der Chorioidea wahrend des Akkommodationsaktes druckerhoheud 
wirken konne, miiBte eine unbehinderte Nachftillung des Suprachorioidealraumes 
stattiinden konnen. Die bezuglichen Uutersucbungen von Hess und Heine ^ 
haben auch gelehrt, daB keine Druckerhohuug beobachtet werden kann. 
Letzterer^ konnte, wie friiher Beer, am iiberlebenden Kinderauge konstatieren, 
daB sich der Akkommodatiousmechanismus bei fenestrierter Sklera unbehindert 
und ohne die geringste Bewegung des in der Skleraloffnung hervorquellenden 
Grlaskorpertropfens vollzieht. 
Direkte Beobachtungen iiber die Bewegung der Ciliarfortsatze bei 
der Akkommodation konnen ersichtlicherweise nicht am normalen unverletzten 
Auge gemacht werden, wohl aber in manchen Fallen nach eiuer Iridektomie 
und bei traumatischer oder kongenitaler Irideremie. An iridektumierten Augen 
hat Hess* ein Vorriicken derselben bei Eserinisierung konstatiert, wobei sie sich 
vor die Ebene des Linsenaquators schoben, wahrend Geossmann ^ in einem Falle 
kongenitaler Irideremie die friiher uusichtbareu Ciliarfortsatze durch Eserin 
sichtbar machen konnte, die Verschiebung aber als in der Eichtung nach der 
Achse des Auges, nicht nach der Hornhaut zu stattfindend auffaBte. Der 
Uuterschied ist nicht von prinzipieller Bedeutung fiir den Mechanismus der 
Akkommodation und durfte vielleicht in einer anomalen Topographic des Ciliar- 
muskcls im Geossmann schen Falle oder auch darin seine Ei'klarung finden, daB 
eine Iridektomie, welche hinreichend peripher ist, um die Ciliarfortsatze sichtbar 
zu machen, die Ursprungsstelle der Iris an dem Ciliarkorper interessieren mu6, so 
daB die Mechanik der Bewegung der Ciliarfortsatze durch die Operation beeinfluBt 
werden kann. (In Geossmann s Fall trat das Schlottern nach der Eserinein- 
traufelung ein, und die akkommodative Formveranderung der Linse konnte kon- 
statiert werden. Eine vibermaBige Dickenzunahme und ausgiebige Verkleinerung 
des aquatorealen Durchmessers der Linse sowie eine Verschiebung derselben 
nach oben inneu erweckt aber den Verdacht, daB Linse und Zonula nicht normal 
waren. Erstere zeigte punktformige Triibungeu im vorderen und hintereu Pol.) 
Man hat den Linsenrand im iridektomierten Auge bei der Akkommodation 
' L. Heine, Akkommodative Ortsveranderungen der Linse. Ber. iiber die XXVI. Vers. d. 
Ophth. Ges. Heidelberg 1897. S. 20. 
' C. Hess und L. Heine, Arbeiten aus dem Gebiete der Akkommodationslelire. Arch, 
f. Ophth. XLVI, 2. S. 243. 
^ Ein Versuch iiber Akkommodation und intraokularen Druck am uberlebenden Kinder- 
auge. Arch. f. Ophth. LX, 3. 1905. S. 448. 
' a. a. 0. Die Refraktion und Akkommodation usw. S. 222. 
^ Karl Geossmann, The mechanism of accommodation in man. Ophth. Review. XXHI. 
1904. S. 1. 
342 Die Dioph'ik des Auges. [G-. 
und nach Eintraufelung von Eserin breiter werden sehen, woraus aber keiue 
Schliisse gezogeu werden konueu. Yon einer akkommodativen Abnabme des 
aquatorealen Durchmessers der normaleu Liuse ist bisher nichts sicber bekamit. 
Nach Hess stellt sich der Linsenrand im atropiuisierten Auge ofter als leicht 
wellenformige, uuregelmiiBige Linie dar, wabrend nacb Eserineintraufelung eine 
regehuafiigere, mehr der Kreisform sicb naherude Linie gefunden wird. Seicbte 
Hiigel und zeltabnliche Erbebungen, welcbe am atropinisierten Auge in der 
Gegend der Anheftungsstelle der Zonulafasern an die Kapsel geseben werden. 
konnen nacb Eserineintraufelung verscbwinden oder werden dabei tiacber. 
Yom AkkommodatioDsphosphen CzEEMAKs abgeseben, sind biermit die 
am lebenden Auge beoltacbteten Veranderungen l)ei der Akkommodation ge- 
wiirdigt. Dasselbe diirfte eine mecbaniscbe Reizung der Netzbaut bei der 
plotzlicbeu Verminderung der Spannuug der Cborioidea in selteuen, besonders 
disponiei-ten Augen darstelleu. 
Die Dynamik der Ciliarmuskelkoutraktiou ist zum gi-o6teu Teile 
scbon durcb die Untersucbungen von Hensen und Volckers ' aiifgekliirt worden. 
Da die Hauptmasse der Muskelfasern — das meridiouale Biindel — angeniihert 
parallel zur Sclera vei'laufen, so ist die wicbtigste Frage die, ob bei der Kou- 1 
traktion das bintere Ende nacb vorn oder das vordere nacb binten gezogen 
wird. Es zeigte sich nun, daB, wenn am Aquator des Bulbus eine Nadel ein- 
gestoclien wird, bei elektriscber Eeizung des Ciliarmuskels an Hunden das 
auBere Ende der Nadel sich nach binten bewegt, und daB kein Einstichpunkt 
gefunden werden kann, wo es sich nach vorn bewegt. Es folgt bieraus, daB 
die Kontraktion des Ciliarmuskels eine Bewegung der voi'dereu Teile der 
Cborioidea nach vorn verursacht, und daB kein Punkt desselben sich bei der 
Zusammenziebung nacb binten bewegt. Die Verschiebung der inneren Augen- 
hiiute nach vorn konnte auch durcb ein Fenster der Sclei-a beobachtet werden. 
Wurde dagegen die Hornbaut bis auf einen peripberen 2 mm breiten Saum 
abgeti-agen, so wurde die elektrische Reizung des Ciliarmuskels von einem 
Zurlickweichen dieses Saumes begleitet, wodui-cb bewiesen wird, daB die 
anatomisch bekannte vordere Ursprungsstelle des Muskels pbysiologisch als 
solcbe funktioniert. AuBerdem wurde die Erscblaffung der Zonula bei der 
Ciliarmuskelkontraktion konstatiert. Da gewisse Abweicbungen des Akkommo- 
dationsmechanismus beim Hunde von dem beim Meuschen vnrbauden sind, 
indem, wie Hess und Heine ^ zeigten, durcb die CiUarmuskelkiuitraktion nur 
eine geringe Anderung der optischeu Einstellung des Auges bewirkt wird, so . 
stellt die mikroskopische Fixierung des Akkommodatiousaktes durcb Heine ^ I 
zuerst bei Tauben, dann bei Affeu*, eine wertvuUe Vermebrung des Beweis- * 
materiales dar. Letztere Untersucbung illustriert daneben auf evidenteste Weise 
die Funktion der sicb den streng meridionalen Biindeln anscblieBenden Biindel, 
welcbe in dem vorderen inneren Teil einen mehr radiiiren ^'erlauf baben. Obne 
dieselben wlirde die bei der Kontraktion eiutretende Dickenzunabme des 
' V. Hensen und C. Volckeus, Esperimeutaluntersuchiiug iiber den Mechanismus der 
Akkommodation. Kiel 18ti8. 
- a. a. 0. Arch. f. Ophth. 1898. 
' Mikroskopische Fixierung des Akkommodationsaktes. Ber. iiber du XXVT. Vers. d. 
Ophth. Ges. Heidelberg 1897. — Pbysiologisch - anatomische Untersuchungen iiber die 
Akkommodation des Vogelauges. Arch. f. Ophth. XLV, 3. 1898. S. 469. 
' Die Anatomic des akkommodierten Auges. Ebenda. XLIX, 1. 1899. S. 1. 
f 
G.l Dynamik der Ciliarmuskelkontraktion. 343 
Muskels eine iu der Eichtimg nacli dem Zentrum des Bullnis wirkeude Kom- 
ponente zur Folge liaben, wiilirend die Anlagerung derselbeu an der Iiiuenflaclie 
der meridioualen Faserbiindel bewirkt, daB die durcb Verkiirzuog uud Dickeu- 
zuuahme entstehende Resultante an der innereu Oberfliiclie des Ciliarkorjjers 
in der Richtung der Tangente derselbeu wirkt. Ini erstereu Falle biLtte der 
Transversalscbuitt des Muskels eine radiiire Ricbtuug, bei der tatsilcblicben 
anatomischen Anordnuug der Muskelblludel stellt aber die Linie, welcbe die in 
einem Meridionalschnitte enthalteueu Fasern senkrecht schneidet, in erster 
Auuabenmg eiueu Kreis dar, dessen Mittelpimkt in der Niilie des Canalis 
Schlemmii liegt. Die der Dickeuzuuabme eutsprechende Komponente filllt tiberall 
mit der Tangente dieses Kreises zusammen, welcbe wiederuui, von deu bintersten, 
diinnsten Teilen des Muskels abgeseben, tiberall einen spitzen "\Mnkel mit der 
inneren Oberflacbe des Ciliarkorpers bildet. Zu bemerken ist bierbei nocb, daB 
die voile Dickenzunabme sicb nacb inueu geltend macbt, well auBeu die Sclera 
anliegt, und daB ilir Eft'ekt durcb die konkave Form vergroBert wird. Stellt 
man sicb nilmlicb eineu riugformigen Teil des Ciliarkorpers vor, so muB der 
Durcbmesser dieses Ringes bei der Verscbiebuug nacb vorn innen abnebmen, 
und muB der Ring in entsprecbendem MaBe dicker werden, auch wenn er keine 
sicb verdickenden Muskelfasei'n entbiilt. Die Gesamtwirkung der nieridionalen 
und radiiireu Fasern, welcbe iibrigens zusammen eiu eiuziges Sj^stem bilden 
ist somit eine relativ gleichmiiBige Verscbiebung der inneren Ober- 
flilche des Giliarkinpers iu der Ricbtuug ihrer Tangente, wjibrend, 
wenn nur nieridionale Faserbiindel vorbaudeu waren, eine griiBere Verscbiebung 
des binteren Teiles als des vorderen statttindeu und der Effekt durcb die Ver- 
dickuug beeintracbtigt werden miiBte. Bei diesem mit matbematiscber Not- 
wendigkeit aus dem aiiatomiscbeu Baue des Ciliarmuskels resultiereuden Sacb- 
verhalte, welcber dm-ch die nacb Heine reproduzierten Figg. 137 und 138 
illustriert wird, ist es uicbt bet'remdeud, daB die zirkuliiren Faseru, wenn 
iiberbaupt vorhauden, iibereiustimmend mit den iibrigeu wirken. Da dieselben 
im inneren vorderen Winkel verlaufen, so kann ibre Kontraktion nur eine iu 
diesem Punkte axialwarts wirkende Komponente bedingen, welcbe eine Drebung 
der Resultante in demselben Sinne l)ewirkt wie die Tangenten der Meridioual- 
fasern gedrebt werden uiiiBten, urn zur Tangente der inneren Oberflache des 
Ziliarkiirpers parallel zu werden. Ob dieser Muskel vorbanden ist oder nicht, 
ist Somit von untergeordneter Bedeutung. Die Bllndel des Hauptmuskels liegeu 
nicht streng in den Meridianebenen, sondern bilden Flecbtwerke und biegen 
sowohl am binteren P]nde in der Cborioidea wie am vorderen inneren Winkel 
um, wodurcb der Eindruck eines zirkulareu Muskels um so eber gewonneu 
werden kann, je weniger gestreckt die Fasern verlaufen. In Ubereinstiuimung 
biennit sieht man an dem akkommodierenden Ciliarkorper viel mehr Scbrilg- 
scbnitte als an dem atropinisierten. Die Figureu illustricren aucb die Erotiuung 
des Canalis Schlemmii und des vorderen Kammerwinkels bei der Akkommodatiou. 
Da die vordersten radiaren Fasern sich an der Innenseite des namlichen 
Kanales inserieren, so ist diese Wirkung auf den ScHLEMMschen Kanal 
eliens" leicht verstandlicb wie das Zusammenarlieiten der zirkulareu Fasern mit 
den radiaren aucb in dieser Beziebung. In welcbem (jrade die Erotiuung des 
Kammerwinkels durch die Ciliarmuskelkontraktion bewirkt wird, kann vorlautig 
nicht beurteilt werden, da die durch den I'LBKiCHScben Fall bewicsene Spaunung 
der Iris wiibrend des Akkommodationsaktes in dersell)en Richtung wirken muB. 
344 
Die Diopti-ik des Auges. 
[G. 
Fig. 137. 
Ciliarmuskt^l nicht kontrahiert. 
In ck-r letzten Zeit hat Hess^ neue Ergebnisse eiugehender Untersuchungen 
liber den Akkommodationsmechamsmus publiziert. Diese liaben zimiichst gelehrt, 
da6 bei Reptilien und Yogeln 
die Akkommodation iu 
wesentlich verschiedener 
Weise vor sicb gebt, indem 
durcb Driick der Binnen- 
muskulatur auf die vor deni 
Aquator gelegenen Teile der 
vorderen Liuseuflacbe die 
peripliereu Teile dersellien 
abgeplattet, die um den 
vorderen Pol gelegenen 
starker gewolbt werden und 
dabei im enukleierten Auge 
eine akkommodative Druck- 
erbolmng stattfindet. Die 
Verlagerung des vorderen 
Aderhautabscbnittes nacb 
vorn, welclie am aquatoreai 
halbierten Bulbus einigeZeit 
nach der Enukleatiou be- 
quem von liinten her beob- 
acbtet werden kann, ertblgt 
aber dabei inahnlicher^\'eise 
wie bei Siiugetieren. 
Endlicli ist ilnu auch 
die Fixierung des Akkommo- 
dationsaktes im meusch- 
lichenAuge gehmgen, indem 
an zwei Kranken vor dem 
Tode das eine Auge stark 
eserinisiert, das audere 
atropinisiertwurde. Im eiuen 
FaUe wurden die Augen 
1 y, Stundeu nacb dem Tode 
enukleiert und 18 Stunden 
in Formol gebartet, im 
auderen Falle 12 Stunden 
nacli dem Tode enukleiert 
und direkt untersucbt. Nacb 
iiquatorealer Halbierung 
zeigte sicb bei Beobaclitung 
und Messung von der Glas- 
korperseite ber, daB im 
Eserinauge sowobl der 
Linsendurcbmesser als der Durcbmesser des von den Kuppen der Ciliartbrt>iitze 
' C. Hess, Uutersuclmngeu zui" vergleichenden Physiologie und Morpliologie des 
Akkommodationsvorgauges. Arch. f. Augenheilk. LXII. 1909. S. 345. — Vergleicliende 
Fig. 138. 
Ciliarmuskel kontrahiert. 
G.] 
Topographie der Zonula. 
345 
gebildeten Riiiges kleiner, die Einkei-bungen des Linsenrandes weniger aus- 
gesprocben waren als im Atropinauge. 
Die Linseuform wird vom Ciliarmuskel unter Veniiittluug der Zonula 
beeinHuBt. Die Fasern derselben entspringen an der lunenHache des Ciliar- 
kiirpers in der ganzen Ansdehmmg bis zur Ora serrata, wobei eiue scheinbare 
Durcbkreiizung dadurch eutstebt, daB die zur vordereu uud binteren Linsen- 
Hacbe gebeudeu Biindel alternieren, indem jene in der Kegel mebr nacb binten 
und in den Tiileru zwiscben den Processus ciliares, diese und die zum Aquator 
gebeuden mebr nacb vorn und an den Kuppen der Fortsiltze entspringen. Es 
folgt aus dieser Anordnung, daB die zur vorderen Fliicbe gebenden Zonulabiindel 
bei der Kontraktion des Ciliarniuskels durcbscbnittlicb eroBere Exkursionen in 
Fig. 139 nach Retzius. 
/, Linse — gl, Glaskorper — gr, vurdere C4renzschiclit — o, Orbikularraum — i, Iriswurzel — 
a, kurze starke Auheftungsfaseru der liinteren Zonulabalken — b, hinten aus der Glashaut 
entspringende Zoiiulafasern — e, viirn von dem Ciliarfurtsatz entspriugeude Zonulafaser — 
d, vou dem Ciliarfortsatz entspringende Zonulafasern, welche die Zonulabalken kreuzen und 
teilweise an ihnen haften — e, Riiume zwiscben der Linsenkapsel und der perikap- 
sularen Membran. 
ibrer Langsricbtuug niacben als die iibrigeu, indem jeue in der Bewegungs- 
ricbtung liegen, diese einen Winkel mit derselben bilden. Die nacb Eetzius 
reproduzierte Fig. 139 illustriert auffallend deutlicb dieses Verbalten. Nach 
derselben zu urteilen ist es sogar moglicb, daB die am liingsten vom eut- 
springenden zur binteren Ansatzstelle an der Linse gebenden Biindel uberbaui)t 
bei der Koutraktiou des Ciliarmuskels nicbt merklicb erscblaffen, sondern nur 
in verilnderter Eicbtung wirkeu, wllbrend die zur vordereu Liusenfliicbe gebenden 
Umersuchungen uber den EinfluB der Akkonimodatiou auf den Augendruck in der Wirbel- 
tierreihe. Ebenda. LXIII. 19U9. S. 88. — Briefliche Mitteiluug eiuer voraussiclitlicb vor 
dem Erseheinen dieses Buchi-s ebenda piiblizierten Untersuchung. 
346 Die Dioptrik des Auges. [G-. 
Biiudel liei der Erschlaffuug eiue Beweguug tier Ausatzstelle an tier Linsen- 
kapsel in der Eichtung ihrer Taugente gestatten, welclie angenahert dieselbe 
GroBe baben niul3 wie die Bewegung des hintereu Teiles der inneren Oberflilche 
des Ciliarkorpers. 
Welcbe Forniveranderung die vordere Liuseufiaebe bei der Erscbbift'ung 
der vordereu Zoniilat'aseru erfabren wird, liiBt sicb a priori nur insofern be- 
nrteilen, als mit Bestimnitbeit vorausgesagt werden kann, da6 die Kriimmung 
der zentralen Partie zunebmen mu6. Ob aber die Totalform sicb dabei luebr 
einer spbiiriseben oder einer byperboliscben nabert, entzieht sicb vorlaulig jeder 
Scbiitzung. Es ist zwar ricbtig, da6 eine gescblossene elastische Meuibran, 
■vvelcbe ein so groBes Volumen einer inkonipressiblen, frei bewegbcben Materie 
einscblieBt, daB sie aucb nocb in der Gestalt des Kugels nicbt scbbiff wird, 
nacb jeder Deformation die Kugelform anzustreben sucht. Solcbe Verbaltnisse 
liegen aber bei der Linse gar nicbt vor, wie die Form der von ibrer Unigebung 
losgelosten jugendlicben Linse zeigt. Bei diesem Sacbverbalte ist die Form der 
vorderen Linseufiacbe bei erscblaiften vorderen Zonulafasern eiue Funktion der 
FlacbengroBe und Elastizitat der Linsenkapsel sowie der Yerteibmg der Spannung 
in derselben, welcbe sicb weder berecbnen nocb abscbatzen laBt. Es ist desbalb 
sebr wobl nioglicb, daB die peripberen Telle der vorderen LinsenHacbe sich bei 
der Akkommodation abflacben, wie Besio' konstatiert zu baben glaubt, obwohl 
meiner Meinung nacb dies nicbt als l)ewiesen gelten kann, da die approximativen 
Berecbnungsmetboden bedeutende Feblercjuellen bedingen konnen, und die 
Messungsmetboden iiberbaupt nicbt sebr exakt sind. Ubrigens scbeinen seine 
Messungen iinter Kokaindilatation ausgefubrt wordeu zu sein, welcbe die Mecbanik 
der Ciliarmuskelkontraktion aucb daun beeinflussen kann, weun die Akkommo- 
dationsbreite nicbt almimmt. 
Da bei der Kontraktion des Ciliarmuskels die zur vorderen Kapselflache 
gehenden Zonulafasern relativ mebr entspannt werden als die iibrigen, so 
scbrumpft die niitzlicbe Anbeftungsflacbe sowobl an der Linse wie am Ciliar- 
korper immer melir zusammen, iudem sie sicb an ersterer auf die aquatoreale 
und bintere Anbeftungsstelle, am letzteren auf die vorderen Telle zusammen- 
ziebt. Dieser Mechanismus ist es eben, den icb an den Konturen der Linsen- 
flacben in den Figg. 133 und 134 S. 331 in absicbtlich iibertriebener Weise scbe- 
matisch babe darstellen wollen. Die skizzierte akkommodative Veranderung 
wtii'de einer vollstandigen Erscblaffung der zur vorderen Linsenfiacbe gebenden 
und einer Vorscbiebung der ciliaren Anbeftungsstellen der iibrigen Zonulafasern 
entsprecben. DaB die Linse bei maximaler Akkommodation gerade diese 
Gestalt babe, ist gar nicbt meine Ansicbt, denn wenn die Erscblaffung jeuer 
Fasern nicbt vollstiindig ist, kann der Mecbanismus sehr wobl in einer etwas 
durcbgebogenen Form resultieren, und wenn die zum Linseniiquator gebenden 
Fasern scbon merkbar erscblafft sind, kann eine Verkleinerung des aquatorealen 
Durcbmessers stattfindeu. Aucb diirften die aquatorealen Telle der Linse sowobl 
bei erscblaffter als bei gespannter Zonula mebr abgerundet sein als es die 
Figuren darstellen, well die Zonulafasern an der Linse Hacbenartig inserieren. 
DaB aber die vom vorderen Telle des Ciliarkorpers zum Aquator und zur 
binteren Kapselfliicbe gebenden Bundel am spatesten entspannt werden, gebt 
aus der Art des Herabsiukeus uu<l des Scblotterus der Liuse bei maximaler 
' a. a. 0. 
G.] Das Wesen des Akkommodationsmechanismas. 347 
Akkommodatiousanstrengung hervor. Denn uur so kauii es erkliirt werden, 
daB bei dieseu Beweguugeu die Linse sich um eiue auniiherud durch deu 
Kriimmiiugsmittelpuukt der vorderen Flache gehende Achse bewegt, so daB 
das iu dieser Flache entstehende Spiegelbild annaberud unbeweglich bleibt. 
Dies ertbi'dert uandicb, daB derjeuige Teil des Linsenraudes, welcber sich bei 
der Verscbiebimg der Linse der Augeuachse nabert, durch eiuen exakt wirken- 
den Mechanismus uach Torn geneigt wird, und es gibt keinen anderen Mechauismus, 
welcher so wirken konnte als der Zug der genaunten Fasern, woraus wiederum 
folgt, daB diese Fasern am wenigsten entspaunt sind. 
Anatomische und physiologische Untersuchuugeu habeu somit uuzweideutig 
gelehi't, daB bei der Kontraktion des Ciliarmuskels die ciliare Ur- 
s]iruugsstelle der Zouulabiiudel, vornehmlich der zur vordereuLinseu- 
flache gehenden, in der Yerlaufsrichtung der Bliudel oach der Linse 
zu verschoben wird, bis bei maxinialer Kontraktion eine Erschlaffung 
derselben eiutritt, und daB diese Kontraktion von einer Zuuahnie der 
Dicke der Linse und der Kriimmiing ihrer Flacheu, besouders der 
vorderen, begleitet ist. Da die Erschlaifung der Zonula erst bei maxinialer 
Kontraktion eiutritt, so muB dieselbe bei normaler Kontraktion durch eine 
axipetale Bewegung der Ansatzstellen an der Linse, vornehmlich der vordei-en, 
gespannt gehalten werden. Da nur eine Kraft vorhanden ist, welche diese 
Spannung unterhalteu kann, namlich die Elastizitilt der Linsenkapsel, so besteht 
der extrakapsulilre Teil des Akkommodatiousmechanismus wesent- 
lich in einer durch die Elastizitat der Linsenkapsel bedingten axi- 
petalen Bewegung der Ansatzstellen der Zonula an der Linse, vor- 
nehmlich der vorderen. 
Die dioptrischeUntersuchuug des Akkommodationsvorganges hateinenintra- 
kapsuliiren Akkommodationsmecbanismus ergeben, welcher mit mathe- 
matischer Notwendigkeit aus der Forniveranderung und der Brechkrattzunahme 
hervorgeht und in Ubereinstimmung mit dem histologischen Baue der Linse 
eine axipetale Bewegung der den Ansatzstellen der Zonula, vornehm- 
lich der vorderen, nachstliegenden, in der groBten geschlossenen 
Isoindizialt'lache enthalteuen Teileu der Linsensul)stanz erfordert. 
Wenn nun hierzu kommt, daB keine Tatsachen bekannt sind, welche 
diesem Mechanismus auf irgendwelche A\'eise widersprechen konuteu — siehe 
hieriiber unten bei der Besprechung der Hypotbeseu von Tscheening — , so 
diirtte es in den medizinischen \\'issenschaften keine besser geschlossene Be- 
weiskette geben, und baben die neueren Untersuchuugeu dargetan, daB der 
Akkommodatiousniecbanisnius in alien wesentlicheu Ziigen unverandert dasteht, 
wic er nach der mit Riicksicht aul' die danialigen Kenntnisse wirklich genialen 
Entdeckung von Helmholtz hervortrat. 
In dem Lichte der neueren Lehre von der Antagonistenwirkung ist der 
(loppelte Antagonismus von besonderem physiologischem Interesse. Die 
Gestalt der Linse wird durch zwei antagonistische elastische Krafte bestimmt, 
wiihrend auf der anderen Seite die Muskelkraft und die starkere der beiden 
elastischen Jvrafte antagonistiscb wirken. P^s ist leicht einzusehen, daB diese 
Anordnung in vorziigbchstem MaBe dazu geeignet ist, die Linse vor der Ein- 
wirkuug zu starker iiuBerer Krafte und vor pli'itzlichen Variationen dieser 
348 
Die Dioptrik des Auges. 
[G. 
Krafte zu schiitzen. Die Kraft, welche die Formveranderung der Linse bei 
der Akkommodation bewirkt, ist die schwachste der drei iiu System vor- 
handeuen und nimmt dazu noch, wie alle elastischen Kralte, wiilu-end der Ent- 
faltung ihrer Wirkung konstant ab, so daB der Euck am Ende der Form- 
veriinderung der kleinste mogliche wird, und die Energieentfaltuug desselben 
eiuen gemssen, von der Elastizitat der Zonula bedingten Maximalwert niclit 
iiberschreiten kann. Dieser Effekt wird noch dadurch vermehrt. daB bei zu- 
nehmender Kontraktion des Ciliarmuskels der elastische Widerstand der 
Chorioidea durch die Dehnung derselbeu zunimmt. Bei der Erschlatiung der 
Akkommodation ist wiederum das Maximum der formveiandernden Kraft durch 
die Elastizitat der Chorioidea bestimmt, und diese Kraft nimmt wahrend der 
Bewegung stetig ab, wahreud der Widerstand der Linsenkapsel gleichzeitig 
durch die Dehnung stetig zunimmt. Es ist sehr leicht, die Vorteile dieser 
Anordnung durch mechauische Modelle anschaulich zu machen. Ein solches 
ist in der Fig. 140 dargestellt. Von den beiden durch eiue die Zonula vor- 
stellende Schnur verbundenen Federn reprasen- 
tiert die obere die Linse, indem ihre Yerkiirzung 
der akkommodativen Formveranderung entspricht, 
ihre Kraft die Elastizitat der Linsenkapsel dar- 
stellt. Die untere Fader veranschaulicht die 
Elastizitat der Chorioidea und die Zugkraft der 
tiber die Rolle laufenden Schnur, welche durch 
Einlegen von Gewichten in die Schale geschaffen 
wird, entspricht der Kraft des sich konti'ahieren- 
den Ciliarmuskels. Die obere Feder muB 
schwiicher als die uutere sein und darf nicht 
starker gespannt werden, als daB bei Henmter- 
' siukeu der Schale auf die Tischflache die die 
Federn verbiudende Schnur schlatf wild. Es ist 
einleuchtend, daB das plotzliche Hineiuwerfen 
der schwersten Gewichte iu die Schale nicht die obere Feder beschiidigen 
kaun, uud daB dieselbe ebensowenig durch plotzliche Wegnahme der Gewichte 
gefahrdet wird, wenn man die Fallhohe nicht zu groB, die untere Feder nicht 
zu stark gemacht hat. Wollte man hingegen einen fiktiven Akkommodatious- 
mechanismus illustrieren, bei welcheui die akkouimodative Formveranderung 
durch Muskelwirkung, der Eiickgang durch die Elastizitat der Linsenkapsel 
bewirkt wiirde. so hiitte man die Schale direkt am unteren Ende der obei-en 
Feder aufzuhiingen, wobei die Verliingerung der Feder der akkommodativen 
Formveranderung der Linse entsprechen wiirde. Dieselbe wiirde dann durch 
plotzliches Hineiulegen zu schwerer Gewichte beschiidigt werden konnen. 
Solchem Ubelstande kijnnte zwar durch passendes Abmesseu der B'allhijhe ent- 
gangen werden, und auf dieselbe Weise ware es moglich, daB bei diesem 
hktiveu Akkommodatiousmechauismus die jugendliche Linse geschiitzt werden 
kounte. Bei der Abnahme der Formveranderlichkeit der Linse. welche Ab- 
nahme durch den Austausch der Feder gegen eine sprodere veranschaulicht 
werden kann, wiirde aber diese Schutzvorrichtung versagen: jeder ki-aftige 
Akkommodationsimpuls wiirde einen Ruck am Gefiige der Linse, eine plotz- 
liche schwere Belastung der Schale das Zerspringen der Feder zur Folge haben. 
Wenn man weiB, daB Trlibungen in vorher vollkommen durchsichtigen Linsen 
Fig. 140. 
G.] Manifeste und latente Ciliarmuskelkontraktion. 349 
alterer Leute dui-ch die unbedeutende mechanische Gewalt entstelien konnen, 
welche in der schonenden Entleerung der Kammer bei einer Iridektomie liegt, 
so ist man geneigt, die Schutzvorrichtung nicht zu unterscliatzen , welche 
in dem doppelten Antagonisinus der bei dei' Akkommodation wirk- 
samen Krafte enthalteu ist. 
Da die Ciliarmuskelkontraktion uur so weit von einer Formveranderung 
der Linse begleitet wird. bis diese den maximalen, durch die Verschieblicbkeit 
der Linsenteilcben bestimmten Grad erreicht hat, der Muskel aber, wie Pupillen- 
verengerung und das schlieBlich auftretende Schlottern lehrt, in hoherera Grade 
kontrahiert werden kann, so ist nur ein Teil der Ciliarmuskelkontraktion 
manifest, der txbrige ist latent. Die Grenze wird von Hess beim Erreichen 
des wirklichen Nabepunktes gesetzt, wahrend bei der latenten Ciliarmuskel- 
kontraktion der Nabepunkt nur scheinbar etwas bineinriickt, was durch die 
dieselbe l)egleitende Pupillenverengerung bediugt wird. Es folgt hieraus, daB 
die Akkommodation von 2 1). in dem Alter, wo man nicht liber gi'oBere Akkommo- 
dationsbreite verfugt, keine hoheren Anspriiche an den Ciliarmuskel stellt, als 
dieselbe Akkommodation ini jiingeren Alter gemacht hat, eine fiir die S^ympto- 
matologie der Presbyopie sehr wichtige Tatsache, bei deren ^'erwertung man 
sich jedoch daran zu erinnern hat, daB die dui'ch die latente Ciliarmuskel- 
kontraktion erzielbare Pupillenverengerung, besonders wenn die habituelle 
PupillengroBe nicht sehr klein ist, die unkorrigierten Presbyopen oft zu iiber- 
maBig starken Akkommodationsimpulsen verleitet. Eine andere wichtige Folge 
des Akkommodationsmechanismus, auf welche Hess aufmerksam gemacht hat, 
ist die, daB aus einer normalen Akkommodationsbreite nicht der SchluB auf 
einen normal funktionierenden Ciliarmuskel gezogen werden kann, indem eine 
Ciliarmuskelparese erst dann zutage tritt, wenn die Bewegungsbeschrankung 
sich bis ins Gebiet der manifesten Kontraktion erstreckt. Fiir die Methotik 
der physiologischen Optik hat dies insofern eine Bedeutung, als, wie oben 
bemerkt wurde, die Ansicht von TscHEKNtNCi, daB das Kokain die Funk- 
tion des Ciliarmuskels nicht beeintrilchtige, nicht an der ^^'irkuug desselben 
auf die Akkommodationsbreite gepriift werden kann, mithiu vorlaufig unbe- 
griiudet ist. 
In der ophthalmologischen Literatur ist ziemlich viel von einer astig- 
matischen Akkommodation die Eede gewesen. Ohne bier naher auf den Gegen- 
stand einzugehen, mag es nur erwiihnt werden, daB keine bekannteu Tatsachen 
die Moglichkeit einer willkiirlichen Verauderung des Astigmatismus bei der 
Akkommodation bzw. der Einiibung astigmatischer Akkommodation andeuten. 
Wohl aber ist es moglicli, daB der normale inverse Linsenastigmatismus bzw. 
der Linsenastigmatismus, welcher in hoheren Graden von Astigmatismus des Auges 
vorhanden ist, bei der akkonimodativen Formveranderung der Linse in geringem 
Grade geandert werden kann. DaB es sich tatsilchlich so verhalte, dafiir liegen 
aber nicht hinreichende Beweise vor. Wegen des haufigen Vorkomniens von 
vertikaler Asymmetrie des Auges, bei welcher der scheinbare Grad des Astig- 
matismus mit der PupilleiigriiBe wechseln kann, diirfte auch die Beschaflung 
eines solchen Beweismaterials auf groBe Schwierigkeiten stoBen. 
Nach dem Obenstehenden diirfte eine eingeheude Kritik der Hypothesen, 
welche seit dem Entdecken des Mechanismus der Akkommodatinu durch Helm- 
HOLTZ aufgetreten sind, iiberfliissig sein, da dieselben samtlich eine akkommo- 
dative Anspaunuug der Zonula annehmen, somit (lurch die Uutcrsuchungen von 
350 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Hess tatsacblich widerlegt sind. Von tlieseu durch IVIannhaedt^, Schon^ iiud 
TsCHERNiNG vorgelegteii Hvpotheseu hat aber die letztere so vielen Staub auf- 
gewirbelt und in der Literatur so Tiele Beitrage znr Kenntnis der Psycbologie 
der Wissenscbaft (im weitesteu Sinne des Wortes) niedergelegt, daB ein kurzes 
Eiugehen anf diesellie angezeigt erscbeint. Da sie scbon zwei, wesentbcb ver- 
sfliiedene, Pbasen dni-cbgemacbt bat und eben in die dritte einzntreten scbeiut, 
empfieblt es sicb zunacbst die erste, wobl mebr bekannte, dieser Pbasen zu 
envabnen, wobei icb der Darstelhing im oben zitierten Lebrljucb der pbysio- 
logiscben Optik i'olge. Die Hypotbese besteht weseutUeb aus drei (Tliedern, 
namlicb der Annabme, daB die Akkommodation in einer voru1)ergebenden 
Bibbmg eines ,,Leutifomis anterior" bestebe, der Aunabnie, daB die Spanrmug 
der Zouida ibe Kibbing eines sok-ben zur Folge babe, nud der Annabnie, (biB 
eine Spannung der vorderen Zonulafasern durcb die Kontraktion des Ciliar- 
nmskels bewirkt werden konne. 
Als Grimd i'iir die erste Annabme wird angefubrt, daB die Aberration des 
Auges wabrend der Akkommodation sicb in der Eicbtung verandere, daB die 
Brecbkraft in der Mitte der Pupille mebr zunebme als in der Peripberie, und 
daB die Distorsion der in der vorderen Liusenfliicbe entstebenden Spiegelbilder 
sicb bei der Akkommodation entsprecbend ilndere. Die Aberration wurde aber 
mit unzuverlassigen Metboden untersucbt: das Aberroskop ergibt, wie icb be- 
wiesen babe, nicbt die Aberration, sondern einen Distorsionswert; bei dem Ver- 
sucbe mit dem leucbtenden Punkte ist die bescbriebene Licbtverteihing im 
Zerstreuungskreise eine solcbe, daB sie bei der Bescbaii'enbeit der kaustiscben 
Flilcbe unmogbcb durch die Aberration, wobl aber durcb die oben bescbriebene 
Interferenzerscbeinung bedingt werden kann, und endlich ergel)en die Ver- 
sucbe mit Youngs Optometer, wie die spater binzugezogenen skiaskopiscben 
Pbanomene^, nur die peripbere Totalaberration. Da die letzteren Yersuche 
keine koustanten Eesultate ergeben, indem die Anderung der skiaskopiscben 
Aben-ationspbanomene wabrend der Akkommodation in vielen Fallen gar nicbt 
gesehen werden kann, und die Dutersucbung mit dem Optometer von Y'oung 
z. B. l)ei Hess negatives Resultat ergeben bat, so kann hieraus nur gescblossen 
werden, daB die peripbere Totalaberration des Auges in vielen Fallen wabrend 
der Akkommodation abnimmt, und daB diese Erscbeinung fiir den Akkommo- 
dationsmechanismus unwesentlicb ist. (Siebe Xaberes bieriiber uuteu im be- 
treffenden Kapitel.) Die Erscbeinung der Distorsion der Spiegelbilder an der 
vorderen Linsentiacbe kann, soweit meine Ei'fabrung reicbt, nur bei kokaini- 
sierter Pupille mit biureicbender Sicbei-beit beobacbtet werden, und ergibt somit 
erstens nicbts iiber die normale Akkommodation. Zweitens audert sicb diese 
Distorsion obne Veranderung der Abflacbung der spiegelnden Flacbe duicb 
Anderung ibrer Kriunmung und ibres Abstaudos von der Hornbaut, so daB 
auch in dem Falle, daB die Eintallswinkel sebr klein waren, erst durcb die 
entsprecbende Recbnuug sicb ergeben wtirde, ob die Anderung der Distorsion 
einer Anderung des Abflacbungswertes der Flacbe entspracbe. Drittens sind 
' J. Mannhardt, Bemerkungeu iiber den Akkommodationsmuskel und die Akkommo- 
dation. Arch. f. Ophth. IV, 1. 1858. S. 269. 
" W. ScHON, Zur Atiologie des Grlaukoms. Arcli. f. Ophth. XXXI, 4. 1885. S. 1 
und andere Schriften. 
' Le Me'canisme de I' accommodation. IX. Congr. internat. d' Utrecht. Conipte rendu. 
Amsterdam 1900. S. 244. 
(Jl TscHERNiNGs AkkommodatioDshypothese. 351 
aber so groBe Einfallswinkel zur sichereu Konstatierung des Phanomens notig, 
daB man niclit von der asymmetrischeu Aliflachuug der Hornhaut abstrahieren 
dari', wodurcb die Eechnuug jedeufalls ziemlich kompliziert wii'd. 
Die erste Annabme war somit vollig iinbegriindet, obwohl, wie bier nocbmals 
betont werden soil, keine Beweise fiir die Unmiigliobkeit derselbeu vorliegen. 
8ie wiirde zii einem FeblscbluB beniitzt. Uuter der Rubrik „Akkominodations- 
theorie des Verfassers" sagt Tscherning, daB die „Hypothese" von Helmholtz 
nicbt mebr aufrecbt erbalteu werden zu konnen scbeint; weuigsteus kann er 
selbst nicbt versteheu, wie ein solcber Mecbanisnius eine Abflachuug gewisser 
Partien der Linse und gleichzeitig eine Kriimmungsverniebrung anderer ver- 
nrsacben konute. Der einzige ScbhiB, welcher tatsacblich bieraus gezogen 
werden kanu, ist, daB die Ursucbe dieses uiangelnden Verstebens entweder in 
der „Hypotbese" von Helmholtz oder bei Tscherning selbst gesucbt werden 
nuiB. Helmholtz' sagt wortlicb: „Gespannte elastiscbe Membranen, die ein un- 
veriinderlicbes Yolunien einer inkompressiblen Fliissigkeit umscblieBeu, imd niit 
einem kreisformigen Rande angeheftet sind, wie die Zonula an der Aderhaut, 
streben, je mebr ihre Spaunung wilcbst, desto mebr sicli der Form eines Kugel- 
segmeutes zu nilberu. Im uugespannten Zustande, beim Nabeseben, wolbt sicb 
die vordere Linsenflache vor der tiacben Kriimmung der vorderen Zonulalirsten 
bervor. Im gespaunten Zustande, beim Feniseben, viel weniger. ludessen ist 
der Kriimmungsradius der vordeieu Liusenflacbe von etwa 10 mm docb inimer 
nocb kleiner als der der Zonulawiilbung, der etwa auf 1 4 mm zu schatzen ist." 
Er bat biermit gesagt, daB das gesamte, aus Zonula und vorderer Linsenkapsel 
hestebeude Gewolbe sicb bei der Spannung der Zonula der spbiiriscbcu Form 
niihern muB. In dem fiktiven Endzustande, wo die spbiiriscbe Form erreicbt 
wilre, wilrde somit die vordere Linsentlacbe ein Kugelsegment mit etwa 14 mm 
Radius darstellen. Um bieraus den ScbluB zu ziebeu, daB die sicb unter Ab- 
nabme der Spannung bei der Akkommodation bervorwijlbende vordei'e Linsen- 
riacbe sicb der Form einer Spbixre niibern mliBte, oder daB die Vermebnmg 
der Spannung eine Kriimmungszunabme bewirken konne, dazu gebiiren Vor- 
stellungen, welcbe mit den uuitbematiscben Kenutnissen eines Helmholtz un- 
vereiubar sind. Uberbaupt kann icb bei ibm keine Andeutung iiber die wahr- 
scbeiulicbe Form der Liuseutlacben im akkommodierten Zustande finden, was nicbt 
wuuder nebmen dart', da sicli dieseForm, wie oben betont wurde, weder berecbnen 
nocb scbiitzen laBt. Das einzige, das sicb voraussagen lilBt, ist eben die von Helm- 
holtz betonte Zunabme der Flacbenkriimmung und Linsendicke. Uber die Ver- 
teilung der Kriimmungszunabme auf die eiuzelnen Telle der Flacbe oder dariiber, 
ob bei derselben eine peripbere Abilacbung eintreten konne, ist nicbts ausgesprocben 
worden und laBt sicb aucb nicbts aus der Entspannung der Zonula deduzieren. 
Die zweite Annabme Tscherning s — daB die Spannung der Zonula die 
Bildung eines „Lenticonus anterior" zur Folge babe — ist wiederum nur eiu 
FeblscbluB, den er aus Experimenten gezogen bat, welcbe beweisen, daB an 
herausgenommenen Tierlinsen eine Traktiou an der Zonula diesen Effekt babeu 
kann. Experimeuta crucis wurden von Einthoven-, Hess^ und DalJin * aus- 
' Dieses Handbuch. 2. Autl. S. 138. 
' W. Einthoven, Die Akkommodation des menschlichen Auges. Ergebnisse derPliysiologie. 
I, 2. 1902. S. 680. 
' a. a. 0. Klin. Monatsbl. f. AwgenheilU. 1904. 
* a. a. 0. 
352 
Die Dioptrik des Auges. 
[G. 
getuhrt. Ersterer konnte nach Freilegung der Linse iind Zouula von vorue iu 
einem Kalbsauge durch den Zug mit zwei Piuzetten an einander diametral 
gegeniiberliegenden Puukten nach Beliebeu eine Veruiehrung oder eine Yer- 
minderung der Kriimmung der vorderen Linsenflache erzielen, je nacbdem der 
Zug mehr nacli binten oder uarb vorn gericbtet wurde. Hess bewies, daB im 
friscben Afi'enauge naeb Eutferniiug eines Teiles der Sclera obne Yerletzung 
der Uvea mid nach Abtragimg von Hornbaut and Iris ein Zug an der Zonula 
eine Kriimuiungsabnabme der vorderen Liusenflacbe zur Folge bat, und Dal^n 
koustatierte opbtbalmometriscb ini menscblicben Leicbeuauge eine Kriimmuugs- 
zunabme der vorderen Linsenfliicbe naeb Durch- 
scbneidung der Zonula, nacbdem die Linse miter 
Beobaebtung besonderer Kauteleu dm-cb Abtrageu 
der Hornbaut und Iris bloBgelegt worden war. 
Die dritte Aunabme — daB eine Spanming 
der vorderen Zouulafaseru durcb die Kontraktion 
des Ciliai-muskels bewirkt werden konne — basiert 
auf Yorstelkmgen iiber die Anatomie des Ciliar- 
kcirpers, welcbe uicbt biureicbeud klar ausgesprocbeu 
sind, aber darin zu gipfeln scbeinen, daB es eine 
inuerste Muskelscbicbt galie, durcb deren Kontraktion 
das vordere innere Eude des Ciliarkorpers naeb 
binten gezogen wiirde, Yorstellungen, welcbe in 
keiuein objektiv nacbweisbaren Zusammenhange mit 
der bekannteu Anatomie des Ciliarkorpers steben. 
Der subjektive Zusammenbang knlipt't an die an 
der Innenseite des ScHi.EMMscben Kanales sicb 
inserierenden Fasern an. 
In der naeb Tscherning reproduzierten Fig. 1 4 1 
hat er die erste Pbase seiner Yorstellung ilber den 
Mecbanismus der Akkommodation veranscbaulicbt. 
Es ist uicbt obne Interesse, daB, wie icb bewiesen 
babe, ein solcber Akkommodationsmecbanismus 
matbematiscb unmoglicb ist, wofern uicbt der 
Totalindex bei der Akkommodation abnimmt. 
F'ig- 141. TscHEENiNGs Annabme, daB der Eadius der vordei'en 
Liusenflacbe bei einer Akkommodation von 7,5 D. 
auf 4,8 mm beruntergeben ki'mute, welcbe an uud fiir sicb in grelleni Kontraste 
zu alien bisberigen opbtbalmometriscben Untersucbuugsergebnissen stebt, wiirde 
somit nicht geniigen, sondern der Radius miiBte nocb kleiner werden. 
Die zweite Pbase der Yorstellungen Tscheknings tritt in der zitierten, 
in der Encyclopedie fraiiQaise d'ophthalmologie entbaltenen Ai'beit bervor. Der 
wesentliche Unterschied liegt darin, daB die friiber durcb die exakteren Metbodeu 
von Helmholtz, Mandelstam und Scholee, Blix uuzweideutig bewiesene 
Abnabme der Tiele der vorderen Kanimer bei der Akkommodation, seitdem 
dieselbe bei den Untersucbungen Besios auch mit den weniger exakten Metboden 
des Sorbonner Laboratoriums beobacbtet wurde, nunmehr anerkannt wird. 
Demzufolge stellt er sicb jetzt den Akkommodationsvorgang so vor, wie es die 
nach ihm reproduzierte Fig. 142 zeigt, wo die ausgezogene Linie die runende, 
die gestricbelte die 7 Dioptrien akkommodierende Linse darstellt. Auf die 
Qr.l Die monochromatischen Aberrationen des Auges. 353 
neuen anatomischen Vorstellungen einzugelieu, welche es ihm erraoglichen, diese 
akkommodative Liuseuform aus der niheudeu durch Spanmmg der vorderen 
Zooulat'aseru liervorgehen zu lasseu, diirfte iibertiiissig seiu, uud soil hier uur 
hervorgohoben werden, da6 die Uutersuclumgeu vou Besio, wenn die Fehler- 
quellen der Methode unbeachtet bleiben, t'iir die Eichtigkeit der oben als die 
erste bezeichnete Auuahme im kokainisierten Auge sprecheu. 
Die dritte Phase der Vorstellimgeu Tschernings ist in der Thomas Young 
Oration vor der Optical Society in London 1907' angedeutet. Die beztigliche 
Stella lautet: „v. Pflugk ist es neuerdings gelungen, die tote Linse in ihrer 
akkomniodativen Form zu lixieren; er hat gefundeu, daB die hiutere Fliiche oft 
in den peripheren Teilen ein wenig konkav wird. Diese Konkavitiit nimmt 
wahrend der Akkommodation zu. Einer nieiner Schiiler, 
Dr. Zeeman, hat uachher diese Konkavitiit im lebenden Auge 
beobachtet." 
Von Pflugks' Versuche bestanden in der (Tefrierung mit 
fliissiger Kohlensaure. Die Beweiskratt soleher Versuche diirfte 
aber nicht sehr hoch geschatzt werden kouuen, da die Einwirkung 
der sich beim Gefrieren entwickelnden Krafte nicht iiberblickt 
werden kann. Fischer-* zeigte auch, daB die Gefrieiniethode zu 
zufiilligen Formveranderungeu der Linse AnlaB geben kann, 
und hierzu kommt noch, daB der Akkouimodatiousmechanismus 
des Vogelauges, wie die oben zitierteu Uutersuchungen von Hess 
darlegen, wesentlich verschieden von dem des menschlichen Auges Fig. 142. 
ist. Zeeman s oben zitierter Befund beweist nur die Gegenwart 
der Diskontinuitatstiache. Erst wenn zwei sich in entgegengesetzter Richtung 
bewegende Bilder geseheu werden, wie ich es beim echteu Leuticonus posterior 
beobachtet habe, ist das Vorhandensein eines uach hinten kcmkaven Teiles der 
hinteren Linsenflilche bewiesen. 
V. Die monochromatischen Aberrationen des Auges. 
Die Eealisierung eines wirklich homozentrischen Strahlenbiindels bei der 
Brechung in einem optischen System ist uur in gauz singulilren Fallen niiiglich 
— dann aber auch nur betrett'end des axialen Strahlenbiindels in einem Um- 
drehungssystem — und hat deshalb gar keiue Bedeutung t'iir die tatsachliche 
optische Abbildung. Solange man sich (lessen nicht viiUig bewuBt war, und 
bevor die Koustitution des allgemeinen Strahlenbiindels niiher bekannt wurde, 
hatte man keiueu auderen Ausweg, den Bau eiucs solchcn niiher zu liesciirciben 
als durch die Altweichungen, Abeinitionen, welche den A'erlauf eines Striihles 
von dem idealen, homozentrisch gerichteten, uuterscheidcu. .Je uachdem nun 
in der Rechuung GriiBen vou verschiedener Ordnung iiiitgenoiiiincu werden, 
' The development of the soieticc of physiological optics in the nineteenth century. Sonder- 
abdinick aus The optician and pliotoyraphic trade journnl. Nov. 1, 8 u. 15. 190". 
* Uber die Akkommodation des Auges der Taube. Wiesbaden 1906. 
° F. Fischer. Ubei- Fixieruug dei- Linsenforni mittels der GetViermetliode. Arcli. f. 
Augenheilk. LVI. 1907. S. 342. 
V. Helmholtz, Physiologische Optik. 3. .\uB. I. 23 
354 Die Dioptrik des Auges. [G. 
erhalt man verschiedeue "Werte fiir die Ahweiclumgen eines Straliles, welche 
Yerschiedenen, mmmelir bekanuteu geometrischeu , das Strahleubiiudel charak- 
terisiereuden GroBeu eutsijrecheu, so daB vou mouochromatischen Abweichungen 
verschiedeuer Ordouug gespi-ocheu werdeu kaun. Die erste Ordnuiig wird daliei 
vom Astigmatisunis, die zweite vou den Asymmetrieuwerteu reprilseutiert, 
wiibreud nunmehr unter monocbroniatiscber Aberration im eugeren Sinne 
gewohulicb nur die Abweicbungen holierer ( )rdniiug als der ersten — also niit 
AiisscbluB des Astigmatismus — verstandeu werdeu, und die Bezeichnung 
Aberration scblechthiu speziell auf die Abweicbungen dritter Orduung an- 
geweudet wird, welcbe durcb die eiugangs erwiibnten Aberratiouswerte Iiestimmt 
werden. Die Abweicbungen oder Aberrationeu boberer Orduung als der dritteu 
werden in der pbysiobigiscben Optik am besten niit eben dieser Bezeicbnung 
angegelien. In der tecbniscben Optik t'iibren sie auf der Achse eines Um- 
drebungssystems audi den Xanien Zdueut'ehler. 
Die scbiefe Inzidenz der Visierliuie bediugt iui Auge eiuen geriuggradigen 
inversen Astigmatismus, welclicr, obwobl sebr weuig, zur Kompensatiou des 
uormalen direkteu Hdrubautastigmatismus beitragt. Zugleicb ergeben sicb 
endliche Asymmetrieuwerte langs der Visierlinie, so daB das im Auge gebrochene 
Strableubiindel, wenn es auf diesellje bezogen wird, einfacb asymmetrisch ist. 
^^'ie die Uutersucbuugeu mit eiuem leucbteuden Puukte gelebrt habeu, ist es 
aber lilugs einem audereu Strable anastigmatiscb und obne Asymmetrie. Es 
folgt bieraus, da die Strableuvereiuigung lilugs diesem Strable von boberer 
Orduung und somit fiir die Abbilduug ausschlaggebend ist, daB in bezug auf 
die Kealitaten bei der Abbilduug die Asymmetrienwerte des im Auge 
gebrocbenen Strablenbiindels gleicb Null siud. Es gibt aber alle mog- 
lichen Ubergange zwiscben diesem, die am besten gebauten Augeu cbarak- 
terisierendeu Zustand und deujeuigen Gradeu der patbologiscbeu Asym- 
metrie, welcbe eiue bedeutende Herabsetzuug der Sebscbarfe oder lastige 
astbenopiscbe Bescbwerden verursacheu kimnen. Untersucbt wird die Asym- 
metrie teils mit subjektiven, teils aucb mit objektiven Metboden. Da erstere 
dieselben sind, wie sie zu der Untersucbung der Aberration verweiulet werdeu, 
soil erst weiter unteu auf dieselben eingegangen werden. Was die objektiven 
Metboden betriii't, gilt von deu oplitbalmoskopiscben das niimlicbe, und es soil 
somit bier nur die Untersucbung der Asyiumetrie der Hornbaut und der patbo- 
logiscbeu Dezentration bebandelt werden. 
Es ist eiuleucbteud, daB eiue vollstiindige ophthalmometriscbe Untersucbung 
der vorderen Horubautdacbe zusammen mit der Ermittelung der Lage der 
optiscben Achse des Auges — beides nach oben ausfiihrlicb beschriebenen 
Metboden • — zwar biureicbende Daten ergeben wiirde, aber auf der anderen 
Seite wegen der zeitraiibendeu Arl)eit praktiscb unanwendbar ist. Man kann 
aucb sebr wobl damit auskommen, daB man in vier Eicbtungen, welcbe lo" 
mit der Visierlinie bilden und auf bi-iden Seiten derselben in den beideu Haujit- 
scbnitten orientiert siud, die opbtlialuiouu'triscbe Uutersucbung ausfiibrt und 
die Lage der optiscben Acbse bestiunnt. Da aber die meisten Falle von 
patbologisi'ber oder nngewobulicli bocbgradiger pbysiologischer Asymmetrie 
zufalligerweise bei der Kefraktiousuutersucbung in der praktiscben Tatigkeit 
des Opbthalmologen entdeckt werden, so braucht man eine einfachere Metbode, 
nm biureicbendes Material zu bekommen. Dies erbalt man, indem die kera- 
tometriscbe Metbode durcb eine keratoskopiscbe ersetzt wird. 
G.] 
Untersuchung der Asymmetrie des Anges. 
355 
Bei dei- Keratoskopie winl die Fdrm (Ut Hornhaut iiach der Veruustaltung 
eiues Spiefrellnldes geschiitzt. Es lehrt ouu die Ert'ahriiug, daB diese Schatzuug 
am sichersteu ist, wenu das Spiegelbild bei Abwesenheit jeder Deformatiou 
eiu Quadrat darstellt. Ich habe deshalb der Scbeibe, deren Spiegelbild in der 
Hornbaut beobachtet wird, die in der Fig. 143 rcproduzierte Form gegelien. 
^^'euu (lieselbe im ricbtigeu Abstaude gehalteu wird bzw. am Objektiveude 
eines passend fokusiei-ten Fornrobres befestigt ist, so zeigt das in einer spbii- 
riseben Flacbe eutstandene Spiegelbild vier Quadraten, deren Seitenabstand 
gleicb der Seite des kleinsteu (Quadrates ist. ^^'eicbt die Form der Flacbe 
von der sphariscben ab, so wird das Bild entsprechend deformiert, wobei die 
Abstiinde der Liuieu proportional zu den Kriimmuugsradien der entsprechen- 
deii Flacbeiielemeute siud. Das 
S])iegelbild wird zuerst lii'im 
Blick gerade ins Objektiv, danii 
bei vier andereu, diirch Fixa- 
tionsmarken bezeiebneten Blick- 
riclitungen untersucbt, ui'imlicb 
iiacb oben imd iinteu sowie 
nacb den beiden Seiten, w^obei 
iinmer in der peripbereu Blick- 
stelhing die beiden Punkte der 
Hornbaut, welcbe die Mittel- 
jninkte der zwei deni Horn- 
hautzentruni am uaebsteu liegeu- 
den Konturen spiegeln, genau 
dieselben siud, wo beim Bliek 
ins Objektiv die Mittelpunkte 
der beziiglicben zweiperipbersten 
Konturen gespiegelt werden. 
Fiir die beiden Ebenen, in 
wekben der Blick bewegt wird, 
ergibt also diese Untersucbung 
keratoskopisch genau dasselbe, was dii 
metbode keratometriscb liefert. 
Das Aussebeu der 8piegell)ilder in einer typiscb normalen Hornbaut — 
derselben, deren ophtbalmometriscbe Messung oben angegeben wordeu ist — 
zeigt die (4ruppe der Fig. 144. Im zentraleu Bible, welcbes annabernd die 
optische Zone austullt, siebt man die Vierecke vollkommeu regelmiiBig, obwobl 
die oberste Linie von deu Zilien beschattet und daber nicbt zu sehen ist. 
Das Bild ist ebensoweit vom oberen wie vom unteren Hornbautrande eutfernt, 
deni inneren aber merklicb naher als dem iiuBeren. Mit der Lupe siebt man 
aucb deutlicb, wenigstens an der Platte, dali die I'miille lateralwarts vom 
Zentrum des Spiegelbildes steiit. Die zwei l^ilder der oberen und nnteren 
Horubautpartie siud in bezug aufeinander syiinuetriscb und deuten eine be- 
deutende, gegen die Peripberie der Hornhaut zuuebmende Abtlacbung der- 
selben an. An beiden, insbesondere am unteren, ist aus den scbiet'en ^\ inkeln 
ersicbtlicb, dali die betrett'ende Hornbauti)artie nicbt um die vertikale Mittel- 
linie des Spiegelbildes symmetriscb ist, sondern daB der Scbeitel der Horn- 
baut — die optische Zone dersell>en — nach auBeii vom oplitbalmometrischen 
Fig. 143. 
iben gescbilderte pbotographische MeB- 
356 
Die Dioptrik des Auges. 
[G. 
Achsenpunkte belegen ist, und an den beiden horizontalen Bildeni tritt in 
Ubereinstimmung biermit die noimale borizoutale Asymmetrie mit der be- 
deutend starkeren Abtiaclmng nach iniien zutage. Diese Bilder sind in bezug 
auf die borizontale Mittellinie ziemlicb symmetriscb, docb scheinen sie, ins- 
besondere das auBere, einigermaBen die ophthalniometriscb konstatierte, physio- 
logische, geringe vertikale Asymmetrie anzudeuten. Endlicb ist die Pupille in 
bezug auf ibre borizontale Mittellinie symmetriscb belegen. 
Wabrend also in diesem Falle eine deutlicbe vertikale Asymmetrie nicbt 
konstatiert wird, gibt es aber andere Augen, welcbe sicb betrelfs der Fxxnktion 
als voUkommen normal berausstellen, in welcben aber die keratoskopiscben 
Bilder bedeutende Abweicbungen von diesem Typus zeigen. A^'enn der Begiiff 
der Asymmetrie und Dezentratioii ;iuf den ophthalmometriscben Acbsenpunkt 
^idl^l^v 
Fig. 144. 
bezogen wird, kann man an Augen, welclie in kliniscber Hinsicbt voU- 
kommen normal sind, drei Typen durcb folgende Merkmale unterscheiden: 
• 1. In den regelmaBigsten Fallen iiur die normale borizontale Asymmetrie. 
2. In den weniger regelmaBigen Fallen eine solcbe Kombination von 
vertikaler und borizontaler Asymmetrie, daB das Bild einer normalen 
Asymmetrie in scbiefer Riebtung entstelit. 
3. In unregelraaBigeren Fallen normale Asymmetrie des borizontalen Horn- 
bautscbnittes, kombiniert mit ausgepragter abnormer Asymmetrie des 
vertikalen, jedocb mit vertikaler Dezentration der rn|iill(' in der Ricb- 
tung der geringsten Abtiac'bung. 
Wie der Ubergang von der zweiten zur dritten Gruppe ein allmablicber 
ist, so kann aucb diese nicbt scbarf vom patbologiscben (liebiet abgegrenzt 
werden, indem FiiUe vorkommen, welcbe mit vertikaler Asymmetrie und kom- 
pensierender Pupillendezentration astbenopische Symptome darbieten, welcbe 
nacb entsprecbender Korrektion des gew(iliidirh vorbandenen inversen Total- 
astigmatismus verscbwinden. Sicber patbologiscb ist die vertikale Asymmetrie 
der Hornbaut mit entgegengesetzter Pupillendezentration, welcbe, soweit nni'ine 
Erfabrung ausreicbt, nie vorkommt, obne daB Astbenopie oder andere krank- 
bafte Symptome oder Myopie vorliegt. 
Es empbeblt sicb, die patbologiscben Falle unter dem Namen Asymmetrie 
oder Dezentration als eine besondere Refraktionsanomalie binzustellen 
G.] Verschiedene Formen der Asymmetrie des Auges. 357 
Diese umfaBt daiiu ersteiis die pathologische veitikale Asymmetrie, welche 
sich als solche eutweder durch die entgegengesetzte Pupilleiulezentratioii oder 
durch eineii inverseii Totalastigmatismus oder aljer durch eiiieii uugewijhiilich 
groBen Unterschied zwischen koniealem imd totalem Astigmatismus kenntlich 
macht. Diese Falle tiluschen sehr oft bei uuvollkommeiier Untersuchung eine 
geriuggradige Myopie vor, welche erst iiach Ivorrektioii des uuter Umstaudeu 
schwer zu entlai-venden inversen Astigmatismus schwindet, konneii deshalb auch 
als lateiiter inverser Astigmatismus bezeichuet werden. Nicht ohne Interesse ist, 
daB TsCHERNiNGs Auge, worauf ich weiter uuteu zuriickkomme, eine uugewohn- 
lich hochgradige vertikale Asymmetrie aufweist, welche jedenfalls auf der 
Grenze des Pathologischeii — wenn nicht jeiiseits derselbeii — liegt und als 
abnorm bezeichuet werden mu6. 
Zweitens tindet man auch eine abuorme horizontale Asymmetrie, wobei 
in seltenen Fallen eine Steigerung der normaleii vorliegt, was aber nur bei 
groBer Pupille Beschwerden verursacht und Gegenstand der Korrektion wird. 
In anderen Fallen, besonders bei Myopie, kann eine starkere Abflachung der 
Hornhaut nach auBen als nach innen vorliegen, oder es zeigt die opthalmo- 
skopische und skiaskopische Untersuchung der periphereu Eefraktion einen 
Unterschied von mehreren Dioptrien, je nacbdem die Blickrichtung in gleicher 
Winkeldistanz nasal oder temporal gewahlt wird. 
\\'ahrend in den angedeuteten Fallen das ini Auge gebrochene Strahlen- 
biindel einfach asymmetrisch sein kann, was auch in der Eegel der Fall ist, und 
deshalb auch gewohnlich mit richtiger Korrektion eine gute Sehscharle erhalten 
wird, so ist dies seltener der Fall bei der schiefen Asymmetrie, da das ge- 
brochene Strahlenbiindel dabei oft doppelt asymmetrisch, die kaustische Flache 
in Ubereinstimmung hiermit ungiinstiger gestaltet und die 8ehscharfe herab- 
gesetzt ist. Schon das Vorhandensein eines Astigmatismus, dessen Haupt- 
schnitte einen Wiukel von 35" bis 55" mit der Horizontalebene bilden, deutet 
gewohnlich eine schiefe Asymmetrie an, ebwnso wie eiii schiefer Winkel zwischen 
den beiden Richtungen, in welchen die Denivellation bei der ophthalmometrischen 
Untersuchung der Hornhaut verschwindet oder eine auffilllige Inkoiigruenz 
zwischen den Hauptschnitten des kornealen und des totalen Astigmatismus. 
Die keratoskopische Untersuchung ergiljt zwar nur die Asymmetrie der 
Hornhaut und die Dezentration der Pupille, stellt aber doch ein gutes Mittel 
dar, um eine Asymmetrie des iui Auge gebrochenen Strahlenbtindels zu ent- 
decken. DaB bei hochgradiger Asymmetrie das ganze Auge an der Deformation 
beteiligt ist, zeigt die ophthalmoskopische Untersuchung der Papille des 8eh- 
nerven. In den typisch noruialcn Fallen ist diese um die Horizontallinie 
symmetrisch, wahrend bei abnormer vertikaler und bei schiefer Asymmetrie 
sehr oft eine entsprechende Verunstaltung des Sehnervenkopfes — eventuell 
mit Konusbildung nach unten oder in schiefer Richtung — vorhanden i^st, und 
die pei-verse Papillcubildung in der Regel eine abnorme horizontale, durch die 
oben erwahnte ophthalmoskopische und skinskopische Untersuchung entdeckl)are 
Asymmetrie andeutet. 
Wahrend somit die Asymmetrie des im Auge gebrochenen Strahlenbiindels 
pi-aktisch als eine pathologische Erscheinung aufzufasson ist, stellt die Aber- 
ration desselben einen physiologischen Zustand dar, wie es auch von vorn- 
herein postuliert werden kann, da die Abweseidieit der Aberration einen sin- 
gularenFall darstellt, dessen Realisation im Auge nutzlos wilre, indeni die Pupillen- 
358 Die Dioptrik des Auges. ("G. 
groBe (leu Ahweicbungeii liolierer Ordnung eiue solche Bedeutuug zusichert, 
daB der EiiiHuB der Alienation auf der Achse relativ zuriicktreteu miiB. Bei 
der Untersucliuug der Aberration liandelt es sicli soniit daruni, die Konstitution 
eines weit geoffueteu Strahlenbundels zii erforschen. Die liierzu geeignetste 
Methode ist die direkte Ilntersucliung der Schuitte desselben mit einer Scliirm- 
el)ene, da aiif dieser die Schnittlinien der kaustisclien Flaclie deutlicli auftreten, 
die Form der letzteren somit ermittelt werdeu kann. Diese Methode ist urn 
so geeigneter, da die Xetzliaut eine ausgezeiclmete Schirmtlache darstellt, leidet 
aber nur an dem Mangel. daB sie, als eine subjektive Methode. you der Beob- 
achtuugstabigkeit des Untersiicbenden abbiingig, demuach auch nicbt zur Au- 
weudung auf eiu groBes Material geeignet ist. Das Strablenbiindel verscbaiFt 
man sich durch Hinblieken nach einem kleinen, hell leuchtendeu Puukte. 
Die verscbiedeneu Querschnitte desselben werdeu wiederum durcli Veranderung 
der optischen Eiustellung des Auges unter Vorhalten tou Brillenglaseni auf 
die Xetzluiut gebracbt. Die Methode der vollstaudigen Durchmusterung der 
kaustischen Flache auf diese Weise nenue ich zuni Unterschiede von den in 
der Literatur bescbriebenen j^lanlosen Untersuchungen mit eiuem leuchtendeu 
Punkte die Methode der subjektiveu Stigmatoskopie. 
Frst durch diese Methode konute ich die Koustitutiou des im Auge ge- 
brochenen Strahlenbundels nach Ermittelung der ertbrderlichen mathematiscbeu 
Gesetze erforschen, und zwar gibt es auch, seitdem diese Konstitution bekauut 
geworden ist, keine andere Methode. mit welcher sie vollstLludig dargestellt 
werden kann. Ursacbe hierzu ist die auBerordeutlich komplizierte Form der 
kaustischen Flache, indem nicht nur in einem Meridianschnitte die drei in der 
Fig. 12U S. 254 dargestellten Spitzen an der Schnittlinie derselben vorbanden sind, 
sondern die Form dieser Schnittlinie bei der Drebuug des Meridianscbuittes um 
die Achse koutiuuierlich wecbselt, wobei der Abstand der beiden symmetrischen 
Spitzen von der auf der Achse belegeuen abwecliselnd Maxima und Minima 
darchliiuft. Entsprechend diesen groBten und kleinsten Abstanden der Spitzen 
sind die Kanten der zweiten kaustischen Flache angeordnet, so daB, was diesen 
Wecbsel lietriii't. eine Analogic mit dem Diagonalastigmatismus der Aben-ation 
besteht — mit ilem Uuterscliiede jedoch, daB bier nur zwei Maxima uud Minima 
vorhanden sind, wahrend im Auge die Zabl eine groBere ist. DaB die Form 
der Querschnitte der kaustischen Fliicbe scbon beim Diagonalastigmatismus der 
Aberration ziemlich kompliziert ist, gebt aus dem in der Fig. 145 dargestellten 
Querschnitte eines solcben Strahlenbundels hervor, welches durch eine passend 
zusammengesetzte bizylindrische Lupe' erbalten worden ist. Den strablen- 
formigen Ausbuchtuugeu des Schnittes eutsprecben die Meridianschnitte, in 
welchen die Aberration ihr Maximum erreicht, wilhrend die hellen Linien iu 
den zwischenliegenden Ecken die Schuitte der iu Kanten umgebogeuen zweiten 
kaustischen FlJlche darstellen. Wie durch partielle Zudeckung der erzeugenden 
Linse dargelegt werden kann, eutstehen erstere durch Licbtstrahlen, welche die 
Achse gekreuzt haben, letztere dagegen durch Strahlen, welche die Achse erst 
in groBerer Entfernung von der Lupe kreuzen. 
Die subjektive Stigmatoskopie ergibt nun fiir das im Auge gebrochene 
Strablenbiindel eben dieselbe Eigentiimlichkeit, obwohl die strablenformigen 
') A. GcLLSTRAND, Demoustration eines In strumentes zur Erzeugung von Stralilengebilden 
leuchtende Punkte. Ber. ii. d. XXX. Vers. d. Ophth. Gesellsch. Heidelberg 190-2. 
G.] 
Methode tier subjektivcu Stigmatoskopie. 
359 
Ausbuchtungen und die zwischenliegenden bellen Liclittiecke zahlieicher uiid 
iiicht iminer Vdllkomnien regelmilBig angeordnet sind. Wie sclion aus der Bc- 
schreibung von Helmholtz bervorgelit, verscbwinden die um einen bellen Punkt 
sicbtbaren Strablen von derselben Seite ber, von welcber die Pupille durcb 
Vorscbielien eines Sfbirmes partiell zugedeckt wird. Da das Bild der Strablen- 
tigur umgekebrt im Verbi'iltnis ziir Zerstreimngstigur aut' der Xetzhaut erscbeint, 
so sind die Strablenbildungen durcli Licbtstrablen entstanden, welcbe sicb vor 
der Netzhaut gekreuzt baben. Dasselbe wird, wie Helmuoltz ant'iibrt, durcb 
die cbromatiscben Erscbeinungeu bewieseu mid tritt bei der Anwendung eines 
Kdbaltglases besonders deutlicb hervor, indem der zentrale belle Punkt purpurn, 
die Strablenliildungen blau geseben werden. Diese Strablen siebt man. wie 
Helmholtz angibt, bei 
binreicbend bellem Licbt- 
punkte audi bei schiirf- 
ster Einstellung des 
Auges, sobald die Pujiille 
nicbt durcli die im 
Zimmer berrscbende Be- 
leuchtung uberniaBig ver- 
engert ist. Macht man 
die V(dlstandige stigmato- 
skopiscbe Untersucbung 
unter Anwendung eines 
leucbtenden Punktes, 
dessenDurchmesser2nini. 
dessen Abstand 4 m be- 
triigt, indem man mit 
einer durcb vorgesetzte 
Brille erzielten Eet'rak- 
tion von 4 D Myopie 
beginnt und die Refrak- 
tion des liewaft'neten 
Auges durcb wiederboltes 
Wechseln der Brille von 
balber zu balber Dioptric unter Erscblaffung der Akkoniinodation successive 
verniebrt, so siebt man zunachst einen bellen Zerstreuungskreis. welcber zwar 
viiu bellereu Punkten gesticbelt erscheinen kanu, aber keine deutlicb helleren 
Teile von dunkleren abgrenzen liiBt. Die beim Hinuusriicken des Fernpunktes 
eintretende Verilnderung zeigt sich dann zunacbst darin, da6 in der Mitte ein 
mebr oder weniger regelmiiBiger beller Punkt auftritt, um welcben dann die 
Strablenbildungen sichtbar werden. Dieser t^uerscbuitt des Strablenbiindels ist 
von Helmholtz in der Pig. 72 b S. 161 dargestellt. Die dortselbst bei a reproduzierte 
Figur, welcbe aus seinem rechten Auge stamnit, ist fiir die Demonstration der 
einfacbsten Fiille weniger geeignet, da aus derselben cine — mijglicberweise 
durcb cine punktformige Linsentriibung bedingt(> — viu'tikale Asymmetric der 
optiscben Zone hervorgebt, welcbe die Deutung etwas erscbwert. Die dem 
linken Auge entsprecbenden Zeichnungen b und <l dcuten zwar nicbt eines der 
am regelmiiBigsten gebauten Augen an, sind abci- liinrcicln'nd typiscb, \\\n v.wv 
Demonstration verwendet werden zu konncn. In den bestfcebauten Auy;en ist 
360 Die Dioptrik des Auges. [G. 
die Figur achtstrahlig und hat die Grundtbrm eines vertikal gestellten Krauzes 
mit diagonalen Strahlen, von welchen jedoch der eine oder andere in zwei 
gespaltet sein kann. Wie ersichtlich, lilBt sich die Figui' von Helmholtz als 
eine Variante dieser Form bei schief stehendem Ki'euze deuten. Wird durch 
Yermehrung der Refraktion der Fernpunkt des bewaffneten Auges immer mehr 
hinausgeriickt und virtuell gemacht, so sieht man ein dunkleres Zentrum, das 
von einer helleren zackigen Linie umgeben ist. Die Zackeu dieser Linie, welche 
bei groBerer Pupille in StraHenform verliingert erscheinen, verschwinden auf 
der entgegengesetzten Seite, weun die Pupille von einer Seite her zugedeckt 
wird, und leuchten im A'ersuche mit dem Kobaltglas rot, werden also von Licht- 
strahlen erzeugt, die den zentralen Strahl nicht vor Erreichung der Netzhaut 
geschnitten haben. An Zahl iiberwiegen diese Strahlenbildungen die in der 
gewohnlichen Sternfigur sichtbaren. und was die Orientierung betrifft, kann man 
mit Sicherheit konstatieren, da6 sie nicht mit derjenigen in der gewohnlichen 
Sternfigur iibereinstimmt, sondern daB im Gegeuteil in denjenigen Eichtungeu, 
in welchen deutliche Strahlen der gewohnlichen Sternfigur wahrgenommen 
werden, bei der letztgenannten Einstellung keine Strahlen vorkommen. Bei 
kunstlich dilatierter Pupille kann man bei gewisser Einstellung die beiden A-rten 
von Strahlenbildungen auf einmal sehen und das Alternieren derselben kon- 
statieren. Die zu Strahlen verlangerten Zacken sind von Helmholtz in der 
Fig. 72 d wiedergegebeu worden, wo man das duuklere Zentrum deutlich sieht 
und auch meine Angabe iiber die Orientierung verifiziereu kann. DaB die Zahl 
der Zacken bei Helmholtz in diesem Schnitte des Strahlenbiindels geringer 
ist als in dem bei b dargestellteu, beruht darauf, daB er die verschiedenen 
Querschnitte des Strahlenbundels nicht durch Vorsetzen von Brillen, sondern 
durch Wechseln des Abstandes des leuchtenden Punktes erzielt hat. Bei der 
Anniiherung desselben an das Auge wird nilmlich der Gesichtswinkel , unter 
welchem er gesehen wird, zu groB, so daB die einander am nLlchsten liegenden 
Zacken zusammenflieBen. 
Der in der Fig. 145 dargestellte Querschnitt eines Strahlenbiindels mit 
diagonalastigmatischer Aberration zeigt sowohl die der gewohnlichen Sternfigur 
im Auge entsprecheuden Strahlen, wie die der zackigen Linie eutsprecheuden 
zwischen den Strahlen orientierten Ecken mit helleren raditir gerichteten Licht- 
flecken. Ein solcher Querschnitt entsteht, wenn die Wellenflache eine gewisse 
Gleichung vierten Grades und vier Symmetrieebenen hat. Bei veranderter Zu- 
sammensetzung der zur Erzeuguug angewendeten bizylindrischen Kombination 
kann die Symmetric verloren gehen, wobei sehr komplizierte Erscheinungen 
auftreten. Hat aber die Wellenflache des Strahlenbiindels eine Gleichung 
achten Grades von entsprechender Form und acht Symmetrieebenen, so ent- 
stehen acht Strahlen, und an Stelle der vier in der Figur sichtbaren Ecken 
acht AusbuchtuDgen mit helleren, radijir gerichteten Mittellinien, wobei, weim 
die Symmetric um die erwiihnten acht Ebenen nicht vollstandig ist, schein- 
bare UnregelmiiBigkeiten in der Anordnung der Strahlen und Ausbuchtungeu 
auftreten, welche auf der komplizierteren Gestalt der kaustischen Flilche 
beruhen. Wenn man nun noch bedenkt, daB im Sehorgan die Kontraste 
vermehrt werden, indem das Minimum perceptibile in der Umgebung eines hell 
beleuchteten Netzbautpunktes herabgesetzt wird. so daB die Ausbuchtungen 
wegen der helleren Mittelpartien als Zacken erscheinen mlissen, so wird man 
einsehen, daB die Erscheinung der Strahlenfigm-en im Auge keineswegs auf 
G.l Art der Strahlenvereinigung im Auge. 361 
wirkliche UuregelmilBigkeiteu hindeuten. wie sie etwa durch Kanten oder Spitzen 
an den brechenden Flachen bzw. durch Diskontinuitiiten in der Indexvariation 
in der Linse bedingt werden konnten. sondern eine el)enso regelmiiBige Er- 
scheinung darstellen, wie ul)erhaupt eine jede, die durch eine Gleichung achten 
oder hoheren Grades geregelt wird. 
Die Wellenflache eines solcheu Strahleubiindels ist, wie die mathematische 
Untersuchung lehrt, dadurch charakterisiert, da6 ihre Abflachung nach der 
Peripherie hin in verschiedenen Meridiauschnitten verschiedene Werte hat und 
ebenso viele den Strahlen entsprechende Minima wie den Zacken eutsprechende 
Maxima aufweist. Schneidet man eine solche Fliiche mit eiuer Zylinderiiache 
al), deren Achse mit dem axialen Strahle zusammenfiillt, so zeigt die Schnitt- 
linie nach Ausrollen des Zylinders auf einer Ebene einen welleuformigen Ver- 
lauf, welcher um so starker ausgepragt ist, je weiter ab vom Zentrum der 
Schnitt liegt. Die Flache ist also rait radiilr verlaufendeii, nach dem Zentrum 
hin immer tiacher werdenden Erhebungen und Vertiefuugen versehen, welche 
als eine Art „Faltenbilduugen" bezeichnet werden kounen, wenn man sich blo6 
stets daran erinnert. daB hiermit nur eine Analogic angedeutet ist. Diese Be- 
schaffenheit der WeUeuflache kaun nur durch eine iihuliche Beschaileuheit der 
Oberflachen oder der Isoindizialflilchen der Linse verursacht warden, da die 
Stcmfigur ura einen leuchtenden Punkt nach Entfernung der Linse aus dem 
Auge verschwindet. An den Linseuflilcheu miiBte sich diese Form durch ent- 
sprechende springende Bewegungen der Spiegelbilder bei Bewegungen des Auges 
keuntlich machen. In der Tat kounen manchmal solche Bewegungen des 
Spiegelbildes in der vorderen Linsenflilche gesehen werden. Da dies alier, so- 
weit ich ermittelu konnte, nur in der Peripherie der FaU ist, was zur Erkla- 
rung uicht ausreichen wiirde, und da iilirigens die Undeutlichkeit des fraglichen 
Spiegel! lildes seine Entstehuug uicht uur in der vorderen Linsenflache, sondern 
auch in den vordersten Teilen der Linsensubstanz beweist, so miissen mit Not- 
wendigkcit die Isoiudizialflachen der Linse den entsprechenden Bau haben. Zu 
demsell)eu SchluB fiihreu die Gesetze der Dioptrik der Liusc unter Beriick- 
sichtiguug des anatomischen Banes derselben. Da namlich die Isoindizial- 
fliichen Ijei der akkommodativen Formveranderung konstaute Volumina einschlieBen 
miissen, so wiirden sie bei den verschiedeneu optischeu Einstellungen des Auges 
einen verschiedenen Flacheninhalt haben, wenn sie Umdrehuugsflachen dar- 
stellten. Dies wurde aber nur moglich sein, wenn entweder die Linsenteilchen 
frei verschieblich wareu, oder aber die Liusensulistanz eine Ijedeutende Elastizitat 
besaBe. Da weder das eine noch das andere zutrift't, so ist es unmoglich, daB 
die Isoiudizialflachen bei verschiedener Form Umdrehuugsflachen seien, soudern 
die Formveranderung derselben muB vou der Entstehuug von „Falteululduugen" 
bzw. von der Veranderuug solcher Ijegleitet sein. Wegeii der die Akkom- 
modation l)egleitenden Pupilleuverengerung ist eine solche Veriinderuug schwer 
in eiuwandfreier Weise mit der subjektiven Stigmatoskojjic zu untersucheu. 
Bei der im ersteu Stadium der Escriuwirkung auf die mit Homatroiiiii dihitiei'te 
PupiUe zustande kommendcn Akkoramodatiou ist es alier leicht zu koustatieren, 
daB eine Veranderuug stattfindet. 
Das Entstehen der Stcnifigur in den Isoindizialflilcbeu der Linse und ihre 
akkommodative Veranderuug beweist ofl'enbar, daB ilie fragliche Beschaft'euheit 
dieser Flachen durch die Zouularspannung beeinfluBt wird. DaB dieselbe nicht 
durch den anatomischen Bau (h-r Linse, wie er duich die enibr^onale Aidage 
362 Die Dioptrik des Anges. [6. 
mit drei Strahleii bestimmt wird, bedingt werden kaun, geht aus der Zahl und 
Auordnung der Strahlen hervor. indem die Sternfigur iu den regelmaBigsten 
Fallen aclitstrahlig ist, uud die Gruudform derselben eiii Kreuz mit diagoualeii 
Strahlen darstellt. Dagegen gibt es im Aufhangeapparat der Liuse eine aua- 
tomisclie Anordnung, welche in den verschiedenen Meridianebenen abwechselnde 
Maxima und Minima der Zonularspannuug liediugeu muB, iudem nicht nur 
verscliiedene meclianische Verhaltnisse enstprechend den Ciliartbrtsiitzen und 
deren Interstitien obwalten, sondern audi durcli die Kreuzung der zur vorderen 
und zur hinteren Linsenkapsel gehenden Zonulafasern bedingt werden miissen. 
Die Zahl dieser Maxima und Minima ist zwar bedeutend groBer als die Zalil 
der Strahlen der Sternfigur, aber da die Spanniing nicht Iti den verschiedenen 
Maxiniis mathematisch geuau dieselbe sein kann, so werden die Krattlinien gegen 
das Zentrum liin zusammenflieBen miissen, wie sich audi die Strahlen der 
Sternfigur oft in einem gewissen Abstande vom hellen Punkte bei groBerer 
Pupille sichtbar teilen. Da die Linse aus Fasern aufgebaut ist, so wird sich 
die eigentiimlidie Form der Isoindizialfliichen in einer eutsprechenden Anord- 
nung der Fasern kundgeben miissen. Es ist dann audi wahrsdieinlidi, daB 
beim stetigeu Wachstum der Linse die anatomisclie Anordnung der Fasern 
von den vorhandenen Spannungsverhaltnisseu beeinfluBt wird, so daB die an 
der Yorderflache der Linse bei schiefer Beleuchtung sichtliare Sternfigur diese 
unter dem EinfluB der Zonularspannung erworbene Struktur darstellen mag. 
Man sieht diese Sternfigui' am besten liei dilatierter Pupille unter Anwendung 
derselben Versuchsauordnung wie zur Beobachtung des in der vorderen Linsen- 
fiache entstehenden Spiegelbildes, wenn das Licht mit einer Lupe auf die 
vordere Linsenfliiche konzentriert wird. Ob diese Figur wirkliche Diskonti- 
nuitiiten der Indexvariation angibt, laBt sich aber wohl kaum ohne eine sehr 
komplizierte mathematische Analyse entscheiden, da die ,,Faltenbildungen" der 
Isoindizialfliichen a priori geeignet erscheinen, das fragliche Keflexionsphanomen 
hervorzuruteu. 
Die ebeu bewiesene Eigeuschait der Wellenflache des im Auge gebrochenen 
Strahleubiindels niacht es mathematisch unmoglich, daB eine glatte Schnittlinie 
der kaustischen Flache in der Form eiues zur Pupille konzentrischen Kreises 
auf irgend einem Querschnitte vorhanden sein konne, sondern diese Schnittlinie 
muB iiberall zackig deformiert sein oder durch einzelne nicht miteinander zu- 
sammenhangende Punkte reprasentiert werden. Die obeu beschriebeue zackige 
Linie stellt deninach die Schnittlinie der kaustischen Flache dar, die im Anl'ang 
der stigniatoskopischen Versuchsanordnnng sichtbare Lichtkonzentration im 
Zentrum ist wiederum die Spitze derselben Flache. Es ist hierdurch bewiesen, 
daB die Aben-ation langs der Achse positiv ist, da die Spitze in der Kichtung 
der Lichtl)ewegnng scliaut. Wird die stigniatoskopische Untersuchung bei dila- 
tierter Pupille welter t'ortgesetzt, indem die Hypermetropic des bewaft'neten 
Auges immer vermehrt wird, so findet man, daB am letzten Schnitte des 
Strahlenbiindels, auf welchem die Schnittlinie der kaustischen Flache noch 
sichtbar ist, dieselbe nicht mit der Begrenzungslinie zusammenfallt. Hierdurch 
ist der Beweis erbracht worden, daB eine Schnittlinie der kaustischen Flache 
mit einer Meridianebene die in der Fig. 120 S. 254 dargestellte Form mit drei 
Spitzen hat, indem die beiden symnietrischen Spitzen die der betreti'enden 
Meridianebene eutsprechenden, bei der stigmatoskopischen Untersuchung zuletzt 
sichtbaren Zacken repriisentieren. Durch Messung des Eefraktionsunterschiedes 
Ql Die Aberration des Auges. 363 
zwischeii diesem Scbiiitte des Sti'ahleubiiiidels uud demjenigeu, welcher die auf 
der Aohse belegeue Spitze enthiilt, findet man den Abstand der beiden Schnitte 
voiieiiiander. Der Eefraktionsunterschied ist bei mir 4 Dioptrien, und scbeint 
lllierbaupt nie diesen A\'ert zu luitersteigen. Da6 bei der Untersucbung weuiger 
geiibter Personen manchmal ein hoberer Wert erhalten wird, kanu auf eine 
niangelnde Fiihigkeit, die Akkommodation vollstandig zu entspannen, zuriick- 
geliihrt werdeu. Der Durcbmesser der den symmetriscbeu Spitzen der Fig. 120 
entsprechenden Linie R = wird diirch das vor das Auge gebaltene Diapbragma 
geniessen, welcbe die zackige Scbnittlinie der kaustischen Fliicbe in ibrem dem 
brecbenden Apparate am niicbsten liegenden Scbuitte mit der Begrenzungslinie 
des Strahlenbiiudebiuerscbnittes zusamment'allen lilBt. Icb babe auf diese Weise 
einen Durcbmesser von 4 mm gefunden. Wird derselbe mit d, der in Eecbnung 
zu zieliende Eefraktionsunterscbied mit D, die hintere Brennweite des Auges 
mit f und der Brechungsindex des Glaskorpers mit n bezeichnet, so ergibt sicb 
der Aberrationswert aus der Formel 
VdOOnd-' 
ill welcbe der Refrakticmsuiitei-scbied in Dioptrien einzusetzen ist, sonst aber 
der Millimeter die Li'uigeueiubeit darstellt. Benutzt man in dieser Formel die 
Breiniweite und den Brecbungsindex des reduzierten Auges von Dondees — 
20 mm bzw. *l^ — , so erbalt man einen Aberrationswert von 240 mm, wilbreud 
der fur dieses Auge berecbnete Aljerrationswert, wenn die brecbeude Flacbe 
spbiiriscb ist, 540 mm betnigt. Die GrolJe des fiir das lebende Auge gefun- 
deuen Aberrationswertes ergibt unmittelbar, da6 das im Auge gebrochene 
Strablenbiindel beim Durcbgang durcb die Linse eine positive Aberration erwirbt, 
was icb am HELjiHOLTZscben scbematiscben Auge dadurch konstatieren konnte, 
daB in demselben, wenn den Linsenflacben eine solche Form gegeben wird, daB 
eiu einfallendes aberrationsfreies Strablenliiindel aucb nacb der Brecliung 
alierrationsfrei bleibt, der Wert 102 mm fiir emmetropiscbe Einstellung und 
bei spbiiriscber Form der Horidiaut erbalten wird. Der ScbluB, den icb aus 
dieser Tatsacbe zog, namlicii, „daB der variable Brecbungsindex der Linse 
wenig fiir die axiale Strablenbrecbung im Auge bedeutet, wonacb diese 
Bescbaffenheit der Linse wabrscbeinlicb bauptsacblicb fiir die Formveranderung 
liei der Akkommodation, moglicberweise aucb fiir das peripbere Seben, ibre 
Bedeutung bat", wird durcb die Dioptrik der Linse vollauf bestiltigt und 
zugleicb dabin erweitert, daB die Scbicbtung der Linse nur im Dienste der 
Formveriinderung bei der Akkommodation bestebt, da, wie oben bewiesen wurde, 
der Astigmatismus eines scbief durcbgebenden Strablenbiindels durcb dieselbe 
erbobt wird. 
Setzt man wiederum die bintere Brennweite des exakten scbematiscben 
Auges und den Brecbungsindex des Glaskorpers in obenstebende Formel ein, 
so ergibt dieselbe einen Aberrationswert von 403,5 mm, und wenn man mit 
den von mir angegebenen Formeln den Aberrationswert des exakten scbema- 
tiscben Auges mit der reellen Kernlinse berecbnet, so erbiilt man 
A = 091,17 + 75854 (D^ - 7511,5 0^ + 6113,9 (/>, - 3264,4 (p^, 
wo die Werte die Abfiacbungswerte der vier brt'cbcnden Fliicben darstellen 
und durcb die (xleicbung 
364 Die Dioptrik des Auges. [G-. 
9 
erhalteii werden, in welclier o den Krummungsradius bezeichnet und « die 
Exzentrizitat der Flache zweiten Grades angibt, welche eine Beriihrung vierter 
Ordnung mit der betreffenden brechenden Flache hat. Beim Yergleiche dieses 
fiii' das exakte schematische Auge berechneten Wertes mit dem durch die 
Untersuchmig des lebenden Auges unter Anwendung der Breimweite desselben 
und des Brechungsindex des Glaskorpers erhaltenen AbeiTationswerte 403,5 mm, 
hat man zu beriicksichtigen , daB die Gleichung, aus welcher letzterer Wert 
erhalteu wird, nur approximativ ist, iudem der EintluB der Aberrationswerte 
hoherer Ordnung nicht beriicksichtigt werden kann. Da nun aber eine Linie 
J? = Torhanden ist, so miissen diese Werte negativ sein, und es folgt hieraus, 
daB der aus dem Untersuchungsergebnisse I'iir das lebende Auge berechnete 
Aberrationswert zu klein ist. Um wieviel er zu klein ist, lilBt sicli nicht al)- 
schiitzen noch durch Untersuchungen ermittehi. Nimmt man aber an, (UxB der 
hierdurch entstehende Fehler dadurch kompeusiert wird, daB t'iir die Brechung 
in der Hornhaut bei der Berechnung im schematischen Auge das HELMHOLTZsche 
Ellipsoid angewendet wird, wodurch auch im schematischen Auge der be- 
rechnete ^^'ert kleiner und dementsprechend der EintluB negativer Aberrationswerte 
hoherer Ordnung in Eechnung gezogen wird, so ergibt sich, wenn die Linsen- 
fliichen als parabolisch angesehen werden. und fiir die Hornhaut die Exzen- 
trizitat « = 0,551 eingeluhi't wird, welche Matthiessen, wie oben angegeben 
wui-de, fiir die von mir gemessene Hornhaut berechnet hat, der Aberrationswert 
476,16 mm. Wenn man dann noch in Betracht zieht, daB die Linsenflachen 
wahrscheinlich eine stiirkere periphere Abflachung haben als das Paraboloid, 
und daB die periphere Dickenzunahme der Hornhaut einen positiven Wert 
von ([i f'iir die hintere Hornhautflache andeuten kann, wodurch der berechnete 
Wert noch welter sinken wiirde, so findet man, daB die Ubereinstimmung des 
fiir das exakte schematische Auge Ijerechneten Wertes mit dem durch die 
Untersuchung am lebenden Auge ermittelten nicht besser sein konnte. 
Dies ist von um so gi'oBerer Bedeutung, als dadurch die Berechtigung 
konstatiert wird, das Gesetz von Matthiessen langs der Achse der Linse an- 
zuwenden. Der groBte Teil der Aberration entsteht niimlich, wie die Eechnung 
lehrt, in der Linse und hiingt von dem Werte von p^ ab. Dieser Wert kann 
wiederum nur dadurch kleiner gemacht werden, daB langs der Achse eine hjper- 
bolische Indizialkurve angenommen wird, was aber mit den Ergebnissen aller 
refraktometrischen Untersuchungen im Widerspruch steht. Eine Erhohung des 
Wertes von p^ wiirde wiederum eine noch griiBere positive Aberration im 
schematischen Auge zur Folge haben, welche nach dem Obenstehenden wohl 
sehr unwahrscheiidich erscheineu muB. 
Ich habe das von der Linie R = umschlossene Gebiet der Pupille die 
optische Zone derselben genannt, welcher Name um so berechtigter erscheinen 
diii-fte, als diese Zone annahernd mit dem durch die optische Zone der Horn- 
haut begi'enzten Gebiete zusammenf iillt. Innerhalb dieser Zone ist die Aberration 
des normaleu Auges immer positiv, und dieselbe kann durch die Refraktion 
des Auges in den verschiedenen Punkten der PnpiUe veranschaulicht werden, 
indem die Refraktion iiberaU geringer ist als im Zentrum. und der Unterschied 
beim Fortschreiten liings einer Meridianlinie vom Zentrum aus anfangs rascher, 
G.] Die beim Sehen angewendeten Strahlenbundelquersehnitte. 365 
dann etwas langsamer steigt, um an der Grenzlinie 4 Dioptrien zu betragen. 
Hierbci hat man sich aber zu erinnern, daB nacb der befolgten Nomenklatui- 
die myopiscbe Refraktion negativ ist, uiid daB unter der Eet'raktion in einem 
Punkte der Pupille der Refraktionszustand verstaiideu wird, welcheu das Auge 
besitzen wiirde, wenn in diesem Punkte eine unendlicb kleine Blende vorbanden 
wiire. Diese Refraktion wird somit durcb die Scbnittweite des l)etreffenden 
Strables mit nacbstliegeuden Strabb'u, nicht mit der Achse, bestimmt. Inner- 
halb der optiscben Zone bestebt U'lngs jedem Strable, die Acbse ausgenommen, 
Astigmatismus, indem die meridionale Scbnittweite kiirzer ist als die aquatoreale. 
Folgt man einer Meridianlinie auBerbalb der Grenze der optiscben Zone, so 
nimmt der Astigmatismus Uings den diese Linie scbneidenden Strablen stetig 
ab und erreicbt den Wert Null in demselben Augenblick, wo man auf den- 
jenigen Strabl gekommen ist, welcber die kaustiscbe Flacbe im Scbnittpunkte 
mit der optiscben Acbse berubrt. Ziebt man in der dilatierten Pupille siimtliche 
solcbe Strablen, so bilden dieselben, wenn von den „Falteubildungen" der 
Wellenflilcbe abgeseben wird, eine konische Flacbe, deren Spitze auf der Acbse 
liegt. Da nun lilngs jedem dieser Strablen eine voUstundige Strableuvereinigung 
erster Ordnung stattfindet, so bestebt in der auf der Acbse belegeuen Spitze 
der koniscben Flacbe eine Strablenvereinigung von auBerordentlicher Giite, so 
daB sicb auf eineni Querscbnitte des Strablenlniudels dieser Puukt scbarf von 
der Umgebung abbebt. Dieser Punkt dient desbalb der Abbildung im Auge 
beim Seben mit groBer Pupille, indem auf den betreffenden Querscbnitt ein- 
gestellt wird. Durcb die suljjektive Stigmatoskopie kann man sicb sebr leicbt 
davon iiberzeugen, daB die scbarfe Einstellung bei dilatierter Pupille auf einem 
dam brecbenden System niiber belegenen Querscbnitte des Strablenbiindels zu- 
stande kommt als bei milBiger PupillengroBe. Im ersteren Falle siebt man 
uiimbcb, wenn man moglicbst scbarf auf den leucbtenden Punkt akkommodiert, 
nur solcbe Strablen um denselben berum, welcbe mit dem Kobaltglas i-ot 
leuchten, und welcbe Ijei partieller Zudeckung der Pupille von der entgegen- 
gesetzten Seite ber scbwiuden, wiihreud man, wenn der Fernpuidvt durcb Konvex- 
glaser etwas niiber dem Auge verlegt wird, die gewobnKcben bei scbarfer 
Akkommodation und mi'iBiger PupillengroBe sicbtbaren Strablen siebt. Nabert 
man bei dilatierter Pupille den Fernpunkt dem Auge, bis man die Spitze der 
kaustiscben Fliiclie siebt, so kann man aucb die Schnittlinie des umgebogenen 
Teiles derselben sehen, indem ein deutlicher, zackiger, heller Ring die Be- 
grenzungslinie bildet. 
Bei dieser Darstellung der Strablenvereinigung muBte icb, um dieselbe ver- 
stiindlicber zu macben, von der durcb die „Faltenbildungen der Wellenflacbe" 
charakterisierteu Eigenschaft des Strablenbiindels abseben. l)iesell)e bedingt 
eine Verscbiedenbeit des Aberrationswertes in verscbiedenen Meridianebenen. 
Aus der Untersucbungsmetbode geht es aber hervor, daB die gemessene Aberration 
den Maximalwert derselben ausmacbt. Eine Metbode, den Minimalwert zu 
messen, babe icb nicht ausfiudig macben konnen, sondern man muB sich bis 
auf weiteres mit der Kenutnis begniigen, daB in den entsprechenden Meridian- 
ebenen der Aberrationswert geriiiger und der Puukt vorteilbaftester Strablen- 
vereinigung weiter entfernt vom brecbenden System belegen ist. Der Al)stand 
dieses Punktes von der Spitze der kaustiscben Flacbe ist dementsprecbend 
kleiner, und ein durcb denselben gebender Strahl schneidet die Pupille in einem 
ibrem Zeiitrum niiber belegenen Punkte, so daB dieser Punkt des Strablen- 
366 Die Dioptrik des Auges. [G. 
biiiidels bei einer die optisclie Zone nicht uberschreitenden PupillengroBe zur 
scharfeii Aliliildiing verweudet wird, vvilhi-end es nicht ausgescblosseii erscheiiit, 
daB bei niiuimalster Pupille auf eineii der Spitze der kaustiscbeii Flilche nocb 
niiher liegenden Querschuitt des Strableubuudels eingestellt werden kann. 
Bei der stigmatoskopischeu Uiitersuchung kaim man den Refraktionsunter- 
schied zwischeu dem Puukte vorteilhaftester ytrahleiivereiuiguiig und der Spitze 
der kaustischen Flacbe messen. Ich erbalte auf diese Weise eineu Unterschied 
von 1,5 Dioptrien, welcher somit den (rrad der Hypermetropie augil)t, welche 
lilngs der Aclise eines bei milBiger PupillengroBe enimetropiscben Auges 
besteht. Da aber die Messungen nicbt allzu genaue Resultate ergeben, babe 
icb im scheniatischen Auge den Wert von 1 D. angewendet, von dem ich mit 
Bestimmtheit sagen kann, daB er niebt zu groB ist. Der Unterschied der 
optischen Einstellung des Auges bei miiBiger und bei maximaler Pupille kann 
auf oben angegebene Weise einwandfrei konstatiert werden, wahrend die 
klinische Untersuchung der Refraktion mit der DoNDERSschen Methode zwar in 
vielen, aber wegen der die Pupillenerweiteruug folgenden Herabsetzung der Seh- 
schiirfe nicht in alien Fallen, eine geringe Myopie des emmetropischen Auges 
bei Dilatation der Pupille zutage treten li'iBt. 
Aus dem Gesagten ist es ersichtlich, daB unter Aberration des im Auge 
gebrochenen Strahlenbiindels mir der in den betreffenden Meridianschnitten 
vorhandene Maximahvert derselben verstanden werden kann. ^^'ie die genauere 
Untersuchung lehrt, besteht in der Regel ein Astigmatismus dieser Aberration, 
welcher sich durch eine querovale Gestalt der Scbnittlinie der kaustischen 
Flache mit der Netzbaut kund gibt, wie sie auch in der Fig. 72 d S. 161 von 
Helmholtz zutage tritt. Der EintluB desselben auf die Strahlenln-echung be- 
dingt es, daB die maximale Sehscharfe nicht Ijei vollkommeuem Auastigmatismus 
liings dem zentralen Strahle erhalten wird, ist aber praktisch von ganz unter- 
geordneter Bedeutung. AuBerdem lassen sich mit der subjektiven Stigmato- 
skopie die Asymmetrien und Dezentrationeu auch in sehr geringen (jraden 
untersuchen. In meinem rechten Auge sind an dem auf die Netzbaut fallenden 
Strahlenliiindel keine Zeichen der durch die schiefe Inzidenz der Yisierlinie 
entstandenen horizontalen Asymmetrie aufzufinden, wonach die Asymmetrien- 
werte zwar nicht langs dem durch das anatomische Zentrum der Pupille, wohl 
aber liings dem durch das Zentrum der Austrittspupille gehenden Strable gleich 
Null sind. Wird der die Spitze der kaustischen Fliiehe beriihreiide Strahl, 
welcher fiir die Abbildung maBgebend ist, nach der olien angegebenen Nomen- 
klatur als der zentrale Strahl bezeichnet, und nennt man den Punkt, wo 
dieser Strahl die Pupillenebene schneidet, das optische Zentrum derselben, 
so liegt somit bei mir dieses optische Zentnim in der vertikalen Mittellinie 
der Austrittspupille, und es stellt die vertikale Mittellinie der Pupille mit einer 
fiir praktisclie Zwecke liinreichenden iTenauigkeit eine Symmetrielinie dar. Nicht 
so die horizontale. Denn schon in der gewohnlichen, um einen leuchtenden 
Punkt sichtl)aren Strahlenfigur ist eine vertikale Asymmetrie erkennbar, indem 
die nach oben gehenden Strablen kiirzer erscheinen, als die nach unten sicht- 
baren. Wenn betreffs einer vertikalen Asymmetrie die Riclitung nach oben 
als die positive gewiihlt wird, so besteht hieruach liings dem durch das Zentrum 
der Pupille gehenden .Strahl eine direkte negative Asymmetrie des im Auge 
gebrochenen Strahlenluindels, was damit gleichbedeutend ist, daB das optische 
Zentrum der Pupille oberhalb des anatomischen liegt, wie es auch bei 
G.] Dezentration der Pupille und der optischen Zone derselben. 367 
Abwesenlieit eiiier vertikalen Dezentration der Pupille in liezug auf den ophthal- 
niometrischen Achsenpunkt a piiori postuliert werden kann, wenu die asymme- 
trische Abtlachnng des vertikalen Hornhautschnittes uicht durcli irgend einen 
entgegengesetzt wirkenden Mechanisraus konipensiert ist. Ehenso wie bei der 
keratoskopischeii und ophtbalniometrischen Untersuchung der opbthalmometriscbe 
Acbsenpenkt als fix bezeicbnet wird, eniptieblt es sicb bei der stigmatoskopischen 
das optiscbe Zentrum der Pupille bei der Bezeichnung „Dezeutration'' als Aus- 
gangspimkt zu Ijeniitzen, so daB die konstatierte vertikale Asymmetrie eine 
Dezentration der Pupille nacb unten darstellt. Diese normale vertikale Dezen- 
tration kann alle Grade erreichen, bis das optische Zentrum am Eande der 
mittelgroBcii Pupille oder gar auBerhalb derselben liegt, woliei die Grenze 
des pbysiologischen Gebietes iiberschritten wird. Die Zeicbnungen, welche 
TscheeninCt^ von den Erscheinungen in seinem Auge gegeben bat, zeigeu eine 
solc'be, niit Sicberbeit in der Nahe dieser (Grenze belegene, jedenfalls al)norni 
Starke, vertikale Dezentration an. 
AuBer dieser Dezentration der I'upille bat man aucb niit eiuer Dezen- 
tration der optiscben Zone zu recbnen. Jene wird aus dem Lilugenverbilltnis 
der nacb olten und nacb unten auf dem die Spitze der kaustiscben Fliicbe ent- 
balteuden Querschnitte des Strablenbiindels sicbtljaren Strablen berecbnet, diese 
aus dem Uuterscbied der EetVaktion beini Sichtbarniacbeu der verscbiedeneu 
Telle der der Linie R = entsprecbeuden Kante der kaustiscben Flacbe. In 
meinem Auge bestebt eiu Unterscbied von 1 D. zwiscben dem oberen und dem 
unteren Telle dieser Kante. Die daraus berechnete Dezentration der optiscben 
Zone betriigt in meinem recbten Auge '/g ^^^ '•^ ^^^ Ricbtung nacb unten und 
deckt sicb ungefabr mit der Dezentration der Pupille in derselben Ricbtung, 
welcbe bei einem Durcbmesser von 6 mm den Wert von ' , mm erreicbt. 
Den Ubergaug von dieser piiysiologiscben Dezentration der optiscben Zone 
zu der i)atbologiscben l)in icb uicbt in der Lage gewesen. durcb stigmato- 
skopiscbe Untersuchungen zu verfolgen, da diese Untersucbungen eine ziemlicbe 
l^hung erfordern und groBe Zeitverscbwendung mit sicb fiibren. In den Fallen 
mit vertikaler Asymmetrie der Horubaut und eutgegeugesetzter Pupillendezen- 
tration diirfte mit groBter Wabrscbeinlicbkeit die Pupille audi in bezug auf 
das optiscbe Zentrum derselben die entgegengesetzte Dezentration aufweisen 
und bei niittelgroBer Pupille keine gcscblossene Linie R = 0, mitbin keine 
optische Zone in derselljen vorbanden sein. Scbon im Auge von Tscherning 
feblt bei der PupillengroBe, bei welcber or die Zerstreuuiigstiguren gezeicbuet 
hat, eine geschlossene Linie R = und es geht aus den Zeicbnungen nicht 
hcrvor, daB uberbaupt eine optiscbe Zone in der Pupille vorbanden wiire. 
^\'urde in einem solchen Auge die vertikale Asymmetrie der Hornbaut vermebrt 
werden, so wurde der direkte Asymmetrienwert in vertikaler Ricbtung wegen 
der nacb der Peripherie bin zunebmendcn AliHacbung der Hornbaut in hobei-em 
Grade langs einem durcli den oberen Teil als liings einem durcb den unteren 
Teil der Pupille gehenden, in der vertikalen Symmetrieebene belegenen Strahl 
zunebmen. Der EintluB der Alierration niiiBte dann gegeniilier dem der Asym- 
metrie nocb mebr zuriicktreten, und eine bessere Strahlenvcrciiiigung langs 
einem durch den unteren Teil der Pupille gehenden Sti'able lesultieren. Die 
a. a 0. Encyelopcdie frangaise d' ophthalmologic. T. III. S. 20". 
368 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Dezentration der Pupille uach olieu in einem solcheii Auge wiirde dann die 
Strahlfiivereinigung versclilechtern, da iu Tscheenings Auge, wie aus seiueii 
Zeichnungeu hervorgeht, die Asynimetrienwerte iiegativ siud. 
Iiii normalen Auge ist die Aberration innerhalli der positiven Zone aueli 
bei kraftiger Akkommodation positiv, was dadureb koustatiert wird, daB 
man, wenn der leucbtende Punkt bis in die Xilhe des Xabepunktes hineingerilckt 
wird, bei der Fixation desselben imrner zuerst die Scbnittlinie der Brennflache 
zu sehen bekomnit, welche erst uach weiterer Anstreugung der Akkommodation 
der gewohnlichen Sternfigur bzw. bei nicht dilatierter Pupille dem scharfen 
Bilde Platz macbt. Die matbematische Untersuchung der Dioptrik der Kern- 
linse beweist eiue akkommodative Abnabme des Wertes von p in einem 
solchen Grade, daB der Al>erratiouswert, wenn er bei der Akkommodation nur 
diesem Einflusse unterworfen ware, auf ungefahr ^/g des urspriiuglichen Wertes 
heruntersinken miiBte. Durch die subjektive Stigmatoskopie gelingt es mir 
aber nicht, diese Veranderung auf einwandfreie Weise zu konstatiereu, weil 
die begleitende Pupillenverengerung die Untersuchung ohne Mydriaticum ver- 
eitelt, und die Erscheinungen bei dilatierter Pupille — sei es durch Kokain, 
sei es durch Homatropin mit nachtblgender Eserineinti-aufelung — nicht ein- 
deutig zu sein scheinea. 
Die physiologische Bedeutung der auf diese Weise ermittelten Koustitutiou 
des im normalen Auge gebrocheneu Strahlenbiindels kann erst im Lichte der 
allgemeinen Gesetze der optischen Abliildung hinreichend gewiirdigt werden. 
Die GroBe der Zerstreuuugskreise, welche durch die um eineu leuchtenden 
Punkt sichtbaren Strahlen reprasentiert werden, wiiixle niimlich eine optische 
Abbildung von der Giite, welche durch die Sehscharfe des normalen Auges 
bezeugt wird, voUkommen vereiteln, wenn die Zerstreuuugskreise die denselben 
zugeschriebene Bedeutung fiir die Abbildung hiitten. Da an Stelle derselben 
die Schnittlinien mit der kaustiscbeu Fliiche treten, so wird jeder Widerspruch 
zwischeu dem Grade der iSehschiirfe und dem Baue des Strahlenbiindels von 
selbst gelost. Es wird auch die.klinisch konstatierte Fahigkeit, bei verschie- 
dener optischer Einstellung l)zw. bei verschiedenen Gradeu von angeborenem 
oder kiinstlichem Astigmatismus durch Ubung die Sehschiirfe betrachtlich zu 
heben, auf einwandfreie Weise erkliirt. Denn solange uoch Schnittliuieu der 
kaustischen Fliiche auf die Netzhaut fallen, handelt es sich stets immer noch 
uni eine Abbildung, und die Anstrengung, welche das Auge beim Versuche, 
mit fehlerhafter Zylinderkorrektion zu lesen, verspiirt, ist nur ein Ausdruck 
fiir die groBere Schwierigkeit, Schnittlinien der kaustischen Fliiche zu deuten, 
welche eiue ungewohnliche und fiir die maximale Scharfe weniger geeiguete 
Form haben. Dies diiiite deshalb bei der Nahearbeit als um so anstrengender 
empfunden werden, als eben die Form der Schnittlinie der kaustischen Flache 
zusammen mit der chromatischen Aberration das bei den stetigen Wechse- 
lungen der akkommodativeu Einstellung regelude Moment darstellen durfte. 
Ein solches Moment kann eben nur darin bestehen, daB die Strahlenbimdel- 
querschnitte auf der Netzhaut ein verschiedeues Aussehen haben, je nachdem 
die Akkommodation weiter gespanut oder erschlafft werden soil. 
Fiir die Auffassung der Koustitutiou des im Auge bei den gewohnlichen 
Fallen von Astigmatismus gebrocheneu StraMeubiindels ist auch die GroBe der 
Aberration vou grundlegender Bedeutung, indem ein Astigmatismus von mehr 
als 4 Dioptrien dazu notig ist, um zu bewirken, daB nicht Schnittlinien der 
G.] 
Die Stralilenvereiuigung im astigraatischeu Auge. 
369 
beiden kaustischen Flachen auf einmal auf die Xetzhaut fallen, so daB in den 
praktisch wicbtigsteu Fallen von Astigmatismus die kaustischen Flachen den 
in der Fig. 121 S. 256 dargestellten Typus halten, und zwei Strahlen durch die 
niittelgroBe Pupille geheu, liings welchen 
anastigniatische Brechung vorhandeu 
ist. Die Querschnitte eines solchen 
Strahlenhuudels sind in der Fig. 146 
wiedergegeben, woliei jedoch die photo- 
graphische Aufiiahnie ' nnter Anwendung 
einer Telekombination erfolgte und 
die verscbiedenen (Querschnitte durch 
Wechseln des Abstandes der Kompo- 
nenten auf die Platte gebracht wurden, 
so daB die geguiiseitigen GroBenverbalt- 
nisse derselben nicht naturgetreu sind. 
Ahnlich sind die Erscbeinungen ira astig- 
niatisclien Auge, wovon man sich durch 
^'orsetzen von Zylindergliisern iiber- 
zeugen kann. 
Der einzige Unterschied 
bestebt in einer Zerkliiftung der Zer- 
streuungstiguren, welcbe von den ,,Falteu- 
l)ildungen" der Wellenflache berriihrt. 
Was speziell das pfeilspitzenabnlicbe 
Ausselien betriftt, welches an zwei ein- 
ander gegeniiber liegenden Punkten in 
deni vierten Quersclmitte der Fig. 146 
sichtl)ar ist, und die beiden anastig- 
matischen Fokalpunkte angibt, so ist 
dasselbe bei der stigmatoskopiscben 
Untersuchung des kunstlicli astignia- 
tischen Anges leicbt zu konstatieren. 
Hei abuormer vertikaler Asynimetrie und 
iiicbt zu bocligradigeni Astigmatismus 
ist an der kaustischen Fliicbe ininier 
('in soldier Punkt vorbanden, und an 
lieu von TsCHERNiNG gegebeueu Zeicli- 
iiungen der Querschnitte des in seinem 
Auge gel)roch('nen ."Strahlenbiindels ist 
derselbe leicbt zu erkennen. Der kiiust- 
licbe Astigmatismus bietet eiu Mittel 
dar, urn 1) 
Messung der 
)ei (ler stigmatoskopiscben 
.Aberration den EinHuB 
der Akkoiiimodation zu eliminieren, 
worauf jedoch hier nicht uaher ein- 
gegangen werden soil. 
Von den iibrigen Methoden, die Al)erration des Auges zu untersuchen, steht 
diejenige, welcbe ich die objektive Stigmatoskopie nennen miichte, obenan. 
Fig. 146. 
' Ich veidankc dieselbe Hcmi Caiul. I'lul. A, Odknihants. 
V. Hblmholtz, I'liysiologisclie Optik. a. Aufl. J. 
24 
370 ^5i8 Dioptrik des Auges. [G. 
Ersetzt iiuiii in der ophthalmometrischen Nernstlampe den Spalt durch ein 
feines Loch, und befestigt man vor diesem in einer Neigung von 45" ein vertikal 
gestelltes Deckglaschen von solcher GrijBe, daB liein Lieht die Kanten desselben 
trifft, so bildet das im Deckglaschen entstehende Spiegel liild des ini Loche 
siehtbaren Teiles des gliihenden Still ichens einen sehr hell leuchtenden Piinkt, 
mit welchem der Untersucher seine Pupille zusammenfallen lassen kann. Wenu 
dann das gespiegelte Licht in die Pupille des in 30 bis 50 cm Abstand be- 
findlichen, zu imtersuchenden Auges gewori'en wird, so kann man durch Ver- 
schieben seines Kopfes in verschiedenen Kichtungen die Strahlenvereiuigung 
untersuclien. Wenn es sich uni ein Auge handelt, welches bei dieser Versuchs- 
anordnung das Spiegelbild des leuchtenden Punktes scharf fixieren kann, so 
entsteht bei der Fixation ein Bild auf der Netzhaut, welches bei der difi'usen 
Reflexion wegeu der Licbtverteilung in demselben binnen gewisser Grenzen als 
ein punktformiges angesehen werden kann, und welches die Lichtquelle des- 
jenigen Strahlenl)undels darstellt, in welchem die Strahlenvereinigung untersucht 
wird. Besonders im Abstande von 50 cm liaben die Querschnitte des Strahlen- 
liiindels eine solche GroBe, daB die PupillengroBe des Untersuchers vollkommcn 
bedeutungslos ist. Bei richtiger Zentrierung seines Auges sieht man im ZtMitrum 
der im verduidvelten Zimmer gewohnlich mittelgroBen Pupille einen hell leucli- 
tendeii Punkt, um den herum man sogar in vielen Fiillen die Strahlenfigur 
wahrnehmen kann. Dieser wegen der Helligkeit mehr gelblich erscheinende 
Punkt ist von einer dunkleren und deshalb mehr rotlich aussehenden Zone 
umgeben, welche wiederum nach auBen von einem helleren gelblicheren Ring 
unigeljen ist. Je nach der PupillengroBe erstreckt sich diese helle ringfiirmige 
Zone bis zum Rand der Pupille oder wird wiederum von einer dunkleren, rot- 
licheren Zone umgeben. Verschiebt man nun sein Auge z. B. in horizontaler 
Richtung, so macht der zentrale helle Punkt eine gleichsinnige Bewegung in 
der Pupille des untersuchten Auges, wiihreud die vertikalen Telle der ring- 
formigen hellen Zone sich in entgegengesetzter Richtung verschieben. Es be- 
weist dies, daB langs dem zentralen Strahl die Strahlenvereinigung hinter der 
Pupille des untersuchenden Auges zustande kommt, wiihrend die Stralden, welclie 
die Pupille des untersuchten Auges dort schneiden, wo der helle Ring sichtbar 
ist, vor der Pupille des Untersuchers von nachstliegenden Strahlen geschnitten 
werden, oder mit anderen Worten, daB die Aberration positiv ist, und daB 
])eim scharfen Fixieren eines leuchtenden Punktes ein vor der Spitze der 
kaustischen Flache belegener Strahlenbiindelquerschnitt auf der Netzhaut des 
untersuchten Auges eingestellt wird. Von diesem A^erhalten babe icb unter 
physiologischen A'erhaltnissen bisher keine Ausnahme gefunden. Diese Methodc 
ist auBer der subjektiven Stigmatoskopie die einzige, welche es gestattet, die 
Aberration innerlialb der optischen Zone zu untersuchen. Zur Darstellung der 
Brenidiachenkante kann sie jedoch niclit angewendet werden, well das auf der 
Netzhaut entstandene Bild nicht die hierzu erforderliche Giite der Strahlen- 
vereinigung zeigt. Zur oljjektiven Untersuchung der Refraktion und des Astig- 
matismus sowie der pathologischen Formen von Asymmetric und Aberration 
eignet sie sich vor jeder anderen. Auf die Details dieser Untersuchungen hier 
einzugehen, wiirde jedoch zu weit fiihren. Die Methode kaini als eine ver- 
feinerte skiaskopische bezeiclinet werden, leistet aber viel mehr als diese, da 
die Refraktion in der Fovea selbst untersucht wird, und da betreffs der Asym- 
metric und Al)erration bei der skiaskopischen Methode die GriiBe der Licht- 
G.] Die Mctliode der objektiven Stigmatoskopie. 371 
quelle, der Abstand der Pupille des Untersucliers von dem Ort des Spiegel- 
bildes dcrselheii uiid das Loch des Spiegels ebeiiso viele Felilerquelleii darstellen, 
welcbe die Erscheiiiuiigen undeutlicber macbeii uiid die Exaktlieit der aus den- 
selben gezogenen Scbliisse lieeiiitracbtigen. Was die Uutersuchiuigsergebnisse 
betrifft, ist demuach die Methode der olyektiveii Stigmatoskopie strong von 
der der Skiaskopie zu trennen, obwobl mit Hinsicbt auf die Teclmik letztere 
als eine weniger exakte Variation ersterer angeselien werden kann. Diese er- 
fordert aber unbedingt einen dtinnen, nicbt foliierten Spiegel und eine spezi- 
tiscbe Helligkeit, wie sie nur diircb die Nernstlampe oder durcli die elcktrische 
Bogenlampe erbalten werden kaiiu. 
In Fallen von abnormer Asymmetrie oder negativer peripherer Total- 
aberration, wek'lie letztere nicht selten die Starbildung einleitet, kann man 
oline Scbwierigkeit die verscbiedene Eefraktiou des Auges langs den ver- 
sfliiedenen, durcli die Pupille gehenden Strablen mittels der Eefraktions- 
bestimniung ini aufrecbten opbtbalmoskopisclien Bilde konstatieren. Hierbei 
niuB aber immer auf ein kleines GefaB geaclitet werden, welclies senkreclit zu 
dem Meridianselinitt verlauft, in welcbena die Variation der Ret'raktion unter- 
sucht wird, und das Loch des Augenspiegels dart" keineu groBeren Durcbmesser 
als 1,5 Ins 2 mm babeu. Bei der Bestimmung der Refraktion durch ver- 
scbiedene Teile der Pupille bindurcb bat man auBerdeni darauf acbt zu geben, 
daS keine Verscbiebung des Locbes zur eigenen I'upille statttindet. Audi 
kann der entstehende Astigmatismus und die diu'cb deuselben verursacbte 
Formverilnderung der Papille demsell)en Zwecke dienen. Da namlicb immer 
bei der Veriindei-ung der Eefraktion der radiiire Hauptscbnitt einer groBeren 
Veranderung der Brechkraft unterworfen ist, so gilt die Kegel, daB, weun bei 
einer Verscliiebung des Spiegels zur Pupille des untersucbten Auges die Papille 
in der Eicbtung der Verscbiebung relativ mebr ausgedebnt erscbeint, eine 
Zunahme der Brecbkraft konstatiert worden ist und unigekehrt. Zwar gelingt 
es nicbt immer, die i)bysiologiscbe Alierration mit diesen Metboden nacli- 
zuweisen, was sicher darauf berubt, duB die Stelle der groBten Brecbkraft so 
wenig vom Zentrum entfernt ist, und daB die trausversale Asymmetrie, welcbe 
an dieser Stelle nicbt wie die direkte vei'scbwindet, Unscbarfe verursacbt. Da- 
gegeu gelingt es oft zu konstatieren, daB diese Unscbarfe bei Dezentration 
des S))iegellocbes zuerst zunimmt, urn dann wieder abzunebmen, wie es die 
Konstitution des gebrochenen Strablenl)iindels fordeit, und kann man bei gut 
dilatierter Pupille sebr oft die der positiven Aberration eigentiindicbi! relative 
Ausdebnung des zur Verscbiebungsricbtung parallelen Papilleuduicbmessers sehen. 
Andere Untersucbungsmetboden Ijasieren auf dem ScuEiNEEschen Ver- 
sucbe, welcber dem Optometer von Young und dem Aberroskop von Tschernini; 
zugrunde liegt. Wegen der JioUe, welcbe die mit dem zuletztgenannten In- 
strumente erbaltenen Resultati; in den Ausfiibrungen Tscuernings spielen, 
diirfte es angezeigt sein, hier etwas naher auf dasselbe einzugehen. Das In- 
strument besteht aus eincm (]uadratischen, auf der ebenen Flacbe eiiiei' plan- 
konvexen Linse eingeritzten, moglicbst undurclisicbtigen Linieunetze und wird 
in einem Abstande von 10 bis 20 cm vor dem Auge in der Eicbtung nacb 
einem Icucbtenden Punkte gehalten. In dem durch die artefizielle Myopie 
bedingten Zerstreuungskreis des leucbtenden Punktes sieht man die Scbatten 
der undurcbsichtigen Linien. Nach der Meinung von Tschekning sollte eine 
uach dem Zentrum zu konkave bzw. konvexe Kriinimung eine positive bzw. 
24* 
372 I5'e Dioptrik des Auges. [G. 
negative Aberration des im Auge gebrochenen Strahlenbiindels beweisen. Wie 
ersichtlich, handelt es sicb aber um ein optisches Projektionspbiinomen. Das- 
selbe berubt, wie icb bewiescn babe, nur zum Tell aiif der Alierration, zinii 
Teil aber uuf ciuer anderen GroBe, welcbc im lebendeu Auge nicbt berecbnet 
werden kann, und die Al)erration, auf welcber die Kriimmung der sicbtbaren 
Linien berubt, ist nicbt diejeiiige, welcbe das zum Sebeu angewendete Strablen- 
bilndel cbarakterisiert, sondern die, niit welcher das beim Versuche in das 
Auge fallende Strablenblindel nach der Brechung behaftet ist, was von um 
so groBerer Bedeutniig ist, als die Aberration allgemein mit der Konvergenz 
des einfallenden Strablenbiindels wecbselt. 
Auf folgende AVeise babe icb das Verstandnis der niatbematischen Un- 
moglichkeit der Ansicbt IVciieknings liber die Bedeutung der mit dem Aberro- 
skop beobachteten Erscheinungen allgemein ziiganglicb gemacbt. Wenn man sich 
an das reduzierte Auge biilt und das durcb die Linse des Aberroskopes ge- 
brocbene Strablenblindel als aberrationsfrei ansieht, so bilden die Scbatten 
auf der brecbenden Fliicbe einfacbgekriimmte Linien, welche in Ebenen liegen, 
die sicb in dem durcb die Konvexlinse entworfenen Bilde des leucbtenden 
Puuktes scbneiden. Damit aber die Scbattenlinien auf der Netzbaut gerade 
waren, miiBten sicb diese Ebenen, sobald keine Aberration vorliegt, in dem 
im Auge entworfenen Bilde des leucbtenden Punktes scbneiden, was unmoglicb 
ist, wenn nicht der Bildpunkt uacb der Brecbung in der Aberroskoplinse mit 
dem Krlimmungsmittelpuaikte der brecbenden Fliiche des reduzierten Auges 
zusammenfiiUt. 
Das exakte Ergebiiis der Untersucbung mit dem Aberroskop ist, wenn 
das Auge als ein Umdrcbungssystem angeseben wird, das Vorzeicben des 
Distorsionswertes bei der optiscben Projektion. Dieses ist zwar, wenn keine 
brechende Fliiche zwiscben dem zu jirojizierenden Liniennetze und dem Scbinue 
— Aberroskoplinien lizw. Netzbaut — IJegt, nur vom Vorzeicben der Aberration 
im Objektstrablenblindel alibilngig, und es wlirde demnacb gegen die aus den 
Untersuchungen mit dem Aberroskope gezogenen Schliisse nichts einzuwenden 
sein, wenn das Instrument im Glaskorper lilge. Sowie aber eine lirecbende 
Fliicbe zwiscben Liuiennetz und Scbirm liegt, kommt ein andei'er Faktor binzu, 
welcher im optiscben System des Auges nicbt berecbnet werden kann, da die 
betreffeuden Gesetze in heterogenen Medien unljekannt blei!)en, welcbe aber 
YOn der Entfernung des Liniennetzes und bei groBerer Entfernung audi merk- 
bar von der Aljerration der Aberroskoplinse beeinfluBt wird. Von den zwei 
Gliedern, welclie zusaninieu den Distorsionswert gel)en, dessen Vorzeicben durcb 
die alierroskopiscbe Uutersucliung erbalti^i wird, wecbselt das von der Aberration 
abbiingige sein Vorzeicben, wemi das Bild des leucbtenden Punktes binter die 
Netzbaut verlegt wird, das andere ul)er niclit, wesbalb das Vorzeicben der 
Aberration des im Auge gebrochenen Strableul)undels durcb die Untersucbung 
mit dem Aberroskop gefundeu werden kann, sobald die Kriimmung der Scbatten- 
linien das Vorzeicben wecbselt, je nachdem das Bild des leuclitenden Punktes 
vor oder binter die Netzbaut filllt. Dies ist nun in der Tat im normalen 
Auge die Eegel, so daB man auf diese, nicbt aber auf die von Tscherning 
angegebene Weise die normale positive Aberration des Auges konstatieren 
kann. Dagegen ist das Aberroskop in keiner Weise, ebeiisowenig wie Youngs 
Optometer, liinreicbend emptindlicb, um die tatsiichlicbe komplizierte Form 
der kaustiscben Fliicbe bervortreten zu lassen, indem uberliaupt kein ScliluB 
G.] Kritik der Versuche von Tscherninh. 373 
aus der Kiiiiinuung der in den periplieren Teilen des Zerstremingskreises sicht- 
baren Schattenlinien gezogeu werdeu kann. Zur Diagnose der abnonnen 
Asymmetric diirfte es (iberaus geeignet sein, da es das Vorzeichen der trans- 
versaleu Asymnietrie angibt, sobald das Vorzeichen der Kriimmung der zen- 
tralen Sciiattenlinie unverilndert dasselbe bleil)t, wenn das Bild des leuchten- 
den Punktes vor oder binter die Netzhaut fiillt. 
Die von Tschernix(; bebauptete Andermig des Vorzeicbens der Aberration 
wiUirend der Akkommodation ist durcb Untersncbungen niit dem Aberroskop 
bisber niebt bewiesen worden. Zwar kann man, wie icb selbst konstatiert 
liabe, beobachten, da6 die Krummung der Schattenlinien wiihrend der Akkommo- 
dation abnimmt. Eine sohlie Veri'inderung mnB aber teils durcli die Ver- 
scbielnmg des vor der Netzhaut liegenden Bibles des leuclitenden Punktes ein- 
treten, und kann teils auch durcli die Veranderung der niebt von dem 
Aberrationswerte abhiingigen Koniponente des Distorsionswertes zustande kommen. 
Dazu, da6 eine Yeninderung der Aberration wiihrend der Akkommodation 
konstatiert werde, ist es unumganglich notig, da6 man zuerst l)ei emmetropischer 
Eefraktion, die notigenfalls durcb Korrektion zu erzielen ist, auf oben an- 
gegebene ^^'eise die positive Al)erration konstatiere, dann bei Yorsetzen von 
inimer stiirkeren Konkavgliiseru, lizw. bei entsprechender Anderung der frliheren 
Korrektion akkommodieren lasse, wobei das Aberroskop unmittelltar vor das 
Korrektionsglas gebalten wird. Erst wenn bei der Akkommodation mit dieser 
Versuchsanordnung successive zuerst nach dem Zentrum zu konvexe Schatten- 
linien, dann der Lichtpunkt und schlieBlich entgegengesetzt gekriimmte Schatten- 
linien sicbtbar wiirden — alles mit einer und dersell)eu Korrektion und obne 
Anderung des Abstandes des Aben-oskopes vom Auge — , erst dann ware durch 
die Untersuchung mit dem Aberroskop l)evv^iesen, da6 die normale positive 
Aberration wiihrend der Akkommodation negativ wird. Ein solcher Beweis ist 
aber trotz der Publikation der notigen Versuchsanordnung ' nicht erbracht worden. 
Auch durch einen Yersuch mit dem kuchtenden Punkte glauljt Tscherning 
eine Anderung des Yorzeichens der Aberration wiihrend der Akkommodation 
bewiesen zu haben, indem er das Aussehen des Zerstreuungskreises vergleiclit, 
je nachdem das Auge durch Akkommodation bzw. durch eine entsprechende 
Konvexbrille myopisch gemacht wird, und im ex'steren Falle eine zur Be- 
grenznngslinie parallele, periphere, belle Linie findet. Zufolge der durch die 
„Faltenbildungen" bedingten Beschaft'enheit der kaustiscben Fliiche ist es aber 
niathematisch uimioglich, daB eine negative Alierration einen Zerstreuungskreis 
von dem von Tscherning gezeichneten Aussehen verursachen kiinnte, sondern 
es mijBte eine zackige Schnittlinie der kaustiscben Fliiche auf dieselbe Weise 
hinter dem axialen Fokalpunkte gefunden werden, wie sie im nicht akkommo- 
dierenden Auge vor diesem Punkte vorba.ndt'ii ist, was uuter anderem schon 
aus <lem Aussehen des bei dilatierter Pupille sichtbaren umgebogenen Teiles 
der kaustiscben Fliiche hervorgeht. Dagegen kann man, wie oben erwiihnt 
wurde, durch Xacbalimen nicht nur der iikkommodativeii ReiVaktionsiindei-nng, 
sondern auch der lieglcitenden I'upillenkoiitraktion, indem die Konvexlinse mit 
einem entsprecbend kleinen Loche koniliiniert wird, dasselbe Aussehen der Zer- 
streuungskriHse erbalti'ii wie bei der Akkommodation. Dem mit den Er- 
scbeinungen der Diffraktion Vertrauten ist es sofort durch die zwisciien der 
' a. a. 0. Arch. f. Ophth. LIII, 2. 1901. S. 239. 
374 Die Dioptrik des Auges. [G. 
Begreiizungsliuie imd der helli-n Zone siclitliare, dunklere Liiiie klar, da6 es 
sicli ebeii um eine DiftVaktionsorscheiiuing handelt. Dieser Versucli diirfte 
dasselbe in allgemein verstauLllicher Weise illustrieren. Wie olien dargelegt 
wurde, ergiljt die subjektive Stigmatoskopie, als wissenschaftliche Metliode an- | 
gewendet, eine positive Aberration innorliall) der optischen Zone audi l)ei \ 
kral'tigster Akkommodation. P]s t'olgt hieraus, daB die akkonimodative Pupillen- 
verengerung nicht den Zweck lialjen kann, die Wirkung der Aberration zu 
verringem, da diese schon liei Akkommodationsruhe unschiidlich ist, bei der 
Akkommodation aber ohnehiu abnimmt. 
Die skiaskopische Untersuchung lehrt, daB in manchen Fallen eine Anderuug 
des Yorzeichens der peripheren Totalaberration bei der Akkommodation eintritt. 
01)Wold dieses Ergebnis wegeu der der skiaskopiscLen Untersucliung anhaftenden 
Felilerquellen nicht als einwandfrei bezeichnet werden darf, so sclieint es docli, 
wenn es Ijestatigt wird, ein-Ausdruck i'tir die durcli die akkommodative Form- 
veriinderung der Kernlinse resultierende Andorung der Aberration zu sein, indem 
dieselbe wahrscheinlich von entsprechenden AnderungenderDillerentiabiuotienten 
holierer Ordmmg der Indizialgleicliung l)egleitet sein mu6, welche die periphere 
TotalalH'rration Ijeeintlussen. 
Da bei der Akkommodation die Asymmetrienwerte lilngs der Visierlinie 
und somit audi die Neiguug des zentralen Strables zur Visierlinie gei'uidert 
werden konnen, obwohl sick diese Anderung uidit berecbnen laBt, und da der 
zentrale Stralil allein ftir die Eichtung der Augenadise maBgebend ist, indem 
derselbe bei Berucksiditigung der monochromatischen Aberrationen die Eolle 
spielt, weldie, wenu dieselben auBer adit gelassen werden, der Visierlinie 
zukommt, so ist es einleuchtend, daB iiierdurdi eine akkommodative 
Ricbtungsiiuderung der Augenachse — wie sie tatsilchlich beobaditet 
wird — verursacbt werden kann. 
Die ^^'orte Helmholtz', daB die im Auge vorkommendeii monocliromatisclien jjl 
Aberrationen vou einer Art sind, wie sie bei gut gearbeiteten optisclien liistru- ■ 
nienten niclit vorkommen darf, verleiten einerseits zu der Annabme, das Auge 
sei ein scldecht gebautes optiscbes Instrument — was Helmholtz niclit gesagt 
und ganz siclier audi nicht gemeint hat — , fordern aber anderseits zu der 
Untersuchung auf, ob diese Aberrationen zweckdienlich seien, xmd welciieiii 
Zwecke diescllien wolil dieneii niogen. Zuniichst ist dabei zu lieri'icksichtigen, 
daB, wie Helmholtz liervorgelioben hat, der physikalischen Bildschiirfe durcii 
die Diffraktioii eine Grenze gesetzt ist. 
Die Beugungsersclieinungen des Liclites bieten iluBerst komplizierte matlie- 
matische Probleme dar, weldie nur in speziellen Fallen mit hinreichender 
Exaktheit gelost worden sind. Hierher gehoren die sogenannten Fkaunhofeh- 
sclieii Beugungscrscheinungen beini Durchgange des Liclites durcli eine runde 
t)rt"nuiig, liei welcheu vorausgesetzt wild, daB sowolil Lichtquelle wie Schirm- 
ebene unendlich weit von der Oil'nung entfernt sind. Letztere Bedingung wird 
dadurch erfiillt, daB liinter derselbeu ein optisclies System aufgestellt wird, 
dessen Brennebene als Schirmeliene dient. Ein leuchtender Punkt wird uiiter 
diesen Bedingungen als eine belle von abwechselnd hellen und dunklen Eingen 
umgebenc! SclieiVie abgebildet. Die (xrenze der zentralen liellen Scheibe, in 
welcher die Helligkeit nach dem Rande zu abnimmt, liegt am ersten, durch den 
kleinsten dunklen Ring repriisentierten Lichtminimum. Wird der Winkelabstand 
dieses Minimiims von der Achse mit rf liezeiclinet, so ist 
G.l Die Diflfi-aktion am Rande der Pupille. 375 
wo A die WoUenliiiige, R den Radius der Ott'mnig darstellt. Bei der Kleinlieit 
des Wiiikels ist dersell)e mit liiiireichender (leiiauigkeit dem Sinus proportional, 
und liat man soniit, wenn if in Miuuten gerechnet wird, 
_ 1^ I 
'' ~ R ' U,U0U58 ' 
welclier Ausdruck I'iir Liclit von der Wellenlilnge 0,00058 mm die Form 
1,22' 
'( = 
R 
annimmt, wo R in Millimetern zu reclinen ist. Die Winkelausdelmung der in 
die unendlicli feme Ubjektebeue projizierten zentralen jiollen Scheilie ist nacli 
dem oben Gesagten gleich 2 (f. Wegen der nacb dem Eande zu abnelimenden 
Helligkeit derselben ist es al)er, damit zwei Punkti' g(4rennt siclitbar seien, 
nicbt niitig, da6 dieselben um diese ^\ inkeldistanz voneinander abstehen, 
sondern man sielit schiltzungsweise die Hiilfte fiir geniigend an und UiBt 
konventionell den ^^'inkel (f das Anflosungsvermogen des Instrumentes be- 
zeichnen. Die Stralileubrecbung in dem hinter der Ofifnung l)etindliclien 
optisclien Instrumente mag beliebig vei-bessert, das in der Brennebene ent- 
worfene Bild beliebig vergri'iBert werden, die Grenze der Leistung wird doch 
von dem davon unablilingigen Auflosuugsvermogen bestimmt. 
Diese Berechnung ist ohne weiteres auf alle fiir unendliclie Feme ein- 
gestellten optisclien Systeme auweudbar, wenn die Blende vor der voi-dersten 
Ijrecbenden Fliicbe liegt oder mit der Fassung dersell)en zusammenfilllt, gilt 
somit audi fiir das reduzierte Auge, wo die Pupille mit der breclienden Flilche 
zusanuneiifiillt. Im mensclilicben Auge, wo die Pupille liinter der Horidiaut 
liegt, kann man nur dadurcb einen approximativen Wert des Auflosungs- 
vermogens erbalten, dafi in die Fennel der Eadius der vor dem Auge liegenden 
Eintrittspupille eingesetzt wird, woliei olme weiteres verstiindlicli ist, da6 X die 
Welleiililnge in Luft augibt, und daB der Brechungsindex von Kammerwasser 
und Glaskorper obne EinfluB ist, da ja eine objektseitige Projektion dem Werte 
von (f zugrunde liegt Dies wird audi ricbtig von Schustek' und Gleichen'' 
angegelien, wiibrend sowobl Dkude^ wie Pockels* der Berecbnung die M'ellen- 
liinge ill Kammerwasser und Glaskorj)er zugrunde legen. Letzterer recbnet mit 
Lidit von der Wellenlange 0,00057 mm, wobei 2y; = — - • 144" wird. Die S. 168 
R 
von Helmholtz angegebene Formel ist fiir das reduzierte Auge giiltig, und man 
hat nur in derselben 
ft o 
2(( X 2 R fiir bzw. — w / d 
' r 
einzusetzen, um die ol)eii angegebene zu erlialten. Da die Formel nicbt die 
objektseitige Winkelgr(')Be der sclieinbareii bellen Flaclie, sondern die (xriiBe 
derselben auf der Netzliaut angiljt, muB dieselbe den Brechungsindex entlialten, 
' AuTHnR ScHDSTER. Afi introduction to the theory of optics. London 1904. 
- A. Gi.EicHEN, Eintuhrung in die medizinische Optik. Leipzig 1904. 
■' Paui, Drdue, Leliibucli dei- Optik. Leipzig 1006. 
* A. WiNKKi.MANN, Handbucli der Pliysik. 2. Aull. 0. Hd. Leipzig 1900. S. 1075. 
376 Die Dioptrik des Auges. [G. 
was durcli Anwendung der Welleuliliige iin brecliendeii Medium stattfindet. 
Helmholtz hat zwar nun die ScheibengroBe auf der Netzbaut unter Anwendung 
von 'A. = I statt X = nl berecbnet, dafiir bat er aljer liei der Berecbnung der 
objektseitigen WinkelgroBe, wie aus den Zablen liervorgebt, 2(f= — statt 
ft U 
2 (p = gesetzt, so da6 das Endresultat der Eeclmung riclitig ist uiid oftenliar 
nur ein Verselien lieim Niederscbreiben der Recbnuiig vorgeb:'.2:en liat. Zu ibnu 
Resultate von Urude und Pocicels gelangt man, weiin man in der Formel 
von Helmholtz die Welleulange des Licbtes im brecbenden Medium einfiibrt, 
ohne zu beriicksicbtigen, daB bei der objektseitigen Prqjektion des Netzbaut- 
bikles der belleii Scbeilje der Bi-ecbuiigsindex wieder angeweiidet werden muB. 
Fiir das Auflosungsvermogen des Auges ist somit die allgemeine 
Forniel anzuwenden. Dieselbe ergibt bei einer EintrittspujiiUc von 2 mm 
Durcbmesser fur gelbes Licbt von der Welleub'inge 0,0005!S mm einen Winkel 
von 1,22 Minuten, fiir blaugriines Licbt von der Wellenbinge 0,0005 mm 
1,05 Minuteu, wiibrend ein ferner knuditender Puukt die doppelte scbeiiibare 
AN'inkelgroBe bat. Der das Auflosungsvermogen angeljende ^\'inkel ist der 
Wellenlilnge direkt, dem Durcbmesser der Eintrittspupille umgekebrt proportional. 
Bei einer Eintrittspujiille von 3 mm Durcbmesser ist dersellje somit 0,82 bzw. 
0,7 Minuten. A\'egen der Licbtvertciking im .Sonuenspektrum und nock mehr 
in den Spektren der kiinstlicben Licbtquellen ist erstere Zabl die fiir einen 
Vergleicb mit der Sebscbilrfe des Auges anwendljarere. Ziebt man bei diesem 
Yergleicli in Betracbt, daB wegen der konventiouelk^n Definition des Auflosungs- 
vermogens dieses eker durck ein zu kleines als durck ein zu groBes ^^'inkelma6 
angegelien wird, so gelangt man zu dem Eesultat, daB die durck die 
Diffraktion gesetzte Grenze der Leistungsfiikigkeit des Auges, 
soweit dieselbe berecbnet werden kaiin, l)ei der einer guten Be- 
leucktung entspreckenden PupillengroBe vou der Selisckilrfe des 
normalen Auges erreickt wird. 
Hieraus folgt wiederum, daB die voi'kandenen komplizierten Al)erratiouen 
kokerer Ordnung sowie die erstaunlick groBe positive Aljerration iunerkall) der 
optiscken Zone die Sckiirfe des Sekens bei der betreffenden PupillengroBe niclit 
beeintriicbtigcn. Die Dioptrik der Kristallinse kat aber gelebrt, daB erstere 
Aberration ausscklieBlick, letztere zum groBen Teil davon lierriikren, daB die 
Linse aus einem keterogenen Medium bestebt. Der groBe Vorteil eines solcben 
Mediums ist die bei der Akkommodation eiiitretende Erlioliung des Totaliudex, 
welcke eine im Yerkaltuis zur Fornivcranderung disproportionierlick groBe und 
bei komogeneu Medien caeteris pariljus unerreickbare Andei'ung der optiscben 
Einstellung bezeicbnet. Da somit die monocliromatiscben Al)erratioueu die zum 
Erreiclien dieses Vorteiles notwendige Verscblecbterung der Strablenvereiuigung 
darstellen, durck diese Versckleckterung aber die Bildsckilrfe bei guter Be- 
leuclituiig nicbt unterbalb der durcb die Diffraktion gesetzten Grenze der 
Leistuiigsfakigkeit des Auges keral)gedriickt worden ist, so sind audi die mono- 
ckromatiscken Aberrationen ein Zeuguis der Vollkommenkeit, wenn in einem 
optiscken Instrumente diese iiberbaupt darin geseben wird, daB die Strablen- 
vereiniguiig ebeu die Giite bat, welclie zur Erreicbung der gr()Bten ausnutzljaren 
Bildscbarfe erforderlicb ist, eine iiljerschiissige (Tiite derselben al)or zugiinsten 
eines anderen Zweckes geopf'ert wird. 
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Los Angeles 
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